M채rz 2013
Garten+
Landschaft Zeitschrift f체r Landschaftsarchitektur
Die Stadt bauen
Inhalt 3/2013
In der Metropolregion Ruhr gibt es ein feinmaschiges Netz aus Freiräumen (siehe Seite 32). Die Bewohner nutzen diese ausgiebig – auch für kulturelle Angebote. Viele dieser Orte sind über regionale Radwege erreichbar.
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Verlag: Callwey Verlag Streitfeldstraße 35 D-81673 München Fon +49 89 /43 60 05-0 Fax +49 89/43 60 05-113 www.garten-landschaft.de
Foto: Uwe Gruetzner
Die Stadt bauen
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Das Chaos verstehen Peter Latz Parks als Mittler zwischen den Systemen einer Stadt
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Die Beteiligungswende Klaus Overmeyer Teilhabe und Engagement der Stadtbewohner
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Die Kunst, den Wandel zu gestalten Jan Bunge, Philipp Feldschmid Die Menschen als mündige Akteure verstehen
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Gemeinsinn und Eigenwohl Robert Kaltenbrunner Planer als Forschende und Moderatoren der Stadtentwicklung
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Stadt und Wirtschaft entwickeln Robert Pütz Business Improvement Districts als Gemeinschaftsaufgabe in Kerngebieten
Editorial
1
Nehmt den Stempel in die Hand Robert Schäfer
Journal
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Stadt nachhaltig planen Thomas Jakob forumstadt: eine Veranstaltungsreihe zur nachhaltigen Stadtentwicklung
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Akteure in Zentrumsbereichen vernetzen Thomas Armonat Interview mit Frithjof Büttner, BID-Beauftragter der Stadt Hamburg
4
Natur wird Kunst: Georg Arends Thomas Jakob Eine Ausstellung im Deutschen Gartenbaumuseum in Erfurt
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Regionaler Städtebau in der Agglomeration Ruhr Christa Reicher Freiräume als Basis für den Umbau der Metropolregion
5
Millionenfaches Erinnern in Berlin Susanne Isabel Yacoub Wettbewerb für die Außenanlagen der Stiftung Flucht, Vertreibung, Versöhnung
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Was bleibt, wenn Förderprogramme gehen … Elke Becker Umdenken in den Köpfen über die Laufzeit hinaus
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IBA Hamburg – Auf dem Absprung Ljubica Heinsen Am 23. März startet das Präsentationsjahr der Internationalen Bauausstellung
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Planen nach dem Matroschka-Prinzip Thomas Jakob Interview zum Richtplan Lausanne West mit Ariane Widmer Pham
4 Eine Ausstellung im Deutschen Gartenbaumuseum zeigt Fotos und Aquarelle des Staudengärtners Georg Arends.
6 Am 23. März startet in Hamburg das Präsentationsjahr der Internationalen Bauausstellung. Die zum Energieberg Georgswerder umgewandelte Mülldeponie ist eine der Hauptattraktionen.
8 Parks eignen sich gut, um die miteinander kollidierenden Systeme der Stadt wieder in Wert zu setzen – wie im Landschaftspark Duisburg Nord.
14 Als „Pontonia“, die schwimmende Stadt der Zukunft, durften sich J ugendliche aus aller Welt in Berlin ihre Idealstadt bauen. Ein Modell gemeinschaftlicher Raumproduktion.
22 Planer haben vermehrt die Aufgabe, den Vorstellungen der Stadtbewohner nachzuspüren anstatt sie von ihren eigenen zu überzeugen. Dies ist die Grundlage für nachhaltige Stadtentwicklung.
Urban Design GaLaBau Praxis
46 50
Nachrichten Campus Wettbewerbe DGGL Nachrichten Autoren, Vorschau, Nachtrag Impressum
42 45 53 56 64 64
26 In Hamburg gibt es die meisten Business Improvement Districts in Deutschland. Die Senatsverwaltung hat damit gute Erfahrungen gemacht.
Herausgeber: Deutsche Gesellschaft für Gartenkunst und Landschaftskultur e.V. (DGGL) Wartburgstraße 42 10823 Berlin www.dggl.org 123. Jahrgang Bilder: Staudengärtnerei Arends Maubach, Luftbilder Aufwind, Claudia Kalinowski, Urban Catalyst, See-ming Lee/flickr.com, Breimann & Bruun Titel: Akteure in der Stadt, Urban Catalyst Studio
Für die Zukunft gestalten. 2
Garten + Landschaft
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Das Chaos verstehen
Die Grundidee für den New Yorker Central Park war, die Bestlagen der Stadt zu erweitern. Wie durch eine Kunstaktion 2005 von Christo und Jeanne-Claude rückt er seit dem immer wieder ins kollektive Gedächtnis der Bewohner.
Städte setzen sich aus derart komplexen Systemen zusammen, dass nur noch wenige Experten in der Lage sind, diese zu überblicken. Anstatt die Konflikte zwischen diesen Systemen durch immer neue technische Innovation zu kaschieren, sollten einfache Lösungen gefunden werden, um solche Konflikte vorausschauend zu vermeiden. Parks ermöglichen es, die chaotischen Zustände des städtischen Zerfalls
Der Wasserkanal im Landschafts park Duisburg Nord ist ein Arte fakt. Die Prozesse laufen nach ökologischen Regeln ab, werden aber von technischen Systemen aufrecht erhalten. Sie sind gleich zeitig artifiziell und natürlich.
Die Stadt ist kein Dorf, in dem Konflikt mit besonders „wichtigen“ sozialen, wis lösungen noch möglich sind und dessen senschaftlichen und kulturellen Einrichtun bauliche Struktur als Bild gelesen werden gen durchlöchert. „Nur die guten Dinge kann. Die Stadt ist schon früh einem ande können Parks zerstören“, sagte Lucius ren Modell gefolgt und hat sich in die Ver Burckhardt; und man könnte ergänzen, strickungen gesellschaftlicher und techni es sind nun die „bösen Orte“, die den scher Systeme hineinziehen lassen. Stadt Park gegen jede Ratio wiedererwecken. kann ab dieser Zeit als der Versuch verstan Parks bedeuten Wertschöpfung den werden, das durch neu eingeführte Systeme entstehende Chaos mit techni Bis heute wird der Einfall von Frederick schen Interventionen zu verhindern. Das Law Olmsted gefeiert, Manhattan mit dem gelingt häufig nicht, das Modell Stadt Central Park zu erweitern, etwa 2005 mit droht dann zu scheitern. Es bleibt der der Kunstaktion von Jeanne Claude und Traum vom einfachen Leben auf dem Christo oder in der Ausstellung „Grounds Land. Durchgesetzt hat sich aber die urba well“ im Museum of Modern Art. Dort ne Lebensart. wurden Beispiele von Parkentwürfen mit Für die Jugend ist das Modell Großstadt städtebaulicher Bedeutung und Wirksam attraktiv. Es lässt sich von der undurchschau keit präsentiert. Olmsted hatte vor 150 baren Mixtur positiver und negativer Werte Jahren zusammen mit seinem Partner Cal kaum beeinflussen. Mangelnde Umwelt vert Vaux vorgeschlagen, die potenziellen qualitäten werden durch Mobilität kompen „Bestlagen“ für das schnell wachsende siert. Der Bezug zur Natur wird in GrünNew York deutlich zu erweitern. Hierzu zügen mit Flächen hat er einen riesigen Für die Jugend ist das Modell Park entworfen, eine natürlicher Sukzession Großstadt attraktiv. Es lässt Spielwiese für den simuliert, doch ohne eine Infrastruktur, sich von der undurchschaubaren Luxus der New Yorker die die Menschen an Mixtur positiver und negativer oder ihre Lust, sich Werte kaum beeinflussen. spricht, lässt sich die beim „Pleasure Qualität des LebensDriving“ auf den raums nicht ganzheitlich verbessern. In der Carriageways zu zeigen. Der Central Park Großstadt gibt es überdurchschnittlich vie dient seitdem als Muster für „den großen le Bildungseinrichtungen, was einen hohen Park“. Dieser Park prägt die Erinnerung Anteil Jugendlicher im öffentlichen Raum mehr als die umgebenden Bauten. zur Folge hat. Olmsteds Entwurf war städtebaulich ein Fast alle Millionenstädte in Europa werben großer Wurf. Seine Hoffnung auf Mehr mit ihren Grünflächen, Promenaden und werte des Territoriums hatte sich erfüllt. Plätzen. Meist sind es große Parks, häufig Die Annahme, dass damals weitsichtige feudalistischen Ursprungs. Sie liegen nahe Bänker beteiligt waren, ist durchaus an den Altstädten und nennen sich noch plausibel. Später war es die Frankfurter Garten; ihr Überleben scheint sicher. Parks, Bethmann Bank, die erkannte, wie ge die als öffentliche Grünflächen während fährlich ein Überangebot an Bauland des 19. und 20. Jahrhunderts eine eigene durch d ie vom Wiener Kongress erzwun Verwaltung erhielten, werden dagegen gene E ntfestigung sein könnte. Mit dem 8
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Claudia Kalinowski (2)
Peter Latz
Peter Latz
in neu nutzbare Strukturen umzumünzen.
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Die Beteiligungswende Stadtentwicklung kommt heute ohne Beteiligung der Bewohner nicht mehr aus. Mehr als um Information und Transparenz geht es dabei um neue Modelle gemeinschaftlicher Raumproduktion. Teilhabe und direktes Engagement für Projekte stehen im Vordergrund.
Klaus Overmeyer „Hier auf unserem Schiff ist die Welt in Ordnung … wir sind frei! Das ist unsere Stadt. Jeder darf machen was er will, wenn er niemand anderen damit einschränkt. So sollte die ganze Welt sein. Ein großes Miteinander, ein großer Spielplatz. Für alle.“ Alex aus Haiti und Camilla aus Kopenhagen sitzen auf dem Sofa unter der selbstgebauten Kuppel des Rathauses von Pontonia, einer schwimmenden Stadt der Zukunft, die sie zusammen mit 30 anderen Jugendlichen im Rahmen des internationalen Jugendcamps „Young Energies“ gebaut haben. Sie sind für eine Stunde Bürgermeister der Jugendstadt und können uneingeschränkt Gesetze erlassen, die mit Hilfe einer Schreibmaschine notiert werden. Alle Bewohner von Pontonia können ihre Anliegen und Bedürfnisse jederzeit den Bürgermeistern vortragen. Nach einer Stunde bestimmen die beiden ihren Nachfolger und übergeben ihm die Obhut über die Ausübung der Macht. Das zehntägige Young-Energies-Camp fand im August 2012 im Mellowpark in Berlin statt, einem weltweit bekannten Zentrum 14
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für selbstorganisierte Jugendprojekte, BMXund Skatekultur. Auf Einladung des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung waren Jugendliche aus der ganzen Welt aufgefordert, ihre Stadt der Zukunft auf einem schwimmenden Ponton zu bauen und anschließend auf einem internationalen Kongress vorzustellen. Das gemeinsame Rathaus war eines von zehn gebauten Projekten auf der 9 mal 20 Meter großen Plattform, die sich mit Selbstbestimmung und Gemeinschaft, multifunktionalen öffentlichen Räumen, der Stadt als Lernort, zivilgesellschaft lichen Ökonomien und begrenzten Ressourcen auseinandersetzten. Engagement für das eigene Lebensumfeld In den Stadtvisionen der Jugendlichen spielen politische Willensbildung, Partizipation und Demokratie eine besondere Rolle. Auffallend ist dabei die Abkehr vom etablierten Parteiensystem. Beteiligung verbinden die Jugendlichen auf Pontonia mit Teilhabe, dem direkten Engagement für konkrete Projekte wie den Bau einer nachhaltigen
Energieversorgung, eines Streetballfeldes, das z ugleich als Bühne genutzt werden kann oder der Wonderbar, einer Mischung aus Bibliothek, Hostel und Kino. Mehr als je zuvor, so die Vision der jungen Erwachsenen, wird Stadt künftig zum koproduktiven Ort. Wichtiger, als den Wohlstand des Einzelnen zu mehren ist es ihnen, verträgliche gesellschaftliche und ökonomische Modelle aus dem gemeinschaftlichen Zusammenleben zu entwickeln. Die Offenheit von Räumen und Prozessen bedeutet ihnen dabei g enauso viel wie die Möglichkeit, über Engagement in Projekten an der politischen Willensbildung teilzuhaben. Vor diesem Hintergrund erscheint die Debatte um Partizipation in der Stadtentwicklung in einem neuen Licht. Im Kern geht es dabei weniger um die Unterscheidung zwischen mehr oder weniger Beteiligung, sondern um die grundlegenden Fragen, wie wir künftig in unseren Städten leben wollen, wer an der aktiven Gestaltung von Stadt und ihren Wertschöpfungsprozessen beteiligt ist, wie viel Freiheit und wie viel
Im August 2012 bauten Jugend liche in Berlin ihre Stadt der Zukunft auf einem schwimmenden Ponton in Berlin. Das Experi mentierlabor „Young Energies“ machte deutlich, dass neue Formen der Beteiligung gewünscht und gebraucht werden. Grafiken (3) und Collage: Urban Catalyst Studio
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Gemeinsinn und Eigenwohl Welchen Regeln folgt – oder unterliegt – die Stadtentwicklung? In dem Spannungsfeld zwischen „gesichtslosen“, institutionellen Bauherren und den Stadtbewohnern sind die Planenden gefragt. Nicht als Wissende, sondern als Suchende und Forschende müssen sie wichtige Fragen stellen und beantworten: Was funktioniert, was nicht, und weshalb?
Robert Kaltenbrunner Der Philosoph Alva Noe hat unlängst die Auffassung vertreten, dass man Städte eigentlich als Gestalt gewordene Angewohnheiten sehen müsse: „Angewohnheiten befähigen uns, Dinge zu tun, sie machen es aber auch unmöglich, Dinge zu tun. Wir zum Beispiel sind in einem Haus, in dem es Treppen gibt, so dass wir an einige Punkte leicht gelangen können. Aber in jene Richtung können wir nicht, denn dort ist eine Mauer. Wir bauen Strukturen, die uns gleichzeitig behindern und befähigen.“ Im urbanistischen Kontext stellen „behindern“ und „befähigen“ tatsächlich zwei wichtige Verben dar. Allerdings stehen sie aktuell in einem recht unausgewogenen Verhältnis. Noch immer finden Städtebau und große Investitionen am liebsten unter „Tabula rasa“-Bedingungen statt: freie Areale, hohe Ausnutzungspotenziale, kurze Entscheidungswege und wenig Anpassung an den Kontext. Ein Neuanfang also „auf der grünen Wiese“, bei dem alles – baulich, technisch und gesellschaftlich – „besser“ gemacht werden kann. Die Strukturen des Bestehenden scheint man hingegen eher als hinderlich anzusehen; von den vorhandenen Architekturen, Milieus und Nutzungen macht man sich gerne frei. Augenscheinlich will man nicht wahrhaben, wie wichtig es 22
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ist, behutsam und schonend mit dem Gebau- Längst aber befindet sich unser Kulturkreis im Übergang von einer politisch motivierten umzugehen. Was aber umgekehrt nicht ten, nicht-monetären Stadtentwicklung hin heißt, dass das Bestehende unantastbar ist. zu einer privaten, an Gewinn und Rendite Vielmehr geht es um Strategien des Umorientierten Steuerung. Das mag durchaus baus: um neue Funktionen in Gebäuden, Chancen bieten, wenn internationale Invesum moderne Strukturen an und auf bestetoren angelockt werden, die mit ihren Prohenden Bauten und darum, Stadträume jektentwicklungen neu zu codieren. „Geblieben ist uns eine Welt ohne mancherorts neue Es geht auch darUrbanismus (...) nur noch Architektur, Impulse geben, bauum, einen neuen Architektur und nochmals Architektur. liche VoraussetzunFunktionszustand unter Rückgriff Sie nutzt und erschöpft jene Möglich- gen für die Ansiedauf systemimma- keiten, die im Grunde bloß der Urbanis- lung schaffen, posimus hervorbringen kann. tive Beschäftigungsnente Elemente Rem Koolhaas effekte auslösen und Routinen wieoder neue Identifiderherzustellen. kationsorte anbieten. Freilich gibt es auch Im Fokus steht dabei nicht das einzelne eine Kehrseite: nämlich eine weitaus stärkeGebäude, sondern der Städtebau – also das, re Abhängigkeit von mobilem, stets abziehwas der holländische Kult-Architekt und barem Kapital. Erschwerend kommt hinzu, nimmermüde Theorielieferant Rem Kooldass Städte heute g enauso im Wettbewerb haas vor einiger Zeit schon totgesagt hatte: stehen wie Unternehmen, die Produkte „Geblieben ist uns eine Welt ohne Urbanisherstellen – und z war in einem gesättigten mus (...) nur noch Architektur, Architektur Markt. Developer und Immobilientrusts und nochmals Architektur. Sie nutzt und erscheinen heute den Städtebau zu beherrschöpft jene Möglichkeiten, die im Grunde schen. Sie und ihre profitorientierten Malls, bloß der Urbanismus hervorbringen kann.“ Bürotürme und E ntertainment-Center setÜber lange Zeit war Stadtentwicklung hierzen die Maßstäbe – doch längst nicht immer zulande eine öffentliche Domäne – eine mit „Signature b uildings“. Agieren kom Angelegenheit, wenn nicht der Gesellschaft, munale Institutionen als Bauherren, denen so doch wenigstens der öffentlichen Hand.
Gemeinwohl vor Eigenwohl gehen müsste, so erweisen sie sich zunehmend gesteuert von der Ellenbogenmentalität des interna tionalen Städte- und Standortwettbewerbs: Kultur- und Behördenbauten ebenso wie Wohnungsbau wetteifern in erster Linie um eine möglichst spektakuläre Wirkung. So verwundert es nicht, wenn Stadtgestaltung immer stärker als Instrument und Ausdruck von Gewinnmaximierung bei der Verwertung von Grundstücken und Immobilien verstanden wird. Und das „Urbane“, begriffen als das fruchtbare Nebeneinander unterschiedlicher Nutzungen und Bevölkerungsschichten, macht sich in ihren jüngeren Realisierungen zunehmend rar. Einheitsarchitektur und Profit Natürlich tragen bestimmte urbanistische Leitvorstellungen – zumal die der „europä ischen Stadt“ – dazu bei, solche Tendenzen zu kaschieren. Evident werden sie trotzdem, wenn auch in der Architektur stärker als etwa in Stadt- und Landschaftsplanung. Der Büro- und Verwaltungsbau beispielsweise, wo immer schnellere Nutzungszyklen und technische Veränderungen die Ansprüche verändern, setzt auf möglichst viel Fläche, und die soll möglichst flexibel zu gestalten sein; und drum herum prangt meist die ewig
gleiche Glas- und Stahlhülle. Die Eintönigkeit liegt freilich nicht nur an der Einfallslosigkeit der Planenden, sondern auch an den Brandschutzbestimmungen, an den Achsrastern, die etwas mit einer flexiblen Nutzung der hinter der Fassade liegenden Büroräume zu tun haben, um unter dem Druck des Marktes das Letzte aus jedem Winkel herauszuholen. Und welcher Immobilien-Entwickler entscheidet sich unter Verzicht eines zusätzlichen Geschosses für gut proportionierte Räume mit Raumhöhen, die ihren Namen verdienten? Ziel sind hocheffiziente Gebäude, die hohe Mieten erwirtschaften und in immer kürzeren Zeiträumen umgeschlagen werden können. So kommt es nicht von Ungefähr, dass sich bei den meisten Bau herren die Mentalität eines Bankers zeigt, der idealtypisch unter Baukultur bloß die Einheit von Baugenehmigung, Festpreis, Abnahme und Vollvermietung versteht. Freilich hält auch unser Planungsalltag viele Restriktionen parat. Was etwa hilft, eingedenk der Erfahrungen der vergangenen Jahrzehnte, eine Flächennutzungsplanung, die die komplexe wie einheitliche Wirklichkeit der Stadt von Anfang an zerhackt und nicht mehr will, als ein Nebeneinander sich weit gehend feindlich gegenüberstehender Sachlagen und Funktionen zu organisieren?
Wie 2011 in Berlin versammeln sich die Menschen, um über ihre Stadt zu diskutieren. Die Bewohner wollen gehört werden und sich in Planungen einbringen. Foto: sterneck/flickr.com
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