Garten und Landschaft 10 2011

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Oktober 2011

Garten+

Landschaft Zeitschrift f端r Landschaftsarchitektur

Pflanzenmanagement


Inhalt 9/2011

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Verlag: Callwey Verlag Streitfeldstraße 35 D-81673 München Fon +49 89 /43 60 05-0 Fax +49 89/43 60 05-113 www.garten-landschaft.de

Pflanzenmanagement

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Mehr Mut zur Pflanze Mark Krieger Plädoyer für einen kreativen Umgang mit Stauden

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Staudenmischpflanzungen im Baukastensystem Cassian Schmidt Auch Fertigsortimente erfordern Pflege und Pflanzenkenntnisse

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Dem Öffentlichen Grün den Boden bereiten Thomas Lehner Ein spezielles Substrat für die Mannheimer Staudenmischpflanzungen

Editorial

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8 Dutzend blaublühende Anemone blanda Robert Schäfer

Journal

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Wir müssen mit Ökobilanzen und Lebenszykluskosten arbeiten Thomas Jakob Ein Interview zum Bewertungssystem „Nachhaltiges Bauen Außenanlagen“

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Standortgerechte Strategien für Staudenpflanzungen Renate Friedrich Erfahrungen mit drei Pflanzkonzepten in Frankfurt

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Radeln am Abgrund Thomas Jakob Ein Radweg durch die Tagebaulandschaft im Rhein-Erft-Kreis

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Panoramastraße statt grüner Tunnel Hans-Peter Rohler, Harald Fritz Ein Managementkonzept für das Begleitgrün der A42 durchs Ruhrgebiet

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Mahnmal der Verletzbarkeit Thomas Armonat Gedenkstätte für die Anschläge vom 11. September 2001 in New York eröffnet

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Anforderungen an ein leistungsfähiges Freiflächenmanagement Detlev Emkes Zweck und Vorteile für Planer und Bauherren

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Ein Schritt auf den heißen Stein Thomas Armonat Wie sich Audi die mobile Zukunft in der Stadt vorstellt

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Werterhaltende Investitionen statt Kostendruck Florian Brack Freiräume über den Lebenszyklus kalkulieren: die Software Greencycle

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Fluch und Segen des Wassers Thomas Jakob Zwei Ausstellungen zum Umgang mit Wasser in der Galerie Aedes in Berlin

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Spenden für den Bürgerpark Thomas Jakob Parkverwaltung und -pflege mit privatem Geld in Bremen

6 Durch Dünen, Wälder und Moore: Ein autofreier Radweg, geplant vom Büro bbz, verbindet die Tagebaue Hambach und Fortuna westlich von Köln.

7 Am zehnten Jahrestag der Terroranschläge in New York wurde am Ground Zero mit dem 9/11-Memorial eine Gedenkstätte für die Opfer eröffnet.

12 Staudenmischpflanzungen sind pflegeextensiver. Ganz ohne Aufwand geht es aber nicht, so auch in der Mannheimer Augustaanlage.

19 Die Stadt Frankfurt testet drei in Planung und Pflege unterschiedlich aufwendige Staudenkonzepte je nach repräsentativen Anforderungen an den Standort.

22 Die A42 soll durch gezielte Eingriffe zur Parkautobahn werden. Um das Pflegekonzept umzusetzen, müssen viele Akteure zusammenarbeiten.

GaLaBau Praxis Recht Produkte

44 45

Urban Design Spiel Projekte Produkte

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Nachrichten Tagung Campus Wettbewerbe DGGL-Nachrichten Termine Autoren, Vorschau, Nachtrag, Impressum

36 40 41 56 58 60 64 64

33 Der Bürgerparkverein verwaltet und pflegt den Bremer Bürgerpark. Das Geld dafür generiert der Verein rein aus privaten Quellen.

Herausgeber: Deutsche Gesellschaft für Gartenkunst und Landschaftskultur e.V. (DGGL) Wartburgstraße 42 10823 Berlin www.dggl.org 121. Jahrgang Bilder: bbz Landschaftsarchitekten, The National September 11 Memorial & Museum Foundation, Cassian Schmidt, Grünflächenamt Stadt Frankfurt, INDEED/Simon Bierwald, Bürgerparkverein Bremen Titel: Highline New York, Robert Schäfer

Für die Zukunft gestalten. 2

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Staudenmischpflanzungen im Baukastensystem Die klassische Pflanzenverwendung ist eine Nischendisziplin. Deshalb greifen viele Landschaftsarchitekten und Kommunen auf standardisierte Pflanzkonzepte zurück. Gut 30 erprobte Staudenmischungen gibt es auf dem Markt, die überwiegend aus stresstoleranten Arten bestehen. Sie erleichtern den Kommunen zwar die Grünflächenpflege, ganz ohne Kenntnis der Ansprüche und Wuchseigenschaften dieser Pflan-

Cassian Schmidt (6)

zengesellschaften sind aber auch diese nicht zu erhalten.

In der Mannheimer Augustaanlage bewährt sich seit 2007 auf 900 Quadratmeter die trockenheitsresistente Mischung „Silbersommer“. Der Pflegeaufwand liegt bei vier Minuten pro Quadratmeter im Jahr.

Cassian Schmidt

Pflegearme Staudenmischpflanzungen eignen sich vor allem für Verkehrsrestflächen wie diesen Mittelstreifen am Bahnhof in Bensheim.

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Die Pflanzenverwendung in der Stadt steht heute im Spannungsfeld zwischen Ökologie, Gestaltungsanspruch und ökonomischen Zwängen. Angesichts knapper Kassen und den Folgen des Klimawandels bestimmen vor allem der Nachhaltigkeitsgedanke, der sparsame Umgang mit Ressourcen und reduzierte Anlage- und Unterhaltskosten die neu angelegte Stadtvegetation. Dennoch – oder gerade wegen dieser Herausforderungen – setzt sich zunehmend eine neue Art der Staudenverwendung durch, die versucht, Ästhetik und Ökonomie in Einklang zu bringen. Das Ergebnis ist ein naturalistischer Verwendungsstil, der bestimmte natürliche Vegetationsbilder wie etwa die nordamerikanische Prärie mit ihrer charakteristischen jahreszeitlichen und lebenszeitlichen Dynamik als Referenzmodelle für die Pflanzenkomposition nutzt. Das Prinzip der durch das Pflegemanagement gesteuerten „kontrollierten Dynamik“ und das geschickte Berücksichtigen verschiedener Ausbreitungsstrategien sind neue Ansätze für die künftige Planung und Pflege von Staudenpflanzungen in der Stadt. Den-noch muss man ernüchtert feststellen: Die Staudenverwendung ist und bleibt eine Nischendisziplin.

Nie stand den Landschaftsarchitekten eine so unglaubliche Vielfalt an interessanten Pflanzenarten und -sorten zur Verfügung wie in den vergangenen fünf bis zehn Jahren. Zu sehen ist davon allerdings in aktuellen Projekten – abgesehen von Gartenschauen – relativ wenig. Offensichtlich ist der differenzierte Umgang mit Pflanzen derart komplex, dass sich derzeit nur versierte Spezialisten herantrauen. Geht es gar um differenzierte, dynamische Pflanzkonzepte wie Staudenmischpflanzungen, müssen sich Planer und Pflegekräfte mit den natürlichen Prozessen wie Wachstum, biologischen Zyklen und Veränderungen auseinandersetzen. Mit diesen hohen Anforderungen, die eigentlich zur Kernkompetenz unseres Berufsstandes gehören sollten, sind sie allerdings häufig überfordert. Die Pflanze als Star Renommierte Pflanzenverwender wie der Niederländer Piet Oudolf werden mit ihrem Spezialwissen inzwischen sogar welweit für hochkarätige Projekte hinzuge­zogen und als gleichberechtigte Partner unter Hochbauarchitekten akzeptiert. Gute Beispiele für die neue Liäson zwischen Architekten und Pflanzenverwen-

dern sind die High Line in New York oder der Lurie Garden im Millennium Park in Chicago. Nicht nur die Designer, sondern auch die verwendeten Pflanzen selbst avancieren plötzlich zu allgemein bewunderten Stars. So einen Pflanzenkult auf höchstem Niveau hat es lange nicht gegeben. Seit Anfang der 1980er-Jahre gilt die Pflanzensoziologie als Grundlage standort­ gerechter Pflanzenverwendung in Deutschland. Pflanzungen nach Lebensbereichen und Geselligkeitsstufen nach Richard Hansen und Friedrich Stahl sind allerdings kompliziert und lassen sich nur mit fundiertem Pflanzenwissen realisieren. Angesichts der über Jahre vernachlässigten Hochschulausbildung im Fach Pflanzen­ verwendung stellt sich die Frage, ob sich die fehlende Kompetenz im Umgang mit der Pflanze überhaupt in absehbarer Zeit kompensieren lässt. Von versierten Pflanzenexperten konzipierte, modulartige Staudenmischungen, die dem unerfahrenen Planer zermürbende Gedanken um die richtige Pflanzenkombination ersparen sollen, kommen da gerade recht. Diese seit 1998 vom Arbeitskreis Pflanzenverwendung im Bund deut-

scher Staudengärtner und den darin beteiligten Institutionen optimierten „Staudenmischpflanzungen“ oder „Inte­grierten Pflanzsysteme“ werden seit 2001 mit stark zunehmender Tendenz in der Stadt verwendet. Von Kiel bis München schmückt nun eine bunte Vielfalt stress­toleranter Staudenvegetation die zahlreichen Kreisel und Verkehrsrestflächen. Das gab es nie zuvor in dieser Größenordnung. Pflanzen ohne Pflanzplan Den Begriff „Staudenmischpflanzung“ haben 1994 Walter Kolb und Wolfram Kircher geprägt, die an der Bayerischen Landes­ anstalt für Weinbau und Gartenbau in Veitshöchheim in den 1990er-Jahren erste Versuche mit Mischpflanzungen unternahmen. Die Planungsstrategie der Mischpflanzungen basiert ebenfalls – wie bei den komplexen Pflanzungen nach Geselligkeitsstufen – auf der Pflanzensoziologie. Neu am Mischpflanzungsprinzip ist allerdings, dass die Stauden ohne konventionellen Pflanzplan per Zufallsverteilung in freier Mischung und mit gleichen Pflanz­ abständen auf der Fläche verteilt werden können. Damit das Ganze erfolgreich ist, werden die Stauden zuvor nach Funktio-

nen kategorisiert und in ausbalancierten Mengenanteilen in einer Pflanzliste zusammengestellt. In der Regel werden die Mischungen danach mindestens fünf Jahre getestet und auf ihre Verwendungsmöglichkeiten optimiert. Ziel dieser Methode ist es, dem Planer pflegeextensive, getes­ tete und reproduzierbare Pflanzmodule mit Rezeptcharakter vor allem für Problem­ standorte in der Stadt zur Verfügung zu stellen. Die Zusammensetzung aus überwiegend stresstoleranten Arten garantiert nach der Einwachsphase das Überleben der Pflanzung auch ohne zusätzliche Bewässerung. Kennzeichnend für alle Varianten sind die exakte Orientierung am Standort und eine ausgeprägte jahreszeitliche sowie langfristige Entwicklungsdynamik. Inzwischen gibt es gut 30 über mindestens fünf Jahre optimierte Mischungen für unterschiedliche Anwendungsgebiete von sonnigen, trockenen oder bodenfrischen Freiflächen über Gehölzränder bis hin zu schattigen Flächen im Gehölzbereich. Neben der an den Standort angepassten Staudenzusammensetzung und der Substratwahl ist die Pflege der entscheidende Faktor für das langfristige Fortbestehen Garten + Landschaft

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Panoramastraße statt grüner Tunnel Die Autobahn A42 durch das Ruhrgebiet soll zur Parkautobahn des Emscher Landschaftsparks werden. Ausblicke in die industriell geprägte Landschaft und ein nachhaltiger Vegetationsaufbau entlang der Fahrbahn setzen aber nicht nur neue Pflegekonzepte voraus. In einem langfristig angelegten Prozess wird Neues erprobt und über die Arbeit in Netzwerken die Pflege gesichert.

Mit der Kulturhauptstadt RUHR.2010 wurde die Autobahn 42 von Kamp-Lintfort bis Dortmund als „Parkautobahn“ eingeführt. Neben der Emscherkunst, dem Kulturkanal und der B1-A40 gehört die Parkautobahn A42 zu den zentralen Landschaftsprojekten der Kulturhauptstadt RUHR.2010. Mit neuen Pflegekonzepten soll die Infrastruktur besser in den Emscher Landschaftspark integriert werden. In einem langfristig angelegten Prozess wird den an der Pflege beteiligten Institutionen und Akteuren das Leitbild der Parkautobahn vermittelt. Das soll sicherstellen, dass diese über die kommenden 20 Jahre die Pflege ästhetisch und funktional entsprechend dem Leitbild um-

setzen. Die Idee, die A42 zur Parkautobahn des Emscher Landschaftsparks zu entwickeln, hatten unsere Büros foundation 5+ landschaftsarchitekten aus Kassel und die Planergruppe GmbH Oberhausen im Rahmen der Masterplanung 2010 für den Emscher Landschaftspark. Ausgangspunkt des Konzepts war die zentrale geografische Lage der Autobahn im neuen Emschertal sowie ihre funktionale und ästhetische Bedeutung für den Emscher Landschaftspark. Von jeder der 22 Anschlussstellen gelangt man unmittelbar in den Park, kann dort sein Fahrzeug abstellen und zu Fuß oder mit dem Rad die Industrielandschaft erkunden. Gleichzeitig ist die Autobahn neben

dem Rhein-Herne-Kanal, der Emscher und den zahlreichen Halden eines der großen Landschaftsbauwerke der Region. Auf der A42 durchquert man in nur einer Stunde den industriell geprägten Emscher Landschaftspark und erfährt die Dimension des Regionalparks – der Heimat von fünf Millionen Menschen. Um die Autobahn als Element des Emscher Landschaftsparks zu sehen, muss sie als landschaftsarchitektonisches Objekt betrachtet werden. Uns geht es weder um die Sichtweise der Verkehrsplaner, noch die der Landschaftsplaner oder Naturschützer, nicht um Verkehrszahlen oder den wieder gut zu machenden Landschafts­schaden. Wir schätzen die

INDEED/Simon Bierwald

Hans-Peter Rohler, Harald Fritz

Der rote Stufenturm von Hartwig Kompa entstand zur Kulturhauptstadt Ruhr.2010. Durch Landschaftsfenster ist er nun auch von der Autobahn aus sichtbar.

An allen 22 Anschlussstellen der Parkautobahn A42 kann man sein Auto abstellen. Zu Fuß oder mit dem Rad erkundet sich der Emscher Landschaftspark noch besser. Grafik: arndt + seelig Kommunikationsdesign, Pedder Bo

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Anforderungen an ein leistungsfähiges Freiflächenmanagement

Gepflegte Freiflächen sind die Visitenkarte von Wohungsunter­ nehmen. Deshalb ist ein transpa­ rentes und vernetztes Freiflächen­ management sehr wichtig.

Mit einem leistungsfähigen Freiflächenmanagement lässt sich öffentliches wie privates Grün Schlagmann Baustoffwerke GmbH & Co. KG

professionell bewirtschaften. Abläufe beim Bau und der Pflege werden transparent dargestellt, die Qualität der Freiflächen steigt, die Kosten sinken. Voraussetzung ist allerdings eine gute Datengrundlage.

Detlev Emkes

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und optimierte Abläufe und Schnittstellen im gesamten Lebenszyklus einer Freifläche, von der Planung über den Bau, die Nut­ zung, Pflege und Unterhalt bis hin zum Rückbau. Flächenmanagement nicht standardisierbar Als Landschaftsarchitekt, der sich seit vielen Jahren mit dem Freiflächenmanagement beschäftigt, steht für mich fest, dass es ein leistungsfähiges, vorkonfektioniertes Frei­ flächenmanagement von der Stange nicht geben wird. Dazu sind die individuellen Ansprüche und die Ausgangs­lagen zu unter­ schiedlich. Auch wenn sich bestimmte Fakto­ ren wiederholen, ergeben sich daraus keine Automatismen für ein standardisiertes Frei­ flächenmanagement. Andererseits ist es durchaus erstrebenswert, Kennwerte wie Kosten pro Quadratmeter, Zeitbedarf und Nutzungszeiten, Regel­werke und Standards, systematisierte Handlungsabläufe und ent­ sprechende Datengrundlagen als vorkonfektionierte Bau­steine zu entwickeln. Aber das Freiflächen­management wird erheblich durch den Faktor Individualität beeinflusst und ist deshalb immer eine Einzellösung, die sich im Idealfall aus

beispielsweise ein Freiflächenkataster, das anschließend mit der Freiflächenpflege oder der Verkehrssicherungspflicht ver­ knüpft wird. Teilaspekte lassen sich so rasch umsetzen. Der Faktor Kosten ist nicht nur im Zusammenhang mit der Einführung eines Freiflächenmanagements von beson­ derer Bedeutung. Kostenzusammenhänge unter anderem in Bezug auf Materialaus­

erprobten und angepassten Modulen zusam­ mensetzen und weiterentwickeln lässt. Die angespannte Finanzsituation von Kom­ munen und Wohnungsunternehmen als Träger der meisten Freiflächen und ein seit Jahren rückläufiges und in der Regel unzu­ reichendes Budget für deren Unterhalt erschweren es, ein Freiflächenmanagement einzuführen. Ziel ist deshalb die Abkehr von spontanen Strategien wie „Sparen um jeden Preis“ mit unterm Strich erheblichem Wertverlust, hin zu einer langfristig und werteorientierten Handlungsweise. Die Einführung eines Freiflächenmanagements kostet Geld, etwa für Ausstattung, Daten­ grundlagen, Personal und Bestandsent­ wicklung. Erst danach lässt sich Geld sparen. Ein modul­arer Aufbau, der den Einstieg in ein Freiflächenmanagement prinzipiell an verschiedenen Stellen ohne nennenswerten Wirkungsverlust im Rah­ men einer anschließenden Weiterentwick­ lung vorsieht, erleichtert den Umstieg erheblich. Ein sinnvolles Ein­ stiegsmodul ist

wahl und Folgekosten, Pflegestandards, Erscheinungsbild, Vermietbarkeit, Hand­ lungsabläufe und Personalbedarf darzu­ stellen und zu optimieren sind zentrale Elemente des Frei­flächenmanagements. Weiterer zentraler Faktor ist die Sicherheit. Das gilt nicht nur für die Handlungsabläu­ fe, sondern auch für die Umsetzung der Verkehrssicherungspflicht. Auch lässt sich der Faktor „gefühlte Sicherheit“ in Wohn­ quartieren innerhalb eines Freiflächen­ managements verbessern. Anders als etwa die Objektplanung, die in der Regel einen temporären und oft wenig vernetzten Planungsansatz verfolgt, ist die Planung für ein

Freiflächenmanagement dauerhaft und ver­ netzend ausgelegt. Je früher die Planung beginnt und je kontinuierlicher der Planungs­ prozess angelegt ist, desto wirksamer lassen sich kosten- und sicherheitsrelevante Fakto­ ren beeinflussen. Deshalb können nur jene Personen ein leistungsfähiges Freiflächen­ management ent­wickeln, die sowohl fach­ liche Belange als auch Kostenbelange einbringen. Bausteine eines guten Freiflächenmanagements sind:

Pug50, Flickr.com

Freiflächenmanagement ist weder in der grünen Branche noch für Eigentümer und Nutzer von Freiflächen ein umfassend ein­ geführter Begriff mit klaren Inhalten und Zielen. Das ist bei einer neuen, sich erst ent­ wickelnden Aufgabe nicht überraschend. Künftig muss sich dies aber ändern, wenn das Potential einer ganz­­heit­lichen und am Lebenszyklus einer Frei­fläche orientierten Arbeitsweise vollständig genutzt werden soll. Die nachfolgenden Ausführungen zum Frei­flächenmanagement sind einer­ seits als Anforderungsprofil zu verstehen und zu bewerten, andererseits sollen sie das Interesse möglichst vieler Personen mit Bezug zur Freifläche wecken, Freiflächen ganzheitlich und mit vernetzten Prozessen zu bewirtschaften und zu entwickeln. Freiflächenmanagement bedeutet zeitge­ mäße Freiflächenbewirtschaftung. Anders als bisher werden dabei Aufgaben rund um die Freiflächen nicht mehr unvernetzt, intransparent und unvollständig geplant realisiert, sondern aufgrund zunehmender Bedeutung der Freiflächen für die Nutzer (Visitenkarte Wohnumfeld) und Eigen­ tümer (Kosten, Alleinstellungsmerkmal gegenüber Konkurrenten) als optimierte Managementaufgabe erledigt. Ein leis­ tungsfähiges Freiflächenmanagement ermöglicht transparente, sichere

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Am 3. November findet an der Hochschule Wädenswil in der Schweiz die Fachtagung „Lebenszykluskosten von Grünräumen“ statt. Programm: www.iunr.zhaw.ch/freiraummanagement

Jana Neumann (2)

Mit der Software GreenCycle lassen sich Pflegekosten reduzieren. Die Visualisierungen von Jana Neumann zeigen einen Entwurf vor (links) und nach der Optimierung.

Werterhaltende Investitionen statt Kostendruck Wissenschaftler der Hochschule Wädenswil haben zusammen mit einem Beratungsunternehmen und einem Datenbankentwickler eine Software entwickelt, mit der sich die Kosten einzelner Freiraumelemente über den gesamten Lebenszyklus kalkulieren lassen. Profitieren können von der Software sowohl Landschaftsarchitekten als auch Kommunen.

Florian Brack Im Hoch- und Tiefbau ist schon bei der Planung und beim Bau klar, welchen Aufwand die technisch anspruchsvollen Konstruk­ tionen verursachen und mit welcher Lebensdauer dabei zu rechnen ist. Welcher Landschaftsarchitekt aber weiß, was der von ihm geplante Freiraum im Jahr 2030 kostet? Sind die notwendigen Ressourcen vorhanden, um die geplante Anlage in Zukunft fach- und nutzergerecht zu pflegen? Mit dem Lebenszyklus von Grünanlagen und dessen Kosten setzt man sich kaum auseinander, betrachtet werden lediglich die Baukosten. Dabei sind Freiräume kein fertiges Endprodukt wie ein Gebäude; die Gestaltung ist lediglich Basis für einen sich entwickelnden 30

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Raum, ein Eingriff mit Auswirkungen für die nächsten 10 bis 50 Jahre, manchmal sogar länger. Die Investitionskosten betragen in der Regel nur etwa 15 Prozent der gesamten Lebenszykluskosten. Doch gerade die Unterhaltsbudgets der Kommunen werden gekürzt und der Kostendruck steigt, was eine langfristig positive Entwicklung von Frei­ räumen gefährdet und zur Folge hat, dass Investitionen an Wert verlieren und die Ausgaben über einen längeren Zeitraum sehr viel höher ausfallen. Allzu oft mussten Neuanlagen in der Vergangenheit nach wenigen Jahren zurückgebaut oder angepasst werden, weil der Pflegeaufwand personell und finanziell nicht zu bewältigen war.

Gleichzeitig fordern die Menschen eine Stadtentwicklung, die sich am Leitbild der Nachhaltigkeit orientiert. Zudem wächst das öffent­liche Bewusstsein zur Bedeutung innerstädtischer Freiräume. Gefragt sind Bewirtschaftungssysteme, die wirtschaftlich und nachhaltig zugleich sind. Finanzielle Auswirkungen müssen zwingend schon in der Planungsphase objektiv beurteilt werden können. Denn zu Beginn der Planung wird der Grundstein für die späteren Folgekosten gesetzt, der sich nach der Herstellung nur geringfügig ändern lässt. Der Planer steht in der Pflicht, neben den Baukosten auch den Erhalt beziehungsweise das Erreichen seines Entwurfs mit einzukalkulieren.

Greencycle lässt sich sowohl während der Planungs- und Bauphase einsetzen als auch beim Unterhalt von Frei­flächen. ZHAW

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