Stein 05 2011

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Zeitschrift für Naturstein

Basalte

Kantenschleifen Verlegen

Mai 2011

Schön und robust Stand der Technik

Großformatige Platten

www.s-stein.com

Fassade im Fokus


Inhalt

Nachrichten 08 Peter-Parler-Preis 2011 Preise für vorbildliche Restaurierungen ­werden auf der Stone+tec verliehen.

Schon die alten Römer kannten das Prinzip einer vorgehängten Natursteinfassade. Heute ist der tragende Anker Stand der Technik. STEIN sprach mit dem Unternehmer Heinrich-Georg Hofmann über Geschichte und Geschichten der Fassadentechnik.

Das Benediktinerkloster Maria Laach in der Eifel ist eines der bedeutendsten spirituellen Zentren in Deutschland. Gebaut mit und aus Basaltlava aus der Eifel. Einem harten Naturstein, der mehr sein kann als grau in grau.

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Gut zu wissen

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Steinmensch Der Steinmetz im Trickfilm

12 Angesprochen Attraktive Angebote 14

Sehen lernen Sachsens Glanz und Preußens Gloria

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Vor Ort Sanierungstagung in Stuttgart

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Vor Ort Ein Steinmetz in Innsbruck

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Vor Ort Seminar in Konstanz

24 Mobil Unterwegs in Straßburg

Gestalten 26

Immer mehr Stein Möbelmesse in Mailand: ein Rundgang

Baustelle Von der Küche bis zum Sockel – bei Reinhard Weinmann kommt alles auf den Tisch. Um für alle Fälle gerüstet zu sein, betreibt er einen Kantenautomaten mit Tisch.

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Mit dem Hyatt Regency im MedienHafen Düsseldorf wurde ein einzigartiges Hotelprojekt in außergewöhnlicher Lage realisiert. Verschiedene Natursteine tragen zum zeitlos eleganten Erscheinungsbild bei.

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Neuer Glanz Die Restaurierung von zwei Marmorskulpturen in Rostock

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Baden im MedienHafen Naturstein im Hyatt Regency-Hotel im MedienHafen Düsseldorf

Unternehmen & Produkte

69 Neues und Bewährtes aus den Bereichen Naturstein, Maschinen, Werkzeuge und mehr 3 Betreff 88 Leute 90 Vorschau/Impressum/ Fotonachweis

Callwey Verlag STEIN Streitfeldstraße 35 D-81673 München Postfach 800409 D-81604 München Fon +49 89/43 60 05-0 Fax +49 89/43 60 05-164 redaktion@s-stein.com www.s-stein.com

Titel: Innenwandgestaltung in Pietra Serena, Lithosdesign/ Il Casone, I-Firenzuola

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Fassade

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Gut fixiert Neue Fassadentechnik im Überblick

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Steine an der Fassade Geschichte und Geschichten der Fassadentechnik

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Kennen Sie DIN schon …? Welche Normen für Stein an der Fassade wichtig sind.

Natursteinland Deutschland

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Deutschland, deine Steine Die heimischen Basaltgesteine

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Basaltlava – von wegen grau in grau Auf den Spuren eines zeitlosen Hartgesteins

Verlegen

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Große Formate gewinnen an Boden Fachleute über das Verlegen der Großformate

Kantenschleifen 54

Für dick und dünn Ein Kantenautomat für alle Fälle

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Aus alt mach neu Eine zweite Chance für Gebrauchtmaschinen

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So klappt es mit der Kante Tipps für die Kantenbearbeitung

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26.07.2010

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Gestalten

Salone Internazionale del Mobile 2011

Mehr, immer mehr Stein Selbstbewusste Präsentationen, inspirierende Inszenierungen und zahlreiche attraktive Neuheiten, so präsentierte sich die italienische Natursteinbranche auf der Möbelmesse in Mailand. Von Willy Hafner

V

iva Las Vegas! Es leuchtet und blinkt. Doch dies ist nicht Sin City, sondern Mailand. In Mailand herrschte Mitte April bei sonnigem Wetter Ausnahmezustand. In diesem Jahr feierte die Möbelmesse, die schon lange keine Möbelmesse mehr ist, ihr 50-jähriges Bestehen. Die Stadt teilte sich in zwei Welten, innen und außen, die Messehallen und die »Design Districts«. Würs­telbuden, Promotionstände und laute DJ-Beschallung. Während die Besucher in der Zona Tortona mittlerweile mehr auf Kommerz als auf Experimente treffen, bestachen die Ausstellungen der Naturstein-Unternehmen im Messegelände in Rho, in der Via Monte Napoleone und in der

Fabbrica Vapore durch Innovation und Kreativität. Meisterliches Natursteinhandwerk muss sich nicht verstecken. Möbel aus Stein, neue Oberflächen und die Rückkehr der Dreidimensionalität, so könnte das Naturstein-Angebot zusammengefasst warden. Steine ohne Normen, befreit von unförmigen Unmaßplatten, seriell genormten Fliesen, langweiligen Überlängen und fetten Fugen, dies war das eine Thema der Steine. Die »Befreiung der Oberfläche« das andere. Dies haben sich einige italienische Natursteinunternehmen und mit ihnen gemeinsam arbeitende Designer zu ihrer Herzensangelegenheit gemacht. Unkonventioneller über Stein denken,

Bisazza

Glas und Alessandro Mendini Der Glasmosaikhersteller Bisazza widmete dem italienischen Architekten und Designer Alessandro Mendini eine Einzelausstellung in der Triennale di Milano. Seit 20 Jahren arbeiten Bisazza und Mendini zusammen. ­Entstanden ist ein anregender und kreativer Dialog, der zu farbenfrohen Objekten und ­eigenwilligen Installationen geführt hat, die zu zeitlosen Ikonen geworden sind. Im Mittelpunkt der über 400 m2 großen Ausstellung standen einige der bekanntesten Werke, die der Designer im Laufe der letzten 20 Jahre für Bisazza entworfen hat. Bisazza Spa Viale Milano 56, I-36075 Alte (VI) www.bisazza.it

Neun große Skulpturen, mit handgeschnittenen und handverlegten 24-Karat-Goldmosaiksteinchen standen im Mittelpunkt der Ausstellung. Darunter auch die Monumentini á Palladio, die kleinen Denkmäler für Palladio (großes Bild) und der Poltrona Monumentale di Proust (Stuhl für Proust), ein drei Meter hoher Stuhl, der vollkommen mit Mosaiksmalten verkleidet ist.

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Gestalten

das ist das gemeinsame Ziel. Steine in neuen Dimensionen, eine neue Definition der Steine und eine neue Definition der Kundengruppen werden erarbeitet. Die Formen der Steine werden wieder plastisch. Nur Platte, das kann keiner mehr sehen. Die Formen können organisch oder ganz geometrisch sein. Gegensätze bestimmen das Bild. Die Dekors greifen eine erzählende Formensprache auf und stehen in Kontrast zu schlichten, grafischen, ganz geometrischen Formen, bei denen die Gestalter am Bauhaus hätten Pate stehen können. Produkte aus Naturstein erhalten zunehmend eine hoch-

wertig anmutende Oberfläche. Die handwerkliche Tradition wird trotz industrieller Fertigungsweisen besonders betont. Naturstein wurde in Mailand nicht neu erfunden, Naturstein wurde als edle Handwerkskunst präsentiert; eine Reduktion auf das Wesentliche, das war allen Naturstein-Ausstellungen gemein. Wer von diesem Karussell abspringen wollte, fand einen Ort der Ruhe in den Chiostri dell‘Umanitaria. In den Kreuzgängen des ehemaligen Franziskanerklosters hatte der Gartenarchitekt Enzo Enea eine Oase geschaffen, mit ganz alten Steinen!

Antolini Luigi

Die Entdeckung der Oberfläche Bekannte Natursteine gehöht: Mit ungewöhnlichen und unerwarteten Oberflächen veredelt Antolini Luigi die Steine. Das Angebot heißt Natura Collection. Platten aus dem Gabbro Nero Impala aus Südafrika oder dem Syenit Labrador Antique aus Madagaskar werden mit jetgestrahlten Ornamenten oder filigranen Einlegearbeiten bearbeitet und erhalten so eine ganz neue, ganz ungewöhnliche und »luxu­riöse« Anmutung. Antolini Luigi, Via Marconi 101, I-37010 Sega di Cavaion www.antolini.it Die Oberflächen Geisha (geschliffen) (Bild oben) und Avata (Leder-Look) (Bilder ganz oben und links) wurden für Antolini Luigi exklusiv von dem Designer Domenico De Palo entworfen. Sie werden in Nero Impala und Labrador Antique geliefert.

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Deutschland

Basaltlava – geschliffen

Basaltlava – geriffelt

Von wegen grau in grau – Basaltlava Der graue Stein, die blonde Frau, BAP und ich. Das Benediktiner­kloster Maria Laach ist eines der be­ deutendsten spirituellen Zentren in Deutschland. ­Gebaut mit und aus Basaltlava aus der Eifel. Einem harten Naturstein, der mehr sein kann als grau in grau. Die Kanzlerin war dort. Ich auch!

J

ahre sind es her. Ich weiß es bis heute ganz genau. 1979. Dieser Stein! Grau, hart und übel riechend. Es war irgendwo zwischen Mayen, Plaidt und Bitburg. Ein gottverlassenes Kaff, ein einsamer Kirchhof, die nächste Kneipe gefühlte 100 Kilometer entfernt. »Jetzt klopp da mal schön«, hatte Jupp, der Altgeselle gesagt und war auch schon wieder weg. Ich war in der Eifel; von Zivilisation keine Spur. Vor mir ein grauer, harter Stein, der darauf wartete, in Form gebracht zu werden. Rudi, der Sohn von Meister K., hatte den Christuskorpus in Freiburg an der Meisterschule, beim »Meister Jakob«, schon punktiert. Die Kopie aus hellem Sandstein war fertig. Die einfache Stele des Kreuzes, das war meine Aufgabe! Einfach? Von

Basaltlava – gestockt

Basaltlava – bossiert

Basaltlava – geriffelt

Von Willy Hafner

wegen! Meißeln in grau. Tag für Tag. »Time is Cash, Time is Money!« Der graue Stein, das hatte mir Meister K. schon vor Wochen erklärt, werde jetzt, und zwar ausschließlich, zur Restaurierung am Kölner Dom verwendet. In Maria Laach gäbe es einen Bildhauer, so die andere Geschichte, der mache wunderschöne Grabzeichen aus dem grauen Zeug. Und: Was ich damals noch nicht wusste, 30 Jahre später sollte der Schauspieler Mario Adorf – der eigentliche Nationalheilige dieser Gegend – dem Stein und seinen Metzen ein Denkmal setzen. Der Adorf, der Dom und auch die personenbezogenen Grabzeichen von Herrn Biermann können mir gestohlen bleiben. Dieser Stein ist mir zu hart. »Verdammt lang her«! BAP!

Rheinische Basaltlava Basaltlava – geschliffen

Basaltlava – geriffelt

Rheinische Basaltlava ist petrologisch eine nicht exakte Benennung. Es handelt sich nach dem Mineralbestand um eine Tephrit-Lava. Das Gestein erscheint grob- bis feinporig, welches vollkommen glasig ausgebildet ist. Gebrochen wirkt das Gestein sehr dunkel mit einem Stich ins Violette, gesägt oder geschliffen wirkt es erheblich heller. Das Gestein stammt aus den Grubengebieten im Raum Mayen bis Mendig, etwa 20 km westlich von Koblenz in der Eifel. Die Basaltlava entstand vor 200 000 Jahren bei Vulkanausbrüchen. Im Handel wird der Stein als Hohenfelser, Mayener und Mendiger BasaltLava, Basalt-Lava Plaidt oder Hannebacher Ley bezeichnet.

S05/11 Basaltlava – gestockt


Deutschland

Museumsquartier, Wien Architekten: Ortner+Ortner, Wien, Berlin Von außen erscheint das Gebäude als dunkler, geschlossener Block. Das g ­ ekrümmte Dach ist an den Ecken weit nach unten gezogen. Dachflächen und Fassade sind mit 7 500 Quadratme­ tern anthrazitgrauer Basaltlava be­kleidet. Die Steinfassade besteht aus zehn Zentimeter dicken gemauerten ­Basaltlavasteinen, die geschossweise abgefangen und hinter­ lüftet mit Edelstahlankern montiert wurden. Geologisch be­ dingt können nur sehr kleine Rohblöcke g ­ ewonnen werden. Die Oberfläche ist sandgestrahlt. Durch die Einfräsung von Fälzen wird eine Feldteilung erreicht. Das Fassadenbild des grauen ­Gebäudes verkörpert eine produktive Unruhe. Der Baukörper scheint aus dem Boden hervorzutauchen: Mit tief eingeschnittenen Fugen wachsen die Basaltplatten an der Fassade zu immer größer werdenden Tafeln empor. Natursteinlieferung: SHS Naturstein GmbH, www. shs-naturstein.com

Zeitreise in die Welt der Eifelvulkane Im Vulkanpark vermitteln vier moderne Infound Erlebniszentren und über 20 erschlossene Landschaftsdenkmäler anschaulich Vulkanismus, Archäologie und Industriegeschichte. Das Vulkanpark-Infozentrum in Plaidt/Saffig präsentiert mit Filmen und Ausstellungen den Eifelvulkanismus und die 7000-jährige Steinbruchgeschichte. Im Lava-Dome in Mendig kann man Vulkanismus mit allen Sinnen erleben. Ein multi-

Wolfgang Niedecken wird es schon richten. Der Mann macht Mut, mitten in der Eifel. Am Samstag spielt die Band aus der Kölner Südstadt in der Turnhalle in Sinzig am Rhein und die blonde Meistertochter wird auch dort sein. »Frau ich freu mich, und ich danz met dir«. Jeder Stein in Deutschland hat seine Geschichte und die der grauen Steine aus der Eifel ist wenig romantisch. »Zofall un e janz klei bessje Glöck!« Das muss man in der Eifel haben; früher und heute auch.

Grauer Stein – karges Leben

medialer Vulkanausbruch lässt die Erde erzittern. Hier ist auch der Abstieg in die Mendiger Lavakeller. Der Geysir Andernach ist mit 60 Metern Höhe ein beeindruckendes Zeugnis aktuellen vulkanischen Geschehens. Im Geysir-Erlebniszentrum erfährt man alles über die Funktionsweise von Geysiren. Im Römerbergwerk Meurin bei Kretz, dem größten römischen Untertage-Tuffsteinbergwerk nördlich der Alpen, versetzen ein 3-DFilm und eine Audioführung den Besucher in die Zeit des Gesteinsabbaus vor 2 000 Jahren. 20 erschlossene Natur- und Industriedenkmäler erlauben Einblicke in Vulkane, Steinbrüche und Bergwerke sowie tolle Ausblicke von Kraterrändern und Schlackenkegeln. www.vulkanpark.com

Die Bewohner der Eifel hatten meist wenig Glück und viel Not. Der kärgliche Boden brachte beim Anbau von Getreide und Kartoffeln oft nur unzureichende Erträge. Die Beweidung der Hügel und das Aufschichten der Lesesteine bescherten der Gegend zwar eine herrliche Park- und Heckenlandschaft, doch sonst nicht wirklich viel. Nichts wie weg! Das Eifel-Feeling. Im 19. und 20. Jahrhundert konnte die wenige Arbeit dieser Gegend die Bevölkerung kaum an ihre Heimat binden. Als dann seit dem Ende des 19. Jahrhunderts das Straßennetz und der Schienenverkehr ausgebaut wurden, um die Eifel verkehrsmäßig und technisch zu erschließen, ging man auch daran, die bekannten Basaltvorkommen professionell auszubeuten.

Basalt – Basaltlava Basalt? Nein, das stimmt nicht. Der Stein ist eine Basaltlava. Oft werden Basalt und Basaltlava synomym verwendet. Zwar haben sie eine ähnliche Zusammensetzung, sie unterscheiden sich jedoch in Farbe und Struktur. Der Basalt ist dunkler, fast schwarz. Die Basaltlava ist weitaus heller. Außerdem ist sie poröser als der sehr dichte Basalt. Das liegt in ihrer unterschiedlichen Entstehung begründet. Basalt erstarrt bereits vor dem Austreten aus dem Vulkan unter hohem Druck, die Basaltlava erstarrt erst an der Erdoberfläche. Die Porosität bedingen bei der Entstehung eingeschlossene Gase. In großem Stil wird in Deutschland vor allem Basaltlava abgebaut. Basaltlava ist ein sehr robuster Naturstein. Er ist frostfest und eignet sich hervorragend für stark frequentierte Bereiche. Außerdem hält er auch Feuchtigkeitsbelastungen, wie sie in Schwimmbädern oder Wellnessanlagen auftreten, stand. Ein großes Plus ist seine Rutschfestigkeit. Und die ist im Vergleich zu anderen Gesteinen, die sich bei starker Frequentierung »glatt laufen« können, dauerhaft. Verantwortlich dafür ist seine poröse Struktur. Wird er abgenutzt, so schärft er sich dadurch nach, indem der Substanzabtrag bei seiner Struktur immer neue Kanten

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Bauchemie

Große Formate gewinnen an Boden Großformatige Bodenbeläge liegen im Trend, immer öfter auch aus Naturstein. STEIN befragte Experten, welche Anforderungen die neuen Trendformate an den Estrich stellen und wie man diese sicher bewältigt. Anne-Marie Ring

B

ig is beautiful – getreu diesem Motto setzen immer mehr Bauherren und Architekten auf großformatige Bodenbeläge. Mit den Formaten wachsen aber auch die Herausforderungen an den Verleger. Die je nach Estrichart unterschiedlichen ausführungs­technischen Voraussetzungnen stellen selbst qualifizierte Natursteinverlegebetriebe vor Aufgaben, deren Lösung ein gehobe­ nes Maß an Fachwissen voraussetzt. Und auch der handwerkliche Aufwand für die korrekte Ausrichtung der Platten wächst mit zunehmenden Formaten, weil jede Korrektur an einer soeben verlegten Platte zum Erreichen eine ebenen, möglichst vollsatte Bettung ohne »Überzähne«, eine entsprechende Lageänderung an ihrer jeweils gegenüberliegenden Seite erfordert. Das ist bei der Kalkulation unbedingt zu berücksichtigen. Im nachfolgenden Beitrag erläutern Experten aus der Bauchemie die verschiedenen Estrichsorten – Calciumsulfatestrich, Zementestrich, Gussasphalt, Magnesia, Kunstharzestrich und Beton – auf deren Besonderheiten hinsichtlich der Verlegung von großformatigen Natursteinplatten.

Verlegung auf ­Calciumsulfat­estrichen Von Claudia Steiner, MAPEI GmbH, Erlenbach

Grundsätzlich unterscheidet man zwischen konventionell hergestellten Calciumsulfatestrichen (CA) und Calciumsulfatfließestrichen (CAF). Zur Herstellung kommen unterschiedliche Calciumsulfatbindemittel zur An­ wen­ dung, welche auch verschiedene Eigen­schaften, unter anderem bei der Oberflächenbeschaffenheit oder Feuchtigkeitsempfindlichkeit, aufweisen. Estriche auf Calciumsulfatbasis verfügen über sehr gute Verarbeitungsund Materialeigenschaften sowie ein geringes Schwind- und Verformungsverhalten. Diese ermöglichen unter anderem vergleichsweise größere Feldgrößen, eine reduzierte Estrichdicke und eine erhöhte Ebenheit, was entscheidende Vorteile bei der Verlegung von großformatigen Naturwerksteinen darstellt. Das kompakte, luftporenarme Gefüge wirkt sich besonders bei beheizten Fußbodenkonstruktionen positiv aus. Grundsätzlich müssen die Estriche den Anforderungen der DIN 18560 und den ergänzenden Regelwerken entsprechen sowie auf die aus der Nut-

»Bei der Verlegung von großfor-

matigen Naturwerksteinplatten bereitet die Feuchtigkeitsempfindlichkeit der Calciumsulfatestriche häufig Probleme.« Claudia Steiner zung zu erwartende Beanspruchung ausgelegt sein. Die Flächen müssen rissefrei sowie an der Oberfläche frei von allen losen und haftungsmindernden Bestandteilen sein. In der Regel reicht ein sorgfältig ausgeführter Reinigungsschliff mit anschließendem Absaugen aus. Durch dieses Anschleifen werden die dünnen »Kalkhäutchen« auf der Estrichoberfläche entfernt. Haben sich jedoch an der Estrichoberfläche »Sinterschichten« oder »Harzhartschalen« gebildet, so erfordert das Entfernen dieser Schichten häufig eine intensive Oberflächenbearbeitung mit entsprechenden Geräten. Bei unbeheizten Estrichkonstruktionen ist eine maximale Restfeuchtigkeit von 0,5 CM-% und bei

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Bauchemie

beheizten Konstruktionen von 0,3 CM-% zu beachten. Calciumsulfatestriche erfordern einen vergleichsweise geringen Anteil an Fugen. Hinweise über die Anordnung von Bewegungsfugen sind dem ZDB-Merkblatt »Beläge auf Calciumsulfatestrich« zu entnehmen. Bei der Verlegung von großformatigen Naturwerksteinplatten bereitet die Feuchtigkeitsempfindlichkeit der Calciumsulfatestriche häufig Probleme: Mit steigender Feuchtigkeit sinkt bei einem gipsgebundenen Baustoff die Festigkeit. Deshalb dürfen Calciumsulfatestriche in Nass- und Feuchträumen nur in Bereichen der Feuchtigkeitsbeanspruchungsklasse A0 eingesetzt werden. Bei der Verwendung normal abbindender und trocknender Verlegemörtel enthält der Mörtel einen erheblichen Anteil an Überschusswasser, das aufgrund des dickeren Klebebettes und der ungünstigen Trocknungsbedingungen unterhalb der großen Platten, bei gleichzeitig schmalen Belagsfugen, deutlich länger als üblich auf den Untergrund einwirken kann. Dies führt bei nicht ausreichenden Schutzmaßnahmen zu einer Herabsetzung der Festigkeit in der oberen Randzone des Calciumsulfatestrichs und zum Ablösen des Belags. Um bei der Verlegung von großformatigen Platten einen ausreichenden Haftverbund sicherzustellen, gibt es zwei Aufbaumöglichkeiten: Bei der Verwendung eines normal oder schnell erhärtenden Verlegemörtels mit »normaler« Trocknung, wie z. B. Trassmörtel ist die Verwendung einer Reaktionsharzgrundierung anzuraten. Bei der Verwendung eines haftstarken Klebemörtels, der – neben einer schnellen Erhärtung – als zusätzliche Eigenschaft auch ein schnelles Trocknungsverhalten (effektive kristalline Wasserbindung) besitzt, reicht in der Regel eine Acrylatgrundierung aus. Berücksichtigt man diese Aspekte, ist eine dauerhafte Gestaltung von Bodenflächen mit großformatigen Platten auf Calciumsulfatestrichen sichergestellt.

Verlegung auf Beton Von Dirk Mayer-Mallmann, Schönox GmbH, Rosendahl

Die Verlegung von Naturwerksteinplatten auf Beton scheint auf den ersten Blick keine große Herausforderung an den Verleger zu stellen. Doch auch hier sind zur Herstellung eines langfristig schadensfreien Belags einige Bedingungen zu beachten. Da ist zunächt das Alter des Betons bzw. Schwindneigung des evtl. noch jungen Betons. Die Oberflächenbeschaffenheit des Untergrundes mit vorhandenen haftungsmindernden Schichten oder ein sehr glatter, wenig saugfähiger Beton, welcher die mechanische Verkrallung der Verlegesysteme einschränkt, sind noch handhabbar und stellen noch keine sonderlich hohen Ansprüche. Die Herausforderung an den Verleger steigt jedoch mit dem Format der Platten. Größte Aufmerksamkeit muss der Ebenheit des Verlegegrunds und den daraus eventuell erforderlichen Ausgleichsarbeiten gelten. Ist der Untergrund hin-

allen Dingen effektiven Verlegefortschritt sicher. Auch bei der Verlegung sollte auf sichere und effektive Produkte bzw. Arbeitsweisen zurückgegriffen werden. Die vonseiten verschiedener Hersteller angebotenen Verlegesysteme sind auf die Verlegung verschiedener Natursteinsorten (durchscheinende und nicht durchscheinende Materialien) hin abgestimmt worden. Für die Verlegung verformungsempfindlicher Natur- und Kunststeine sind solche Produkte ideal, die eine hohe kristalline Wasserbindung mit schneller Festigkeitsentwicklung kombinieren. Die

»Größte Aufmerksamkeit

muss der Ebenheit des Verlegegrunds gelten.« Dirk Mayer-Mallmann

sichtlich der Verlegung von »normalformatigen« Natursteinplatten als unkritisch zu beurteilen, so ist für die Verlegung von großen Formaten oftmals schon ein Untergrundausgleich mit einer Spachtelmasse unabdingbar. Die normativ geregelten Toleranzen sind hier sicherlich nicht ausreichend. Die häufig angewandte Verlegung in der sogenannten »Brötchenmethode« stellt aus Sicht des Autors keine ausreichende Verlegung dar, auch wenn diese den Untergrundausgleich praktisch beinhaltet. Ein Hohlklang der Belagskonstruktion ist hier wohl noch das geringste Übel. Ein fachgerecht erstellter Untergrundausgleich, beispielsweise mit der sehr leicht verlaufenden zementären Ausgleichsmasse, stellt einen schnellen und vor

verschiedenen Produkten beigefügten Leichtfüllstoffe sorgen für einen – gegenüber klassischen Verlegemörtelsystemen – deutlich geringeren Materialverbrauch. Die Verlegung kann im Dünn-, Mittel- oder auch Dickbettverfahren erfolgen. Der Fugenanteil und die Fugenbreite sind mit der immer häufiger anstehenden Verlegung großer Formate immer kleiner geworden, die Anforderungen an das Fugenmaterial werden aber hierdurch nicht geringer, sondern steigen gegenläufig eher. Die Festigkeitsentwicklung bei saugenden Natursteinen ist als größte Herausforderung an den Fugenmörtel zu sehen. Eine sehr schnelle Aufnahme des Anmachwassers in den Naturstein führt unweigerlich zu einem Festigkeitsver-

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