Mappe Leseprobe 07 2014

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Die Malerzeitschrift 07/2014

Wissen wie’s geht – wissen was kommt  Mappe Technik

Designbeläge

Wir zeigen, wie Sie Designböden richtig verlegen und auf welche Besonderheiten Sie achten müssen

 Betonschutz

Spezialisten gesucht

Betonschutz ist lukrativ, aber anspruchsvoll. Diese Regeln und Anforderungen sollten Sie kennen

 Chancen

Gemeinsam zum Erfolg

Bauen Sie mit Mitarbeitern, Kunden und anderen Betrieben eine profitable Gemeinschaft auf

im Brennpunkt

Fassadengestaltung

WeiterBildung

In die zukunft investieren

Zwischen privatem Geschmack und öffentlicher Wirkung: Wo liegen die Grenzen der Farbgestaltung von Fassaden?


Inhalt // Ausgabe 07/2014

im Brennpunkt

08

28

In die Zukunft investieren – diese Möglichkeiten bietet die Weiterbildung

Erfahrungsbericht zeigt, wie Sie mit Professionalität an Aufträge kommen

34

43

Wir informieren darüber, wie Sie Wand- und Deckenflächen bequem und effizient schleifen können

Betonschutz

Die Betonsanierung ist ein höchst lukratives Geschäftsfeld mit vielen Regeln und Anforderungen

54

Wir zeigen, wie Sie Designbeläge verkleben und den Untergrund dafür vorbereiten

06 Meldungen 64 Panorama

im Brennpunkt //

Akquise, wie sie anders geht: Unser

Elektrowerkzeuge

Technik

Aktuell //

22

Werbung

08 In die Zukunft investieren Das Angebot zur Weiterbildung reizt Mitarbeiter oft mehr als Geld. Sie ist in Zeiten des Fachkräftemangels eine wichtiges Argument, um bei neuen Fachkräften zu punkten und die Guten im Betrieb zu halten. Geht die Rechnung auf? Wir haben uns umgehört.

Kundenauftrag //

Wahlgemeinschaften sind heute wichtiger denn je. Das sollten Sie für Ihren Betrieb nutzen

TRENDS UND CHANCEN //

22 Werbung

54 Trends erkennen // Gemeinschaft

26 Marketing

58

Eiskalt an Aufträge kommen Interview: Mit der Marktnische zum Erfolg

28 Technik // Designboden

Designbeläge verlegen und verkleben

Die uralte Sehnsucht

34 Betonschutz

38 Fassadengestaltung

43 Elektrowerkzeuge

46 Kreative Wandgestaltung

Spezialisten gesucht Farben mit Grenzen

Bequemer schleifen

Chancen nutzen // Gemeinschaft

weber.therm A 100 Premium-WDV-System mit AquaBalance-Putzen Überzeugen Sie Ihre Kunden mit den Vorteilen unserer mineralischen WDV-Systeme mit dem Blauen Engel. In Kombination mit den umweltschonenden AquaBalance-Putzen schützen sie Fassaden effektiv und dauerhaft vor Algen- und Pilzbewuchs – ohne Biozide. sg-weber.de/ gesund-daemmen

Gemeinsam für mehr Erfolg

Künstlerisch erfolgreich sein

4 • Mappe 07/14

Trends & Chancen

Fotos: Bernd Wipper/Karlsruhe, Flex, Herbol, Rainer Sturm/Pixelio, Schönox, william87/Fotolia Covermotiv: Th. Reinhardt/Pxelio

Mineralisch Nicht brennbar Ohne Biozide

Rubriken //

03 Editorial 04 Inhalt 18 Dialog // Lieblingsobjekt 20 Dialog // MALER DES JAHRES 48 Schaufenster // Materialien und Produkte 51 Spartipp 52 Malerquellen 57 Impressum 66 Vorschau // Heft 08/2014

* gilt für AquaBalance-Fassadenputze in den WDV-Systemen A 100 und A 200 ab einer Dämmstärke von 140 mm


Weiterbildung

Regelmäßige Weiterbildung bringt Ihre Mitarbeiter Stufe um Stufe nach oben und bindet Sie damit an den Betrieb

E

in der Gunst der Arbeitnehmer, vor allem der

Anteil der Befragten, die folgende Eigenschaften ihres Arbeitgebers als sehr wichtig oder unverzichtbar einschätzen

jungen Leute. Und die werden als Auszubil-

Für 63 % der Befragten sind Weiterbildungsmöglichkeiten am Arbeitsplatz sehr wichtig

dende oder Fachkräfte in Handwerksunter-

oder unverzichtbar.

s geht nicht immer nur ums Geld. Weiche Faktoren wie Arbeitsklima, fairer Umgang und die Möglichkeit

zur persönlichen Weiterentwicklung steigen

nehmen immer rarer und daher händeringend gesucht. Es lohnt sich also, sich für die Rekrutierung fitter Mitarbeiter etwas einfallen zu lassen. Und wenn man diese mit beruflicher und persönlicher Weiterbildung locken und ans Unternehmen binden kann, umso besser, denn davon profitieren die Betriebe ja auch. Arbeitgeber, die Weiterbildungsmöglichkeiten bieten, sind begehrt. Das zeigen die Ergebnisse der »DUW-Studie zur Mitarbeitermotivation: Motivieren, Binden, Weiterbilden« der Deutschen Universität für Weiterbildung: Von allen Befragten würde mehr als die Hälfte (54 %) einen neuen Arbeitgeber gezielt danach aussuchen. Für die Betriebe

Gutes Image in der Fachpresse

90 %

Gutes Betriebsklima

90 %

Gute Aufstiegs-, Karriere-, Entwicklungsmöglichkeiten

71 %

Gutes Gehaltsniveau

71 % 67 %

Ausgewogene Work-Life-Balance

63 %

Gute Weiterbildungsmöglichkeiten Arbeitsplatzsicherheit

60 %

Soziale Verantwortung

59 %

Gutes Image in der Öffentlichkeit

42 %

Attraktive Budgetverantwortung

42 %

geht es im Hinblick auf den Fachkräftemangel vor allem darum – neben ausländischen Fachkräften – drei Gruppen zu rekrutieren und gebenenfalls weiterzuqualifizieren: Jun-

In die

Zukunft investieren

 Mitarbeiter Das Angebot zur Weiterbildung reizt Mitarbeiter oft mehr als Geld.

Sie ist in Zeiten des Fachkräftemangels eine wichtiges Argument, um bei neuen Fachkräften zu punkten und die Guten im Betrieb zu halten. Geht die Rechnung auf? Wir haben uns umgehört. 8 • Mappe 07/14

ge Menschen, ältere Arbeitnehmer und

40 %

Attraktiver Standort

32 %

Führungsqualität der Vorgesetzten

Frauen als Fachkräfte. Internationales Arbeiten möglich

Jungen Menschen Wissen statt Geld anbieten Bei den jüngeren Er-

Feste, geregelte Arbeitszeiten

Quelle: Horizont/Statista 2014

im Brennpunkt //

23 % 21 %

werbstätigen, also in der für die Zukunft der Betriebe so wichtigen Altersgruppe der 25-

Wertschätzung von betrieblichen Qualifizie-

dass ein potenzieller Arbeitgeber über ein

bis 35-Jährigen, halten sogar 60 % der Be-

rungsprogrammen seitens der Mitarbeiter.

betriebliches Weiterbildungsprogramm ver-

fragten Weiterbildungsangebote für aus-

Auch bei einem Jobwechsel wird darauf ge-

fügt. Dabei gilt: Je höher der formale Bil-

schlaggebend bei der Entscheidung für ihren

achtet: Sieben von zehn Bundesbürgern zwi-

dungsgrad ist, desto mehr Wert legt eine Be-

Arbeitgeber. Zu ähnlichen Ergebnissen

schen 20 und 40 finden es besonders wichtig,

werberin bzw. ein Bewerber auf Weiterbil-

kommt eine Bevölkerungsumfrage, durchgeführt vom Marktforschungsinstitut forsa im Auftrag von ILS Professional – dem Firmenservice des Instituts für Lernsysteme (ILS), und der Euro-FH: Drei Viertel der Erwerbstäti-

Die Mehrheit junger Menschen entscheidet sich aufgrund von Weiterbildungsangeboten für einen Betrieb

gen zwischen 20 und 40 Jahren würden angesichts der Wirtschaftslage eine vom Arbeitgeber finanzierte Weiterbildung anstelle einer Gehaltserhöhung akzeptieren. Jeder Dritte würde dies sogar ohne weitere Bedingungen tun, jeder Fünfte würde darauf bestehen, sich die Qualifizierungsmaßnahme selbst aussuchen zu dürfen. Weitere 20 % der Befragten würden das Angebot annehmen, wenn sie dadurch die nötige Qualifikation für eine höhere Position erwerben können. Die forsa-Studie belegt insgesamt eine hohe

Mappe 07/14 • 9


Dialog // Maler Des Jahres

Einige der Gewinner feierten ihren Preis noch einmal groß mit Mitarbeitern und Kunden

Oskar

Besucht ein Kunde die Webseite eines der sechs MDJ-Gewinner aus dem Jahr 2013, so sieht er gleich: Dieser Maler kann was!

Ein kleiner für außergewöhnliche Maler JAHRES mitzumachen, das Ergebnis überzeugt alle: Das öffentliche Interesse und die positive Resonanz der Branche bringen Gewinner und Sponsoren zum Strahlen.

dividuelle Tapete gefertigt, die er in einem

kreativ, innovativ und modern das Maler-

che und Spezial-Arbeitsgebiet gewonnen

Spa-Bereich auf gekrümmte Flächen auf-

handwerk ist«, freut sich Matthias Heilig.

hat.

Die Preisverleihung findet im Rahmen

Malerbetriebe, übrigens auch aus dem

aber auch breite Auswirkungen auf die öf-

eines großen Galaabends statt, zu dem alle

Ausland, können sich bis noch zum 17. Sep-

fentliche Wahrnehmung der gesamten Bran-

Teilnehmer eingeladen sind. Bis dahin weiß

tember 2014 zum MALER DES JAHRES be-

che. »Wir möchten mit dem Preis außerge-

keiner außer der Jury aus Fachleuten, wer die

werben. Alle notwendigen Informationen

wöhnliche Leistungen im Malerhandwerk

Preise in den fünf Kategorien Marketing, Ge-

und die Ausschreibungsunterlagen finden

würdigen und auszeichnen. Damit können

staltungskonzept gewerblich/öffentlich, Ge-

Sie unter www.maler-des-jahres.de

Darum sind wir Sponsor von MALER DES JAHRES geworden: Werner Schwerdt,

Annika Windmöller,

fällt und auffällt. Und sie feierten ihren Preis

Die Aufmachung, die Kriterien und die Ver-

Director

menskommunikation

mit öffentlichkeitswirksamen Aktionen und

von sechs Preisträgern, die in verschie-

mit Berichten in der Lokalzeitung, im Radio

marktung des Wettbe-

onalität, Leidenschaft –

LER DES JAHRES, weil

denen Kategorien gekürt wurden. Der Preis

und anderen Medien und zeigten somit be-

werbs – initiiert von

das sind 3 Begriffe, die

wir es sehr positiv fin-

hat sich in den letzten beiden Jahren be-

stehenden Kunden und potenziellen Auf-

einem Verlag – hat uns

für MALER DES JAHRES

den, dass in einem sol-

währt und etabliert, immer mehr Betriebe

traggebern, dass ihr Betrieb in der vordersten

beeindruckt. Vor allem aber die eigentlich so

stehen. MALER DES JAHRES 2013 hat gezeigt,

chen Wettbewerb die be-

erkennen und schätzen die Möglichkeiten,

Liga mitspielt. Einige veranstalteten auch ei-

naheliegende Idee, einen Wettbewerb für

welche herausragenden Leistungen und

sten handwerklichen Leis-

die sich daraus für sie ergeben. So setzten

ne Feier mit ihren Mitarbeitern und Kunden.

den Maler oder Malerin ins Leben zu rufen.

neue Lösungen das Malerhandwerk hervor-

tungen der Malerbranche präsentiert und

Beindruckt hat uns auch der Mut des Call-

bringt. Die Ehrung der besten Leistungen in

vor einem breiten Publikum gewürdigt

wey-Verlags, ein neues Format auf den Weg

einer besonderen Atmosphäre setzt aus un-

werden. Auch bietet sich uns damit die

zu bringen. Wir begleiten MALER DES JAH-

serer Sicht neue Impulse für die gesamte

Möglichkeit, unsere noch junge Dachmarke

RES in den kommenden Jahren weiterhin, da

Branche. Wir möchten das Malerhandwerk

wineo®, die erst im Januar 2013 eingeführt

uns insbesondere die professionelle Aufma-

auch in Zukunft stärken und unterstützen

wurde, dem Malerhandwerk zu präsentie-

chung und die mediale Begleitung mit der

darum auch in diesem Jahr den Wettbe-

ren und die Zusammenarbeit mit ihm wei-

zielgerichteten Ansprache der Maler zusagt.

werb.

ter zu festigen.

schäftsunterlagen, auf den Betriebsfahrzeu-

Günter Wein aus Richtheim-Berg, der 2013

gen, der Gerüstplane und wo immer es ge-

freuen und ihren Freunden und Be-

die begehrte Auszeichnung in der Kategorie Gestaltungskonzept privat errang. Er ist einer

die Preisträger der Jahre 2012 und 2013 die

»Ich habe mir gedacht, das ist eine gute

Trophäe, eine Urkunde und das Siegel MA-

Geschichte, da kann man ganz vorn mitspie-

LER DES JAHRES werbewirksam für Ihren

len und dann habe ich eine Woche Gas gege-

Betrieb ein: auf der Webseite, den Ge-

ben, um die Bewerbung zu erstellen«, erläutert Thorsten Rosenberger aus Hürth, Maler des Jahres 2013. Mit seinem jungen Unter-

Stolz präsentiert das Team der Vander Vreken Malerwerkstätte seine Auszeichnung MALER DES JAHRES

nehmen Wandkult / Art Antico hat der kreative Malermeister aus einer Metallspachtel-

Leiterin Werbung

Fotos: Elke Rees, Anke Vander-Vreken, Baumit, Schönox, Wineo

LER DES JAHRES gekürt wurde«, strahlt

wenn sich die Kunden mit einem

20 • Mappe 07/14

staltungskonzept privat, innovative Oberflä-

Heike von Küstenfeld,

s ist einfach ein schönes Gefühl,

kannten berichten, dass ›ihr Maler‹ zum MA-

wir einer breiten Öffentlichkeit zeigen, wie

brachte. Der Preis MALER DES JAHRES hat

 ERFOLGE So unterschiedlich die Motive auch gewesen sein mögen, bei MALER DES

E

technik mit Glimmerzuschlag eine höchst in-

Sales & Marketing Ideenreichtum, Professi-

Leiterin Unterneh-

Wir unterstützen MA-

Mappe 07/14 • 21


Kundenauftrag // Fassadengestaltung

Farben

Wann verunstaltet ein Gebäude die Umgebung? Nach Meinung der Oldenburger Studenten wirken »Bauten oder Bauteile nach der Rechtsprechung verunstal-

Fortbildung

Farbplanung in Seminar und Studium

tet, wenn ihre Proportionen, Werkstoffe oder

Der Stuckateurverband Ausbau und Fassade (SAF) schult in einem Seminar zum

Farben so disharmonisch geraten sind, dass

»Gestalter für Farbe und Raum SAF« mit Diplom, bei dem die Teilnehmer in den Ab-

mit Grenzen

sie das ästhetische Empfinden des Betrachters

schlussarbeiten u.a. auch Farbleitpläne oder Fassadengestaltungen sowie Raumgestal-

verletzen. Die Verunstaltung, die § 53 NBauO

tungen erstellen.

verbieten will, resultiert in den weitaus mei-

Die Hochschule für Angewandte Wissenschaft und Kunst (HAWK) an der Fakultät Ge-

sten Fällen nicht aus misslungenem baukünst-

staltung in Hildesheim bietet die neu akkreditierten Studiengänge BA und MA Gestal-

lerischen Bemühungen, sondern aus man-

tung im Rahmen der Spezialisierung »Zukunftsforschung in der Gestaltung« mit

wiefern ist also die Farbgestaltung reine Privatsache und welche Verantwortung haben Planer und Maler? Wir zeichnen das Spannungsfeld auf und zeigen, wie die Verantwortlichen damit umgehen.

besondere dann, wenn es sich nicht in sie ein-

den, wenn es durch seine unmaßstäbliche

wirkt. Je schöner, wertvoller oder empfind-

fügt, sondern in einem ›belastenden‹, ›Unlust

Größe benachbarte Bauten sozusagen ›er-

licher die Umgebung ist, umso sorgfältiger

erregenden‹ Gegensatz zu ihr steht.

schlägt‹ oder wenn es von einer Auffälligkeit

und rücksichtsvoller sind die Bauwerke zu ge-

ist, die im Verhältnis zu seiner Bedeutung

stalten. Verunstaltet wirkt ein Bau aber auch

grob unangemessen ist und aufdringlich

in einer Umgebung, die schon weitgehend

 Farbgebung Eine Fassade ist immer auch öffentlich und wirkt in den Raum. In-

S

gelndem Interesse an der Gestaltung, schlich-

einem möglichen Schwerpunkt Farbmasterplanung an, der die in der Abhandlung

tem Streben nach Kostenersparnis, Bequem-

»Stadtfarben« diskutierten Themen behandeln wird.

lichkeit oder handwerklichem Unvermögen. Ein Bauwerk verunstaltet die Umgebung ins-

Das ist z. B. der Fall, wenn seine Farben einen hässlichen Kontrast zur Umgebung bil-

ollte einfach alles erlaubt sein, ist es

hierzu lauten: Ȥ 53 NBauO dient der Ver-

die Freiheit des Einzelnen an seinem

unstaltungsabwehr. Eine Verunstaltung ist

Haus, an seiner Fassade machen zu

ein hässlicher, das ästhetische Empfinden

können, was er will? Oder zählt nicht viel-

des Betrachters nicht bloß beeinträchti-

mehr das Gesamtbild, die Wirkung auf die

gender, sondern verletzender Zustand.

Gemeinschaft? Mit dieser Problematik be-

Maßgebend ist nach der Rechtsprechung

schäftigen sich Wissenschaftler, Planer und

das Empfinden jedes für ästhetische Eindrü-

die Farbenhersteller, aber auch Städte und

cke offenen Betrachters, also des so genann-

Gemeinden, die konkret davon betroffen

ten gebildeten Durchschnittsmenschen.«

sind. Dazu gibt es wissenschaftliche Ab-

Harmonische Farbgestaltungen wie in dieser Häuserzeile prägen das Stadtbild positiv

Dazu schrieb Gerrit Manssen in seiner

handlungen, die das Thema philosophisch-

Dissertation zur Erlangung des Doktorgra-

analytisch angehen und den gesellschaft-

des der Juristischen Fakultät der Universi-

lichen Zusammenhang in den Mittelpunkt

tät Regensburg bereits 1990: »Der gebil-

ihrer Betrachtungen stellen. Wann gefällt et-

dete Durchschnittsbetrachter ist nicht

was der breiten Masse und wann wird eine

mehr als der Repräsentant einer hinrei-

Fassadengestaltung zur Verunstaltung?

chend breiten Masse potentieller Betrachter, die durch den Anblick eines verunstal-

Verunstaltungsabwehr Interessant

tet wirkenden Gebäudes in hinreichend

sind die Interpretationen und Erläuterungen

qualifiziertem Maß betroffen, also ›verletzt‹

zur niedersächsischen Landesbauordnung

werden, oder in denen ›Unlust‹ erregt wird.

(NBauO), die Studierende der Niedersäch-

Käme es zu solchen Wirkungen nur bei we-

sischen Fachhochschule für Verwaltung und

nigen ›geschulten‹ Betrachtern, würde di-

Rechtspflege aus Oldenburg unter Prof.

es für eine eigentumsbeschränkende Re-

Heuer in einer Broschüre zusammengefasst

gelung nicht ausreichen.« Das hieße, wenn

haben, welche auch im Internet veröffentli-

sich nur wenige an einem knallgrün be-

cht ist. Grundsätzlich regeln ja die Landes-

schichteten Gebäude stören, dann reicht

bauordnungen das Bauen in den einzelnen

das nicht aus, um hier Vorschriften zu ma-

Bundesländern und somit auch die Fassa-

chen. Und wie steht es mit der im Grund-

dengestaltung. In der niedersächsichen Lan-

gesetz Art. 5 Abs. 3 verankerten Kunstfrei-

desbauordnung ist in § 53 NbauO veran-

heit? Hier argumentieren die Studenten,

kert, dass bauliche Anlagen das bestehende

dass daraus nicht gefolgert werden könne,

oder geplante Straßen-, Orts- oder Land-

dass der Urheber eines Baukunstwerks ei-

schaftsbild nicht verunstalten dürfen. Die

nen Rechtsanspruch auf Befreiung vom

Erläuterungen der Oldenburger Studenten

Verunstaltungsverbot habe.

38 • Mappe 07/14

Mappe 07/14 • 39


Trends erkennen // Gemeinschaft Zum Glück braucht der Mensch die Gemeinschaft – damals wie heute

telt im Stau oder hetzen von zu Hause zur

oder Vereinen organisiert. Sie leisten wahre

Arbeit und wieder zurück, um endlich vor

Beziehungsarbeit«, weiß der Soziologe Ste-

Facebook und Co entspannen zu können?

fan Hradil. Allerdings sind die Netzwerke von Singles bei großen Herausforderungen

Feste Beziehungen bleiben erhalten Die Bertelsmann-Studie »Kohäsionsra-

weniger verlässlich, als es die Bindungen

dar: Zusammenhalt messen. Gesellschaft-

Singles arrangieren sich aber sehr gut mit

licher Zusammenhalt in Deutschland – ein

ihrer Situation: Weniger als die Hälfte aller

erster Überblick« kommt zu dem Ergebnis,

Alleinlebenden sucht aktiv einen Lebens-

dass die Menschen in Deutschland gut in

gefährten. »Es schlagen zwei Seelen in der

Freundes- und Bekanntenkreise integriert

Brust der meisten Singles: Zum einen stre-

sind und in schwierigen Zeiten auf Hilfe von

ben sie nach Autonomie und Selbstver-

anderen zählen können. »Ein Zerfall sozialer

wirklichung, zum anderen verspüren sie

Netzwerke ist anhand vorhandener Daten

Sehnsucht nach Gemeinschaft und Sicher-

nicht festzustellen. (...) Weiterhin ist die

heit«, weiß Soziologe Hradil.

innerhalb einer Familie wären. Die meisten

Möglichkeit, soziale Unterstützung zu erfah-

Die Sehnsucht nach Gemeinschaft wächst Der Zukunftsforscher

ren, vom sozioökonomischen Status der Menschen abhängig«, stellt die Studie fest. Auch Singles verlernen es nicht, Gemein-

Die uralte

Sehnsucht

schaften zu bilden, im Gegenteil: »Singles

tersuchungen zum Wohlbefinden immer

haben nachweislich größere Netzwerke als

wieder zeigten, dass nichts für das eigene

Verheiratete. Sie haben mehr Freunde und

Glück wichtiger ist, als mit anderen in enger

Bekannte, sind öfter in Bürgerinitiativen

Verbindung zu stehen. Laut Werte-Index

Haushalte nach Zahl der Personen

Kreise bei den Single-Haushalten ganz vorn.

willigen Alleinseins, die mal genos-

den die Menschen immer älter und gerade

Der zweitplatzierte Stadtkreis Berlin folgt

sen, mal ertragen werden, aber als soziales

die älteren sind es, die allein leben. Aber vor

mit 54,3 %, weiter geht es mit den Stadtkrei-

Wesen sucht der Mensch immer wieder die

allem das veränderte Heiratsverhalten be-

sen Würzburg, München und Hamburg. Am

Gemeinschaft. Während bis vor wenigen

einflusst die Haushaltsgröße. Die Zahl der

niedrigsten ist der Single-Haushaltsanteil im

Jahrzehnten die Großfamilie das gängige ge-

Eheschließungen sank zwischen 1991 und

Landkreis Cloppenburg mit 23,1 %. Ebenso

sellschaftliche Modell des Zusammenlebens

2010 um rund 16 %, während die Zahl der

wie die Einpersonenhaushalte am häu-

war, wächst seit einiger Zeit die Zahl der Sin-

Scheidungen im selben Zeitraum um mehr

figsten in den Groß- oder Universitätsstäd-

gle-Haushalte in Deutschland – schwer-

als 37 % zunahm.

ten zu finden sind, ist der Anteil der Haus-

punktmäßig stärker in Großstädten. Lebten

halte mit Kindern in ländlichen Regionen oft

Singles in der Stadt, Familien auf dem Land Und wo wohnen aktuell die

besonders hoch. Sitzt also dann eine Viel-

desbürger allein, liegt der Anteil der Einpersonenhaushalte heute laut der Studie »GfK

meisten Singles? Wie in den Vorjahren liegt

und ebenso isoliert in ihren Büros? Stehen

Bevölkerungsstrukturdaten 2013« bei 40 %.

der Stadtkreis Regensburg mit einem Anteil

sie dazwischen isoliert und blech-umman-

1991 beispielsweise noch rund 34 % der Bun-

54 • Mappe 07/14

zahl der Singles isoliert in ihren Wohnungen

zieren, nimmt der Wert Gemeinschaft 2014 den 5. Platz auf der Rangliste der wichtigsten Werte ein. Die Forscher sind sich sicher: » Der Einzelne braucht keine Unterstüt-

selben Zeitraum an, bei drei und mehr Personen sind nur Rückgänge zu verzeichnen.

zung vom Staat für ein besseres Leben. Die

% 100

12,9

80 70

5,0 13,5

9,4

17,1 34,3

19,6

Haushalte mit 5 und mehr Personen Haushalte mit 4 Personen Haushalte mit 3 Personen Haushalte mit 2 Personen Einpersonenhaushalt

30,8

schaft vermisst wird. Wurde die traditionelle Dorfgemeinschaft noch durch die Geschichte zusammengehalten, verbindet die Gemeinschaft heute die Perspektive einer wünschenswerten Zukunft. Entscheidend wird, was verbindet: gemeinsame Werte, Ziele und Interessen. Wo Werte geteilt werden, entsteht Vertrauen.« Einen Strukturstudie: »Soziale Beziehungen sind demnach

27,1

heute stärker freiwillig und selbstgewählt, unverbindlicher und weniger dauerhaft. Beziehungen werden zunehmend unabhän-

40,4

30

gig vom Wohnort aufgebaut und betreffen

33,6

immer mehr nur bestimmte Lebensbereiche, die sich jeweils nicht überschnei-

25,1

den.«

Es sind also bewusst gewählte Gemeinschaften, Wahlgemeinschaften,

10 0

zung und den Beistand, der von der Gesell-

wandel konstatiert auch die Bertelsmann-

40

20

meinschaften vermitteln jene Unterstüt3,4

12,6

15,2

60 50

Gemeinschaft wird wichtiger denn je. Ge-

Deutschland

Westdeutschland

90

Quelle: Statistisches Bundesamt

E

rere Ursachen für diese Entwicklung. So wer-

cherche und Umfrage feststellen und publi-

terten bis zum Jahr 2011 auf rund 40 %. Auch die Zahl der Zweipersonenhaushalte stieg im

von 55,7 % im Vergleich der deutschen

Phasen des mehr oder weniger frei-

2014, den das Trendbüro von Prof. Peter

Einpersonenhaushalte nahmen zwischen 1970 und 1991 von rund 25 auf 33 % zu und klet-

Wasser und Nahrung. Neben der Familie werden aktuell Wahlgemeinschaften immer beliebter, ob in der Freizeit, in einem Chor, einer Walking-Gruppe oder in einem Gemeinschaftswohnprojekt. Das Statistische Bundesamt nennt meh-

Die Statistik zeigt die Anzahl der Haushalte in Deutschland nach Anzahl der Personen im Haushalt

Wippermann und TNS Infratest durch Re-

 Gesellschaft Für die meisten Menschen ist Gemeinschaft ebenso wichtig wie

s gibt im Leben jedes Menschen

Norbert Bolz führt an, dass empirische Un-

Mai 1970

April 1991

2011

die das soziale Netzwerk der Zukunft bestimmen. Menschen, die allein leben, suchen

Mappe 07/14 • 55


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