Garten + Landschaft 03/2019

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M ÄR Z 2019

MAGAZ I N F Ü R L ANDSC HAF T SARC HI TEK TUR

GARTEN +

LANDSCHAFT

BLICK AUF DEN BODEN: WIE BETON UND NATURSTEIN RÄUME DEFINIEREN

mit Beiträgen von

Vogt Landschaftsarchitekten, Adler & Olesch, Topotek 1, Batlle i Roig und WES


24 Einst Gipsabbaugebiet, heute Besuchermagnet. Doch der Camí de les Guixeres im spanischen

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Igualada kann viel mehr als nur „schön“.

Topotek 1 und Adept setzen in Aabenraa auf eine konsequente Kombination sich kontrastierender und zugleich ergänzender Bodenstrukturen.

44 von LAAC vorab diverse

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Materialtests durchführen.

Rund um das sanierte

Es entstand ein zeitgemäßer

Kongresszentrum in Wiesbaden

Freiraum mit viel Beton. Hat

trifft eine Fülle von Fassaden-

sich die Wahl des Materials

materialien aufeinander. Die

bewährt?

Aufgabe für A&O: diese über

Für den Landhausplatz in Innsbruck ließen die Planer

die richtige Bodengestaltung zu verbinden.

50 „Print Your City“: Zwei Architekten machen aus Plastikmüll 3-D-gedruckte Stadtmöbel. Die Bürger der griechischen Stadt Thessaloniki testen sie bereits aus.


INHALT

AREN A 06 11

SNAPSHOTS MOMENTAUFNAHME Leuchtstreifen

T I T EL Blick auf den Boden: Wie Beton und Naturstein Räume definieren 12 16

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EINE FRAGE DER HALTUNG

Maren Brakebusch über den Wert regionaler Materialien

DAS RUNDE IM ECKIGEN

Topotek 1 und Adept interpretieren das Zentrum der dänischen Kleinstadt Aabenraa mit traditionellen Baustoffen neu MIT RICHTIGEM MATERIAL GEGEN DIE BELIEBIGKEIT

Kommentar von WES Landschaftsarchitekt Hans-Hermann Krafft

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WEGMARKE

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STEIN AUS DEM REAGENZGLAS

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Regenerierung und Biodiversität: Der Camí de les Guixeres der Architekten Batlle i Roig wurde zu Recht 2018 als „Landscape of the Year“ ausgezeichnet Diana Drewes und Sascha Peters von Haute Innovation zu CO2-frei produzierten Steinen und Baustoffen

WENN STEINE IM WEG LIEGEN

Trotz Differenzen mit der Stadt Wiesbaden finden Adler & Olesch die richtige Lösung für die Außenraumgestaltung des RheinMain CongressCenters SCHICHT FÜR SCHICHT

Thomas Armonat darüber, warum Stampfbeton Mut zum Risiko bedeutet

BETON SCHLÄGT WELLEN

Knapp zehn Jahre nach Fertigstellung unterzieht Elisabeth Rathjen den Landhausplatz in Innsbruck einer kritischen Inspektion

STUDIO 50

PRAXIS Recycelte 3-D-Möbel

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REFERENZ Spaß am Sitzenbleiben

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LÖSUNGEN Licht im Außenraum

RUBRIKEN 60

Stellenmarkt

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Impressum

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Lieferquellen

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DGGL

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Sichtachse

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Vorschau

Herausgeber: Deutsche Gesellschaft für Gartenkunst und Landschaftskultur e.V. (DGGL) Wartburgstraße 42 10823 Berlin www.dggl.org

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Topotek 1 gestalteten das Zentrum Aabenraas mit Raum fĂźr alle Verkehrsteilnehmer, der sich in verschiedenen Materialien manifestiert. Eine runde Holzbank macht den Kreisver-

Alle Fotos: Š Hanns Joosten

kehr zur Ruheinsel.

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TEXTUR AABENRAA MIDTBY, AABENRAA

DAS RUNDE IM ECKIGEN Topotek 1 und Adept zeigen im Zentrum der dänischen Kleinstadt Aabenraa, dass Materialien weitaus mehr sein können als bloße Rohmasse. Durch die stringent unkonventionelle Kombination traditioneller Bodenbeläge entwickeln sie Medien einer intelligenten und zeitgemäßen Raumgestaltung. MARTIN REIN-CANO

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Der Camí de les Guixeres schlängelt sich heute auf 800 Meter durch die Landschaft des katalanischen Igualada. Bis zu seiner Eröffnung 2018 war die umgebende Landschaft jedoch maßgeblich von den Folgen des jahrelangen Gipsabbaus gezeichnet. Die Architekten Batlle i Roig definierten ihr Image neu und tragen durch den Einsatz ausgewählter Materialien zu ihrer schrittweisen Regenerierung bei. SIGRID EHRMANN

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Alle Fotos: Jordi Surroca

WEGMARKE


TEXTUR CAMÍ DE LES GUIXERES, IGUALADA

AUTORIN Sigrid Ehrmann ist freiberufliche Landschaftsarchitektin und Fachübersetzerin. Sie lebt und arbeitet in Barcelona. Zuvor war sie für verschiedene Büros in Melbourne und Berlin tätig.

Langsam steigt der Weg an, der zu den Hügeln im Norden Igualadas führt. Gelegentlich geben die Häuser den Blick auf das Gebirgsmassiv Montserrat, eines der Wahrzeichen Kataloniens, frei. Dann verschwindet es wieder. Am Rande der Stadt gelangt man zum Ausgangspunkt des Camí de les Guixeres – ein Fußweg entlang eines ehemaligen Gips-Steinbruchs. Der Weg ist Teil des sogenannten Grünen Rings, mit dem die Stadt mit Fuß- und Fahrradwegen den grünen Gürtel um Igualada erschließen will. Die Kleinstadt Igualada liegt 60 Kilometer nordöstlich von Barcelona. Landschaftsarchitekten ist sie insbesondere wegen des Friedhofs der Architekten Enric Miralles und Carme Pinós bekannt. Mit dem Camí de les Guixeres besitzt die Stadt ein

weiteres Kleinod der Freiraumarchitektur. Das Projekt wurde von den Architekten Batlle i Roig entworfen und im November 2018 als „Landscape of the Year“ mit dem Preis des World Architecture Festivals ausgezeichnet. Die Landschaft, durch die der Fußweg verläuft, ist geprägt vom einstigen Gipsabbau und der späteren Nutzung als Müllumschlagstelle. Abfließendes Regenwasser und Erdrutsche sorgten für weitere Schäden. Die Regenerierung der Landschaft und der Erhalt von Biodiversität waren daher zwei der wichtigsten Entwurfskriterien. Durch einen behutsamen und nachhaltigen Umgang mit dem Regenwasser sollen die ökologischen Verhältnisse schrittweise verbessert werden und dem Ort eine neue Dynamik geben.

60 Kilometer von Barcelona entfernt, schlängelt sich der neue Fußweg die Höhen entlang, die die Stadt Igualada umgeben.

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STEIN AUS DEM REAGENZGLAS Bauen mit Pilzen und Mikroorganismen ist keine Zukunftsmusik. Ob kalzitbildende Bakterien, die Biobrick auf der Grundlage von Harnstoff produzieren, oder Baustoffe, die sich die Eigenschaften von Pilzen zunutze machen — die Landschaftsarchitektur kann von biobasierten Produkten nur profitieren. DIANA DREWES UND SASCHA PETERS

AUTOREN Diana Drewes und Sascha Peters von der Zukunftsagentur für Material und Technologie Haute Innovation erarbeiten Trendanalysen und nehmen eine Mittlerrolle zwischen technologischer Innovation und marktfähiger Produktanwendung ein.

Bauen mit Pflanzen: Äste als lebende Konstruktionselemente, vereint mit nichtlebenden Elementen. Eine pflanzlich-technische Verbundstruktur entsteht. Mit zunehmender Größe und Stabilität der Pflanzen entstehen lebende Bauwerke, die natürliche Wachstumsprozesse ins Bewusstsein von Landschaftsarchitekten, -planern und Architekten rücken. Das ist Architektur, die klimaneutral entstehen kann. Mit dem vielfach ausgezeichneten Prinzip der Baubotanik erforscht Ferdinand Ludwig an der Technischen Universität München eine Methode, die biologische und konstruktive Prinzipien in einem architektonischen Konzept miteinander verknüpft und das ökologische Potenzial von Pflanzen am Bau aufgreift. Vor allem in der Landschaftsarchitektur soll Bauen natürlicher, nachhaltiger und intelligenter werden (mehr über die Arbeit von Ferdinand Ludwig lesen Sie in der Garten + Landschaft 07/2017). URIN ALS GRUNDSTOFF

Doch pflanzliches Wachstum braucht seine Zeit. Welche schneller umsetzbaren Alternativen gibt es? Auf internationaler Ebene arbeitet man aktuell in mehreren Forschungsinitiativen an Versuchen mit Pilzen und Mikroorganismen. Ziel ist es, den energieintensiven Zementeinsatz in industriellen Baustoffen zu reduzieren oder gänzlich überflüssig zu machen. Die amerikanische Architektin Ginger Krieg Dosier nutzt beispielsweise kalzitbildende 30 GARTEN+ L ANDSCHAFT

Bakterien, um ihren Biobrick als nachhaltigen Stein in wenigen Tagen zu produzieren. Als Grundlage für den Stein dient Sand, der jedoch nicht mit Wasser und Zement gebunden wird, sondern mit Urin und einem Bakterium, das für das Wachstum von Steinkorallen verantwortlich ist. In einem biochemischen Prozess trennen die Bakterien den Harnstoff aus dem Urin und bilden Kalziumkarbonat aus. So entstehen in fünf Tagen und bei Zimmertemperatur feste Brücken, die den Sand zu einem stabilen hellgrauen Verbund zusammenhalten. Die Crux an der Methode ist allerdings die große Menge Urin, die notwendig ist, um eine Produktion in Masse zu garantieren. Ein Forscherteam der Universität in Kapstadt um Dyllon Randall kalkuliert gut 25 bis 30 Liter für einen Stein. Bei einer durchschnittlichen Ausscheidungsmenge von 200 bis 300 Millilitern pro Toilettengang ist das ein nicht unerheblicher Sammelaufwand. Krieg Dosier wird mit ihrem Unternehmen Biomason den Urin also verstärkt auf synthetischem Weg herstellen müssen. Die Produktion ist mittlerweile in dem Unternehmen in North Carolina angelaufen, und erste Bauvorhaben mit Biobricks für Böden im Außenbereich wurden bereits umgesetzt. MIT PILZEN BAUEN

Nicht ganz so weit ist man bei pilzbasierten Baustoffen, obwohl bereits seit nunmehr einer Dekade daran geforscht wird. Das


Foto: UCT/Robyn Walker

TEXTUR CO2-FREI PRODUZIERTE STEINE UND BAUSTOFFE

amerikanische Unternehmen Ecovative Design hat sich als Pilzpionier einen Namen gemacht und in Zusammenarbeit mit dem Planungs- und Ingenieurbüro Arup bereits einen zylinderförmigen Turm aus 10 000 Pilz-Steinen im Hof des MoMA PS1 in Queens/New York realisiert. Als Grundlage für den Baustoff diente landwirtschaftlicher Reststoff, den man in eine Form gegeben hat und um den sich binnen weniger Tage feine Pilzfäden gebildet haben. Zunutze machte man sich hier die Eigenschaft der Pilze, die sich von Zellulose ernähren und diese in Chitin umwandeln. Nach einem kontrollierten Trocknungsprozess stirbt der Pilz ab, der Stein ist dann weitestgehend wasserabweisend und schwer entflammbar. POTENZIAL FÜR BIOBASIERTE BAUSTOFFE

Um die besonderen Qualitäten pilzbasierter Baustoffe wissen auch die Block

Research Group (BRG) an der ETH Zürich und ihre Kollegen aus Karlsruhe um Professor Dirk Hebel. Die Wissenschaftler haben 2017 für die Seoul-Biennale den drei Meter hohen MycoTree aus dem ungewöhnlichen Pilzmaterial gebaut. Der Stamm und die Äste aus Pilzmyzel tragen dabei ein 16 Quadratmeter großes Dach aus Bambusgitter.

Grundlage für die Herstellung von Biobricks ist Urin. Um den biobasierten Baustoff in Masse produzieren zu können, muss er synthetisch hergestellt werden.

FÜR TEMPORÄRE STRUKTUREN

Aufgrund des geringen Gewichts der biobasierten Baustoffe weist das Konzept sogar für Leichtbautechniken Potenziale auf. In Kombination mit schnell wachsenden Baumaterialien wie Bambus könnten pilzbasierte Baustoffe auch in der Landschaftsarchitektur und damit in der Freiraumgestaltung künftig eine wichtige Rolle spielen. Vor allem eignen sich die Baustoffe für temporäre Strukturen, da sie auf lange Sicht von Organismen zersetzt werden. 31 GARTEN+ L ANDSCHAFT


Foto: Sirka Eggers

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TEXTUR WALDFRIEDHOF LANDSBERG, GEMEINDEHAUS HERBOLZHEIM

SCHICHT FÜR SCHICHT Projekte, bei denen Stampfbeton zum Einsatz kommt, sind rar. Und sie sind etwas für Tüftler. Wer Mauern aus dem Boden stampfen möchte, bewegt sich außerhalb der DIN-Richtlinien. Das setzt bei Planern Experimentierfreude, Mut zum Risiko und eine gute Zusammenarbeit mit Bauherren und Ausführenden voraus. THOMAS ARMONAT

AUTOR Thomas Armonat hat Landschaftsarchitektur studiert und arbeitete für Garten + Landschaft und „selber machen“. Seit 2018 ist er freiberuflicher Redakteur.

Zwei Materialien, die in Textur und Farbe harmonieren: der offenporige, uneinheitliche Stampfbeton und Naturstein (Gemeindezentrum Herbolzheim).

Die Stärke von Stampfbeton und seine optische Wirkung – eine lebendige, uneinheitliche und offenporige Textur – sind bautechnisch eine große Herausforderung. Je nach Zusammensetzung des verwendeten Betons, der Stärke der Lagen, den Stampfgeräten, dem Krafteinsatz beim Stampfen und der verwendeten Schalungshaut variieren die fertigen Oberflächen. Dieser Aufgabe stellte sich der Architekt Klaus Kehrbaum aus München bei der Sanierung und dem teilweisen Neubau der Gebäude am Landsberger Waldfriedhof. Ähnlich dem regionalen Nagelfluh sollten erdfarbene und mit Kieseln durchsetzte Stampfbetonfassaden die Friedhofsgebäude mit dem umgebenden Wald in natürlicher Weise verbinden. Für Kehrbaum war es das erste Projekt, bei dem er auf die altbewährte, aber in Vergessenheit geratene Bauweise setzte. Inspirieren ließ er sich von der 2007 fertiggestellten Bruder-Klaus-Kapelle des

Architekten Peter Zumthor in Wachendorf. Sie ist das Bauwerk, das von vielen mit der Wiedergeburt des Stampfbetons in der modernen Architektur in Verbindung gebracht wird. ÜBUNG MACHT DAS ERGEBNIS

Nach Beratungen mit dem InformationsZentrum Beton und der Zustimmung der Gemeinde Landsberg als Bauherr begannen die Planungen. Welches Bauunternehmen würde sich der Aufgabe stellen, in Versuchsreihen die richtige Materialmischung und Einbautechniken zu erproben? Aus den fünf in der Ausschreibung vorgesehenen Mustern wurden tatsächlich zwanzig. Da war es hilfreich, dass der beteiligte Unternehmer der Firma Ditsch-Bau aus Pittriching viel Leidenschaft für das Projekt mitbrachte. Die vielen Versuche waren nötig, um die 39 GARTEN+ L ANDSCHAFT


Wir besuchten den Landhausplatz in Innsbruck zehn Jahre nach seiner Fertigstellung: Wie sieht die gleißend helle Betonfläche heute aus?

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TEXTUR LANDHAUSPLATZ, INNSBRUCK

Alle Fotos: Guenter Richard Wett

BETON SCHLÄGT WELLEN „Betonwüste“, „Mondlandschaft“, „Abschussrampe für Raketen“: Der Landhausplatz, offiziell Eduard-Wallnöfer-Platz, vor der Tiroler Landesverwaltung in Innsbruck verursachte in den ersten Jahren nach seiner Umgestaltung heftige Kontroversen. Nicht nur auf der Straße und in der Presse, auch in der Politik. Nun, knapp zehn Jahre später, ist es Zeit, nochmal hinzuschauen: Haben sich Material und Bauweise bewährt? ELISABETH RATHJEN

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