Forum fĂźr Restauratoren, Konservatoren und Denkmalpfleger
LED-Technik im Museum VAKUUM FĂœR DIE Transportverpackung Zur Abnahme von Parkettierungen Die Neue Messe MonumentO Schwarzlot in der Glasmalerei
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Dezember 2011
Editorial Forum für Restauratoren, Konservatoren und Denkmalpfleger
Blockbuster, Kulturguterhaltung und das liebe Geld
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Rockgiganten könnten nicht mehr Fans anlocken. Die »Superstars« der Renaissance, ließen die Besucher in Scharen ins Berliner Bodemuseum strömen. Warten hieß es vor dem Gebäude, warten hieß es im Gebäude und warten hieß es vor den Exponaten selbst. Nach elf Stunden Öffnungszeit stand in den Ausstellungsräumen die Luft. Dicht gedrängt sammelten sich die Besucher in den dunklen Sälen vor den dramatisch ausgeleuchteten Meisterwerken der Ausstellung »Gesichter der Renaissance«. Wäre es nicht so warm und stickig, würde man meinen, man bestiege gerade einen 3000er im Hochgebirge. Denn die Luft war so dünn, dass man nach den wenigen Sauerstoffpartikeln förmlich japsen musste. Kunstgenuss konnte hier wahrlich nicht entstehen, auch wenn die Zusammenkunft dieser Meisterwerke einem Jahrhundertereignis glich. Niemand konnte so etwas mögen, weil niemand wirklich etwas sah. Das Gedränge war ermüdend. Am Ende lag sogar eine junge Frau mit Kreislaufkollaps am Boden, ausgebreitet vor Botticellis wunderbarem »Weiblichen Idealbildnis« aus dem Frankfurter Städel Museum. Die Berliner Schau ist nicht die einzige dieser Art. In London macht gerade auch »Leonardo da Vinci, Hofkünstler in Mailand« von sich reden. Dabei kommt in Fachkreisen die berechtigte Frage auf, ob in derlei Ausstellungen der Schutz von Kunstwerken hinter den zu erwartenden Einnahmen zurücktreten muss; und ob der Lehreffekt wirklich hoch genug ist, um eine solche Belastung für die Kunstwerke zu rechtfertigen. Auch wenn viele Wissenschaftler diese Frage eindeutig verneinen, wollen oder müssen einige Ausstellungshäuser weiterhin mit solchen Blockbuster-Schauen locken. Dabei muss der Stress für die Kunstwerke möglichst gering gehalten werden, besonders für Meisterwerke wie Leonardos »Dame mit dem Hermelin«. Vor dem Bild standen in Berlin so große Besucherscharen wie sonst nur vor der Mona Lisa. Geschützt wurde die »Dame mit dem Hermelin« übrigens in einer Spezialvitrine, die ein Resultat des Forschungsprojekts PROPAINT ist, das sich von 2007-2010 mit dem verbesserten Schutz von Gemälden während Ausstellung, Lagerung und Transport beschäftigte. Dieses Projekt ist nur eines von vielen europäischen Forschungs- und Anwendungsprojekten, die eine wichtige Grundlage für die konservatorische Arbeit bilden. Leider sieht es derzeit so aus, dass die Europäische Kommission die Kulturerbeforschung ab 2014 nicht mehr unterstützen wird. Das würde bedeuten, dass Kostbarkeiten wie die »Gesichter der Renaissance«, aber auch historische Gebäude, künftig wohl oder übel auf maßgeschneiderten Schutz verzichten müssten. Das wäre fatal. Denn die Projekte, die in den europäischen Forschungsrahmenprogrammen unterstützt werden, geben Restauratoren und Denkmalpflegern maßgeschneiderte Lösungen an die Hand, um das gemeinsame kulturelle Erbe bestmöglich zu schützen und für die Zukunft zu bewahren. Wenn im 8. Forschungsrahmenprogramm der Geldhahn für die Kulturerbeforschung zugedreht wird, dann wird zwischen 2014 und 2020 wenig bis keine Forschung in unserem Bereich mehr möglich sein. Denn auch Institutionen wie die DBU oder die Fraunhofer-Gesellschaft schöpfen aus diesen Finanzquellen. Viele von Ihnen arbeiten zwar nicht in der Grundlagenforschung, aber wenn Grundlagenforschung fehlt, wird sich das langfristig auch in Ihrer beruflichen Praxis bemerkbar machen. Dringend möchte ich Sie daher bitten, eine Online-Petition zu unterstützen, über die wir Sie auf Seite 6 informieren. Ich setze auf Sie und danke Ihnen schon jetzt für Ihre Unterstützung. Ihre
Restaurierung Tradition
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Inhalt 40
Inhalt Die Kunst zu verpacken
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restauro aktuell 3
Zur Abnahme von Parkettierungen
Editorial
Blickpunkt 6 Kulturerbeforschung braucht Ihre Unterstützung 7 Fachakademie bleibt bestehen 7 Usbekisch-Deutscher Masterstudiengang 8 Übertüncht und abgedeckt – ein verborgener Heckel 9 Tipps und Kniffe – eine Hilfestellung zur Festigung von Hohlstellen Unterwegs 10 Vom Umgang mit der Menge – Rückblick auf ein Kolloquium zur Restaurierung der brandgeschädigten Ledereinbände von Weimar 11 Bunte Stifter – Eine Tagung zu den polychromen Skulpturen des Naumburger Doms 13 10 Jahre VDR – 10 Jahre Berufspolitik
27 Neue Befunde zur Hinterglasmalerei 54
Ein Juwel in Leipzig
restauro Messevorschau 14 Die Messe monumento 2012 in Salzburg Vorhang auf für den 1. Akt
restauro Themen
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LED-Licht im Museum?
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Janneke Bauermeister und Mechthild Struchtrup Zur Abnahme von Parkettierungen Besondere Herausforderungen bei der Konservierung gespaltener Tafelgemälde von Jan Baegert
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Simone Bretz, Carola Hagnau, Oliver Hahn und Hans-Jörg Ranz »Allerhand Loth zu machen« Das Schwarzlot in der Hinterglasmalerei
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Regina Fröhlich und Andrea Funck Sichere Transportverpackung von Kunst- und Kulturgut Der Umzug archäologischer Keramiken mit wiederverwendbaren Vakuumkissen Titelbild Hinterglasbild aus dem Staatlichen Museum Schwerin, Foto/© Hans-Jörg Ranz, München
Arnulf von Ulmann 48 Neues Licht im Museum Licht als Schadensquelle 54
Wilma Rambow »… wo die Freude als Königin herrscht« Zur Geschichte und Restaurierung eines Juwels des Leipziger Historismus
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restauro rubriken
Besondere Pigmente für Besondere KunstwerKe www.kremer- pigmente.de
Forum für Restauratoren, Konservatoren und
64 Termine 65 Ausstellungen 4
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Denkmalpfleger 117. Jahrgang
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Für die Zukunft gestalten.
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Die Messe Monumento 2012 in Salzburg Vorhang auf für den 1. Akt Bereits seit 1997 steht die Salzburger Altstadt auf der UNESCO Weltkulturerbeliste. Eine Auszeichnung, die die konsequente Erhaltung, Sanierung und Restaurierung des Ensembles würdigt und belohnt. Hinter dem Erhalt derartiger historischer Kostbarkeiten steckt jede Menge Forschung, Technik, Handwerkskunst und Leidenschaft. »Emotion & Material« lautet daher auch das Motto der Messe Monumento. Diese widmet sich ganz der Denkmalpflege und findet erstmalig vom 12.–14. Januar 2012 in Salzburg statt.
Foto/© NEUMAYR/MVV
Salzburg als Messestandort Salzburg verfügt über ein eigenständiges Landes recht für Altbauten, welches großes Ansehen in Europa erreicht hat. »Die Stadt Salzburg hat – auch im internationalen Vergleich – mit dem Salzburger Altstadterhaltungsgesetz Hofrat und dem Altstadterhaltungsfonds Dr. Ronald Gobiet eine Sonderstellung, was Inst vom Bundesdenkmalamt, rumente, Möglichkeiten und Landeskonservatorat für Salzburg Strukturen zur Erhaltung und Sanierung des histo » Es freut mich, dass mitteleuropäische Impulse rischen Erbes betrifft«, von Salzburg aus erläutert Herr Stadtrat gesendet werden und Johann Padutsch. Also das Bemühen interein idealer Standort für nationale Standards eine auf Denkmalpflege der Denkmalpflege spezialisierte Messe. umzusetzen, gewürdigt Messeschwerpunkt »Holz« wird.« Zum Auftakt der Monumento wurde das Thema »Holz« als Schwerpunkt gewählt. »Als ei ner der ältesten Baustoffe der Welt ist Holz Bestandteil vieler historischer Ge genstände und Bauwerke. Sein Erhalt und der Schutz vor Fäulnis und Zerfallsprozessen stellt Denkmalpfleger vor große Herausforderungen. Zugleich versinnbildlicht wohl kaum ein anderes 14
Material das Zusammenspiel von Technik und Emotion so deutlich wie Holz, das vor Jahrhun derten von Menschenhand geformt worden ist«, erklärt Charlotte Reichenspurner, Bereichsleiterin Messen, die Wahl dieses Schwerpunktthemas. »Natürlich werden aber auch die anderen Berei che der Denkmalpflege auf der Messe eine Rolle spielen, so greifen wir beim Rahmenprogramm auch für die Denkmalpflege aktuell relevante De batten auf wie etwa die energetische Sanierung oder wichtige Planungsfragen.« Leidenschaft für die Denkmalpflege Auch die Aussteller kommen aus allen Bereichen der Denkmalpflege. Bereits über 120 Aussteller aus Österreich, Deutschland, der Schweiz, Italien, Frankreich und Tschechien haben sich angemel det. Die denkmalpflegerischen Themenbereiche, die sie abdecken sind breit gestreut. Vom Orgel bauer bis zur Glasmanufaktur, vom Forschungsin stitut bis zum Vertreter eines traditionellen Hand werks – alle bieten sie einen Einblick in ihre Ar beit, ihre Techniken und Fertigkeiten. Denkmal pflege soll in Salzburg erlebbar werden, sowohl für den Fachmann als auch für den interessierten Laien. Den Ausstellern kommt dabei die wichtige Rolle zu, einen Überblick über Produkte und Ver fahren zu vermitteln. So kann einerseits der aktu 8/2011
Denkmalpflege erleben Eine Besonderheit in Salzburg: Auf mehreren größeren Flächen soll Denkmalpflege erlebbar werden. So ist die Wanderausstellung ZEITFENSTER auf der Monumento zu sehen, in deren Rahmen das Bundesdenkmalamt Österreich (BDA) und das Bayerische Landesamt für Denkmalschutz (BLfD) gemeinsam über die einzelnen Bestandteile eines historischen Fensters sowie über Fenstergitter und Läden informieren. Die Schau zeigt außerdem, wie sich dieses Bauelement vom Einfachfenster zum Doppelfenster hin entwickelte. In Theorie und Praxis soll das Thema Instandsetzung und Restaurierung von historischen Fenstern vermit telt werden. Eigens dafür wird es am Stand eine kleine Werkstatt geben, in der sowohl die holz technische Instandsetzung und Ergänzungen gezeigt werden, mundgeblasenes Tafelglas in Leinölkitt eingesetzt wird und die Oberflächen entsprechend behandelt werden. Die historische Technik des Leinölanstrichs kann dabei selbst ausprobiert werden, vom Anreiben über das Grundieren bis hin zum Streichen. Ein barocker Garten lädt zudem zum Lustwan deln ein. Er steht sinnbildlich für die zahlreichen Park- und Gartenanlagen in ganz Österreich, die nach dem 1999 geänderten österreichischen Denkmalschutzgesetz, unter Schutz gestellt wor den sind. In Salzburg sind dies die Parkanlagen bei Schloss Anif, Schloss Kleßheim, Schloss Leo poldskron sowie der Mirabellgarten und die Park anlagen bei Schloss Hellbrunn mit seinen Was serspielen. Für den Großteil dieser Anlagen lie gen mittlerweile Parkpflegewerke vor. In diesen Untersuchungen wird die Geschichte der Gärten und ihre jeweilige zukünftige Entwicklung aus der
Sicht der Gartendenkmalpflege dargestellt. Auf der Monumento präsentieren Planungsbüros, die sich mit Gartendenkmalpflege beschäftigen, bei spielhafte und ausgeführte Projekte. Das Garten amt der Stadt Salzburg, das für den Mirabellgar ten und das Schloss Hellbrunn zuständig ist, zeigt beispielsweise ein Detail aus einem Barock Mag. beet, ein Objekt aus den Wasserspielen Astrid M. Huber, Hellbrunn und das eine oder andere BDA, Restaurierwerkstätten Stück historisches Garteninventar. Baudenkmalpflege, Kartause Mauerbach Aber auch das Handwerk in der Denkmalpflege wird präsent »Als Fachmesse für Denkmalpflege mit hohem sein. Vermittelt werden soll Qualitätsanspruch liefert die Monumento Salzburg wie bedeutungsvoll das Wis Denkmaleigentümern wie ausführenden Fachleuten – sen um traditionelle Hand Restauratoren, Handwerkern und Architekten – werkstechniken und Arbeits einen Überblick über Produkte und Verfahren, die materialien ist. Die Bundesin den aktuellen nung der österreichischen Stand der Steinmetze präsentiert deshalb Technik auf der Monumento eine »lebende widerspieWerkstatt«. Anhand von Exponaten geln.« aus der Denkmalpflege möchten die Steinmetze den Besuchern die Tradition des Handwerks vermitteln – und zeigen wie lebendig diese Tradition noch heute ist. Aus diesem Grund vergibt die Bundesinnung daher am Donnerstag, den 12. Januar auch erst malig den Preis » Der Steinmetzmeister in der Denkmalpflege«. Mit diesem Preis würdigt die Innung herausragende Leistungen von Steinmet zen im Bereich Restaurierung und Denkmalpfle ge. Ausgezeichnet werden qualitativ hochwertige Arbeiten von Steinmetzen an Denkmalpflegeob jekten aus Naturstein unter den Aspekten hand werklicher Steinmetzarbeiten, Kreativität und Ma terialgefühl. Der Restaurierungspreis soll den Be ruf der Öffentlichkeit näherbringen und zugleich Steinmetze ermutigen, sich noch stärker in der Denkmalpflege zu engagieren. Foto: privat
Foto: Salzburg Tourismus
elle Stand der Technik widergespiegelt werden. Andererseits sollen traditionelle Handwerkstech niken und Baumaterialien nicht in Vergessenheit geraten. Sie sind immanent wichtig für die Erhal tung historischer Bausubstanz.
Wissenschaftlich begleitet Die Vernetzung der Experten ist ein klares Ziel der Messe. Das anspruchsvolle Rahmenpro
Ludmila Henseler, Dipl.-Restauratorin Oldenburger Str. 295 · 26180 Rastede / Oldenburg Tel. 04402-51401 04402-51404Dipl.-Restauratorin · Mobil 0171-796 8901 Ludmila· FaxHenseler, art_restauro@hotmail.com · www.art-restauro.de Oldenburger Str. 295 · 26180 Rastede / Oldenburg Tel. 04402-51401 · Fax 04402-51404 · Mobil 0171-796 8901 art_restauro@hotmail.com · www.art-restauro.de
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Themen
Themen Janneke Bauermeister und Mechthild Struchtrup
Zur Abnahme von Parkettierungen
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Besondere Herausforderungen bei der Konservierung gespaltener Tafelgemälde von Jan Baegert
Die Bildtafeln im Wandel der Zeit Die 14 Tafelgemälde von Jan Baegert gehören zum ältesten Kunstbesitz der Stadt Münster. Sie stellen Szenen des Marienzyklus (Abb. 1) und des Passionszyklus Christi dar. Stilistisch sind sie als Frühwerke des Malers Jan Baegert um 1505/1510 einzuordnen. Die Bilder sind heute in einer anderen Zusammensetzung zu sehen als einst. Technologische Untersuchungen der Gemälde haben gezeigt, dass acht Holztafeln, die ursprünglich vorder- und rückseitig bemalt waren, gespalten wurden, sodass daraus 16 Bilder entstanden.1 Neben den 14 Tafeln im Stadtmuseum Münster sind noch zwei weitere Tafeln bekannt, die aufgrund Ihrer stilistischen und technologischen Eigenschaften den Zyklen zugeschrieben werden können. Diese befinden sich seit Ende des 19. Jahrhunderts in Privateigentum. Das Untersuchungsergebnis belegt die schon zuvor angenommene Zugehörigkeit der Tafeln zu einem Flügelaltar, dessen Mitteltafel verschollen ist. Die Flügel müssen aus mindestens je vier Tafeln bestanden haben. Der ursprüngliche Aufstellungsort und der genaue Aufbau des Altars sind nicht bekannt. Beginn eines Restaurierungsprojektes Der bedenkliche Erhaltungszustand der empfindlichen Tafelgemälde gab Anlass zu einem dreijährigen Restaurierungsprojekt, an dem von 2007 bis 2010 mehrere Restauratoren mitgewirkt haben. Untersucht wurden in diesem Zusammenhang nicht nur die Tafeln des Stadtmuseums Münster. Auch das Bild »Tempelgang Mariens« aus Privatbesitz konnte für das Restaurierungsprojekt gewonnen werden und lieferte durch seine unterschiedliche Historie wertvolle Informationen zu früheren Restaurierungen.2 Nicht nur erneut auftretende Blasenbildung und dachförmig aufstehende Malschichtschollen, sondern auch die fortschreitende Rissbildung im Eichenholzträger forderten eine umfassende Konservierung, die maßgeblich auch die Ursachen für die erfolgten Schäden behandeln sollte. Die zum Auftakt zu diesem größeren Restaurierungspro18
jekt durchgeführten Voruntersuchungen3 bestätigten, dass die im 19. Jahrhundert aufgebrachten Parkettierungen die Hauptursache für die fortlaufende Schadensbildung darstellten. Ein vom Stadtmuseum Münster ausgerichtetes Expertengespräch im September 2007 lud u.a. Ciro Castelli (Opificio delle Pietre Dure in Florenz) und Ray Marchant (Hamilton Kerr Institute in London) ein, um ihre langfristigen Erfahrungen in der Abnahme von Parkettierungen mitzuteilen.4 Der Holzbiologe Prof. Dr. Peter Klein konnte einen unterstützenden Beitrag zu den zu erwartenden Folgen in Zusammenhang mit der vorliegenden Holzanatomie leisten. Denn die Reaktionen von gespaltenen und gedünnten Holztafeln auf Klimaschwankungen können wesentlich stärker ausfallen als bei Gemälden üblicher Stärke. Sie neigen zudem durch den Alterungsprozess zu einer vorrangig konvexen Verwölbung. Die vorhergehende korrekte Beurteilung der möglichen Reaktionen, die in Abhängigkeit zum Wuchsbild einer Tafel steht, ist neben dem Erhaltungs zustand ausschlaggebend für die Entscheidung Für oder Gegen eine Abnahme der Parkettierung. Die Einschätzung der am Gespräch beteiligten Spezialisten bestärkte den Entschluss, ein im deutschsprachigen Raum ungewöhnliches Restaurierungskonzept umzusetzen. Der hölzerne Bildträger Die ursprünglich doppelseitig bemalten Eichenholztafeln messen jeweils ca. 86 x 64,5 cm. Sie sind aus zwei oder drei vorwiegend radial aus dem Baumstamm geschnittenen Brettern mit vertikalem Faserverlauf und stumpfer Leimfuge zusammengefügt worden. Die Stärke der Tafeln betrug ursprünglich vermutlich 1 bis 1,5 cm. Heute liegt sie mit 0,2 cm deutlich darunter. Die dendrochronologische Untersuchung konnte die Herkunft der Eiche aus westdeutschem Raum mit dem frühest möglichen Fälldatum von 1491 bestätigen.5 Insgesamt wurden Bretter von mindestens sechs verschiedenen Bäumen verwendet. Bei verschiedenen Tafeln sind auch Bretter aus ein und demselben Baum verwendet worden (Abb. 2). Diese naturwissenschaftlichen Erkenntnisse bestätigten die Zusammengehörigkeit und die zeitliche Einord8/2011
Foto: Stadtmuseum Münster, Tomasz Samek
Lange wurden Holztafelgemälde parkettiert, um den Bildträger plan zu halten. So auch ein Gemälde zyklus von Jan Baegert. Während einer umfassenden Restaurierungskampagne im Stadtmuseum Münster entschieden sich die Beteiligten für eine im deutschsprachigen Raum selten praktizierte Lösung im Umgang mit Parkettierungen.
1 Gesamtaufnahmen der Gemälde »Heimsuchung«, »Geburt Christi«, »Darbringung im Tempel« und »Krönung Mariens« der rechten Flügelaußenseite im Endzustand.
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Themen
Themen Regina Fröhlich und Andrea Funck
Der Umzug archäologischer Keramiken mit wiederverwendbaren Vakuumkissen
Beim Transport eines Kunstwerks steht dessen Schutz vor Beschädigung an erster Stelle. An das Verpackungsmaterial werden hohe Anforderungen gestellt. Allgemeiner Wunsch ist es, die Schutzfunktion zu erhöhen, die Arbeitszeit zu verringern und die Materialien nach Möglichkeit wiederverwenden zu können. In ihrer Diplomarbeit entwickelte Regina Fröhlich das Konzept eines wiederverwendbaren Vakuum kissens. Der Artikel erläutert die Vakuumkissen von der Idee, über die Produzentensuche, die Produktentwicklung und -prüfung bis hin zur erfolgreichen Erprobung in der Museumspraxis in Zusammenarbeit mit dem Landesmuseum Württemberg.
1 Verpackungsablauf: 1 Kissen in Kiste, 2 Exponat auf Kissen, 3 Evakuieren, 4 Kiste verschließen.
Schwierigkeiten beim Kulturguttransport Die sichere Verpackung von dreidimensionalen Kunstwerken für den Transport stellt Restauratoren aller Fachbereiche immer wieder vor neue Herausforderungen. Kunst- und Kulturgut ist oft raumgreifend oder vielteilig und unterscheidet sich in Größe, Material, Verarbeitung, Erhaltung und Empfindlichkeit. Diese Individualität und Komplexität fordern in jedem Fall eine entsprechende Verpackungslösung. Einen Standard gibt es nicht, auch wenn der Norm-Entwurf CEN/TC 346/WG 5 Conservation of Cultural Property, Transportation and packaging methods (2009), herausgeben vom Europäisches Komitee für Normung (CEN), einen Rahmen festlegt. Beim Kunsttransport gelten die international üblichen Bestimmungen für die Maße von Packstücken nicht. Es werden darum oft individuelle Behälter für ein bestimmtes Kunstwerk angefertigt. Im Vergleich zu zweidimensionaler Kunst erfordert die Verpackung dreidimensionaler Exponate weit mehr materiellen und zeitlichen Aufwand, um vor äußeren Belastungen – vor allem aber vor dynamischen Belastungen (Druck, Stoß, Erschütterungen) – zu schützen. Da es beim einzelnen Kunstwerk meist keine Erfahrungen zu dessen Empfindlichkeit1 gibt bzw. mögliche Belastungen schwer einzuschätzen sind, stellt jeder Transport
ein Risiko dar. Das Schadenspotential liegt hierbei im falschen Einsatz stabilisierender Materialien oder deren ungenügenden Eigenschaften, in in effektiven Verpackungsmethoden sowie im Zeitmangel beim Verpacken. Weitere Gefährdungen der Exponate stellen die Handhabung und der Transport dar, wobei es zu mechanischen Belastungen kommen kann. Die Transportbedingungen von dreidimensionalen Kunstwerken sind verbesser- und optimierbar. Diese Aufgabe wurde Inhalt der Diplomarbeit von Regina Fröhlich.2 Sie setzte den Fokus auf die Auswirkungen dynamischer Belastungen in variablen Stärken (Erschütterungen, Druck- und Stoßbelastungen) und deren Auswirkungen auf ein Kunstwerk während eines Transports. Ergebnisse der Arbeit waren die Entwicklung einer vielversprechenden Verpackungslösung in Zusammenarbeit mit der Vaco Technology AG3, der Machbarkeitsnachweis sowie die Umsetzung erster Pilotprojekte. Vorüberlegungen und prinzipielle Anforderungen Zur Verbesserung und Optimierung der Transportbedingungen von Kunstwerken mussten zunächst offene Fragen und Wünsche von Restauratoren und Kunstpackern aufgedeckt werden. Der Status quo des Verpackungsalltags im Museum konnte im Frühjahr 2010 durch eine Studie zum Transport
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und zur Verpackung von Kunst in Museen für zeitgenössische Kunst erfasst werden. Die Studie wurde in Form einer Umfrage an die entsprechenden Personen von 150 international agierende Museen versandt. Die Aussagen der Umfrageteilnehmer bestätigten eigene Erfahrungen, insbesondere hinsichtlich der hohen Anforderungen, die an Verpackungsmaterialien gestellt werden. So besteht grundsätzlich der Wunsch, dass Restauratoren – unabhängig von Wert und Rang des Kunstund Kulturgutes – auch in kurzer Zeit eine optimale Schutzverpackung anfertigen können. Soll eine große Anzahl an Exponaten gleichzeitig bewegt werden, etwa bei einem Umzug, spielt ein wirtschaftlich optimierter Transport unter bestmöglicher Ausnutzung des verfügbaren Frachtraums eine große Rolle. Ferner sollte das Dämpfungsvermögen eines Polstermaterials der Empfindlichkeit des Kunstwerks, seiner Masse sowie seiner Auflagefläche entsprechen. Verlangt wird ein chemisch inertes Stütz- und Polstermaterial, welches die Energie einer möglichen dynamischen Belastung absorbieren kann ohne sie an das Kunstwerk weiterzugeben. Darüber hinaus sahen die Teilnehmer der Umfrage die in der Regel eingesetzten Mengen an Verpackungsmaterial im Hinblick auf die heutige Umweltsituation als unverhältnis mäßig hoch an. Der Gedanke der Wiederverwendung von Verpackungsmaterialien ist relevanter denn je, ein wiederverwendbares Verpackungssystem ist wünschenswert. Die Idee der Vakuumverpackung Basierend auf diesen Vorüberlegungen wurde nach einer bestehenden Mehrweg-Lösung zur Stabilisierung von dreidimensionalen Gegenständen in anderen Fachgebieten gesucht. Die Recherche ergab, dass anpassungsfähige evakuierbare Polster aus der Medizintechnik (OP-Auflagen, Orthesen) wie die Produkte der Vaco Technology AG die oben genannten Forderungen der Umfrage teilnehmern erfüllen können. Gemeinsam mit dem Unternehmen wurden die Polster aus der Medizintechnik entsprechend den hohen Ansprüchen an eine Kunstverpackung weiterentwickelt. Diese Vakuumkissen wurden im Zuge der Diplomarbeit auf ihre Wirksamkeit als Mehrwegverpackungsmaterial von Kunstwerken untersucht und darüber hinaus bis heute optimiert (vgl. Validierung des Einsatzzwecks). Es wurde sowohl der Verkauf als auch der Verleih der Vakuumkissen durchdacht. Anlass für die Weiterentwicklung dieser Produkte gaben zahlreiche Parallelen, die zwischen den Anforderungen und der Wirkungsweise in der Medizin und dem Kunsttransport gezogen werden können: Die schnelle und einfache Immobilisierung von Gegenständen ermöglicht die Fixierung komplexer Strukturen. Die formschlüssige Unterstützung erlaubt eine großflächige Druckverteilung bei 8/2011
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Sichere Transportverpackung von Kunst- und Kulturgut
dynamischen Belastungen. Die universal zu nutzenden Vakuumkissen sind wiederverwendbar und darum umweltfreundlich. Die Funktionalität der Vakuumkissen ist unabhängig vom Transportbehälter und -mittel. Beim Umzug zahlreicher Exponate bietet sich statt dem Kauf die Miete entsprechender Vakuumkissen an.4 Diese flexible Anpassung bot bislang kein System im Kunsttransport. Die Anwendung der Vakuumkissen wird nachfolgend beschrieben.
2 Schematische Darstellung der Stoßdämpfung und Druckverteilung: 1 Stoßenergie wirkt auf Kissen ein. 2 Energie wird auf ganze Füllung verteilt und abgebaut.
Prinzip der Vakuumverpackung Bei der Verpackung für den Transport kann ein dreidimensionales Kunst- und Kulturgut mithilfe der anpassungsfähigen Vakuumkissen im Transportbehälter immobilisiert werden. Dazu wird ein Vakuumkissen in den Behälter gelegt (Abb. 1, Schritt 1). Über ein Ventil wird soviel Luft mit einer Vakuumpumpe aus dem Kissen gezogen, dass die Füllung wie eine plastische Masse modellierbar wird. Sodann kann das Exponat auf das Kissen gelegt und in die gewünschte Position/Lage gebracht werden (Abb. 1, Schritt 2). Das Kissen wird anschließend an die Kontur des Exponats anmodelliert (Abb. 1, Schritt 3). Durch weiteres Abziehen der Luft mittels Vakuumpumpe verwandelt sich das plastisch verformbare Kissen in eine blockartige, formschlüssige Schutzhülle (Abb. 1, Schritt 4). Das Vakuumkissen füllt die Außenverpackung so aus, dass zwischen ihm und der Außenverpackung kein Spielraum ist. Das Vakuumsystem erhält seine ursprüngliche Verformbarkeit und Flexibilität vollständig zurück, sobald das Ventil geöffnet wird und Luft in das Kissen einströmt. Diese Fähigkeit der reversiblen Verformung und die Eigenschaft, sich selbst zu stabilisieren, erlauben es dem System, eine Vielzahl an Formen anzunehmen. Neben dieser Mehrwegfunktion besitzt es zugleich eine Mehrzweckfunktion: Es dient der Stabilisierung der Kunst während des Transports, der Lagerung sowie als Fixiervorrichtung am Arbeitsplatz bei Restaurierungsarbeiten. 41