Forum für Restauratoren, Konservatoren und Denkmalpfleger
ERFASSUNG OBJEKTSCHÄDIGENDER STRAHLUNG VORSCHAU ZUR MESSE DENKMAL FARBFASSUNG AUF STEIN ITALIENISCHES RESTAURATORENGESETZ ENTWICKLUNG EINES HEIZSKALPELLS LITERATUR FÜR SELBSTSTÄNDIGE UND EXISTENZGRÜNDER EINSATZ VON CO3-IONENTAUSCHERN CONTEMPORARY ART: WHO CARES? RESTAURIERUNG VON TERRAKOTTAPLASTIKEN
www.restauro.de
7 Oktober/November 2010
INHALT 424
Tagungskolumne
RESTAURO AKTUELL 411
Editorial 422
414 415
416 417 418 420 428
Notfallplanung
Werkstätten und Institute Neues Textilkonservierungszentrum in Glasgow Neues Denkmalpflegezentrum in Benediktbeuern Blickpunkt Konservierung von Wandgemälden in Petra/Jordanien NASA-Technologie sichert Bibliotheksbestände des Vatikan Studien zur Zerstörung durch marine Schwämme Schulprojekte
424 428
Meinung Restauratorenreform in Italien Unterwegs »Contemporary Art: Who Cares?« »Notfallplanung als Bestandteil der präventiven Konservierung«
430
Nachgefragt E-Mail aus Italien, Teil 2
434
Rezensionen
439
Internet
440
Lesezeichen
RESTAURO MESSE
442
Informationen zur denkmal 2010 in Leipzig RESTAURO auf der denkmal, Veranstaltungsprogramm, Firmenneuheiten
RESTAURO THEMEN
442
denkmal 2010 in Leipzig
450
Georg Hilbert Farbfassung auf Stein Zum Einsatz von Anstrichsystemen zur Natursteinkonservierung
456
Markus Kleine Der Einsatz von CO3-Ionentauschern Zur Reinigung der Enrique-Aleman-Fenster in der Kathedrale von Sevilla
460
Heiko Herzberg und Stephan Völker Sensor zur direkten Erfassung objektschädigender Strahlung Entwicklung eines neuen Messsystems
463
Stefan Schuster, Kerstin Luber Entwicklung eines Heizskalpells Neue Möglichkeiten in der Restaurierungspraxis
466
Foto/©: Leipziger Messe GmbH
472
Jürgen Gänßmantel Fachwerkdämmung Anforderungen, Planung und Ausführung von energetischen Modernisierungen an Fachwerkgebäuden Günter Donath Heilige aus Ton Die Restaurierung der spätgotischen Terrakottaplastiken im Meißner Dom
RESTAURO RUBRIKEN 479 479
412
Autoren Termine
482 482
Stellenanzeigen Impressum
7/2010
INHALT Farbfassung auf Stein
463
Möglichkeiten eines neuen Heizskalpells
Foto: Stefan Schuster, © BNM
Foto/© Georg Hilbert
450
Titelbild Hl. Mauritius am Meißner Dom, Detail der Bruchfuge. Foto/© Büro des Meißner Dombaumeisters
Die in RESTAURO veröffentlichten Ansichten der Autoren müssen nicht der Meinung der Redaktion entsprechen. Bildnachweis: Soweit nicht anders angegeben, stammen die Abbildungen von den Autoren.
Forum für Restauratoren, Konservatoren und Denkmalpfleger 116. Jahrgang
7/2010
Für die Zukunft gestalten.
413
Nachruf auf den Hauptbahnhof Stuttgart 1987 stellte das Landesdenkmalamt Baden-Württemberg den von Paul Michel Bonatz und Friedrich Eugen Scholer entworfenen Stuttgarter Hauptbahnhof unter Denkmalschutz. Der Kopfbahnhof, der den Gleiskörper u-förmig umfängt, wurde von 1914 bis 1928 errichtet und ist architekturhistorisch von Bedeutung, nicht nur aufgrund seiner charakteristischen Fassadengestaltung (rohes Kalkstein-Bossenwerk).
1994 stellte der damalige Bahnchef das Projekt »Stuttgart 21« vor, infolgedessen die Schnellbahntrasse StuttgartUlm ausgebaut und der Stuttgarter Hauptbahnhof ein unterirdischer Durchfahrtsbahnhof werden sollte. Bauherr ist die Deutsche Bahn AG, unterstützt vom Land Baden-Württemberg, von der Region Stuttgart und von der Stadt Stuttgart. Für die Realisierung dieses Projekts ist der Abriss der beiden Flügel, der Haupttreppe innerhalb der großen Schalterhalle sowie der Verkehrsebene in der
Kopfbahnsteighalle vorgesehen. Diese groß angelegten Umbaumaßnahmen sollen den Verkehrsknotenpunkt Stuttgart entlasten, die Fahrzeiten deutlich verkürzen, einen neuen Halt an Messe und Flughafen sowie mehr Freifläche in der Innenstadt schaffen. Die ursprünglich angelegte Finanzierung wurde bereits mehrfach angeglichen. Die Notwendigkeit eines solchen Umbaus wird bis heute kontrovers diskutiert. Die beiden Seiten verhärteten sich zunehmend, die Gegner bringen immer neue Argumente vor. Geforderte Baustopps erfolgten ebenso wenig wie ergiebige Gespräche. Entgegen des massiven Protests, der auch weiterhin anhält, begannen am 25. 08. 2010 die Abrissarbeiten am Nordflügel – unter Polizeischutz. Stuttgarter Hauptbahnhof, der du die Reisenden oft geärgert hast, es war schön, dich gekannt zu haben! Leider konnte dich auch ein Gesetz wider deinen Abriss nicht vor ebendiesem retten. Isabella Haag
Verleihung des Deutschen Preises für Denkmalschutz Das deutsche Nationalkomitee für Denkmalschutz verleiht am 08. November 2010 im Alten Schloss in Kiel erneut den Deutschen Preis für Denkmalschutz. Die Silberne Halbkugel geht 2010 zumeist an Privatpersonen und ehrenamtliche Initiativen, die aktiv zur Erhaltung der verschiedensten Baudenkmäler beitragen, oder ihr wissenschaftliches Tätigkeitsfeld fundiert einer breiten Masse zugänglich machen. Namentlich sind dies: – Stromer’sche Kulturgut-, Denkmal und Naturstiftung, Erlangen – Dr. Eckhard Herrel, Vorsitzender der Ernst-May-Gesellschaft e.V., Frankfurt a.M. – Förderverein Stahlmuseum Brandenburg a.d. Havel e. V. – Initiative Beethovenhalle, c/o Kunsthistorisches Institut der Universität Bonn – Harm Paulsen, Schleswig Den Journalistenpreis erhalten Autoren, Redakteure sowie (freie) Journalisten, deren Berichterstattung sich dem Thema Denkmalschutz widmet und die dessen Probleme aufzeigen. Dieses Jahr geht der Journalistenpreis an: – Dennis Wagner, Autor Mitteldeutscher Rundfunk Leipzig – Katrin Vetters, Autorin Südwestrundfunk Mainz – Stefanie Müller-Frank, Autorin Deutschlandradio Kultur Köln – Frank Kallensee, Redakteur Märkische Allgemeine, Potsdam – Werner Kurz, freier Journalist beim Hanauer Anzeiger Der Karl-Friedrich-Schinkel-Ring wird diesjährig nicht verliehen.
416
Foto/© J. Brozio
Foto/© Jens Zehnder, pixelio
BLICKPUNKT
Die Konservierung der Wandgemälde in Petra Die Hauptstadt des NabatäerReiches, Petra, gehört seit 1985 zum Weltkulturerbe. Seit den 1920er-Jahren systematisch erforscht, konnte in diesem Jahr ein Team des Courtald Institute of Art in London das Projekt der Restaurierung und Konservierung eines Wandgemäldes nach drei Jahren erfolgreich abschließen. Die Wandmalerei befindet sich in situ im Canyon von Siq al-Barid in Beidha 5 km entfernt vom Hauptkomplex. Innerhalb eines Biclinium bedeckt sie das Gewölbe sowie die Wände einer Einbuchtung. Das Gemälde aus dem 1. Jahrhundert vor Christus war schwer beschädigt, geschwärzt vom Russ der Feuer darin wohnender Beduinen, zerstört durch Graffiti und die Versuche, Teile des Gemäldes zu stehlen. Extrem fragil und zerstörungsanfällig lag der Fokus der Restauratoren, Stephen Rockerby und Lisa Shekede, auf der Stabilisierung. Für die Reinigung, die zunächst unmöglich schien, konnte das Team schließlich auch ein sicheres und effektives Verfahren entwickeln (mehr dazu demnächst). Nach der Reinigung kam nicht nur das dionysische Motiv wieder besser zum Vorschein, auch Blattgoldvergoldungen und transluzierende Lasuren ließen sich erkennen. Rickerby beschreibt die Wandmalerei als »really exceptional and staggeringly beautiful, with an artistic and technical quality that’s quite unlike anything else«. IH
7/2010
BLICKPUNKT NASA-Technologie sichert Bestände der Apostolischen Bibliothek
Foto: newworldencyclopedia.org, ©Keisuke Noda
Eines der größten und umfangreichsten Archive der Welt ist die Apostolische Bibliothek im Vatikan. Sie beherbergt mitunter 150 000 Manuskripte aus allen Epochen der Geschichte. Zu den einzigartigen Schätzen der päpstlichen Sammlung gehören z. B. die bedeutendste Handschrift des Neuen Testaments, der »Codex Vaticanus« aus dem 4. Jahrhundert n. Chr. sowie spätantike Abschriften der Werke des römischen Schriftstellers Vergil oder die Handschriften Luthers. Vor Kurzem haben Wissenschaftler ein Testprojekt zur Digitalisierung des gesamten Archivbestands erfolgreich abgeschlossen. Hierbei kamen ein spezielles von der NASA entwickeltes Digitalisierungsverfahren und Speichersystem zum Einsatz. Beide Systeme haben sich bereits bei der Aufzeichnung von Daten, die während Raumfahrtmissionen gewonnen wurden, erfolgreich bewährt und werden auch zur elektronischen Sicherung des Archivbestands in Betracht gezogen. Angesichts der enormen Menge der zu digitalisierenden Manuskripte würde ein herkömmliches Speichersystem hier nicht ausreichen, denn der benötigte Speicherplatz ist einfach zu groß. Während dieser Testphase wurde jede einzelne Buchseite
Der »Salone Sistino« der Apostolischen Bibliothek im Vatikan.
7/2010
von insgesamt 23 ausgewählten Manuskripten mit einer 50Megapixel-Hasselblad-Kamera fotografiert. Diese leistungsstarke, hochauflösende Spezialkamera wird insbesondere für detaillierte Weltraumfotografien eingesetzt. Die Daten wurden daraufhin in das Flexible Image Transport System (FITS) konvertiert und in diesem allgemein anerkannten Bildformat, das sowohl für zwei- als auch dreidimensionale Bilder geeignet ist, gesichert. Das NASA-Speichersystem erwies sich als so zuverlässig und sicher, dass bereits noch dieses Jahr mit der Digitalisierung des gesamten Bibliotheksbestandes begonnen werden soll. Zur ganzheitlichen Sicherung der Daten ist es außerdem geplant, eigens für dieses Projekt zwei Datencenter einzurichten. Ziel des dreijährigen Projekts ist es, auf diese Weise den langfristigen Erhalt der Werke zu gewährleisten und sie der Forschung sowie einer breiten Öffentlichkeit zugänglich zu machen, ohne dabei den Konservierungszustand der originalen Dokumente durch zu viele Besucher bzw. konstante Abnutzung zu gefährden. Dies war bisher nicht möglich, da aufgrund des unschätzbaren Werts und der Einzigartigkeit dieser Werke deren Erhalt und Konservierung oberste Priorität hatte. Um das Raumklima konstant zu halten und um Feuchtigkeitseintrag und Schwankungen der Raumtemperatur durch Besucher zu vermeiden, unterliegt die Bibliothek strikten Zugangsbeschränkungen. Weitere Informationen hält die Homepage www.vatican.va bereit. Alexandra Michelmann
Gold Edition 7 neue Goldnuancen UÊ â }>ÀÌ }iÊ `Ì iÊÛ Ê i }i LÊØLiÀÊ}ÀØ V ] LÀBÕ V ÊÕ `ÊÀ Ì V ÊL ÃÊ ÊâÕÊ Õ«viÀ ÊÕ `ÊÃ LÀ } UÊ V « } i Ì iÀÌÊÕ `Ê V `iV i ` UÊ
iÕiÃÊ-Ì> `>À` - ÀÌ i ÌÊ Ì £ä£ÊLiÜB ÀÌi Ê >ÀLÌ i Õ `ÊÇÊ iÕi Ê `Ì i Ê`iÀÊÎxÊ /ÕLi
UÊ xÊ/ iÊi Ì > Ìi
NEU
iV ÌiÃÊ À âi « } i Ì
Seit dem 01.09.2010 im Fachhandel erhältlich!
417
REZENSIONEN Hilfreiche Literatur für Selbstständige und Existenzgründer Teil 1 Angesichts der Einsparungen in den öffentlichen Haushalten und Kirchen im Bereich der Kulturguterhaltung beschäftigen sich immer mehr Kollegen, Absolventen und auch Studierende mit dem Thema Selbstständigkeit. Die Informationsangebote zur Existenzgründung, ihrer Förderung und Literatur zum Thema schießen sprichwörtlich wie Pilze aus dem Boden. Um etwas Licht in »den dunklen Wald der schier unendlichen Möglichkeiten« zu bringen, werden im Folgenden ausgewählte Werke zur Thematik vorgestellt. Zunächst werden Bücher und Hörbucher präsentiert, in denen vorwiegend auf Spezialthemen der Selbstständigkeit wie Steuerrecht, Nebenberuflichkeit oder Akquise eingegangen wird. Die Auswahl deckt dadurch verschiedene Bereiche ab: So ist beispielsweise in einem Hörbuch das Marketing besonders hervorgehoben, in einem anderen Buch liegt dagegen der Schwerpunkt auf den wirtschaftlichen Aspekten der Unternehmensführung. In einem zweiten Teil werden auch kompaktere Ratgeber zur Selbstständigkeit bzw. zur Existenzgründung als Freiberufler herangezogen und besprochen. Der Fokus bei der Auswahl lag bewusst auf der breit gefächerten Themenvielfalt, wodurch alle wichtigen Aspekte der Selbstständigkeit abgedeckt werden, unter Einbezug von Preis-Leistungs-Verhältnis und Aktualität der Veröffentlichungen. Zudem wurde darauf geachtet, dass sich die ausgewählten Texte weitestgehend für Restauratoren eignen. Alle aufgeführten Titel bieten Möglichkeiten zur selbstständigen Weiterbildung, ein Anspruch auf Vollständigkeit besteht hier nicht. Vielmehr sollen mit den besprochenen Titeln Anregungen für die Auseinandersetzung mit der Materie geschaffen werden.
Nebenbei selbstständig Der Ratgeber für Selbstständige in Teilzeit Von Karin Leppin und Konar Mutafoglu, Humboldt-Verlag 2010, 200 Seiten, Euro 14,95
Anfang des Jahres erschien die sechste aktualisierte Auflage dieses praktischen und kompakten Leitfadens, der jeder Gründerin/jedem Gründer ans Herz zu legen ist. Hier sind die wichtigsten Informationen rund um die Selbstständigkeit im Nebenberuf zu finden. Die beiden Autoren sind Diplom-Volkswirte und beschäftigen sich mit Steuer- und Wirtschaftspolitik. Karin Leppin arbeitet zusätzlich nebenberuflich als Journalistin, PR-Beraterin und Dozentin. Darüber hinaus berät sie Existenzgründer. Das Buch verzichtet auf einen Abschnitt über die Suche nach der richtigen Gründeridee. Eine Frage, die sich Restauratoren meist nicht stellt, denn ihr Fachwissen bildet die Basis ihrer Selbstständigkeit, die sie aus den verschiedensten Gründen heraus und nicht selten im Nebenberuf starten wollen. Ausgehend von der Existenz dieser Gründeridee erhält der Leser vom ersten Kapitel an gehaltvolle Hinweise, die sich für freiberuflich tätige Restauratoren, die nach Studienabschluss oder schon während des Studiums selbstständig arbeiten wollen, eignen. Auf ausführliche Inhalte zu einem Geschäftsplan, dem sogenannten Businessplan, gehen die Autoren bewusst zugunsten vieler kleiner Hin-
436
weise für den beruflichen Alltag nicht weiter ein. So wird beispielsweise der Umgang mit der viel diskutierten Kleinunternehmerregelung aufgezeigt oder das korrekte Rechnungsstellen erläutert. Dass Letzteres sehr nützlich sein kann, zeigt das folgende Beispiel aus der Berufspraxis. Bei den meisten Jobs im Restaurierungsbereich, die Studierende vorwiegend in den Semesterferien ergreifen, bekommen sie häufig zu hören: »Am Ende schreibst Du einfach eine Rechnung…« und geraten unbewusst, da unwissend, in den Strudel der Erklärungsnot, sollte sich ein Finanzamt fragen, warum sie Rechnungen schreiben, ohne sich vorher dort gemeldet zu haben. Denn vielen ist nicht klar, dass sie als Selbstständige handeln, sobald sie eine Rechnung verfassen und abschicken. Manchmal ist dies auch den Auftraggebern nicht bewusst. Hier liegt es also an jedem selbst, die Dinge mit dem Finanzamt, der Krankenkasse und ggf. der Haftpflichtversicherung im Vorhinein zu klären, damit es nicht zu unangenehmen Überraschungen kommt. Das Nachschlagewerk »Nebenbei selbstständig« bespricht Themen wie diese und darüber hinaus weitere wichtige Aspekte wie beispielsweise Steuern, BAföG, Krankenversicherung oder Arbeitslosengeld und ist für den Einsteiger somit eine große Hilfe. Eine gewisse Weitsicht in Bezug auf seine berufliche Zukunft wird dem Existenzgründer von niemandem abgenommen. Gerade zu Beginn seiner Selbstständigkeit sollte er genau wissen, wie er sich in den genannten Punkten zu verhalten hat und welche Konsequenzen sein Handeln hat. Das Buch liefert die dafür nötigen Hilfestellungen und ist ein praktischer Ratgeber für die Gründung im Nebenberuf. Der Aufbau ist klar gegliedert.
7/2010
REZENSIONEN An Stellen, an denen einzelne, spezielle Fälle zu sehr von der eigentlichen Thematik ablenken würden, sind Verweise auf weiterführende Literatur angegeben. »Risiken erkennen und Chancen nutzen« lautet eine der Kapitelüberschriften und trifft es auf den Punkt. Das hier vermittelte Basiswissen zeigt, wie eine durchdachte und auf fundiertem Wissen aufbauende Gründung im Nebenberuf erfolgreich zu absolvieren ist und größere Fehler dabei zu vermeiden sind.
Testen Sie STEIN:
Sichern Sie sich jetzt Ihr Gratis-Probeheft!
Steuer 2010 Für Unternehmer, Selbstständige und Existenzgründer. Von Willi Dittmann,
www.s-stein.com
Prof. Gerhard Geckle, Dieter Haderer und Rüdiger Happe Rudolf Haufe Verlag 2009, 576 Seiten, Euro 16,95
Fast jeder, ob selbstständig oder nicht, muss sie jährlich erstellen und abgeben: die Einkommenssteuererklärung. Das umfangreiche und doch übersichtliche Buch »Steuer 2010« verspricht Hilfe in betrieblichen und privaten Finanzangelegenheiten. Das Buch wird jährlich in aktualisierter Version herausgegeben. Die Jahreszahl des Buchtitels 2010 bezieht sich dabei auf das Jahr, in dem die Steuererklärung für das vorangegangene Jahr 2009 gemacht werden muss. Es richtet sich – wie im Titel bereits genannt – an Selbstständige und insbesondere an Existenzgründer, was es von vergleichbaren Werken unterscheidet. Die vier Autoren, allesamt diplomierte Finanzwirte bzw. Fachanwälte für Steuerrecht, verfügen über explizite Fachkenntnisse auf dem Gebiet des Steuerrechts. Das Buch ist in drei Hauptteile unterteilt. Die Struktur ist in jedem Kapitel klar zu erkennen, der Leser findet sich daher gut zurecht. Bereits auf der Innenseite des Buchdeckels verschafft ein »Formular-Wegweiser« den Überblick über die Vordrucke der aktuell notwendigen Steuerformulare und Anlagen der Steuererklärung. Diese Formulare sollten jedem, der seine Steuererklärung selbst macht, geläufig sein. Aber jeder macht irgendwann seine erste Steuererklärung und ist auch später immer wieder froh, sich schnell das Wichtigste in Erinnerung rufen zu können. Somit ist diese erste Seite mit immer wieder hilfreicher Information gefüllt. Die entsprechenden Inhalte der aktuellen Vordrucke zur Einkommens-, Umsatz- und Gewerbesteuer werden im Folgenden ausführlich dargestellt und erläutert. Durch Checklisten am Ende jeden Kapitels kann man selbsttätig kontrollieren,
7/2010
GRATIS für RESTAURO-Leser
STEIN Zeitschrift für Naturstein STEIN … setzt Trends Naturstein innovativ anwenden ist aktuell professionell produzieren, verlegen und versetzen geht in die Tiefe Marketing- und Verkaufsmethoden im Detail
Antwort-Coupon per Fax an 089 / 43 60 05-317 ® ¸ Ja, ich möchte STEIN kennenlernen. Bitte senden Sie mir die nächste Ausgabe kostenlos zu. Wenn ich die Zeitschrift danach weiterlesen möchte, brauche ich nichts zu tun und erhalte STEIN monatlich im günstigen Jahresabonnement für nur € 129,– (Ausland: € 138,–). Alle Preise inkl. MwSt. und Versand. Wenn ich STEIN nicht weiterbeziehen möchte, teile ich Ihnen dies innerhalb von 3 Wochen nach Erhalt des Probeheftes schriftlich mit.
Firma / Position Vorname / Name Straße / Nr. PLZ / Ort Telefon E-Mail Datum
Unterschrift
RESTPH710
Ausgefüllten Coupon kopieren und per Fax an: 089 / 43 60 05-317. Oder per Post: Callwey Verlag, Streitfeldstr. 35, 81673 München. Bestellhotline: 089 / 43 60 05-135. E-Mail: g.schoen@callwey.de
THEMEN Markus Kleine
Der Einsatz von CO3-Ionentauschern Zur Reinigung der Enrique-Aleman-Fenster in der Kathedrale von Sevilla
1 Fotodokumentation Feld SXIV 2b vor der Restaurierung.
1
Ein für die Glasmalereirestaurierung sehr spezielles Reinigungsverfahren ist die Oberflächenreinigung mit Ionentauschern. Angesichts der möglichen Gefahren bedarf es einer besonderen Kombination von Gegebenheiten, die naturwissenschaftlich detektiert werden müssen, um dessen Einsatz zu rechtfertigen. Eine besonders geeignete Kombination liegt bei den Glasfenstern des Enrique Aleman in der Kathedrale von Sevilla vor.
Diplom-Designer Markus Kleine ist gelernter Glas- und Porzellanmaler, und studierte von 1998 bis 2002 an der HAWK Hildesheim im Studiengang »historisches Kulturgut«. Seit seinem Diplomabschluss 2002 ist er Leiter der Restaurierungsabteilung der 1912 gegründeten Glasmalerei Peters GmbH in Paderborn, die sowohl Restaurierungen, als auch moderne Glasgestaltungen übernimmt.
Einleitung Die Kathedrale von Sevilla besitzt unter anderem einige Glasmalereien des in Spanien tätigen deutschen Glasmalers Enrique Aleman. Die Entstehungszeit dieser Fenster wird um 1460 eingeordnet. In dieser jüngsten Restaurierung hatte das Team der Glasmalerei Peters die Ehre, diese Fenster restaurieren und konservieren zu dürfen. Bei jeder Restaurierung stößt man auf Besonderheiten und Außergewöhnliches, so auch hier. Auf diesen Fenstern befand sich ein festsitzender harter Belag, der durch konventionelle Reinigungsmethoden nicht zu entfernen war (Abb. 1). Es war zwingend notwendig, diesen Belag und seine Anbindung an den Untergrund näher untersuchen zu lassen, um eine adäquate schadensfreie Reinigungsmethode zu finden.
Foto: Kleine 2009
Labortechnische Untersuchung und Ergebnisse Zunächst stand man vor der Überlegung, den Belag auf dem Fenster zu belassen, um den Bestand keiner unnötigen Gefahr auszusetzen, jedoch sprachen drei dringliche Gründe dafür, den Belag zu entfernen: 1. Es konnte nicht eindeutig definiert werden, welche hygroskopischen Eigenschaften der Belag besitzt, ein zu hoher Wasserspeicher wäre für das historische Glas korrosionsfördernd. 2. Einige der Schichten erwiesen sich als extrem spröde und lösten sich aufgrund der Spannung mit dem Untergrund ab (Abb. 2). 3. Der Belag war optisch stark störend, das Fenster wurde partiell verdunkelt, sodass eine Lesbarkeit der theologischen Aussage nicht mehr gegeben war. Aus diesen Gründen wurden in Absprache mit dem Autraggeber sowohl ein repräsentatives Glasstück als auch kleinere Belagsproben mit dem Skalpell entnommen und zur naturwissenschaftlichen Analyse ins Labor geschickt. Die Fragestellung hierbei war:
456
7/2010
THEMEN
Abnahme der Malschichtüberlagerungen Zunächst erfolgten auf Basis der Laboruntersuchung Versuche zur Abnahme und zum Anquellen von Proteinen bzw. proteinhaltigen Oberflächenfilmen. Die hier vorgeschlagenen und getesten Mittel waren: a) Isopropanol, Ammoniak und Wasser (MV 90:10:10) b) Dicholrmethan, Äthylformiat und Ameisensäure (MV 50:50:2). Ziel war, zunächst ausschließlich das Protein-ÖlPaket zu entfernen. Beide Mixturen sollten diese oberste Schicht über Kompressen lösbar machen. Eine ausschließliche Entfernung der Ölschicht unter Haltung der originalen Kalkmalerei konnte jedoch nicht sichergestellt werden. Zudem war die Kalkmalerei so stark umgewandelt, dass man nicht mehr von einer restaurierungsfähigen Schicht sprechen konnte, sondern von einem reinen Korrosionsprodukt. Aufgrund des hohen Gipsanteils in den Belägen war die Umwandlung durch Ammoniumcarbonat-Kompressen oder eine Ionentauscherbehandlung wesentlich Erfolg versprechender und schonender für die historische Glasmalereisubstanz.
Foto: Kleine 2009
2
2 Mikroskopaufnahme des dicken abdunkelnden Oberflächenbelages.
Labor schien die Ionentauschmethode für die Glassubstanz das schonendste Vorgehen zu sein, vor allem auch weil das Fenster nicht als kleine Einzelscheibe, sondern als Gefüge aus Glas und Bleiruten zu sehen ist. Methoden wie Komplexbildner oder Ammoniumcarbonat könnten unter-
3 a+b Die Rückseite des Glases ist mit einer teilweise freigekratzten Rotlotmalerei (a) und einer die Malerei und die Oberflächen überziehende Schmelzphase (b) versehen. 3a
Foto: Kleine 2009
1. Gesamtaufbau des Glases und der Bemalung 2. Bindemittelanalyse der Auflagen 3. Möglichkeiten zur Abnahme der Auflagen unter Sicherung der Originalsubstanz Es wurden der Aufbau der Glasmalerei sowie der Aufbau der Auflage genau bestimmt. Das Resultat war ein erstaunlicher Malschichtaufbau mit einer herstellungszeitlichen »Schutzüberglasung« sowie ein zeitlich bestimmbarer mehrschichtiger Aufbau von Kaltmalereien, von dem die unterste Schicht vermutlich bauzeitlich war. Bei der untersten Schicht handelte es sich erstaunlicherweise um eine Kalkmalerei, die jedoch durch Mikroorganismen völlig zersetzt und in Calziumoxalate umgewandelt war. Durch die Aufarbeitung der Restaurierungsgeschichte konnte eine ungefähre zeitliche Abfolge der »kalten« Malschichtüberlagerungen festgemacht werden. Das Gesamtpaket der Auflage zeichnete sich als extrem spannungsreich aus, was eine Abnahme unabdingbar machte. Die naturwissenschaftliche Untersuchung bot zwei Herangehensweisen zur Abnahme mit je zwei Anwendungsmöglichkeiten an.
3b
7/2010
Foto: Kleine 2009
Reinigung mit dem Ionentauscher Vor dem Einsatz von Ionentauschern oder Ammoniumcarbonat an der Verglasung wurden zunächst Recherchen zum Material und bereits erfolgte Versuche auf Glasmalereien zu Rate gezogen, um mögliche Komplikationen im Vorfeld auszuschließen. Die Produkte wurden alle bereits einmal zur Ausdünnung von Korrosionsschichten mit unterschiedlichem Erfolg getestet.2 Nach Rücksprache mit dem
457
THEMEN Günter Donath
Heilige aus Ton Die Restaurierung der spätgotischen Terrakottaplastiken im Meißner Dom
1 Innenansicht der Fürstenkapelle des Meißner Doms nach einer Aufnahme von Albrecht Meydenbauer, 1896.
Foto/© Büro des Meißner Dombaumeisters
1
472
Die beiden stark beschädigten, nahezu lebensgroßen Terrakottafiguren in der Fürstenkapelle des Meißner Doms waren schon seit längerem »Sorgenkinder« der am Dom Verantwortlichen. Für die Restaurierung von Terrakotten gab es bisher nur wenig Erfahrung. Erst die großzügige finanzielle Unterstützung durch die Deutsche Bundesstiftung Umwelt, Osnabrück, ermöglichte es, die notwendigen Restaurierungsschritte in ein interdisziplinär angelegtes Forschungsprogramm einzubetten. Dieses wurde im Jahr 2007 abgeschlossen. Die Ergebnisse sind in einer umfangreichen Publikation niedergelegt.1
Günter Donath befasst sich seit den 1980erJahren mit denkmalpflegerischen Spezialplanungen. Seit 1992 ist er Dombaumeister am Dom zu Meißen und Mitglied der Europäischen Vereinigung der Dombaumeister. Darüber hinaus war er als Architekt bei der Restaurierung der Albrechtsburg Meißen, dem Wiederaufbau des kriegszerstörten Kanzleihauses sowie der Brücke zwischen dem Residenzschloss und der Kathedrale in Dresden leitend tätig.
Im Jahre 955 schwor Kaiser Otto I. vor der Schlacht gegen die Magyaren auf dem Lechfeld, er wolle im Falle eines Sieges dem Heiligen Mauritius ein Erzbistum stiften. 967 löste der Kaiser auf der Synode in Ravenna sein Versprechen ein und es kam zur Gründung des Erzbistums Magdeburg mit den Bistümern Meißen, Merseburg und Zeitz. Seitdem spielten Darstellungen des Heiligen Mauritius in diesen Orten immer wieder eine große Rolle. Bei der Ausstattung der Fürstenkapelle mit Bildwerken im Meißner Dom wurde ihm der Heilige Viktor zur Seite gestellt (Abb. 1). Mauritius wurde von Anfang an als römischer Offizier im Kettenhemd mit Schild und Lanzenfahne dargestellt; seit seiner frühesten Darstellung in Magdeburg2 in der Ikonografie als »Mauretanier«, also als »Mohr«, mit dunkler Hautfarbe. Im späten Mittelalter wurde Mauritius immer häufiger auch in der Rüstung der jeweiligen Zeit dargestellt.3 Als
Material für die Herstellung der Bildwerke wurde zunächst Sandstein, Holz, aber auch Alabaster benutzt.4 Die beiden Meißner Bildwerke zeigen Viktor und Mauritius als militärische Führer im Harnisch. Beide Figuren sind lebensgroß, Mauritius misst ca. 168 cm, Viktor ca. 172 cm. Mauritius trägt einen mit einem Tuch umwundenen Helm mit Kinnreff, der bärtige Viktor einen Hut mit Krempe und Panzerkragen. Ihre stämmige Gestalt wird von sich auf der Brust öffnenden Mänteln umhüllt, die mit einer Brosche geschlossen sind. Mit kräftigem Griff halten sie ihre Lanzen, die bei Mauritius Assoziationen zur »Heiligen Lanze« wecken soll, deren Besitz man ihm zuschrieb.5 Schwerter und Schilder vervollkommnen ihre Ausrüstung. Die beiden dargestellten Heiligen verbindet ein gemeinsames Schicksal. Nach einem erstmals durch Bischof Eucherius von Lyon (um 440) überlieferten Passionsbericht soll eine römische Legion von Soldaten christlichen Glaubens, die Thebäer genannt wurden, den Märtyrertod erlitten haben. Mauritius war Anführer der Thebäischen Legion, deren Mitglieder wegen ihrer Weigerungen, an Christenverfolgungen und an heidnischen Kulthandlungen teilzunehmen, auf Befehl Kaiser Maximians auf einem Kriegszug je nach Quelle zwischen 285 und 302 n. Chr. hingerichtet wurden. Das Ereignis fand in Auganum/St.Maurice im Wallis6 statt. Bischof Eucherius nennt in seiner Urkunde neben den Truppenführern Mauritius, Exuperius und Candidus als weitere Opfer Ursus und Viktor, die 302 in Solothurn7 ebenfalls den Märtyrertod gestorben wären. Durch die Urkunde konnten Mauritius und Viktor nun als Märtyrer namhaft gemacht werden. Der
7/2010
THEMEN
7/2010
Foto/© Büro des Meißner Dombaumeisters
2
3 Foto/© Büro des Meißner Dombaumeisters
legt.11 Die damit verbundenen kunsttechnologischen Verfahren implizierten die Benutzung von »Motiv-Pausen« durch die Herstellung von immer wieder verwendbaren Modeln und ihre weitere Verwendung zu Abgüssen.12 Die im Zusammenhang mit dem DBU-Projekt angeregten kunsttechnologischen Überlegungen kommen zu dem Schluss, dass nicht mehr von beweglichen Werkstätten auszugehen, sondern vielmehr für die Entstehung von Zentren der Terrakottaproduktion zu plädieren ist, wobei man zu den bisher in der Kunstgeschichte bekannten wie Nürnberg oder das Rheingebiet um Siegburg nun auch den obersächsisch-markmeißnischen Kunstraum zählen muss. Von den in Terrakotta ausgeführten Werken blieben jedoch aufgrund der Zerbrechlichkeit des Materials nur wenige Objekte erhalten. Die jüngste intensive baugeschichtliche und kunsthistorische Erforschung der beiden Meißner Tonplastiken13 setzte dort an, wo die Beschäftigung mit ihnen ihren vorläufigen Abschluss gefunden hatte: 1986 legten die Restauratoren der Restaurierungswerkstatt des Meißner Doms Matthias Schulz (†), Arne Mai und Peter Vohland neben den Figuren des Westportals auch diese beiden Figuren frei und erkundeten die Geschichte ihrer Farbigkeit (Abb. 4). Schon zu der Zeit waren aber die Schäden an beiden Figuren so groß, dass die Restauratoren es nicht wagten, die Figuren auch nur anzurühren. So waren sie also bisher unrestauriert geblieben und zeigten sich nun rottonig in ihrem freigelegten, desolaten Zustand. Die Domrestaurierung 1990 bis 2002 hatten sie unter einer hinterlüfteten massiven
2 Die Fürstenkapelle vor der Westturmfront des Meißner Doms. 3 Fürstenkapelle, Grundriss. 4 Rekonstruktion der Farbigkeit. 4
Foto/© Büro des Meißner Dombaumeisters
katholische Heiligenkalender hat ihnen den 22. September als Gedenktag zugewiesen. Bereits im ausgehenden 14. Jahrhundert war der Meißner Dom immer mehr zu einem wettinischen Machtsymbol zwischen Prag und Magdeburg geworden. Mit der päpstlichen Exemtion des Bistums Meißen vom Erzbistum Magdeburg hatte Markgraf Wilhelm I. eine Neugründung »seines« Landesbistums erreicht. Als neuer »Stifter« und »Vollender« des Meißner Domes bestimmte er diesen zur Grablege für seine 1400 verstorbene Frau Elisabeth von Mähren sowie für sich selbst.8 Diese Entscheidung war insofern programmatisch, als sein Neffe Friedrich der Streitbare, Kurfürst von Sachsen, bereits um 1410 einen der Westturmfront des Domes vorgelagerten Chorbau als neue wettinische Grablege und Ort dynastischen Gedenkens errichten ließ, der spätestens 1428 – dem Todesjahr Friedrichs – fertig gestellt war und »Fürstenkapelle« genannt wurde (Abb. 2 und 3). Mit großer Wahrscheinlichkeit wurden die beiden Heiligenfiguren Viktor und Mauritius spätestens im Zusammenhang mit der Stiftung eines Altars dort aufgestellt.9 Mit ihrer Positionierung im westlichen Polygon zu beiden Seiten der Westtür stehen sie dem vom Domlanghaus in die Kapelle Eintretenden frontal gegenüber; sie nehmen im Figurenzyklus der Kapelle eine ganz herausgehobene Stellung ein. Da die Figuren seit ihrer Aufstellung einen farbigen Anstrich trugen, war über Alter, Material und Herstellungstechnologie10 lange nichts bekannt. Als »Ritterheilige« gehörten sie jedoch zum unverzichtbaren Bildprogramm dieser Kapelle, der natürlich auch ein politisches Programm zugedacht war. Wenn nun die Wettiner diese beiden Heiligen als Titularheilige eines von ihnen gestifteten Altars auserwählten, so taten sie dies nicht allein in der Verehrung der durch sie hochgeschätzten Blutzeugen, sondern auch mit der Absicht der Identifikation ihrer Person mit den ritterlichen Eigenschaften und abendländischen Idealen wie der Bekenntnistreue zum christlichen Glauben, zu Standhaftigkeit und Ehre, vielleicht auch zur Propagierung ihrer Zugehörigkeit zum Ritterorden des Heiligen Mauritius; auf jeden Fall aber, um sie als Schutzheilige des Heeres vor kriegerischen Auseinandersetzungen um Beistand bitten zu können. Für die Herstellung der Figuren wählte man ein bis dahin ungewöhnliches Material. Um die Wende des 14. Jahrhunderts wurde ein neuer wirkungsvoller Bildstoff auch für große Bildwerke in hart brennbarem Ton gefunden: die Terrakotta. Nicht nur in Nürnberg, wo in den beiden Reihen sitzender Apostelgestalten die klassischen Beispiele für stilgerechte Behandlung dieses Materials erhalten sind, sondern auch andernorts ist die Verwendung für plastische Arbeiten bis weit in das 16. Jahrhundert hinein durch Befunde auch in Sachsen be-
473