Zeitschrift für Naturstein
Schweiz Küche Baustelle
Januar 2012
Steine aus der Region Farben, Formen, Oberflächen Großformate verlegen
Tropftassen fertigen
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Inhalt
MKS® Funke GmbH
Schleiftechnik für Profis
Systemlieferant für . . . Nachrichten
Drei Tendenzen lassen sich derzeit in der Schweiz beobachten: Naturstein steht bei Bauherren wieder hoch im Kurs, Stein wird authentischer, steingerechter eingesetzt und immer mehr Bauherren bevorzugen Steine aus der eigenen Region.
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Statt Geschenken haben sich viele Kunden zu Weihnachten eine neue Küche gegönnt. Dabei legen Sie vor allem Wert auf eine handwerklich hochwertige Arbeit, qualitätsvolles Material, gute Beratung und einen umfassenden Service. Alles Punkte, mit denen sich auch kleine Steinmetzbetriebe abheben können.
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Natursteinland Schweiz
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Brasiliens Steinschau Messe in Vitòria im Februar 2012
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Man zeigt wieder Stein Stein steht hoch im Kurs bei Schweizer Bauherren.
Gut zu wissen
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Im Kampf gegen den bröckelnden Stein Die Münsterbauhütten in Bern und Basel
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Angesprochen Naturstein in der Gebäudesanierung
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Sehen lernen Der Textilfabrikbau
Im Tod sind alle gleich Eine Urnenanlage auf dem Friedhof Rosenberg
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Chefsache Pressearbeit als Marketingchance
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Statt Geschenken … Bauherren investieren in die eigenen vier Wände.
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Vor Ort Restaurierungstagung in Potsdam
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Der Tisch »Carina« Ein Designertisch aus weißem Marmor
Naturstein in der Küche
Tropftassen fertigen
19 Mobil Das steinerne Köln
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Die Kunst der schrägen Fläche Die Herstellung von Tropftassen und Ablaufrillen
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Fachgerecht abdichten Wie Verbundabdichtungen richtig ausgeführt werden.
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Großformate verlegen Wie große Formate schadensfrei verlegt werden.
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Die Restaurierung von Intarsien Was bei der Restaurierung historischer Steinintarsien zu beachten ist.
Schleiftechnik auf - Naturstein
16 Steinmensch Schnitzeisen statt Stilettos
Baustelle
Sie sind der Blickfang in jeder Küche. Bei der Herstellung von Tropftassen und Ablaufrillen zeigt sich der wahre Könner. Die Qualität der Kanten ist ebenso entscheidend wie der einheitliche Glanz von Plattenoberfläche und vertiefter Ablauffläche.
- Terrazzo - Betonwerkstein Fachschulungen
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Unternehmen & Produkte
64 Naturstein, Maschinen, Werkzeuge und mehr 3 Betreff 07 Recht 20 Medien 82 Vorschau/Impressum/ Fotonachweis
Großformatige Platten sind beliebt wie nie, weil sie modern und großzügig wirken. Doch ihre Verlegung ist technisch besonders anspruchsvoll.
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Schweiz
Schweiz
Man zeigt wieder Stein
Drei für die Branche relevante Tendenzen lassen sich derzeit in der Schweiz beobachten: Erstens steht Naturstein bei Architekten und Investoren wieder deutlich höher im Kurs als noch vor wenigen Jahren. Zweitens wird Stein heute authentischer, steingerechter eingesetzt und drittens bevorzugen immer mehr Bauherren Steine aus der eigenen Region. Von Robert Stadler
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ls im Oktober 2008 die globale Finanzwelt am Abgrund stand, titelte eine Schweizer Wochenzeitschrift: »La crise n’existe pas« (Die Krise gibt es nicht). Das Blatt musste dafür viel Häme einstecken, zumal am Erscheinungstag gerade die größte und bis dato stabilste Schweizer Großbank mit einem staatlichen Kredit von 65 Milliarden Franken vor dem Kollaps bewahrt werden musste. Tatsächlich blieb auch die Schweiz von der Finanzkrise nicht verschont. Im Gegensatz zu vielen anderen Ländern löste sie hier aber keinen Sturm, sondern eher nur ein laues Lüftchen aus. Während andernorts in Europa die Wirtschaft einbrach, brummte sie im Alpenstaat nahezu unterbrechungsfrei weiter. Die Exporte erreichten bald wieder neue Höchst-
werte, die Arbeitslosigkeit verharrte auf einem tiefen Stand. Hauptsächlicher Grund für diese Entwicklung war ein weiterhin robuster Binnenmarkt, der sich vor allem aus der lebhaften Bautätigkeit nährte. Diese wiederum war und ist in erster Linie die Folge einer starken Zuwanderung aus den umliegenden Ländern, insbesondere aus Deutschland. Trotz niedriger Geburtenrate wuchs die Schweizer Wohnbevölkerung daher kontinuierlich weiter – seit dem Jahr 2000 um über zehn Prozent. Etwa eine halbe Million Wohnungen und Zehntausende Büround andere Dienstleistungsarbeitsplätze sind in dieser Zeit neu dazugekommen. Davon profitierte auch der Natursteinmarkt, zumal es sich bei dem entstandenen neuen Wohnraum zu einem grö-
ßeren Teil um solchen im oberen Preissegment handelt. Besonders stark nachgefragt waren in jüngster Zeit Eigentumswohnungen in den großen Zentren, vor allem Zürich und Genf, aber auch in boomenden Klein- und Mittelzentren wie Luzern und Zug sowie in den Tourismusregionen. Während bei solchen Bauten Naturstein früher vor allem im Innenausbau, insbesondere in Küche und Bad, zum Zuge kam, wird das Material heute vermehrt auch zur Gestaltung der Fassaden und im Außenbereich eingesetzt. Ähnliches lässt sich im Geschäftsbau beobachten. Die hier präsentierten vier Beispiele erheben keinen Anspruch, repräsentativ für die allgemeine Entwicklung in der Schweiz zu sein, stehen aber doch für einige der gegenwärtigen Haupttrends. u
Entwicklung, Architektur, Bauherr: Marzio Maurino, Biasca/Tessin, in Zusammenarbeit mit mehreren Fachplanern Natursteine: Maggia Allegro und Bianco Spino (Tessiner Gneise) Lieferant Natursteine: Graniti Maurino SA, Biasca
Residenza dei Minerali, Ascona/Tessin
Massives Tragwerk aus Gneis Naturstein wird nach wie vor hauptsächlich in Form verhältnismäßig kleiner Bauelemente wie Fassadenplatten oder Mauersteine eingesetzt. Weshalb eigentlich? Diese Frage beschäftigt den Tessiner Natursteinunternehmer Marzio Maurino seit Jahren. Er möchte Stein vermehrt für tragende Bauteile genutzt sehen. Mit der »Residenza dei Minerali« in Ascona hat er ein solches Objekt selbst umgesetzt. Die nach einem eigenen Entwurf in Zusammenarbeit mit mehreren Fachplanern zwischen 2006 und 2010 realisierte terrassenförmig angelegte Wohnüberbauung steht auf einem 2.100 Quadratmeter großen Grundstück am Südosthang des berühmten Monte Verità in Ascona. Den Namen Residenza dei Minerali trägt sie, weil jede ihrer fünf Eigentumswohnungen nach einem Edelstein benannt ist. Aus
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allen Wohnungen genießt man einen phantastischen Ausblick auf Ascona und den Lago di Maggiore. Die Außenfassaden des bis zu fünf Geschosse hohen Gebäudes bestehen aus insgesamt 166 monolithischen Trag elementen aus dem Gneis Maggia Allegro, einem Material, das Maurino selbst abbaut, mit dazwischen liegenden großflächigen Fensterelementen. Die Massivbauteile sind bis zu 270 Zentimeter hoch, 100 Zentimeter breit und 30 Zentimeter dick. Sie wiegen je rund 2,5 Tonnen. Die Zwischenböden sind aus Beton, die äußeren Randabschlüsse wie die Tragelemente aus Gneis, so dass ein vollständig aus massivem Stein bestehendes Traggerippe entsteht. Auch die Fensterbänke, die Dachrandabschlüsse und die Dächer selbst sind aus dem gleichen Material. Durch die Gebäudemitte verläuft
in Längsrichtung eine Doppelwand, welche die Grundfläche jedes einzelnen Stockwerkes in zwei Wohnhälften teilt. Die Wohnungen sind sonst frei von tragenden Wänden, Pfeilern oder Säulen. Die Böden wurden größtenteils ebenfalls mit Maggia Allegro und Bianco Spino sowie mit Holz belegt; auch die Innenwände sind zur Hauptsache mit großflächigen, über einer Wärmeisolation liegenden Natursteinplatten verkleidet, welche die monolitische Außenstruktur des Gebäudes widerspiegeln und unterstützen. Außerhalb des Bauwerks findet sich Naturstein als bepflanzbare Hangstützmauer, als bis zu zwei Meter hohe Palisaden und Sichtschutzwände, als Pflasterung der Zufahrtstraße und anderes mehr. Alles in allem sind für dieses Objekt rund 1.300 Tonnen Tessiner Naturstein verbaut worden.
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Küche
Küche
Statt Geschenken … ... haben sich viele Kunden zu Weihnachten eine neue Küche gegönnt. Dabei legen Sie vor allem Wert auf eine handwerklich hochwertige Arbeit, qualitätsvolles Material, gute Beratung und einen umfassenden Service. Alles Punkte, mit denen sich auch kleine Steinmetzbetriebe von der vorherrschenden Massenware abheben können. Von Katharina Baus
Gestalterisch sollte die Arbeitsplatte aus Marinace Gold Quarzit einen Kontrast zu der ansonsten schlicht gehaltenen Küche darstellen. Aufgrund der Kieseloptik ist die Oberfläche robust und pflegeleicht. Die Arbeitsplatte setzt sich aus 2 cm starken polierten Steinplatten zusammen, die rundum mit Blende auf Gehrung verklebt wurden und somit den Eindruck einer 8 cm starken massiven Platte vermitteln. Zusätzlich verfügt die Küche über ein Unterbaubecken sowie ein flächenbündiges Induktionsfeld. Die Lieferung der K üchenarbeitsplatte stellte eine logistische Herausforderung dar, da das G ewicht bei der einteiligen Insellösung bei etwa 250 kg lag. Acht Personen waren nötig, um die Platte aufzulegen.
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In dieser vier Jahre alten Büroküche wird jeden Mittag gekocht und gegessen. Die Arbeitsplatte besteht aus Mustang Schiefer mit spaltrauer Oberfläche in einer Stärke von 2 cm. Die Platten wurden rundum mit Blende auf Gehrung verklebt, sodass eine Massivoptik von 8 cm entsteht. Die Küche verfügt außerdem über ein Unterbaubecken und ein flächenbündiges Kochfeld. Häufig sind die Kunden überrascht von der angenehmen Haptik des Steins: Er fühlt sich warm und weich an und lädt zum Speisen ein. Es galt hier durch Nutzung zu beweisen, dass Schiefer als Arbeitsplatte durchaus pflegeleicht und haltbar ist. Naturstein Hollands, Herzogenrath, www.natursteinhollands.de
ie haben Sie in diesem Jahr Silvester verbracht? Vielleicht waren Sie auf einer Party bei Freunden, haben gegessen, getrunken, sich unterhalten, ein bisschen getanzt und sind am Ende der Party in der Küche gelandet. Falls ja, dann geht es Ihnen wie vielen anderen, denn wer steht nicht gerne in der Küche, wo es so schön heimelig, gemütlich und gesellig ist. Aber warum ist das so? Warum ist die Küche offensichtlich der Kommunikationsraum und damit Mittelpunkt in der Wohnung? Es ist noch gar nicht lange her, da konnte davon noch keine Rede sein. Da war die Küche der Ort, an dem auf kleinstem Raum möglichst schnell und effektiv das Essen zubereitet wurde, gegessen wurde dann im separaten Esszimmer. Das hat sich inzwischen geändert. Die Küche rückt bei der Wohnraumgestaltung wieder in den Mittelpunkt. Nicht nur auf Partys, auch im normalen Familienalltag spielt sich ein Großteil des Familienlebens wieder in der Küche ab. Hier wird nicht nur gekocht und gegessen, hier wird auch diskutiert, sich versöhnt, gespielt oder einfach nur in Ruhe Tee getrunken. Die Küche ist neben dem Wohnzimmer der wichtigste Wohnraum und Aufenthaltsort eines Hauses. Spielten früher vor allem funktionale Gesichtspunkte – Herd, Spüle und Kühlschrank sollten so angeordnet werden, dass überflüssige Wege vermieden werden konnten und trotzdem genug Platz zum Arbeiten war – eine Rolle, sind es heute andere Nutzerbedürf-
Naturstein Hollands, Herzogenrath, www.natursteinhollands.de
nisse, die im Mittelpunkt der Küchenplanung stehen. Zusätzlich zu den funktionalen Aspekten werden nun auch repräsentative Gesichtspunkte immer wichtiger. Eine stylische, hochwertige, durchdesignte Küche gehört heute schon fast ebenso zum guten Ton wie früher ein schicker Neuwagen.
Chancen erkennen Eine hervorragende Chance für Naturstein und Steinmetzbetriebe findet Sabine Hollands-Vidic vom Steinmetz-
betrieb Hollands Naturstein, denn »Naturstein sieht nicht nur immer elegant aus und wertet jede Küche auf, er ist auch unproblematisch, weil pflegeleicht, hitzebeständig und nachhaltig. Vorausgesetzt man wählt das richtige Material aus.« In ihrem Steinmetzbetrieb in Herzogenrath bei Aachen fertigen und montieren sie jährlich etwa 50 Küchenarbeitsplatten mit steigender Tendenz, »wobei Küchen bei uns ein Saisongeschäft sind. Vor Weihnachten haben sie Hochkonjunktur, weil
viele Kunden sich statt Geschenken eine neue Küche gönnen«. Ganz ähnlich sieht es bei Balonier Natursteine in Osthofen und Nierstein, RheinlandPfalz aus. Auch hier wollen viele Kunden die Festtage in einer neuen Küche verbringen. Für Alexander Becker, Filialleiter bei Balonier ein echter Vorteil, denn »die Küchenarbeitsplatten sind in unserem Betrieb zwar nicht die absoluten Umsatzschlager, aber sie führen dazu, dass wir auch im Winter arbeiten können, was wichtig für ein Unternehmen ist.«
Diese Küche besteht aus einer Küchenzeile entlang der Wand mit einem großen multifunktionalen Spülbecken aus Edelstahl, das flächenbündig in die A rbeitsplatte eingelassen wurde, und einer frei stehenden Kochinsel mit ebenfalls flächenbündig ausgeführtem Kochfeld. Beide Arbeitsplatten bestehen aus poliertem Labrador Scuro, der auch als Bodenbelag im Küchen- und angrenzenden Ess bereich verwendet wurde. Naturstein Hollands, Herzogenrath, www.natursteinhollands.de
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Tropftasse
Tropftasse
Die Kunst der schrägen Fläche
10:30 Uhr reißt Lukas Reich Beckenausschnitt und Tropftasse in der 3 cm starken Juparana- Colombo-Platte auf. Für alle gängigen Ausschnitte sind Kunststoffschablonen vorbereitet.
Der Aluminium-Führungsrahmen einschließlich der Radien für die Topffräser wird eingestellt und mit Vakuumsaugern fixiert.
10:50 Uhr: Mit dem ersten Topffräser mit 11,8-mm Durchmesser wird bis auf 0,3 mm oberhalb der endgültigen Tiefe gearbeitet.
Ab dem zweiten Fräser wird bereits die Fase mit 45 Grad eingebracht. Der Fräsvorgang dauert jeweils nur drei Minuten.
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ropftassen und Ablaufrillen sind die Sahnehäubchen in der Küche. Sie lassen sich mit Unterbaubecken ebenso kombinieren wie mit vertieft-flächenbündig eingesetzten Spülen. Als Verkaufsargument dienen sie allerdings nur, wenn der Mehraufwand für die Produktion tatsächlich vom Kunden bezahlt wird. Zufriedenstellende Ergebnisse in der Politur der Fläche und Kanten gibt es nur bei hochwertigem Werkzeug und einer exakten Vermessung beim Einsatz auf CNC-Maschinen.
Tropftasse auf der Wandarm
Sie sind der Blickfang in jeder Küche. Bei der Herstellung von Tropftassen und Ablaufrillen zeigt sich der wahre Könner. Die Qualität der Kanten ist ebenso entscheidend wie der einheitliche Glanz von Plattenoberfläche und vertiefter Ablauffläche. Ob ein Betrieb manuell und vollautomatisch arbeitet: Ganz ohne Hand arbeit geht es nicht. Von Richard Watzke
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Der Werktisch der Thibaut T 108 S wird pneumatisch einseitig angehoben, um ein Gefälle von 6 Prozent zu erzeugen.
Franz Reich führt einen Steinmetzbetrieb in Hall bei Innsbruck. 2011 war die Nachfrage nach Tropftassen eher schwach. Man weiß aber nie, was der nächste Auftrag bringt. Eine vollautomatische CNC-Maschine würde sich derzeit noch nicht rentieren. Auch von Hand ist eine abgeschrägte Ablauffläche unter drei Stunden fertig produziert. Reich arbeitet mit einer Thibaut T 108 S, da sie für seine Betriebsgröße vielseitig genug sei und neben Grabmalen und Oberflächenbearbeitungen wie Satinieren auch zwei bis drei Küchen pro Woche produziert. Sohn Lukas Reich beherrscht Tropftassen auf der
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Baustelle
Baustelle
TIPP
Verlegeempfehlung Bei Ungewissheit über den Verlegegrund oder das Verhalten der Naturwerksteinplatten geben die Bauchemiehersteller gerne eine Verlegeempfehlung.
Hotel de Rome, Berlin Die rückseitig aufgebrachte Kontaktspachtelung beugt Hell-Dunkel-Effekten vor.
Großformate verlegen Großformatige Platten sind beliebt wie nie, weil sie so modern und großzügig wirken. Doch ihre Verlegung ist technisch besonders anspruchsvoll.
m Natursteinlexikon von 1973 sucht man ihn vergebens: den Begriff »Großformat«. Kein Wunder, galten bis vor Kurzem doch Formate von 30 x 30 Zentimetern als das Äußerste des Machbaren – Überlängen Juramarmor ausgenommen. Doch der technologische Fortschritt, von der Natursteingewinnung über die Verarbeitung bis hin zur Verlegung, gestattet größere – und dünnere! – Plattenformate. Sie bedienen den Trend zu großzügigem und hochwertigem Wohnambiente: Längst haben die XXL-Platten, die zunächst ausschließlich im Objektbau verwendet wurden, ihren Siegeszug in private Wohnräume angetreten. Bei der Planung darf die Faustformel
Hochstandfester Mörtel verhindert ein Absacken der Platten.
Untergrundvorbereitung
Von Simone Drönner
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Die Wände der Bäder wurden mit übermanns hohen Natursteinplatten bekleidet.
»kleine Räume, kleine Formate, große Räume, größere Formate« übrigens getrost vergessen werden: Auch in kleinen Räumen kommt eine Wandund Bodengestaltung mit großformatigen Platten gut an – sie sorgt für optische Ruhe und Klarheit. Was man aber nie vergessen sollte: Je größer das Format, desto anspruchsvoller die Verlegung. Ab welcher Größe gelten Platten als großformatig? Hierzu gibt keine DIN und auch kein Merkblatt verbindlich Auskunft. Für diesen Beitrag wollen wir Platten, die größer sind als 0,10 Quadratmeter (33 x 33 Zentimeter), als »großformatig« betrachten. Werksseitig ist eine besonders hohe
Maßhaltigkeit (Kalibrierung) ebenso unabdingbar wie exakt geschliffene, gerade Kanten (Rektifizierung). Nur so kann die Platte im architektonisch ansprechenden, »flächigen« Look mit möglichst geringer Fugenbreite verlegt werden. Die Verlegung selbst erfordert einen bis ins kleinste Detail ausgearbeiteten Verlegeplan, einen perfekt vorbereiteten Untergrund und professionelle, geübte Hände. Auch wenn sich so manch einer dazu berufen fühlen mag: Die Verlegung großformatiger Natursteine gehört in die Hände von Profis, die neben dem erforderlichen Handwerkszeug auch über grundlegende Erfahrung im Umgang mit Naturstein verfügen.
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Die Verlegung großformatiger Platten verlangt seitens des Verarbeiters besondere Überlegungen, welche grundsätzlich auch in der Kalkulation zu berücksichtigen sind, damit man später nicht Schiffbruch erleidet. Denn: Die Praxis zeigt, dass eine Großformatplatte nicht ohne Weiteres auf den vorzufindenden Estrich- oder Putzflächen verlegt werden kann, auch wenn die Vorgewerke die vorgegebenen Toleranzen nach DIN 18202 eingehalten haben. Aufgrund der großen Kantenlängen und der zumeist relativ »scharfen« Kanten (besonders bei rektifiziertem Material) führt die zulässige Ebenheitstoleranz mit einem Stichmaß von drei Millimetern pro Meter zwangsläufig zu Überzähnen. Das hat man inzwischen auch im Normungsausschuss erkannt. Im Entwurf zur Neufassung der DIN 18157 ist im Zusammenhang mit Großformaten ein Hinweis auf die erforderliche Notwendigkeit einer Ausgleichsspachtelung oder aber die Verlegung im Mittelbettverfahren vorgesehen.
Im Klartext: Die Verlegung großformatiger Natursteine erfordert eine Genauigkeit des Verlegeuntergrunds über die Anforderungen der DIN 18202 hinaus, sodass entweder zusätzliche Ausgleichsmaßnahmen vorzusehen sind (beispielsweise eine leicht verlaufende, zementäre Bodenausgleichsmasse), oder aber im Mittelbettverfahren gearbeitet werden muss (wodurch mehr Feuchtigkeit eingebracht wird und sich die Gefahr der Verfärbung des Steins erhöht).
Verlegegrund Grundsätzlich gilt natürlich auch für die Verlegung von großformatigen Platten, dass die Estriche der DIN 18560 und den ergänzenden Regel-
Das Bauwerk aus der Gründerzeit am einstigen Forum Fridericianum, dem heutigen Bebelplatz, hat eine bewegte Vergangenheit: Einst Stammhaus der Dresdner Bank, später Hauptsitz der Staatsbank der DDR und nun 5-Sterne-Hotel. In über 100 Zimmern wurden die Bäder mit großformatigen, raumhohen Naturwerksteinplatten aus gekleidet. Zum Einsatz kamen verschiedene Natursteinsorten sowie Natursteinmosaike. Für die Montage der Wandflächen wurde ein hoch standfester, schnell abbindender Flexkleber verwendet. Die Großformat platten wurden vor dem Verlegen mit einer rückseitig aufgebrachten Kontaktspachtelung versehen, um Lufteinschließungen sowie mögliche Hell-Dunkel-Effekte zu verhindern. Es versteht sich (fast) von selbst, dass Durchdringungen präzise eingemessen werden müssen.
werken entsprechen sowie auf die aus der Nutzung zu erwartende Beanspruchung ausgelegt sein müssen. Doch welche Besonderheiten gelten für die einzelnen Estricharten Calciumsulfat-, Beton-, Reaktionsharz-, Magnesia-, Gussasphalt- und Zementestrich? Estriche auf Calciumsulfatbasis zeichnen sich durch eine geringe Schwind- und Verformungsneigung aus und auch ihre große Ebenheit ist ein Plus für die Verlegung großformatiger Steine. Die Flächen müssen rissfrei sowie an der Oberfläche frei von allen »losen und haftungsmindernden Bestandteilen« sein. Vorsicht: Zu den »haftungsmindernden« Bestandteilen zählt auch das dünne Kalkhäutchen auf der Estrichoberfläche! Es muss durch Anschleifen entfernt werden –
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