Garten und Landschaft 02/2015

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Februar 2015

Garten+

Landschaft Zeitschrift f端r Landschaftsarchitektur

Nachkriegsmoderne


Inhalt 2/2015

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Verlag: Callwey Verlag Streitfeldstraße 35 D-81673 München Fon +49 89 /43 60 05-0 Fax +49 89/43 60 05-113 www.garten-landschaft.de

125. Jahrgang

Für die Zukunft gestalten.

Garten + Landschaft

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Grün und aufgelockert Gesa Loschwitz-Himmel

Journal

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Wiederentdeckung der Romantik Juliane von Hagen Wettbewerb zur Neugestaltung des Loreley-Plateaus

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Alles Große hat im Kleinen seinen Anfang Catrin Schmidt Nachruf auf Hermann Kokenge, Professor an der TU Dresden

4 Begehbare Kristalle, so die Idee des Teams um plandrei, sollen den Mythos des Loreley-Felsens am Rhein wieder aufleben ­lassen.

Herausgeber: Deutsche Gesellschaft für Gartenkunst und Landschaftskultur e.V. (DGGL) Wartburgstraße 42 10823 Berlin www.dggl.org

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Editorial

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8 Die Grindelhochhäuser in Hamburg mit Büros und Wohnungen bildeten die erste Großsiedlung in Deutschland.

20 Der sanierte Friedhof Eichbühl, der in den sechziger Jahren nach dem Entwurf von Fred Eicher gebaut wurde, ist eines der Beispiele für die Nachkriegsmoderne in Zürich.


Nachkriegsmoderne

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Wohnsiedlungen der Nachkriegszeit Ursula Kellner Freiflächen in der aufgelockerten und gegliederten Stadt

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Die erste Fußgängerzone Deutschlands Volker Lange Die Treppenstraße in Kassel

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Erhalt und Weiterentwicklung von Pflanzungen der Nachkriegsmoderne Swantje Duthweiler Über originalgetreue Wiederherstellung und Interpretation

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Die Nachkriegsmoderne in Zürich Judith Rohrer-Amberg Freibad Letzigraben, Friedhof Eichbühl und die Gärten der G59

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Denkmalwürdiger Park ohne Denkmalschutz Lilli Licka, Nicole Theresa Raab, Ulrike Krippner Der Donaupark in Wien

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Erneuerung nach 30 Jahren Dornröschenschlaf Axel Zutz Der Kleine Tiergarten in Berlin-Moabit

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Waschbeton: geliebt und gehasst Veronika Bajai, Jochen Martz Verwendung von Waschbetonplatten in Gärten und im öffentlichen Raum

26 Der Donaupark, der zur Wiener Internationalen Gartenschau 1964 entstand, hat mit der Donau-City einen neuen Nachbarn bekommen.

31 Die großen Sitzkiesel im OttoPark, dem westlichen Teil des Kleinen Tiergartens in BerlinMoabit, waren umstritten. ­Anwohner und Gartendenkmalpflege wurden erst nach dem Wettbewerb in die Planung eingebunden.

Nachrichten Campus Wettbewerbe Produkte Projekt DGGL Nachrichten Projekt Vorschau, Autoren, Impressum

40 46 48 52 54 56 58 64

36 Die niederländische Garten­ architektin Mien Ruys gilt als Erfinderin der Waschbetonplatte, Sie verwendete die Platten vor allem in Privatgärten, hier im Garten von Abe Bonnema in Hardegarijp.

Bilder: Team um plandrei Landschaftsarchitektur, Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt Hamburg (Archiv Gartendenkmalpflege), Giorgio von Arb, Klaus Pichler, Ornella Orlandini, Leo den Dulk (Privatarchiv) Garten + Landschaft

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Journal

Wiederentdeckung der Romantik Wettbewerb zur Neugestaltung des Loreley-Plateaus

Wahrscheinlich wissen asiatische Touristen heute mehr über die Loreley als die junge Generation in Deutschland. Den sagenum­ wobenen Felsen im mittleren Rheintal kennen einige viel­ leicht noch aus Reiseerzählun­ gen der Großeltern. Was aber genau dahinter steckt, weiß kaum einer mehr. Und das spricht Bände: Der markante Fels stellt zwar immer noch eine Herausforderung für die Schiff­ fahrt dar und auch auf das Pla­ teau verirren sich noch verein­ zelt Touristen. Aber als Kristalli­ sationspunkt des Unesco-Welt­ erbes „Oberes Mittelrheintal“ führt er seit langem ein Schat­ tendasein. Die enorme Bedeu­ tung, die dieser Ort für die deutsche Romantik hatte, ist nicht mehr erlebbar. Nachdem ein Neubauvorhaben auf dem Plateau für Diskussio­ nen gesorgt hatte, wurde klar, dass die Entwicklung eines um­ fassenden Gestaltungskonzepts für das Loreley-Plateau überfäl­ lig ist. Daher wurde 2014 ein Realisierungswettbewerb aus­ geschrieben, dessen Preisträger im Dezember gekürt wurden.

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Das Erfurter Landschaftsarchi­ tekturbüro plandrei gewann den beschränkten Wettbewerb im Team mit Baukonsult-Knabe Architekten-Ingenieure-Gesamt­ planer GmbH, Pohl ­Architekten und dem Stadt­planungsbüro Wilke. Mit der Idee, die Natur und landschaftlichen Qualitäten des Loreley-Plateaus von allen stö­ renden baulichen Elementen und Eingriffen zu befreien, star­ tet der Entwurf des Teams. In ihrem Konzept für das Plateau versucht das Siegerteam die Landschaft und die Felsspitze in einen möglichst ursprünglichen Zustand zurückzuversetzen. Von der Empfangszone bis zur Spitze des Loreley-Plateaus wer­ den die Besucher über eine Fels­ spalte geführt, die den Schiefer des Berges mit einem Weg zer­ schneidet und sich zum Ende hin zuspitzt. Dort öffnet sich ­ ein breites Panorama über das Rheintal. Den mittig auf dem Plateau angeordneten Land­ schaftspark prägt ein mean­ dernder Weg, an dem sich kris­ talline Körper als begehbare Räume aufreihen. Sie bieten

­ uhe und Kontemplation, aber R machen auch die Mythen und die Dramatik der Romantik ­erlebbar. Außerdem helfen sie, die Besucher auf spektaku­läre Aussichtspunkte im Rheintal und auf die ungestört erlebbare Natur des Orts aufmerksam zu machen. Südlich vom Land­ schaftspark sieht der Entwurf ­einen Hotelneubau vor, der sich als ­Erweiterung der Weinberg­ terrassen sensibel in den Hang ­einfügt. Das Preisgericht würdigt insbe­ sondere den klaren Ansatz des Entwurfs, der die Potenziale des Standorts sowie die Mystik der Loreley überzeugend transpor­ tiert. Die Jury bezeichnet den Beitrag als die mutigste Arbeit, die allein durch ihre gestalteri­ sche Sprache hohe mediale ­Aufmerksamkeit auslösen und ­damit zur touristischen Inwert­ setzung des Areals beitragen werde. Es bleibt zu hoffen, dass den Erstplatzierten der Auftrag zur Realisierung erteilt wird und die Loreley auch wieder Anlauf­ stelle für Generationen heimi­ scher Touristen wird. Juliane von Hagen

Das Team um plandrei aus Erfurt möchte der Natur auf dem Felsplateau der Loreley wieder mehr Raum geben.


plandrei Landschaftsarchitektur, baukonsult-knabe, Stadtplanungsbüro Wilke, Pohl Architekten, Visualisierungen: rendertaxi (5)

Beschränkter Wettbewerb Neugestaltung des Loreley-Plateaus im Welterbe Oberes Mittelrheintal 1. Preis: plandrei Landschaftsarchitektur GmbH, baukonsult-knabe Architekten-­ Ingenieure-Gesamtplaner GmbH, Stadtplanungsbüro Wilke, Pohl Architekten, ­alle Erfurt, Visualisierungen: rendertaxi – studio for visualisation, Aachen 2. Preis: Hahn Hertling von Hantelmann, Berlin, Hamburg, kleyer.koblitz.letzel.freivogel, Berlin 3. Preis: Lex-Kerfers Landschaftsarchitekten BDLA, Bockhorn bei Erding, München, Morpho-Logic, Architektur und Stadtplanung, München 4. Preis: bbz landschaftsarchitekten, Berlin, Freiburg, Bern, Böhm Architekten, Potsdam, UmbauStadt, Weimar, Berlin, Frankfurt am Main

Kristalline Baukörper auf dem Schieferplateau geben in ihrem Inneren Einblicke in die Geschichten und Mythen der Romantik.

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Die erste Fußgängerzone Deutschlands Die Treppenstraße war in den 1950ern das Herzstück der komplett neu gebauten Kassler Innenstadt. Mit der Eröffnung des neuen Bahnhofs in Wilhelmshöhe 1991 geriet sie j­edoch ins Abseits. Nach einigen schwierigen Jahren gewinnt sie nun wieder an Bedeutung.

In den 50er- und 60er-Jahren hatte die Treppenstraße, als Verbindung zwischen Innenstadt und Hauptbahnhof (im Hintergrund) ihre Hochphase. Unten: der Bundes­ gartenschau 1981 diente die Fußgängerzone als Entree. Damals wurden einige Terrassen ergänzt.

Stadtarchiv Kassel (4)

Volker Lange

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Um zu verstehen, warum die Treppenstraße entstanden ist, kann diese nicht isoliert betrachtet werden, sondern muss im städtebau­ lichen Kontext gesehen werden. Als fast komplett kriegszerstörte Stadt musste sich Kassel in den 50er-Jahren neu erfinden. In Gegensatz zu den meisten anderen Städten entschied man sich in der nordhessischen Metropole nicht für eine Rekonstruktion der alten Strukturen, sondern für einen Neuanfang mit modernen Gebäuden, breiteren Straßen und größeren Plätzen. Hintergrund für diese Haltung waren die Erfahrungen mit den Wohn- und Lebensverhältnissen in den Altstadtquartieren vor dem Krieg, die sich durch hohe Dichte, ­enge Gassen, dunkle Wohnungen und teilweise unzumutbare hygienische Verhältnisse auszeichneten. Das neue Kassel sollte mehr Raum zwischen den Gebäuden haben, Licht und Luft waren die Devise, aber auch möglichst auto-


Rasen, Stauden und Solitärgehölze bestimmten das Bild der Treppenstraße. Heute dienen die wenigen erhaltenen Originalunterlagen dazu, die Bepflanzung weiterzuentwickeln.

gerecht sollte der Wiederaufbau erfolgen. ­Erstaunlich, dass ausgerechnet in Kassel Deutschlands erste Fußgängerzone entstanden ist. Bei näherem Hinsehen ist dies jedoch konsequent, denn die Innenstadt wurde von einem Erschließungsring umgeben, an allen wichtigen Kreuzungen entstanden Fußgängertunnel (jeweils mit Rampen und mit Treppen ausgestattet). So zum Beispiel an der Trompete, am Altmarkt, am Steinweg und am Scheidemannplatz. Hier, am oberen Zugang zur Treppenstraße, schnitt der Erschließungsring den alte Hauptbahnhof von der Innenstadt ab. Deshalb wurde an dieser Stelle ein Fußgängertunnel gebaut, der zugleich als ­eine kleine Einkaufspassage und Straßenbahnstation fungierte. Das Leitbild der Funktions­ trennung setzte Kassel konsequent um. Die Grundlagen dafür legte der bereits 1951 ­verabschiedete Plan zum Wiederaufbau der

Innenstadt von Werner Hasper. Fotos aus der Entstehungszeit der am 9. November 1953 eröffneten Treppenstraße zeigen ein Bild, das mit der heutigen Situation kaum noch in Verbindung gebracht werden kann. Denn die Treppenstraße wurde als neue verbindende Achse zwischen Hauptbahnhof, Friedrichsplatz und Karlsaue auf einem komplett leeren (weil kriegszerstörten) Areal ohne jegliche begleitende Bebauung errichtet. Dadurch und aufgrund des Höhenunterschieds von etwa 15 Metern auf etwa 300 Meter Länge ergaben sich seinerzeit ganz neue und außergewöhn­ liche Blickverbindungen vom Bahnhof über die Stadtlandschaft bis ins Umland. Während die später errichtete Bebauung diesen Blick zwar einengte, aber auch fokussierte, ist durch die inzwischen größer gewordenen Bäume und Sträucher diese Blickbeziehung größtenteils zugewachsen und nicht mehr erlebbar.

Auf dem Lageplan ist die Raum­ abfolge der Treppenstraße mit dem schmalen und steinernen unteren Teil und dem großzügigeren oberen Abschnitt mit bepflanzten Terrassen gut zu erkennen.

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Swantje Duthweiler Nachkriegsmoderne – den Begriff verbindet man mit Wiederaufbau, Wirtschaftswunder und einer Demokratisierung der Gesellschaft. Nach dem Zweiten Weltkrieg führten die Gartenarchitekten ihre staudenbetonte farbklare Bepflanzungsrichtung der 1930er-Jahre jedoch zunächst fort. Aus dem Wohngartenstil entwickelten Planer wie Hermann Mattern einen Gartentyp mit zunehmend graphisch geprägtem Charakter. Es ist eine Epoche, die derzeit ein wachsendes Interesse der Denkmalpflege erfährt, deren Bauten und Außenanlagen aber zwischen Stadtumbau und Nachverdichtung verschwinden oder umgestaltet werden. Während man bestrebt ist, die wenigen noch in der Originalsubstanz erhaltenen Gebäude und Gärten als Zeitdokument zu sichern, herrscht gerade bei der Pflanzenverwendung Ratlosigkeit, da oft noch nicht einmal der Name des Planers überliefert ist. Dabei waren in den 50er- und frühen 60er-Jahren Pflanzungen ein

Die Pflanzplanung von Karl Plomin für den Kurpark Malente ist gut dokumentiert, allerdings hatten sich die Standortverhältnisse verändert, da zum Beispiel die Gehölze in den 60ern kleiner waren.

Erhalt und Weiterentwicklung von Pflanzungen der Nachkriegsmoderne In Parks und Gärten der Nachkriegszeit spielten Stauden und Gehölze eine tragende Rolle. Oft sind jedoch die Pflanzpläne nicht mehr vorhanden oder eine aufwendige Pflege nicht möglich. Daher müssen Planer von Fall zu Fall abwägen, wie sie mit den Pflanzungen umgehen.

Karl Plomin, 1963

Für viele Bereiche des Kurparks sind die Original-Pflanzpläne von Karl Plomin erhalten, ­außerdem zahlreiche Staudenrechnungen und Fotos.

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wesentlicher Teil der Gartengestaltungen: Mit der neuen Landhaus-Bauweise rückte man schon in den 1930er Jahren den Gärten laut Karl Foerster „auf den Schoß“, erlebte ein ganz neues „Hineinwirken“ der Pflanzungen in Wohn- und Arbeitsräume. In der Nachkriegszeit hat sich diese Entwicklung noch verstärkt. Das Staudenbeet sollte auch von der Fensterfront aus erlebbar sein. Karl Foerster spricht von „Gartenbühne“ und „Wohnungsloge“, bei denen die Pflanzen die Hauptdarsteller sind. Verlust von Originalsubstanz

Auf Basis der Originalpläne und Texten von Karl Plomin über seine Herangehensweise erstellten Duthweiler & Partner das Konzept für die neue Bepflanzung.

Duthweiler & Partner Landschaftsarchitekten (2)

Im Gegensatz zu den baulichen Elementen ist die ursprüngliche Pflanzung meist nicht mehr vorhanden, haben allenfalls ein paar Gehölze überlebt. Daher stellt sich grundsätzlich die ­Frage, ob eine historisch adäquate Wieder­ bepflanzung überhaupt angestrebt werden sollte. Stand der Wissenschaft ist es, in Anleh-

nung an die Charta von Venedig beim Verlust der Originalsubstanz „Elemente, welche fehlende Teile ersetzen sollen“ „vom Original­ bestand unterscheidbar“ auszubilden, um den „Wert des Denkmals als Kunst- und Geschichtsdokument“ nicht zu verfälschen (Artikel 12). So müssten sich Nachpflanzungen deutlich von der historischen Beetbepflanzung abheben, was häufig mangels genauer Kenntnis historischer Pflanzkonzepte und -farbigkeit schwierig umzusetzen ist. Vermeintlich die heutige Zeit repräsentierende landschaftliche Staudenpflanzungen mit vielen Gräsern kommen unter Umständen der ursprünglichen Bepflanzung näher als beabsichtigt. Wer könnte in einer Staudenoder Sommerblumenpflanzung einen bewussten Bruch mit historischen Konzepten erahnen? Anerkannte Beispiele zeitgenössischer ­Interpretation von Pflanzungen wie Guido ­Hagers Neugestaltung des kurfürstlichen Blumengartens im Großen Garten in Hannover-

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Das Freibad Letzigraben im Züri­ cher Westen, eröffnet 1949 und entworfen von Max Frisch und Gustav Ammann, sollte zur Nah­ erholung in dem stark wachsen­ den Gemeindegebiet beitragen. Fotos oben: Wasserbecken mit Treppe zum Restaurantpavillon und Sportbad mit Sprungturm. NSL-Archiv (gta Archiv) / ETH Zürich, Nachlass Gustav Ammann (4)

Judith Rohrer-Amberg 1934 erweiterte Zürich im Zuge einer Einge­ meindung sein Stadtgebiet auf die heutige Größe. Fortan entwickelte sich die Stadt vor allem in den neuen Stadtbereichen mit ihren großen Landreserven besonders augenfällig. Hier galt es, moderne und großzügig bemes­ sene Infrastruktur wie Schulen, Sportanlagen oder Friedhöfe für die wachsende Bevölke­ rung bereitzustellen. Viele Projekte gingen trotz der großen Fülle der Bauvorhaben aus Wettbewerben hervor – was die Sorgfalt der Gestaltung und der Reichtum neuer Ideen bis heute dokumentieren. Heute, nach einem guten halben Jahrhun­ dert, stehen viele dieser Anlagen an einem Wendepunkt. Die Bedürfnisse, Schönheits­ ideale und Wertvorstellungen der Gesell­ schaft haben sich verändert. Entsprechend werden Pläne entworfen, die Flaggschiffe

Die Nachkriegsmoderne in Zürich Zürich hat zahlreiche Perlen der Nachkriegsmoderne zu bieten, darunter das Freibad Letzigraben, die Anlagen der G59 und der Friedhof Eichbühl. Ihr Erhalt war nicht selbstverständlich, viel Aufklärungs- und Überzeugungsarbeit seitens der Gartendenkmalpflege war nötig und ist es immer noch. Nicht immer ist die Arbeit mit Erfolg gekrönt.

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der Nachkriegsmoderne zeitgemäss umzu­ rüsten, auch in der Hoffnung, den Rückgang der Besucherzahlen zu stoppen. Die gestalte­ rischen Besonderheiten und der Denkmal­ wert werden dabei aber oft zerstört. Die Züricher Gartendenkmalpflege ist gefor­ dert, in diesem Spannungsfeld der Ansprüche auf den Denkmalwert der Anlagen hinzuwei­ sen und sich für ihren Erhalt einzusetzen, ­ohne sich denkmalverträglichen Entwicklun­ gen zu verschließen. Der Erfolg dieser Bemü­ hungen ist unterschiedlich, wie die nachfol­ genden Beispiele zeigen. Das Freibad Letzigraben, eröffnet 1949, ist das Werk von Max Frisch (1911-1991), Archi­ tekt und Autor, und des Gartenarchitekten Gustav Ammann (1885-1955). Im Westen der Stadt gelegen, sollte das Freibad einen wich­ tigen Beitrag zur Naherholung im sich stark

entwickelnden Wohngebiet leisten. Sport­ liche Ertüchtigung, Erholung und Entspan­ nung in einer großzügigen, parkartigen Landschaft war das Ziel der Gestalter. Sie ­erreichten es mit filigraner, offener Pavillon­ architektur, organisch geformten Bassins in sanft modellierter Landschaft und auserlese­ nen Gehölz- und Staudenpflanzungen. Das Konzept war äußerst erfolgreich, das Schwimmbad sehr beliebt: In den ersten Jahr­ zehnten kamen an schönen Sommerwochen­ enden mehrere tausend Besucher.

Ein zentraler Entwurfsgedanke des Planerteams war es, eine Parkland­ schaft zu schaffen, in denen die Gebäude als filigrane Pavillons und die Schwimmbecken einge­ fügt werden. Fotos oben: Ein­ gangshof mit Sammelgarderoben.

Sukzessiver Qualitätsverlust im Letzibad Der Qualitätsverlust kam schleichend und war teilweise gekoppelt an geänderte Gewohnheiten: die nicht mehr genutzten, großzügigen Sammelgarderoben wurden zu geschlossenen Räumen u ­ mgebaut und zu

Giorgio von Arb

Dass aus dem Letzibad mit seiner filigranen Architektur kein Spaß­ bad wurde, ist dem Umstand zu verdanken, dass es als Hauptwerk des Schriftstellers und Architekten Max Frisch gilt.

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