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BAU ME ISTER
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Das ArchitekturMagazin
November
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Alte neue Ungleichheit
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D A,L I CH
15 E U R O 17 E U R O 19,50 EURO 23 SFR
Wohnen nach Status in New York, San Francisco, Stockholm und München
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B11 Wohnen in der Stadt ist derzeit ein zentrales Thema in Politik und Architektur. Unsere unterschiedlichen Lebensmodelle erfordern veränderte Wohnmodelle. Ein Blick auch über den Großen Teich hinweg
Köpfe
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Sozial engagiert: Adam Khan
Kühle Schale, weicher Kern – Wohnen in Stockholm
10 Adam Khan
24 Vom Feinsten
Der Brite sorgt für ein expressives Dach über dem Kopf.
Drei Neubauten von BIG, Herzog & de Meuron und Zaha Hadid in Manhattan
14 Tomas Koolhaas
36 Rezept gegen die Einsamkeit
Der Sohn von Rem Koolhaas über das gemeinsame Filmprojekt
18 Josep Llinàs Der Spanier ist bekannt für seine bewegten Dachlandschaften.
BAU MEISTER. DE
Unser kleines Werk zeigt ein Licht- und Schattenspiel auf einer Fassade in Neu-Delhi. Auf baumeister.de ist das noch eindrucksvoller in einem Video zu sehen.
Ideen
Raum für Begegnungen: ein Stockholmer Wohnblock von Joliark Architekten
46 Stabil und sozial Geförderter Wohnungsbau in San Francisco von Stanley Saitowitz/Natoma Architects
56 Keine Chance, dennoch genutzt 03 Architekten verwandeln sozialen Wohnungsbau in Architektur.
66 Schwergewicht Barozzi Veiga erweitern das Bündner Kunstmuseum.
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Fragen
Lösungen
Gast-Arbeiter
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NYC: Bühne für die oberen Zehntausend
Elegante Lösungen für das Bad
74 Wird New York zur Kulisse für Superreiche?
86 Fenster, Türen, Tore
78 Braucht die Stadt mehr Liebe?
Besuch im Café Záhorský mit Ton-Stühlen
80 Wann folgen die öffentlichen Investitionen?
Der schwedische Architekt Jonas Torsvall hat für uns den Wohnblock von Joliark in Stockholm besucht. Er hat sich selbst in seiner Arbeit auf neue Wohnformen spezialisiert – und ist zudem Koautor des Buchs „Principles of Social-Ecological Urbanism“.
92 Referenz 94 Bad
RUBRIKEN 6 EIN BILD 44 SONDERFÜHRUNG 54 KLEINE WERKE 64 UNTERWEGS 80 ARCHITE K TUR + M ANAGE ME NT 92 REFERENZ 101 IMPRE SSUM + VORSCHAU 102 PORTFOLIO: OBJEKT IM FOKUS 11 4 KOLUMNE
Nach seinem Architekturstudium begann Erik Wegerhoff eine akademische Laufbahn mit verschiedenen Auslandsstationen. Seit 2010 ist er wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Theorie und Geschichte von Architektur, Kunst und Design der TU München. Als Nebenprodukt seiner Habilitation entstand der gerade erschienene Band „On the Road/Über die Straße. Automobilität in Literatur, Film, Musik und Kunst“.
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Menschlichkeit
Interview mit Tomas Koolhaas
Köpfe
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Der Dokumentarfilm über Rem Koolhaas zeigt seine Arbeiten und die menschlichen Geschichten dahinter.
Interview: Felix Burrichter
B A U M E I S T E R : Was hat Sie dazu bewogen, einen Dokumentarfilm über Rem Koolhaas zu machen? T O M A S K O O L H A A S : Na ja, er ist schließlich mein Vater.
Das ist aber nicht automatisch ein Grund. Stimmt. Ich mache aber schon seit einer ganzen Weile Filme, und im Laufe meiner Karriere habe ich mich zunehmend auf Projekte konzentriert, die in der Gegenwart angesiedelt sind und die Dinge unverfälscht zeigen. Verschiedene Leute meinten zu mir, ich solle zusammen mit meinem Vater etwas machen, und irgendwann habe ich dann gesagt: „Ok, lass uns gemeinsam diesen Film machen.“ Aber mehr als alles andere war der Grund ein anderer: Das, was es an Dokumentarfilmen über Rem und über Architektur generell bereits gibt, hat meines E rachtens eine Leerstelle hinterlassen. Es war eine Gelegenheit, die beteiligten B:
TK:
Menschen einzubeziehen und die menschliche Seite seiner Arbeit zu zeigen – diese Chance wollte ich nicht verpassen. B: Was ist Ihrer Ansicht nach das Problem bei diesen anderen Dokumentarfilmen über Architektur? T K : Sie konzentrieren sich in der Regel auf zwei Aspekte: Der eine ist die Biografie des Architekten – wo er geboren wurde, was die Eltern gemacht haben – sowie eine Theorie, die nachträglich erklärt, wie der Architekt dazu gekommen ist, diese ganzen Gebäude zu entwerfen. Der andere Aspekt sind dann die rein technischen und ästhetischen Eigenschaften der Bauwerke. Es gibt kaum Interesse für das, was mit einem Gebäude nach Inbetriebnahme passiert. Niemand filmt die Geschichten, die entstehen, wenn Menschen ein Gebäude nutzen. Für mich ist aber das gerade am interessantesten. In „Rem“ bekommt der Zuschauer eine Seite Ihres Vaters zu sehen, die normalerweise nicht gezeigt wird. Es gibt Momente, in denen er voller Zweifel ist, fast ratlos wirkt, ganz im Gegensatz zu dem „coolen“ und gefassten Bild, das man sonst von ihm hat. T K : Das Tolle an dem Film ist gerade, dass er so subjektiv ist. Es gibt nirgendwo sonst Filmaufnahmen, die ihn in einer derartigen Verletzlichkeit und in Momenten der „Ratlosigkeit“ zeigen, auch wenn ich das nicht notwendigerweise so beschreiben würde.
Es kann sein, dass dies die einzige Gelegenheit bleiben wird, in der man Rem so zu sehen bekommt, also mit dieser wirklich großen Ehrlichkeit, wo er zum Beispiel auch negative Gefühle zu einem Projekt, an dem er gearbeitet hat, zulässt. Er gehört nicht zu den Leuten, die völlig locker sind, wenn man ihnen eine Kamera ins Gesicht hält, besonders dann nicht, wenn er die Person nicht kennt. Diese Seite von ihm konnte wirklich nur ich einfangen. War es schwierig, Ihren Vater davon zu überzeugen, den Film zu machen? T K : Wir hatten am Anfang beide Vorbehalte. Was mich letzten Endes dazu gebracht hat und auch Rem überzeugt hat, seine Zustimmung zu geben, war die Tatsache, dass der Film ein anderes Verständnis von Architektur zeigen und eine Alternative zu einem ganzen Genre von Architekturdokumentationen sein würde. B:
B:
B : Drei Gebäude nehmen in dem Film eine sehr prominente Rolle ein: die Seattle Public Library, die Villa dall’Ava und das Maison à Bordeaux. Warum haben Sie gerade diese Gebäude ausgewählt? T K : Als Filmemacher bin ich besonders an menschlichen Geschichten interessiert, die mit den Ideen zu dem Gebäude verknüpft sind, die sich der Architekt während des Entwurfsprozesses macht. Wenn der Architekt über die Menschen nachdenkt, die das
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Vom Feinsten Viele Luxuswohnhäuser, die derzeit in New York entstehen, werden von europäischen Architekten geplant. Wie die drei spektaku lären Neubauten an der Westseite Manhattans: der „Courtscraper“ von BIG, der „Jenga Tower“ von Herzog & de Meuron und ein niedriges Wohngebäude der jüngst verstorbenen Zaha Hadid. TITELTHEMA ALTE NEUE UNGLEICHHEIT
Kritik: Eva C. Schweitzer
Das Wohngebäude von Zaha Hadid Architects befindet sich direkt an der Highline.
Ideen
VISUALISIRUNG: Z AHA HADID ARCHITEC TS
1:
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1 bis 3
Zaha Hadid 520 West 28th
Klein, aber fein ist das von Zaha Hadid entworfene Wohnhaus, das gerade an der Highline am Ufer des Hudson errichtet wird. Das ganze Areal wurde von der Stadt in Bauland für Wohngebäude umgewidmet. Das Haus hat nur 39 Wohnungen auf elf Stockwerken, allesamt Eigentumswohnungen. Die sind allerdings sehr weitläufig und mit allem denkbaren Luxus ausgestattet. Das Projekt, das Hadid zusammen mit der New Yorker Firma Ismael Leyva Architects konzipierte, ist der erste Wohnungsbau der Architektin in New York; Ende 2016 soll er bezugsfertig sein. Hadid wurde von dem Developer „Related“ – eine der großen New Yorker Baufirmen –
nach einem eingeschränkten Realisierungswettbewerb beauftragt. Die Begründung: ihr Design biete einen „modernen, optimistischen Blick in die Zukunft“, wie ein Sprecher von Related sagte – auch wenn es teurer sei als üblich. Aber das sei es wert. Spiegelung der Nachbarschaft Die vorgehängte gekurvte Metallfassade im Chevron-Muster soll den industriellen Geist der Nachbarschaft widerspiegeln. Sie bildet auch eine Brücke zwischen dem alten Stadtteil Chelsea, wo Künstler und Yuppies in ihren Lofts wohnen und den Neubauten der Hudson WEITER
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Ideen
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Nur scheinbar unterkĂźhlt. Der Wohnkomplex von Joliark Architekten hebt sich nicht nur durch seine Fassadengestaltung von der Umgebung ab.
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Rezept gegen die Einsamkeit In unseren Großstädten leben viele allein – ohne Familie oder Partner. Dieser Wohnblock in Stockholm wurde speziell für Singles entwickelt, denen die unmittelbare Nähe zur Stadtmitte ebenso wichtig ist wie Räume für Begegnungen zu Hause. TITELTHEMA ALTE NEUE UNGLEICHHEIT