Garten + Landschaft 01/2018

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SMART CITY

J A N UA R 2018

M AG AZ IN F Ü R L AN D S C H AF T S ARC H I T E KT UR

GARTEN +

LANDSCHAFT

GARTEN + LANDSCHAFT

J A N U A R 2 018

SMARTE STÄDTE: FREIRAUM IM NETZ

plus

Herbert Dreiseitl über die Smart-City-Inflation Entwurf und Schutzrecht Was kann durchlässiger Beton?


12

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In Santander erfassen 20 000 Sensoren

Gute Ausgangslage,

150 000 Daten pro Tag.

um smart zu werden:

Was passiert dabei mit

Wien verfügt bereits

der Urbanität?

über ein gutes ÖPNV-Netz und zusammenhängende Grünstrukturen.

26 Trotz innovativer Projekte und großer Kooperationen:

den Bürgern der Hanse-

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stadt nicht an.

Arbeitet für das Forschungsprojekt

Die Vision von Hamburg als Mobilitätsstadt kommt bei

„Morgenstadt“ eng mit der Fraunhofer-Gesellschaft zusammen: Das Büro SBA im Porträt

52 Industrie trifft auf Abenteuerland: Bei der Spiellandschaft Be-Mine in Beringen hält niemand die Füße still.


INHALT

ARENA 06 11

SNAPSHOTS MOMENTAUFNAHME Goldener Käfig

T I T EL Smarte Städte: Freiraum im Netz 12

LÖSUNG ODER PROBLEM? Sie kann nicht mit, aber auch nicht ohne: Warum die Stadt der Zukunft sich nicht allein auf die Smart City verlassen darf

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FAHRT AUFNEHMEN Interview mit Fabian Schütte, Experte für automones Fahren der Landeshauptstadt München

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SMART AM BÜRGER VORBEI Hamburg möchte Smart City werden. Die Bürger der Stadt kritisieren zu wenige Ergebnisse bei zu vielen Projekten

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ALLES SMART, ODER WAS? Kommentar von Herbert Dreiseitl zu einem überstrapazierten Begriff

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WIENER WERTEWANDEL Wien setzt mit der Smart-City-Rahmenstrategie nicht nur auf technische, sondern auch auf soziale und umweltverträgliche Projekte

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„WIR STEHEN VOR EINER ZEITWENDE“ Das Team von SBA Architektur und Städtebau beschäftigt sich mit der Frage, wie intelligente Städte gelingen können

STUDIO 46

FRAGE Wie schütze ich mein Design?

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PRAXIS Zukunft Drainbeton

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REFERENZ Spiel schafft Nachhaltigkeit

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LÖSUNGEN Entwässerungssysteme und Fassadenanschlüsse

RUBRIKEN 60

Stellenmarkt

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Lieferquellen

63

Impressum

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DGGL

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Sichtachse

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Vorschau

Herausgeber: Deutsche Gesellschaft für Gartenkunst und Landschaftskultur e.V. (DGGL) Wartburgstraße 42 10823 Berlin www.dggl.org

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SMART CITY – LÖSUNG ODER PROBLEM? Ob Urbanisierung, Globalisierung oder Energieeffizienz: Der SmartCity-Ansatz versucht die Top-Probleme der Zukunft mittels technischer Innovation zu lösen. Nachhaltigkeit in der Stadt soll durch intelligente Steuerung, Vernetzung und technische Innovationen erreicht werden. Aber ist das wirklich ausreichend? KLAUS NEUMANN

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Skyline: shutterstock/iconim; Icons: shutterstock/StockVector; Grafik: shutterstock/tofumax

SMART CITY SANTANDER

Was macht eine Stadt eigentlich smart? Eine Smart City entsteht, wenn verschiedene Komponenten ineinandergreifen. Auf den nächsten Seiten stellen wir die wichtigsten vor.

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GARTEN+ L ANDSCHAFT

Skyline: shutterstock/Petrovic Igor; Grafiken: shutterstock/ Ink Drop


SMART CITY MÜNCHEN

FAHRT AUFNEHMEN Die Zukunft ist jetzt. Autonomes Fahren und das Vernetzen von Fahrzeugen untereinander ist im Zeitalter der Digitalisierung keine Utopie mehr. Die Automobilbranche und digitale Riesen wie Google wittern nicht nur den nächsten großen Geldregen. Man will auch die Mobilität revolutionieren und die Art und Weise, wie wir uns fortbewegen. Was heißt das für die Stadt von morgen? Ein Gespräch mit Dr. Fabian Schütte, Experte für autonomes Fahren im Referat für Stadtplanung und Bauordnung in München. ANJA KOLLER

INTERVIEWPARTNER Dr. Fabian Schütte ist Leiter des Bereichs Grundlagen der Verkehrsplanung der Stadt München. Seit 2009 leitet er die Arbeitsgruppe Prognosen, Wirtschaftsverkehr, Umwelt und seit 2015 die Arbeitsgruppe Parken und Laden im „Integrierten Handlungsprogramm zur Förderung der Elektromobilität in München“.

Herr Schütte, warum wollen wir eigentlich nicht mehr selbst fahren?

Eine gute Frage, die sich nicht leicht beantworten lässt. Aus Sicht einer Kommune haben wir auch deutliche Vorbehalte, was das autonome Fahren angeht. Wir sehen aber, dass die großen Automobilkonzerne massiv an dem Thema arbeiten. Allein in München beschäftigen sich bei BMW aktuell rund 2 000 Leute damit. Müssen sich die Kommunen diesem Vorpreschen der Autoindustrie beugen?

Nein, so ist das natürlich nicht. Aber wir müssen uns mit dieser Thematik auseinandersetzen, um zu sehen, wo Stärken liegen, wo es uns tatsächlich bei der Verkehrsabwicklung helfen kann und wo wir frühzeitig reagieren müssen. Als Kommune haben wir keine Stimmberechtigung bei der Weiterentwicklung der Fahrzeugtechnologien. Es gelingt der Autoindustrie an einigen Stellen besser als einer Kommune, bei Gesetzesvorhaben einzugreifen und sich die möglichen Wege für ein solches Vorhaben aufzumachen.

Welche Gesetze sind das?

Das Bundesverkehrsministerium hat zum Beispiel die Straßenverkehrsordnung schon soweit angepasst, dass alles bis auf das vollautonome Fahren – wenn niemand mehr im Auto sitzt – zulässig ist. Bis zur Stufe 4 von 5 möglichen Stufen darf man nach der STVO autonom fahren. Die Forschung ist noch nicht so weit, aber man kann sich theoretisch jetzt schon die Genehmigung einholen, im öffentlichen Raum eine Testfahrt zu machen. Wie sieht es denn in puncto Verkehrssicherheit aus?

Von Technikherstellern wird uns immer versprochen, dass autonomes Fahren zu weniger Unfällen führt. Wenn ich da an das Fahren auf Autobahnen denke, kann ich mir das gut vorstellen. Da können Fahrzeuge aneinander gekoppelt werden und hintereinander herfahren – nur das erste steuert. Das nennen wir Platooning. Schwieriger wird es in der Innenstadt. Aber die größte Herausforderung ist auch die Tatsache, dass Autos nicht alle gleich sind. Es gibt ja auch ältere Modelle. Dann haben 21 GARTEN+ L ANDSCHAFT


WIENER WERTEWANDEL Sich nicht allein von moderner Technik abhängig zu machen, ist das Ziel der Smart-City-Wien-Rahmenstrategie. Die österreichische Hauptstadt setzt stattdessen auf eine sozial- und umweltverträgliche Entwicklung und baut dabei auf einer guten grünen Infrastruktur auf. ERIK MEINHARTER

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Skyline: shutterstock/Petrovic Igor; Plan: SCHWARZPLAN.EU/OpenStreet-Mitwirkende/openstreetmap.org

SMART CITY WIEN

AUTOR Erik Meinharter ist Landschaftsarchitekt und Partner im Büro PlanSinn, Büro für Planung und Kommunikation. Er ist außerdem Mitbegründer und Redakteur bei dérive – Zeitschrift für Stadtforschung.

Städte werden in den kommenden Jahrzehnten gefordert sein: Klimawandel, Zuzug, steigende Wohnungspreise, innerstädtische Mobilität und der Wettbewerb untereinander sind nur einige der Herausforderungen. Bereits 2009 hat die Europäische Union das Ziel vorgegeben, bis 2050 die Treibhausgasemissionen um 80 bis 95 Prozent zu senken. So wie alle Städte muss sich auch Wien den neuen Anforderungen stellen. Die strategische Antwort war die Smart-City-Wien-Rahmenstrategie 2014. Sie soll die Richtung in die Zukunft weisen. Häufig bezieht sich das „Smart-City“-Label auf technischen Fortschritt, und ist meist an wenige Konzerne gebunden. Stadtverwaltungen machen sich damit von technischen Innovationen einzelner Betriebe abhängig. Wien schlägt aber einen anderen Weg ein: In der Smart City Wien soll die Technik im Rahmen einer „sozial- und umweltverträg-

lichen Entwicklung“ vor allem den Ressourcenverbrauch senken und die Lebensqualität erhalten. Die Verantwortlichen definierten hierfür drei übergeordnete Themen für die Leitlinien: 1.) Lebensqualität: Soziale Inklusion, Partizipation, Gesundheit, Umwelt; 2.) Ressourcen: Energie, Mobilität, Infrastruktur, Gebäude; 3.) Innovation: Bildung, Wirtschaft, Forschung, Technologie, Innovation (FTI). Wien hatte einen klaren Startvorteil: In manchen Bereichen hat die Stadt schon in der Vergangenheit die Weichen gestellt, insbesondere im sozialen Wohnungsbau, der in Wien traditionell eine große Rolle spielt. Außerdem verfügt die Stadt über ein gut ausgebautes Netz des öffentlichen Nahverkehrs. Und: Mit Donauinsel, Lobau und Wienerwald hat Wien große zusammenhängende Freiräume innerhalb der Stadtgrenzen. Die Lobau ist darüber hinaus 35 GARTEN+ L ANDSCHAFT


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SMART CITY SBA ARCHITEKTUR UND STÄDTEBAU

Die Partner von SBA Architektur und Städtebau (von links): Hong Li, Bianca Nitsch, Gerd Mann.

„WIR STEHEN VOR EINER ZEITENWENDE“ 2050 werden 70 Prozent aller Menschen in der Stadt leben. Um unsere Städte fit für den Ansturm zu machen, ist die Smart City schon seit geraumer Zeit im Gespräch. Das Büro SBA Architektur und Städtebau mit Sitz in Deutschland und China verknüpft die Erfahrungen aus zwei Planungswelten und entwickelt neue Instrumente für die Stadtplanung. Bianca Nitsch und Hong Li über die Frage, wie eine intelligente Stadt gelingen kann.

Foto: SBA Architektur und Städtebau

EVA MARIA HERRMANN

Schon seit zehn Jahren begleitet die Wortschöpfung Smart City den Planungsalltag von Bianca Nitsch und Hong Li. Angst vor neuen Technologien hat das eingespielte Team der Büroinhaber nicht. Spielend bewegen wir uns im Gespräch mittels Videokonferenz und Facetime zwischen Shanghai und München hin und her – und räumen gleich mit dem ersten Vorurteil auf: „Smart wird in erster Linie mit innovativer Technologie gleichgesetzt, als Marketingstrategie findiger Unternehmen“, erklärt Hong Li. „Man darf aber nicht vergessen, dass die Umsetzung vieler Ansätze erst mit der Verfügbarkeit der heutigen Informationsund Kommunikationstechnologien möglich wird.“ Smart City ist für SBA nicht nur gleichbedeutend mit Datenmanagement und Optimierung von

Prozessen wie Industrie 4.0 und BIM, sondern prägt auch die urbane Lebensweise, das urbane Bewusstsein auf jeder Ebene. Das revolutionäre Potenzial, das vor zehn Jahren das Handy freigesetzt hat, kommt heute der Smart City zugute. Es geht nicht mehr um die Automatisierung von Abläufen, sondern um die Veränderungen, die neue Produktionsmöglichkeiten, veränderte Logistik, neue Arbeitsweisen in den gesellschaftlichen und räumlichen Strukturen hervorrufen. Und nicht zuletzt um eine smarte Planungsweise, um zu den passenden Ergebnissen zu kommen.

AUTORIN Eva Maria Herrmann ist Architektin und freie Journalistin. Sie gründete 2005 ein Büro für Architekturkommunikation. Seit 2009 ist sie außerdem frei Kuratorin bei kunst Meran, Südtirol.

GRÖSSERE AKZEPTANZ IN CHINA

Gerade in China schreitet die Entwicklung rasant voran, weil Städte dort 41 GARTEN+ L ANDSCHAFT


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