STEIN 2019

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ZEITSCHRIFT FÜR NATURSTEIN

S E R I E

STEIN

S 09 | 2019

DESIGN I T A L I A N O

&

FORMWANDLER

DIE DESIGNS DES HERRN SANTACHIARA STRAHLENSCHUTZ 1

STRAHLENSCHUTZ 2

STRAHLENSCHUTZ 3

Unser Schwerpunkt zum neuen Gesetz. Mineralische Bauprodukte prüfen

Die Strahlenschutzverordnung in der Praxis – was jetzt zu beachten ist

Auswirkungen der Strahlenschutzverordnung und Chancen für die Branche


INHALT

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Zwei Moderne BäderElemente in München, die können zeigen, alte wie Friedhöfe der Einsatz auflockern, von Naturstein wenn sie die Anmutung sich, wie hier eines in RauAltdorf mes bei Nürnberg, beeinflusst. zurückBesonders nehmen Calacatta und nicht Viola setzt in den sehr Vordergrund individuelle Akzente. drängen.

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Schwarz-weiß-Optik Ein unter Denkmal- in einer Berliner Wohnung: schutz stehender Der Boden des Entrees Bunker in München wurde Platten renoaus wurdemit behutsam unterschiedlichen viert und innen mitNatursteinsorten in „Fade einem dem Naturstein klassischen Hexagonto Grey“ ausgelegt. muster verlegt.

STEIN ONLINE

Ein Gespräch mit Denis Santachiara über seine Arbeit mit Naturstein, die Integration neuer Techniken in traditionelle Arbeitsprozesse und die Zukunft von Design „made in Italy“.

SCHÖNE WELT DER STEINE

STEIN – auf Facebook Wissenswertes rund um das Thema Naturstein gibt es auf facebook.com/stein.magazin STEIN – die Webseite Fachliches, Interessantes, aber auch Skurriles finden Sie auf unserer Homepage stein-magazin.de STEIN – der Newsletter Regelmäßig Neues aus der Stein-Welt, zu abonnieren auf stein-magazin.de

Glamour in Lila, Eleganz in Rosa Unterschiedliche Natursteine verleihen zwei E BEA Bädern völlig verschiedene Gesichter.N

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STEINE BEARBEITEN 12

Die Welt in Stein gefasst In einer Berliner Luxuswohnung spielen Marmor und edler Kalkstein tragende Rollen.

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Downloading Design italiano Ein Blick auf klassische Gestaltungen und moderne Arbeitsprozesse mit Naturstein.

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Keine Graffiti an der Erlöserkirche Reinigung der Kalksteinfassade eines Kulturdenkmals mit Mikropartikel-Strahlverfahren.

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Rosa Porrino Die STEINKUNDE stellt einen Granit aus Spanien vor.

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Die Säge will sägen Wie Hightech-Sägezentren heute in der Stein verarbeitenden Industrie genutzt werden.

ZUM SAMMELN Die neue STEINKUNDE In dieser Ausgabe: Rosa Porrino KUNDE

Handelsname:

ROSA PORRINO ● Petrografische Familie:

Granit

● Typische Farbe:

Rosa

● Herkunftsort:

Porrino / Pontevedra / Spanien ● Liefernachweis:

Überall im gut sortierten Fachhandel

● GEOLOGIE/PETROGRAFIE Granite bestehen immer aus Feldspat, Quarz und Glimmer. Diese kommen in unterschiedlichen mengenmäßigen Verhältnissen innerhalb der Gesteine vor. Wichtig ist, dass der Quarzanteil 20 Prozent nicht unterschreitet, da es sich ansonsten nach petrografischer Definition nicht mehr um einen Granit, sondern um ein magmatisches Gestein mit einem geringen Quarzgehalt wie beispielsweise einen Monzonit oder Syenit handelt. Beim Rosa Porrino beträgt der Quarzgehalt 35 Prozent. Somit ist dieser Stein ein „echter“ Granit. Der Rosafarbton wird durch die enthaltenen Alkalifeldspäte verursacht. Diese kommen in großen Mengen im Gestein (ca. 40 Prozent) vor. Der Quarz erscheint in einem trüben grauen Farbton. Weiße Plagioklase hellen den Stein auf. Rosa Porrino zeigt wie alle Granite ein sehr einheitliches Gefüge, bei dem die einzelnen Minerale mit bloßem Auge gut erkennbar sind.

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Dies liegt daran, dass der Pluton (in Pfropfenform aus dem Erdinnern aufgestiegenes Magma) über Jahrmillionen hinweg innerhalb der Erdkruste sehr langsam erkaltete.

● ARCHITEKTUR Weltweit gibt es sehr viele rosafarbene Granite und granitähnliche Gesteine. Bei diesen tritt der Rosafarbton in unterschiedlichen Intensitäten meist als Sekundärfarbe auf und verleiht den überwiegend hellgrauen Sorten eine zusätzliche warme Farbkomponente, wie es beispielsweise bei vielen sardischen Hartgesteinen der Fall ist. Rosa Porrino ist ein Granit, bei dem man das Rosa als Grundfarbton bezeichnen könnte. Dies liegt neben dem hohen Anteil an Alkalifeldspäten auch daran, dass die rosafarbenen Feldspäte mittel- bis grobkörnig im Gestein vorliegen und somit das Dekor entscheidend bestimmen. Der Stein verfügt über sehr gute gesteinstechnische

Werte und ist für den gesamten Einsatz im Innen- und Außenbereich geeignet. Seine größte Farbtiefe erhält er bei polierten Oberflächen. Durch den intensiven Rosafarbton wirkt der Stein gestalterisch dominant. Zur Verlegung im Außenbereich als Boden- und Treppenbelag kann der Stein auch mit einer beflammten Oberfläche ausgeführt werden. Bei dieser Bearbeitungsart schwächt sich die Farbintensität der Alkalifeldspäte sehr stark ab, und der Stein wirkt bei Weitem nicht mehr so dominant. Rosa Porrino wird in großen Rohblöcken abgebaut. Somit stellen großformatige Werkstücke wie Küchenarbeitsplatten oder gewendelte Treppenstufen kein Problem dar. Die Politur ist auch im Außenbereich (meist an Fassaden) sehr beständig. Die Produktpalette reicht von der ein Zentimeter dicken Fliese bis hin zu massiven Werkstücken. Dipl.-Ing. (FH) Detlev Hill www.steinkultur.eu

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Colour Chart App

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aturstein, aterialien aus N Für über 5000 M d Keramik. un Quarzkomposit g der naue Zuordnun Schnelle und ge r und Dichtstoffe zum lebe farbgleichen K kstoff. er W en jeweilig

Themenschwerpunkt Strahlenschutzverordnung: Auswirkungen der neuen Gesetzeslage auf die Steinbranche, Wissenswertes zum Testverfahren und mögliche Perspektiven.

KUNDEN GEWINNEN 40

Grünes Marketing Warum Nachhaltigkeit im Marketing von Unternehmen eine immer wichtigere Rolle spielt.

CHANCEN NUTZEN 46

OR

Strahlenschutz-Zertifizierung für mineralische Baustoffe Wir sprechen mit Experten, wie die neue Strahlenschutzverordnung zu bewerten ist und was es in der Praxis zu beachten gilt, aber auch über die Chancen.

PANORAMA 58 62

Vorbericht Marmomac Vorbericht Cersaie

RUBRIKEN 65 66 74

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Vorschau Impressum STEINLUPE: Markus Sellemerten, Natursteinbetrieb Schulte GmbH & Co. KG

AKEMI GmbH • D-90451 Nürnberg Tel.: 0911/64 29 60 www.akemi.de • info@akemi.de


SCHÖNE WELT DER STEINE

Eine Schildkröte vielleicht? Der Calacatta-Viola-Marmor gibt mit seinen wilden Mustern Rätsel auf

Rosafarbener portugiesischer Marmor mit feiner Struktur und ruhiger hellgraubrauner Maserung

GLAMOUR IN LILA, ELEGANZ IN ROSA Design von Böden und Wänden Ein Bad in CalacattaViola-Marmor, ein anderes mit dezenten Akzenten in Rosa Portogallo: zweimal Marmor in zwei Räumen, die unterschiedlicher nicht sein könnten.

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sondern auch Raum zur Interpretation zulässt und solch brüske Schildkröten-Assoziationen evoziert, liegt an den 20 Millimeter starken und 2,40 Meter großen Natursteinplatten. Huber Naturstein setzte hier als beratende und planerische Instanz in Absprache mit der Kundin und Hausbesitzerin die Maßstäbe. Mit großformatigen Platten könne sich die wilde Struktur des Natursteins, die Unberechenbarkeit seiner Natürlichkeit am besten entfalten, sagt FranzMaximilian Huber, Geschäftsführer von Huber Naturstein. Was auch dazu führt, dass die Opulenz des Calacatta Violas vollends ausgeschöpft wird. „Der Calacatta-Viola-Marmor ist nichts Konventionelles, kein Statuario, sondern sehr speziell und deswegen auch nicht jedermanns Sache“, sagt Huber. Er sitzt in seinem Büro in Markt Schwaben bei München, ein Stockwerk über dem Showroom mit einer Auswahl kleiner Natursteinproben. Hier können Kunden einen

Fotos: Huber Naturstein (3)

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as Muster auf dem Boden könnten Schildkröten sein. An manchen Stellen sind sie ganz deutlich zu erkennen, an anderen Stellen verlieren sie sich in Abstraktion, gliedern sich entzwei und lösen sich in großflächig ornamentalen Strukturen auf, die bis zu den Wänden in der Dusche führen. Man könnte dieses Gebilde aus Naturstein auch „Die Formation der Schildkröten“ nennen, die sich über 80 Prozent des Badezimmers einer Villa in München-Bogenhausen erstreckt. Hier dominiert der italienische Marmor Calacatta Viola. Er ist Boden, er ist Wand, er ist Dusche. Er protzt mit Extravaganz und lässt nicht zu, den Blick von ihm abzuwenden. Er ist aufdringlich, er ist prätentiös, er ist ein Naturstein mit dem Verlangen, Teil von etwas Besonderem zu sein. Dass dieses Bad aus Calacatta Viola nicht nur ein Raum zum Wohlfühlen und zur Körperpflege ist,

Von Carolin Werthmann

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SCHÖNE WELT DER STEINE

Die großformatigen Platten des Calacatta-Viola-Marmors begünstigen eine ornamentale Flächenstruktur

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STEINE BEARBEITEN

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STEINE BEARBEITEN

Zurück in die Zwanzigerjahre: Edel und außergewöhnlich mutet eine Wohnung in Berlin an, bei deren Innenausstattung großzügig mit verschiedenstem Naturstein gearbeitet wurde

DIE WELT IN STEIN GEFASST Innenausbau Marmor und edle Kalksteine mussten es sein, nur hochwertiger Naturstein kam infrage. Dieser Wunsch der Bauherrin bestand von vornherein, als sie die Gestaltung ihrer Berliner Wohnung in Auftrag gab. Von Christina Haberlik

Foto: Tanyel Cetin

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ie Wohnung, die am Kopf eines Wohn- und Geschäftshauses liegt, hat einen ungewöhnlichen Grundriss. Das Gebäude liegt an zwei zusammenlaufenden Straßen, die eine Vorplatzsituation bilden. An dessen Ende befindet sich der Eingang zur Wohnung. Eine Doppelflügeltür führt direkt in die hufeisenförmige Eingangshalle mit ihrem luxuriösen Ambiente, das ein Flair der Zwanzigerjahre verströmt. Anleihen bei Art déco sowie dem International Style sind hier ebenso zu finden wie kulissenhafte Anklänge an Filme wie „The Great Gatsby“ oder das Pariser Leben der Hautevolee zu Zeiten Coco Chanels. Das Berliner Architekturbüro Baldini Bleschke stand der Bauherrin beratend und gestaltend zur Seite und setzte ihre Vorstellungen mit edlen Materialien um. Die circa 35 Quadratmeter große Eingangshalle sollte einem festlich ausgestatteten Saal gleichen, der auch bestuhlt werden kann und in dem die Hausherrin dann und wann Soirees abhält. Zwei V-förmige, mit schwarzem Stucco-lustro-Putz überzogene und auf Hochglanz polierte Säulen, die sich über beide Geschosse erstrecken, verbinden die Halle und die Wohnräume darüber.

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EINE REISE UM DEN ERDBALL Die Wände im gesamten Wohnbereich sind mit aufwendig gestalteten De-Gournay-Papiertapeten verkleidet und führen „In-80-Tagen-um-die-Welt“ - quasi als Hommage an den Vater der Bauherrin, der einst ein Reiseunternehmen besaß. Die Wandverkleidung der Londoner Firma De Gournay wurden auf Bestellung in einem Vierschicht-System kunstvoll von Hand bemalt und vor Ort von speziell ausgebildeten Handwerkern aufgebracht. Die auf den Wänden dargestellte Reise beginnt in Berlin am Bahnhof Friedrichstraße im Erdgeschoss und führt durch die gesamte Wohnung. Mit dem OrientExpress erreicht man Istanbul, durchquert ganz Asien, macht Halt auf einer Südseeinsel und kommt über den amerikanischen Kontinent, vorbei an den Niagara-Fällen, die sich entlang der Treppe in das erste Obergeschoss erstrecken, zurück nach Europa. Über Zwischenstopps in Amerika und zuletzt in Paris endet die Weltumrundung wieder in Berlin am Brandenburger Tor. Die edle Architektur der Halle bildet für diese Reise den Ausgangs- und Endpunkt mit marmornen „Zutaten“.

Das filigran gearbeitete Geländer der nach oben führenden halbgewendelten Treppe aus Eichenholz sowie die Brüstung im ersten Obergeschoss sind kunstvoll gearbeitete Holzelemente. Die Herstellung erfolgte aus großformatigen vorgeformten Verbundschichtplatten, aus denen das feine Muster mit CNC-Maschinen ausgeschnitten, geschliffen und nach dem Einbau vor Ort endbehandelt wurden. Die Decke ziert ein prunkvoller großer runder Lüster aus Murano-Glas, der mittig über der Halle thront. Die aufwendig gestaltete Eingangshalle, die das Zentrum der 230 Quadratmeter großen Maisonettewohnung bildet und von der aus alle Räume zu erreichen sind, ist mit einem außergewöhnlichen Natursteinboden ausgestattet: Drei verschiedene Natursteinsorten im Hexagon-Muster aus Rauten verlegt, vermitteln das Gefühl, auf Würfeln zu gehen. Dieser Trompe-l’œil-Effekt eines dreidimensionalen Würfelmusters entsteht durch die Anordnung der Rauten mit einer Diagonale von 40 Zentimetern und durch die drei Farben der Steine: schwarzer NegroMarquina-Kalkstein aus dem Baskenland, grau-brauner Grigio Grafite, ein

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STEINE BEARBEITEN

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STEINE BEARBEITEN

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Designer Denis Santachiara in seiner Werkstatt im Zentrum von Milano: Hier findet sich neben klassischer italienischer Handwerkskunst und Naturstein auch moderne Verarbeitungstechnik und sogar ein 3-D-Drucker

DESIGN I T A L I A N O

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DOWNLOADING DESIGN ITALIANO Denis Santachiara Ausgezeichnet mit dem Icon Award des Italian Stone Theatre, ist Denis Santachiara eine feste Größe italienischen Designs. Wichtig ist für ihn, dass Kunst und Technik eine Verbindung eingehen – denn nur wenn sich Design Made in Italy neuen Techniken und gewandelten Produktionsprozessen öffnet, bleibt es zukunftsfähig. Von Anna Keil

Foto: Studio Santachiara

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ie Einfälle für seine Designs kommen auf ganz unterschiedlichen Wegen zum ihm, da lässt sich der italienische Herr mit dem verschmitzten Lächeln nicht festlegen: Kein Entwurf entstehe bei ihm auf dieselbe Weise, „mal mit dem Bleistift, mal mit den Händen, manchmal inspiriert von der Realität.“ Aber, so fügt er hinzu, „auf jeden Fall mit modernen Bearbeitungsprogrammen.“ So hat er 2005 sogar einen 3-D-Drucker in seiner Werkstatt installiert und begann mit der Modellherstellung unter Nutzung dieser neuen Technik. Und nun gibt der etwas zurückgenommene Designer doch noch einen Einblick in die

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kreativen Vorgänge in seinem Atelier an der Naviglio Grande in der Innenstadt Milanos: „Mit moderner CADTechnik bearbeite ich meine Einfälle so lange, manipuliere und reduziere sie, bis ich das Objekt, das ich mir vorgestellt habe, aus dem Material herausgearbeitet habe.“

FORM UND PERFORMANCE Denis Santachiara ist ein international etablierter Künstler, Architekt und Designer. Seine künstlerischen Werke und Produktdesigns sind eine ganz eigenwillige Mischung aus kunsthandwerklicher Tradition, technischer Innovation und

durchdachtem Design. Das zeichnet ihn und seine Entwürfe aus und brachte ihm internationale Aufmerksamkeit: Seine Beiträge waren bereits auf den wichtigsten internationalen Events, wie der Biennale in Venedig, der Documenta 8 in Kassel, der Triennale Mailand und der Quadriennale Rom oder dem Italian Stone Theatre der Marmomac in Verona zu sehen. Seine Kunstwerke und Produktdesigns sind in ständigen Ausstellungen internationaler Museen, wie im New Yorker MoMA, dem MOMAT in Japan oder im Pariser Musée des Arts Décoratifs zu sehen. Als renommierter und erfahrener Produktdesigner ist er bereits mit zahlreichen internationalen Firmen

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STEINE BEARBEITEN

KEINE GRAFFITI AN DER ERLÖSERKIRCHE Jerusalem Kärcher reinigt die Kalkstein-Fassade des Denkmals im Rahmen seines Kultursponsorings mit MikropartikelStrahlverfahren, befreit sie von Verschmutzungen, Graffiti und der Farbschicht darüber. Von Anne Fischer

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Foto: Kärcher

STEINE BEARBEITEN

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Das Strahlmittel, schwarzes Aluminiumsilikat, vermischt mit Wasser zur Staubbindung, verursacht bei der Reinigung schwarze Schlieren. Sie lassen sich aber im Nachgang mit Wasser abwaschen

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KUNDE

Handelsname:

ROSA PORRINO ● Petrografische Familie:

Granit

● Typische Farbe:

Rosa

● Herkunftsort:

Porrino / Pontevedra / Spanien ● Liefernachweis:

Überall im gut sortierten Fachhandel

● GEOLOGIE/PETROGRAFIE Granite bestehen immer aus Feldspat, Quarz und Glimmer. Diese kommen in unterschiedlichen mengenmäßigen Verhältnissen innerhalb der Gesteine vor. Wichtig ist, dass der Quarzanteil 20 Prozent nicht unterschreitet, da es sich ansonsten nach petrografischer Definition nicht mehr um einen Granit, sondern um ein magmatisches Gestein mit einem geringen Quarzgehalt wie beispielsweise einen Monzonit oder Syenit handelt. Beim Rosa Porrino beträgt der Quarzgehalt 35 Prozent. Somit ist dieser Stein ein „echter“ Granit. Der Rosafarbton wird durch die enthaltenen Alkalifeldspäte verursacht. Diese kommen in großen Mengen im Gestein (ca. 40 Prozent) vor. Der Quarz erscheint in einem trüben grauen Farbton. Weiße Plagioklase hellen den Stein auf. Rosa Porrino zeigt wie alle Granite ein sehr einheitliches Gefüge, bei dem die einzelnen Minerale mit bloßem Auge gut erkennbar sind.

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Dies liegt daran, dass der Pluton (in Pfropfenform aus dem Erdinnern aufgestiegenes Magma) über Jahrmillionen hinweg innerhalb der Erdkruste sehr langsam erkaltete.

● ARCHITEKTUR Weltweit gibt es sehr viele rosafarbene Granite und granitähnliche Gesteine. Bei diesen tritt der Rosafarbton in unterschiedlichen Intensitäten meist als Sekundärfarbe auf und verleiht den überwiegend hellgrauen Sorten eine zusätzliche warme Farbkomponente, wie es beispielsweise bei vielen sardischen Hartgesteinen der Fall ist. Rosa Porrino ist ein Granit, bei dem man das Rosa als Grundfarbton bezeichnen könnte. Dies liegt neben dem hohen Anteil an Alkalifeldspäten auch daran, dass die rosafarbenen Feldspäte mittel- bis grobkörnig im Gestein vorliegen und somit das Dekor entscheidend bestimmen. Der Stein verfügt über sehr gute gesteinstechnische

Werte und ist für den gesamten Einsatz im Innen- und Außenbereich geeignet. Seine größte Farbtiefe erhält er bei polierten Oberflächen. Durch den intensiven Rosafarbton wirkt der Stein gestalterisch dominant. Zur Verlegung im Außenbereich als Boden- und Treppenbelag kann der Stein auch mit einer beflammten Oberfläche ausgeführt werden. Bei dieser Bearbeitungsart schwächt sich die Farbintensität der Alkalifeldspäte sehr stark ab, und der Stein wirkt bei Weitem nicht mehr so dominant. Rosa Porrino wird in großen Rohblöcken abgebaut. Somit stellen großformatige Werkstücke wie Küchenarbeitsplatten oder gewendelte Treppenstufen kein Problem dar. Die Politur ist auch im Außenbereich (meist an Fassaden) sehr beständig. Die Produktpalette reicht von der ein Zentimeter dicken Fliese bis hin zu massiven Werkstücken. Dipl.-Ing. (FH) Detlev Hill www.steinkultur.eu


KUNDE

GEEIGNETE PRODUKTE FÜR ROSA PORRINO (HERSTELLEREMPFEHLUNGEN) VERLEGUNG

KALIBRIERTE PLATTEN AUF ZEMENTÄREN UNTERGRÜNDEN

UNKALIBRIERTE PLATTEN AUF ZEMENTÄREN UNTERGRÜNDEN

ZEMENTÄRE FUGENMÖRTEL FÜR GESÄGTE PLATTEN

ZEMENTÄRE ELASTISCHE FUGENMÖRTEL FUGENMÖRTEL FÜR POLYGONALPLATTEN

1a Bauchemie

1a ECO flex C2 S1

1a T flex AIR C2 S1

1a Kristallfuge 2.0

1a Fuge flexibel

Ardex

Ardex X32

Ardex X32

Ardex FK Neu

Ardex GK

Ardex ST

Botament

Multistone

Multistone

Multifuge Fine Speed

Multifuge Base

S 3 Supax

codex

codex Stone SX 80 cristal

codex Stone SX 20 Trass

codex Brllant Cristal

codex X-Tec

codex SG 20

gräfix

gräfix 311

gräfix 34 fein

gräfix 3300

gräfix 3303

EGO 351

KieselBauchemie

Servoflex Servoflex K - Schnell SuperTec MDM

Servoperl royal schnell

Servoflex F

Oka Silicon M

Mapei

Ultralite S1 Quick

Mapestone TM

Ultracolor Plus

Ultracolor Plus

Mapesil LM

Murexin

Schnellflex weiß SFK 81

Schnellflex weiß SFK 81

Schnellflexfuge Ultra SFU 77

Steinfuge Trass SF 50

Natursteinsilikon SIL 50

PCI

PCI Carraflex

PCI Carrament

PCI Nanofug Premium

PCI Pavifix CEM Rapid

PCI Carraferm

Schönox

Q9 W

Q9 W

UF Premium

UF Premium

MES

Schomburg

Cristallit-Flex

Cristallit-Vario-light

Cristallfuge-Plus

ASO-Flexfuge

Escosil-2000-ST

Sopro

Sopro No. 1 silver 403

Sopro MDM 888

Sopro FlexFuge plus

Sopro TNF

Sopro MarmorSilicon

strasser

strasser Flex FKN

strasser Flex FKN

strasser Flex FFN-S

strasser Flex FFN-S

REINIGUNG, SCHUTZ UND PFLEGE

AUSFUGHILFE

BAUERSTREINIGUNG

PFLEGE

IMPRÄGNIERUNG WASSERBASIERT

IMPRÄGNIERUNG LÖSEMITTELBASIERT

Akemi

Akemi Anti-Fleck W (Verdünnt 1:1)

Akemi Acid Cleaner

Akemi Crystal Clean

Akemi Anti-Fleck W

Akemi Anti-Fleck Nano-Effect

Alpin Chemie

Alpin-Chemie Fughilfe

Alpin-Chemie ZementschleierEntferner

Alpin-Chemie NatursteinPflegereiniger

Alpin-Chemie Carrogard W

Alpin-Chemie Carrogard

Fila

FilaPrw200

FilaCleaner

FilaCleaner

FilaMp90ecoplus

FilaMp90

Lithofin

Lithofin Fleckstop >W<

Lithofin MN Grundreiniger

Lithofin MN Wischpflege

Lithofin Fleckstop >W<

Lithofin MN Fleckstop

Möller Chemie

HMK® S245 VerfugungsProtektor

HMK® R183 Natursteinreiniger - Zementschleier-Ex

HMK® P324 Edel-Steinseife – Wischpflege

HMK® S232 Fleckschutz – wassergelöst

HMK® S234 Fleckschutz Top-Effekt

Patina-Fala

Protect natur

Marmor- u. Marmor- und Natursteinreiniger - Naturstein säurefrei Wischpflege

Protect natur

Fleckschutz

Die angegebenen Produkte beziehen sich auf die Anwendung in privaten Wohngebäuden ohne spezifische Anforderungen. Detaillierte Angaben zu möglichen Einsatzbereichen sind in den technischen Merkblättern der jeweiligen Hersteller enthalten. Für objektspezifische Anfragen stehen Ihnen die anwendungstechnischen Abteilungen der Hersteller zur Verfügung.

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STEINE BEARBEITEN

DIE SÄGE WILL SÄGEN 32

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STEINE BEARBEITEN

CNC-gesteuerte Brückensägen werden nicht nur zum Sägen eingesetzt: Mit einer 20 Millimeter-Diamantfräskrone fräst hier eine CMS Brembana Sprint den Ausschnitt für ein Edelstahl-Bedienelement aus einem Paradiso Bash-Werkstück

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Foto: Michael Spohr

ie Steinkreissäge war die erste Großmaschine, die die Steinmetzwerkstätten eroberte. Hier steht eine Blocksäge oder eine Brückensäge heute zumeist am Anfang einer jeden Auftragsabarbeitung. Sie hat sich für den Zuschnitt unentbehrlich gemacht – sowohl bei Blöcken wie auch bei Tranchen oder Platten. Darüber hinaus übernehmen CNC-gesteuerte Drehkopfbrückensägen mit Vakuummanipulatoren sowie Fräs- und Bohraggregat heute immer mehr Bearbeitungsschritte, die früher zeitaufwendig und arbeitsintensiv waren. Zudem erlaubt die perfekte Abstimmung der Werkzeughersteller sowohl auf die Großmaschinen als auch auf die zu bearbeitenden Werkstoffe den Steinmetzen mit einer derartigen Alleskönnermaschine eine flexible und rationelle Eigenfertigung. Im Unterschied zum

CNC-Bearbeitungszentrum, das zwar immer noch einen größeren Funktionsumfang hat und die Werkzeuge automatisch wechselt, kann auf die Säge schwerer verzichtet werden – egal, ob es sich um eine alte Brückensäge handelt oder um eine neue fünfachsige Drehkopfbrückensäge. Es sei denn, das Sägeaggregat am CNC-Bearbeitungszentrum übernimmt auch den Zuschnitt.

STEIN stellt folgende Firmen vor: 1. Sauer Steinmanufaktur, Nottuln www.sauer-steinmanufaktur.de 2. Sauer GmbH, Budenheim www.natursteinarbeiten.net

CNC-gesteuerte Brückensägen Mit ihren dreh- und schwenkbaren Köpfen und ihren fünf interpolierenden Achsen bohren, fräsen, polieren und gravieren moderne CNC-Sägen mittlerweile fast ebenso häufig, wie sie sägen. STEIN interviewte Stein verarbeitende Sägebetreiber, wie sie ihre Hightech-Sägezentren nutzen. Von Michael Spohr

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CHANCEN NUTZEN

STRAHLENSCHUTZ– ZERTIFIZIERUNG FÜR MINERALISCHE BAUSTOFFE

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CHANCEN NUTZEN

Gesetzeslage Gemäß der neuen Strahlenschutzverordnung müssen Bauprodukte, die aus bestimmten mineralischen Primärrohstoffen oder Rückständen hergestellt werden, auf die von ihnen ausgehende Strahlung untersucht und die Unterschreitung des sogenannten Aktivitätsindex nachgewiesen werden. Von Florian Vilser

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ei Baumaßnahmen kommen Gesteinsarten und Erden zum Einsatz, die von Natur aus radioaktiv sind. Im Fokus stehen dabei die Radionuklide aus den radioaktiven Zerfallsreihen von Uran-238, Thorium-232 sowie Kalium-40. Zwei Ursachen für die Strahlenexposition der Bevölkerung kommen infrage: die von den Radionukliden in den mineralischen Baustoffen ausgehende, von außen auf den Körper wirkende Gammastrahlung und die Inhalation des aus den Materialien freigesetzten Gases Radon-222 und seiner kurzlebigen ebenfalls radioaktiven Zerfallsprodukte. Die natürliche Strahlenexposition nimmt zu, wenn betroffene Bauprodukte innerhalb von Gebäuden verwendet werden – beispielsweise für den Ausbau von Aufenthaltsräumen.“

REGULATORISCHE KONTROLLE IST NUN PFLICHT Bedingt durch das neue Strahlenschutzgesetz (StrlSchG) und das Inkrafttreten der novellierten Strahlenschutzverordnung (StrlSchV) zum 31. Dezember 2018 unterliegen bestimmte mineralische Baustoffe einer regulatorischen Kontrolle. Das bedeutet: Sie müssen radiometrisch analysiert werden. Darüber hinaus ist der Nachweis zu erbringen, dass der sogenannte Aktivitätsindex unterschritten wird. Der Aktivitätsindex ist ein normiertes Maß für die vom jeweiligen Baustoff ausgehende Strahlung – bezogen auf die zulässige Jahresdosis von 1 Millisievert pro Kalenderjahr (mSv/a). Betroffen von der Gesetzesänderung sind alle Unternehmen, die Bauprodukte herstellen und/oder in Verkehr bringen. Bauprodukte sind gemäß StrlSchG Baustoffe, Bausätze, Bauteile und Anlagen, die hergestellt werden, um dauerhaft als Wand-, Boden- oder Deckenkonstruktionen, einschließlich deren Bekleidungen, in Aufenthaltsräumen von Gebäuden eingebaut zu werden. Keine Bauprodukte sind hingegen kleinflächig und in geringen Volumina verwendete Fertigprodukte wie beispielsweise Flickmörtel und Verfugungen (§ 5 Absatz 6).

WELCHE MATERIALIEN SIND ZU UNTERSUCHEN? Nach Anlage 9 StrlSchG sind folgende Primärrohstoffe für die Herstellung von Gebäuden mit Aufenthaltsräumen radiologisch zu betrachten: saure magmatische Gesteine, zum Beispiel Granit, sowie daraus entstandene metamorphe und sedimentäre Gesteine, aber auch Sedimentgesteine mit hohem organischem Anteil wie Öl-, Kupfer- und Alaunschiefer und Travertin. Baustoffe, die aus bestimmten Rückständen hergestellt werden, müssen ebenfalls radiologisch untersucht werden. Dazu zählen zum Beispiel Kiese und Sande aus der Grundwasseraufbereitung oder Nebengestein, Schlacken und Stäube aus der Gewinnung und Aufbereitung von Erzen und anderen mineralischen Rohstoffen. Diese und weitere Rückstände sind in Anlage 1 StrlSchG aufgelistet.

Foto: Reiner Krug

MASSGEBLICH IST DER AKTIVITÄTSINDEX Bauprodukte dürfen uneingeschränkt in Verkehr gebracht werden, wenn die von ihnen ausgehende Exposition der Bevölkerung den in § 133 StrlSchG festgelegten Referenzwert für die Dosis von 1 mSv/a nicht überschreitet. Hierzu sind die spezifischen Aktivitäten der Radionuklide Radium-226, Thorium-232 oder seines Zerfallsprodukts Radium-228 und Kalium-40 in der Einheit Becquerel pro

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Naturstein – hier Granulit aus einem ehemaligen indischen Steinbruch bei Melur – muss für die Verwendung in Aufenthaltsräumen radiometrisch analysiert werden

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CHANCEN NUTZEN

KEINE ANGST VOR DEM STRLSCHG! Praxisbericht Das „Gesetz zum Schutz vor der schädlichen Wirkung ionisierender Strahlung“ – kurz Strahlenschutzgesetz oder noch kürzer StrlSchG – trat vergangenes Jahr in Kraft. Wie sollten sich betroffene Hersteller und Inverkehrbringer nun verhalten, und wie sieht die Testpraxis konkret aus? Von Klaus Börner

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as neue Gesetz zum Schutz vor schädlicher Wirkung ionisierender Strahlung trat am 31. Dezember 2018 in Kraft. Es regelt europaweit die zulässige Strahlenbelastung im täglichen Leben und im Beruf. Die Richtlinie 2013/59/Euratom wird damit in nationales Recht übernommen. Lediglich ein sehr kleiner Teil des Gesetzes beschäftigt sich mit Baustoffen und der von ihnen ausgehenden natürlichen Strahlung.

RADIOAKTIVITÄT IN BAUSTOFFEN Natürliche Strahlung ist überall präsent, man kann sich ihr nicht entziehen. Sie war unter anderem notwendig, um die Entstehung des Lebens auf der Erde zu ermöglichen, und sie ist heute noch notwendig, um das Leben zu erhalten. Die sog. „natürliche Strahlenexposition" wird als Dosis mit der Maßeinheit Sievert angegeben. Diese Dosis ist eine Einheit, welche die verschiedenen Arten von Strahlung in ihrer biologischen Wirkung auf den Menschen vergleichbar macht. Dieser Wert setzt sich zusammen aus der terrestrischen, kosmischen und der inkorporierten Strahlung. Die Strahlenexposition durch natürliche Quellen beträgt z. B. in Deutschland durchschnittlich 2,1 Millisievert pro Jahr, die übliche Spannweite beträgt 1 – 10 Millisievert pro Jahr. Baustoffe können natürliche Radionuklide (früher: Radioisotope) in verschiedenen Konzentrationen enthalten. Für bestimmte, im Gesetz in allgemeiner Form definierte Baustoffe werden jetzt Messungen verlangt. Betroffen können sein: Betone, keramische Produkte wie Ziegel, Fliesen etc. und auch Naturstein.

GESTEINSFAMILIEN UNTERSCHEIDEN SICH IN IHRER BELASTUNG Bedingt durch die Art der Entstehung enthalten bestimmte Gesteinsfamilien durchschnittlich mehr oder weniger Radionuklide. Kalksteine und Marmore befinden sich meist am unteren Ende der Skala, während Granit und granitverwandte Gesteine eher am oberen liegen.

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CHANCEN NUTZEN

NATURSTEINE, „MINERALISCHE PRIMÄRROHSTOFFE“ Das Gesetz definiert exakt (Anlage 9 zu § 134 Absatz 1) „Radiologisch relevante mineralische Primärrohstoffe für die Herstellung von Gebäuden mit Aufenthaltsräumen“, die auf Strahlenbelastung hin untersucht werden müssen: • Saure magmatische Gesteine, sowie daraus entstandene metamorphe und sedimentäre Gesteine • Sedimentgestein mit hohem organischem Anteil wie Öl-, Kupfer- und Alaunschiefer • Travertin Der Begriff Aufenthaltsraum wird dabei definiert als „ein Raum innerhalb von Gebäuden oder Wohnungen, der für einen längeren Aufenthalt von Menschen geeignet ist“.

BEDEUTUNG FÜR DIE NATURSTEINWIRTSCHAFT

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Magmatische Gesteine sind entweder Plutonite (große Magmamassen welche in Tiefen von 1 –10 km in die Erdkruste eingedrungen und dort erstarrt sind) oder Vulkanite (weitgehend erst an der Erdoberfläche erstarrte Laven). Das Gesetz schließt magmatische Gesteine mit einem SiO2-Gewichtsgehalt von unter 63% (andere Quellen sprechen von 65%) und die daraus entstandenen Metamorphite und Sedimente von der Pflicht zum Nachweis der Strahlung aus. Der korrekte Anteil von Gew.-% SiO2 lässt sich nur durch eine chemische Analyse ermitteln. Die Masse der in der Natursteinwirtschaft gehandelten Hartgesteine sind granitische Gesteine, vulkanische Gesteine sowie die daraus entstandenen Metamorphite und Sedimentgesteine. Sie fallen meist unter die Prüfpflicht, genau wie Sedimentgesteine mit hohem organischem Anteil und Travertine.

Zwischen den Ergebnissen der Prüfinstitute ergab sich eine Messdifferenz von über 370 Prozent.

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PRÜFUNG ERFORDERLICH Wenn Sie für ein Bauvorhaben nachweisen müssen, dass der gelieferte Stein die Vorschriften des Gesetzes erfüllt, ist nach (Anlage 9 zu § 134 Absatz 1) eine Prüfung erforderlich. Diese Nachweispflicht gilt für folgende Gesteine: • Granitische Gesteine wie z. B. Alkalifeldspatgranit, Granit*, Granodiorit und Tonalit, • vulkanische Gesteine wie z.B. Alkalirhyolith, Rhyolith, Rhyodacit und Dacit • sowie die daraus entstandenen Metamorphite (z.B. Orthogneis und Migmatit) und Sedimentgesteine (meist Quarzarenite, Grauwacke etc.), Ölschiefer und Travertin.

PRAXISTEST Naturstein – kein homogener Baustoff Die Macher des Strahlenschutzgesetzes waren sich offensichtlich nicht im Klaren darüber, dass Natursteine keine homogenen Baustoffe sind. So gibt es diverse Gesteine, die schon beim Betrachten einer Musterplatte im Format 15 x 20 Zentimeter erkennen lassen, dass z. B. einige Minerale in Partien gehäuft auftreten. Es gibt Bänder oder Lagen unterschiedlichster Mineralzusammensetzung. Noch krasser wird das Bild, wenn man eine oder mehrere Rohtafeln oder gar das ganze Vorkommen betrachtet. Da die für die Strahlung verantwortlichen Radionuklide größtenteils an gewisse Minerale gebunden sind, hat die Auswahl der zu prüfenden Partie in allen diesen Fällen Einfluss auf das Messergebnis. Ein für bestimmte Handelssorten repräsentatives Messergebnis zu erzielen, ist so nicht möglich. Große Abweichungen bei der Zertifizierung Ich habe zur Kontrolle einen gleichmäßig mittelkörnigen Granit mit einigen größeren FeldspatEinsprenglingen bei drei verschiedenen, DAkkS-zertifizierten Instituten prüfen lassen, das Granulat entstammte der gleichen Probe und wurde zufällig ausgewählt. Zwischen den Ergebnissen der Prüfinstitute ergab sich eine Messdifferenz von über 370 Prozent.

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STRAHLENSCHUTZVERORDNUNG ALS CHANCE? Gesetzeslage Am 31. Dezember 2018 traten das neue Strahlenschutzgesetz und die novellierte Strahlenschutzverordnung in Kraft, auch Inverkehrbringer und Hersteller bestimmter mineralischer Baustoffe sind betroffen. Der zuständige Experte des Bundesamts für Strahlenschutz informiert zu den Hintergründen und erläutert die Auswirkungen auf den Markt und die Branche. Von Anna Keil

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eit dem Inkrafttreten des neuen Strahlenschutzgesetzes und der novellierten Strahlenschutzverordnung müssen Hersteller und Inverkehrbringer mineralischer Baustoffe nachweisen, dass keine unzulässige Strahlenexposition von ihren Produkten ausgeht. Dr. Bernd Hoffmann, Physiker und Leiter des Fachgebietes Radon und NORM im Bundesamt für Strahlenschutz (BfS), beschäftigt sich seit vielen Jahren mit den Themen Radon und Radioaktivität in Baustoffen und vertritt das BfS national und international auf diesem Gebiet. Im Gespräch mit STEIN erläutert er die Hintergründe und die Bedeutung der novellierten Gesetzeslage für die Steinindustrie.

WARUM EINE STRAHLENSCHUTZVERORDNUNG FÜR MINERALISCHE BAUPRODUKTE? „In den letzten Jahrzehnten kam es in Europa zu vereinzelten Fällen, in denen in einer größeren Anzahl von Gebäuden Baumaterialien mit einem erhöhten Gehalt an natürlicher Radioaktivität verbaut wurden. Dabei lag die Strahlenbelastung für die Bewohner jeweils in einem Bereich, der aus Sicht des Strahlenschutzes nicht mehr akzeptabel war“≠, führt der Experte zu den Hintergründen an, warum es zu einer gesetzlich geregelten Nachweispflicht für Naturstein- und Keramikprodukte hinsichtlich ihrer Strahlenexposition kam. Ein Beispiel für solche Vorfälle ist für den Experten die Verwendung von alaunschieferhaltigem Leichtbeton, der noch bis in die 1970er-Jahre in Schweden verbaut wurde. Schwarz- oder Alaunschiefer, ein Ton- oder Braunkohleschiefer mit hohem Pyritgehalt, ist besonders uran- und radiumhaltig, emittiert besonders viel Radon und kommt beispielsweise in der Västgöta-Ebene als Alaunschieferschicht in der Gebirgskette West-Schwedens vor. Das Sedimentgestein mit natürlich hoher Strahlenexposition wurde in der Vergangenheit für den lokalen Hausbau verwendet und verursachte eine Strahlenbelastung für die Bewohner, die nach Aussage Hoffmanns

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Foto: Bundesamt für Strahlenschutz

Dr. Bernd Hoffmann, Leiter Fachgebiet Radon und NORM am Bundesamt für Strahlenschutz

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aus wissenschaftlicher Sicht nicht akzeptabel war. Da bereits in vielen europäischen Ländern, so auch in Schweden, die Radionuklidkonzentration in Bauprodukten seit vielen Jahren kontrolliert und reguliert wird, konnten ähnliche Fälle frühzeitig erkannt und Nutzungen kontrolliert und reguliert werden.

VERSCHIEDENEN URSACHEN FÜR GEMESSENE STRAHLENEXPOSITIONEN Doch kann die gemessenen Strahlenexposition in einem Innenraum tatsächlich auch einwandfrei auf die verwendeten mineralischen Baustoffe wie Naturstein zurückgeführt werden. Oder spielen hier andere Faktoren, wie beispielsweise Radon, dass als Gas aus dem Erdreich entweicht und sich in Gebäuden anreichern kann, eine Rolle? Die Strahlenexposition in einem Innenraum setze sich aus unterschiedlichen Quellen zusammen, stimmt der Experte zu – aber: „Neben dem natürlichen Hintergrund, der von der Lage des Gebäudes und der Etage abhängt, trägt aber auch die Strahlung aus den Baumaterialien zu der Gesamtbelastung bei. Dies ist eindeutig belegbar.“ Das Bundesamt für Strahlenschutz geht von einer jährlichen Strahlenbelastung von 2,1 Millisievert durch natürliche Strahlenquellen aus. Mehr als die Hälfte wird durch die Atemluft aufgenommen. Rund ein Drittel der natürlichen Strahlenbelastung geschieht durch kosmische und terrestrische Strahlung, also radioaktiver Strahlung aus dem Weltall oder der Erdkruste. Zusammen mit der Strahlenexposition durch medizinische und technische Anwendungen, der sog. zivilisatorischen Strahlenexposition, kann für eine in Deutschland lebende Person eine Belastung von einem bis zehn Millisivert angenommen werden – abhängig vom Wohnort und von weiteren Faktoren wie beispielsweise den Essgewohnheiten. „Der Referenzwert für mineralische Baustoffe von einem Millisievert Strahlung pro Jahr orientiert sich an dieser Schwankungsbreite der natürlichen Exposition der Bevölkerung“, erläutert der Experte und fährt fort: „Der geforderte Referenzwert von einem Millisievert Strahlenbelastung pro Kalenderjahr ist vergleichbar mit einem Umzug von Nord- nach Süddeutschland oder in die Mittelgebirge.“ Eine konkrete Gefahr für den Verbraucher bestünde nicht, beruhigt der Experte, und das würde auch in der Gesetzeslage wiedergespiegelt: „Das neue Gesetz sieht keinen Grenzwert, sondern nur einen Referenzwert vor, also einen Orientierungswert, der in einem Gebäude in der Regel nicht überschritten werden soll.“ Ein Grenzwerkt ermöglicht eine gewisse Flexibilität.

Alaunschiefer (hier im Kilianstollen des Bergwerks Marsberg) ist ein Ton- oder Braunkohleschiefer mit hohem Pyritgehalt und besonders uran- und radiumhaltig

Das Ziel liegt nicht darin, die Verwendung normaler Bauprodukte zu verhindern oder einzuschränken.

DIE NOVELLIERTE STRAHLENSCHUTZVERORDNUNG IN DER PRAXIS Und wie wirkt sich die veränderte Gesetzeslage in der Praxis für Hersteller und Inverkehrbringer in der Bauindustrie aus? „Das Gesetz sieht vor, dass der Hersteller bzw. Händler den Gehalt der natürlichen Radioaktivität messen soll und die Ergebnisse auf Verlangen der

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Fotos: Geolina163/ Wikicommons

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PANORAMA

VORBERICHT

Das Angebot an Materialien und Produkten rund um die Verarbeitung ist enorm auf Europas größter Fachmesse für Naturstein

Marmomac 2019

Für jeden, der Marmor mag Die jährlich stattfindende Fachmesse für Naturstein, Design und Technologie ist Impulsgeber der Steinbranche – auf 77.000 Quadratmetern werden die neuesten Entwicklungen der Steinindustrie präsentiert. Von Anna Keil Die 54. Ausgabe von Europas größter Natursteinmesse findet vom 25. bis 28. September 2019 statt. Für vier Tage wird Verona dann wieder zum Treffpunkt der Steinbranche.

Im Italian Stone Theatre, der der Exzellenz der italienischen Steinverarbeitung gewidmeten Halle 1, werden die ausgestellten Installationen, Designs und Kunstwerke aus Naturstein in diesem Jahr in ein grünes Setting getaucht sein – passend zum diesjährigen Leitmotiv: Nach dem letztjährigen Thema der Messe – Wasser und Stein – dreht sich in diesem Jahr alles um den Stein selbst als ein Naturprodukt: Die Betonung soll auf der Einzigartigkeit und Geodiversität von Naturstein liegen – Stein als grundlegendes Element der Natur, durch das der Mensch seinen Lebensraum geformt hat, sowie dessen Potenzial als nachhaltiges und zukunftsorientiertes Material. Entwickelt wurde das Gesamtkonzept unter anderem mit dem italienischen Verband für Landschaftsarchitektur (AIAPP).

STEINPLUS Die Marmomac 2019 auf einen Blick • Termin: 25. – 28. September 2019 • Öffnungszeiten: 25. – 27. September: 9.30 –19.00 Uhr 28. September: 9.30 –16.00 Uhr • Veranstaltungsort: Messe Zentrum Verona • Tickets: Onlinetickets erhältlich unter www.marmomac.com

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Design made in Italy gibt es in Halle 1 zu sehen

Ausstellungen auf der Marmomac 2019

Es sind folgende Ausstellungen auf der Messe im Italian Stone Theater geplant: „Lithic Garden“: Steingarten – Internationale Architekten und Designer interpretieren das mittelalterliche Bildthema des Hortus conclusus, des geschlossenen Gartens, im Kontext von Naturstein neu. „Brand & Stone“: Marke & Stein – Das Format bringt Design- und Einrichtungsunternehmen mit Unternehmen, die sich auf Natursteinmaterialien, -verarbeitung und -maschinen spezialisiert haben, zusammen. „Natural Things“: Natürliche Dinge – Acht Projekte renommierter Designer präsentieren Exponate, die die Beziehung zwischen Mensch und Natur nachzeichnen. „Percosi d’Arte“: Wege der Kunst – internationale Künstler loten mittels moderner CNC-Technologien experimentell die Bearbeitungsmöglichkeiten von Naturstein aus.

Fotos: Luca Morandini (3), Ennevi/Veronafiere (1)

DIE EINZIGARTIGKEIT UND GEODIVERSITÄT VON NATURSTEIN

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PANORAMA

VORBERICHT

Abseits von Naturstein: In Bologna wird wieder eine große Auswahl internationaler Aussteller und Keramikmaterialien zu sehen sein

Cersaie 2019

Keramik im Blick Als wichtigste internationale Fachmesse für Keramik und Sanitär findet die Cersaie in Bologna fast zeitgleich zur Natursteinmesse Marmomac im benachbarten Verona statt und ergänzt das Angebot für Fachbesucher, die dem Ruf der internationalen Fachmessen nach Italien folgen. Von Anna Keil

Ausstellungen auf der Cersaie 2019

Es sind folgende Ausstellungen auf der Messe geplant: „Building, Dwelling, Thinking“: Das Kulturprogramm der Messe zu Architektur und Design. Renommierte internationale Architekten präsentieren ihre Projekte und Visionen von zeitgenössischer Architektur. „Media Café“: In den täglich stattfindenden Gesprächen tauschen sich Verantwortliche renommierter italienischer Fachzeitschriften mit Architekten und Designern zu Gestaltungsmöglichkeiten mit Keramik aus.

Die Cersaie 2019 auf einen Blick

„Famous Bathrooms“: Keramik- und Badezimmereinrichtungen stehen im Fokus dieser Ausstellung, die sich auf unterhaltsame Weise avantgardistischem Design und den intimen Räumen großer Künstler widmen.

• Termin: 23. – 27. September 2019 • Öffnungszeiten: 23. bis 26. September: 9.00 –19.00 Uhr 27. September: 9.00 –18.00 Uhr • Veranstaltungsort: Messe Zentrum Bologna • Tickets: Onlinetickets erhältlich unter www.cersaie.it

Bologna Design Week Während der Messe erobert Design mit Keramik auch das historische Zentrum von Bologna. Es werden über 200 Veranstaltungen in Showrooms, Kunstgalerien und vielen anderen ungewöhnlichen Orten in der Stadt zu sehen sein.

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Die Messe bietet ein großes Veranstaltungsangebot

Fotos:: Cersaie

Die Cersaie in Bologna ist die wichtigste internationale Veranstaltung für Verarbeiter von Keramik sowie für Sanitäreinrichtungen. Im letzten Jahr konnte die Messe mehr als 112.000 internationale Fachbesucher verzeichnen. In 18 Messehallen werden auf einer Fläche von über 160.000 Quadratmetern neue Entwicklungen und Produktportfolios für keramische Boden- und Wandfliesen, Materialien und Werkzeuge für die Verlegung, Maschinen und Anlagen, Klebstoffe, Dichtungsmaterialien und Dichtungsprodukte, Veredelungs- und Oberflächenbehandlungsprodukte sowie Showroom-Einrichtungen, aber auch Materialien wie Marmor, Naturstein, Kunststein, Naturfasern u.v.m. vorgestellt. Auf der Sonderfläche Tiling Town wird es mit technischen Seminaren, praktischen Vorführungen zur Fliesenverlegung und weiteren Veranstaltungen ein breites Angebot für Fachanwender geben. Mitveranstalter des Fachanwenderforums ist Assoposa, der Nationale Verband der keramischen Fliesenleger und Verlegefirmen in Italien, der mit seinem Beratungsangebot vor Ort sein wird.

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