Restauro06:16

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ZEITSCHRIFT FÜR KONSERVIERUNG UND RESTAURIERUNG

NO 6 2016

Glanzleistung Wie professionelles Art Handling Kunstwerke schützt

Flüchtlinge Migranten als Museumsführer

Wissenschaftler Neuer Schutz durch Nanotechnologie

Touristen Wie Schlösser mit den Massen umgehen


INHALT

TITELTHEMA: ART HANDLING Kommentar von Dr. Dipl.-Rest. Andrea Funck Nachhaltigkeit schadet nicht

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Schwingungsmessung am Probekörper

Gina Eichmüller, Alexandra Jeberien und Kerstin Kracht Alles sicher verpackt? Neue Erkenntnisse zu den Auswirkungen der Schwingungsimmissionen auf Exponate während eines Kunsttransports Yngve Magnusson Verpackungsmaterial als Korrosionsschutz Die Sicherung und Verpackung der „Silberschatz-Ausstellung“ im Kunstmuseum KODE1 Bettina Schlecht und Michael Jaroschewski Größenvariabel und wiederverwendbar Ein flexibles Figurinensystem für textile Exponate in Wechselausstellungen

NEUE TECHNOLOGIEN: VON NANO BIS VIRTUAL REALITY

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Verschiedene Schutzschichten auf Gold

Thomas Hoyer Schutz durch Hybridpolymere Anorganisch-organische Nanokompositbeschichtungen für Steine, Metalle und Kunststoffe Christoph Anthes Virtuelle Realität und ihre Anwendung in den digitalen Geisteswissenschaften Friederike Voigt Interview mit Dipl.-Rest. Felix Horn: 3-D – Eine Mammutaufgabe Constanze Roth Tagungsbericht über den Schutz von Kulturgut: Modern forschen, gemeinsam bewahren

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Die Goldene Stube auf Hohensalzburg

Detlef Fuchs Wiedererweckung eines Musenhofs Von der Nutzung als Sanatorium zum Museumsschloss Rheinsberg Ingrid Rathner und Clemens Standl Prunkvoll präpariert Die Restaurierung und Konservierung der Fürstenzimmer der Burganlage Hohensalzburg

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Fotos (v. o. n. u.): HTW Berlin, IKTS/Peter Peuker, Baukunst consult

SCHLÖSSER: ZWISCHEN ORIGINAL UND NUTZUNG


RUBRIKEN 6

KUNSTSTÜCK

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BLICKPUNKT Wendepunkt in der deutschen Erinnerungskultur RESTAURO spezial Bedrohtes Weltkulturerbe Integrationsprojekt in Museen pARTicip – Kunst per App erfahren Köln: 30 Jahre Restaurierungswissenschaft

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GEFÖRDERT VON

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BERUF

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FIRMEN & PRODUKTE

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TERMINE Ausstellung Veranstaltungen Impressum Vorschau

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PORTRÄT

Titelmotiv Alle Kunstobjekte des Museums KODE 1 in Bergen wurden im Jahr 2013 aufgrund von Umbauarbeiten. Darunter befindet sich auch die Silberschatz-Sammlung mit über 800 Objekten, die gereinigt, verpackt und gelagert werden mussten. Um die Kunstwerke vor Korrosion zu schützen, suchten die Projektverantwortlichen nach einem passenden Material – und wurden fündig.

Foto: Dag Fosse/KODE, Sølvskatten

*Hormuz Eisenoxidrot natur.

www.kremer-pigmente.com

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ART HANDLING

Gina Eichmüller, Alexandra Jeberien und Kerstin Kracht

Alles sicher verpackt? Neue Erkenntnisse zu den Auswirkungen der Schwingungsimmissionen auf Exponate während eines Kunsttransports

Schwingungen und Erschütterungen an Kunst- und Kulturgütern stellen seit gut drei Jahrzehnten ein viel beachtetes Thema mit zahlreichen noch ungelösten Fragestellungen dar. Der vorliegende Beitrag fasst die Forschungen aus einem Masterprojekt an der HTW Berlin zusammen, in dem Schwingungsbelastungen an dreidimensionalem Kulturgut gemessen wurden. Hieraus wurden resultierende Gefahrenpotenziale abgeleitet und entsprechende Schutzmaßnahmen vorgeschlagen.

1 Verpackung näher beleuchtet: Schwingungsbelastungen und daraus resultierende Gefahrenpotenziale standen im wissenschaftlichen Interesse der HTW Berlin.

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2 Geometrie und Dimension der Probekörper: Die technische Zeichnung berücksichtigt Gefahrenzonen wie Kerben oder abstehende Teilbereiche an den Exponaten.

ABSTRACT Everything safely packed?

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Fotos: (1) Fotolia. (2) Gina Eichmüller

For about three decades now, vibration and mechanical shocks to cultural goods and artistic works have been a widely noticed subject that still poses many unanswered questions. This article summarizes the findings of a Master's project at the HTW Berlin in which loading by vibration of three-dimensional cultural goods was measured. Subsequently, risk potentials were identified and suitable protective measures proposed.

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KOMM

l. Dr. Dip

ENTAR

Andre -Rest.

ck a Fun

leitet die Restaurierungswerkstätten am Landesmuseum Baden-Württemberg. Zu ihren Schwerpunkten zählt die Vermittlung von restauratorischen Inhalten an Museen, Ausstellungs- und Vitrinenplanung sowie -technik und präventive Konservierung.

Nachhaltigkeit schadet nicht 10 cm

M = 1:1

Bereits Paul J. Marcon weist im Jahr 1991 auf die Notwendigkeit hin, Transportverpackungen für Kulturgüter fundiert zu untersuchen: „The best method of assessing the performance of cushioning materials for vibration is by package testing.” Was hat sich in diesen 25 Jahren hinsichtlich der Entwicklung und Überprüfung von Verpackungssystemen getan? Einerseits konnten die Rahmenbedingungen von Kunsttransporten deutlich verbessert werden, andererseits lässt sich in den letzten 15 Jahren eine deutliche Zunahme der weltweiten Ausstellungsvorhaben verzeichnen, sodass sich aus der Häufigkeit und Länge der Transporte neue Gefahren für die Kulturgüter ergeben. Der Grund hierfür liegt in der Generierung möglichst großer Besucherzahlen. Es ist inzwischen üblich, ganze Ausstellungen mit einer Vielzahl von Objekten von einem Veranstaltungsort zum nächsten zu bewegen. Aber auch hochkarätige Einzelobjekte werden beständig für Sonderausstellungen ver- und entliehen. Des Weiteren bedingen aktuell zahlreich durchgeführte Optimierungs- und Umstrukturierungsprozesse in Museen und Sammlungen die Verlagerung und den Transport ganzer Depots an neue Standorte. Die hierbei entstehenden Schwingungen – sei es innerhalb einer Einrichtung oder bei einem Kunsttransport außer Haus – können zu einer erheblichen Beeinträchtigung der Objektmaterialien führen (Bäschlin 2011). Die Einschätzung und Untersuchung dieser Gefahrenpotenziale erfolgt seit den frühen 6/2016

Es ist nicht einfach, Schäden, die durch Transporte an Objekten entstehen können, abzuschätzen. Dennoch möchte ich in diesem Zusammenhang das Thema Nachhaltigkeit ins Gespräch bringen – dies nicht unter dem Deckmantel des Sparens, sondern trotz oder erst recht zum Schutz der Objekte. Denn nicht nur im Ausstellungsbau werden Vitrinen, Sockel, Wände etc. wiederverwendet, sondern auch der Transport von Kunst- und Kulturgut bietet Möglichkeiten, umweltbewusst zu handeln. Momentan ist es häufig so, dass Kisten für jeden Transport neu gebaut und Verpackungsmaterial nach jedem Gebrauch weggeworfen wird. Teils sind mangelnde Lagerflächen in Museen der Grund, teils die Geschäftstüchtigkeit der Kunstspeditionen. Werden Kisten in Museen gelagert, ist die Aufnahme dieser – zum Beispiel in einer Datenbank – ein wichtiges Hilfsmittel zum Wiederfinden der passenden Größen und Arten. Bei Leihanfragen anderer Museen können diese dann mit ausgeliehen werden. Das spart dem Leihnehmer Geld und dem Leihgeber Zeit. Eine weitere Möglichkeit könnte die Schaffung eines Leihkisten-Pools gemeinsam mit anderen Museen innerhalb einer Stadt sein. Auch die Müllberge nach dem Auspacken der Objekte sind mir ein Dorn im Auge. Natürlich gibt es zahlreiche Fälle, insbesondere bei Kulturgütern aus organischen Materialien, die neues Verpackungsmaterial wie Seidenpapier benötigen, zum Beispiel zum Schutz vor Schädlingen. Aber Polstermaterial oder Tyvek-Kissen können mehrfach eingesetzt werden. Auch Vakuumkissen sind wiederverwendbar und schützen fragile Objekte hervorragend. Ist demnach die Kombination aus Objektschutz und Nachhaltigkeit möglich? Ich denke doch. 15


NEUE TECHNOLOGIEN: VON NANO BIS VIRTUAL REALITY

Thomas Hoyer

Schutz durch Hybridpolymere Anorganisch-organische Nanokompositbeschichtungen für Steine, Metalle und Kunststoffe

Verschiedene Schutzschichten auf Gold nach Kratz- und Haftungstest

Ob Werkzeug, Skulptur oder Gebäude – die Oberfläche hat zuerst den Kampf mit der Umwelt zu bestehen. Beschichtungen können dabei hilfreich sein. Mit anorganisch-organischen Nanokompositmaterialien lassen sich die gewünschten Eigenschaften in einem weiten Bereich gezielt einstellen. Obwohl die Technik bislang vornehmlich im Bereich der Medizin, Optik oder des Machinenbaus Anwendung fand, gibt es nun erste Überlegungen, das Nanoprinzip auch im restauratorischen Bereich einzusetzen.

Foto: IKTS/Peter Peuker

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NEUE TECHNOLOGIEN: VON NANO BIS VIRTUAL REALITY

Struktur der Nanokomposite Das Finden neuer oder verbesserter Materialien bildet die Grundlage für die Entwicklung ganzer Bauteile und Systeme für unterschiedlichste Anwendungen in den Feldern Medizin, Energie, Umwelt, Optik, Maschinenbau und Elektronik. Keramische Materialien sind bekannt für einige außergewöhnliche Eigenschaften: extreme Härte und Festigkeit, Temperatur-, Korrosions- und Verschleißbeständigkeit sowie Langzeitstabilität. Weniger bekannt ist dagegen, dass die Materialien oft auch als dünne Schichten eingesetzt werden. Ein Forschungsschwerpunkt in Hermsdorf sind poröse keramische Schichten. Sie dienen unter anderem zur Stofftrennung (zum Beispiel Filtration, Pervaporation und Gastrennung) oder als Elektrodenbeschichtungen in Batterien. Neben keramischen Stoffen werden anorganisch-organische Nanokomposite entwickelt, mit denen das Eigenschaftsspektrum erweitert wird. Sie bestehen aus anorganischen und organischen Struktureinheiten im Nanometerbereich. Die Herstellung der Nanokomposite kann mit Hilfe der Sol-Gel-Technik (chemische Nanotechnologie) durchgeführt werden. Die Ausgangsverbindungen sind in der Regel Alkoholate des Siliciums (Alkoxysilane), die zum Teil funktionelle organische Gruppen tragen. Befinden sich mindestens drei Alkoxygruppen im Alkoxysilan, kann durch Hydrolyse- und Kondensationsreaktionen eine dreidimensionale Vernetzung aufgebaut werden. Durch die Hydrolysereaktion mit dem Wasser bilden sich zunächst Silanolgruppen, die später zu Siloxanbrücken zwischen den Siliciumatomen kondensieren können. Dadurch wird die Polymerlösung meist fest und ein Gel bildet sich. Durch die Trocknung des Gels lassen sich Schichten, Pulver, Fasern oder monolithische Festkörper erzeugen. Funktionelle Gruppen, die mit einer Si-C-Bindung angebunden sind, bleiben erhalten, da diese Bindung durch das Wasser nicht angegriffen wird. Handelt es sich 6/2016

Fraunhofer Institut für Keramische Technologien und Systeme Hermsdorf Die Grundlagen für die im Artikel beschriebenen Nanokompositbeschichtungen wurden im Projekt „Entwicklung von säurebeständigen wasser- und schmutzabweisenden Überzügen für Betonsteinplatten“ in den Jahren 2001 bis 2004 erarbeitet (Reg.-Nr. 309/01). Im Projekt „Expansionstechnologie zur Schadensbehebung von Werksteinoberflächen“ (2013–2015, FKZ 2087337HF3) wurde eine Reparaturmasse entwickelt, mit der Schäden im Oberflächenbereich von Werksteinprodukten behoben werden können und das mit gleichzeitiger Wiederherstellung der vollen Funktionalität. Die mit der Technologie entwickelte Reparaturmasse gibt Fachbetrieben eine Lösung in die Hand, mit der sie in die Lage versetzt werden, sonst nicht beherrschte Probleme der rissfreien Schadensbeseitigung für typische mittlere Schädigungen zu überwinden. Industriepartner war die Firma Bernhard Göhl Hoch- und Tiefbau GmbH in Burgkunstadt. Gegenwärtig arbeitet das IKTS gemeinsam mit dem Industriepartner Malerwerkstätten Hilmar Steinert GmbH & Co. KG aus Limbach-Oberfrohna am Projekt „BituPlate – Extrem energetisch minimierte Herstellungstechnologie für bitumenbasierte Bodenplatten mit gesteigerten Prallfestigkeitseigenschaften“ (FKZ KF2087368HF4). Ziel ist eine Bodenplatte, welche die im Messe- und Industriebau sehr beliebte Naturasphaltplatte ersetzen kann. Dabei soll die Prallfestigkeit deutlich erhöht werden und die Fertigung bei Raumtemperatur möglich sein, ohne das bislang erforderliche Aufschmelzen von Bitumen. Die Baustoffentwicklungen wurden durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie gefördert.

um polymerisierbare Gruppen, kann durch die Polymerisation zu der anorganischen Vernetzung über Siloxanbrücken noch eine organische Vernetzung erzeugt werden. Elastizität und Ritzhärte lassen sich so erhöhen. Durch die Verbindung organischer und anorganischer Strukturen im Nanometerbereich lassen sich die Eigenschaften vielfältig modifizieren. Damit können völlig neue Eigenschaftskombinationen erzeugt und neue Anwendungsfelder erschlossen werden. Zur Herstellung von Beschichtungen kann das flüssige Material mit konventionellen und modernen Beschichtungsverfahren appliziert werden, zum Beispiel beim Tauchen, Spritzen, Aufschleudern, Walzen und Vorhanggießen (Abb. 2). Unterschiedliche Substrate wie Glas, Metall, Keramik und Kunststoff lassen sich so veredeln. Die Aushärtung wird entweder thermisch durch Polykondensati-

ABSTRACT Nano-composit coating Whether it is a tool, a sculpture or a building – its surface will fight a constant battle with the environment. Coatings can be helpful in this. Inorganic-organic nano-composite coatings can achieve the desired effects on a large scale. Although this technique is used mainly in the fields of medicine, optics and civil engineering, there is now a new approach to use nano-composites for restoration purposes.

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SCHLÖSSER: ZWISCHEN ORIGINAL UND NUTZUNG

Ingrid Rathner und Clemens Standl

Prunkvoll präpariert Die Restaurierung und Konservierung der Fürstenzimmer in der Burganlage Hohensalzburg

Seit 2013 sind die Autoren im Auftrag der Salzburger Burgen und Schlösser Betriebsführung mit der Generalplanung der Konservierung und Restaurierung von Schloss Hohensalzburg befasst. Im Zentrum steht außerdem die Neugestaltung der Vermittlung und Besucherführung der Fürstenzimmer. Das Projektteam, bestehend aus Kunsthistorikern, Restauratoren, Architekten und Bauphysikern, erarbeitet die einzelnen Projektschritte in enger Zusammenarbeit mit dem Bundesdenkmalamt und dem Landeskonservatorat für Salzburg.

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1 Die Goldene Stube nach den Maßnahmen. Sie ist der am prachtvollsten bestückte Raum von Schloss Hohensalzburg. 2 Zustand der Goldenen Stube vor den Interventionen. Bereits 1957 war der Raum überarbeitet worden.

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Hohensalzburg ist die mächtigste Burganlage Europas und geht im Kernbau auf das 11. Jahrhundert zurück. Die Fürstenzimmer liegen im dritten Stock des mittelalterlichen Wohnbaus, dem sogenannten „Hohen Stock“. Sie entstanden unter Fürsterzbischof Leonhard von Keutschach (1495–1519) im 16. Jahrhundert. Keutschach nutzte das Appartement als Wohnung für fürstliche Gäste und zu Repräsentationszwecken. Die aus einem großen Festsaal, einer Stube, einer kleinen Bibliothek und einer Schlafkammer bestehenden Prunkräume gehören zu den prächtigsten Beispielen profaner Interieurs ihrer Zeit. Die Decken- und Wandvertäfelungen, vor

allem von Stube und Schlafkammer, sind reich mit gefasstem Schnitzwerk besetzt. Die Goldene Stube ist zusätzlich mit Tabernakeln und darin eingestellten Skulpturen und umlaufenden Sitzbänken mit kunstvoll gearbeiteten Seitenwangen bereichert. In der Raumabfolge entsprechen die Fürstenzimmer einem profanen Stubenappartement. Die Vorbilder für einzelne Ausstattungselemente wie die Kielbögen, die Tabernakel samt Skulpturen, die Wangen der Bänke oder die reich mit Maßwerk verzierte Tür der Goldenen Stube finden sich jedoch im sakralen Umfeld, an spätgotischen Schnitzaltären und Chorgestühlen. 6/2016


SCHLÖSSER: ZWISCHEN ORIGINAL UND NUTZUNG 2

Geschichte der Veränderungen Das heutige Erscheinungsbild der Ausstattung ist von zwei Restaurierungsphasen geprägt und verändert worden. Die erste Phase fand 1850 bis 1853 unter der Leitung von Georg Pezolt, dem ersten ehrenamtlichen Denkmalpfleger Salzburgs, statt. Nach einer detaillierten Bestandsaufnahme1 wurde die Ausstattung unter Pezolt überarbeitet: Fehlende Teile wurden ergänzt, schadhafte Elemente ersetzt, die Wandflächen und Objektteile in großen Bereichen überfasst. Die zweite umfangreiche Überarbeitungs- und Restaurierungsphase fand Mitte des 20. Jahrhunderts statt und hatte ihren Ausgang 1942 mit dem Abbau der beweglichen Teile der Ausstattung und der Bibliotheksvertäfelung. Mit dem Wiedereinbau durch den Bildhauer Jakob Adlhart erfolgte zeitgleich die Restaurierung der Raumschalen. Vorrangiges Ziel der Maßnahmen war die Entfernung der Arbeiten von Pezolt und eine Rückführung in den scheinbar mittelalterlichen Zustand. 1957/58 wurde die Goldene Stube durch Josef Watzinger erneut überarbeitet. Lediglich die Bibliothek blieb von den Restaurierungen weitestgehend ausgenommen und zeigt großflächig die qualitätvollen Malereien des frühen 16. Jahrhunderts. Ausgangssituation Zum Projektstart im Jahr 2013 präsentierten sich die Fürstenzimmer in einem über Jahrzehnte hinweg strapazierten Zustand. Dies bezog sich nicht nur auf die Raumschalen, deren letzte Restaurierung über 60 Jahre zurücklag, sondern zugleich auf die Umgebungsparameter und die Präsentation der spätgotischen Ausstattung. Es fehlte sowohl das Wissen über den Zustand des historischen Bestands als auch ein auf die konservatorischen Anforderungen abgestimmtes Licht-, Klima- und Brandschutzkonzept. Bis in die 1980er Jahre waren die Fürstenzimmer ohne Absperrungen und Objektsicherung frei zugänglich. Dann wurde zum Schutz der Ausstattung und um dem Besucherdruck gerecht zu werden ein Steg eingebaut, auf dem sich die Interessierten durch Stube und Schlafkammer bewegten. Besucherstege und Beleuchtung wirkten willkürlich. Die Fenster und das dadurch ungehindert einfallende blendende Licht verhinderte die Wahrnehmung der Bedeutung und Hochwertigkeit der historischen Ausstattung. Insgesamt fehlte ein auf das internationale Publikum abgestimmtes Vermittlungskonzept. Projektablauf Das Projekt wird in drei wesentlichen Projektphasen abgewickelt. Auf Grundlage einer umfangreichen Quellenforschung (Baumgartner 2013) erfolgte eine intensive Forschung zur Aufarbeitung und Klärung der Restaurierungs- und Veränderungsgeschichte der Fürstenzimmer. Auf die Ergebnisse der wissenschaftlichen Auswertung der 6/2016

Geschichte der Festung Hohensalzburg Die über der Stadt Salzburg thronende Festung ist nicht nur das Wahrzeichen der Stadt, sondern eine der größten bestehenden Burganlagen Europas aus dem 11. Jahrhundert. Die hohe Lage am Nordrand der Alpen hatte sich zu Zeiten der Fürsterzbischöfe und ihrer autoritär-politischen Machtdemonstration als strategisch günstig herausgestellt. 1077 errichtete der damalige Erzbischof Gebhard I. von Helffenstein erstmals eine Befestigungsanlage über der Residenzstadt. In drei folgenden Bauphasen wurde später das Vorhaben, die Festung gegen weitere Angriffe zu schützen, perfektioniert.

komplexen Restaurierungsgeschichte und den sich daraus ergebenden Fragestellungen aufbauend, erfolgten die konservierungs- und naturwissenschaftlichen Untersuchungen. Begleitend zu den Befunduntersuchungen fand in detaillierten Bestands- und Schadenskartierungen die planliche Erfassung der wandgebundenen Ausstattung statt. Nach mehrmaliger Präsentation aller relevanten Ergebnisse und in Abstimmung mit der Salzburger Burgen und Schlösser Betriebsführung und dem Bundesdenkmalamt wurden die konservatorischen und restauratorischen Maßnahmen sowie das Restaurierungsziel unter Herstellung einiger Musterarbeiten entwickelt und definiert. Parallel zu den Befunduntersuchungen wurden die bauphysikalischen Umgebungsparameter erhoben. Der Bestand wurde hinsichtlich Brandschutz und elektrotechnischer Einbauten aufgenommen. Ziel war es, durch eine ganzheitliche Prüfung aller auf die Ausstattung einwirkenden Umgebungsfaktoren bereits im Vorfeld Gefährdungsfaktoren zu erkennen und in der darauf aufbauenden Planung

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Zur Restaurierung Mitte 19. Jahrhundert hat sich kaum Quel-

lenmaterial erhalten. Überliefert sind ein Kostenvoranschlag und begleitende Schadens- und Maßnahmenkartierungen der Stube sowie einzelne Nachträge, die uns Auskunft über die tatsächlich durchgeführten Arbeiten geben.

ABSTRACT State Rooms of Hohensalzburg Since 2013, Baukunst consult is working on the general planning of restoration and conservation on behalf of the Salzburger Burgen und Schlösser management. The focus of this endeavor is the redesign of visitor management in the state rooms. The project team, consisting of art historians, restorers, architects and building physicists, develops project steps in close cooperation with Austrian monument protection services.

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