STEIN
S 04 | 2015
Zeitschrift f端r Naturstein
Engineered Stone
Neue Formen F端r das Bad Software
CNC und CAD - Wir stellen die besten Modelle f端r Einsteiger vor
Softskills
Um Luxusausstattungen zu verkaufen bedarf es der richtigen Ansprache
Stadtschloss Sch辰den an der Fassade: Ein Jahr nach der Rekonstruktion ziehen wir Bilanz
Schöne Welt der Steine
Wachstumsmotor für den Steinmetz 6
S04 | 2015
Schöne Welt der SteinE
Mit seiner Silestone-Badezimmer-Linie – speziell für erfahrene Steinmetzen – bietet Cosentino maßgeschneiderte Lösungen der Badarchitektur, hier in Magenta.
Fotos: Falper srl, Stone Italiana S.p.A., Zimella/I
Ein Argument für den Einsatz von Engineered Stones statt Naturwerkstein im Bad: Knallfarben wie bei diesem Waschbecken von Stone Italiana kommen in der Natur nicht vor.
Engineered Stones für das Bad von heute Viele Steinmetze kennen Engineered Stone vor allem aus dem Küchenbereich. Neben Küchenplatten gibt es aber auch im Bad interessante Einsatzgebiete für die Quarz-Komposit-Werkstoffe.
S04 | 2015
Von Michael Spohr
7
Schöne Welt der Steine
Vorteil des Mineralwerkstoffes: Wirklich fließende Formen lassen sich mit Engineered Stone nicht erzielen.
Mosaike erweitern den Gestaltungsspielraum: Wie etwa Motivo Braids von Caesarstone zeigt, müssen Platten aus Engineered Stone nicht immer großformatig sein, um Bäder in Wohlfühloasen zu verwandeln.
Fotos: Cosentino S. A., Almeria/E, Falper srl, Rossittis GmbH
Hygienische und leicht zu reinigende Platten mit geringem Fugenanteil: Dank der vollständig porenfrei gesinterten Oberfläche ist Dekton ein, für das moderne Bad, perfekt geeignetes Material.
8
S04 | 2015
A
ls der italienische Anlagenbauer Breton vor etwas mehr als 40 Jahren einen Weg fand, die bis dahin ungenutzten Riesenmengen Naturstein-Granulates, welches beim Abbau und bei der Weiterverarbeitung von Naturstein anfällt, nutzbar zu machen, schlug die Geburtsstunde der Engineered Stone. Breton entwickelte eine Maschine, die den gemahlenen und mit Kunstharz gebundenen Bruchstein zu hochwertigen Platten pressen und backen konnte. Mit der Zeit kristallisierte sich Quarz als hauptsächlicher Füllstoff und Polyesterharz als vorwiegend verwendetes Bindemittel heraus – daher auch die deutsche Bezeichnung „Quarz-Komposit-Werkstoffe“. Wobei es aber auch Produkte mit Granit, Marmor, Glaskies sowie diversen Zuschlagstoffen gibt. Bei den Bindemittel kommt neben Polyesterharz gelegentlich auch Epoxid- oder Acrylharz zum Einsatz. 1968 entstand ein erstes Breton-Werk zur Herstellung von Engineered Stone-Blöcken (max. 3,05 x 1,40 x 0,88 m), die mit Diamantgattersägen zu kleinen Fliesen für gewerbliche Fußböden zersägt wurden. Erst Mitte der 1990er Jahre begann im Breton Research Centre die Produktion großer Platten – bis zu 3,0 x 1,65 Meter in Stärken zwischen 9 und 30 Millimetern.
Bei Küchenarbeitsplatten bereits im Steinmetz-Fokus Nachdem die Platten zunächst den US-amerikanischen und anschließend mehrere europäische Märkte eroberten, gelang vor wenigen Jahren der Durchbruch auf dem deutschen Markt – und zwar im Zuge der Aufwertung der Küche zum kommunikativen Wohnungsmittelpunkt. Küchenarbeitsplatten aus Quarz-Komposit-Werkstoffen erfreuen sich zunehmender Beliebtheit: In nur vier Jahren (2010 bis 2013) hat sich die Menge der aus Kunststein hergestellten Küchenarbeitsplatten für den deutschen Markt nahezu verdreifacht – von 33.000 (2010) auf 94.000 Stück (2013). Mit einem wertmäßigen Marktanteil von aktuell 15,3 Prozent haben sie bereits die Naturstein-Arbeitsplatten überholt (Marktanteil Wert 2013: 11,5 %). Steinmetze wie Waldemar Wiebe und Sohn Dennis, die ohnehin einen Schwerpunkt auf die Fertigung von Arbeitsplatten setzen, haben zusätzlich zum Naturstein auch Quarz-Komposit-Material verschiedener Anbieter ins Programm aufgenommen, da sich diese mit dem vorhandenen Maschinenpark ebenso unproblematisch bearbeiten. Das Unternehmen aus Halver im westlichen Sauerland fertigt zwar neben Küchenplatten auch Treppenhäuser aus Engineered
S04 | 2015
Schöne Welt der SteinE
Stone, aber nur selten Elemente für das Bad.
Badanwendungen als neues Marktfeld Dabei hat sich auch das Bad in den letzten Jahren von einem reinen Funktionsraum zur Erholungs- und Entspannungsoase entwickelt. Steinmetze wie Martin Weisenborn vom gleichnamigen Steinmetzbetrieb haben diesen Trend erkannt und realisieren Waschtischplatten, Waschbecken, Duschtassen und Badewannen aus Kunststein-Materialien. Das Unternehmen aus dem rheinland-pfälzischen Nieder-Olm etwa verarbeitet Platten von Quarella, Silestone, Caesarstone, Unistone, Okite und Lapitec. Insbesondere in Hotel- und Gastronomietoiletten haben sich Waschtische und -ablagen aus Engineered Stone ein großes Absatzgebiet erobert. Cosentino bietet mittlerweile eine zehn Modelle umfassende Waschbecken-Kollektion aus dem recycelten Eco-Material des Unternehmens. Diese werden nach dem „made-to-measure“-Prinzip hergestellt: Je nach Raumangebot kann zwischen einer Tiefe von 40 bis 60 und einer Länge von 80 bis 280 Zentimetern gewählt werden. Die Waschbecken lassen sich innerhalb des speziellen Cosentino-Badkonzeptes mit großformatigen und daher fugenarmen Wand- und Bodenplatten sowie Duschtassen zu einem „Bad aus einer Hand“ kombinieren. Silestone richtet sich mit seiner Badezimmer-Linie wahrscheinlich deshalb explizit an „erfahrene Steinmetzen“, da diese die einzigen Handwerker sind, die über das nötige Know-How und die Maschinen verfügen um die Riesenplatten von bis zu 320 x 158 Zentimeter zu bearbeiten Besonderer Clou für Modernisierungsmaßnahmen: Mit einem speziellen Befestigungssystem können die vom Steinmetz angefertigten Lösungen bei der Sanierung einfach auf den bereits vorhandenen, älteren Fliesen angebracht werden.
Die zwei Seiten der Medaille Größter Vorteil des meist zu 93 % aus Quarz und zu 7 % aus Kunstharz bestehenden Engineered Stone ist seine Oberflächenbeschaffenheit. Da er über die gesamte Stärke homogen aufgebaut ist und der steinerne Füllstoff mit Kunstharz gebunden ist, besitzt er eine nahezu geschlossene, porenfreie Fläche. Eine Versiegelung ist nicht erforderlich, die Oberfläche ist leicht zu reinigen. Sie erschwert Mikroorganismen eine Ansiedelung. Um diesen Vorzug noch weiter auszubauen, haben einige Hersteller ihren Produkten
9
Steine bearbeiten
So gelangt die Kontur der Platte in den Computer: „Teach-In“ einer Schablone per Laser auf einer Drehkopf-Brückensäge.
CAD und CNC für Einsteiger Grundbegriffe der CAD/CAM-Technik Kenntnisse im Umgang mit computergesteuerten Maschinen sind für zukünftige Steinmetze unverzichtbar, um attraktive Arbeitsplätze zu finden und konkurrenzfähig zu produzieren. Unabhängig von Software und Maschinenhersteller sind die Arbeitsschritte von der Konstruktion des Werkstücks bis zur Programmierung der Maschine nahezu gleich.
14
Von Richard Watzke
S04 | 2015
1
Steine bearbeiten
Körper darstellen
Drahtmodell, Volumenmodell und Flächenmodell mit Netzen
2
Körper addieren und subtrahieren
Erstellen von Polylinien, generieren von Einzelkörpern und Addition oder Subtraktion zum Werkstück
Fotos: Richard Watzke (Titel), Richard Stein
A
us Respekt vor der Programmierung und Bedienung computergesteuerter Maschinen verzichten viele Steinmetze auf die Vorteile, die die CNC-Technik bietet. Gleichzeitig suchen immer mehr Arbeitgeber händeringend nach Mitarbeitern mit CNC-Erfahrung oder zumindest Vorkenntnissen. Während einzelne Steinmetzbetriebe CAD bereits in den 1990er Jahren zur Planung aufwändiger Fassaden einsetzten und SPS-gesteuerte Brückensägen mit CNC-Steuerungen nachrüsteten, dauerte es lange, bis auch Berufsschulen und Ausbildungszentren CAD und CNC in die Lehrpläne integrierten. Inzwischen herrscht weitgehend Einigkeit darüber, im Rahmen der Berufsausbildung den künftigen Fachkräften neben handwerklichen Fähigkeiten zumindest auch Grundkenntnisse in der CNC-Technik zu vermitteln. Am Anfang jeder Programmierung steht die Konstruktion des Werkstücks am Computer. Zahlreiche CAD-Programme sind am Markt verfügbar. AutoCAD vom Hersteller Autodesk war über viele
S04 | 2015
Jahre Platzhirsch und ist heute noch Standard in vielen Konstruktionsbüros und Steinwerken. AutoCAD ist eine anwendungsneutrale Software für die verschiedensten Branchen. Nach der Installation muss sich der Steinmetz Bedienoberfläche, Zeichenebenen, Stricharten und andere Faktoren erst auf seine Bedürfnisse anpassen. Um diese Einrichtung zu erleichtern, haben sich zahlreiche Branchenlösungen etabliert, die auf die Bedürfnisse der Steinverarbeitung ausgerichtet sind und Anwendern das Konstruieren von Werkstücken so unkompliziert wie möglich machen sollen. Dank Standard-Datenformaten wie DXF ist der Austausch der Zeichnungsdaten zwischen unterschiedlichen Programmen möglich.
Von 2D zu 3D Ziel bei der Entwicklung der ersten CADSysteme war, das Konstruieren vom Zeichenbrett auf den Bildschirm zu verlagern; das Ergebnis waren zweidimensionale Zeichnungen mit Vorderansicht,
Steinplus Immer der richtige Maßstab Die Abkürzung CAD steht für „computer aided design“ und entspricht dem computer-unterstützten Zeichnen. Mit Hilfe eines CAD-Programms erstellt man am Computer technische Zeichnungen. Hierbei stehen Linien, Polylinien, Bogen, Kreise und andere Grundelemente zur Verfügung. Für das Programm ist eine Linie ein Geometrieelement, das durch einen Angangs- und einen Endpunkt in Form von Koordinaten bestimmt ist. Bei CAD erfolgt die Erfassung der Zeichnung im Maßstab 1:1. Dadurch treten keine Umrechnungsfehler auf. Die maßstäbliche Darstellung erfolgt erst beim Plotten oder Drucken. Hier zeigt sich die Flexibilität der CAD-System bezüglich des Maßstabs: Ob eine Schablone im Maßstab 1:1 oder eine Antragszeichnung im Maßstab 1:10 erstellt wird, der Aufwand ist stets gleich.
15
Steine bearbeiten
8
Profilglieder visualisieren
Die Darstellung eines aufwändigen Maßwerks im Natursteinmodul ist im CAD-Programm IBS Cad möglich.
Steinmetzmeister Michael Herzgsell programmiert aus Profil, Steigung und Radius einen gekrümmten Handlauf.
11
Werkstück fräsen
Fotos: Martin Schlattner, Jürgen Ising, Richard Watzke
9
Entwürfe drucken
10
Massivteil programmieren
An der Berufsbildenden Schule Mayen werden Bauteile und Räume zu Lehrzwecken in 3D gedruckt.
Der Handlauf wird auf einer fünfachsigen Thibaut CNC-Maschine ausgeführt.
Glossar wichtiger CNC-Grundbegriffe Achsen CNC-Maschinen besitzen drei oder mehr interpolierte Achsen. Neben den senkrecht zueinander stehenden Hauptachsen X, Y und Z stellen die vierte bis sechste Achse jeweils eine Rotation um eine der drei Hauptachsen dar. Diese Rotationsachsen werden je nach Anordnung auf der Maschine mit den Buchstaben A, B und C bezeichnet: A rotierend um die X-Achse, B um die Y-Achse und C um die Z-Achse. CNC-Steuerung Eine CNC-Steuerung ermöglicht einer Maschine, mit einem Werkzeug in einer oder mehreren Achsen linear oder in Kurvenfahrten mehrdimensionale Werkstücke ausführen zu können. Es können nahezu beliebige Bearbeitungsbahnen und Abläufe programmiert und nacheinander automatisch abgefahren werden. Elektrospindel Die Motorspindel ist eine wichtige Baugruppe von CNC-Maschi-
20
nen. Sie wird von einem Elektromotor angetrieben und besitzt kein Getriebe zur Übersetzung der Drehzahlen. Durch die direkte Kopplung des Antriebs mit der präzise gelagerten Welle ist eine sehr genaue Bearbeitung des Werkstücks mit hoher Rotationsgeschwindigkeit möglich. Zur Werkzeugaufnahme dient überwiegend ein Steilkegel nach ISO 40 oder, bei höheren Belastungen, ISO 50. Bei einem Werkzeugwechsel wird der Kegel samt Werkzeug über einen automatischen Werkzeugspanner an der Spindel fixiert. Interpolation Interpolation der einzelnen Achsen erlaubt es, Vorschub, Achsbeschleunigung und den sogenannten Ruck der Achsen aufeinander abzustimmen. Die im Programm vorgegebenen Sollgeschwindigkeiten der Achsbewegungen werden permanent mit den Ist-Werten abgeglichen. Dank interpolierter Achsen arbeiten CNC-Maschinen präzise und nahezu unabhängig von Lastwechseln, wenn zum Beispiel das Werkzeug in den Stein ein-
S04 | 2015
12
Bedienung vereinfachen
So wird ein Werkstückes auf dem Bedienerschirm einer GMMBrückensäge dargestellt.
Programmschritte anzeigen
Rohteil positionieren
Ein Rohstück für einen massiven Waschtisch wird im CNC-Programm auf dem Werktisch positioniert.
15
Werkstück fräsen
Fotos: Richard Watzke
13
14
Steine bearbeiten
Die einzelnen Programmschritte werden im „G-Code“ auf dem Pult eines Löffler-Bearbeitungszentrums visualisiert.
Das Becken im Rohstück wird vom CNC-Bearbeitungszentrum millimetergenau gefertigt.
taucht. Zudem wird der Ruck ausgeglichen, der beim tangentialen Übergang einer Geraden in eine Kreisbahn entsteht.
„Teach in“ „Teach in“ ist eine einfache Programmiermethode direkt an der Maschine, bei der die Kontur einer Schablone oder einer Rohplatte mit einem Laser- oder einem Wasserstrahl aus der Antriebsspindel abgefahren und in die Steuerung eingelesen wird.
Parameter Parameter sind variable maschinenbezogene Größen wie Vorschub und Drehzahlregelung, Vorschubgeschwindigkeit und Absenkung, die über die Steuerung je nach Material und Gegebenheiten angepasst werden. Zu den unveränderbaren Maschinenparametern zählen unter anderem die Fahrweglängen in X-, Y- und Z-Achse sowie der maximale Sägeblattdurchmesser, der maximale Winkel für die Blattneigung sowie die Anzahl der Plätze im Werkzeugmagazin. SPS-Steuerung SPS heißt „Speicherprogrammierbare Steuerung“. Eine solche Steuerung enthält eine bestimmte Anzahl fest programmierter Anwendungen, die mit geringem Programmieraufwand jederzeit abgerufen werden können.
S04 | 2015
Wegemessung NC- und CNC-gesteuerte Maschinen messen die Fahrwege und zurückgelegten Strecken über ein Inkrementalgeber- oder ein Absolutwertgebersystem. Beim Inkrementalgeber-System werden Impulse aus drehenden Loch- oder Schlitzscheiben eingesetzt. Über eine Lichtschranke werden diese Bohrungen gezählt. Die Genauigkeit liegt im Bereich von Zehntel-Millimetern. Absolutwertgeber sind Längen- oder Winkelmessgeräte, die die aktuelle Position der Spindel oder des Supports als digitalen Zahlenwert ausgeben. Eine Referenzfahrt unter Ansteuern des Nullpunktes ist nicht notwendig.
21
Kunden gewinnen
Luxus verkaufen
Zum Luxus-Innenausbau gehรถrt auch die Ausstattung von Yachten. Wer hier mithalten will, muss wissen, wie er vermรถgende Kunden und ihre hochklassigen Planer anspricht.
34
S04 | 2015
Kunden gewinnen
Villa, Pool, Yacht & Co: Im Luxus-Segment zählen Perfektion, Können, Planungskompetenz und perfekter Service. Die Erwartungen der Kunden sind hoch. Die Umsatzchancen auch. Denn die Nachfrage nach exklusiven Natursteinarbeiten lässt nicht nach.
F
rüher war Naturstein ein Privileg für wenige. Heute gibt es Mar morskulpturen im Baumarkt und Granitstelen in jedem Neubaugarten. Luxus muss sich immer wieder neu er finden. Wenn er sich demokratisiert, müssen neue Kreationen und Umset zungen her. Das ist die Herausforderung derer, die Luxus verkaufen. Sie müssen ihre Produkte exklusiv und innovativ genug machen und auch halten, damit sie dem Anspruch nach Einzigartigkeit, Selbstverwirklichung und Status weiter hin entsprechen. Keine leichte Aufgabe für Natursteinunternehmen, die sich im Luxussegment etablieren wollen. Welt weit stiegen die Umsätze im Luxusgü termarkt 2013 um zwei Prozent auf 217 Milliarden Euro (Bain-Studie zum Luxus gütermarkt). Auch die Begeisterung der Deutschen für Luxus nimmt weiter zu.
Foto: fotolia
Präzision und Exklusivität Luxus ist untrennbar verbunden mit herausragender Qualität, innovativer Technik, technischer Perfektion und perfekter Verarbeitung. Wer viel Geld ausgibt, erwartet ein Produkt, das die sen Anforderungen entspricht. Neben der Präzision sind die emotionale An sprache und der Erlebniswert von Luxus entscheidend für seine Anziehungs kraft. Zahlreiche deutsche Luxuslabel sind international ausgesprochen erfolg reich. Wer etwas auf sich hält, fährt nicht nur Porsche und AMG, sondern lässt auch in Poggenpohl und Bult haupt kochen. „Deutsche Werte genie
S04 | 2015
Von Annette Mühlberger
ßen weltweit unverändert ein hohes Ansehen“, lautet das Resümee einer Studie zu deutschen Luxusmarken 2014 der Unternehmensberatung Bie salski & Company. Die typisch deut schen Werte wie exzellente Qualität, herausragende Ingenieurkunst, tech nische Innovation, Sorgfalt und Fleiß rechtfertigen bislang die exklusiven Preise aus dem Hochlohnland Deutsch land. Sowieso gehört ein – verglichen mit dem übrigen Markt – hohes Preis niveau in der Luxusklasse einfach dazu. Nur so lässt sich der Zugang zu den Produkten schließlich auf eine ex klusive Zielgruppe beschränken. Parallel nehmen der Wunsch nach Transparenz und der Preisdruck auch im Luxussegment zu. Und das nicht nur im Innenausbau, wo die Geschäfte in der Regel über Architekten und Innen architekten zustande kommen und ab gewickelt werden. Auch die Digitalisie rung von Kommunikation und Handel fördert den Kundenwunsch nach mehr Transparenz, Vergleichbarkeit und Nachvollziehbarkeit der Angebote. Auch dem müssen sich Unternehmen heute stellen.
Luxus hat immer Geschichte Nachhaltigkeit und Sinnhaftigkeit sind weitere Faktoren, die den Kauf speziell in reifen Luxusmärkten beeinflussen. Green-Luxury ist ein Megatrend. Hierzu gehört auch die Authentizität und Regi onalität von Produkten. Feines Porzel lan kommt aus Meissen, feinster Mar mor aus Carrara. Der regionale Bezug
Annette Mühlberger ist Journalistin für Verkauf, Marketing und Ma nagement. Sie zeigt Lösungsan sätze, die sich im betrieblichen Alltag schnell und erfolgverspre chend umsetzen lassen. Annette Mühlberger arbeitet für Verlage und entwickelt Kommunikations konzepte für Unternehmen. Kontakt: redaktion-muehlberger.de
35
chancen nutzen
Die Evaluierung bezüglich der reglementierten Berufe erfolgt in mehreren Schritten. Mit den Ergebnissen des ersten Arbeitspaketes ist in diesem Frühjahr zu rechnen.
Quo vadis Meisterbrief Erste Evaluierungsberichte erwartet Was vor drei Jahren noch nach einer radikalen Veränderung in deutschen Handwerksordnungen und der Abschaffung des Meisterbriefes seitens der Europäischen Kommission aussah, wird seit Anfang 2014 von dort schriftlich dementiert. Solange, bis die ersten Ergebnisse der Evaluierung im Frühjahr 2015 veröffentlicht werden? Ein Zwischenbericht. 48
Von Christine Kowalski S04 | 2015
chancen nutzen
Bereits 2012 forderte das Europäische Parlament die Europäische Kommission zur Ermittlung auf, „in welchen Bereichen die Mitgliedstaaten den Berufszugang unverhältnismäßig stark blockieren”, so lautete der EU-Beschluss. Die komplexen Zugangsbeschränkungen würden Arbeitskräfte entmutigen, in anderen Mitgliedstaaten eine Beschäftigung zu suchen. Es ginge bei der Überprüfung jedoch nicht darum, Berufe zu deregulieren oder Mitgliedstaaten mit Sanktionen zu belegen. Vielmehr bestehe das Ziel darin, einen besseren Zugang zu Dienstleistungen sicherzustellen. Die Ergebnisse sollen die Mobilität der Fachkräfte im Binnenmarkt fördern, zur Schaffung neuer Arbeitsplätze in den betreffenden Wirtschaftszweigen beitragen, die Wettbewerbsfähigkeit dieser und damit verbundener Branchen verbessern und Wachstumsmöglichkeiten erschließen. Daher würden die Strukturen evaluiert – zugunsten eines „vereinfachten, angemessenen, sicheren und transparenten Systems“. De facto bedeutet diese Formulierung: „Wir prüfen!“
Umfang und Art der Prüfung Die Evaluierung erfolgt in mehreren Schritten. Zunächst wurde im Mai 2014 eine Webseite veröffentlicht, die sämtliche, regulierte Berufe der EU aufzeigt und den Zugang von einem Land in das andere beschreibt. Auch die Entwicklung der Anerkennungsentscheidungen seit 2005 listet die Karte (Grafik, S. 50). In Deutschland ist dabei eine deutliche Zunahme der positiven Entscheide festzustellen. Mit dieser Karte sicherte die EU zunächst die Transparenz der Informationen. In einem weiteren Schritt wurden zwei Berufsgruppen gebildet, Ein reglementierter Beruf ist ein Beruf, bei dem durch um der Unterschiedlichkeit der Professionen gerecht zu werden. Rechts- und Verwaltungsvorschriften festgelegt ist, dass Die erste Gruppe umfasst die Berufe aus dem Baugewerbe, Fider Zugang zum Beruf und die Berufsausübung nur dann nanzdienste, Groß- und Einzelhandel, Immobiliengewerbe, Transerfolgen darf, wenn ein Nachweis einer bestimmten Qualiport, Unternehmensdienstleistungen, das verarbeitende Gewerfikation erbracht ist. Die Richtlinie 2005/36/EG legt be sowie Verkehr. Hier werden die Ergebnisse nebst Handlungsunter anderem fest, dass der Meisterbrief im Steinmetzempfehlungen im Frühjahr erwartet. handwerk eine solche Qualifikation darstellt. Im Falle Die zweite Gruppe umfasst die Berufe aus den Sektoren Bileiner Änderung der reglementierten Berufe wäre die dung, Gesundheit und soziale Dienste, Netzwerkdienste, Steinmetzbranche daher direkt betroffen. Tourismus, öffentliche Verwaltung, Unterhaltung sowie sonstige Dienstleistungen/Tätigkeiten. Hier wird mit Ergebnissen im März 2016 gerechnet. Aus jeder Gruppe wurden sechs Berufe ausgewählt. Für Gruppe 1 werden die Berufe Fahrlehrer, Immobilienmakler, Optiker, Elektriker, Ingenieur und Architekt evaluiert; in der Gruppe 2 die Berufe Physiotherapeut, Psychologe, Friseur/Kosmetikerin, Dentalhygieniker, Sportlehrer sowie Fremdenführer/Reiseverkehrskaufmann. Erste Ergebnisse zu den Berufen des Immobilienmaklers sowie des Fahrlehrers können bereits abgerufen werden (siehe Link, S. 50).
Steinplus
Foto: Fotolia
Das Steinmetzhandwerk besteht auf der Meisterpflicht – warum? Die Haltung der Handwerkskammern und Innungen zum Meisterbrief ist eindeutig: Erst im November 2014 warb der Baden-Württembergische Handwerkstag gemeinsam mit Wirtschafts- und Finanzminister Nils Schmid unter anderem bei Abgeordneten des EU-Parlaments und Mitarbeitern der EU-Kommission für den deutschen Meisterbrief. Die Meisterpflicht sorge für solide Staatsfinanzen, schaffe stabile Arbeitsplätze, sichere dauerhafte Ausbildungschancen für Jugendliche und sei aktiver Verbraucherschutz, fasste Landeshandwerkspräsident Joachim Möhrle die Vorzüge der Meisterausbildung zusammen. Auch Sybille Trawinski, Geschäftsführerin des BIV, bezieht Position: „Der Meisterbrief ist der Garant für Qualität und Sicherheit. Beides sind wichtige Aspekte für einen Steinmetzbetrieb, sowohl im Arbeitsprozess als auch beim Endprodukt.“ Das Steinmetzhandwerk sei ein sehr breit aufgestelltes Handwerk, in dem Fachqualifikationen in allen Arbeitsbereichen bis hin zu übergeordneten Aufgaben im Betrieb benötigt würden. Daher leiste die Meisterausbildung einen wesentlichen Beitrag zur Sicherung dieses hohen Qualitätsanspruchs im Betrieb. Er biete darüber hinaus allen Auszubildenden Aufstiegschancen bis hin zur Hochschulqualifizierung und ermögliche daher begabten und leistungs-
S04 | 2015
49