Magazin zur Erhaltung des Kulturerbes
NO 8 Auf der Suche nach der Wahrheit Archäologen prüften mit 3D-Scannern die Echtheit des Runenstein von Kensington
WELT VON MORGEN In Berlin steht das erste Zukunftsmuseum
BEZAHLUNG Was sind heute Kunst, Kultur, Architektur und ihr Erhalt wert?
2019
ZUKUNFT WISSENSCHAFT
CHANGEMANAGEMENT Joanna Phillips Pläne für das Restaurierungszentrum Düsseldorf
INHALT
TITELTHEMA: SOFTWARE 10
„Die Arbeit geht nie aus“ Besuch beim Ulmer Münsterbaumeister Michael Hilbert und seinem Team aus Steinmetzen, Steintechnikern und Schreinern. Digitale Tools werden ganz selbstverständlich zur Arbeit eingesetzt
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Digitale Dokumentation mit Webapplikation Das Büro für Restaurierungsberatung (Götz – Lindlar) entwickelte ein digitales Raumbuch für Bestandserfassung und Ausschreibung von Restaurierungsleistungen
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Mit 3D-Scannern auf der Suche nach der Wahrheit Wissenschaftler streiten schon lange darüber, wann die Wikinger nach Amerika kamen. Wichtiges Objekt in dieser Debatte: der Runenstein von Kensington
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3D-Messung in Echtzeit Mess-Sensoren, Datenverarbeitung und Software sind jetzt zusammen mit einer Stereokamera in einem kompakten Gerät vereint. Der hochpräzise 3D-Imager erhielt den BAKA Sonderpreis 2019 für Produktinnovation
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Unberührt sicher Das Grand Hotel Quellenhof, Aushängeschild Schweizer Spitzenhotellerie, lässt nach seiner Sanierung die hauseigenen Kunstwerke nicht nur konservatorisch überwachen, sondern auch von neuester Sicherheitstechnik bewachen
Das Ulmer Münster prägt seit Jahrhunderten die Stadt Ulm und die gesamte Region
GLAS 28 Serie Mythos Glas – Das Museumsglas: Blick auf die Werke von Edvard Munch (Munch Museum, Oslo)
Mythos Glas – Das Museumsglas In der Serie zu „Bilderglas“ (Teil 2) lüften wir das Geheimnis der interferenzoptisch entspiegelten Gläser in Bezug auf Wirkung, Funktion, Herstellung und Haltbarkeit
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„Der beste Maler Venedigs“ Die Staatsgalerie Stuttgart besitzt den größten Bestand an Tiepolo-Arbeiten außerhalb Italiens. Zum 250. Todestag widmet das Museum dem wohl bedeutendsten Vertreter der Malerei des 18. Jahrhunderts in Italien eine umfangreiche Ausstellung
MEDIENKUNST 38 Die Staatsgalerie Stuttgart widmet Giovanni Battista Tiepolol bis zum Februar 2020 eine Ausstellung
Reanimiert? Um das Werk „Portrait of Marcel Duchamp, 3 leads“ von Brian O’Doherty in der Duchamp-Ausstellung in der Stuttgarter Staatsgalerie zeigen zu können, waren verschiedene restauratorische und konservatorische Eingriffe nötig
ART HANDLING 44
Für Van Gogh ist kein Aufwand zu groß Wie Museen mit dem erhöhten Aufkommen der auf Reisen geschickten Kunstwerke umgehen, weiß Katja Hilbig zu berichten. Sie ist beim Frankfurter Städel seit 2001 für den Ausstellungsdienst verantwortlich
ARCHIV 52 Blick in das Material-Archiv in das Regal der Farbstoffe
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Einblick in die Welt der Materialien Ein dreidimensionales Lehrbuch, eine Online-Datenbank, rund 1000 Materialmuster und vieles mehr: Das Materialarchiv in Winterthur ist eine Fundgrube für alle Wissensdurstigen 8/2019
Fotos (v. o. n. u.): Unsplash / HALBE / Staatsgalerie Stuttgart / © Gewerbemuseum Winterthur / Michael Lio
TIEPOLO
SERIE TEIL 4: RESTAURIERUNGSZENTREN 56
Changemanagement Die neue Direktorin Joanna Phillips hat für das traditionsreiche Restaurierungszentrum in Düsseldorf große Pläne
RUBRIKEN 6
KUNSTSTÜCK In Berlin steht das erste Zukunftsmuseum. Wie wollen wir leben? Einblicke in die Welt von morgen
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BLICKPUNKT Hochwasser in Venedig Mitte November 2019 auf Rekord-Niveau
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Der Münchner Olympiapark – bald UNESCO-Welterbe?
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BERUF Wer erhält unser kulturelles Erbe in Zukunft?
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BUCHBBESPRECHUNG Über die restauratorischen Befunde zur mittelalterlichen Raumfassung der Münsterkirche zu Bad Doberan
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TERMINE Veranstaltungen Impressum Vorschau
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PORTRÄT Papierrestauratorin Lena Deutmann, Historisches Archiv der Stadt Köln
Aquarellset
Titelmotiv Seit mehr als hundert Jahren streiten Historiker und Wissenschaftler darüber, wann die Wikinger nach Amerika kamen. Wichtiges Objekt in dieser Debatte ist der Runenstein von Kensignton. Mithilfe von 3D-Scannern prüften amerikanische Archäologen nun die Echtheit des Steins (siehe Seite 20).
Das Set bietet den idealen Einstieg, um selbst Aquarellfarbe aus reinen Pigmenten herstellen zu können.
Foto: America’s Lost Vikings
Erhältlich im Onlineshop unter der Bestellnummer #14304.
www.kremer-pigmente.com
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SOFTWARE
„Die Arbeit geht nie aus“
Foto: Unsplash
Nachdem die Münsterbauhütte Ulm zusammen mit weiteren Bauhütten seit März 2018 zum immateriellen Kulturerbe Deutschlands zählt, läuft jetzt eine Bewerbung um die Aufnahme in das UNESCO-Weltkulturerbe. RESTAURO hat Münsterbaumeister Michael Hilbert und sein Team aus Steinmetzen, Steintechnikern und Schreinern besucht. Digitale Tools werden bei ihrer Arbeit ganz selbstverständlich eingesetzt Als im Oktober 2018 im Chor des Ulmer Münsters einige Putzstücke von der Decke fielen, bestand dringender Handlungsbedarf. Der Chor musste eingerüstet und für längere Zeit für Gottesdienstbesucher und Touristen gesperrt werden. Ein Jahr lang wird der 13.000 Kubikmeter fassende Innenraum komplett ausgefüllt sein, um die Schäden am Deckengewölbe zu beheben. Das Gerüst ist in sich stabil und wird freitragend, also ohne in den Wänden verankert zu sein, aufgestellt. Das schont die historische Bausubstanz. „Erst jetzt, wo wir hier oben überall hinkommen, können wir uns ein detailliertes Bild von den Schäden machen“, sagt Münsterbaumeister Michael Hilbert. Oben auf dem Gerüst offenbart sich das Ausmaß der Schäden: Auf Augenhöhe zeigen sich im ehemals weißen Kalkputz unzählige kleine Risse. Kritisch sind vor allem die Stellen, wo das Gewölbe an die Rippenbögen stößt. Dort hatten sich die beiden Putzstücke gelöst. Der Grund dafür liegt weit zurück: Am 1. März 1945 hatte eine 500 Kilo schwere Sprengbombe das Seitendach des Chorraums durchschlagen und schwere Schäden angerichtet: Ins 35 Zentimeter starke Ziegelgewölbe wurde ein Loch mit rund sechs Metern Durchmesser gerissen; die Rippenbögen im zweiten und dritten Joch stürzten zu Boden, andere wurden beschädigt. Nach dem Krieg wurden die fehlenden, ursprünglich aus Sandstein gefertigten Rippenbögen aus Stahlbeton gegossen. Bei der Reparatur 1946 wurde zudem ein härterer Putz mit hohem Zementanteil verwendet. Die Materialien haben verschiedene physikalische Eigenschaften, wenn sie sich ausdehnen. Das führte im Laufe der Zeit zu Rissen und Lockerungen und die extreme Hitze im letzten Sommer trocknete den Putz aus. In der Folge kam es 2018 zum Absturz der Putzstücke. Jetzt werden die Risse mit Hanf ausgestopft, damit dessen langhaarige Fasern künftig für mehr Halt sorgen. So können sich die unterschiedlichen Materialien bei Temperaturschwankungen ausdehnen, ohne dass es zu Abplatzungen kommt. „Es lässt sich nicht verhindern, dass es wieder Risse gibt“, gibt Hilbert zu Bedenken. „Aber künftig sollen die lockeren Teile oben bleiben.“ Großflächig sichtbar ist auch schon, dass die Restauratoren das Deckengewölbe reinigen: Sie entfernen Staub, Ruß und andere Ablagerungen mit Staubsaugern und Kautschukschwämmen. 8/2019
1948 war der Chor das letzte Mal eingerüstet. „Seit der Reparatur vor gut 70 Jahren war hier niemand mehr oben“, sagt Hilbert. Die Reinigung lässt auch die farbliche Fassung der Kreuzungspunkte wieder leuchten: in Gold, Ziegelrot und Mintgrün. Doch der meisterhaft gearbeitete spätmittelalterliche Schlussstein mit den drei geflügelten Engeln muss nicht behandelt werden: Er ist in perfektem Zustand bis hin zu den feinen Gesichtszügen und zart geröteten Wangen, die gemeinhin weit entfernt sind und allenfalls mit dem Fernglas bewundert werden können. Wann hat man schon einmal die Gelegenheit, diese feine Bildhauerarbeit aus der Nähe zu betrachten? Wir versuchen, am Ulmer Münster so viel wie möglich im Originalzustand zu erhalten“, erklärt Michael Hilbert. Er ist seit fast fünf Jahren für die Restaurierung des evangelischen Gotteshauses verantwortlich. Noch heute sind mehr als 50 Prozent der verbauten Außensteine original. Hilbert sagt, das liege an den vergangenen Restaurierungskampagnen, die in den letzten 400 Jahren an der Kirche durchgeführt worden sind. Denn auch während der Baupause vom 16. bis zum 19. Jahrhundert wurden Steine erneuert. Wie viel Originalmaterial es am Ende der laufenden Restaurierung, im Jahr 2022, sein wird, kann Hilbert noch nicht sagen. Alle Schritte werden sorgfältig für kommende Generationen auf säurefreiem Papier dokumentiert und die wichtigsten Pläne sind im Stadtarchiv sicher aufbewahrt. In der Münsterbauhütte arbeitet ein 24-köpfiges Team aus Steinmetzen, Steintechnikern und Schreinern. Für die seit 2015 laufende Restaurierung des Hauptturms lief bereits ab 2006 die Schadensanamnese. Drei unterschiedliche Sandsteinsorten sind hier verbaut worden: Doggersandstein, der aus Isny im Allgäu stammende Molassesandstein und Stubensandstein, der in Schönbuch bei Stuttgart abgebaut wird. Im Mittelalter wurden die Steine mittels Ochsenkarren über die Schwäbische Alb transportiert. Der stark durch den sauren Regen geschwächte calcitisch gebundene Doggersandstein wird nun durch ferritisch gebundenen ausgetauscht. Dieser eisenhaltige Sandstein hat den Vorteil größerer Dauerhaftigkeit. Bauforscher der Unis Bamberg und Karlsruhe betreuten die Arbeiten. Aber die Restaurierungen schaffen auch neue Probleme: So hat die Schwefelsäure früher den Bewuchs kleingehalten, jetzt muss man dagegen
Blick auf den Ulmer Münster
ABSTRACT "The work never runs out" The Münsterbauhütte Ulm has been part of Germany's intangible cultural heritage since March 2018. An application has now been submitted for inclusion in the UNESCO World Heritage List. RESTAURO visited master builder Michael Hilbert and his team of stonemasons, stone technicians and carpenters.
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SOFTWARE
Digitale Dokumentation mit Webapplikation Das Büro für Restaurierungsberatung (Götz – Lindlar) entwickelte ein digitales Raumbuch für Bestandserfassung und Ausschreibung von Restaurierungsleistungen – inzwischen auch mit 3D-Einbindung. Mittlerweile wird es unter dem Namen e-heritage in verschiedenen Versionen angeboten
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ABSTRACT Digital documentation with a web application The Büro für Restaurierungsberatung (Götz - Lindlar) developed a digital room book for stocktaking and tendering of restoration services - now also with 3D integration. Meanwhile it is offered under the name e-heritage in different versions.
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Das Schreiben von Restaurierungsdokumentationen gehört zu den alltäglichen Aufgaben in der Restaurierung: Häufig wird dazu das Textverarbeitungsprogramm Word von Microsoft benutzt, die digitalen Fotos werden darin eingefügt. Das Ergebnis wird ausgedruckt oder als PDF-Dokument gespeichert. So einfach das ist, so sind mit diesem Verfahren entscheide Nachteile verbunden. Es gibt technische Herausforderungen: Wenn große und viele Bilder eingefügt werden, wird die Datei sehr groß – ältere Rechner haben dann Schwierigkeiten. Große Dateien lassen sich zudem mit den üblichen Einstellungen von Mailservern nicht einfach verschicken und empfangen. Daneben ist auch immer die Datensicherheit ein Thema: Was tun, wenn durch ein unvorhergesehenes Ereignis die Datei oder gar der ganze Rechner unbrauchbar wird? Schnell sind viele Stunden Dokumentationsarbeit im digitalen Nirgendwo verschwunden. Außerdem können zahlreiche Möglichkeiten heutiger Technik gar nicht genutzt werden, weil Video- oder Tondateien und viele weitere Dateiformate in einem Textdokument nicht gespeichert werden können. Zeit also für Alternativen: die Entwicklung einer Webapplikation, die für die Restaurierungsdokumentation und Raumbucherstellung zum Einsatz kommt. Anders als klassische Textverarbeitungsprogramme werden Webapplikationen nicht auf
dem lokalen Computer zu Hause installiert. Die Datenverarbeitung findet auf einem Webserver statt. Die Ergebnisse der Datenverarbeitung werden an den lokalen Computer des Benutzers übertragen und können dort betrachtet und ausgewertet werden. Starten und loslegen Die Webapplikation e-heritage wurde für die Restaurierungsdokumentation und Raumbucherstellung entwickelt. Programmiert wurde sie mit der Open-Source-Software Drupal. Bei der Entwicklung wurde auf zwei Dinge großen Wert gelegt: Unterschiedliche Benutzer sollen sofort mit der Arbeit beginnen können, egal ob sie Anfänger oder fortgeschritten Computernutzer sind und alle Eingabeformulare sollten so eindeutig als möglich aufgebaut und intuitiv bedienbar sein. Auf dieser Basis wurde die Webapplikation „eheritage – Das digitale Raumbuch“ programmiert: Die Internetadresse wird aufgerufen, der Benutzer gibt seinen Namen und sein Kennwort ein und kann sofort loslegen. Es muss keinerlei Software auf dem eigenen Rechner installiert werden. Jedes herkömmliche Programm zum Aufrufen von Internetseiten (Webbrowser) kann verwendet werden. Der Benutzer ist vom heimischen Rechner unabhängig, weil der Zugriff von unterwegs 8/2019
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mit dem Smartphone oder Tabletcomputer oder auch von einem Fremdrechner aus erfolgen kann. Einzige Voraussetzung: es muss eine Internetverbindung geben. Nach der Anmeldung kann direkt mit der Dokumentation begonnen werden, indem auf „Inhalte hinzufügen“ geklickt wird. Als erstes muss ein „Projekt“ angelegt werden, in dem auf den Button „Projekt“ geklickt wird. Das Projekt ist der digitale „Schnellhefter“, in dem alle Formulare zusammengefasst werden. Es gibt nur wenige Pflichtfelder, das sind Felder, die ausgefüllt werden müssen. Mit diesen Einträgen ist das Projekt erstellt. Es muss jetzt – sehr wichtig – durch Speichern auf dem Server abgelegt werden. Neben den Pflichtfeldern gibt es in jedem Formular ein großes Angebot an optionalen Feldern zur Bestandserfassung, zu Schäden und Diagnose und als eigenes Kapitel die Restaurierungsdokumentation. Die Felder dienen als Checkliste bei der Erstellung der Bestands- und Schadenserfassung und stammen aus den beiden Normen EN 16095:2012 und EN 16096:2012. In den Erfassungsformularen können neben Texten und Bildern, PDF-Dokumente, Zeichnungen, Pläne, Videos und Sounddateien eingebunden werden. Das Projekt kann natürlich auch als PDFDokument ausgedruckt werden, um es beispielsweise dem Auftraggeber zur Verfügung zu stellen. Außerdem gibt es die Möglichkeit, e-heritage zum zentralen Speicherort für alle Dokumente eines Projektes zu nutzen. Dokumentieren mit der Cloud Nach dem Speichern ist die Dokumentation auf dem Server „in der Cloud“ dauerhaft gesichert. Der Verlust oder die Beschädigung des eigenen Rechners kann der Dokumentation nichts mehr anhaben. Die Daten sind rund um die Uhr aktuell verfügbar und periodische Sicherungen der Daten erfolgen im Hintergrund. Neben dem Sicherheitsaspekt bietet die Cloud aber noch weitere Vorteile. Hier können unterschiedliche Benutzer an räumlich verschiedenen Plätzen in einem Projekt zusammenarbeiten. Zugleich verfügen alle über den gleichen Informationsstand, was besonders bei großen Projekten mit vielen unterschiedlichen Beteiligten sehr entscheidend ist. 8/2019
Das digitale Raumbuch Die Webapplikation e-heritage kann mehr als Restaurierungsdokumentationen anfertigen. In der Denkmalpflege gibt es häufig die Aufgabe, nicht nur einzelne Objekte zu dokumentieren, sondern ganze Gebäude oder Gebäudegruppen mitsamt Inventar. Deshalb kann man mit e-heritage ein digitales Raumbuch erstellen. Hier können Standorte, Gebäude und Räume erfasst werden. Das Dankmalinventar wird nach Gewerken sortiert dokumentiert und genau mit dem Raum verknüpft, in dem es sich tatsächlich befindet. Dadurch entsteht ein übersichtliches und sehr anschauliches digitales Abbild des Denkmals.
1 Das digitale Raumbuch e-heritage ist einfach zu bedienen: Starten und Loslegen mit „Inhalt hinzufügen“
Digitales Raumbuch als Planungsinstrument Das digitale Raumbuch kann darüber hinaus zu einem umfassenden Planungsinstrument für die Ausführung von Restaurierung verwendet werden: Es können Schäden und deren Kartierung hinterlegt werden, Laborproben dokumentiert und alle Informationen direkt mit den davon betroffenen Objekten verknüpft werden. Die Planung von Restaurierungsleistungen hat außerdem fast immer das Ziel, ein Leistungsverzeichnis zu erstellen. Je anschaulicher dabei die Restaurierungsobjekte mitsamt ihren Schäden dargestellt werden können, umso zutreffender können auch Angebote kalkuliert werden. In den Objektformularen sind dafür alle Informationen und vor allem Bilder vorhanden. Diese Informationen werden bei e-heritage direkt in die üblichen Ausschreibungsprogramme importiert, ohne sie noch einmal abschreiben zu müssen. Als Besonderheit werden dabei die Bilder direkt mit dem Leistungsverzeichnis verknüpft. Die Bieter können so genau sehen, welches Objekt gemeint ist und wie groß die Schäden jeweils sind. Bei umfangreichen Projekten in großen Denkmalen kann die Bestandserfassung strukturiert in Tabellenform erhoben und per Massenimport im digitalen Raumbuch eingetragen werden. Bei diesem Verfahren muss dann nicht für jedes einzelne Objekt das Formular im digitalen Raumbuch ausgefüllt werden. Wenn in einem Projekt mehrere hundert Objekte erfasst werden müssen, stellt der Massenimport einen großen zeitlichen Vorteil dar. 17
SOFTWARE
Mit 3D-Scannern auf der Suche nach der Wahrheit Seit mehr als hundert Jahren streiten Historiker und Wissenschaftler darüber, wann die Wikinger erstmals nach Amerika kamen und wie weit sie in den Westen vordrangen. Eines der wichtigsten Objekte in dieser Debatte ist der Runenstein von Kensington, der 1898 in Minnesota ausgegraben wurde
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1 Der Runenstein von Kensington mit seiner 3D-Kopie (rechts)
ABSTRACT In search of the truth with 3D scanners For more than a hundred years, historians and scientists have argued about when the Vikings first came to America and how far they had advanced to the West. One of the most important objects in this debate is the rune stone of Kensignton, excavated in Minnesota in 1898.
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Wann kamen die Wikinger das erste Mal nach Amerika? Historiker und Wissenschaftler sind sich darüber uneins. Einen Anhaltspunkt liefert angeblich der Runenstein von Kensington, ein 92 Kilo schwerer Steinbrocken aus dem harten Mineral Grauwacke und einem weicheren, dem weißen Kalzit. Ein Farmer in Minnesota, Olof Ohman, hatte ihn 1898 entdeckt. Er ist wohl mit scheinbar uralten skandinavischen Runen verziert. Mithilfe von 3D-Scannern prüften amerikanische Archäologen nun die Echtheit des Steins. Blue Nelson und Mike Arbuthnot, Archäologen und zugleich Moderatoren der Fernsehserie „America’s Lost Vikings“, untersuchten den Fund. „Seit der Runenstein im Jahr 1898 entdeckt wurde, gehen die Meinungen der Wissenschaftler darüber auseinander, ob die Runen tatsächlich 650 Jahre alt sind“, erzählt Blue Nelson. Die Wikinger kamen um 1000 über den Atlantik nach Amerika und siedelten an der Küste Neufundlands bei L'Anse aux Meadows. Der Stein wurde allerdings 2900 Kilometer entfernt von dort gefunden – unter Wurzeln einer Espe. Kritiker sind der Meinung, dass der Entdecker Olof Ohman den Stein gefälscht hat. Blue Nelson
widmete sich bei der Untersuchung zunächst der Verwitterung der Runen. Sie müssten nach mehr als sechshundert Jahren mit der Schriftseite nach unten im feuchten Boden mehr Verwitterungsspuren zeigen als sie tatsächlich vorhanden sind. Gerade die in den weicheren Kalzit eingeritzten Zeichen müssten mehr verwittert sein als die in Grauwacke gehauenen. Um die Tiefe und Form der Einschnitte ganz genau zu messen, griffen die Archäologen auf den Einsatz von 3D-Scannern zurück. Hiermit können selbst kleinste Details erfasst werden, sie werden in 3D-Modelle verwandelt. So haben die Archäologen die Möglichkeit, Kopien zu erstellen und diese zu archivieren. Im Anschluss können die Modelle dann sogar ausgedruckt werden, in kleinerem oder größerem Maßstab. Um den Runenstein zu scannen, bedienten sich die Archäologen der 3D-Farbhandscanner von Laser Design: Artec Eva und Artec Space Spider. Artec Eva erzielt eine Genauigkeit von bis zu 0,1 mm, der Space Spider von 0,05 mm. Nelson und Arbuthnot wurden beim Scannen von Kevin Shain von Laser Design unterstützt. Doch sie lernten schnell selbst die Technik zu bedienen: „Die Artec-Geräte sind die einfachsten Scanner, mit denen ich je gearbeitet habe“, sagt Shain. „Neue Anwender verstehen sehr schnell, warum sie was machen müssen, egal welchen Wissensstand sie haben.“ Auch Blue Nelson war begeistert von der Technik: „Das wird das hochauflösendste Modell des Runensteins von Kensington, das es je gegeben hat.“ Beim Scannen ist zu beobachten, wie das 3D-Modell auf dem Bildschirm innerhalb einer Stunde entsteht. Um den gesamten Stein zu scannen, benutzten die Wissenschaftler zunächst Eva, danach Space Spider für die genaue Erfassung der Runen. Der Handscanner wurde eigentlich für kleinere Dinge konzipiert, dennoch konnte mit ihm auch der ganze Stein in den Maßen 76 × 41 × 15 cm gescannt werden. Nelson war vor allem von der Detailtiefe des Scans begeistert. Im Artec Studio wurde dann der Scan nachbearbeitet. Nach vier Stunden lagen die endgültigen Scans vor. Dabei wurde auch eine 3D-Kopie des Runensteins von Kensington erstellt. Kevin Shain erinnert sich: „Da ich für den Runenstein nur einen Tag hatte, musste ich schnell und präzise arbeiten, aber auch einen Backup-Plan haben, falls etwas 8/2019
Fotos: America’s Lost Vikings
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schief ging und ich ein paar Schritte zurückgehen musste. Ich hatte den Runenstein für den ersten Schritt mit der Vorderseite nach oben gescannt und ihn dann vorsichtig umgedreht, um die Unterseite zu scannen. Nach dem Scannen richtete ich die Eva-Datensätze aneinander aus und kombinierte sie mit den extrem hochauflösenden Space-Spider-Daten. Die Daten beider Scanner stimmten vollständig überein. Ich startete die letzte globale Registrierung für alle Daten, entfernte die Ausreißer und führte schließlich eine scharfe Fusion durch. Das Ergebnis war ein komplettes, hochauflösendes 3D-Modell des Runensteins von Kensington.“ Nach Fertigstellung des Modells wurden die Runen näher betrachtet. Die Zeichen im weichen Kalzit wurden denen in der harten Grauwacke gegenübergestellt. Der Buchstabe V stand dabei im Zentrum. Denn im Kalzit wirkte er eher wie ein U. Daneben waren die Buchstaben im weicheren Gestein 25 Prozent flacher. „25 Prozent wären bei etwa 130 Jahren Verwitterung zu erwarten“, so Blue Nelson, der bezweifelte, dass der Runenstein tatsächlich 650 Jahre im feuchten Boden lag. Mike Arbuthnot allerdings wies darauf hin, dass die Geschichte auch stimmen könnte. Die Archäologen waren unterschiedlicher Meinung. Der Unterschied zwischen den Runen wurde durch den 3D-Scan hervorgehoben, Beweise für die Echtheit oder Fälschung hatte man allerdings trotz allem nicht. Um der Wahrheit näher zu kommen, wollten Nelson und Arbuthnot erforschen, wie eine mögliche Reise der Wikinger in Minnesota abgelaufen sein könnte. Sie ruderten in einer Nachbildung eines Wikingerschiffs den St. Louis River hinauf. Zudem erkundigten sie sich bei einem Steinbildhauer, ob die Herstellung des Runensteins für jemanden, der nicht vom Fach ist, möglich sei. Hier erfuhren sie, dass das mit enormem Aufwand zu stemmen ist. Mehrere Tage müsste sich jemand ausschließlich dem Stein widmen und immer wieder den Meißel schärfen. Die Inschrift besagt, dass auf einer Reise von Vinland nach Westen zehn Männer erschlagen wurden. Vermutlich würde man in einer solchen Situation weniger daran denken, die Geschichte in Stein festzuhalten. Historikern erscheint daher der Grund für die Erschaffung des Steins schon erklärungsbedürftig. 8/2019
Bis heute sind sich die Experten uneins, ob es sich tatsächlich um einen alten Stein oder nur eine spannende Geschichte handelt. Der vermeintliche Finder könnte genauso gut Runen aus einem Buch abkopiert haben und das Ganze erfunden haben. Es gibt allerdings auch Vertreter, die von der Echtheit überzeugt sind. Sicher ist nur, dass Wikinger in Amerika siedelten, allerdings offenbarten das an einer anderen Stelle archäologische Grabungen.
2–4 Um die Tiefe und Form der Einschnitte der verwitterten Runen ganz genau zu messen, griffen die Archäologen auf den Einsatz von 3D-Scannern zurück. Selbst kleinste Details können damit erfasst werden
Susanne Lux
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Mythos Glas – Das Museumsglas Im zweiten Teil unserer Serie zu Bilderglas lüften wir das Geheimnis der interferenzoptisch entspiegelten Gläser – auch als Museumsgläser bekannt – und betrachten ihre Wirkung, Funktion, Herstellung und Haltbarkeit
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ABSTRACT The Myth of Glass – The Museum Glass In the second part of our series on picture glass, we reveal the secret of interference-optically anti-reflective glasses – also known as museum glasses – and examine their effect, function, manufacture and durability.
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Interferenzoptisch entspiegelte Gläser, egal ob als Weißglas, Zweischeibensicherheitsglas oder Acrylglas sind die Königsklasse der Bildverglasung und gerade in musealen Ausstellungsflächen das Beste zur optimalen Bildpräsentation für einen ungetrübten Kunstgenuss. Daher werden diese umgangssprachlich auch „Museumsglas“ genannt. HALBE-Rahmen beobachtet einen seit Jahren stetig wachsenden Trend hin zu entspiegelten Gläsern. Die bekanntesten Hersteller sind SCHOTT mit der MIROGARD® Serie an mineralischen Gläsern und Tru Vue u.a. mit dem Acrylglas Optium Museum Acrylic.® Aber was steckt überhaupt hinter dem Begriff interferenzoptisch? Reflexsionsfrei durch gegenläufige Lichtwellen Bei einer interferenzoptischen Entspiegelung wird das Grundmaterial (meist Weißglas oder Acrylglas)
mit einer Vielzahl von dünnen Lagen Metalloxid beschichtet, die jeweils einen anderen Wellenbereich des Lichtes reflektieren. Dabei werden die sichtbaren Lichtwellen so zurückgeworfen, dass sich die verschiedenen Lichtwellen gegenseitig aufheben, was die Spiegelung um über 99% reduziert. Diesen Effekt nennt man optische destruktive Interferenz. Aber wie funktioniert das genau? Wenn Licht auf die erste Beschichtungsebene fällt, wird ein Teil absorbiert, ein Teil reflektiert und ein Teil tritt hindurch. Wenn das hindurchtretende Licht die nächste Schicht erreicht, passiert der gleiche Prozess erneut. Die von jeder Materialschicht reflektierten Lichtwellen, interagieren miteinander. Abhängig von der Länge und Energie der reflektierten Wellen führt diese Interaktion dazu, dass sich die gegenläufigen Lichtwellen gegenseitig aufheben. Dabei wird eine farbneutrale 8/2019
GLAS
1 Bei den Werken von Edvard Munch im Munch Museum in Oslo wurden Tru Vue Optium Museum Acrylic verwendet 2 Darstellung der optischen destruktiven Interferenz 3 Schichtaufbau eines interferenzoptisch entspiegelten Glases
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Fotos: SCHOTT AG; Tru Vue Inc.
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„Der beste Maler Venedigs“ Die Staatsgalerie Stuttgart besitzt den größten Bestand an Tiepolo-Arbeiten außerhalb Italiens. Anlässlich seines 250. Todestags widmet das Museum dem wohl bedeutendsten Vertreter der Malerei des 18. Jahrhunderts in Italien derzeit eine umfangreiche Ausstellung. Erstmals im deutschsprachigen Raum eröffnet die Schau den Blick auf die gesamte Schaffenszeit des Künstlers von eleganten Gemälden aus Mythologie und Geschichte über dramatische religiöse Bilder bis zu Karikaturzeichnungen und Radierungen
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ABSTRACT "The best painter of Venice" The Staatgalerie Stuttgart has the largest stock of Tiepolo works outside Italy. To mark the 250th anniversary of his death, the museum is dedicating an extensive exhibition to what is probably the most important representative of 18th-century painting in Italy. For the first time in the German-speaking world, the show offers a glimpse of the artist's entire creative period, from elegant paintings from mythology and history to dramatic religious pictures to caricature drawings and etchings.
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An überschwänglichen Lobestiteln hat es schon zu seinen Lebzeiten nicht gefehlt. So wurde Giovanni Battista Tiepolo (1696–1770) bereits von seinen Zeitgenossen als „Der beste Maler Venedigs“ gefeiert (bis 2. Februar 2020). Aktuell dient die Huldigung der Staatsgalerie in Stuttgart als Untertitel zu ihrer höchst sehenswerten Ausstellung mit 120 Werken. Man tut dem brillanten Koloristen, Lichtschöpfer und virtuosen Kompositeur großartiger Darstellungen keinen Abbruch, wenn man die Würdigung auf das 18. Jahrhundert beschränkt. Vor den 25 Gemälden, über 50 Zeichnungen und den Radierfolgen kann man ein weiteres, häufig wiedergegebenes Zitat nachvollziehen, das besagt, Tiepolo sei „wie ein Veronese nach einem Platzregen“. Der Bezug ist berechtigt. Denn Tiepolo
hat sich mit dem Werk seines unsterblichen Vorläufers Paolo Veronese sehr genau auseinandergesetzt. Die mythologischen und religiösen Themen des 16. Jahrhunderts standen im barocken 18. Jahrhundert, das Tiepolo auf seine spezielle, venezianische Weise vertritt, nach wie vor im Mittelpunkt. Doch hat er, selbst wenn er sich relativ eng an die Vorbilder Veroneses anlehnt, immer etwas Neues geschaffen. Wie Veronese setzt Tiepolo weibliche Schönheiten mit makellos heller Haut, verführerischen Dekolletés und rotblonder Haarpracht ins Bild. Er berauscht sich an farbenprächtigen Seidenstoffen, kostbaren Preziosen, Perlen und Gewändern, setzt Farbakzente von kaum gekannter Schönheit und Spannung. Himmelsräume und Licht erlangen eine nie dagewesene Weite. 8/2019
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Fotos: Staatsgalerie Stuttgart (1, 2)
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Doch darüber hinaus gebiert Tiepolo Figuren-Konstellationen, verleiht seinen Bildwelten eine Mehrdeutigkeit, die teils bis heute nicht entschlüsselt werden konnte. 1696 in Venedig als Sohn eines wohlhabenden Kaufmanns geboren, trat Giovanni Battista Tiepolo wohl 1710 in die Malerwerkstatt des Gregorio Lazzarini ein und wurde 1717 in die venezianische Malergilde aufgenommen. Zwei Jahre später heiratete er Cecilia Guardi, die Schwester der Malerkollegen Giovanni Antonio und Francesco Guardi. Ab 1722 führte er Aufträge für Altargemälde in Venedig und der Region aus. Viele haben sich bis heute am originalen Standort erhalten. Alsbald betrieb Giambattista Tiepolo, wie er auch genannt wurde, eine größere Werkstatt, in der sein 1727 8/2019
geborener Sohn Giovanni Domenico neben dem 1736 geborenen Bruder Lorenzo zum wichtigsten Mitarbeiter bei den internationalen Großaufträgen heranwuchs. Obwohl Tiepolos Hauptwerk, die Fresken in der Würzburger Residenz, wie viele weitere Wandmalereien und Altarbilder nicht reisen können, bietet die großenteils chronologisch geordnete Ausstellung einen breiten Einblick in sein gesamtes Schaffen. Denn Tiepolo musste den Auftraggebern in der Regel Präsentationsmodelle liefern, von denen sich viele erhalten haben. Eine beträchtliche Auswahl ist nun in der Staatsgalerie mit einer Vielzahl Vor- und Nachzeichnungen vereint. Glückliches Stuttgart: denn das Museum besitzt den größten Bestand an Tiepolo-Arbeiten außerhalb
1 Giovanni Battista Tiepolo, Apoll führt dem Genius Imperii die Kaiserliche Braut zu (Ölskizze für das Deckenfresko im Kaisersaal der Residenz Würzburg), 1751, Öl/ Lwd., 65,3 x 106,5 cm, Staatsgalerie Stuttgart 2 Kartierung der Pentimenti (Abb. 1), die aus Infrarot- und Röntgenaufnahme erschlossen werden können
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Für Van Gogh ist kein Aufwand zu groß
Willkommen in der Van-GoghAusstellung
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Der grenzüberschreitende Kunsthandel und die globale Zunahme von Kunstmessen lassen die auf Kunst spezialisierte Transportbranche seit Jahren expandieren. Da vergisst man fast, dass es noch einen weiteren Player gibt, der ihrer Dienste bedarf. Zu den Museen, die immer wieder mit spektakulären Namen locken, gehört das Frankfurter Städel. Das hauseigene Highlight des Ausstellungsherbstes 2019 hat noch der frühere Direktor Max Hollein eingefädelt. 2016 wechselte er zum Metropolitan Museum of Art in New York. Der Vorlauf zum Blockbuster „Making van Gogh“, der
ungewöhnlich viele Meisterwerke zusammenführt, war da schon längst im Gange und beanspruchte insgesamt fünf Jahre bis zur Eröffnung. Eine lange Zeit, die vor allem den Verhandlungen über Leihgaben geschuldet war, meint Katja Hilbig, Leiterin des Ausstellungsdienstes. Es bedarf oft hartnäckiger Überzeugungsarbeit, damit sich ein Museum von seinen kostbarsten Schätzen trennt. Und die leistet sie stets im Verborgenen. Manchmal muss ein Bild erst für den Transport von Restauratoren fit gemacht werden, oder es gibt bereits einen anderen Interessenten. Für 8/2019
Foto: Städel Museum - Norbert Miguletz
Neben dem Boom der Zollfreilager hat auch die steigende Zahl von Blockbuster-Ausstellungen das Aufkommen der auf Reisen geschickten Kunstwerke erhöht. Wie Museen mit dieser Entwicklung umgehen, weiß Katja Hilbig zu berichten. Sie ist beim Frankfurter Städel seit 2001 für den Ausstellungsdienst verantwortlich
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besonders wertvolle Objekte gelten nicht selten Auflagen: Ein Non-Stop-Flug etwa, danach mit Hochsicherheitstransporter direkte Fahrt ins Museum, eine auf Diebstahl spezialisierte Eskorte oder eine Transportbox höchster Qualität. Die so genannten „Klimaboxen“ stellen sicher, dass ein Bild während der Reise keinen Temperaturschwankungen ausgesetzt wird. Sie sollen im Frachtraum auch möglichst parallel zur Flugrichtung aufgestellt werden, um Erschütterungen zu verhindern. Nicht zu vergessen die Sicherheitsvorkehrungen, die nach 9/11 rigoroser eingehalten werden. 8/2019
Immerhin gibt es nicht nur für Logistiker bei der zurzeit enorm hohen Zahl der um den Globus kursierenden Kunst genügend Gelegenheiten, um Routine einzuüben. In Frankfurt kommen die Leihgaben diesmal aus Amsterdam, Chicago, Boston, New York, Washington, Prag und München. Zu den 50 Leihgaben von van Gogh gesellten sich noch 90 weitere Werke anderer Künstler wie Ernst Ludwig Kirchner oder Max Beckmann dazu. Der Grund dafür ist das Thema der Ausstellung: die Kontextualisierung des Niederländers in seiner deutschen Rezeption.
ABSTRACT No effort is too great for Van Gogh In addition to the boom in bonded warehouses, the rising number of blockbuster exhibitions has also increased the number of works of art sent on journeys. Katja Hilbig knows how museums deal with this development. She has been responsible for the exhibition service at Frankfurt's Städel since 2001.
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