Liebe Freundin, lieber Freund des Hauses Kreutzkamm, die Conditorei Kreutzkamm begeht ihren 200. Geburtstag. Ich bin stolz und dankbar, das Haus in 5. Generation zu lenken. Es ist weltweit das älteste familiengeführte Unternehmen, das in ununterbrochener Handwerkstradition und höchster Qualität Baumkuchen, Christstollen und andere exquisite Köstlichkeiten des Backens herstellt.
Das Ihnen vorliegende Buch feiert die lange Geschichte unserer Conditorei Kreutzkamm und vermittelt Einblicke in die wechselvolle Geschichte der Höhen und Tiefen unseres Familienbetriebes. Ich werde häufig gefragt, weshalb gerade Kreutzkamm insbesondere die durch Kriege und wirtschaftliche Not bedingten schweren Zeiten über zwei Jahrhunderte überstehen konnte. Uns gab es schon vor der ersten deutschen Ferneisenbahn – und, man mag es sich kaum vorstellen, zu Zeiten ohne Kühlschrank und Strom.
Antworten auf die Frage gibt es viele. Auf einen persönlichen Aspekt möchte ich eingehen. Über die Generationen hinweg haben wir Kreutzkamms unser Herzblut in die Qualität unserer Produkte gesteckt und unsere Dienste den Kunden gewidmet.
Und so war auch meine Kindheit durch die Erfordernisse und den Rhythmus des Betriebes geprägt: Bereits von klein auf wurde ich nach der Schule im Unternehmen eingebunden. Mit zehn Jahren stand ich hinter der Theke und wurde in den Ferien durch die Abteilungen in der Backstube geschickt. Ab November packte ich nach der Schule und an den Wochenenden Päckchen. Das Firmentelefon wurde nach Feierabend und am Wochenende nach Hause verbunden – lange Gespräche mit Freundinnen waren tabu, damit Kunden jederzeit ihre Bestellungen abgeben konnten. Das Konditoreiwesen habe ich quasi nebenbei erlernt. Mein Studium als Kauffrau erschien mir wichtig, um das Familienunternehmen mit betriebswirtschaftlichen Kenntnissen durch die herausfordernden Veränderungen einer sich stets wandelnden dynamischen Zeit zu führen.
Dieses Buch vermittelt jedoch nicht vornehmlich die Vergangenheit und Gegenwart von 200 Jahre Kreutzkamm und spekuliert auch nicht über die Zukunft unseres Hauses. Die Quintessenz unseres Erfolges sind unsere Konditoreispezialitäten – die Rezepte unserer Gebäcke, Christstollen, Torten oder Pralinen. Diese möchte ich mit diesem Buch in den Vordergrund stellen und Sie auf eine Entdeckungsreise in die Geheimnisse unserer Manufaktur einladen, die wir nun über so viele Jahre in der Familie und Mitarbeiterschaft gepflegt und gehütet haben. Hoffentlich haben Sie genauso Freude wie ich, die Rezepte, die wir Tag für Tag, Jahrzehnt für Jahrzehnt, ja gar über Jahrhunderte herstellen, nachzumachen.
Sind es dieselben Rezepturen wie im 19. Jahrhundert? Vor allem beim Stollen werde ich dies oft gefragt. Meine
ehrliche Antwort lautet: nein. Denn viele Zutaten und deren Qualität der vergangenen Jahrhunderte wie Schweineschmalz, Rindertalg und viele andere Ingredienzen werden heute so in der Küche nicht mehr verwendet. Der Ansporn in unserer Familie war immer, das beste Produkt mit den besten Zutaten handwerklich herzustellen. Das Ergebnis muss einem Kreutzkamm-Produkt gerecht werden. Und so passen sich Rezepte zwar an heutige Regularien an, ohne dabei Kompromisse beim Geschmack und der handwerklichen Vollendung unserer Artikel einzugehen.
„Elisabeth, Du bist eine Kreutzkamm, eine Kreutzkamm tut so etwas nicht!“ Das war einer der prägendsten Sätze meiner Kindheit. Ich empfand meinen Familiennamen damals häufig als eine Belastung. Heute bin ich unendlich stolz und dankbar, ihn zu tragen und den Schatz unserer familiengeführten Conditorei behüten zu dürfen. Doch dabei bin ich nicht allein.
Mein Dank gebührt zunächst allen unseren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, mögen es Tausende sein, die uns in 200 Jahren durch Höhen und Tiefen begleitet und unsere Werte, die Qualität unserer Baumkuchen, Torten, Kuchen und Stollen, die Traditionen und Geheimnisse ihrer Herstellung sowie die Magie unserer Conditorei bewahrt habenund bewahren. Hier seien insbesondere Frank Schmahl und Lisa Zwickel genannt, die maßgeblich für die Entwicklung bzw. Umrechnung der Rezepte in diesem Buch verantwortlich waren. Ich bedanke mich bei meinen Eltern, dass sie die Mühen des Wiederaufbaus nach dem Krieg auf sich genommen haben, meinem Mann und meinen vier wunderbaren Kindern. Ohne sie wäre ich nichts! Mit ihnen bin ich alles! Mit größter Vorfreude erwarte ich den Moment, wenn ich –wie sich abzeichnet – das Haus Kreutzkamm in die Hände der 6. Generation legen darf. Und last but not least bedanke ich mich bei Ihnen, liebe Kundeninnen und Kunden. Ich bedanke mich für die große Treue, die Sie uns und womöglich schon Ihre Eltern und Vorfahren über viele Jahre gehalten haben. Danke!
Bei der Lektüre unseres Buches wünsche ich Ihnen viel Spaß. Sollten Sie das Rezept für unsere KreutzkammBaumkuchen vermissen, so muss ich Ihnen leider mitteilen, dass wir Ihnen kein Rezept für zu Hause anbieten können. Das liegt zum einen an den speziellen Öfen, die wir nutzen, als auch an den Ingredienzen, die sich nicht auf die kleinen Mengen einer privaten Küche herunterbrechen lassen. Den Baumkuchen mögen Sie sich bitte weiterhin schicken lassen oder in einem unserer Conditorei-Cafés erstehen. Sollten wir uns dort einmal persönlich begegnen, würde es mich sehr freuen, wenn wir uns über die Magie der feinen Conditorei-Waren austauschten.
Ihre Eli Kreutzkamm-Aumüller
Elisbeth KreutzkammAumüller beim Treffen mit ehemaligen Mitarbeitern. Rechts neben ihr sitzt, als Vertreterin der sechsten KreutzkammGeneration, ihre Tochter Katharina.
WIE ALLES BEGANN
Heinrich Jeremias Kreutzkamm
Es war einmal ... so beginnen viele Märchen. Bei Kreutzkamm steht ein charismatischer Mann mit einer spannenden Lebensgeschichte ganz am Anfang: Heinrich Jeremias Kreutzkamm. Geboren wird er 1799 in Quedlinburg, nahe der Stadt Magdeburg.
Nach der Ausbildung zum Brot- und Feinbäcker geht er, wie damals üblich, auf Wanderschaft. Dabei lernt er erstmals Christstollen kennen. Ein Kuchenbrot, das damals vor allem im ostsächsischen Raum verbreitet ist. Die Form ist geprägt vom neugeborenen Christkind, das, mit Stoff umwickelt, in eine Futterkrippe gebettet war. Der junge Heinrich Jeremias erkennt sofort das Potenzial dieses einzigartigen Gebäcks, das für das Unternehmen Kreutzkamm von schicksalhafter Bedeutung sein wird.
Denn besonders für ihre Christstollen wird die Konditorei im Laufe ihrer Geschichte weltweit berühmt. Dabei ist es nicht das Rezept allein, das für die Güte und den Geschmack verantwortlich ist. Vielmehr ist es ein Zusammenspiel aus der richtigen Auswahl der Zutaten und dem handwerklichen Geschick bei der Herstellung. Keine Maschine dieser Welt kann diese handwerklichen Fähigkeiten ersetzen. Es gibt kaum ein anderes Gebäck, das eine solche Sorgfalt und Genauigkeit in der Produktion verlangt.
Mit 25 Jahren zieht es Heinrich Jeremias nach Dresden, und er stellt dort am 16. März 1825 den Antrag auf die Erteilung des Bürgerrechts. Das ist damals nötig, um ein Geschäft betreiben zu dürfen, was der ambitionierte Konditor beabsichtigt. Ein halbes Jahr muss er auf sein Bürgerrecht warten. Grund hierfür ist nach aktuellen Nachforschungen die Tatsache, dass er wohl unehelich geboren ist. Doch schließlich bekommt der junge Mann im Oktober 1825 die Konzession, in der Dresdner Moritzstraße eine Konditorei
mit Laden zu eröffnen. Der Erfolg ist durchwachsen. Und so nutzt Heinrich Jeremias die Gunst der Stunde, als 1838 die „Bahnhofswirtschaft“ der neu fertiggestellten ersten Ferneisenbahnlinie Dresden-Leipzig zur Pacht steht – das Unternehmen Kreutzkamm hätte sich ebenso gut in eine andere Richtung entwickeln können. Aber im Jahr 1848 kehrt Heinrich Jeremias wieder in sein ursprüngliches Metier zurück. Endlich, nach mehreren Anläufen, erhält er auch die Konzession für eine Konditorei mit Restaurationsbetrieb.
Er spezialisiert sich auf Feinbäckerei und insbesondere die Confiserie und legt damit den eigentlichen Grundstein für das Unternehmen Kreutzkamm.
Leicht hatte es Heinrich Jeremias nicht. 1849 bricht in Dresden der Maiaufstand aus. Und der neue Standort der Conditorei Kreutzkamm am Neumarkt liegt direkt im Brennpunkt des Geschehens. Der Betrieb wird auf Veranlassung der Behörden geschlossen, nur die Conditorei muss als Bäckerei weiterarbeiten, um die Versorgung der Bevölkerung mit Brot sicherzustellen. Gezeichnet von einem arbeitsreichen und nicht immer leichten Leben, stirbt Heinrich Jeremias Kreutzkamm im jungen Alter von 50 Jahren.
Weitaus früher als geplant und erwartet, übernimmt also nach Heinrich Jeremias Kreutzkamms Tod im Jahr 1850 sein einziger Sohn, Heinrich Julius, mit nur 24 Jahren den Betrieb. Unterstützung bekommt er von seiner Mutter Juliane, die auch bereits während der Leitung des Geschäfts durch ihren Ehemann, kräftig mit angepackt hat. Sie begründet
Bürgerrecht der 2. Generation Heinrich Julius Kreutzkamm
damit, ohne es damals zu wissen, eine Kreutzkamm-Tradition. Denn die Frauen der Familie werden später noch eine große Rolle für den Erhalt und die wirtschaftliche Stabilität des Unternehmens spielen.
Aber wir wollen der Geschichte nicht vorgreifen. Es zeigt sich bald, dass Heinrich Julius ein glückliches Händchen fürs Geschäft hat. Unter seiner Leitung und seinen Qualitätsanforderungen werden die Konditoreiwaren von Kreutzkamm bald stadtbekannt. Und auch in höheren Kreisen äußerst beliebt. So verleihen ihm 1867 Kronprinz Albert und Prinz Georg, Herzog zu Sachsen, den Titel eines Hofconditor, siehe Urkunde. Sechs Jahre darauf wird Kreutzkamm sogar zum „Königlichen Hoflieferanten“ ernannt. Ein Prestigegewinn von heute unvorstellbarer Dimension. Innerhalb von zwei Jahrzehnten ist es Heinrich Julius gelungen, den Betrieb und seine Produkte unverwechselbar zu machen und in die alleroberste Handwerksliga des Landes aufzusteigen. Eine Leistung, auf die das Unternehmen bis heute aufbaut.
Noch eine wegweisende Entscheidung ist dem Geschick und der Weitsicht von Heinrich Julius zu verdanken: Durch
einen glücklichen Zufall ergibt sich die Chance, eines der stattlichen Häuser am Dresdner Altmarkt zu kaufen, das sogar schon auf Stichen des berühmten venezianischen Künstlers Canaletto (1697–1768) verewigt ist. Heinrich Julius weiß, wie wichtig die Lage eines Geschäfts für den Erfolg ist. Eine Tatsache, die auch all seine Nachfolger bei Kreutzkamm beherzigen werden. Das Königliche Rentamt gewährt ihm sogar, mit ausdrücklicher Genehmigung des Königs, eine Hypothek „zu günstigen Bedingungen“. Mit dem Sitz im Herzen der Stadt gedeiht der Familienbetrieb weiterhin. Und so übergibt Heinrich Julius im Jahr 1890, nach vier Jahrzehnten aufopferungsvoller und erfolgreicher Arbeit, seinem Sohn Max ein etabliertes, solides und prosperierendes Unternehmen.
Aus der Zeit von Heinrich Julius ist auch der Brief einer Kundin überliefert, der ein wunderbares Zeitzeugnis ist:
„Meine Großmutter (geboren 1858) führte – wie das früher so üblich war – ein Wirtschaftsbuch, in das alle Ausgaben des kinderreichen und lebhaften Haushalts sorgsam eingeschrieben wurden. Das Buch lag auf ihrem Schreibtisch, meist aufgeschlagen, damit sie jederzeit rasch neue Ausgaben nachtragen konnte. Ab und zu erschien zwischen Vogelfutter am 2. Februar M (*Mark) 0,25 – einem Bettler am 4. Februar M 0,20 – neue Schuhe für Roderich (so hieß mein Vater) am 5. Februar M 12,00 – ein Zeichen etwa so X (das X wurde aber aus zwei Kämmen gebildet) am 8. Februar M 1,20 oder M 1,95.
Eines Tages fragte mein Großvater, was das denn heißen solle. Da vertraute ihm seine Frau hinter vorgehaltener Hand an, dass sie in der Conditorei Kreutzkamm gewesen sei und zwei gekreuzte Kämme zeichne, damit die Dienstmädchen und die größeren Kinder das nicht lesen können.
Denn damals galt ein Besuch in der Konditorei noch als ein klein wenig verschwenderisch, und die Hausfrauen legten Wert darauf, für sparsam gehalten zu werden. Schon wegen des guten Beispiels!
Doch Kaffee und Kuchen bei Kreutzkamm am Altmarkt waren gar so verführerisch, dass sie die „eisernen“ Grundsätze über den Haufen warfen.
Heinrich Julius Kreutzkamm sind nach der Geschäftsübergabe noch 24 gesunde und glückliche Jahre im Ruhestand gegönnt. Er zieht in ein Altersheim in Moritzburg, direkt gegenüber dem Kurfürstlichen Jagdschloss. Was für ihn wunderbare Erinnerungen weckt. Denn als passionierter Jäger hatte er die Ehre, an so einigen Hofjagden teilnehmen zu dürfen. 1914 stirbt Heinrich Julius Kreutzkamm im betagten Alter von 89 Jahren.
Im jungen Alter von 24 Jahren übernimmt
Heinrich Julius Kreutzkamm das Unternehmen und leitet es vier Jahrzehnte lang mit großem Erfolg.
Die besiegelte Urkunde, mit der Kreutzkamm 1873 zum „Hofconditor” ernannt wird.
Auch die Zeit nach dem Ersten Weltkrieg ist von Mangel geprägt – und dazu von der Hyperinflation, die eine geordnete Unternehmensführung so gut wie unmöglich macht. Einen markanten Einschnitt stellt für Kreutzkamm der 23. Oktober 1923 dar, an dem die Reichswehr unter der Führung von General Müller Dresden besetzt, der Beginn des Deutschen Roten Oktobers. Die Tumulte spielen sich auch direkt vor dem Café ab, sodass wochenlang die Fensterplätze nicht belegt werden können, weil die Gefahr dort zu groß ist. Max Kreutzkamm, ein besonnener Mann, der immer auf Ausgleich bedacht ist, muss nun jeden Tag befürchten, dass sein Geschäft von den Demonstranten angegriffen und verwüstet wird. Mit einem Einsatz bis an seine Leistungsgrenzen gelingt es Max, den Familienbetrieb auch durch diese stürmische See zu schippern. Und mit jedem Jahr kehrt wieder mehr Normalität ins Leben zurück. Doch im August 1924 stirbt völlig unerwartet seine Tochter Lies an den Folgen einer Stirnhöhlenoperation. Max kommt nie über den Verlust hinweg. Zwar wird er anlässlich des 100-jährigen Firmenjubiläums nochmals gefeiert und mit Ehrungen überhäuft. Die Konditoreien-Kreis-Innung bittet, auf das neue geweihte Banner den Wahlspruch des Hauses Kreutzkamm schreiben zu dürfen:
Empor zum Licht
Mit klarem Blick.
Ein Vorwärts stets,
Nie ein Zurück!
Eine große Ehre und Hommage an das Lebenswerk von Max, der dem einzigen Betrieb in Dresden vorsteht, der auf 100 Jahre Geschichte zurückblicken kann. Die Tage des Feierns sind für ihn persönlich nochmals ein Höhepunkt. Aber ein Herzleiden, das er schon länger mit sich trägt, verschlimmert sich zusehends. Max stirbt am 6. Januar 1926. Damit ist auch die dritte Generation Kreutzkamm Geschichte. Die vierte steht schon bereit, und es wird eine ganz besondere und prägende werden, so viel sei schon verraten.
Max Kreutzkamms Sohn Fritz Kreutzkamm geht nach seiner Schulzeit bei einem befreundeten Fachkollegen seines
Vaters in Erfurt in die Lehre. Er befolgt also das bewährte Motto, zuerst in anderen Unternehmen Erfahrung zu sammeln, bevor er irgendwann selbst einmal den Familienbetrieb übernimmt. Ihm schwebt eigentlich vor, seine Fachkenntnisse außerdem noch im Ausland zu erweitern. Er hat absolut keine Eile, wieder nach Dresden zurückzukehren. Denn, das sei gesagt, Fritz ist schon immer den schönen und angenehmen Seiten des Lebens zugetan. Die Frauenherzen fliegen ihm zu, und er geht keinem Abenteuer aus dem Weg. Der hochgewachsene junge Mann ist so gutaussehend, dass er sicher auch als Filmschauspieler Karriere hätte machen können. Durch den Tod seines Vaters muss Fritz jedoch viel früher Verantwortung übernehmen, als das in seiner persönlichen Lebensplanung vorgesehen war. Nun, die Familie geht vor! Er stellt sich der Verpflichtung und kehrt nach Dresden zurück. Wieder ist es eine Frau, die ihm beisteht: seine Mutter Margarethe. Die Herausforderungen, vor denen die beiden stehen, sind enorm. Deutschland erlebt Ende der 1920er-Jahre eine nie dagewesene Rezession. Mit der Folge eines rapiden Preisverfalls, Geldknappheit und Massenarbeitslosigkeit. Das geht auch an der Firma Kreutzkamm nicht spurlos vorbei. Viele Stammkunden brechen weg. Und es wird immer schwieriger, das Geschäft bei gleichbleibender Qualität der Produkte rentabel zu führen. Deshalb kann die Kapazität des Betriebes nicht mehr voll ausgenutzt werden. Eine existenzgefährdende Abwärtsspirale. Aber wieder einmal bewahrheitet sich die altbekannte Volksweisheit: „In jeder Krise steckt eine Chance.“ Fritz, ein Hansdampf in allen Gassen, wie man zu dieser Zeit zu sagen pflegt, hat die rettende Idee. In den zurückliegenden Jahren bekam die Konditorei wiederholt Anfragen von führenden Feinkostgeschäften in ganz Deutschland. Besonders begehrt sind die Christstollen, Baumkuchen und Pralinen. Also baut Fritz diesen Sektor aus, und das mit Erfolg. Einer der ersten und treusten Kunden ist das Feinkosthaus Alois Dallmayr in München. Bis heute gibt es eine gute Geschäftsbeziehung. Kreutzkamm konsolidiert sich, alles läuft wieder gut.
Bis heute wird der legendäre Baumkuchen Schicht für Schicht an der Walze über einer Gasflamme mit 400 Grad Hitze gedreht. Mindestens 90 Minuten dauert allein dieser Arbeitsschritt.
NEUANFANG IN MÜNCHEN
Die ideale Stadt
Als Standort für eine Konditorei hält Fritz Kreutzkamm die Stadt München für ideal. Wieder durch Zufall erfährt er, dass eine Lieferkonditorei im Lehel, einem Viertel im Zentrum, zu verpachten ist. Noch dazu kann er eine Reihe von Lebensmittelgeschäften als Kunden übernehmen sowie die Belieferung von Ständen auf dem Viktualienmarkt und des Cafés Schüppen auf dem Oktoberfest.
Die Räumlichkeiten in der Christophstraße im Lehel sind zwar noch von Trümmern umgeben, aber es gibt dort einen guten Backofen. Am 15. September 1950 startet die Produktion. Und damit auch die Fortführung des Familienbetriebs Kreutzkamm, nach einer den Umständen geschuldeten, langen Pause.
Alle Lieferungen werden direkt in bar bezahlt, was von großem Vorteil ist. Zur großen Freude kommt kurz nach dem Start aus Amerika ein stattlicher Exportauftrag über 4000 DM. Kisten werden bestellt, mit Ölpapier ausgelegt, mit „Made in West-Germany“ beschriftet und auf die lange Reise geschickt. Nach drei Monaten harter Arbeit scheint der Neubeginn geschafft. Doch da kommt die Nachricht, dass der Kunde aus den USA seine Zahlungen eingestellt hat. Die Enttäuschung bei Fritz ist riesig.
Aber Pech und Glück halten sich die Waage. Denn eine Kundin, die ein kleines, einfaches Café in einem Barackenbau in der Burgstraße am Marienplatz besitzt, fragte Fritz, ob er Interesse hat, es zu pachten. Kurz entschlossen übernimmt Fritz das Café und nennt es „Guglhupf“. Mit einfachsten Mitteln eingerichtet, wird es im Februar 1951 eröffnet. Besonders auch unter den Exil-Dresdnern in München spricht sich schnell herum, dass hier die geschätzten sächsischen Kuchen, wie die Eierschecke, zu bekommen sind. Bald hat das „Guglhupf“ einen treuen Stamm an Kunden. Dazu kommen viele neue Kunden, die auf dem Weg ins Hofbräuhaus vorbeischauen. So erweist sich das Café als Glücksfall.
Trotzdem ist Fritz unermüdlich auf der Suche nach neuen Absatzmöglichkeiten. Der Geschäftssinn und die Kreativität stecken tief in seinen Genen. So backt er ein paar Muster von handgedrehten Käsestangen, damals noch nahezu unbekannt, und bietet sie dem Hofbräuhaus als Gebäckbegleitung für den Maibock an. Der damalige Pächter, Herr Trimborn, wagt den Versuch. Und die Resonanz ist unglaublich. Die nächsten Monate liefert Kreutzkamm einige Tausend Käsestangen. Fritz erinnert sich in seinen Aufzeichnungen: „Selbst im Schlaf haben wir damals noch weiter Käsestangen gedreht.“ Die Nachfrage wiederholt sich beim Oktoberfest, wo die Kreutzkamm-Käsestangen in verschiedenen Zelten angeboten werden. Der Absatz erreicht 40.000 Stück. Auch das Weihnachtsgeschäft mit den Stollen läuft gut. Die Konditorei hat in München Fuß gefasst. Sozusagen die Krönung des neuen Standorts ist der Besuch von Markgraf Friedrich Christian von Meißen, Herzog zu Sachsen. Mit seiner Familie kommt er ins Café „Guglhupf“. Ein wahrhaft historischer Moment für das Unternehmen Kreutzkamm. Der sehnlichste Wunsch von Fritz ist es, dem Betrieb wieder ein Stammhaus zu geben. Ein unbürokratischer Kredit der Dresdner Bank, mit der die Familie Kreutzkamm schon seit der Jahrhundertwende in Dresden eng zusammengearbeitet hat, ermöglicht es ihm, das angesehene Münchner „Café Eyerich“ in der Maffeistraße zu übernehmen, also direkt im Herzen der Stadt. Eine bessere Lage gibt es nicht. Nach einer Renovierungszeit von nur 14 Tagen wird es am 15. Oktober 1954 eröffnet. Auch dieses Café wird –
Von 1926 bis 1981 führt Fritz Kreutzkamm das Unternehmen durch schwierige Zeiten und wagt 1950 den Neustart in München.
Klassische Kaffeehauskultur verströmt in den 1970erJahren das beliebte Café in der Maffeistraße in München.
neben all den zahlreichen anderen Gästen – Treffpunkt der Exil-Dresdner. Allen voran Erich Kästner, der hier wieder seine geliebte Dresdner Eierschecke genießen kann. Über die ist sogar ein Zitat von ihm überliefert: „Die Eierschecke ist eine Kuchensorte, die zum Schaden der Menschheit auf dem Rest des Globus unbekannt geblieben ist.“ Ja, das Café in der Maffeistraße wird schnell zur Institution. Und Fritz spürt, dass er nun endlich „angekommen“ ist. Er hat das Familienunternehmen durch die schwerste Zeit seiner Geschichte geführt. Er hat es bewahrt und schließlich wieder aufgebaut. Er kann stolz auf sich sein. Doch sich auf dem Erfolg auszuruhen, entspricht nicht dem Charakter des charismatischen Firmenchefs. Mit dem wachsenden Erfolg genügen die bisherigen Betriebsräume nicht mehr den Anforderungen. Also sieht Fritz sich nach neuen Räumlichkeiten um. Wieder erweist er sich als Visionär. Denn statt teuer zu mieten oder irgendwelche Kompromisse einzugehen, kauft er ein Grundstück, um einen Neubau zu erstellen, der passgenau auf die aktuellen Bedürfnisse der Produktion abgestimmt ist. Er findet ein Grundstück an der Straße zum Flughafen Riem, damals ein Niemandsland. „Alle rieten mir ab, weil kein Mitarbeiter den weiten Weg aus der Stadt auf sich nehmen würde“, schreibt Fritz Kreutzkamm in seinen Erinnerungen. „Bei Regen musste man
Gummistiefel anziehen, um einigermaßen trockenen Fußes dahin zu gelangen.“ Heute ist das Hochhaus der Süddeutschen Zeitung ums Eck und unweit davon ragen die Bavaria Towers weit in den Himmel empor. Kaum ein Grundstück in dem prosperierenden Gewerbegebiet an der Zamdorfer Straße ist noch unbebaut. Die Folgen davon bekommt die heutige Firmenchefin, Elisabeth Kreutzkamm-Aumüller, zu spüren: „Immer wieder klopfen Immobilieninteressenten an die Türe und möchten das Grundstück erwerben, da es dichter und höher bebaut werden könnte.” Das Geld verlockt Elisabeth aber nicht. Denn ein vergleichbares und bezahlbares Grundstück zu finden, hält sie für ausgeschlossen. Zudem lebt ein Familienunternehmen von Tradition und Kontinuität. Auch aus diesem Grund würde Elisabeth diesen Produktionsstandort nie aufgeben.
Aber zurück zu Fritz. Viele seiner Freunde – und die Freundinnen sowieso – haben die Hoffnung fast aufgegeben, dass er sein Junggesellendasein jemals aufgeben wird. Zu sehr schätzt er die damit verbundene Freiheit und Unabhängigkeit. Fritz verkörpert das, was man etwas später, geprägt insbesondere von Gunter Sachs, „Playboy“ nennen wird. Fritz' Liebschaften mit durchwegs bezaubernden Frauen sind von begrenzter Dauer. Dabei bleibt er immer ein Gentleman, der die Frauen achtet, verehrt und ausgespro-
chen gut behandelt. Sein Herz erobert hat bisher nur eine seiner zahlreichen Freundinnen: Canta Gimbel. Mit ihr ist er vor dem Zweiten Weltkrieg sogar verlobt. Die versprochene Ehe wird jedoch dadurch verhindert, dass Canta Jüdin ist und vor den Nationalsozialisten nach Amerika fliehen muss. Für Fritz ein schwerer Schlag. Aber nach dem Krieg nimmt er wieder Kontakt zu ihr auf. Sie ist inzwischen verheiratet, doch Fritz hält sein Leben lang Verbindung mit ihr. Canta bleibt eine wichtige Frau in seinem Leben. 1960 passiert das, was selbst Fritz nicht mehr für möglich gehalten hat: Er verliebt sich und heiratet Friederike Loewe, 30 Jahre jünger als er. Eine sehr attraktive Frau, die bereits als Model gearbeitet hat und auch durch ihren kerzengeraden Gang die Aufmerksamkeit auf sich zieht. „Kennengelernt habe ich meinen Mann bei einer Einladung in München Bogenhausen“, erzählt sie. „Es waren viele Leute da, aber ich kannte niemanden. Doch Fritz hat sich sehr um mich gekümmert, und wir haben uns gut unterhalten. Dann haben wir uns irgendwann mal verabredet. Er war Jäger und fragte mich, ob ich mal mit ihm auf die Jagd gehen mag. Da ich von zu Hause aus schon Jagdbegeisterung kennengelernt habe, habe ich zugesagt. So hat sich dann alles ergeben.“ Und das, obwohl Friederike selbst es nie übers Herz brachte und es außerdem nicht ihrem Naturell entsprach, auf Tiere zu schießen. „Wir waren von der ersten Stunde, in der wir uns begegneten, jede freie Minute zusammen“, erinnert sie sich. Man kann also von beiden Seiten aus durchaus von „Liebe auf den ersten Blick“ sprechen. Die beiden teilen auch viele Leidenschaften. Zum Beispiel die fürs Skifahren. Friederike fährt exzellent und bis ins Alter von über 80 Jahren saust sie in beachtlichem Tempo die Pisten hinab. Meist in Kitzbühel, wo die beiden 1970 ein Grundstück kaufen und ein Fertighaus daraufstellen. „In dieser Zeit waren wir mindestens jedes zweite Wochenende in Kitzbühel, das damals bei Weitem nicht so populär war wie heute“, verrät Friederike.
Aber wir wollen der Geschichte nicht vorausgreifen und kehren zurück zur Hochzeit von Friederike und Fritz. „Unsere geplanten ausgiebigen Flitterwochen fielen leider aus“, erzählt Friederike. „Stattdessen wurde das Café in der Maffeistraße erweitert. Nun, so war das damals eben. Und so war halt der Fritz.“ Statt eines Liebesurlaubs bekommt das Café eine neue Innenausstattung, die an das ehemalige Stammhaus in Dresden erinnern soll. Dort hatte Fritz eine fast komplette Sammlung von Stichen des Malers Canaletto zusammengetragen, die jedoch bei der Bombardierung Dres-
dens im Krieg verbrannte. Nach und nach baut er die Sammlung wieder auf. Reproduktionen Dresdner Stiche werden seitdem als Geschenk den Kreutzkamm-Christstollen beigelegt. Eine Tradition, mit der die Erinnerung an Dresden und das alte Stammhaus aufrechterhalten bleiben soll.
1961 muss das „Guglhupf“ für alle Zeiten schließen. Denn das Grundstück, auf dem das Café steht, wird verkauft. Fritz wäre aber nicht Fritz, wenn er nicht eine neue Idee hätte: Er löst dem Besitzer eines Studentencafés in der Königinstraße, direkt am Englischen Garten gelegen, die Einrichtung ab und verlegt das „Café Guglhupf“ für eine Übergangszeit dorthin. Es wird umbenannt in „Café Monopteros“, nach dem nahen Wahrzeichen des Englischen Gartens. Eigentlich soll der Behelfsbau am Ende des Jahres abgerissen werden. Aber wieder ist das Schicksal auf der Seite des Tüchtigen: Über die Königinstraße wird ein Baustopp verhängt, der vorerst den Fortbestand des Cafés sichert. Fritz setzt alles auf eine Karte und lässt 1963 eine Art Bungalow mit Terrasse errichten, da das Geschäft über Erwarten gut läuft. Speziell bei Studenten ist das Kaffeehaus ein beliebter Treffpunkt. Es ist die Hoffnung und Kalkulation von Fritz, dass der Bau noch etwa fünf Jahre bestehen kann. Tatsächlich werden es am Ende weit über zwölf Jahre.
Gewürze & Aromen
„Es ist oft das Gewürz, das den Unterschied macht – das ist wie das Salz in der Suppe.“
Zitat Elisabeth Kreutzkamm-Aumüller
In der Konditorei wird eine Vielzahl von Gewürzen verwendet, um den Geschmack und das Aroma von Backwaren zu verfeinern. Wir kaufen unsere Gewürze in einer deutschen Gewürzmühle in Bio-Qualität. Die Qualität und Frische der Gewürze ist entscheidend für den erlesenen Geschmack unserer Produkte. Bei sehr hochwertigen Gewürzen braucht man oft nur 50 % der üblichen Menge, um einen guten Geschmack zu erzielen. Daher empfehlen wir Ihnen dringend, immer frische Gewürze zu verwenden und diese in einem Gewürzfachgeschäft zu kaufen.
Hier die in unserem Buch am häufigsten verwendeten Gewürze:
VANILLE:
Vanille, die „Königin unter den Gewürzen“, wird in der Konditorei am häufigsten verwendet, denn sie hat einen intensiven Duft und ihr Aroma ist einfach unvergleichlich. Sie kommt oft in Form von Vanilleschoten, Vanilleextrakt oder Vanillezucker vor. Wir verwenden im Jahr ca. 25 kg ausschließlich Bourbon Vanillepulver und Bourbon Vanilleschoten aus Madagaskar. Bei unserem Vanillepulver wird die ganze Vanilleschote, also Schote und Vanillemark, getrocknet und zu Pulver vermahlen. Bei den billigeren Sorten werden getrocknete Vanilleschoten ohne Mark verwendet, diese haben aber nicht das intensive Aroma. Man kann es an der Farbe des Vanillepulvers erkennen: Sehr hochwertiges Vanillepulver hat eine fast schwarze Farbe, die günstigeren Pulver gehen mehr ins Braune. Für unsere Eisherstellung verwenden wir ausschließlich Bourbon-Vanilleschoten, die wir auskochen und das Vanillemark entfernen. Nur das Mark kommt in unser Eis, die Schoten trocknen wir und stellen daraus Vanillezucker her. Kleiner Tipp: Bewahren Sie die Schoten in einem geschlossenen Glas mit Zucker auf, so bekommt dieser nach einigen Wochen ein wunderbares Vanillearoma. Am einfachsten löst sich das Mark von der Schote, wenn Sie die Schote zwischen den Fingerspitzen leicht rollen, dann der Länge nach aufschneiden und das Mark mit dem Messerrücken herausstreichen. Bitte beachten Sie auch die Unterschiede der Vanillebezeichnungen unter dem Punkt Aromen.
ZIMT:
Zimt hat einen herrlich exotischen, süßen Duft und ein warm-süßes Aroma und wird deshalb häufig in Kuchen, Plätzchen, Gebäck und winterlichen Desserts verwendet. Beim Zimt gibt es zwei verschiedene Arten: den Ceylonund den Cassia-Zimt. Beide Sorten haben wesentliche Un-
terschiede. Der Ceylon-Zimt gilt als der feinste Zimt weltweit und ist im Geschmack edel, intensiv und aromatisch. Er ist nicht ansatzweise so scharf wie Cassia, dessen Aroma an Zimt erinnert und der nicht so intensiv duftet und schmeckt. Da der Ceylon-Zimt deutlich teurer ist, ist der Cassia-Zimt die meistverkaufte Zimt-Art weltweit. Zudem ist der Cumarin-Anteil im Cassia-Zimt bedeutend höher. Cumarin ist ein natürlicher Aromastoff, der in verschiedenen Pflanzen und Gewürzen vorkommt und in größeren Mengen gesundheitsschädlich sein kann. Leider wird der Cumarin-Gehalt nicht auf der Verpackung von Zimt ausgewiesen. Unsere Erfahrungen durch Nachfragen bei unseren Lieferanten haben ergeben, dass Ceylon-Zimt einen Cumarin-Gehalt von 30–300 mg/kg enthält, Cassia-Zimt enthält ca. 3000 mg/kg. Wir in der Conditorei Kreutzkamm verwenden daher Ceylon-Zimt.
MACIS:
Macis, auch als Muskatblüte bekannt, ist die leuchtend rote, netzartige Samenhülle der Muskatnuss. Nach der Ernte wird der Samenmantel getrocknet und färbt sich orange-braun. Macis hat einen ähnlichen, aber feineren und subtileren Geschmack als Muskatnuss und wird wegen des würzigen, warm-süßen, aber leicht blumigen Duftes und Geschmacks in Kuchen, Plätzchen und vielen Weihnachtsgebäcken verwendet. In Bayern würzt man typischerweise mit Macis auch Weißwürste.
NELKE:
Nelken, auch Gewürznelken genannt, sind die getrockneten Blütenknospen des Gewürznelkenbaums. Nelken haben einen intensiven, warmen Duft und gleichzeitig einen leicht süßen, hocharomatischen Geschmack. Nelken verwenden wir für Weihnachtsgebäcke wie Lebkuchen, Spekulatius, Früchtebrot aber auch für Glühwein. Als besonders gut gelten Nelken aus Sansibar und Pemba. Damit sie ihr volles Aroma behalten, sollte man sie im Ganzen kaufen und sie kühl und lichtgeschützt aufbewahren. Für gemahlene Nelken wird nur die kleine Knospe am Ende des Stiels verwendet. Vermeiden Sie gemahlene Nelken zu kaufen, denn sie verlieren schnell an Aroma und Farbe.
KARDAMOM:
Kardamom, ein Verwandter des Ingwers, stammt mehrheitlich aus Indien. Von den verschiedenen Arten verwenden wir ausschließlich grünen Kardamom, überwiegend in unserer Weihnachtsbäckerei. Der kräftige, warme und blumig duftende grüne Kardamom hat ein zitronenartiges Aroma, das auch wunderbar zu Kardamomschnecken, ähnlich den Zimtschnecken, verwendet werden kann. Kardamom wird mit der Hand geerntet und zählt neben Safran und Vanille
zu den teuersten und edelsten Gewürzen. Bitte kaufen Sie diesen in ganzen Kapseln im Gewürzfachgeschäft und zerstoßen Sie diese in einem Mörser.
PIMENT:
Piment, auch Nelkenpfeffer oder Allgewürz (Allspice) genannt, wird aus den getrockneten Beeren des Pimentbaums gewonnen. Pimentbeeren sind kleine, runde, grüne Beeren, die sich beim Trocknen in der Sonne zunächst rotviolett und dann braun verfärben. Die pfefferkorngroßen Beeren haben einen komplexen Geschmack, der an eine Mischung aus Zimt, Muskatnuss und Gewürznelke erinnert. Kaufen Sie am besten ganze Beeren aus Jamaika und mahlen Sie diese frisch in einer Pfeffermühle. Wir verwenden sie für unsere Leb- und Honigkuchen, aber auch zum Würzen von Glühwein.
STERNANIS:
Sternanis wird aus den sternförmigen Früchten eines immergrünen Baumes in Asien gewonnen. Die sternförmigen Fruchtschalen sind rotbraun und enthalten in jeder Spitze einen goldbraunen Samen, den man gemeinsam mit der Schale für das gemahlene Gewürz verwendet. Sternanis hat einen süßen, anisähnlichen Geschmack, der an Lakritz erinnert, ähnlich dem von Fenchel und gewöhnlichem Anis. Sternanis passt gut zu Zimt, Nelken und Ingwer, wir verwenden es für unsere Lebkuchen sowie Honigkuchen.
TONKA:
Der Tonkabaum stammt aus dem tropischen Südamerika, dem Amazonasgebiet. Seine Bohnen sind bekannt für ihren intensiven und vielseitigen Duft, der an Vanille, Mandeln, Zimt und Nelken, aber auch an Waldmeister erinnert. Die ca. 6 cm langen Früchte enthalten die für uns so wichtigen schwarzbraunen, runzligen Samen mit ihrer glänzenden Oberfläche. Zunächst werden die Tonkabohnensamen von den Bauern in Rum eingelegt, bevor sie über mehrere Monate trocknen. Erst durch das Trocknen entwickelt sich ihr unvergleichliches Aroma. In unserer Backstube ist die Tonkabohne eines der wichtigsten Gewürze, denn wir verwenden sie zum Verfeinern des Kreutzkamm-Baumkuchens und verschiedener Törtchen.
ZITRONE:
Die Zitrone ist in der Konditorei das meistverwendete Aroma. Sie wird in sehr vielen Produkten eingesetzt, da sie den Produkten einen frischen Geschmack verleiht und oftmals auch die notwendige Säure hinzufügt. Wir stellen unsere eigene Zitronenpaste her: siehe dazu auch das Grundrezept.
AROMEN:
Aromen sind flüssige, pastenförmige oder pulverförmige konzentrierte Zubereitungen von Geruchs- und Geschmacksstoffen. Man unterscheidet zwischen natürlichen und künstlichen Aromastoffen. Natürliche Aromastoffe gewinnt man aus pflanzlichen, tierischen oder mikrobiologischen Ausgangsstoffen. In unserem Fall stammen sie aus Gewürzen oder anderen Kräutern und Früchten. Der Begriff Aromastoffe umfasst alle chemischen Stoffe mit AromaEigenschaften, die den natürlichen Aromen chemisch genau (identisch) nachgebildet werden.
Beim Kauf von Produkten ist ein Blick auf die Zutatenliste oft aufschlussreich. Meist kann man es aber auch am Produktpreis festmachen. Echte Vanille kostet ca. 400 €/kg, künstliche Vanille kostet nur ein paar Cent. Es muss viel weniger Aroma eingesetzt werden, da die künstlichen Aromen viel stärker konzentriert sind als die Natürlichen.
HIER EIN KLEINES BEISPIEL ANHAND VON VANILLE:
Natürliches Vanillearoma, Vanilleextrakt oder gemahlene Vanille:
Da der Begriff Vanille verwendet wird, sind die Aromastoffe aus der Vanilleschote gewonnen.
Natürliches Aroma: bedeutet nicht zwangsläufig, dass es direkt aus Vanille gewonnen wird; es kann auch von anderen natürlichen Quellen stammen, wie etwa Schimmelpilzkulturen, die auf Holz gezüchtet werden.
Bourbon-Vanille:
hat ihre Herkunft auf den Bourbon-Inseln, zu denen Madagaskar, die Komoren, Réunion, die Seychellen und Mauritius gehören.
Vanillearoma:
Dieses Aroma entsteht vollständig durch chemisch-synthetische Prozesse im Labor und steht in keiner Verbindung zu natürlichen Rohstoffen.
Aroma beschreibt generell jegliche Art von Geschmacksstoffen, bedeutet aber meistens die Verwendung künstlicher Aromen.
Bei Kreutzkamm verwenden wir ausschließlich natürliche Aromapasten, die aus den geschmacksgebenden Früchten hergestellt werden.
Backzeit: 50–60 Minuten
Portionen: 10 Stücke
(Kastenform 20 cm)
ZUTATEN
315 g weiche Butter
30 ml Öl
7 Eier
270 g Zucker
1 Prise Salz
Abrieb von 1 Zitrone
165 g Weizenstärke
185 g Weizenmehl Type 550
8 g Backpulver
20 g Kakaopulver
40 ml Rum
Puderzucker zum Bestäuben
Den Backofen auf 175 °C Umluft vorheizen. Eine Kastenform mit 15 g weicher Butter einfetten.
Die restliche Butter mit dem Öl vermengen und schaumig schlagen.
Die Eier mit Zucker, Salz und Zitronenabrieb schaumig schlagen.
Weizenstärke, Weizenmehl und Backpulver vermischen und sieben. Mit der Eiermischung im Wechsel unter die Butter-ÖlMasse mischen (so kurz wie möglich), bis ein glatter Grundteig entstanden ist.
Für den Schokoteig das Kakaopulver mit dem Rum glatt rühren und mit 450 g des Grundteigs mischen.
Den hellen Grundteig in die Backform füllen. Den Schokoteig gleichmäßig auf dem hellen verteilen und mit einer Gabel in einer spiralförmigen Bewegung grob einarbeiten.
Den Kuchen im vorgeheizten Backofen zunächst etwa 20 Minuten backen. Dann den Kuchen mit einem kleinen Messer der Länge nach, oben mittig einschneiden (nicht durchschneiden) und weitere etwa 20 Minuten backen.
Anschließend den Kuchen herausnehmen und auskühlen lassen. Zuletzt aus der Form lösen, mit Puderzucker bestäuben und servieren.
Das Einschneiden gelingt besser mit einem feuchten Messer. Für die besondere Note das Messer vor dem Einschneiden in Rum tauchen.
TIPP
Backzeit: 55 Minuten
Portionen: 1 Stollen
ZUTATEN
335 g Weizenmehl Type 550
20 g frische Hefe
110 ml lauwarme Milch
150 g Butter
50 g Marzipanrohmasse
35 g Zucker
2 Prise Salz
5 g Stollengewürz-Mischung
Abrieb von 1 Zitrone
60 g Zitronat
30 g Orangeat
230 g Rumrosinen
Butterschmalz zum Einstreichen
Vanillezucker zum Wälzen
Puderzucker zum Bestreuen
Für den Vorteig 115 g Weizenmehl, Hefe und 90 ml lauwarme Milch zu einem Teig etwa 7 Minuten verkneten. Den Teig abgedeckt etwa 30 Minuten ruhen lassen.
Anschließend die Butter mit Marzipanrohmasse, Zucker, Salz, Stollengewürz, Zitronenabrieb, Zitronat und Orangeat zu einer homogenen Masse vermischen.
Den Vorteig, das restliche Mehl und die restliche Milch dazugeben und etwa 5 Minuten verkneten. Zuletzt ganz kurz nur die Rumrosinen unterrühren, damit sie nicht den Saft verlieren und den Stollen dunkel machen. Den Teig abgedeckt 10 Minuten stehen lassen.
Anschließend den Teig zuerst zu einer Kugel formen und 10 Minuten entspannen lassen. Dann zu einem länglichen Laib formen und mit den Händen zu einem Rechteck flach drücken.
Die kurzen Seiten werden dann eingeschlagen und flach gedrückt. Anschließend wird dieses Rechteck zu einer Teigrolle von unten aufgerollt.
Die Teigrolle mit der Naht nach unten auf ein mit Backpapier vorbereitetes Backblech geben. Die seitlichen Enden zusammendrücken und nachformen. Der Strang sollte gleichmäßig dick sein. Den Teig erneut 30 Minuten ruhen lassen.
Den Backofen auf 180 °C Ober- und Unterhitze vorheizen.
Den Teigling mit einem befeuchteten Messer der Länge nach ca. 1 cm einschneiden und im vorgeheizten Backofen backen, dabei die Hitze auf 160 °C fallend reduzieren. Kurz vor dem Ende der Backzeit Butterschmalz auf etwa 80 °C erhitzen.
Anschließend den Stollen herausnehmen, sofort mit Butterschmalz einstreichen und vorsichtig in Vanillezucker wälzen.
Dann den Stollen komplett auskühlen lassen und zuletzt mit Puderzucker bestreuen. Vor Verzehr mindestens 1 Woche durchziehen lassen.
Jeder Stollenbäcker hat sein eigenes Rezept. Insbesondere die Auswahl der Zutaten hängen maßgeblich mit der Güte des Stollens zusammen. Aber auch die Gewürzmischung macht einen Stollen besonders. Grundsätzlich bieten sich Mischungen aus Nelken, Kardamom, Macisblüte, Piment, Koriander, Ingwer und Bourbonvanille an. Einfachheitshalber kann man auch fertige Stollengewürze kaufen. Auch bei uns.
Nehmen Sie den Abrieb einer Zitrone und mischen Sie diesen mit der doppelten Menge Zucker. Stellen Sie den Zitronenzucker in einem Schraubglas in den Kühlschrank und nutzen ihn zum Verfeinern von Ihren Gebäcken. Er ist sehr lange haltbar.
TIPP
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