Zeitschrift f端r Restaurierung, Denkmalpflege und Museumstechnik
Graffiti: Ist das Kunst oder kann das weg? Kunstst端ck: Neue Erkenntnisse zu Purpur HIstorismus: Schwierige Epoche f端r REstauratoren
Sind Raumaustattungen nur in ihrem urspr端nglichen Zustand erfahrbar? www.restauro.de
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Januar/Februar 2015
Inhalt
TitelThema: Raumausstattung
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Kommentar von Wolfgang Lösche: Proklamation des ursprünglichen Zustandes
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Franz Bauer Auf chinesische Art gemacht Erhaltung von Spiegellambris und Tisch aus dem „Cabinet der Fürstin“
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Susanne M. Käfer und Claudia Enengl Ein bemerkenswertes Möbel Restaurierung und Neuaufstellung eines Bibliotheksschrankes
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Heike Pfund Wie geht man mit rußgeschwärzten Wandmalereien um? Reinigung im buddhistischen Kontext
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Britta Grigull Streitfrage Rekonstruktion
Fragmentarisch erhaltener Originalzustand
Graffiti Christine Pieper Mit Spraydose und Pinsel Herstellungstechnische Aspekte von Graffiti-Interventionen
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„Graffitis haben keinen Anspruch auf Ewigkeit“ Ein Interview mit York Rieffel
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Alexandra Bröckl Ist das Kunst oder kann das weg? Graffiti und Street-Art im öffentlichen Raum
Graffiti und Street Art Fotos: (v. o. n. u.) Atelier Bauer; Jon Davey, Zasedesign; mkpublishing/Michael Kießling
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erhalt historistischer werke 52
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Freilegungen und Rekonstruktionen
Armin Scharf Verwandeltes Ensemble Ein Industriebau mit überraschenden Ausmalungen
Manfred Koller 56 Restaurierungsdebatten des 19. Jahrhunderts Eine frühe, vergessene Streitschrift zur Gemälderestaurierung Elisa Cominato 60 Fritz Geiges – Eine Ausstellung in Linnich zeigt das facettenreiche Bild des Restaurators im Historismus Daniel Parello 61 Ludwig I. als Förderer einer fast vergessenen Kunst Eine Buchrezension 1/2015
rubriken 6
Kunststück
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Blickpunkt Ausstellung Mutter Courage Rückschau erstes Webinar Der Edle von Boilstädt Restaurierung des Kapitol in Washington
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Gefördert von
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Beruf
62 Termine 62 Ausstellung 64 Veranstaltungen 64 Impressum 65 Vorschau 65 Stellenanzeigen 66
Porträt
Titelmotiv
Foto: LIECHTENSTEIN, The Princely Collections, Vaduz-Vienna
Das Titelmotiv zeigt das Mahagonizimmer im Palais Liechtenstein in Wien. Im April 2013 wurde das Stadt palais nach einerumfassenden Restaurierung wiedereröffnet. Ziel der Maßnahmen war die Wiederherstellung des ursprünglichen Gesamterscheinungsbildes. Dazu gehörte die Neu-Präsentation von Möbeln und Gemälden aus dem Wiener Klassizismus und Biedermeier in der Originalausstattung. Ist damit die Erfahrbarkeit gewährleistet?
Über 1500 Pigmente für die Kunst an der Wand. www.kremer-pigmente.de
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Titelthema: raumausstattung
Franz Bauer
Auf chinesische Art gemacht Erhaltung von Spiegellambris und Tisch aus dem „Cabinet der Fürstin“
2011 und 2012 wurden die Räumlichkeiten im Süd- und Westtrakt des ersten Obergeschosses im Eisenstädter Schloss Esterházy für die Ausstellung „Das Appartement der Fürstin“ generalsaniert und für Besucher erschlossen. Dafür wurde die im „Cabinet der Fürstin“ befindliche Spiegellambris und der Tisch restauriert sowie die Originalfassung freigelegt. 1
Vorzustand der Spiegellambris
Abstract “... made the Chinese way” Conservation of mirror panelling and table from the “Cabinet der Fürstin” (the royal private rooms) The mirror panelling - first mentioned in 1762 – and the table are central, striking items in terms of the interior finish. The structural elements of the chinoiserie that was fashionable in the 18th century are typically expressed in graphic abstraction. In stripping the frame, the small sectioning presented a serious challenge.
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Erstmals erwähnt wurde die Spiegellambris im Inventarverzeichnis von 1762 aus dem Archiv von Schloss Esterházy. Im nächsten erhaltenen Inventar von 1792 findet sich folgende detaillierte Beschreibung: „Spiegl Wand, nebst 2 Arm Leuchter, jeder auf 2 Lichter, von Bildhauer Arbeit, weiß, und blau gefaßt Spiegel in 2 Theile.“ und ein „1 Troumeaux Tisch von Bildhauer Arbeit, auf chinesiche Art gemacht, weiß, und blau gefaßt, mit einer Platte vom blau, und weiß mellirten Marmor.“ Die Spiegellambris und der Tisch sind zentrale und markante Ausstattungsobjekte im Raumensemble. Ein bedeutendes architektonisches Ge-
staltungselement ist der integrierte große Spiegel, der eine raumvergrößernde Wirkung erzielt. Die gestalterische Signifikanz der im 18. Jahrhundert in Mode gekommenen Chinoiserie drückt sich in den typischen, plastischen und abstrakt stilisierten Darstellungen wie etwa den Vögeln, Glöckchen, Perlen, Quasten, Pfeilen, Blättern und Drachen aus. Der chinesische Charakter wurde durch die Farbgebung im Blau-Weiß-Stil mit porzellanenem Oberflächenerscheinungsbild verstärkt, indem die so genannten Nullflächen monochrom weiß, die Profile monochrom blau und die Ornamente polychrom mit verschiedenen Blaupigmenten und weißen Linierungen gefasst waren. 1/2015
raumausstattung
Zustand der Spiegellambris Die Konturen der Ornamentik und Profile hatten ihre ursprüngliche feingliedrige Charakteristik infolge der oftmaligen Überarbeitungen der Fassung verloren (Abb. 1). Mittlerweile verbanden die Fassungsschichten, vergleichbar einer dicken Glasur, die Ornamente und die Rahmen übergangslos mit der Lambris. Eingelaufene Farbe fixierte die Ornamentik auf dem Trägerholz zu einer starren Verklebung. Da ein Quellen und Schwinden der einzelnen Teile bei sich verändernden Klimabedingungen somit unterbunden war, kam es zu einer erheblichen Menge an Durchrissen bei den Ornamenten. Auch an den Füllungen und Rahmen der Lambris klafften mehrere klimabedingte, große Risse auf, welche großteils verkittet waren. Unzählige Fassungsausbrüche und Aufschollungen lassen auf extreme klimatische Bedingungen in der Vergangenheit schließen, die auch die vielen Trocknungsrisse in der Holzsubstanz der Lambris zur Folge hatten.
Foto: Atelier Bauer; Illustration: Nina Breindl
Zustand des Tisches Die Fassungen des Tisches und die der Spiegellambris glichen einander sowohl im verwendeten Material als auch in der farbigen Konzeption (Abb. 2). Der Tisch stand nicht mehr stabil, weil nahezu alle Zapfenverbindungen der zwei Kreuzverstrebungen an den Füßen gebrochen waren. Mehrere davon hatte man nur mit Kitt ergänzt. Dickschichtig aufgetragener PVA-Leim hätte die Bruchstellen stabilisieren sollen. Vereinzelt fehlten kleine, geometrische Ornamente aus den Falzen der Kreuzverstrebungen. Bei den Füßen waren viele Teile von Ornamenten ab- bzw. ausgebrochen und abhanden gekommen. Dazu zählten Bereiche der konkaven Basiskonen und eine Unzahl an Blattspitzen. Außerdem waren viele Glöckchen und Klöppel, alle Pfeilspitzen mitsamt den Schäften und einer Befiederung sowie einige Holzperlen von unterschiedlicher Größe verloren gegangen. Adaptionen Links und rechts neben dem Spiegelrahmen der Lambris waren je ein zweiarmiger Armleuchter angebracht, welche in der Vergangenheit nachträglich elektrifiziert wurden. Zeugen dafür sind die vier Messingarme mit den Leuchtmittelaufsätzen. Viele kleine Ornamentteile waren schon im Laufe der Zeit ergänzt worden. Diese hatte man großteils mit einer wasser- und lösemittellösbaren Modelliermasse meist sehr unförmig ausgeführt. Auch die Schnitzergänzungen waren oftmals sehr unsachgemäß und grob gearbeitet. Fassungsanalysen und Probefreilegung Die Letztfassung der beiden Objekte aus der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts wies zusätzlich zur weiß-beigen Grundfassung malerische Strukturie1/2015
entar K o m m g Lösche
Wo l f g
an
Wolfgang Lösche ist Leiter der Galerie Handwerk bei der Handwerkskammer für München und Oberbayern. Er studierte Volkskunde an der Ludwig-Maximilians-Universität in München.
„Wichtig ist die enge, kollegiale Zusammenarbeit“ Die Galerie Handwerk der Handwerkskammer für München und Oberbayern hat im Sommer 2014 die Ausstellung „Textile Raumdekorationen“ gezeigt, in der es um Rekonstruktionen von textilen Wandbehängen und Tapeten, die Textilien imitieren, ging. Ein Anliegen war, diese textilen Rekonstruktionen im größeren Kontext ihrer historischen Entstehung und ihres historischen Umfelds darzustellen. Die Ausstellung ist Teil einer Reihe der Galerie, die der Vermittlung historischer Handwerkstechniken und der Präsentation vorbildlicher, qualitätvoller Arbeiten gewidmet ist. Das Thema der Rekonstruktion von Raumausstattungen ist deshalb so aktuell, da es darauf verweist, wie wichtig und für die Projekte relevant die enge, kollegiale Zusammenarbeit der verschiedenen Institutionen, von Wissenschaftlern, akademischen Restauratoren, Restauratoren im Handwerk und Handwerkern ist, die jeweils ihre spezifischen Qualifikationen in die sehr komplizierten und in der Recherche und Produktion aufwendigen Projekte einbringen. Das Thema reagiert zudem auf Veränderungen in der Erfahrung und Wahrnehmung von Kultur sowie auf das Interesse für das Nachschöpfen von historischen Zuständen, die es erleichtern, das Leben der Vergangenheit zu erfahren.
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Graffiti
Christine Pieper
Mit Spraydose und Pinsel Herstellungstechnische Aspekte von Graffiti-Interventionen
Graffiti und Street-Art sind zum omnipräsenten Bestandteil unserer Wahrnehmung im öffentlichen Raum geworden. Einerseits stellen sie als Sachbeschädigung ein erhebliches Problem der öffentlichen Ordnung dar, andererseits integrieren sie sich durch qualitätsvolle Beiträge immer mehr im freikünstlerischen und kunsthandwerklichen Bereich. Die Verfasserin gibt basierend auf ihrer Seminararbeit im Folgenden einen kurzen Überblick über wichtige herstellungstechnische Aspekte des Graffiti. Erläuterungen der Fachbegriffe finden Sie auf Seite 47 in diesem Heft. 1
Abstract With Spray Can and Brush The technicalities involved in the production of graffiti Based on the author’s paper, the article focuses on the various individual steps in the production of graffiti and street art in the public domain. A detailed explanation is given of the respective tools and materials required.
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Ist der Begriff „Graffiti“ definierbar? Probleme bei der Definition des Begriffes stellen die in den letzten Jahrzehnten unscharf gewordenen, inhaltlichen Kriterien dar. Graffiti kann sowohl grafisch als auch malerisch wirken und technisch umgesetzt sein. Eine Reduzierung der Technik auf die Verwendung von Sprühdosen und Schriftzeichen ist üblich. Jedoch sind sie grundsätzlich unabhängig von der Wahl der Mittel und Motive. Sie können nicht regional oder geschichtlich ab- bzw. eingegrenzt werden. Außerdem ist Graffiti bereits lange kein Phänomen einer Subkultur mehr. Akademisch ausgebildete Künstler und Vertreter der Szene, die ihren Lebensunterhalt damit verdienen,
können Autoren solcher Werke sein. Der Writer PHASE 2 formulierte, dass es ein veralteter, inadäquater Begriff sei, den die Medien als schwachen Versuch ersonnen hätten, um eine Bewegung historischen Stellenwertes zu fassen (Treeck 2001, S. 72). Der Träger Das Material des Trägers, die Beschaffenheit und Struktur seiner Oberfläche sowie der Umgang mit diesen Faktoren ist von der Position, der Exposition und persönlichen Präferenzen abhängig. Das Ziel kann sein, eine von überall sichtbare Stelle zu gestalten wie etwa Züge, hohe und schwer er1/2015
Graffiti reichbare Stellen oder stark befahrene Verkehrswege oder auch ein Statement auf die Umstände in einer bestimmten Umgebung umzusetzen. Oft werden diese Orte im Vorfeld sorgfältig ausgesucht (Walde 2007, S. 64). Es wird demnach technisch auf den vorhandenen Bestand reagiert. Die Anbringung ist auf nahezu allen Baustoff-, Metall-, Kunststoff-, Holz- und Naturoberflächen möglich. Beschichtungen sowie Schäden des Trägers werden gegebenenfalls mit einbezogen.
Fotos: (1) Sarah Hutt; (2–4) Jon Davey, Zasedesign
Vorbereitung von Untergründen Der Untergrund kann durch Auftrag einer Grundierung als Fondton vorbereitet werden, um eine brillantere Farbwirkung zu erzeugen. Sie kann auch die Funktion einer Imprägnierung übernehmen (Schluttenhafner et alii 1994, S. 86). Es ist möglich mit Tiefengrund vorzuarbeiten oder für Voranstriche Dispersions-, Latex- oder Acrylfarbe zu verwenden (Will 1999, S. 18 und Lehmann/Petermann 2006, S. 77). Auch Chromsilber-Sprühfarbe wird aufgrund ihrer guten Deckkraft empfohlen (Schluttenhafner et alii 1994, S. 86). Werkzeuge und Hilfsmittel Neben der klassischen Sprühdose spielen auch der Permanentmarker, Pinsel, die Malerrolle, Stifte und bei Bedarf eine Schlagschnur sowie Klebeband eine wichtige Rolle (Lehmann/Petermann 2006, S. 69, 77). In den letzten Jahrzehnten hat sich die Industrie bei der Entwicklung und Technologie der Sprühdose immer stärker an den Erfahrungen der Graffiti-Sprüher orientiert. Während es früher notwendig war spezielle Farben durch Mischen zu erhalten (Will 1999, S. 8), führten technische Innovationen zur Erweiterung der Farbpalette. In den Anfängen des Graffiti-Sprühens wur2 den unter anderem Rostschutzmittel eingesetzt. Dazu gehörten die Marken „Liquid Wrench“, „Rust-Oleum“ und „Krylon“ (Cooper/Chalfant 1984, S. 32). Aber auch Farbsprühlacke für Auto, Heim und Garten kamen zur Anwendung. Die heute vorwiegend verwendeten Marken sind „DupliColor“, „Marabu“, „Molotow“ und „Montana“. Im Wesentlichen können drei Typen von Aerosollacken unterschieden werden: Nitrokombinations-, Acrylharz- und Kunstharzlacke. Zudem kommen Dispersions-, Acryl-, Silicat- oder Silicatharzfarben zur Anwendung (Lehmann/Petermann 2006, S. 80). Die Verträglichkeit der Produkte untereinander ist nicht immer gegeben und fordert viel Erfahrung. Solche Reaktionen werden aber auch bewusst für Effekte genutzt. Verschiedene Sprühköpfe spielen ebenfalls eine wesentliche Rolle bei der Ausführungstechnik von Graffiti.
von Ideen ein. Im „Blackbook“ kann der Writer von Non-Finito-Bleistiftzeichnungen bis hin zu kolorierten Schriftzügen alles festhalten. Ein Blackbook dokumentiert deutlich den Lebensweg und die Entwicklung des Styles eines Writers (Schluttenhafner et alii 1994, S. 60 f.). Übertragung und Unterzeichnung Besonders bei großflächigen Arbeiten ist eine Unterzeichnung üblich. Die Verwendung von aufgemalten Rastern, Lochpausen sowie Beamer und Diaprojektoren als Übertragungshilfen sind möglich (Abb. 2) (Lehmann/Petermann 2006, S.96). Der Writer prägt sich die Struktur der Wand und markante Punkte wie Löcher, Nägel, Risse oder Fehlstellen genau ein. Auch die Konstruktion eines Gerüstes kann der Orientierung dienen (Will 1999, S. 18). Die Unterzeichnung kann durch hellere Farbe gesprüht sowie mit Dispersionsfarbe, Kohle oder Kreide angefertigt werden. Ausführung des Graffiti Hierfür gibt es keine festgelegten Arbeitsschritte. Das Sprühen von Graffiti ist ein Verfahren, das durch den Auftrag mehrerer Schichten gekennzeichnet ist. Diese erfordern je nach Umwelteinflüssen und Material spezifische Trocknungszeiten. Je nach Art der Ausführung kann das Motiv malerisch oder grafisch wirken. Wesentlich für das Sprühen guter Arbeiten ist der richtige Umgang mit der Dose – die „Can Control“. Je nach Motiv und gewünschtem Ergebnis kann der Writer nach eigenen Kriterien vorgehen. Erfahrung, Übung und die eigenen Fähigkeiten ermöglichen das Spiel mit Form und Farbe. Eine der Methoden
1 Graffiti auf einem Pfeiler der Brudermühlbrücke in München von WON ABC 2009. Es sind drei Schichten zu erkennen: das durchscheinende ehemals sichtbare Graffiti, die Grundierung mit Dispersionsfarbe und die aufliegende Graffitischicht. 2 Unterzeichnung auf der Gebäudewand
Skizzen und Entwürfe Ihre Erstellung nimmt einen wichtigen Stellenwert für die Konzeption, die Übung und das Sammeln 1/2015
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ERHALT HISTORISTISCHER WERKE
Armin Scharf
Verwandeltes Ensemble Ein Industriebau mit Ăźberraschenden Ausmalungen
Wo einst Dampfmaschine und Dieselmotor drĂśhnten, tackern heute die Tastaturen eines Medienunternehmens. In Augsburg zeigt ein alter Industriebau, wie ein Umgang mit historistischen Fassungen gelingt.
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ERHALT HISTORISTISCHER WERKE 2
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Bis weit in das 20. Jahrhundert lief im Augsburger Stadtteil Göggingen die Zwirn- und Nähfadenproduktion auf Hochtouren. Doch mit dem Abwandern der Textilwirtschaft in Billiglohnländer reduzierte auch die Firma Ackermann ihre Produktion. Heute wird nur noch in einem kleinen Teil der ursprünglichen Areales von einer Nachfolgefirma die Herstellertradition fortgesetzt. Zu den verlassenen Gebäuden gehörte das F15 genannte Maschinenhaus, erstellt vom legendären Industriebaumeister Philipp Jakob Manz im Jahre 1911. In der hohen Halle arbeitete bis 1949 eine 600 PS starke Dampfmaschine. Ein Mitteltrakt, der baulich zu F15 gehört, verbindet zum Hallenbau F16. 1889 mit einem filigranen Dachtragwerk und ungewöhnlichen Rundbogenfenstern erstellt, soll hier vor rund hundert Jahren der erste, liegende MAN Dieselmotor angelaufen sein. Bereits bei den ersten Sichtungen zeigten sich hier an den Innenwänden florale Dekorationselemente. Aus heutiger Sicht mutet die reiche Dekorationsmalerei etwas überraschend an – schließlich war F16 ein Industriegebäude. Doch entweder dachte man am Ende des 19. Jahrhunderts anders oder F16 diente einer anderen Nutzung. Möglicherweise war der Bau eine Präsentationshalle oder eine Werkskantine oder 1/2015
1 Das Maschinenhaus der Zwirnerei und Nähfadenfabrik 2014 2 Pläne des Architekten Philipp Jakob Manz (1861–1936), Stuttgart 1911 3 F16 nach der Restaurierung. Gut erkennbar sind die Zeitfenster an der Ostwand und das filgrane HolzStahl-Dachtragwerk.
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