September 2014
Garten+
Landschaft Zeitschrift f端r Landschaftsarchitektur
Technik und Know-how
Inhalt 9/2014
Ab Seite 52 Sonderteil zur GaLaBau 2014
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Damit auch Planer Anhaltspunkte für ihre Arbeit haben, entwickelt die FLL derzeit einen Leitfaden zur Nachhaltigkeit von Freianlagen. Die Grafik stammt aus dem Bericht des Statistischen Bundesamts zur nachhaltigen Entwicklung in Deutschland.
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Technik und Know-how
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Grafik: Statistisches Bundesamt
Verlag: Callwey Verlag Streitfeldstraße 35 D-81673 München Fon +49 89 /43 60 05-0 Fax +49 89/43 60 05-113 www.garten-landschaft.de
Auffallend sparsam und grün Hanna Bornholdt Die Dachbegrünung der Hamburger Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt
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Handle so, dass keine Aufschübe entstehen Markus Gnüchtel Freiräume nachhaltig entwickeln und im Wert steigern
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Gestalten mit Farben und Fugen Axel Klapka Planung und Bau von Wegen und Flächen aus Ortbeton
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Die gebundene Bauweise – ein Erfahrungsbericht aus der Praxis Stephan Lenzen Erfahrung und Fingerspitzengefühl für eine Sonderbauweise
Editorial
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Wider die unverschämt über den Hag Fressenden Robert Schäfer
Journal
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Gärten und Land Art in Chaumont Karl H.C. Ludwig 23. Gartenfestival in Chaumont-sur-Loire 2014
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Nicht nur an Normen und Regelwerke denken Erich Lanicca Vom Umgang mit Naturstein im öffentlichen Raum
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Topos Landscape Award 2014 geht an LOLA Award-Verleihung im Rahmen der Konferenz „The Narrative of Landscape“
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Flächen befestigen, nicht versiegeln Klaus W. König Pflastersysteme mit Abflussbeiwert null
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Keine Landschaft wie die andere Robert Schäfer Catrin Schmidt berichtet über Transformationsprozesse
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Optimierte Substrate als Anwuchshilfe für Stadtbäume Philipp Schönfeld Einschichtaufbau hat sich durchgesetzt
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„Die Kunst ist nur ein Pickel auf der Nase der Natur“ Robert Schäfer Olafur Eliassons Ausstellung Riverbed im Kunstmuseum Louisiana
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Mit Riegelformaten Pflaster gestalten Dieter Rosen Neue Gestaltungsmöglichkeiten mit Langformaten
4 Das diesjährige Gartenfestival von Chaumont-sur-Loire steht unter dem Motto „Gärten der Sieben Todsünden“. Im Bild ist der Garten „Wiederauferstehung oder Lob des Versagens“ von Ana Morales zu sehen.
7 Kunsterfahrung durch Natur erfahrung: Olafur Eliasson schickt in seiner Ausstellung im dänischen Humlebaek die Besucher über Kies und Geröll.
8 Die Begrünung der Dächer des Neubaus der Hamburger Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt sind Teil des Nachhaltigkeitskonzepts des Gebäudes.
16 Wer mit Ortbeton Plätze und Wege plant und baut, muss den Belag in einzelne Segmente unterteilen. Die notwendigen Fugen eröffnen dabei viele Gestaltungsmöglichkeiten.
20 Verlegt man Pflaster und Platten in gebundener Bauweise wie an der Rheinpromenade in Koblenz, sollte man bei Planung und Bau einen Sachverständigen hinzuziehen. Denn die Bauweise ist eine Sonderbauweise.
Nachrichten Wettbewerbe Sonderteil zur GaLaBau DGGL Nachrichten Termine Vorschau, Autoren, Nachtrag Impressum
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24 Normen sind Richtlinien, aber keine Gesetze. Und man muss sie interpretieren können. Dies gilt vor allem bei der Verwendung von Naturstein als Bodenbelag. Im Bild: der Marktplatz von Neckarwestheim.
Herausgeber: Deutsche Gesellschaft für Gartenkunst und Landschaftskultur e.V. (DGGL) Wartburgstraße 42 10823 Berlin www.dggl.org 124. Jahrgang
Bilder: Karl H.C. Ludwig, Anders Sune Berg, Kay Riechers, K1 Landschaftsarchitekten, Bundesgartenschau Koblenz 2011 GmbH, Erich Lanicca Titel: Felix Holzapfel-Herziger
Für die Zukunft gestalten. 2
Garten + Landschaft
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Garten + Landschaft
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Auffallend sparsam und grün
Aus der Analyse der Bezüge zur Umgebung der Wilhelmsburger Elbinsel entwickelten die Planer die Landschaftstypen Süßwasserwatt, Marschland, Geestlandschaft und Sedimentation und daraus die Charakterisierung der sechs Teilräume.
Mehr Grün auf Hamburgs Dächern – die Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt geht mit ihrem Neubau in Wilhelmsburg mit gutem Beispiel voran.
Hanna Bornholdt
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märenergieverbrauch von maximal 70 KWh/ qm wird auch durch die rund 1 000 Energiepfähle im Untergrund erreicht. Die runde Geometrie der Gebäudeteile stellte besondere Anforderungen an den Dachaufbau (Stahlbetondecke, Bitumendampfsperre, Wärmedämmung, Kunststoffdachabdichtungsbahn) und das Dachbegrünungssystem. Für die Gestaltung der Außenanlagen entwickelte die ARGE schaper+steffen+runtsch, Garten- und Landschaftsarchitekten mit Landschafts architektur+ Felix Holzapfel-Herziger, beide Hamburg, eine eigene Dynamik von Struktur, Linien- und Kurvenführung, die sich von den sinusförmigen Kurven des Gebäudes deutlich abheben. Sechs Landschaftstypen auf dem Dach
Wege und Staudenpflanzungen im Gartenhof des Neubaus der Hamburger BSU orientieren sich am Landschaftstyp Süßwasserwatt. Die Holzdecks decken die Lüftungsöffnungen für die Tiefgarage ab und ähneln gestalterisch gestrandeten Flößen.
Felix Holzapfel-Herziger/L+
Die Gestaltung der Gründächer hat typische Hamburger Landschaften zum Vorbild und besteht aus sechs unterschiedlichen Teil bereichen. Beispielsweise ist der zentrale, öffentlich zugängliche Innenhof von der mäandrierenden Elbaue „Heuckenlock“ der Elbinsel Wilhelmsburg inspiriert, einem der letzten Tideauenwälder Europas und Süßwasserwatt im Tideeinfluss. Der Gartenhof liegt auf einer Tiefgarage, ist durch öffent liche Wege erschlossen und geprägt von rhythmischen Blumenbändern, die die Streifen der Gebäudefassade aufnehmen. Ein gestreute Bäume (Persische Buche und RotAhorn) sind in Trögen von 3 x 3 x 1 Meter in die Tiefgarage eingelassen. Ergänzt werden sie von Holzpodesten, die wie gestrandete Flöße in der Auenlandschaft liegen und die Lüftungsöffnungen der Tiefgarage abdecken. Der Innenhof besitzt eine Anstaubewässerung mit einem humushaltigen Subs trat von 50 Zentimeter Dicke. Die Bepflanzung mit Stauden, Gräser und Zwiebel-
Hanna Bornholdt
Wie baut eigentlich eine Umweltbehörde? Worauf legt eine Stadtentwicklungsbehörde bei ihrem Neubau wert? Farbenfroh setzt der geschwungene Ministerien-Neubau für etwa 1 400 Beschäftigte neue Akzente: Als erster Teil der Landesverwaltung folgt die „Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt (BSU)“ dem Leitbild „Sprung über die Elbe“ und bricht in den Hamburger Süden auf. Das Gebäude mit seinen grünen Dächern ist das größte Hochbauprojekt im Rahmen der Internationalen Bauausstellung Hamburg 2013 (IBA). Im neuen Quartier Wilhelmsburg Mitte liegt das Gebäude zentral am S-Bahnhof und nahe des Eingangs zum Wilhelmsburger Inselpark, dem Gartenschaugelände von 2013. Der fließende Gebäudeentwurf der Berliner Architekten Sauerbruch Hutton gliedert sich in ein dreizehngeschossiges Hochhaus und zwei fünfgeschossige Seitenflügel von 200 und 120 Meter Länge. Markant sticht die Fassade aus 30 000 Keramikelementen in 20 Farbtönen hervor. Außergewöhnlich ist das Nachhaltigkeitsund Energiekonzept, deren Teil die Dachbegrünung ist. Die begrünten Dächer tragen zur ausgeglichenen Temperierung des Gebäudes bei, dienen der Aufbereitung des Regenwassers für die hausinterne Brauchwassernutzung, bieten Lebensraum für Pflanzen und Tiere, leisten einen Beitrag zur Verbesserung der Kühlung und Wärmedämmung und sind ein gestalterisches Highlight für Mitarbeiter und Besucher. Die Deutsche Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen (DGNB) hat das Nachhaltigkeits- und Energiekonzept auch wegen der hohen Anteile an begrünten Dachflächen gewürdigt und den Bau vorab mit dem Vorzertifikat Gold ausgezeichnet. Der Neubau gehört bereits jetzt zu den am sparsamsten betriebenen Büro gebäuden Deutschlands, der jährliche Pri-
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Cargo
Data
Sand & Sediments
Air & Heat
Biota James Corner von Field Operations versteht Stadt nicht als funktionie rende Maschine, sondern als kons tanten Fluss von Stoffen und Infor mationen. Grundlage für das planerische Handeln ist ein Netz werk von sich gegenseitig beein flussenden Beziehungen.
Handle so, dass keine Aufschübe entstehen Die Forschungsgesellschaft Landschaftsentwicklung Landschaftsbau, FLL, konstituiert derzeit einen Arbeitskreis, der sich mit der Nachhaltigkeit von Freianlagen befasst. Ziel ist es, einen „Leitfaden Nachhaltige Freianlagen“ zu erstellen.
Aus dem aktuellen Diskurs über Stadtklima, Ressourcen und Nachhaltigkeit ergibt sich die Frage nach Regeln, und nach den Mög lichkeiten, zertifiziert nach solchen Regeln zu arbeiten. Mit einem praxisorientierten Leitfaden möchten wir im Arbeitskreis „Nachhaltige Freianlagen“ der Forschungs gesellschaft Landschaftsentwicklung Land schaftsbau, FLL, verhindern, dass die Refe renzen für nachhaltiges Planen und Bauen von Freianlagen noch weiter in verschiedene Systeme und Anleitungen aufgesplittert werden. Erst mit den gesammelten Erkennt nissen aus einer Erprobungsphase an realen Projekten wird man sich daran machen, aus den im Leitfaden formulierten Grundlagen eine Zertifizierung zu erarbeiten. Zur Diskus sion steht auch, eine Plattform aufzubauen, auf die sich Befragungsergebnisse zu Freian lagen auf freiwilliger Basis einstellen und auch vergleichbar abrufen lassen. Die Befragung der Freianlagen mit Hilfe des Leitfadens soll so positioniert sein, dass aus 12
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dem Erkenntnisgewinn Vertrauen entsteht. Vertrauen, dass komplexe nachhaltige Pla nungen möglich sind und sich sozial einge bundenes und gesundes Leben auch künftig mit Urbanität verbinden lässt. Die Nachhaltigkeit von Freianlagen zu be schreiben, bedeutet, die wirksamsten Ein flüsse an einem Ort herauszuarbeiten, um nachvollziehbare Betrachtungsgrenzen für die Beurteilung zur Verfügung zu stellen. Der Einstieg sind Fragen wie: „Lässt sich in den Betrachtungsgrenzen die Notwendig keit eines Lebensraums oder klimatischer Funktionen abbilden?“ und „Sind die Gren zen eng genug gezogen, um funktionale Einheiten zu erfassen?“ Einzelne Freiräume werden dann als Teil der grünen Infrastruk tur unserer Städte sichtbar. Neuanlagen sind im Blick der Nachhaltigkeit ein gut doku mentierter Moment in einer kontinuier lichen Entwicklung des Standorts. Der Leitfaden soll zeigen, wie sich Freiräume nachhaltig entwickeln und im Wert steigern
James Corner Field Operations, FABRIC (12)
Markus Gnüchtel
Im Rahmen des Projekts „Atelier Rotterdam“ visualisierte Field Operations die Materialflüsse der Stadt, die zusammen den Meta bolismus Stadt schaffen. Wasser ist einer dieser Flüsse.
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Von links nach rechts: Vermörte lung des Untergrunds; Straßenbau mit Gleitschalungsfertiger; Scha lung; Aufsprühen des Curingmit tels; Fugenschnitt.
Gestalten mit Farben und Fugen Ortbeton und die dazugehörigen Fugen ermöglichen eine großzügige Flächengestaltung. Er lässt sich aber nicht bei jeder Temperatur verarbeiten und benötigt zudem nach dem Einbau einen gewissen Schutz. Die Bearbeitung der Oberfläche und der Einsatz von Pigmenten eröffnet neben dem Fugenspiel viele weitere Gestaltungsmöglichkeiten.
Ortbeton ist ein vielseitiger und vergleichs weise günstiger Baustoff für den Oberbau befestigter Flächen. Auf Grund seiner Konsis tenz lässt er sich gestalterisch in freien For men einsetzen und relativ schnell für große Flächen und für hohe Belastungen herstell ten. Die Oberflächen des Ortbetons können in Struktur und Farbton den Gestaltungs zielen angepasst werden und kommen ohne seitliche Einfassungen aus. Während der Baustoff im Hochbau oder beim Bau von Skateranlagen eine hohe Ak zeptanz genießt, wird Ortbeton beim Bau von Wegen und Plätzen eher zurückhaltend eingesetzt. Dabei kann – eine sorgfältige Pla nung und Ausführung vorausgesetzt – Ort beton als Gestaltungsmittel in Parks und Gär ten genau so gut wie im städtischen Kontext auf Wegen und öffentlichen Plätzen vielfäl tig eingesetzt werden. Ortbetonflächen sind immer durch Fugen gekennzeichnet. Das Fugenbild, das eine Fläche in Platten aufteilt, ist ein wichtiges Gestaltungsmittel zur Glie derung der Belagsflächen und kann den Cha rakter eines Ortes prägen. 16
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Die Regelwerke zum Betonflächenbau beziehen sich auf die Herstellung von Industrieböden oder den Straßenbau. Bei der Planung von Parkwegen oder Plätzen können diese Regelwerke leicht modifiziert angewendet werden. Grundlage bilden hier die EN 206, EN 13877 und die DIN 1045, auf denen die bautechnischen Vorgaben auf bauen. Grundsätzlich ist die Bauweise durch den Planer auf die Bedingungen vor Ort abzustimmen und anhand der aktuellen Regelwerke zu ermitteln. Ortbetonwegedecken lassen sich maschinell oder im Handeinbau herstellen. Der Baustoff besteht in der Regel aus weichem Straßen baubeton mit Fließmitteln, bei schwierigen Einbausituationen oder frühzeitiger Belastung aus frühhochfestem Straßenbaubeton. Der Einsatz eines Fließmittels führt zu einer besse ren Verteilung des Materials in der Horizon talen. Das Fließmittel (FM) wird erst auf der Baustelle in die Mischanlage des Transport fahrzeugs eingespeist. Nach Zugabe und Ver mischung muss der Beton innerhalb von 30 Minuten auf der Baustelle verarbeitet werden.
Für die Dauerhaftigkeit spielt die Betonquali tät eine wichtige Rolle, die folgende Kriteri en erfüllen sollte: Druckfestigkeitsklasse: C30/37 Expositionsklasse: XF4 Konsistenzklasse: F3, Ausbreitmaß 42 bis 48 Zentimeter (FM) Feuchteklasse: WF Eine Bewehrung wird bei ordentlich verdich teten Baugründen beziehungsweise Trag schichten nicht notwendig, da nur Druck belastungen aufzunehmen sind. Die Stärke der Tragschichten und die Verdichtung soll ten sich nach der Richtlinie zur Standardisie rung des Oberbaus von Verkehrsflächen (RStO) richten und die Ergebnisse des Bau grundgutachtens berücksichtigen. Eine gleichförmige, ausreichend verdichtete Oberfläche des Baugrunds verhindert später auftretende Setzungs- oder Belastungsrisse. Daher wird empfohlen, die Verdichtung durch Plattendruckversuche in einem ange messenen Raster nachweisen zu lassen. Die Stärke der Wegedecke richtet sich bei Parkwegen wiederum nach der Belastung
K1 Landschaftsarchitekten (10)
Axel Klapka
Die Brunnenumrandung im Wahlen park in Zürich wurde aus Ortbeton hergestellt. Fugen teilen die Fläche in einzelne Segmente.
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