312 Haus mit drei Gärten Allen + Crippa mit Gebrüder Schöb
Architects’ Choice 2024
318 Ausgezeichnete Produkte
320 1. Preis: Minimalismus, Ästhetik, Transparenz swissFineLine AG
322 Elegante Entlastung im Alltag Lifton GmbH
324 Speichern. Managen. Laden. Hager Vertriebsgesellschaft mbH & Co. KG
326 Für eine Architektur voller Licht Solarlux GmbH
328 Vielseitigkeit für alle Anforderungen Aug. Winkhaus GmbH & Co. KG
330 Longlist 2024
334 Adressen
336 Impressum, Bildnachweis
Potenzial Einfamilienhäuser im
Wandel: Tradition trifft Zukunft!
Einfamilienhäuser stehen seit jeher für den Traum vom Eigenheim. Sie verkörpern individuelle Lebensentwürfe und haben durch den Wandel zum Homeoffice eine neue Bedeutung erlangt. Gleichzeitig sind sie aber auch im Fokus der Diskussion um Zersiedelung, Flächen- und Ressourcenverbrauch. Der Bestand bietet daher ein großes Potenzial, das es neben Investitionen in Neubauten flexibel zu nutzen gilt.
Wohnen geht uns alle an, und jeder hat eine Vorstellung davon. Gleichzeitig gibt es eine große Dynamik, sowohl bei den Lebensmodellen – von der klassischen Familie über Mehrgenerationenwohnen, Patchwork und Clusterwohnen bis hin zu Singles – als auch bei den Ansprüchen an das Wohnen. Es gilt, zukunftsfähige, flexible Grundrisse zu entwickeln, die sich an alle Lebenssituationen anpassen lassen. Multifunktional nutzbare Flächen und einfache Umbaubarkeit sind dabei entscheidend. Hinzu kommen veränderte Ansprüche der Bauherren an Energieeffizienz, Nachhaltigkeit und Wohngesundheit sowie technologische Entwicklungen wie Smarthome. Entscheidungen für nachhaltige Konstruktionen, Materialien und Gebäudetechnik treiben den zukunftsfähigen Umbau unserer gebauten Umwelt voran. Im Rahmen des „Häuser des Jahres“-Awards haben wir eine Umfrage unter den teilnehmenden Architekten durchgeführt, um einen Blick auf die aktuellen Trends zu werfen, die das Bauen
und insbesondere das Einfamilienhaus prägen. Wir wollten herausfinden, welche Bedürfnisse heutige und zukünftige Bauherren bewegen und welchen Stellenwert das Bauen im Bestand und das Weiterbauen hat. Ebenso interessierte uns, wo das Thema Einfamilienhaus in den Architekturbüros verankert ist und woher die Aufträge kommen. Haben sich die Büros auf diese Bauaufgabe spezialisiert, kommen die Projekte aus der Nische oder sind sie die berühmte Ausnahme im Portfolio?
Veränderte Ansprüche der Bauherren
Die Bauherren von heute sind informiert und setzen sich intensiv mit Themen wie Effizienz, Nachhaltigkeit, Technik und Wohngesundheit sowie Budget und Qualität auseinander. 41 Prozent der Architekten nennen den Neubau von Einfamilienhäusern als ihre häufigste Bauaufgabe, mit leicht steigender Tendenz.
„WAS MUSS EIN HAUS KÖNNEN?“
Mehrfachantwort möglich
ANPASSBARKEIT AN SICH VERÄNDERNDE LEBENSSITUATIONEN
23 Prozent der Architekten arbeiten bereits im Bestand und 59 Prozent sehen darin eine zunehmend wichtige Aufgabe. Der intelligente Umgang mit dem Bestand wird als Bauaufgabe der Zukunft betrachtet. Interessant ist, dass die Architekturbüros bei der Frage nach der Nutzung das gesamte Spektrum vom Mehrgenerationenwohnen bis zum Singlewohnen abdecken.
Auftragsquellen und Innovation
Aufträge kommen häufig durch Empfehlungen zustande, was die Bedeutung guter Beziehungen zwischen Bauherren und Architekturbüros sowie starker Netzwerke unterstreicht. Eine gute Internetpräsenz und Publikationen dienen als Schaufenster in die Gesellschaft und können für junge Büros ein Sprungbrett sein, um auch mit unkonventionellen Lösungen ein Publikum zu erreichen.
Mut und Innovation der Bauherren
Viele Faktoren entscheiden über den Erfolg eines Projekts. Allen gemeinsam ist jedoch der Respekt vor dem Mut der Bauherren und Architekten, die mit ihren Entwürfen im Kleinen die Grenzen des Machbaren verschieben und die gebaute Umwelt aktiv mitgestalten. Das Innovationspotenzial ist enorm und will genutzt werden. Unverzichtbar ist dabei die kreative Schaffenskraft der Architekten und Innenarchitekten, die immer wieder neue Lösungen finden, aber auch den Charme des Bestehenden bewahren. Der Weg von der Idee bis zur Realisierung ist herausfordernd, aber am Ende wird der Mut belohnt. Das zeigen die 50 ausgewählten Projekte im diesjährigen Buch „Häuser des Jahres 2024“.
Welche Aufgaben im EINFAMILIENHAUSBEREICH sind Ihre häufigsten?
GEHÖRT ZU MEINEN HÄUFIGSTEN AUFGABEN
BEKOMME IMMER MEHR AUFGABEN IN DIESEM BEREICH
GEHÖRT IMMER WIEDER MAL ZU MEINEN AUFGABEN
FÄLLT NICHT IN MEINE AUFGABEN
NEUBAU
UMBAU
MEHRGENERATIONENWOHNEN
FAMILIEN
SINGLES
SONSTIGES
MUNDPROPAGANDA & EMPFEHLUNG
Woher bekommen Sie IHRE AUFTRÄGE?
Mehrfachantwort möglich
BÜCHER, ZEITSCHRIFTEN, ONLINE
PUBLIKATIONEN
SOCIAL MEDIA, EIGENER INTERNETAUFTRITT
„Bauherren sollten nicht zu stark darauf pochen, Lösungen zu finden, die zu allen Eventualitäten passen. So entsteht die Gefahr, mit lauter Kompromissen zu leben, und dann kommt doch alles ganz anders“
„Wir wünschen uns mehr Mut in Bezug auf das Aufbrechen von Konventionen, mehr Mut im Umgang mit scheinbaren Erwartungen des Umfelds und mit der eigenen sozialen Prägung“
„Mehr Mut zu Farbe“
„Unsere Erfahrung ist: Mut wird belohnt! Die Bauherren sind noch glücklicher mit ihrem Solitär“
Ein Ort zum Anderssein
Das Haus, von dem ich als Kind träumte, hatte 14 Zimmer und zwei Swimming-Pools – einen auf dem Dach, einen direkt neben dem Haus, zu erreichen über eine Rutsche, von der man direkt ins Wasser plumpsen konnte. Die Zimmer meines Luftschlosses hatten unterschiedliche Funktionen: eins war bis an die Decke mit Kuchen gefüllt, ein anderes voller Kissen. Eines war einfach eine riesige Badewanne. Ich kann mich nicht erinnern, dass ich eine Küche oder ein gewöhnliches Bad eingeplant hätte, aber es war in meinem Kopf klar, dass meine Familie und ich dort „ganz normal“ wohnen würden. Stunden konnte ich damit verbringen, mir dieses Einfamilienhaus nach meinem Geschmack zusammenzuspinnen. Dabei ging es nicht dezidiert um Luxus – eher träumte ich von einem Ort, der mich nirgends einschränkte in meiner Selbstentfaltung. Wie die Villa Kunterbunt, in der Pippi Langstrumpf mit einem Pferd wohnt und auf Bürsten schlitternd den Küchenboden putzt (undenkbar in einer städtischen Mietwohnung, die Nachbarn würden durchdrehen).
Auf eine Art ahnte ich also schon damals, worin tatsächlich die Schönheit des Einfamilienhauses liegt: Man hat hier die Freiheit, seinen Lebensmittelpunkt ganz nach den eigenen Wünschen, ästhetischen Vorstellungen und Bedürfnissen zu gestalten. Durchaus mit ein paar Einschränkungen, in meiner kindlichen Fantasie kam örtliches Baurecht natürlich nicht vor. Aber Einfamilienhausbewohner können sich fragen: Wer sind wir, und was brauchen wir, um dementsprechend wohnen zu können? Der Türrahmen, in dem sie lehnen, gehört ebenso ihnen wie die Küche, in der sie kochen, der Garten, in dem die Kinder buddeln. All das eröffnet herrliche Spielräume der Selbstentfaltung. Sogar in einer großzügigen Stadtwohnung stößt man damit ja doch irgendwann an seine Grenzen. Zu nah lebt man an den anderen, um sich so auszuleben, wie man es gern würde: keine Chance, die Fassade des Hauses umzustreichen, das Treppenhaus zu verlegen, mal eben größere Fenster einzusetzen. Oder auch: seiner Klavierleidenschaft nachzugehen, an Sommerabenden auf der Terrasse eine Filmleinwand aufzubauen. Oft hat man nicht mal einen großen Keller, in den man jene Teile seines Lebens hinentmisten könnte, die man nicht mehr braucht. Das Einfamilienhaus, ein Raum für Individualität. Darin liegt sein Reiz – darauf basiert aber auch die Kritik, die an diesem Wohnmodell in den letzten Jahren immer lauter geworden ist, vor allem am Neubau. Das Verständnis für Menschen, die ein Haus ganz für sich allein haben wollen, schwindet, vor allem in den Städten. Klimaschützer fordern ein Verbot des Baus neuer Einfamilienhäuser. Mit der Errichtung eines Gebäudes geht im-
mer auch die umweltbelastende Versiegelung einer Fläche einher. Sollte man dann nicht wenigstens einen Mehrfamilienkomplex darauf stellen statt eines zweistöckigen Hauses, in dem höchstens eine Handvoll Menschen wohnen werden? Von den weiten Autowegen, die Bewohner der oft am Stadtrand oder auf dem Land gelegenen Eigenheime zurücklegen, ganz zu schweigen. Freiheit ja, nur leider eben oft auf Kosten der Umwelt und der anderen. So blicken heute viele auf das Einfamilienhaus.
„Braucht der Mensch ein eigenes Haus?“, fragt der Journalist Martin Machowecz in einem ZEITmagazin-Essay über seinen eigenen, von Zweifeln begleiteten Hausbau und zitiert den frü-
Einfamilienhausbewohner können sich fragen: Wer sind wir und was brauchen wir, um dementsprechend wohnen zu können?
heren Chef der Stiftung Bauhaus Dessau, Philipp Oswalt, der das Einfamilienhaus mal eine optisch grenzwertige „Explosion von Privatheiten“ nannte.
Aber kann Freiheit nicht auch ohne Verwüstung und Egoismus gehen? Vielleicht doch. In diesem Buch sind zahlreiche Häuser versammelt, deren Architektinnen und Bauherren sich nicht nur mit den aktuellen Klimaschutz- und Umweltanforderungen befassen, sondern sich der Selbstverwirklichung in den eigenen vier Wänden auch auf behutsame und respektvolle Art genähert haben.
Das Haus Interpol in Karlsruhe etwa: ein ehemaliges Gewerbegebäude in einem Hinterhof, das zu einem Wohnhaus umgewandelt wurde. Der Charme liegt in den unverputzten Innenwänden, den gewollt sichtbaren Reparaturen – und im Kontrast dazu exzentrischeren Details wie dem knallblauen Badezimmer. Das Haus wirkt im besten Sinne unfertig, atmend, lebendig, fast so, als könnte man noch hier und da daran herumbauen. Auch so kann Freiheit aussehen.
Viele in diesem Buch versammelten Häuser halten sich gekonnt zurück. Auch ein Haus wie das „Haus M“ in Isenbüttel drängt sich seiner Umgebung nicht auf, trotz des verspielten
Äußeren. Mit seiner verwinkelten Holzfassade ist es optisch halb Bauklotz, halb Treibholz – ausgefallen, eigen und trotzdem kein Ufo in der ansonsten eher beschaulichen Nachbarschaft.
Die Geschwisterhäuser in Immenstadt im Allgäu könnte man fast für Bestand halten, so still fügen sie sich in ihre Umgebung ein: flache Satteldächer, helle Holzfensterläden. Innen könnte man sich hingegen weit weg vom Allgäu wähnen, vielleicht in einer mexikanischen Landvilla: Wandverkleidungen aus hellroten Ziegeln, Rundbögen, mal eine blaue Decke, mal ein karminrotes Zimmer. Eine herrliche Explosion von Privatheit, im Privaten.
Im niederländischen Amersfoort hat die Stadt für die Bebauung eines neuen ökologischen Wohngebiets hingegen klar vorgegeben: Jedes Haus soll anders aussehen. So entstand dort das kubistisch anmutende Haus des Architekten Yaike Dunselmann. Der graue Aufbau sieht auf den ersten Blick wie Beton aus, ist aber tatsächlich aus Reet gestaltet, das an den Kanten noch mit überraschend filigranen Ornamenten aus Rohrgeflecht verziert ist.
Und dann gibt es auch Häuser wie das in Sankt Augustin. Ein klassischer, kompakter Einfamilienbau, wie man ihn aus unzähligen deutschen Klein- und Vorstädten kennt – und wie er immer öfter lieber abgerissen als umgebaut wird. In Sankt Augustin entschied man sich für letzteres. Die Veränderungen sind subtil, sie schaffen vor allem neuen Raum und mehr Licht, anstatt ästhetisch groß einzugreifen. Das Haus sieht nach der Sanierung immer noch aus, wie man ein Einfamilienhaus zeichnen würde: Weiße Fassade, rotes Satteldach, symmetrisch angeordnete Fenster, ein Bäumchen vor der Tür. Aber eben liebevoll aufgehellt und gepflegt, nicht mehr spießig und verlassen.
Das Haus in Sankt Augustin erinnert mich ein bisschen an das Haus, in dem ich am Stadtrand von Hamburg aufgewachsen bin. Nicht optisch, eher in Bezug auf die Mentalität, die dahinter steckt. Als meine Eltern das Haus das erste Mal besichtigten, war ich fünf Jahre alt und hatte, siehe oben, sehr spezielle Vorstellungen vom Paradies. Dieses Haus stammte aus den Sechzigejahren, ein gelber Klinkerbau mit braunen Fensterrahmen, umgeben von dunklen Tannen und vermoosten Gartenmauern. Die Eingangshalle war mit regenbogenfarbener Tapete ausgekleidet, das Obergeschoss eng, dunkel und stickig. Ich fand das Haus unheimlich. Meine Eltern kauften es. Ich hoffte, wir würden es wenigstens blau oder rosa streichen, aber nein, der gelbe Klinker blieb. Der Architekt, der für den Umbau engagiert worden war, baute an die Gartenfassade einen kubistischen Holzkasten im gleichen Braunton wie die Fensterrahmen. Eine Idee, deren Genialität sich mir erst im Laufe der Jahre erschließen sollte: Das Haus erhielt dadurch ein modernes Form-Update, zugleich fügte sich der Kasten organisch in das alte Design ein. Die Regenbogentapete verschwand, das Obergeschoss wurde mit großen Dachfenstern und bodentiefer Verglasung im Schlafzimmer lichtgeflutet. Mein Lieblingsort war die Küche, die meine Eltern von ihrem ursprünglichen Standort, einem dunklen Hinterzimmer mit Blick auf den Komposthaufen, ins Vordere des Hauses verlegt hatten, nämlich in die Garage. Unsere Küche war dementsprechend geräumig, und außerdem babyblau. Ich fand all diese Entscheidungen anfangs schräg, und auch, warum im Garten Platz für eine Terrasse, aber nicht für einen Swimming-Pool war, verstand ich nicht. Es folgten dann Jahrzehnte in einem Haus, das seine Vergangenheit nicht leugnete und zugleich Raum für Neues bot. Einige Jahre nach unserem Einzug hatten meine Eltern zudem noch in die Neudämmung der Fassade investiert. So können unsere Nachfolger, eine Familie mit drei jungen Kindern, dort heute nach relativ zeitgemäßen Umweltstandards wohnen.
Die gestalterische Freiheit, die das Einfamilienhaus bietet, wird oft missverstanden als etwas, wovon vor allem die Bewohner selbst etwas haben. Sie machen sich ihre Welt, wie sie ihnen gefällt. Aber natürlich kann ebenso die Umgebung davon profi-
tieren. In vielen Siedlungen mit schnell hochgezogenen Wohnblocks ist heute eine deprimierende Uniformität zu beobachten, die auf Kosteneffizienz zurückzuführen ist, aber sicherlich auch auf blanke Fantasielosigkeit. Für mich ist etwa das Quartier Heidestraße in Berlin menschenfeindliches Gebiet: Ein gesichtsloser Klotz reiht sich an den nächsten. Mehr Menschen, die beim Bauen ihr eigenes Ding machen, können hingegen auch mehr Abwechslung und Leben im Stadtbild bedeuten.
In der Straße, in der ich groß wurde, sah jedes Haus anders aus: hier ein hellblau gestrichenes, da eins aus rotem Backstein, dort ein weißes mit schwarzen Holzbalken, das wir liebevoll das
Die gestalterische Freiheit, die das Einfamilienhaus bietet, wird oft missverstanden als etwas, wovon vor allem die Bewohner selbst etwas haben.
Hexenhaus nannten. Eins der Häuser versank jedes Jahr zu Weihnachten in glitzernder und blinkender Lichterdekoration, inklusive grell leuchtendem Elch auf dem Dach. Mein Stil war das nicht, aber das Haus wurde so alljährlich zu einer richtigen Attraktion in der Straße – eben, weil es anders war. Ich liebte auch den historischen Pferdeschlitten, der aus mir unbekannten Gründen am Tor eines dicht mit Tannen bewachsenen Grundstücks ein paar hundert Meter von unserem entfernt stand. Irgendwann wurde das Grundstück verkauft, der darauf wuchernde Wald gefällt, der Schlitten verschwand, und auf dem nun kahlen Gelände zog man vier Fertighäuser hoch, die mehr oder weniger gleich aussahen und deren Bewohner pünktlich zur Dämmerung die Rollläden herunterfuhren. Die Siedlung strahlte kalte, abweisende Konformität aus. Die neuen Nachbarn lernten wir nie kennen.
Wo keiner mehr aus der Reihe tanzt, sein Ding macht, auch mal etwas Eigensinniges ausprobiert, geht eben auch das Kommunikative einer Nachbarschaft verloren. Vom Freiheitsbedürfnis des oder der Einzelnen können dagegen alle etwas haben. Wenn es mit Bedacht und Respekt für die Umgebung ausgelebt wird, natürlich. Für beides bieten die Häuser in diesem Buch Inspiration.
Claire Beermann ist Style Director des ZEITmagazins und war zuvor freie Autorin für Medien wie Vogue und die Frankfurter Allgemeine Zeitung, außerdem betrieb sie über zehn Jahre lang ihren eigenen Blog C’est Clairette
Die Jury
Christoph Ramisch
Redakteur werk, bauen + wohnen
„Wenn schon Einfamilienhaus, dann inspirierend. Drum freue ich mich, wenn die Bauaufgabe genutzt wird, um Dinge zu probieren, Normen zu hinterfragen und Familien lebenswerten Wohnraum zu bieten, ganz ohne Luxus und Verschwendung.“
Claire Beermann
Style Director ZEITmagazin
„Zahlreiche Einsendungen, die die Jury für diesen Preis unter die Lupe genommen hat, zeigen, wie ernsthaft sich viele Architektinnen und Architekten mit der Kritik am Einfamilienhaus beschäftigen. Viele von ihnen scheinen diese Herausforderung als Chance begriffen zu haben, das Einfamilienhaus völlig neu zu denken. Als Jury war es uns wichtig, hervorzuheben, dass das auch im Jahr 2024 funktioniert: individuell und zugleich umsichtig zu wohnen.“
Eva Maria Herrmann
Architekturjournalistin, Moderatorin und Buchautorin
„Die Jurysitzung für die Häuser des Jahres 2024 zeigte einmal mehr, wie lebendig und progressiv die zeitgenössische Architektur ist; die leidenschaftlichen Diskussionen der Jury über die Projekte prägten eine inspirierende Begegnung.“
Guobin Shen
Vorjahressieger, Atelier Kaiser Shen
„Die zunehmende Verwendung nachwachsender Rohstoffe im Bau und die Suche nach einer resilienten Struktur zeichnen die diesjährigen Arbeiten aus: Der Wandel in der Architektur ist bei den Einfamilienhäusern bereits angekommen.“
Michael Schuster
Chefredakteur DBZ Deutsche BauZeitschrift
„Die Jurysitzung empfand ich als sehr harmonisch und zielorientiert. Unter den Projekten gab es das ein oder andere Haus, in dem man sich schon vorstellen kann, selbst zu wohnen, sowie ein paar spannende Entdeckungen unter den Architekturbüros. Wenn man von einer perfekten Jury sprechen kann, dann von der Jury der Häuser des Jahres.“
Roland Merz
Chefredakteur Atrium, Archithema Verlag
„Architektur liegt mir am Herzen – und vor allem die Diskussion darüber. Es ist wichtig, dass die Auseinandersetzung mit Raum und der Fragestellung des Wohnens in der breiten Öffentlichkeit diskutiert werden. Der achtsame Umgang mit Raum und Ressourcen sowie neue Formen des Zusammenlebens sind gefragt. Der Architekturpreis Häuser des Jahres bildet einen wichtigen Beitrag in dieser Diskussion.“
Ulrich Nolting
Geschäftsführer InformationsZentrum Beton
„Einfamilienhäuser zählen per se nicht zu der Kategorie des Bauens, die man als nachhaltig bezeichnen kann. Dennoch ist das Einfamilienhaus seit Jahrzehnten die Traumimmobilie der Deutschen und wird dies auch in Zukunft bleiben. Vor diesem Hintergrund ist eine gute und resiliente Architektur von großer Bedeutung. Dieser Aspekt ist mir als Jurymitglied wichtig.“
Unsere Partner
Wir bedanken uns bei diesen wichtigen Branchenakteuren ganz herzlich für die Unterstützung.
Die DBZ Deutsche BauZeitschrift ist eine der wichtigsten und auflagenstärksten Architekturfachzeitschriften im deutschen Sprachraum. Seit 2009 ist sie zudem Organ des BDB Bund Deutscher Baumeister. Sie berichtet für und mit Architekten und Architektinnen sowie Bauingenieurinnen und Bauingenieuren praxisnah und nutzt dafür vielfältige Medienkanäle.
Der Archithema Verlag ist Herausgeber von Zeitschriften aus den Bereichen Architektur und Wohnen. DAS IDEALE HEIM ist die führende und älteste Wohnzeitschrift der Schweiz. Die internationale Ausgabe Atrium wird vor allem in Deutschland und Österreich vertrieben.
Der Österreichische Rundfunk ist der größte Medienanbieter des Landes und produziert vier Fernseh- sowie drei bundesweite und neun regionale Radioprogramme.
werk, bauen + wohnen ist die führende Architekturzeitschrift aus der Schweiz. Sie berichtet aktuell und kritisch über Architektur im internationalen Kontext. Als Organ des Bundes Schweizer Architekten BSA erscheint sie seit 1914.
architektur.aktuell ist Österreichs führendes Architekturmagazin mit Informationen über die innovativsten Bauten national und weltweit, hochwertigem Foto-, Planund Datenmaterial und einem Überblick über neue Produkte für Architektur und Bau. Interviews, Ausstellungsbesprechungen, ein Veranstaltungskalender und Media Reviews runden das Informationsangebot ab.
Der IVD (Immobilienverband Deutschland IVD Bundesverband der Immobilienberater, Makler, Verwalter und Sachverständigen e.V.) ist die Berufsorganisation und Interessenvertretung der Beratungs- und Dienstleistungsberufe in der Immobilienwirtschaft. Der IVD betreut 6.000 Mitgliedsunternehmen mit gut 100.000 Beschäftigten. Dazu zählen Wohnungsverwalter, Immobilienmakler, Bauträger, Finanzdienstleister und viele weitere Berufsgruppen der Immobilienwirtschaft.
Die CUBE Metropolmagazine erscheinen seit 2010 in acht deutschen Regionen (sowie Wien) und präsentieren regionale Architektur- und Innenarchitekturprojekte. Das Premiummagazin CUBE Select zeigt eine bundesweite Auswahl an moderner Wohnarchitektur. CUBE Inspire fokussiert ein Spezialthema, wie zum Beispiel Smarthome, und CUBE Real Estate stellt Quartiersentwicklungen und Großprojekte vor. Das Portal www.cube-magazin.de bietet mit über 5.500 Artikeln eine Inspirationsquelle für Architekturinteressierte.
Alle zwei Jahre findet die BAU, die Weltleitmesse für Architektur, Materialien und Systeme statt. Hier kommen alle zusammen, die international am Planen, Bauen und Gestalten von Gebäuden beteiligt sind: Architekten, Planer, Investoren, Industrie- und Handelsvertreter, Handwerker u.v.m. Die BAU bündelt das Know-how aller Branchen und Gewerke auf hohem internationalem Niveau. Sie fördert den kreativen Austausch untereinander, vermittelt Kontakte und setzt Synergien frei.
1. Preis
1. Preis Milla Architekten
Laudatio von Ulrich Nolting
„Interpol“ ist nicht nur ein Haus; es ist eine harmonische Symbiose aus Geschichte, Innovation und urbaner Lebensqualität. Das Projekt hat seine Wurzeln in einer tiefgreifenden Analyse der Umgebung, der architektonischen Herausforderungen und des vorhandenen Bestands. Milla Architekten haben nicht nur ein bestehendes Gebäude umgebaut, sondern vielmehr eine Geschichte fortgeführt und neu interpretiert.
Das Gründerzeitgebäude, zunächst verborgen in einem Hinterhof, wird durch eine Abfolge von Höfen und Durchgängen zugänglich. Die Idee, ein ehemals gewerblich genutztes Gebäude in einem Hinterhof zu einem Wohngebäude umzubauen, zeugt nicht nur von einer tiefen Auseinandersetzung mit der Umgebung und einem feinen Gespür für die Integration von Architektur in ihre natürliche Umgebung, sondern ist auch ein herausragendes Beispiel, wie innerstädtisch im Bestand neuer Wohnraum entstehen kann. Die Transformation eines ehemaligen Brennereigebäudes, das in den Zwanzigerjahren seinen ursprünglichen Charakter verlor, zu einem zeitgemäßen Wohnhaus ist schon ein kleines, aber feines architektonisches Meisterstück.
Der Entwurf von Milla Architekten sieht im Inneren eine Betonkonstruktion vor, die drei Ebenen und einen Kern mit umliegenden Treppen bildet. Die geschickte Anordnung von Räumen auf den Ebenen, mit Materialwechseln und Einbaumöbeln als Gestaltungselementen, schafft eine faszinierende Raumwirkung. Im Kern des Gebäudes befinden sich vier introvertierte kleine Räume übereinander, die eine private Oase inmitten der Großstadt bilden.
Besonders beeindruckend ist die Erweiterung des Hauses durch einen direkt zugeordneten Hof. Hier öffnet sich lediglich eine Fassade zum Hof, während Zenitlicht durch eine breite Dachfuge ins Haus gelangt. Diese raffinierte Gestaltung schafft nicht nur einen harmonischen Übergang zwischen Innen und Außenraum, sondern maximiert auch die Privatsphäre im urbanen Umfeld.
Die Architekten haben sich bewusst für die Integration des heterogenen Sichtmauerwerks des Bestands entschieden, sowohl innen als auch außen. Die Betonkonstruktion fügt sich nahtlos in dieses Gehäuse aus Mauerwerk ein, und die Materialwahl ist geprägt von widerscheinenden Akzenten vor einem matten, spröden Hintergrund. Dies verleiht dem Gebäude nicht nur eine einzigartige ästhetische Qualität, sondern unterstreicht auch die Wertschätzung für die Geschichte und den Charakter des ursprünglichen Gebäudes.
Insgesamt präsentiert sich „Interpol“ als herausragendes Beispiel für innovative Architektur, die nicht nur die Bedürfnisse der Bewohner erfüllt, sondern auch eine harmonische Verbindung zwischen Alt und Neu, Tradition und Moderne schafft. Milla Architekten haben mit diesem Projekt eine Hommage an die Architektur geleistet, die weit über die Grenzen Karlsruhes hinaus strahlen wird.
Juwel im Hinterhof
Das Wohnhaus folgt den Prinzipien der Kreislaufwirtschaft, vom sortenreinen Bauen bis zum Urban Mining, und verwendet, wo sinnvoll, nachwachsende Rohstoffe und langlebige Materialien.
Wie kann ein altes Gründerzeitgebäude mitten in der Stadt zu einem modernen Wohnhaus umgebaut werden? Eine Frage, die nicht nur Milla Architekten beschäftigt. Doch Boris Milla hatte die Möglichkeit, darauf eine Antwort zu finden. In Form eines versteckten Juwels im Hinterhof, das durch verschiedene Umbauten seine ursprüngliche Raumstruktur und Fassadengliederung verloren hatte. Bei der Planung standen den Architekten nur die gemauerten Außenwände und marode Holzkonstruktionen zur Verfügung. Der Entwurf sieht eine Betonkonstruktion vor, die drei Ebenen und einen Kern mit umlaufenden Treppen bildet. Die verschiedenen Bereiche auf den Ebenen werden durch Materialwechsel und Einbaumöbel definiert. Im Kern des Gebäudes sind vier kleine, introvertierte Räume übereinander angeordnet. Nur eine Fassade öffnet sich zum Hof, über eine breite Dachfuge fällt Zenitlicht ins Haus. Um das Grundstück in einen öffentlichen Bereich vor dem Vorderhaus und einen privaten Bereich vor dem Hofhaus zu gliedern, wurde ein separates Eingangsgebäude für das Hofhaus errichtet. Dieses kleine Haus beherbergt die Eingangstür, die Klingel und den Briefkasten für das Hofhaus und bietet im Inneren Platz für Fahrräder und weitere Gerätschaften. Die Form des Hauses
wurde durch die Lage im gründerzeitlichen Hof unter einem wild gewachsenen Nussbaum bestimmt.
Die Bausubstanz wird innen wie außen durch das heterogene Sichtmauerwerk des Bestands geprägt. Die ergänzte Betonkonstruktion fügt sich harmonisch in dieses Mauerwerk ein. Beim Bau des Gebäudes wurden im Sockelbereich vorhandene Abbruchsteine unterschiedlicher Materialien und Größen verwendet, um die Lehmwände vor Spritzwasser und Bodenfeuchtigkeit zu schützen. Die Lehmwände wurden von Studierenden und Mitarbeitern des KIT und der HfG in Handarbeit in eine geliehene Schalung gestampft. Der Lehm für diese Wände stammt aus einem anderen Projekt des Architekturbüros in der Nähe. Da es in Deutschland bis zu dem Zeitpunkt des Baus noch keine statische Normung für Stampflehmwände gibt, wurde im Inneren des Gebäudes eine vorgefertigte Holzkonstruktion eingebaut, die das Dach trägt. Bei der Holzkonstruktion wurde darauf geachtet, auf zusätzliche Verbindungsmittel zu verzichten und stattdessen CNCgefräste Zapfen und Aussparungen zu verwenden. Das Dach besteht aus unbeschichteten Aluminiumwellblechen, die ohne Sparren auskommen und eine lange Lebensdauer als Dacheindeckung versprechen.
Das Ergebnis der angewendeten Prinzipien ist weniger ein Abbild eines klassischen Entwurfsprozesses als vielmehr ein Herstellungsprozess unter Berücksichtigung der vorhandenen Materialien und Möglichkeiten. Die Idee überzeugt durch eine spezifische und ungewöhnliche Ästhetik, die sowohl den Blick zurück als auch den Blick nach vorn erlaubt.
HÄUSER DES JAHRES ist einer der wichtigsten Wettbewerbe der Branche und wird bereits seit vielen Jahren ausgelobt.
Das große Inspirationsbuch zum Award präsentiert die von einer Expertenjury ausgewählten 50 besten Einfamilienhäuser und stellt diese in Text, Bild und mithilfe von Plänen ausführlich vor. Die individuellen Planungsgeschichten der Architekten und Bauherren – vom Wohnen auf dem Land bis zum Stadthaus, von der frei stehenden Villa bis zum engen Hinterhof, vom Neubau bis zum behutsam sanierten Gebäude – sind dabei so vielfältig, wie die gemeinsam realisierten Wohn- und Lebens(t)räume.
50 herausragende Einfamilienhäuser, ausgewählt von einer renommierten Fachjury
Ausführliche Häuserporträts mit Plänen und Daten sowie Infos zu den verbauten Materialien und den beteiligten Unternehmen
Ausgezeichnete Produkte „Architects’ Choice“
Die wichtigste Inspirationsquelle für zukünftige Bauherren und Einfamilienhausarchitekten