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VOM GLÜCK, IN DER ERDE ZU BUDDELN
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WILDE GARTENKÜCHE
VORWORT
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AUS DEM GARTEN
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FARMMADE
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VOM COTTAGEGARTEN ZU MY COTTAGE GARDEN
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FRÄULEIN GRÜN
GARTEN FRÄULEIN
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KRAUTKOPF
KISTENGRÜN
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OSMERS
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EIN SCHWEIZER GARTEN
GRÜNE LIEBE
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SERVICE
POMPONETTI
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IMPRESSUM
VILLA KÖNIG
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HORTUS VIVENDI
DER KLEINE HORRORGARTEN
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WOHNEN AUF DEM LAND
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FRAU MEISE
BERLIN GARTEN
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VILDVUCHS
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SYL GERVAIS
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HAUPTSTADT GARTEN
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WIR SIND SCHON EIN LUSTIGER HAUFEN. Und wir kennen das alle: Wenn die vom Regen triefnassen Strähnen an unseren Backen kleben, unsere handschuhlosen Finger in der weichen Erde versinken, jedes neue Pflänzchen enthusiastisch begrüßt wird, wir die Nasen tief in duftende Blüten stecken und die kleinen Wunder unserer Welt manchmal gar nicht fassen können. Dann sind wir glücklich. Und herrlich dreckig. Erfüllt von dem Wunsch, diese Augenblicke zu teilen, andere zu begeistern und mitzureißen, das oft schmerzlich (Dornen! Stiche! Brennnesseln!) Erlernte weiterzugeben und bunte Einblicke in unsere vier Zäune zu geben. Und ja, es mag ein bisschen seltsam wirken, wenn wir dann mit erdverkrusteten Händen auf unsere Computer einhacken, während Dreckkrümel leise von unseren Fingern auf die Tastatur rieseln. Oder wir mit dem Handy in der Hand auf dem matschigen Boden herumkriechen, um für unsere Community das bestmögliche Foto zu machen. Aber eigentlich ist es doch ganz einfach. Wir haben das Glück, eine blühende Leidenschaft zu leben und diese teilen zu dürfen. Ob das nun die Vision einer grüneren Welt ist, der Wunsch, anderen das Gärtnern näherzubringen oder altes Wissen in die heutige Zeit zu holen, die Begeisterung, aus einem Samenkorn eine Mahlzeit zu machen, die Freude an bunten Blumen oder einfach nur die Verbundenheit zur Natur. 20 wunderbare Frauen mit herrlich grünem Daumen haben mich in ihre Welt mitgenommen und mir ihre Geschichte erzählt: dass sie keine Garten„arbeit“ kennen, sondern nur Gärtnern. Von ihren Anfängen draußen, beim Bloggen drinnen, von ihren kleinen Niederlagen, die sie in wertvolle Erfahrungen verwandeln, bis hin zu ihren gärtnerischen Glanzleistungen, von ihrem kulinarischen Können und von ihren Weisheiten über die Natur. Und von dem, was sie persönlich ausmacht. Viel Freude beim Lesen und ganz viel neue Inspiration. Eure Sarah 7
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WA S I S T D A S ?
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Vom
Cottage-Garten zu My Cottage Garden Wirklich in die Wiege gelegt wurde er mir nicht, der grüne Daumen. Aufgewachsen bin ich in Münchens mittigster Mitte, direkt neben dem Hofbräuhaus. Da war kein Balkon, geschweige denn ein Garten. Nicht einfach, dort erste gärtnerische Erfahrungen zu sammeln oder gar festzustellen, dass Buddeln in der Erde ein tiefes Gefühl der Glückseligkeit verschafft. Bis zu meinem eigenen Garten sollten noch viele Jahre vergehen. Aber es war schon immer klar: Ich will kein „Handtuch mit Blümchenborte“, kein fades rechteckiges Stück Rasen mit braven, kleinen Blümchen außen herum. Mein Garten sollte verwunschen sein, Kletterrosen an der Fassade, Ramblerrosen in alten knorrigen Apfelbäumen, ein bisschen chaotisch, üppig, bezaubernd und sehr natürlich. Und Blumen. Das ganze Jahr über. Ich wollte einen Cottage-Garten. Keinen Bauerngarten, keinen Landhausgarten, auch wenn die Übergänge meist fließend sind. Einen Cottage-Garten. Einen Garten, der Schnappatmung auslöst, Schmetterlinge im Bauch erzeugt und bei dessen Schönheit mir die Tränen in die Augen schießen. Drama Queen? Nein, Cottage-Garten eben. 2011 war es so weit. Erst kam der Hausbau und damit endlich die Chance, einen Garten selber von Grund auf zu planen und anzulegen.
Mitgliedschaft bei der Royal Horticultural Society, eine Reise nach Cornwall, wundervolle britische Fernsehsendungen und der unbändige Wunsch und Wille, mir diesen Traum zu erfüllen. Und so kam es dann auch. Viele Erfahrungen reicher, einige Euro ärmer, die ich auch direkt in den ausgebuddelten Pflanzlöchern hätte versenken können, statt sie in die Gärtnerei zu tragen, saß ich dann eines Tages da. Unter dem Apfelbaum, umgeben vom Duft historischer Rosen und dem Konzert meiner tierischen Mitbewohner. Ein bisschen stolz und sehr glücklich. Nach der Geburt unseres dritten Sohnes hatte ich mal keine PR-Projekte, Unternehmensbroschüren oder Events vor mir. Ich begann zu schreiben. Und hatte diese Vision: Schluss mit langweiligen Gärten! Mehr Platz für Blütenfülle und Lebensfreude.
DRAMA QUEEN?
NEIN, COTTAGEGARTEN EBEN.
Da ich vollkommen ahnungslos war, begab ich mich zusammen mit Google auf eine virtuelle Reise zu verschiedensten deutschsprachigen Gartenbauern und -gestaltern, auf der Suche nach einer/einem Sachkundigen für Cottage-Gärten. Und fand nichts und niemanden. Wild entschlossen und immer noch vollkommen ahnungslos, begann ich dann mein Abenteuer: unzählige Bücher, Youtube, Alan Titchmarsh, Pinterest, Zeitschriften aus England, eine
Wenn ich jetzt durch meinen (meinen!) Garten laufe, barfuß durch den Morgentau (möglichst ohne auf Nacktschnecken zu treten), eingehüllt in ein hellblaues Fleece-Bademantel-Monster, wenn alle noch schlafen – vor allem die Nachbarn, die mich unter gar keinen Umständen jemals in dieser Robe sehen dürfen – und jeden Tag aufs Neue entdecke, welche Blüte sich wo und in welcher Farbe über Nacht geöffnet hat, dann ist das mein Moment. Tiefes Glück und große Ehrfurcht vor der Natur, kaum in Worte zu fassen. Und ich staune jeden Tag. Ein winziger Samen. Ein bisschen Erde, Wasser und Licht. Ein faszinierender Kreislauf. Jahrmillionen alt, aber immer wieder unendlich spannend und aufregend.
www.mycottagegarden.de
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Ich merkte ziemlich schnell, dass ich mit meiner Vorstellung von floraler Üppigkeit, von abwechslungsreichen Lebensräumen für Mensch und Tier direkt vor der eigenen Haustür auch die Sehnsüchte vieler anderer Menschen ansprach. Der Überdruss an unserer sterilen, akkuraten Gartenlandschaft war größer, als ich dachte.
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Unsere FLOWER GIRLS
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WILDE
G A RT E N K Ü C H E
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Lisana gehört zu den beneidenswerten Menschen, die – wenn über raschend Besuch vor der Tür steht – innerhalb kürzester Zeit etwas Wundervolles auf den Tisch zaubern können. Und wenn gerade nichts im Kühlschrank ist, geht sie eben in den Garten. Ganz egal was dann im Topf, Ofen oder in der Pfanne landet, köstlich wird es immer. Und dann kommen noch ihre zahlreichen anderen kreativen Talente dazu, wie das Fotografieren, das Zeichnen und das Schreiben. Das schreit ja förmlich nach einem Blog … 14
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immer mehr. Mein Ehrgeiz war geweckt, die Fotos wurden ständig besser, die Texte ebenso, der Blog wurde größer, der Kreis meiner Follower auch. Ja, und dann gibt es da noch den Garten. Der war überhaupt nicht geplant, sondern ist mir mehr oder weniger passiert, ähnlich wie der Blog. Der Garten meiner Eltern ist riesig, wirklich riesengroß. Eines Tages bekam ich Lust, mir einen Teil davon herzurichten. Auch um frisches Gemüse und Kräuter selber anzubauen. Da standen Opas Johannisbeersträucher und zwei Apfelbäume, von der Größe her perfekt für einen Bauerngarten, und es hat sich sonst niemand aus der Familie dafür interessiert. Und das Schöne ist, seit ich diesen Bereich hergerichtet habe, treffen sich hier auf einmal alle – die Oma, meine Schwester mit ihren Hühnern und Hunden und meine Eltern. Diese Momente genieße ich sehr. Meine Gartenphilosophie ist ähnlich wie meine Küchenphilosophie: einfach ausprobieren. Ich lege Hochbeete an und pflanze verschiedenes Gemüse wie Erbsen, Kohl, vor allem Tomaten und – mein neues Lieblingsgemüse – Auberginen.
Kochen und backen, Neues probieren, mit Zutaten experimentieren – das war schon immer mein Ding. Schon als junges Mädchen habe ich die Küche meiner Mutter in ein Schlachtfeld verwandelt – aber geschmeckt hat es immer. Also meistens. Seit einer Weile habe ich meine eigene Küche, was nicht heißt, dass das Chaos weniger geworden ist. Aber wenigstens gehe ich meiner Mutter damit nicht mehr auf die Nerven. Und ich kann mich endlich so richtig austoben. Oft wurde ich von Freunden nach Rezepten gefragt, ich habe sie dann aufgeschrieben und ihnen geschickt. Auch für die Firma meiner Eltern – sie machen Senf – habe ich viele Rezepte entwickelt, logischerweise immer mit Senf. Sie wurden dann auf der Firmenwebseite online gestellt. Allerdings hatte ich noch so viele andere Rezepte, zum Beispiel für Kuchen – ohne Senf –, die ich darüber leider nicht teilen konnte.
Als Inspiration dienten mir die Bücher von Alys Fowler, der englischen Gartenikone. Nutzpflanzen zwischen blühende Pflanzen setzen, mit den Farben spielen, die Höhen variieren. Viel war auch einfach Intuition. Bei mir wachsen die Kosmeen zwischen Blumenkohl, Wegwarte und Eisenkraut zwischen Tomaten und Rosmarin. Alles ziemlich wild durcheinander – daher auch der Name Wilde Gartenküche. Das „wild“ bezieht sich auf meine leicht chaotische Ader, nicht, wie man denken könnte, auf tolle wilde Pflanzensorten. Mir geht es nicht um Perfektion, mir geht es darum, Spaß zu haben am Gärtnern und am Kochen. Um das Gartengefühl. Um den kreativen Moment. Und letztendlich lernt man aus Erfahrung immer noch am meisten.
Bis ich zu Weihnachten von einem Freund einen Blog geschenkt bekam. Schon vorprogrammiert und designed, ich musste ihn nur noch mit Leben füllen. Das tat ich gerne und die Sache fing an, mir immer mehr Spaß zu machen. Und auch aus der ursprünglichen Idee, für Freunde Rezepte zu teilen, wurde
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Letztes Jahr habe ich die bittere Erfahrung gemacht, dass mir die Schnecken alles, wirklich alles, radikal bis zum Stumpf weggefressen haben. Tomaten, Kartoffeln, Paprika, Chili – alles futsch. Was ich daraus gelernt habe? Erstens, keine Folie zur Auskleidung der Hochbeete zu benutzen, die schon länger im Garten herumliegt – da waren wahrscheinlich die Schneckeneier drin. Und zweitens, die Sache entspannt anzugehen. Den Druck rausnehmen. Erst mal klein anfangen und sich über die kleinen Erfolge freuen. Alles kann, nichts muss. Ich habe noch einen Vollzeitjob in der Marketingleitung der Firma meiner Eltern. Wenn ich am Ende meines Arbeitstages mit einem Kaffee in den Garten gehe, möchte ich einfach nur dasitzen und die Natur um mich herum genießen können, statt ständig im Kopf zu haben: Du musst dich noch um die Tomaten kümmern, und oh Gott, schau nach den Salaten, den Zucchini, sonst wird das alles nichts. Um mich zum Sklaven meines Gartens zu machen, nach dem Motto „Er muss so viel Ertrag wie möglich abwerfen“, habe ich zu wenig Zeit und zu viele Hobbys. Zeichnen, Fotografieren, Schreiben, Kochen – das alles tue ich viel zu gerne, um mir von meinem Garten meine Zeiteinteilung diktieren zu lassen. Ich möchte den Gedanken „Garten“ bei den Leuten wieder fördern, Lust darauf machen. Klar, ein Garten macht schon Arbeit. Aber wenn man das zwanglos und mit Spaß angeht, ist das eine der schönsten und erfüllendsten Aufgaben überhaupt. Etwas, worauf man stolz sein kann, wenn man durch den Garten läuft, dem Summen und Brummen der Bienen und dem lauen Sommerwind in den Blättern der Obstbäume lauscht, auch mal wieder Schmetterlinge sieht. Und dann das herrliche Gefühl, barfuß auf eine Nacktschnecke zu treten ...
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ALLES KANN, NICHTS MUSS.
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MIR GEHT ES NICHT UM PERFEKTION, MIR GEHT ES DARUM, SPASS ZU HABEN AM GÄRTNERN UND AM KOCHEN.
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KLAR, EIN GARTEN MACHT SCHON ARBEIT. ABER WENN MAN DAS ZWANGLOS UND MIT SPASS ANGEHT, IST DAS EINE DER SCHÖNSTEN UND ERFÜLLENDSTEN AUFGABEN ÜBERHAUPT. 20
DAS GARTENTAGEBUCH Jeder Garten ist anders: anderer Boden, anderes Klima, anderer Gärtner. Auch wenn man viele Tipps in Büchern, Kursen oder im Internet findet, ist wahrscheinlich die eigene Erfahrung im Garten der beste Lehrer. Um das Gelernte nicht zu vergessen, schreibt Lisana ein Gartentagebuch. Das Gartentagebuch ist ihr wichtigstes Gartenwerkzeug geworden. „Davor bin ich ohne einen wirklichen Plan an die Sachen rangegangen und wusste dann im nächsten Jahr nicht mehr, was ich wo gepflanzt hatte, welche Ideen ich im Laufe des Gartenjahres hatte und zu welchen Erkenntnissen ich gekommen bin.“ Sie nutzt dieses Buch nicht nur für ihre Beobachtungen, sondern auch für Notizen. Wenn sie etwas Interessantes liest oder einen Tipp bekommt, notiert sie das ebenfalls in diesem Buch. „Hier stecken mein gebündeltes Gartenwissen, meine Ideen und Wünsche drin.“ DAS SCHREIBT LISANA IN IHR GARTENTAGEBUCH Wetter mit Temperatur Tierbeobachtungen Mondphasen Was wurde wo gesät und wie hat es gekeimt Pflanzenwachstum Schädlingsbefall Bodenbeschaffenheit Pflanzplanung Ideen und Tipps
Erfahre mehr über LISANA VON WILDE GARTENKÜCHE www.wildegartenkueche.de Instagram: @wilde_gartenkueche Bücher: „Mein Gartenjournal“ zusammen mit Carolin Engwert, „FeuerFest – Kochen und Grillen mit Freunden am Feuer“ Lieblings-Gartenwerkzeug: Gartenschere & Gartentagebuch
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AUS
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Wenn man sich mit Katharina unterhält, a) wundert man sich, warum nicht jeden Tag ein Blumenstrauß auf dem Tisch steht, b) kommt man aus dem Staunen über ihr Blumenwissen gar nicht mehr heraus und c) will man sofort (SOFORT!) den eigenen Garten in einen Schnittblumen-Acker um gestalten. Und als Mitbegründerin der Slowflower-Bewegung trägt sie zu einem wichtigen Wandel in unseren Köpfen bei.
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Die Liebe zu Blumen kam aus dem Nichts, sie war auf einmal plötzlich da. Ein Balkon und ein paar Töpfe reichten. Der Balkon war schnell gefüllt, ich brauchte mehr Platz. Also suchte ich mir eine Gartenparzelle. Der einzige Garten, den ich finden konnte, war komplett verwildert: zugewuchert mit Brombeerranken, kein Wasser, kein Strom, keine Laube. Der Vorstand des Schrebergartenvereins hielt mich für verrückt, war aber sehr froh, dass sich endlich jemand dieses Gartens annahm. Und so bekam ich ihn kostenlos. Ich hatte dieses Bild im Kopf, von nach Farben gestalteten Blumenbeeten, Löwenmäulchen in Weiß, Kornblumen in Blau, Kosmeen in Rosa. Nur gab es leider nirgends farblich sortierte Blumensamen, sondern nur Mischungen. Bei meinen Recherchen im Internet landete ich schließlich in Amerika. Ich studierte den Blog der Floret Flower Farm, nahm an Online-Workshops von Kiana Underwood teil, verfolgte den Podcast von Deborah Prinzing und las nächtelang Bücher über den Anbau von Schnittblumen.
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Und irgendwann stieß ich dann auf das Thema Slowflowers, das abgesehen vom gärtnerischen Aspekt vor allem eine politische Bedeutung hat. Schnittblumen, die bei uns angeboten werden, kommen meist von weit her, wo sie in Monokulturen auf Kosten der Umwelt und mittels Ausbeutung der Menschen vor Ort produziert werden. Das hat mich so beschäftigt, dass ich eine Facebook-Gruppe gründete, der Beginn der deutschsprachigen Slowflower-Bewegung, die inzwischen über 140 aktive Mitglieder hat. Unser Ziel ist es, den regionalen Anbau zu fördern und ins Bewusstsein der Konsumenten zu rücken. Doch zurück zu meinem Schrebergarten. In der Zwischenzeit hatte in mir ein Wunsch immer mehr Form angenommen: Ich werde Blumenbäuerin. Mit unbändiger Begeisterung und größter Motivation wurden meine 100 Quadratmeter Beetfläche mit Schnittblumen bepflanzt. Ich verkaufte auf dem Markt, belieferte Restaurants, stattete Hochzeiten aus. Ich bin völlig darin abgetaucht, habe alles um mich herum vergessen und wollte nichts anderes mehr machen, außer den
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ganzen Tag im Garten sein, in der Nacht und am nächsten Tag und in der nächsten Nacht. Ich liebte meinen Stand auf dem Markt, es war aufregend, Teil dieses Ganzen zu sein. Ich genoss es zutiefst, die leuchtenden Augen der Braut zu sehen, wenn ich ihr den liebevoll gebundenen Brautstrauß überreichte. Aus den schönsten Blumen meines Gartens. Ich freute mich über das positive Feedback der Restaurants, die mit meinen Blumen ihre Tische dekorierten. Ohne es zu merken, hatte ich mir dadurch neben meinem Job in der Schule, an dem ich sehr hing, noch einen Vollzeitjob geschaffen. Ich war in ein Hamsterrad geraten, das mich allmählich auslaugte und mit meiner eigentlichen Leidenschaft zum Gärtnern nichts mehr zu tun hatte. Es drehte sich nur noch um Wirtschaftlichkeit, ich rannte meinen Verpflichtungen hinterher. Und dann ging mitten im Sommer, nachdem es wochenlang nicht geregnet hatte, auch noch meine Wasserpumpe kaputt. Jetzt geht das Ganze einfach den Bach runter, dachte ich. Und: So will ich nicht mehr weitermachen, wenn jetzt alles vertrocknet, wäre
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