Die Malerzeitschrift 08/2017
Wissen wie’s geht – wissen was kommt IM BRENNPUNKT
LANDLUST
DAS PROBLEM DER BETRIEBE
Farbige Fassaden
Bei Kunden beliebt, aber nicht ganz frei von Problemen Mappe
Technik Untergrundvorbereitung am Boden
Risiken vermeiden durch sorgfältige Prüfungen und Vorarbeiten
Marketing
So machen Sie Ihren Betrieb zur Marke
Was man von den Großen wie Apple, Coca Cola und Google lernen kann
Trends
& Chancen Lebensbegleitendes Lernen
Weiterbildung ist in Zeiten knapper Fachkräfte klarer Wettbewerbsvorteil
INHALT // AUSGABE 08/2017
10
IM BRENNPUNKT
Landlust
24
30
Trockenbau
Moderne Trocken-
bautechnik ermöglicht eine Vielfalt an Systemen für den variablen Innenausbau
34
Meldungen Panorama
IM BRENNPUNKT // 10
Land lust frust
Beinahe magnetisch ziehen Städte und Ballungsräume die Menschen an, vor allem junge Leute. Als logische Konsequenz der Abwanderung verweisen ländliche Regionen zunehmend, Gebäude verfallen und Infrastrukturen sind mangelhaft. In unserem Beitrag informieren wir über die Auswirkungen, die die Landflucht für Gesellschaft und Wirtschaft hat.
4 • MAPPE 08/17
Zur Ausführung von Boden-
beschichtungen gehören Untergrundprüfungen und sorgfältige Vorarbeiten
Schleiftechnik
Die richtige Ausstattung schafft die beste Voraussetzung für perfekte Oberflächen
AKTUELL // 06 64
Technik
KUNDENAUFTRAG // 22
Positionierung
5 Tipps für den Weg zum Markenbetrieb
24
Technik // Untergründe
30
Trockenbau
34 38 41
Untergrundvorbereitung am Boden Trockenbau perfekt ausführen
Schleiftechnik
Ohne Risiken und Nebenwirkung
Kalkausblühungen
Da blüht Ihnen was
Elektronische Rechnungen Kosten sparen, Prozesse optimieren
41
Elektronische Rechnungen Die digitale Variante optimiert den Workzum Archivieren
52
Trends und Chancen
Lebensbegleitendes Lernen ist notwendig, um Fachkräfte zu entwickeln und zu binden
TRENDS UND CHANCEN // 52
Trends erkennen // Bildung
58
Chancen nutzen // Bildung
Neugierig bleiben
Weiterbildung bringt weiter
RUBRIKEN // 03 04 18 20 21 46 51 66
Editorial Inhalt Dialog // MALER DES JAHRES Shortlist Dialog // MALER DES JAHRES Die Preisverleihung Impressum Schaufenster // Materialien und Produkte Malerquellen Vorschau // Heft 09/2017
DIE MAPPE IM INTERNET //
Fotos: Cherries/Fotolia, Sage, Bernd Ducke/Mappe, spql/Fotolia, Festool, Knauf. Covermotiv: Mappe
flow vom Erstellen bis
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IM BRENNPUNKT //
LANDFLUCHT
Insbesondere junge Menschen wandern ab in die Städte, zum Studium und zur Arbeit
Landlust GESELLSCHAFT Das Leben auf dem Land wird in Trendzeitschriften und anderen Medien oft romantisch verklärt dargestellt, doch in vielen ländlichen Regionen sieht die Realität ganz anders aus. Viele junge Menschen wandern ab, es wird weniger Nachwuchs geboren als Alte versterben. Gebäude stehen leer und die Infrastruktur ist mangelhaft. Lesen Sie, welche Auswirkungen das für Gesellschaft und Wirtschaft hat. 10 • MAPPE 08/17
IM BRENNPUNKT //
LANDFLUCHT
ENTWICKLUNG DER MOBILITÄT
Ein unzureichendes Fachkräfteangebot in
Anteil derjenigen 20 – 35-Jährigen, die für einen Ausbildungsplatz umziehen würden
der Region kann nicht nur dazu führen,
Die Mobilität und somit die Abwanderungsbereitschaft ist groß unter den befragten 20-
die vorhandenen Unternehmen sogar dazu
bis 35-Jährigen: Mehr als die Hälfte sind bereit wegen eines Arbeitsplatzes innerhalb
gezwungen, bestimmte Betriebsstrukturen
ganz Deutschland umzuziehen
auszulagern oder die Region ganz zu ver-
dass sich weniger Unternehmen dort niederlassen. Im ungünstigsten Fall sehen sich
lassen.« Es besteht ganz klar Handlungsbe-
Innerhalb meiner Stadt
In meinem Landkreis
darf, das heißt, ländliche Regionen müssen für Zuwanderer attraktiver werden. Den Vorstellungen des Moro-Berichts zufolge
62 %
In meinem Bundesland
54 %
Innerhalb Deutschlands
49 %
Innerhalb Europas
werden die ländlichen Regionen zuneh-
42 %
Quelle: Spiegel / statista
74 %
Anteil der Befragten
78 %
Weltweit
mend auf den Zuzug von Fachkräften und jungen Menschen von außen angewiesen sein, um Personalengpässe in ihren Unternehmen zu verhindern. Daneben müssten sich die ländlichen Regionen attraktiv für Zuwanderer aus dem Ausland aufstellen und zusammen mit ihren Bürgern eine Willkommens- und Anerkennungskultur schaffen. Ansätze wie die »Internationale Ausbil-
Wie werden ländliche Regionen attraktiver? Reiner Klingholz zufolge
im ländlichen Raum« ist zu lesen: »In einigen
dungsinitiative des Fachkräftenetzwerks
ländlichen Regionen ist ein Fachkräfteeng-
Ems-Achse, bei dem 50 bis 60 Spanier/in-
gibt es viele Möglichkeiten: »Mitfahrgele-
pass in bestimmten Branchen tatsächlich
nen für eine duale Ausbildung gewonnen
genheiten oder Bürgerbusse können das
längst schon Realität, sei es in den ansäs-
werden konnten, könnten hierbei als Vor-
klassische Nahverkehrsangebot ergänzen,
sigen mittelständischen Unternehmen, bei
bild fungieren. Ferner verweist der Moro-
Zahnärzte können mit mobilen Praxen äl-
den örtlichen Handwerksbetrieben oder
Bericht auf Fachkräftenetzwerke bzw. -initi-
tere Menschen aufsuchen und betreute Se-
den sozialen Diensten. Kann dieser Bedarf
ativen, welche es in einigen Regionen gibt,
nioren-Wohngemeinschaften oder Kinder-
nicht gedeckt werden, so drohen diese länd-
die damit auf die Fachkräfteproblematik re-
gärten müssen von manchen Regelungen
lichen Gebiete ins Hintertreffen zu geraten.
agieren.
befreit werden. Nur wenn das Leben auf dem Land einfacher wird, kann es auch at-
Touristisch attraktive Regionen sind bei älteren Menschen als Alterswohnsitz beliebt
traktiver werden.« Schnelles Internet für Dienstleister und Home-Office seien wichtige Maßnahmen, die aber auch nicht reichen, wenn keine Arbeit vorhanden ist. Förderungen müssten gezielt eingesetzt werden, meint Klingholz. Bürgermeister sollten versuchen, Einwohner zum Mitgestalten zu motivieren. Die Menschen müssen sich wohlfühlen und aktiv sein. Wichtig seien Vereine, Neugründungen durch Bürger wie Dorfläden, kleine Schulen, aber auch Bürgerenergiegenossenschaften, die eine regenerative Energieversorgung forcieren. Der Umstieg auf neue Energien biete große Chancen, sodient wird, in der Region bleibt.
Fachkräftesicherung im ländlichen Raum Im Resümee des Moro-Berichts »Sicherung des Fachkräfteangebots
16 • MAPPE 08/17
Foto: bmstock/Fotolia
dass auch mehr von dem Geld, das damit ver-
5 Tipps KUNDENAUFTRAG // MARKETING
für den Weg zum Markenbetrieb POSTIONIERUNG Apple, Google und Coca-Cola sind derzeit ‒ in dieser Reihenfolge ‒
die wertvollsten Marken der Welt. Auf Platz 9 der globalen Liste steht Mercedes-Benz. Wer es wie diese vier Musterschüler hinbekommen hat, sich einen Ruf wie Donnerhall zuzulegen, macht sich einzigartig und verkauft sich allein aufgrund seines Markenimages deutlich besser. Was kann man als Handwerksbetrieb von diesen Großen lernen?
Tipp 1
Tipp 2
Eine Marke ist immer einzigartig Welche großen Marken fallen Ihnen spontan ein? Denken Sie kurz
Eine Marke ist immer sichtbar und bis ins Detail konsequent Man ist nicht deshalb eine Marke, weil man dauerhaft ein be-
nach. Und sicher werden Sie gleich bemerken: Große Mar-
stimmtes Logo verwendet. Marke meint weit mehr als nur ein Markenzei-
ken sind stets prägnant. Sie ragen aus der Vergleichbarkeit
chen. Prägend für Marke ist, dass sie einen klaren Ansatz verfolgt und
heraus. Sie bleiben im Gedächtnis. Das liegt einerseits an
eine Botschaft formuliert. Dabei kann man an ganz unterschiedlichen
ihrem Logo. Es ist wiedererkennbar. Es wird immer durch-
Stellen ansetzen. Um nur einige zu nennen: Liegt die Einzigartigkeit des
gängig eingesetzt. Es hat eine alles andere als zufällige
Betriebs in einer bestimmten Eigenschaft der Unternehmerpersönlich-
Farbe und Form, die den Kern der Unternehmens- und sei-
keit? In einem neuen Service? Oder vielleicht in der regionalen Verbun-
ner Produktideen repräsentieren. Dann ist da noch etwas
denheit des Betriebs? Es gilt in jedem Fall, einen einzigartig klaren Stand-
anderes. Jede große Marke bietet seinen Kunden eine
punkt zu entwickeln und in dieser Hinsicht ein Qualitätsversprechen
emotionale Komponente an. Jede große Marke erzählt Ge-
abzugeben, auf den sich der Kunde verlassen kann.
schichten. Darüber entsteht die entscheidende emotio-
Zum Markenprozess gehört, diese Botschaften kommunikativ zu
nale Verbindung zum Kunden. Er identifiziert sich fortan
übersetzen und sie mit stimmigen Mitteln sichtbar zu machen. Jeder
mit der Marke und den Produkten. Das Produkt ist auf ein-
muss auf einen Blick erkennen können, wofür der Betrieb steht. Ausreißer
mal nicht mehr beliebig, sondern einzigartig. Genau diese
sind nicht erlaubt: Von der Webseite über die Mitarbeiterkleidung bis hin
Einzigartigkeit kann auch in Handwerksleistungen ste-
zum Verhalten beim Kunden muss alles zwingend die Erwartung erfüllen,
cken. Der Betrieb muss sie nur herausarbeiten und schlüs-
die man mit der eigenen Marke weckt. Oder würden Sie ein zweites Mal
sig in Markengestalt vermitteln.
in ein angesagtes teures Lokal gehen, in dem kein Hauptgericht unter 40 Euro zu haben ist, die Bedienung aber ungepflegt daherkommt? Sicher
Matthias Eigel Kaleidoskop Marketing-Service
nicht. Denn wenn ein Detail wie eine schmuddelige Schürze weder den Anspruch noch das Preisniveau des Markenbilds widerspiegelt, hat dieses Restaurant schon verloren.
»Marke ist zuallererst eine Haltung. Wer sich das traut, wird an allen Fronten erfolgreicher und zufriedener sein.« 22 • MAPPE 08/17
DAS LIEBEN IHRE KUNDEN
Das gute Gefühl Gibt es die Chance, dass Kunden zu einem Marken-Handwerksbetrieb genauso viel Zuneigung entwickeln wie zu ihrer bevorzugten Auto-, Handy- oder Turnschuh-Marke? Natürlich – aus diesen Gründen: Wo Produkte und Leitungen vergleichbar sind, greift der Kunde am liebsten zu
dem, was sein Lebensgefühl am besten trifft. Damit fühlt er sich wohler, sicher und kann sich identifizieren.
Eine Marke beinhaltet immer das Versprechen einer bestimmten Qualität. Ist
diese Qualität dem Kunden wichtig, ist er beim richtigen Dienstleister angekommen und kann sich zukünftig langwieriges Suchen sparen.
Wer sich eine anerkannte Markenleistung leisten kann, gewinnt Status. Für
viele Menschen ist das nicht ganz unwichtig!
Tipp 4 Eine Marke ist nicht für alle Apropos Kunden: Wer sich als Marke positioniert, sich glasklar und spitz auf ein bestimmtes Markenversprechen ausrichtet, pflegt einen ganz anderen Blick auf seine Käufer oder Auftraggeber als ein Nicht-Markenbetrieb. Ein Nicht-Markenbetrieb möchte am liebsten alle bedienen: Privatkunden, Gewerbekunden, öffentliche Bauherrn ‒ vom kleinteiligen Anstrich bis zur umfassenden Sanierung. Keiner soll verprellt werden. Ein Markenbetrieb denkt ganz anders, muss völlig anders denken. Denn ‒ siehe oben ‒ keine Marke kann Schlagkraft entwickeln ohne eindeutig formulierte Einzigartigkeit und ein konkretes Markenversprechen. Automatisch wird man mit solch einer klaren Botschaft niemals alle Menschen erreichen können. Doch für diejenigen, die man als Markenbetrieb bewusst in den Mittelpunkt stellt, wird man eine enorme Anziehungskraft entwickeln. Nehmen wir noch mal Apple als Beispiel. Ja, es gibt die Leute, die sich niemals ein Gerät zulegen würden, das mit »i« beginnt. Doch diejenigen, die jede Innovation aus Apfelhausen frenetisch feiern und käuflich erwerben, reichen dem Branchenprimus mehr als aus. Zudem darf vermutet werden, dass es den Verantwortlichen von Apple deutlich mehr Spaß macht, Produkte für Menschen zu entwickeln, mit denen sie auf einer Werte-Wellenlänge liegen. Der Mut, auf einige Kunden zugunsten einer klar umrissenen, treuen, begeisterungsfähigen Kundengruppe zu verzichten, könnte sich also lohnen. Gerade im Handwerksbereich.
Tipp 5
Eine Marke macht SinnSchon nach den ersten zwei
Eine Marke braucht Geduld Gehen Sie mit Geduld und Konsequenz an Ih-
Tipps riechen Sie, dass reichlich Arbeit in einer Markenent-
re Markentwicklung. Am Anfang stehen drei wesentliche Dinge. Lernen Sie Ihre
wicklung steckt. Und Sie fragen sich, warum Sie sich das
Stärken kennen und formulieren Sie sie. Entwerfen Sie daraus eine griffige Vor-
antun sollten? Ganz einfach: Es macht Sinn und Ihnen das
stellung von Ihrem Betrieb ‒ was er tut, wie er es tut. Richten Sie sich auf die Kun-
Leben langfristig leichter und schöner. Denn eine Marke
den aus, die Sie wirklich bedienen wollen.
stellt natürlich eine stärkere Verbindung zum Kunden her
Der anschließende Markenprozess ist natürlich nicht in wenigen Wochen er-
als eine No-Name-Leistung. Durch die emotionale Quali-
ledigt. Essenziell sind im weiteren Vorgehen die Formulierung der Markenpositi-
tät, die einer Marke innewohnt, lässt sich eine wirkungs-
onierung und die Umsetzung aller Kommunikationsmittel, die diese schlüssig
volle Abgrenzung zum Wettbewerb realisieren. Ein Mar-
und durchgängig sichtbar machen. Die emotionale Aufladung Ihrer Marke z. B.
kenprodukt oder eine Markenleistung wird grundsätzlich
durch Geschichten, die Sie auf Ihrer Webseite oder sozialen Medien erzählen,
als wertvoller und den anderen überlegen empfunden. Ei-
muss laufend erfolgen. Besonders attraktiv wird Ihre Marke übrigens werden,
ne Marke schafft einen Vertrauensbonus. Und falls Pres-
wenn Sie nicht nur eine Botschaft, sondern Sie eine starke Intention antreibt, die
tige eine Rolle bei Ihrer Markenaussage hat ‒ dann kommt
im ersten Moment ziemlich weit weg von den harten Fakten Ihrer Leistungen an-
das dem Geltungsbedürfnis von Kunden entgegen, die
gesiedelt ist. Auch hier lassen wir zur Verdeutlichung noch einmal zwei ganz
sich von dem Besonderen motiviert fühlen.
Große gegeneinander antreten. Bill Gates, Microsoft-Gründer, war von der Inten-
Die positiven Ergebnisse sind vielfältig: Unter einer
tion angetrieben, dass eines Tages in jedem Haushalt ein PC stehen solle. Eine
glaubwürdigen Marke kann der Handwerksmeister die Ar-
eher sachliche Motivation, die aber durchaus auch erfolgsgekrönt war. Ganz an-
beiten, die er am liebsten macht, zu besseren Preisen an
ders als Steve Jobs. Ihn interessierte vor allem das Design, das alles bislang Gese-
die Kunden verkaufen, mit denen er am liebsten arbeitet.
hene über den Haufen werfen sollte. Wie wichtig ihm das war und dass er darin die Stärke sah, gegen Dauerkonkurrenten Gates zu punkten, zeigt dieses Zitat: »Das einzige Problem mit Microsoft ist, dass sie keinen Geschmack haben.«
MAPPE 08/17 • 23
Fotos: IMAGO (1), Mappe
Tipp 3
KUNDENAUFTRAG // BAUSYSTEME
Trockenbau perfekt ausführen TROCKENBAU Moderne Trockenbautechnik bietet eine Vielfalt an Systemen für den variablen Innenausbau. Die verschiedenen Gipsplatten, Art der Fugenverspachtelung und die weitere Bearbeitung ermöglichen jede gewünschte Oberflächenqualität. 30 • MAPPE 08/17
KUNDENAUFTRAG // BAUSYSTEME
Q1 Q1 Q1 Q1
Verspachtelungsaufbau bei Gipsplatten mit abgeflachter Längskante (AK)
Verspachtelungsaufbau bei Gipsplatten mit Schnitt-Fase-Kante (SFK)
Verspachtelungsaufbau für Platten mit voller Längskante (VK), aber auch für SK- und AFK-Formate
Verspachtelungsaufbau bei scharfkantig geschnittener (SK) und halbrunder Längskante (HRK) + Mischkanten
Je nach optischer Anforderung gelten unterschiedliche Qualitätsstufen für Oberflächen im Trockenbau. Um die objektseitig geforderte Qualitätsstufe zu erreichen, müssen vom Verarbeiter bestimmte Spachtelschichten aufgetragen und bearbeitet werden. Während für das Erzielen der Qualitätsstufe Q1 der Arbeitsaufwand überschaubar ist, verlangt die Stufe Q4 eine zweilagige Verspachtelung nach Q2 sowie ein vollflächiges Überziehen und Glätten der gesamten Oberfläche mit einer Schichtdicke von mindestens 1 mm sowie darauf abgestimmte Schleifarbeiten
auf der Baustelle häufiger vorkommenden
größtmöglicher Risssicherheit zu erzielen,
Welche Spachtelmasse passt? Als
Mischfugen, die beim Einpassen von Zu-
wurde z. B. von Knauf eine vierseitig abge-
Spachtelmassen werden alle Materialien be-
schnittstücken entstehen, ist stets ein Be-
flachte Kante-Platte entwickelt. Durch einen
zeichnet, die in einer Schichtdicke von maxi-
wehrungsstreifen zu verwenden. Mischfugen
zusätzlichen werkseitigen Bearbeitungspro-
mal 0 bis 3 mm auf Gipsplatten oder Ze-
sind Fugen, die aus zwei verschiedenen Kan-
zess sind auch die beiden Schnittkanten der
mentbauplatten aufgebracht werden.
tenausbildungen bestehen. In Verbindung
Platte auf der kurzen Seite mit einer abge-
Materialien für höhere Schichtdicken sind
mit der ständig zunehmenden Anforderung,
flachten Kante versehen. Das erleichtert den
Dünnputze. Spachtelmassen gibt es in vie-
hochwertige Oberflächenqualitäten bei
versenkten Einbau der Fugendeckstreifen.
len Zusammensetzungen mit unterschied-
OBERFLÄCHENQUALITÄTEN UND GEEIGNETE BESCHICHTUNGEN Die Übersicht zeigt die Zuordnung von Oberflächen zu den verschiedenen Qualitätsstufen und ihr Einsatzgebiet für Beschichtungsstoffe. Als Verarbeiter benötigen Sie vom Auftraggeber bzw. Architekten Informationen über die vor Ort geforderten Qualitätsstufen, um Ihr Angebot entsprechend zu kalkulieren und die Arbeiten gemäß den Vorgaben auszuführen. Melden Sie rechtzeitig Bedenken an, wenn Abweichungen an Untergründen Änderungen der Ausführungsart erfordern, um die jeweils beauftragte Qualitätsstufe zu erreichen.
Q1 Geeignet für Flächen, die mit Bekleidungen und Belägen aus Fliesen und Platten versehen oder dickschichtig verputzt werden
Q2
Q3
Q4
Geeignet für Mittel und grob strukturierte Wandbekleidungen Matte, füllende und grob strukturierte Anstriche/ Beschichtungen Oberputze mit Korngröße > 1 mm
Geeignet für Feinstrukturierte Wandbekleidungen Matte, fein strukturierte Anstriche/Beschichtungen Oberputze mit Korngröße < 1 mm
Geeignet für Glatte oder strukturierte Wandbekleidungen mit Glanz, z. B. Metall- oder Vinyltapeten Lasuren oder Anstriche/Beschichtungen bis zu mittlerem Glanz Stuccolustro oder andere hochwertige Glätte-Techniken
Abzeichnungen – insbesondere bei Streiflicht – sind nicht auszuschließen.
Abzeichnungen – insbesondere bei Streiflicht – sind nicht völlig auszuschließen.
Soweit Lichteinwirkungen (z. B. Streiflicht) das Erscheinungsbild der fertigen Oberfläche beeinflussen können, werden unerwünschte Effekte (z. B. Schattierungen, minimale Markierungen) weitgehend vermieden.
Für Oberflächen, an die keine optischen (dekorativen) Anforderungen gestellt werden.
Für übliche optische Anforderungen an Wand- und Deckenflächen.
Für erhöhte optische Anforderungen an die gespachtelte Oberfläche.
Für höchste optische Anforderungen.
Herstellung Füllen der Fugen Überziehen der sichtbaren Teile der Befestigungsmittel
Herstellung Qualitätsstufe (Q1) Nachspachteln (Feinspachtel) bis zum Erreichen eines stufenlosen Übergangs zur Plattenoberfläche
Herstellung Qualitätsstufe (Q2) Breites Ausspachteln der Fugen sowie scharfes Abziehen der restlichen Kartonoberfläche zum Porenverschluss mit Spachtelmaterial
Herstellung Qualitätsstufe (Q2) Vollflächiges Überspachteln mit mind. 1 mm Schichtdicke
32 • MAPPE 08/17
Fotos und Grafiken: Knauf Gips KG
Verspachtelungsaufbau bei halbrunden (HRK) bzw. halbrunden, abgeflachten Längskanten (HRAK)
KUNDENAUFTRAG // FASSADE
Da blüht Ihnen was
!
AUSGEWÄHLTE PRODUKTE ZUM THEMA:
FASSADE FINDEN SIE AB SEITE 46 IM SCHAUFENSTER
KALKAUSBLÜHUNGEN Auf frisch verputzten und gestrichenen Fassaden treten immer wieder weiße Verfärbungen auf. Diese Kalkausblühungen stören vor allem bei den derzeit so beliebten intensiven Farbtönen das homogene Aussehen der Fassade, weil sie dort besonders sichtbar sind. Daher sind sie oft Anlass für Reklamationen des Kunden. Der Beitrag klärt über die Ursachen der Kalkausblühungen auf und wie Sie unnötigen Ärger vermeiden können.
W
enn sich kurze Zeit nach der
hier die Ablagerungen nicht so sehr störend
Fertigstellung einer verputzten
ab. Die Kalkausblühungen in Form von Fle-
und gestrichenen monolithi-
cken und Verfärbungen sind größtenteils un-
schen oder wärmegedämmten Fassade stö-
regelmäßig über die Fläche verteilt und be-
rende weißgraue Verfärbungen abzeichnen,
einträchtigen je nach Intensität mehr oder
dürften sich weder der Kunde noch der Maler
weniger stark das optische Erscheinungsbild.
Darstellung der Kalkausblühungen mittels eines Baustellenmikroskops
freuen. Verantwortlich für diese Kalkausblühungen sind meist mineralische Oberputze,
Was sagt das Regelwerk? Das op-
und Streifen sein. Ist der Wunsch des Auf-
die mit einer stark farbigen Fassadenbe-
tische Erscheinungsbild einer Fassade muss
traggebers eine einheitliche und homogene
schichtung versehen wurden. Zwar treten
entsprechend der Art des Beschichtungs-
Oberfläche, dann stellen störende Flecken
die Kalkausblühungen auch bei hellen Be-
stoffs und des angewendeten Beschich-
und Verfärbungen einen Mangel in der Wer-
schichtungen auf, allerdings zeichnen sich
tungsverfahrens gleichmäßig ohne Ansätze
kleistung dar. Je intensiver farbig und dunkel der Farbton der Beschichtung gewählt wurde, desto deutlicher kann der Mangel sichtbar sein. Ungeachtet der Kalkausblühungsproblematik kommt der Faktor »Aufheizung« hinzu. Denn bei solchen dunklen Farbtönen muss man beachten, dass die Fassade aufgrund der zu erwartenden sehr hohen Aufheizung regelmäßig besonderen Belastungen ausgesetzt ist. Diese gilt es im Vorfeld zu bedenken. Aus diesem Grund raten Fachleute und die technischen Regelwerke, bei der Auswahl von Beschichtungen mit einem Hellbezugswert von ≦ 20 explizit auf die Eignung für das entsprechende Objekt zu achten,
Nicht schön und können für den Kunden Anlass für eine Reklamation sein: unregelmäßig auftretende Kalkausblühungen auf farbigen Fassaden
den Beschichtungsstoffhersteller anzusprechen und ihn mit ins Boot holen. Je nach Situation vor Ort sollte man in Betracht ziehen, Bedenken anzumelden, um im Schadensfall auf der sicheren Seite zu sein.
38 • MAPPE 08/17
KUNDENAUFTRAG // FASSADE dort durch Aufnahme von CO2 aus der Luft zu wasserunlöslichem Kalkstein (Calciumcarbonat). Kalkausblühungen lassen sich ‒ im Vergleich zu anderen theoretisch denkbaren Ausblühungen ‒ dadurch identifizieren, dass sie zunächst positiv auf einen Salzsäuretest reagieren. Das bedeutet, dass nach dem Aufträufeln von 2-3 Tropfen Salzsäure ein deutliches Aufbrausen derselben zu erkennen ist. Frische Kalkausblühungen erkennt man auch daran, dass der pH-Wert über 9 liegt, was mit Indikatorpapier leicht zu prüfen ist. Durch die Carbonatisierung bei der CO2-Aufnahme verlieren Kalkausblühungen ihre hohe Alkalität, je älter sie werden. Bei der Beseitigung von partiell auftretenden Kalkausblühungen hat es sich in der Praxis bewährt, die betroffenen Oberflächen zunächst mechanisch zu reinigen, indem sie abgebürstet werden. Bei älteren, weitgehend carbonatisierten und somit nahezu wasserunlöslichen Kalkausblühungen kann der Ein-
Kalkausblühungen im Bereich von dickeren Putzschichten, welche augenscheinlich zum Zeitpunkt der Beschichtung noch zu feucht waren
satz von klarem Wasser in Verbindung mit
teile in den Untergrund nur in sehr geringem
tionen der Beschichtung nicht oder nur un-
der abrasiven und scheuernden Wirkung ei-
Maß zu erwarten. Rückstände können bei
wesentlich beeinträchtigt wurden. Folglich
ner Wurzelbürste den Reinigungserfolg deut-
Bedarf zusätzlich mittels eines Fluats neutra-
kann die gereinigte Fassade, unter Einhal-
lich verbessern. Durch die sehr geringe Was-
lisiert werden. Nach der Untergrundvorberei-
tung einer entsprechenden Trocknungszeit,
serlöslichkeit der carbonatisierten Kalkaus-
tung steht ein in der Regel intakter Beschich-
erneut beschichtet werden. Obwohl es sich
blühungen ist bei der Reinigung mit Wasser
tungsuntergrund zur Verfügung, da durch
um einen intakten, einheitlichen und kaum
ein erneutes Abwandern der Kalkbestand-
die Ausblühungen die technischen Funk-
saugfähigen Beschichtungsuntergrund handelt, hat sich bei Kalkausblühungen ein zwei-
TROCKNUNG VON PUTZEN
facher Beschichtungsauftrag bewährt. Ein
Einflussfaktoren auf die Trocknungsdauer
Grundanstrich ist aufgrund der Homogenität
Die Angaben der Hersteller zur Trocknungs-
schlechter Belüftung, verminderter Saugfä-
lerdings verringert er das Risiko von erneuten
zeit von Putzen und Beschichtungsstoffen
higkeit des Untergrunds und hohen Schicht-
Verfärbungen. Bei der Auswahl der Überho-
orientieren sich immer an Standardwerten,
dicken auf. Im Außenbereich trifft man häu-
lungsbeschichtung ist darauf zu achten, dass
festgelegt im Normenwerk und den tech-
fig auf die Kombination »Niedrige Tempera-
speziell bei Wärmedämm-Verbundsystemen
nischen Regeln. Oft ist eine Temperatur von
tur + hohe Luftfeuchtigkeit«. Gerade die ho-
die Beschichtung eine sehr gute Wasser-
20 °C und eine Luftfeuchtigkeit von 65 % als
he Luftfeuchtigkeit, der Wasserdampfgehalt
dampfdiffusionsfähigkeit aufweisen muss. In
Basis vorgegeben. Das erleichtert einen Ver-
der Luft, wird oft unterschätzt. Bei 0 °C kann
diesem Zusammenhang wurde im BFS-Merk-
gleich des Trocknungsverhaltens unter-
die Luft maximal 4,8 g Wasser pro m3 auf-
blatt 21 in der Ausgabe vom Mai 2012 die
schiedlicher Werkstoffe und Beschichtungs-
nehmen, bei 30 °C dagegen 30,3 g/m3. Gesät-
diffusionsäquivalente Luftschichtdicke für
stoffe. Die Realität auf der Baustelle wird
tigt feuchte Luft empfindet man als unange-
Überholungsbeschichtungen begrenzt, um
aber nur in seltenen Fällen den Normwerten
nehm feucht. Kondensiert Wasserdampf in
feuchtigkeitsbedingte Schäden zu vermei-
entsprechen. Für gleichmäßige und nach-
Form feiner Tropfen zu Nebel, ist die Luft zu
den. So soll die diffusionsäquivalente Luft-
vollziehbare Trocknungsbedingungen
100 % mit Feuchtigkeit gesättigt. Eine Trock-
schichtdicke von Überholungsbeschich-
müsste die Baustelle klimatisiert sein, was
nung von Putzen und Beschichtungen durch
in der Praxis selten vorkommt.
Abgabe von Wasserdampf ist nicht mehr
von ≦ 0,5 m und für Mineralwolle-WDVS
möglich. Diese Faktoren sind für die Trock-
einem sd-Wert von ≦ 0,25 m aufweisen.
nungsdauer entscheidend. Die Nichtbeach-
trockneten Putz aufgetragen wird. Trock-
tung dieser physikalischen Regeln führt in
nungsverzögerungen treten vor allem bei
vielen Fällen zu unnötigen Mängeln und Re-
niedrigen Temperaturen, hoher Luftfeuchte,
klamationsfällen.
40 • MAPPE 08/17
grunds zwar nicht zwingend erforderlich, al-
tungen für Polystyrol-WDVS einem sd-Wert
Walter Felder Fotos: Walter Felder
Kalkausblühungen entstehen oft, wenn eine Beschichtung auf einen noch nicht ge-
und der geringen Saugfähigkeit des Unter-
Der Autor ist ö.b.u.v. Sachverständiger für das Maler- und Lackiererhandwerk und Technischer Berater beim Landesinnungsverband des Malerund Lackiererhandwerks Berlin-Brandenburg.
BUCHFÜHRUNG // KUNDENAUFTRAG
E-Rechnung
E-Rechnungen können Arbeitsabläufe vereinfachen und Prozesse im Rechnungswesen rationalisieren
ELEKTRONISCHE RECHNUNGEN sparen nicht nur Porto-, Druck- und Papierkosten: Sie können auch Arbeitsprozesse optimieren. Das Erstellen, Versenden und Archivieren von E-Rechnungen ist einfacher geworden, doch gerade deshalb sollte man auf Details achten.
D
ie Digitalisierung von Prozessen ist
in den Briefkasten. Die Gründe sind vielfäl-
Steuervereinfachungsgesetz 2011, mit dem
in vielen Handwerksbetrieben
tig. Teilweise herrscht noch die Meinung
die EU-Richtlinie Richtlinie 2010/45/EU um-
schon weit fortgeschritten. Ange-
vor, Rechnungen digital auszugeben, zu ver-
gesetzt wurde). Das bedeutet unter ande-
bote, Aufmaße, Arbeitszeiten oder Rech-
senden und zu archivieren sei zu kompli-
rem, dass eine qualifizierte Signatur beim
nungen werden digital erstellt oder erfasst
ziert. Das war früher tatsächlich so, weil On-
elektronischen Rechnungsversand zwar wei-
und verarbeitet. Nach wie vor häufig per
line-Rechnungen zwingend eine elek-
terhin möglich, aber keine Pflicht mehr ist.
gelber Post versandt werden dagegen Pa-
tronische Signatur aufweisen mussten,
pierrechnungen. Umfragen zufolge drucken
sonst waren sie nicht vorsteuerabzugsfähig.
Vorteile von E-Rechnungen Elektro-
fast drei Viertel aller mittelständischen Un-
Bereits seit dem 1. Juli 2011 sind allerdings
nische Rechnungen (E-Rechnungen) sind
ternehmen ihre Rechnungen immer noch
elektronische Rechnungen und klassische
Rechnungen, die auf elektronischem Weg
aus und stecken sie erst ins Kuvert und dann
Papierrechnungen gleichgestellt (gemäß
erstellt, übermittelt und empfangen wer-
MAPPE 08/17 • 41
Foto: Sage
Kosten sparen, Prozesse optimieren
KUNDENAUFTRAG // BUCHFÜHRUNG
Versenden Sie Ihre Rechnungen elektronisch?
Buchhaltungssystem-Wechsel mit einem geeigneten Programm lesbar sein müssen. Bewährt hat sich dabei das PDF/A-Format,
4%
das ist eine ISO-genormte Variante des PDFFormats zur Langzeitarchivierung digitaler Dokumente. Auch bei der Digitalisierung und anschließenden Archivierung von Papierrechnungen sind besondere Vorgaben zu beachten: So können eingehende Papier-
71 %
rechnungen nur unter bestimmten Voraus-
25 %
setzungen digitalisiert (gescannt) und aufbewahrt werden. Das Verfahren zur Digitalisierung und Aufbewahrung von Papierrechnungen muss ferner den Grundsätzen zur ordnungsmäßigen Führung und Aufbewahrung von Büchern, Aufzeichnungen und Unterlagen in elektronischer Form sowie zum Datenzugriff (GoBD) entsprechen und damit elektronisch unveränderbar und dauerhaft les- und auswertbar sein sowie für Steuerbehörden revisionssi-
Quelle: Sage
cher archiviert werden. Nur wenn diese Vo-
Ja, alle Teilweise Nein
raussetzungen erfüllt sind, dürfen Papierdo-
Trotz aller Vorteile haben E-Rechnungen noch mit Akzeptanzproblemen zu kämpfen
kumente nach dem Einscannen vernichtet werden, um eine doppelte Datenhaltung zu vermeiden. Allerdings gilt dies nur für Rechnungen, die nicht im Original aufzubewah-
Langzeitarchivierung geeignet ist und da-
chanismen, Hard- und Softwaresysteme
ren sind. Ferner sollte man den Scanvorgang
mit eine GoBD-konforme (siehe Mappe
voraus. Elektronische Rechnungen müssen
reglementieren: Wer ist für das Scannen ver-
06/2017) Archivierung von Rechnungen er-
als digitale Original-Dokumente unverän-
antwortlich, was wird wann gescannt und
möglicht. Zum anderen erfüllt es die Krite-
dert elektronisch aufbewahrt werden ‒ ein
nach welchen Qualitätsstandards?
rien der maschinellen Auswertbarkeit, kann
Ausdruck genügt nicht. Dient eine dazuge-
damit Arbeitsabläufe vereinfachen und mit-
hörige E-Mail lediglich als Transportmedi-
tel- bis langfristig tatsächlich zu einem
um, muss sie nicht mit archiviert werden.
Ein Zugpferd, wenn alle mitziehen Elektronische Rechnungen sparen
»Zugpferd« der digitalen Buchhaltung wer-
Die Lesbarkeit der E-Rechnung muss über
nicht nur Porto-, Druck- und Papierkosten,
den. Allerdings setzt dies voraus, dass alle
den gesamten Aufbewahrungszeitraum ge-
sie können auch Arbeitsprozesse optimie-
relevanten Funktionen und Programme in
währleistet sein. Das bedeutet, dass E-Rech-
ren. Trotz vieler Vorteile stoßen E-Rech-
der Prozesskette (Rechnungsprüfung, Bu-
nungen auch nach zehnjähriger Aufbewah-
nungen jedoch noch immer auf Akzeptanz-
chung und Überweisung usw.) dieses Da-
rungsfrist oder beispielsweise nach einem
probleme. Nicht jeder will elektronische
tenformat verarbeiten können. Auf folgenden Webseiten gibt es Informationen zu Anbietern ZUGFeRD-kompatibler Software (ohne Anspruch auf Vollständigkeit, die Angaben beruhen auf Anbieter-Informationen): www.ferd-net.de, Rubrik ZUGFeRD, ZUGFeRD-Anbieter.
Archivierung von E-Rechnungen Aus umsatzsteuerrechtlichen Gründen sind mindestens zehn Jahre unveränderbar aufzubewahren. Unveränderbar bedeutet, dass jederzeit auf den Originalzustand geschlossen werden kann. Das setzt jedoch ineinander greifende Arbeitsabläufe, Kontrollme-
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Foto: Dorian Kreicic
sowohl digitale als auch Papierrechnungen
Derzeit unterstützt nur ein kleiner Teil von ERP-Branchenprogrammen den ZUGFeRD-Standard
TRENDS ERKENNEN // BILDUNG
Neugierig bleiben
LEBENSLANG LERNEN Arbeitnehmer können sich nur durch lebenslanges oder besser »Lebensbegleitendes« Lernen dauerhaft am Markt behaupten, sagen Experten. Tatsache ist, dass Berufstätige immer flexibler werden müssen, denn die Märkte verändern sich im globalen Kontext rasant. Arbeitgeber tun gut daran, sich selbst weiterzubilden und die berufliche Weiterbildung ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu fördern, um Fachkräfte zu entwickeln und zu binden. 52 • MAPPE 08/17
Foto: VadimGuzhva/Fotolia
Beim lebensbegleitenden Lernen gibt es keine Altersgrenzen, entscheidend ist die Motivation
J
eder, der aufhört zu lernen, ist alt ‒ mag er 20 oder 80 Jahre zählen. Jeder, der weiterlernt, ist jung ‒ mag er 20 oder 80 Jahre zählen.« Dieser Spruch von Henry
Chefs sind weitergebildeter
Ford (1863‒1947) ist ein schöner Ansporn zu Lebensbeglei-
So sieht die betriebliche Weiterbildungslandschaft bezogen auf die teilneh-
tendem Lernen. Lernen ist ein weiter Begriff, oft ist es einem
menden Personengruppen aus. Den größten Teil stellten Führungskräfte in
gar nicht bewusst, dass man wieder etwas Neues gelernt
der Altersgruppe der 25–34-Jährigen
hat, wie beim »informellen Lernen«, das eine natürliche Begleiterscheinung des täglichen Lebens ist. Es wird oft gar nicht als Erweiterung des Wissens und von Fähigkeiten wahrgenommen, weil es quasi »nebenher« passiert. Weiter-
Un-/Angelernte
Fachkräfte
37 %
Führungskräfte
58 %
69 %
bildung wird in unserer hochtechnisierten Wirtschaft vor allem im Sinn von »formellem Lernen« immer wichtiger. Die Märkte und somit die Anforderungen an die werktätige Be-
54 %
völkerung verändern sich in noch nie dagewesener Ge-
44 %
schwindigkeit, ein Ergebnis der Globalisierung. Im Klartext heißt das, dass Arbeitende immer flexibler werden und bleiben müssen. Neben der Globalisierung ist die demografische Entwicklung mit der Folge der Überalterung und dem
im Alter von …
25 – 34 Jahren
53 % 35 – 44 Jahren
18 – 24 Jahren
49 % 45 – 54 Jahren
41 % 55 – 64 Jahren
Fachkräftemangel eine große Herausforderung für Unternehmen, bei der Bildung der Schlüssel zum Erfolg ist.
Leben fürs Lernen Bildung ist ein Menschen- und Grundrecht, das von der UN-Menschenrechtskommission
Quelle: BMBF 2015, Hans-Böckler-Stiftung
überwacht wird. Darauf fußt auch das Konzept des »Lebensbegleitenden Lernens«, das erstmalig 1962 als »lifelong edu-
dungen, Umschulungen und Fortbildungen. Den Voraussa-
cation« in Dokumenten internationaler Organisationen auf-
gen des Zukunftsinstituts in Frankfurt/Main zufolge erreicht
tauchte. »Lebensbegleitendes Lernen« ist ein Konzept, das
die Entwicklung eine neue Dimension: »Aus Neuem Lernen
Menschen befähigen soll, während ihrer gesamten Lebens-
wird das Prinzip der Wissenskultur. Im Umbruch von der In-
spanne zu lernen. Lebensbegleitendes Lernen setzt wesent-
dustrie- zur Wissensgesellschaft wird Bildung zu einer Kul-
lich auf die Selbst- und Informationskompetenz des Einzel-
turfrage, die die ganze Gesellschaft betrifft. Am Megatrend
nen und hat Aufnahme in viele bildungspolitische Pro-
Wissenskultur entscheidet sich die Zukunftsfähigkeit von In-
gramme, konservative wie progressive, gefunden, be-
dividuen, Unternehmen und ganzen Volkswirtschaften. Wis-
schreibt Wikipedia.
sen bleibt Macht, aber in Zukunft können immer mehr Men-
Die Europäische Kommission veröffentlichte im Jahr
schen Zugang zu dieser Macht haben. Digitalisierung von
2000 ein Memorandum, in welchem steht: »In den Schluss-
Wissen und Bildung sind Treiber dafür«, meinen die Forscher
folgerungen des Europäischen Rats von Lissabon wird be-
des Zukunftsinstituts. Zum Life-Long-Learning konstatiert
kräftigt, dass der erfolgreiche Übergang zur wissensbasier-
das Zukunftsinstitut: »Das Arbeitsumfeld wandelt sich stetig,
ten Wirtschaft und Gesellschaft mit einer Orientierung zum
Arbeitnehmer müssen sich an neue Herausforderungen an-
lebenslangen Lernen einhergehen muss.« Dr. Rolf Arnold,
passen. Die absolvierten Ausbildungen reichen nicht aus ‒
Professor für Pädagogik an der TU Kaiserlautern und Dr.
man muss sich permanent weiterbilden.«
Matthias Rohs, Juniorprofessor für Erwachsenenbildung ebenda, schreiben in ihrem Artikel »Von der Lernform zur
Jeder zweite macht eine Weiterbildung Bei der
Lebensform«: »Bildung bezeichnet keine Phasen des begin-
Weiterbildung wird zwischen den drei Teilbereichen der be-
nenden bzw. sich vorbereitenden Lebens, Bildung wird viel-
trieblichen Weiterbildung, der individuellen beruflichen
mehr selbst zur umgreifenden Kategorie: Wir lernen nicht mehr für das Leben, sondern leben auch für
Prof. Dr. Friedrich Hubert Esser Präsident des Bundesinstituts für Berufsbildung (BIBB), Bonn
das Lernen, im lebenslangen Lernen wird das Lernen zur Lebensform.«
Lebensbegleitendes Lernen ist ein Megatrend, der seit vielen Jahrzehnten ander Notwendigkeit speist, brachliegende Ressourcen bei dringend benötigten Fachkräften zu entwickeln, durch Weiterbil-
Foto: BIBB
dauert und sich aktuell insbesondere aus
»Lebensbegleitendes Lernen mit zukunftsorientierten, qualitativ hochwertigen Weiterbildungswegen muss selbstverständlicher Bestandteil individueller Erwerbsbiografien werden.« MAPPE 08/17 • 53
CHANCEN NUTZEN // BILDUNG
g n u d l i b r e t i We r e t i e w bringt LEBENSLANGES LERNEN Weiterbildung lohnt sich mehrfach, auch um bestehen-
de Mitarbeiter besser zu qualifizieren, zu motivieren und an den Betrieb zu binden und um neue Mitarbeiter zu gewinnen. Lesen Sie, was Sinn macht. In unserer Umfrage unter Mappe Erfa-Betrieben erfahren Sie, wie Kollegen mit dem Thema »Lebensbegleitendes Lernen« umgehen.
W
eiterbildung muss sich lohnen.
für die Zukunft fit macht, und zum anderen
nahmen der Weiterbildung und der
Das tut sie, ist Prof. Dr. Simone
attraktiver für potenzielle Arbeitnehmer
Förderung von Beschäftigten.
Kauffeld von der TU Braun-
wird.« Personalentwicklung muss daher ei-
schweig überzeugt. Die Wissenschaftlerin
ner planmäßigen, zielorientierten Qualifizie-
schreibt in ihrem Buch »Nachhaltige Perso-
rung und Kompetenzförderung der Mitar-
Viele Betriebe in Deutschland engagieren sich für die Weiterbildung ih-
nalentwicklung und Weiterbildung«, dass
beiter folgen, bei der es auch darum geht,
rer Belegschaft. Das zeigt die im August
mit der steigenden Konkurrenz um hoch
welchen Weg das Unternehmen einschla-
2016 veröffentlichte DIHK-Umfrage »Weiter-
qualifizierte Bewerber eine umfassende be-
gen will. Personalentwicklung ist ein konti-
bildung 2016«, die auf rund 11.000 Unter-
triebliche Weiterbildung die Attraktivität
nuierlicher Prozess mit dem Ziel, das Leis-
nehmensantworten beruht. 47 Prozent der
eines Unternehmens zusätzlich erhöhe.
tungs- und Lernpotenzial der Beschäftigten
Befragten gaben bei der Erhebung an, für
»Der Arbeitgeber profitiert von einer Weiter-
zu erkennen, zu erhalten sowie aufgaben-
intern organisierte Weiterbildungen eine
bildung, weil er so zum einen seine Fach-
und entwicklungsbezogen zu fördern. Inso-
Freistellung von der regulären Arbeitszeit zu
kräfte auf dem Stand der Technik hält und
fern umfasst Personalentwicklung alle Maß-
gewähren und die Kosten zu übernehmen.
58 • MAPPE 08/17
zeit. Sie kann nicht kurzfristig entworfen und
Weiterbildung braucht neben Motivation auch Zeit. Eine Investition, die sich für Mitarbeiter und Unternehmen auszahlt
umgesetzt werden und muss deshalb im Zusammenhang mit anderen Unternehmensplanungen wie z. B. Absatzplanung, Produktplanung, Investitionsplanung ent-
INFO
Wann macht berufliche Weiterbildung Sinn?
wickelt werden. Dies trifft in besonderem
In der Veröffentlichung »Berufliche Weiter-
Maß zu, wenn der langfristige Bedarf gesi-
bildung im Betrieb« des Bundesbildungs-
chert werden soll«, klärt die Informations-
ministeriums finden sich zahlreiche Check-
broschüre »Fachkräftewegweiser Bayern für
listen, Instrumente und Formulare zur be-
Mittelständische Unternehmen und Hand-
trieblichen Weiterbildung. Sie decken alle
werk in Bayern« auf. Deshalb ist es für Unter-
Phasen des betrieblichen Weiterbildungs-
nehmer notwendig, Konzepte zu etablieren,
managements ab: die innerbetriebliche
die Weiterbildungsplanung und Arbeitszeit-
Qualifizierungsbedarfsanalyse, die Umset-
gestaltung in Betrieben verknüpfen.
zung der Weiterbildung, die Auswahl exter-
Flexible Arbeitszeitregelungen für Fortbildung Zeitguthaben auf Ar-
ner Anbieter, die Evaluation und die Kostenkontrolle. Abschließend werden auch Stichpunktlisten für die Gestaltung von Be-
beitszeitkonten, die kurzfristig genutzt wer-
triebsvereinbarungen mit Blick auf Weiter-
den können, eignen sich auch als Bildungs-
bildungen zur Verfügung gestellt. Die Ar-
zeitkonten. Die Hans-Böckler-Stiftung
beitsinstrumente sind so aufbereitet, dass
berichtet von Bildungszeitkonten in einem
sie als Kopiervorlage unmittelbar zum Ein-
Betrieb des Kfz-Handwerks, die in vielen
satz kommen können. Das PDF zum Down-
Handwerksbetrieben so oder ähnlich eta-
load unter www.bmbf.de/pub/Toolbox_
bliert werden könnten. Dort wurde auf der
Berufliche_Weiterbildung_im_Betrieb.pdf
Grundlage eines dort geltenden Weiterbil-
Foto: Cherries/Fotolia
dungstarifvertrags in einer Betriebsvereinbarung die Monatsarbeitszeit für Zwecke
eines jährlichen Personalgesprächs ent-
der Weiterbildung verlängert. Die Beschrei-
schieden: »Soweit ein Weiterbildungsbedarf
bung: »Die regelmäßige Arbeitszeit wird
besteht, ist der Beschäftigte berechtigt, Vor-
zum Zweck der Beteiligung aller Arbeitneh-
schläge zur konkreten Durchführung der
mer an den Weiterbildungsaufwendungen
Weiterbildung zu unterbreiten«, so die Ver-
um bis zu 2,5 Stunden pro Monat ausgewei-
einbarung.
tet.« Pro Anwesenheitstag erfolgte ein Zeitabzug von sieben Minuten auf der Basis ei-
Nachgefragt bei Unternehmern
ner fünf-Tage-Woche in Vollzeit, der am
Wie gehen Malerbetriebe mit dem Thema
Externe Maßnahmen unterstützen fast 30
Monatsende in das Zeitkonto eingestellt
»Lebensbegleitendem Lernen« um? Wir ha-
Prozent der Unternehmen; und knapp zwölf
wird. Über die Verwendung der ange-
ben unsere Mappe Erfa-Betriebsinhaber be-
Prozent berichten von Weiterbildungen, die
sammelten Zeitguthaben wird im Rahmen
fragt. Da gibt es den fast 77-jährigen Helmut
ihre Mitarbeiter eigeninitiativ und in der Regel aus rein privatem Interesse aufnehmen.
Weiterbildung kostet Zeit Unternehmen kostet die Weiterbildung von Mitarbeitern vor allem Zeit und ist somit ein wichtiger Kostenfaktor. In der Humankapitaltheorie gilt eine Bildungsinvestition dann als ökonomisch rational, wenn durch Bildung und Qualifikation Erträge erwirtschaftet werden, die die Investitionen übersteigen und zu einer messbaren Rendite führen. die aufgrund größerer Arbeitszufriedenheit, Effizienz und Effektivität durch höhere betriebliche Produktivität aufgewogen werden. Personalentwicklung braucht Vorlauf-
Foto: Mappe
»Personalentwicklung verursacht Kosten,
Die Mappe-Erfa-Gruppe: Der Erfahrungsaustausch mit Malerkollegen, Betiebsbesichtigungen und Impulsvorträge sind eine angenehme Form der Weiterbildung
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