Baumeister 9/2016

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BAU ME ISTER

11 3 . J A H R G A N G

September

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Das ArchitekturMagazin

Reiz des Harten: Beton + PAT R I C K GA R T M A N N GRAFT GRÜNTUCH ERNST MARTE.MARTE MATERIAL IMMATERIAL MAX NÚÑEZ O-OFFICE PEDEVILLA ARCHITECTS

D A,L I CH

15 E U R O 17 E U R O 19,50 EURO 23 SFR

HEINZ WILKE


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B9 Der Béton brut erlebt im Dämmbeton sein Revival: Endlich wieder ein „ehrliches“ Material, mit dem Konstruktion und Architektur eins sind. Alle Beiträge der Rubriken Köpfe, Ideen und Fragen beschäftigen sich mit dem Thema Beton.

Köpfe

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Hannoveraner Architekt: Heinz Wilke

Autobahnmeisterei von Marte.Marte

10 Material Immaterial Studio

22 Deutsche Schule in Madrid

Das indische Büro baut mit Beton im kleinen Maßstab – zum Beispiel Manschettenknöpfe.

Grüntuch Ernst Architekten bringen urbane Qualitäten an den Stadtrand.

14 Heinz Wilke

36 Feuerwehr in Vierschach

Architekt der Spätmoderne

18 Patrick Gartmann Die Formel des Schweizer Architekten und Bauingenieur lautet: Rohbau gleich Ausbau.

BAU MEISTER. DE

Ideen

Pedevilla Architects setzen auf roten Beton.

44 Autobahnmeisterei von Marte.Marte Stringenter Industriebau aus Sichtbeton

54 Jugendherberge in Shenzhen Experiment: O-office bauen Arbeiterunterkunft in der Peripherie um.

Die Skulptur „Soft Serve Bikini Party“ von Jeff Muhs schmückt unser Cover. Auf baumeister.de stellen wir den Künstler nochmals ausführlich vor.

64 Ferienhaus in Chile Das Casa Ghat ist fest mit seinem Grundstück verwurzelt.


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Fragen

Lösungen

Gast-Arbeiter

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Sakraler Brutalismus von Gottfried Böhm

Individuelle Muster durch Teppichfliesen

74 Muss man den Brutalismus jetzt mögen? Über das Revival eines verfemten Baustils

84 Licht

78 Bauen ohne Müll? Grenzen der EnEV 80 Wohin treibt der Dämmbeton? Entdeckung eines scheinbar neuen Werkstoffs.

Die Architektin Sonja Olschner absolvierte ein Aufbaustudium der „Altbauinstandsetzung“ sowie ein wissenschaftliches Volontariat im LWL-Amt für Denkmalpflege Münster. Seit 2009 ist die Autorin von unserem Wilke-Porträt Stadtdenkmalpflegerin bei der Unteren Denkmalschutzbehörde der Landeshauptstadt Hannover.

Physisches und psychisches Wohlbefinden durch LED

90 Referenz Sonnenschutz-System von Colt

92 Boden Verbindung von Funktion und Design RUBRIKEN 6 EIN BILD 34 SONDERFÜHRUNG 52 KLEINE WERKE 62 UNTERWEGS 78 ARCHITE K TUR + M ANAGE ME NT 90 REFERENZ 99 IMPRE SSUM + VORSCHAU 10 0 PORTFOLIO: FASSADE 11 4 KOLUMNE

Der ehemalige BDA-Präsident Andreas Gottlieb Hempel hat sich nach Jahren im Architekturbüro in München und Berufspolitik in Berlin in Südtirol niedergelassen. Dort schreibt er als Bergwanderer, Kunstlieb haber und diplomierter Sommelier über Baukultur und Gastronomie.


Kompromisslose Reinheit

TITELTHEMA BETON

Disney Davis

Nitin Barcha

Die Arbeiten von Material Immaterial bestehen aus den Grundelementen der dreidimensionalen Gestaltung: Raum, Form, Material – in reinem Beton. Insofern handelt es sich um Sehnsuchtsobjekte – wäre es doch immer so einfach, nur ein Material für alle Oberflächen eines Baukörpers zu verwenden. Ein Gespräch mit Nitin Barcha

FOTO: M ATE RIAL IM M ATE RIAL STUDIO

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Köpfe Interview: Yorck Förster

In Europa wurde das indische Büro Material Immaterial Studio durch seine Betonstudie „Spaces“ bekannt (Baumeister 9/2015). Danach brachte das Büro eine Kollektion von Manschettenknöpfen heraus, gewissermaßen portable Raumaccessoires für den festlichen Abend nach dem Baustellenbesuch. Nach einem Umweg über Leuchten und Barhocker der „Organic Edition“ entwickeln sie nun ihr gewonnenes Knowhow in der Verarbeitung von Beton für Kleinobjekte weiter – und beschäftigen sich derzeit mit einer Serie von Schrankbeschlägen. Herr Barcha, welche Ausbildung haben die Mitarbeiter in Ihrem Büro? N I T I N B A R C H A : Material Immaterial Studio wurde von Disney Davis und mir als Partner gegründet. Als Architekten haben wir bereits ein Büro: The White Room Studio. Die treibende Idee zur Gründung von Material Immaterial Studio war es, Objekte zu schaffen, die dem Nutzer eine Raumerfahrung bieten und sie mit kleinen Alltagsgegenständen an deren Wesen heranzuführen. Die Programmatik des Büros zielt darauf, über bestimmte Materialien oder Arbeitsabläufe hinauszugehen und sich ganz auf die Idee zu konzentrieren – das Material soll dabei lediglich ein Ausdrucksmittel sein. BAUMEISTER:

Verfolgt jeder von Ihnen auch noch eigene Projekte abseits Material Immaterial? N B : Wir arbeiten hauptsächlich als Partner und sind bis heute keine weiteren Kooperationen eingegangen. Aber ja, Material Immaterial Studio soll ein gemeinschaftliches Projekt sein, in dem Personen aus verschiedenen Bereichen der Architek tu r zusammen kommen können, die unsere Leidenschaft teilen. B:

Wie entstand die Idee zu den Objektserien? N B : Aus dem lang gehegten Wunsch, Gegenstände für unterschiedliche Erfahrungen zu entwerfen: „Spaces“ entstand als virtueller Rundgang durch Passagen und Treppenräume und um sich vorzustellen, was hinter Fenstern liegen könnte. Ähnlich entstand „Elements“, um mit der Zeit entstandene räumliche Erfahrungen ins Gedächtnis zurückzurufen und um darüber hinaus das Spiel von Licht und Schatten in dem kleinen Stück immer bei sich zu haben. B:

Sie erwähnten einmal, dass Sie Material Immaterial Studio aus Interesse an der Ästhetik des reinen Materials gegründet haben. Ich unterstelle einmal, dass alle Architekten die Faszination gegenüber einer reinen Materialität teilen. Dennoch wären in diesem Sinn auch andere Materialien für Ihre Objekte wie die Manschettenknöpfe denkbar – zum Beispiel gegossene Bronze. Warum also ausgerechnet Beton? B:

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1 und 2 Material Immaterial ist, wie der Name schon sagt, ein Büro, in dem wir die Form des Gegenstands und die damit einhergehende sinnliche Erfahrung betonen; obgleich das Material das Objekt definiert, würden wir das Material abhängig von den Anforderungen der Idee des Objekts ändern. Entsprechend ist das Konstruktionsmaterial „immaterial“ – unbestimmt. Unsere ersten beiden Serien bezogen sich auf den architektonischen Raum. Und das beste Material, das dem Ausdruck von architektonischem Raum gerecht wird, ist Beton. Daher haben wir danach dieses Material weiterhin verwendet. Hingegen benutzten wir für unsere Organic-Serie Pappmaché und haben die verschiedenen Möglichkeiten von natürlichen Formen und Texturen erkundet, die von der Natur inspiriert sind. N B:

Ihre kleinen Betonhäuser zeigen rechteckige Formen und Leerräume. Andererseits ist Ihre Kollektion von Lampen und einem Barstuhl aus Pappmaché in fließenden, organischen Formen entworfen. Reagieren Sie mit Ihrem Formenvokabular auf die jeweilige Aufgabe? Oder andersherum gefragt: Erzeugt das Material eine besondere Art der Formgebung und Gestaltung? Gerade Beton erlaubt ja eine Mischung aus rechtwinkligen und auch fließenden Formen – wie das Le Corbusier in seinen späten Arbeiten wie Chandigarh gezeigt hat. N B : Wie ich schon erwähnt habe, ist die Entscheidung für die Verwendung eines bestimmten Materials abhängig von dem Zweck und der Form des Gegenstands. Entsprechend ist es also die Form, die die Materialwahl bestimmt – und nicht andersherum. In unserer „Organic Collection“ haben wir Anregungen aus der Natur wie Farne und Moos aufgenommen. Papier war die naheliegende Materialentscheidung, um die erforderlichen Formen und Texturen möglichst elegant wiederzugeben. Bei den Spaces und Elements versuchten wir Raum durch die Verwendung von Volumen und Leerräumen zu erzeugen, und Beton war das passende Material für diese Repräsentation. B:

Wie haben Sie die spezielle Rezeptur für die Betonmischung entwickelt? War das eher ein Prozess von Versuch und Irrtum oder standen Sie in Kontakt zu spezialisierten Betonverarbeitern? N B : Die Rezeptur für die Betonmischung wurde durch zahl reiche Versuche und E rprobungen hinsichtlich Farbe, Textur, Ober fläche, Festigkeit und dergleichen über einen Zeitraum von acht Monaten vor der Präsentation der Spaces-Serie ermittelt. B:

Zur Produktion – verwenden Sie Schalungen für die skulpturartigen Objekte? Oder werden sie aus einem Block herausgefräst? B:

WEITER


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Ideen

1

Der Weißbeton erhält seine cremige Farbe durch die ortsüblichen sandigen Zuschläge.


Bildungskosmos TITELTHEMA BETON

Architekten: Grüntuch Ernst

Die Deutsche Schule Madrid ist von einem Mietshaus in ein eigenes Gebäude gezogen. Der Komplex für 1.800 Kinder bringt urbane Qualitäten an den Stadtrand – und bildet einen in sich funktionierenden Bildungskosmos, in dem konzentriertes Lernen stattfinden kann. Kritik: Maike Burk

Fotos: Jan Bitter, Celia de Coca

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36

Ideen

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Auf 1.130 Höhenmeter steht das Feuerwehrhaus Vierschach – im östlichen Hochpustertal.


Rotes Massiv TITELTHEMA BETON

Architekten: Pedevilla Architects

60 Zentimeter starke und rot pigmentierte Dämmbetonwände prägen den Neubau des Feuerwehrhauses in Südtirol. Als erratischer Gesteinsblock an einer Hangkante bildet er den optischen Fixpunkt im Dorfgefüge.

Kritik: Andreas Gottlieb Hempel

Fotos: Gustav Willeit

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