Restauro 2/2019

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ZEITSCHRIFT FÜR KONSERVIERUNG UND RESTAURIERUNG

NO 2 2019

Wissenschaft und Praxis Wie man in Japan heute mit der neuen Sukibame-Methode Papier konserviert FEIER FOKUS FINANZEN Tintoretto in der Grande Scuola Wie steht es um die Zwei Restauratorinnen wagten di San Rocco neu illuminiert Änderungen im Biozidgesetz? den Schritt in die Selbstständigkeit


INHALT

TITELTHEMA: PAPIERRESTAURIERUNG

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Wie man in Japan heute Papier restauriert Masaki Utsonomiya, Ph.D., von der Universität in Nara forschte in seiner Dissertation in Theorie und Praxis über die neue Sukibame-Technik

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Entscheidungsgrundlagen für Restaurierungsaufträge – sind sie ausreichend? Restauratorin Mag. dr hab. Patricia Engel und die Biotechnikerin Prof. Dr. Anne Nadolny entwickelten einen Fragenbogen

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Gundlagenwissen über Pilze Dr. Harald Riedl über die Morphologie und Physiologie von Pilzen

Mikrofotografie eingefärbter Papierfasern

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Gefahr für museale Sammlungsbestände Ein Rückblick auf die Tagung zum Integrated Pest Management (IPM) 2018 in München. Im Fokus standen auch die Änderungen im Biozidgesetz

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Das Stickstoff-Problem Ist Stickstoff ein Biozid oder nicht? Gespräch mit Dr. Carsten Bloch von der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA)

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Ambient- und Humanbiomonitoring von toxischen Metallen und Organochlorbioziden an einer naturkundlichen Sammlung Ergebnisse aus einem Forschungsprojekt zu Ambient- und Humanbiomonitoring von Gefahrstoffen zur Erstellung von Handlungsempfehlungen am Beispiel einer naturkundlichen Sammlung

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Giftlos – erfolglos? Vier Jahre integrierte Schädlingsbekämpfung im Museum Mensch und Natur in München. Sonja Graven berichtet

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Absolut biologisch Über die erfolgreiche Bekämpfung mit Schlupfwespen in der Klosterkirche Fürstenfeld bei München

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Spürhundearbeit im Integrated Pest Management In der Steiermark wurde ein Beagle sechs Monate lang ausgebildet, um lebende Brotkäfer und Larven zu riechen und zu lokalisieren. Ein Beitrag von Dr. Pascal Querner und Mag. Dr. Gabriele Sauseng

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Über die Einschleppung von Schädlingen im Rahmen des Klimawandels und der Globalisierung Dass auch die Schädlingsfauna kontinuierlichen Änderungen unterworfen ist, erklärt Dr. Reiner Pospischil

Auf der Suche nach Brotkäfern

PORTRÄT 54 54

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Veronika Disl (li.) und Laura Lun auf Grabung

Ziemlich beste Kolleginnen Sie haben gemeinsam den Schritt in die Selbstständigkeit gewagt: die Münchner Diplom-Restauratorinnen Veronika Disl und Laura Lun

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Fotos (v. o. n. u.): privat; Peter Jülich

INTEGRATED PEST MANAGEMENT


RUBRIKEN 6

KUNSTSTÜCK: Tintoretto in Venedig

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BLICKPUNKT Boys‘ Day am 28. März 2019: Eine Initiative für mehr Männer in Restaurierungsateliers Papierrestaurator Alan Donnithorne entdeckte Leonardo da Vincis Fingerabdruck auf einer Zeichnung Ankauf dank Stiftung: Pieter Lastmann nun im Mauritshuis in Den Haag The European Fine Art Foundation (TEFAF) in Maastricht unterstützt wieder Restaurierungsprojekte

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BERUF

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TERMINE Ausstellung: „Kunst sehen – Religion verstehen“ im Museum Rietberg in Zürich Veranstaltungen Impressum Vorschau

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PORTRÄT: Dipl.-Ing. Stephan Biebl

Kremer Pigmente Rezeptbuch Tauchen Sie ein in die Welt von Aquarellfarbe, Eitempera, Wandfarbe, Ölfarbe, Acrylfarbe und weiteren Pigmentanwendungen.

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Titelmotiv In Japan restauriert man heute mit der Technik der Sukibame. Angewandt wurde diese neue Methode erstmals großflächig für die Restaurierung der historischen Papierdokumente des li-Klans aus Hikone. Sie gelten als Highlights der Sammlung von Schloss Hikone und wiesen Schäden unter anderem durch Insektenbefall und Schlammwasser auf. Masaki Utsunomiya, Ph. D., schrieb darüber seine Dissertation, wie Sie ab Seite 12 lesen.

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Foto: privat

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KUNSTSTÜCK

Venedig feiert Tintoretto Zum 500. Geburtstag des großen Malers wurde der Kapitelsaal der Scuola Grande di San Rocco neu beleuchtet

Der italienische Lichtspezialist iGuzzini setzt sein Engagement für die Aufwertung von Kulturschätzen durch bessere Beleuchtung weiter fort: Jetzt illuminierte der italienische Hersteller den Kapitelsaal der Scuola Grande di San Rocco in Venedig zum 500. Geburtstag von Tintoretto

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Zuflucht suchen vor der Welt, das bedeutet für viele Menschen heute, dem Alltag zu entfliehen, dem hektischen Leben, der Angst vor dem Alleinsein – aber auch das Bedürfnis nach Transzendenz. Spiritueller Architektur kommt hier eine ganz besondere Aufgabe zu. Und es sind die Kunstwerke, die uns bewegen: So stockt einem regelrecht der Atem, wenn man in der Sala Superiore der Scuola Grande di San Rocco in Venedig steht. Der große Saal im Gebäude der bis heute existierenden Rochus-Bruderschaft zählt dank der prächtigen, vergoldeten Holzkassettendecke zu den kostbarsten Räumen in ganz Italien. Gegen Ende des 16. Jahrhunderts schmückte Tintoretto in jahrzehntelanger Arbeit das Versammlungshaus – in Anlehnung an Michelangelo wird es als „Tintorettos Sixtina“ bezeichnet – mit insgesamt knapp 60 Gemälden. Sie alle zeigen Szenen aus dem Alten

und Neuen Testament. Anlässlich des 500. Geburtstags des großen Malers 2018 erstrahlen jetzt seine Arbeiten in der Sala Superiore dank des italienischen Lichtspezialisten iGuzzini in neuem Licht. Das auf Beleuchtung spezialisierte Unternehmen hat sich längst einen Namen im Bereich musealer Lichttechnik gemacht und nicht nur für das Leonardo-Abendmahl in Mailand sowie im Theater von Taormina hervorragende Lösungen erarbeitet. Mit dem Projekt in Venedig setzt iGuzzini nun sein Engagement für die Aufwertung von Kulturschätzen durch bessere Beleuchtung fort. Jahrhundertelang war die Sala Superiore nur spärlich von natürlichem Licht und Kerzen erhellt. Erst seit Ende der 1930er-Jahre gab es dort elektrische Beleuchtung. Der seit 1889 in Venedig ansässige Universalkünstler Mariano Fortuny – seine

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Foto: iGuzzini

KUNSTSTÜCK

Leuchte „Projecteur“ war 1907 die bahnbrechende Erfindung in der Theaterbeleuchtung – stellte in dem großen Saal Stehleuchten mit umgedrehten Parabolschirmen auf. Diese wurden nun von dem italienischen Architekten und Lichtdesigner Alberto Pasetti Bombardella – der Experte für die Beleuchtung von Kunstwerken mit jahrzehntelanger Erfahrung im Bereich des kulturellen Erbes entwarf das neue Beleuchtungskonzept für den Kapitelsaal – mit Strahlern von iGuzzini nachgerüstet, um die drei Hauptwerke von Tintorettos insgesamt 13 Deckenbildern zu inszenieren. An den Längsfassaden unterhalb der Wandbilder wurden kaum sichtbare miniaturisierte Lichtschienen montiert ebenso wie vorne im Altarbereich. Die neue Beleuchtungsanlage unterstreicht nun durch innovative Rezeptionsarten (gestaffelte Einschaltdaten) die Dekoration und Architektur des

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Saals. Die Handhabung und Steuerung des Lichts wird von einem Digitalsystem auf DALI-Protokoll wahrgenommen, das eine flexible Abstufung der Stärken der einzelnen Lichtpunkte und die typologische Gruppierung nach gleichförmigen Bereichen gewährleistet. Die Forschung steht im Mittelpunkt der Beleuchtungsprojekte von iGuzzini. „Der Rückgriff auf intelligente, eigens für dieses grandiose malerische Werk des Tintoretto geschaffene Lösungen und die Wahl besonderer LEDs und Optiken, die die vom Künstler gewählten Farben und Effekte besonders hervorheben, verbessern die Wahrnehmung der Kunstwerke“, freut sich Adolfo Guzzini, Präsident von iGuzzini. „So ist das Licht von iGuzzini nämlich zuallererst Instrument der sozialen Innovation.“ Dr. Ute Strimmer

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PAPIERRESTAURIERUNG

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Wie man in Japan heute Papier restauriert In Japan greift man nicht mehr auf modernes Füllpapier zurück, sondern analysiert das Originalpapier und stellt es auf Basis der Ergebnisse in Handarbeit her. Masaki Utsunomiya, Ph.D., von der Universität in Nara forschte in seiner Dissertation in Theorie und Praxis über diese neue Technik: Sie wird Sukibame genannt und hat sich seit 1998 kontinuierlich weiterentwickelt

1 Anwendung der Sukibame-Technik

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Die Anfaserung ist ein mechanischer Prozess, der die Restaurierung größerer Papiermengen in kurzer Zeit erlaubt. Diese Technik wurde in Europa entwickelt, wo Papier traditionell aus feinfaseriger Baumwolle oder kurzfaserigem Holzzellstoff hergestellt wird. Bei der Papierrestaurierung werden dabei Fehlstellen mit einer Faserstoffsuspension aufgefüllt. Zur Anwendung kommt diese Methode in Europa seit dem Beginn des 20. Jahrhunderts. Auch in Japan kam diese Technik für viele Bücher zum Einsatz, wobei neben dem Ersatz fehlender Papierstücke nach der Restaurierung meist auch ein Trägerpapier auf der Rückseite angebracht wurde.

Anders als in Europa wurde früher für die Papierherstellung in Japan größtenteils Maulbeerbast verwendet, dessen Fasern lang und dick sind. Die wissenschaftliche Untersuchung alter Papierdokumente zeigt etwa seit dem Jahr 2000 eine rasche Entwicklung. Gleichzeitig setzte sich die Ansicht durch, dass es ein Ziel der Papierrestaurierung sein müsse, neben der Ausbesserung von Fehlstellen auch die für japanische Papiere typische Textur zu erhalten. Verwendet man aber ein Trägerpapier, verändert dies die gesamte Textur des Dokuments, da sich so zum Beispiel die Härte ändert. Die europäische Methode, bei der Fehlstellen durch neue Maulbeerfasern ersetzt werden würden, zeigt hier keine zufriedenstellenden Ergebnisse. Um 2/2019


PAPIERRESTAURIERUNG eine Texturegalität zwischen altem und neuem Material zu erreichen, ist eine Technik notwendig, bei der ein möglichst großer Teil der Fasern ohne Trägerpapier auskommt und neues Material ausschließlich zum Auffüllen von Fehlstellen eingesetzt wird. Gemeinsam mit Akinori Ogawa (Kochi Prefectural Paper Factory, vormals Kochi Prefectural Industrial Paper Technique Center) entwickelte Tokuichi Taguro (Shubi Co., Ltd.) eine neue Form der Sukibame-Technik. Ihre Aufmerksamkeit galt einer japanischen Papierherstellungstechnik namens Nagashizuki, bei der die Fasern während des Waschens gelöst werden. Mit dieser Technik ist es möglich, Restaurierungspapier aus langen Fasern wie denen des Maulbeerbaumes herzustellen und gleichzeitig überschüssige Fasern von allen unbeschädigten Bereichen fortzuspülen. Diese Methode, die eigenständig in Japan entwickelt wurde, wird als Nagashi suki sukibame bezeichnet (Abb. 1). Heute wird der Großteil von historischen Papierdokumenten mittels Nagashi suki sukibame restauriert, hier verkürzt als Sukibame bezeichnet. Die Sukibame-Technik wird hauptsächlich bei großen Mengen von Maulbeerpapier angewandt, wobei ihr größter Vorteil der geringe Zeitaufwand ist. Wie erwähnt, hat sich das Verständnis von Papierrestaurierung in den letzten Jahren weiterentwickelt und mit ihr auch die Sukibame-Technik. Der folgende Beitrag beschreibt, wie Sukibame für die Restaurierung von Papierdokumenten des Ii-Klans aus Hikone angewandt wurde; diese gelten als Highlights der Sammlung von Schloss Hikone (Japan). Praktische Anwendung von Sukibame Die Abbildungen 2–5 zeigen historische Dokumente des Ii-Klans aus Hikone und des Roju Hoshu (Ältestenrat der Shogune). 27.800 Dokumente davon existieren aus der Zeit vor der Abschaffung der Han (feudales Lehenssystem) 1871. Sie stellen herausragende Quellen über die Bakufu (Feudalregierung) und die Daimyo (Fürsten) in der Edo-Zeit dar. Da diese Dokumente aus der frühen Neuzeit stammen, sind diverse Schäden durch Insektenbefall und Benutzung nachzuweisen. Zudem stand das Lager der Dokumente im Jahr 1896 wegen einer Überflutungen des Biwa-Sees für mehr als einen Monat unter Wasser. Ein Teil der Dokumente kam daher in Kontakt mit Wasser und wurde anschließend wieder eingelagert, sodass dieser Verfärbungen durch schlammiges Wasser und Moder sowie Fehlstellen aufweist. Sämtliche Dokumente des Ii-Klans aus Hikone wurden mit Sukibame restauriert, was sie zum ersten Anwendungsfall dieser Technik macht. Die Methode gilt als risikoarme Möglichkeit, große Papiermengen zu restaurieren, und wurde für verschiedene Arten der Restaurierung übernommen. 2/2019

Im Folgenden ist der Sukibame-Restaurierungsprozess der Roju-Hosho-Dokumente zusammengefasst. Papierformat und -zusammensetzung, Zustand vor der Restaurierung Die Originale der Roju-Hosho-Papiere (die eigentlichen Dokumente) wurden von der Bakufu-Regierung in Umschlagpapier eingeschlagen ausgegeben, auf denen Absender und Empfänger vermerkt waren. Nachdem sie vom Hikone-Klan empfangen und gelesen worden waren, wurden sie wieder in Papier eingeschlagen und gelagert, wobei die beschriebene Seite nach oben wies. Die originalen Dokumente und Umschläge bestehen aus HoshoPapier, wobei das Umschlagpapier geringfügig dünner als das der eigentlichen Dokumente ist. Die äußeren Umschläge bestehen aus Mino-Papier, welches in der Edo-Zeit weit verbreitet war und oft zusammen mit Hosho-Papier benutzt wurde. Betrachtet man das Umschlagpapier der Dokumente, so fällt auf, dass es sich um ein feines, handgemachtes Papier handelt, dessen Fasern sorgsam gewaschen und geschlagen wurden und das keine Faserverklumpungen oder Unreinheiten enthält. Mittels Mikrofotografie und Einfärbemitteln gemäß JIS P8120 lassen sich Stärkekörner in den Maulbeerbaumfasern sowie die Verwendung von Reismehl als Zusatzstoff erkennen (siehe Abb. 6). Wie beschrieben, umfasst der Großteil der SchäModer, Schmutzanhaftungen und Verfärbungen.

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2 Zustand vor der Restaurierierung

ABSTRACT About a new method for paper conservation in Japan In Japan they no longer use modern filling paper, but analyse the original paper and produce it by hand on the basis of the analyses. Masaki Utsunomiya, Ph. D., from the University of Nara researched this new technique in theory and practice in his doctoral thesis. It is called Sukibame and has been continuously developed since 1998.

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INTEGRATED PEST MANAGEMENT

Spürhundearbeit im Integrated Pest Management Hunde können nicht nur zum Aufspüren von Drogen oder Sprengstoffen, sondern von Schadinsekten eingesetzt werden: Eine trainierte Hundenase entdeckt neben den Larven und Käfern auch leere Fraßgänge, Austrittslöcher und Eiablagen. In der Steiermark wurde ein zweijähriger Beagle sechs Monate lang ausgebildet, um lebende Brotkäfer und Larven zu riechen und zu lokalisieren

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INTEGRATED PEST MANAGEMENT

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Der Brotkäfer (Stegobium paniceum) ist ein verbreiteter Lebensmittel- und Materialschädling mit kosmopolitischer Verbreitung; er kann in Museen, historischen Bibliotheken, der Lebensmittelindustrie und in Privathäusern gefunden werden. Die Larven des Brotkäfers ernähren sich hauptsächlich von pflanzlichem Material wie Müsli, Pasta, Reis, Keksen oder Brot. In Museen befallen sie getrocknete Pflanzen (Herbarien), historische Bücher, verschiedene Gegenstände mit Stärkekleister, aber auch Textilien, Mumien, Tierpräparate und Insektensammlungen (siehe Schädlingsdatenblatt auf www.museumpests.net der Integrated Pest Management Working Group). Sie können sich auch von Keratin-basierten Materialien ernähren, in den meisten Fällen bevorzugen sie jedoch Pflanzenmaterial und insbesondere Stärkekleister.

Suche nach Brotkäfern in der Bibliothek des Kapuzinerklosters in Wien

Monitoring von Brotkäfern Einfache Klebefallen auf Fensterbänken, am Boden und UV-Lichtfallen wirken gut, um die adulten Käfer zu fangen. Seit der Isolierung des Pheromons und der im Handel erhältlichen Pheromonfallen ist der Nachweis eines Befalls sogar noch einfacher geworden. Es werden dabei aber nie die Larven gefunden, denn sie befinden sich immer im Substrat selbst. Die Lokalisierung der befallenen Objekte kann für große Depots oder in historischen Bibliotheken zeitaufwendig und schwierig sein. Spürhunde für die Insektensuche Neben der weithin bekannten Verwendung von Hunden zum Nachweis von Menschen, Kadavern, Trüffeln, Drogen oder Sprengstoffen wurden Hunde auch zum Erkennen verschiedener Insekten ausgebildet. Z. B. der immer wieder aus China eingeschleppte Quarantäneschädling, der Asiatische Laubholzkäfer (Anoplophora glabripennis) wird mit unbehandeltem oder unzureichend behandeltem Holzverpackungsmaterial (Paletten) aus Asien eingeschleppt. Die Nase eines trainierten Hundes kann selbst kleinste Spuren des Zielgeruchs erkennen und neben den Larven und Käfern auch leere Fraßgänge, Austrittslöcher und Eiablagen entdecken. Auch für die Bettwanzensuche werden Spürhunde in Wohnungen und Hotels eingesetzt. 2/2019

ABSTRACT Training a Beetle Sniffer Dog Dogs can be used not only to detect drugs or explosives, but also insect pests: A trained dog nose detects not only larvae and beetles but also empty feeding ducts, exit holes and egg deposits. In Styria, a two-year Beagle was trained for six months to smell and locate live biscuit beetles and larvae.

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PORTRÄT

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PORTRÄT

Ziemlich beste Kolleginnen

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Foto: (1) Peter Jülich

Laura Lun und Veronika Disl führen mit „Mona Lisl“ ihre eigene Restaurierungswerkstatt in München. Den Schritt in die Selbstständigkeit wagten die Diplom-Restauratorinnen direkt nach ihrem Studienabschluss. Und der Erfolg ließ nicht lange auf sich warten – auch, weil sie manches ein bisschen anders machen. RESTAURO über das Geheimnis von „Mona Lisl“

Liest man die Lebensläufe von Laura Lun und Veronika Disl, könnte man meinen, das halbe Berufsleben läge bereits hinter ihnen. Tatsächlich haben die beiden Wissenschaftlerinnen erst vor weniger als fünf Jahren ihr Studium der Restaurierung, Kunsttechnologie und Konservierungswissenschaft an der Technischen Universität in München beendet. Das war 2014. Inzwischen leiten sie mit Mona Lisl erfolgreich ihr eigenes Restaurierungsatelier in der bayerischen Landeshauptstadt – und das schafften sie quasi im Alleingang. Wer im Internet nach einer Restaurierungswerkstatt in München sucht, der kommt nur schwer an Veronika Disl und Laura Lun vorbei. Denn einfallsreiches und beständiges Selbstmarketing katapultierten Mona Lisl auf Seite eins der Ergebnisseiten einflussreicher Suchmaschinen. Das Beeindruckende daran: Wie man ein Unternehmen auf- und ausbaut, Kunden anspricht und gewinnt, gezielt digitales Unternehmensmarketing betreibt, all das erarbeiteten sie sich selbst. „Anfangs immer nachts. Inzwischen auch manchmal tagsüber“, erzählt Laura Lun, wohl wissend, dass es viel Engagement, Zeit, Kreativität und Wille braucht, um eine Firma zu etablieren. Doch diese Aufgabenvielfalt und Herausforderungen seien gerade das Schöne. Auf elterliche Kenntnisse oder gar Anleitung konnten sie dabei nicht zurückgreifen, denn in keiner ihrer Familien war Selbstständigkeit bisher ein Thema. Dass das Aushängeschild eines Unternehmens heutzutage aber der eigene Webauftritt ist, war beiden von Anfang an klar. Mit einem Selbstbaukasten entwerfen sie ihre Homepage, erweitern diese stückweise und aktualisieren sie regelmäßig. „Wir wollten immer alles in eigener Hand haben, um unabhängig zu sein. Und es macht ja auch Spaß“, erklärt die gebürtige Münchnerin Laura Lun. Gleichzeitig fehlen ihr und ihrer aus Bad Tölz stammenden Geschäftspartnerin anfangs auch einfach die finanziellen Mittel, um jemanden damit zu beauftragen. Das tut dem Erfolg keinen Abbruch. Wie man Trefferquote und Reichweite im World Wide Web erhöht, recherchieren die engagierten jungen Frauen kurzerhand selbst. „Gleich zu Beginn haben wir uns in kostenlose Telefonbücher im Internet eintragen lassen, um häufiger genannt zu werden“, erzählt Veronika Disl. Sie verlinken sich mit anderen Unternehmen und Institutionen und bauen so ihr Netzwerk aus. 2/2019

Aber nicht nur auf ihrer Website teilen Mona Lisl Eindrücke und Erfahrungen. Auch auf Social-Media-Kanälen wie Facebook und Instagram informieren sie über sich, ihre aktuellen Projekte und Vorträge: in Bildern, Texten und Videos. Selbst das Drehen und Schneiden von Kurzfilmen erlernen sie im Eigenstudium. Die Mühe lohnt. Doch vielleicht wäre sie nicht genug, ohne einen entscheidenden Faktor: den richtigen Namen. Denn der funktioniert mit Mona Lisl bestens. Die Idee dazu, die Kombination aus Anspielung auf das vielleicht berühmteste Gemälde des italienischen Renaissancemalers Leonardo da Vinci und das findige Wortspiel aus „Lun“ und „Disl“, entstand noch zu Studienzeiten. Mona Lisl verleitet zum Schmunzeln – und letztlich zum Klick auf die Website. Die Neugier ist geweckt. Und dieser Effekt ist ihnen durchaus bewusst, wenn Laura Lun freudig erzählt: „Viele googeln uns und melden sich daraufhin, sagen uns, dass sie den Namen so toll fanden und uns gerne mal besuchen kommen würden.“ „Erst haben wir überlegt, ob der Name nicht zu frech ist, aber er ist ungewöhnlich und macht uns aus“, ergänzt Veronika Disl. Obwohl ihnen einige Kollegen sogar von der Namenswahl abrieten, entscheiden sie sich dafür. Frech, ja oder nein. In jedem Fall zeigt Mona Lisl, dass man etwas wagen, sich trauen muss, einfach machen sollte. Die jungen Frauen ergänzen sich dabei auf beste Weise. „Ich bin eher diejenige, die sofort ins kalte Wasser springt“, sagt Laura Lun. Veronika sei mehr „die Überlegtere, diejenige, die noch einmal drüberschaut“. Gemeinsame Entscheidungen zu treffen, auch wenn es um die Firma geht, fällt ihnen dagegen leicht. Die Chemie stimmt einfach. Dass sie arbeitstechnisch perfekt harmonieren, hat sich schon früh im Studium herauskristallisiert. Kennengelernt 2008 bei der Aufnahmeprüfung an der Universität, entwickelt sich schnell eine gute Freundschaft zwischen ihnen. Gemeinsame Seminararbeiten für das Studium folgen. Im Februar 2012 untersuchen sie zusammen für das Fraunhofer-Institut in Holzkirchen die Anbringung von Sensoren an Gemälden und Skulpturen zur Klimaüberwachung und führen Farbmessungen durch. Einen Monat später absolvieren beide ein Praktikum im Opificio delle Pietre Dure in Florenz, erledigen unter anderem Notsicherungen an dem

Laura Lun (links) und Veronika Disl (rechts) gründeten 2014 ihr Restaurierungsunternehmen Mona Lisl. Im Hintergrund ihr erster Großauftrag: Die „Große Votivtafel der Gemeinde Chieming“, ein Ölgemälde mit polimentvergoldetem Rahmen von 1801, restaurierten sie für die Ingolstädter Landesausstellung „Napoleon und Bayern“ (2015)

ABSTRACT Quite A Good Company With “Mona Lisl“Laura Lun and Veronika Disl run their own conservation company in Munich. They dared to take the step into self-employment right after their graduation from the Technical University of Munich. Success was not long in coming – maybe because they do things a bit differently.

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