Zeitschrift für Naturstein
Freiraum
Steine für draußen
Wasseraufbereitung Travertin
Juli 2011
Stand der Technik
Traditionell und modern
Im Blickpunkt: Stone+tec 2011
Inhalt
Nachrichten
Steine aus der Region sollten es sein: Für die Umgestaltung der Pfarrkirche Lingenau begaben sich die Architekten Anja Fischer und Ernst Beneder auf Spurensuche in Vorarlberg.
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Es muss nicht immer eine neue Anlage zur Wasseraufbereitung sein. Oft lassen sich bestehende Anlagen fit für die steigenden Anforderungen an das Brauchwasser machen.
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Stone+tec aktuell Impressionen der Fachmesse Stone+tec 2011 in Nürnberg
Gut zu wissen
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Ausstellungstipps Naturstein im Fokus
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Lehrjahre Judith Hartung hat Zwischenprüfung
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Vor Ort Ein Produzent und sein Maschinenpark
Baustelle 56
Nachtschichten für Steinpfleger Steinpflege und Fugensanierung im Atrium City-Center, Linz
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St. Annen: Sanierungsfall in Stendal Restaurierung der Epitaphsteine in der Klosterkirche zu Stendal
Unternehmen & Produkte
64 Naturstein, Maschinen, Werkzeuge und mehr 3 Betreff 82 Vorschau/Impressum/ Fotonachweis Travertin, das war der Stein für Mauern und Platten. Vieles in Rom, um Rom und um Rom herum wurde aus diesem weißlichen, lichtgrauen bis bräunlichen Steinen erbaut. Nicht nur in Italien gibt es Travertin, auch in Deutschland; bei Stuttgart, auf der Alb und in Thüringen.
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60 Akuter Handlungsbedarf bestand bei zwei Epitaphsteinen an der ehemaligen Klosterkirche zu Stendal. Eine der Herausforderungen: die Salzaufnahme der Steine.
Stone+tec 2011 Innovationspreis Stone+more Callwey Verlag STEIN Streitfeldstraße 35 D-81673 München Postfach 800409 D-81604 München Fon +49 89/43 60 05-0 Fax +49 89/43 60 05-164 redaktion@s-stein.com www.s-stein.com
Im Rahmen der Stone+tec 2011 wurde erstmals ein Preis für innovative Produkte aus und für Naturstein verliehen. Bilder der nominierten Produkte, der Preisverleihung und der anschließenden Party unter:
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MKS® Funke GmbH
Freiraum
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Auf der Spur der Steine Architekten auf Spurensuche in Vorarlberg
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Gwäggi für Basel Sanierung des Basler Münsterhügels
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1 000 Schirme für Bayreuth Die Rolle des Steins in Bayreuths Innenstadtgestaltung
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Denkmal und Land-Art Ein begehbares Labyrinth aus Naturstein
Schleiftechnik für Profis
Systemlieferant für . . .
Wasseraufbereitung
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So steigt die Wasserqualität Die Grundregeln der Wasseraufbereitung
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Kostenfaktor Wasser Wie Wasser zur kalkulierbaren Größe wird.
Travertin
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Deutschland, deine Steine Travertin aus Deutschland
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Die Welt der Travertine Travertin: Geschichte und Geschichten
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Stone+tec 2011
Stein und Architektur
Horst Förther, der Bürgermeister der Stadt Nürnberg, hieß die Gäste herzlich willkommen und wies auf die zahlreichen Nürnberger Sehenswürdigkeiten aus Naturstein hin.
Stein hat Perspektiven »Naturstein – nachhaltig und einzigartig. Chancen und Perspektiven für die Branche« – bereits auf der Eröffnungsveranstaltung zur diesjährigen Stone+tec in Nürnberg am 22. Juni war dieses Motto von zentraler Bedeutung. Christine Ax, Philosophin, Ökonomin und Handwerksforscherin, setzte sich in ihrem Vortrag mit diesem wichtigen und durchaus spannenden Themenkomplex auseinander. Im Vordergrund standen dabei Themen wie die Ökonomie der Nähe und die Nachhaltigkeit des Handwerks. Die Stärkung der Region mit ihrem jeweiligen handwerklichen Potenzial sei dabei eine Chance, um wirtschaftliches Wachstum zu fördern. In diesem Zusammenhang plädierte Christine Ax auch
Joachim Grüter, Präsident des DNV, begrüßte die Anwesenden zur Stone+tec 2011.
für das Prinzip der Suffizienz, das – im Gegensatz zur Effizienz –, für einen schonenden und bewussten Rohstoff- bzw. Energieverbrauch steht. Weitere zentrale Themen, die die Ökonomin ansprach, waren neben dem maßvollen Umgang mit den begrenz ten Ressourcen zudem die Nachhaltigkeit des Baustoffs Naturstein. Hierbei verwies Ax auf die vom Deutschen Naturwerkstein Verband in Auftrag gegebene Nachhaltigkeitsstudie. Ihr Vortrag führte eindrücklich vor Augen, wie wichtig Stein als natürlicher, nachhaltiger Baustoff ist und welche Faszination von diesem Material ausgeht hinsichtlich seines Vorkommens und seiner Bearbeitungsmöglichkeiten – auch für einen Nicht-Profi. Sabine Werbel
Die Ökonomin Christine Ax hielt einen Vortrag zu Chancen und Perspektiven für die Branche.
Der 22. Juni stand ganz im Zeichen der Architektur mit Naturstein. Quasi als Intro zur Verleihung des Deutschen Natursteinpreises diskutierte Wolfgang Bachmann, Herausgeber der Architekturzeitschrift Baumeister, mit Architekturkritiker Peter Cachola Schmal, Architekt Dirk Bayer und Journalist Wolfgang Herles im Rahmen des 10. Baumeister Architekturquartetts an drei Beispielen den Einsatz von Naturstein in der aktuellen Architektur. Wie dieser nicht aussehen sollte, darin war sich das Quartett einig. Kollektive Kritik erregte die Gestaltung des s.Oliver Flagshipstore in der Würzburger Fußgängerzone von RKW
miss ein, um vordergründig mit der historischen Architektur vor Ort zu harmonieren. Jede Innovation gehe dabei verloren, so die einhellige Meinung. Der größte Kritikpunkt war die Diskrepanz von innen und außen: Das Gebäude verspreche von außen eine Größe und Großzügigkeit, die innen nicht eingelöst werde. Wesentlich besser schnitt das zweite Projekt, der OpernTurm in Frankfurt/Main von Christoph Mäckler Architekten ab. Der klassizistisch anmutende Hochhausturm mit einer Fassade aus portugiesischem Mocca Creme sei eine Bereicherung für die Skyline Frankfurts und füge sich harmonisch in den bauge-
Wolfgang Herles
Wolfgang Bachmann
Peter Cachola Schmal
Dirk Bayer
Architekten mit Krensheimer Muschelkalk. Als »Eine Art Angstarchitektur« bezeichnete Schmal das Gebäude. Das ursprüngliche Konzept sei unter dem Druck der Würzburger Verantwortlichen zum Negativen transformiert worden und gehe einen Kompro-
schichtlichen Kontext des Opernplatzes ein. Als »Jammern auf hohem Niveau« bezeichnete Bayer die Kritik, die sich im Wesentlichen auf den Innenraum des Gebäudes bezieht. Die Nutzer selbst hätten dem Gebäudeinneren eine schlupfwinklige Struktur auf-
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Stone+tec 2011
Die diskutierten Projekte (v. l.): s.Oliver-Flagshipstore von RKW Architekten, Würzburg; OpernTurm von Christoph Mäckler Architekten, Frankfurt/Main; Neubauten am Hambacher Schloss von Max Dudler und Team
Gewinner des Deutschen Natursteinpreises: das Team um Architekt Max Dudler (2. v. l.) mit Michael Frielinghaus, Präsident des BDA (li.) und Joachim Grüter, Präsident des DNV (re.)
gezwängt, die der äußeren Anmutung als Stadtskulptur widerspreche. Das Beste kam zum Schluss: die Gestaltung der Neubauten des Hambacher Schlosses durch den Schweizer Architekten Max Dudler überzeugte die Architekturkritiker. Dudler sei in besonderem Maße auf den historischen Kontext eingegangen, denn »das Hambacher Schloss sei ein Monument der Geschichtsklitterung«, so Herles, bestehe aus Ruinen aller Bauzeiten, die sich durchdringen. Dudler habe dies weitergedacht und eine weitere Schicht hinzugefügt, die allerdings nicht historisiert sondern zeitgemäß ergänzt. Verbindendes Element aller Bauteile ist der regionale Naturstein, mit dem Dudler den Ort fortschreibt. Die Bearbeitung setzt einerseits auf eine Materialhomogenität und betont dessen Ursprünglichkeit, schafft aber durch moderne Elemente wie die markanten
Senkrechtfugen den Sprung zu einer zeitgemäßen Architektur. Für ihren vorbildhaften Umgang mit dem Material Stein wurden Dudler und sein Team gleich im Anschluss ein weiteres Mal ausgezeichnet, diesmal in Form des Deutschen Natursteinpreises, europaweit ausgelobt vom Deutschen Naturwerkstein Verband. Sie erhielten den ersten Preis für die Gestaltung des Jacob-und Wilhelm-Grimm-Zentrums der Humboldt Universität zu Berlin. Dudler betonte, dass es ihm wichtig sei, bei seinen Entwürfen die europäische Stadt im geschichtlichen Kontext weiterzudenken, wobei einzelne historische Schichten sichtbar bleiben sollten. Diese Architekturphilosophie brachte er am Nachmittag im Rahmen des StudentDay auch Architekturstudenten nahe. Architekt Dietmar Eberle von Baumschlager Eberle, Lochau, der im Anschluss vor den Studenten refe-
rierte, stellte Nachhaltigkeit als Denksystem in den Fokus. Auf die Architektur bezogen bedeutet das für ihn, dass Gebäude wieder in längeren Zeiträumen gedacht werden müssen und nicht in einem Lebenszyklus von derzeit rund 35 Jahren. Ein Argument für dauerhafte und recyclebare Materialien wie Stein. Häuser aus Stein, so Eberle weiter, sollten den speziellen Charakter des Steines zur Geltung kommen lassen. Das Stein auch messbar ein nachhaltiges Material ist, diesen Beweis führte Rei-
ner Krug, Geschäftsführer des Deutschen Naturwerkstein Verbands, anschließend. Er stellte eine Studie des DNV vor, die Naturstein- und Glasfassaden in Bezug auf ihre Ökobilanz untersucht, wobei Naturstein positiver abschneidet. Ziel seines Vortrags sei vor allem, den Architekturstudenten zu vermitteln, dass es derartige Untersuchungen zu Stein gebe und sie damit zu ermuntern, sich mehr auf dieses Material einzulassen, so Krug. Ariane Suckfülll
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Freiraum
Basels Altstadt erhält eine Rundumerneuerung. Die Belagsflächen des Gebiets Münsterhügel werden nach und nach saniert. Zum Einsatz kommt dabei ein altes Material mit neuer Bearbeitung: der Rheinwackenstein. Von Gaetano Castiello
Gwäggi für Basel D Orthofoto mit Projektperimeter (vor Umgestaltung)
Versetzen der Wackensteine im Splittbett
ie sogenannten »Rheinwackensteine«, im Basler Volksmund »Gwäggi« genannt, prägen Basels Altstadt und besonders den Münsterplatz. Als es noch keine Stauund Kraftwerke gab, brachte der Fluss aus den Bergregionen verschiedenfarbige Kieselsteine nach Basel, die seit dem späten 14. Jahrhundert für Straßen- und Platzbeläge verwendet wur-
den. Durch die stetige Erosion im Flussbett sind diese Steine länglich und abgerundet. Sie werden im oberen Drittel gespalten und mit der gebrochenen Seite nach oben verlegt. Im 19. Jahrhundert sind die meisten Kieselwackenpflaster mit Asphalt überdeckt worden, um den Geh- und Fahrkomfort zu verbessern. Aus diesem Grund durchzog vor der Umgestal-
Der Münsterplatz vor der Umgestaltung
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Freiraum
Die Musterflächen werden von Interessenvertretern begutachtet.
tung und Erneuerung aller Leitungen eine unansehnliche Asphaltstraße den Münsterplatz.
Tradition und Innovation Der Basler Rheinwackenstein ist ein traditionelles Straßenbaumaterial, welches zu den mittelalterlichen und barocken Gebäuden der Altstadt eine selbstverständliche Berechtigung hat. Der gespaltene Wackenstein entspricht aber in der Oberflächenqualität nicht den heutigen Ansprüchen an den Geh- und Fahrkomfort. Der Verband für die Interessen der Velofahrenden (Pro Velo) oder Behindertenverbände wie beispielsweise Pro Infirmis haben hohe Qualitätsanforderungen, wenn Natursteinpflaster anstelle von Asphaltbelägen vorgesehen sind. Mit dem Ziel vor Augen, die As-
Mitglieder des Behindertenverbands Pro Infirmis testet die Musterflächen.
Die Augustinergasse vor der Umgestaltung
phaltstraße mit Wackenpflaster zu ersetzten und einen einheitlichen Belag nach historischem Vorbild zu schaffen, musste man nach innovativen Ansätzen suchen. Um den Gehund Fahrkomfort zu erhöhen, wurden die Wackensteine im Werkhof des Tiefbauamts versuchsweise auf verschiedene Arten bearbeitet, verlegt, verfugt und von den verschiedenen Interessenvertretern im Quervergleich begutachtet.
Gestaltungsprojekt Der Wackenstein ist mit der Identität des Münsterplatzes untrennbar verbunden. Farben, Textur und Beschaffenheit sind harmonisch mit dem Sandstein des Münsters und den denkmalgeschützten Fassaden im Einklang. Der Wackenstein findet im Ge-
Die Wackensteine werden gesägt.
Die Augustinergasse nach der Umgestaltung
staltungsprojekt für den Münsterhügel dank spezieller Bearbeitungsmethoden zu seiner Daseinsberechtigung zurück und wird zum bestimmenden Material. In linearen Räumen wie Rittergasse, Martinsgasse und Augustinergasse wird ein Gestaltungsmuster gewählt, welches in unterschiedlichen Teilen der Altstadt oft anzutreffen ist: Ein breites Band aus Wackensteinen begleitet die Häuserfassaden wie ein Gehsteig, während die Straßenmitte mit Asphaltbelag gestaltet wird. Eine solche Wiederverwendung gängiger
Hintergrund
Fußgängerzone Münsterhügel Das Gebiet des Projekts Münsterhügel umfasst rund 128 000 m2. Alle unterirdischen Leitungen (Gas, Wasser, elektrische Anlagen, Kanalisation, Telekommunikation) und 22 300 m2 Belagsflächen werden im Rahmen des Projekts Münsterhügel in drei Etappen erneuert. Mit der Umgestaltung wird der historischen Bedeutung des Münsterhügels vermehrt Rechnung getragen. Gleichzeitig wird die Nutzbarkeit des Münsterplatzes und dessen Attraktivität verbessert und die Sicherheit der Fußgänger erhöht. Das Gebiet Münsterhügel ist seit Beginn der Bauarbeiten 2007 als Fussgängerzone und nicht mehr als Tempo-50-Zone signalisiert. Weil deshalb Fußgänger gegenüber anderen Verkehrsteilnehmern Vortritt haben, können alle Gehsteige in den Gassen der Fußgängerzone Münsterhügel entfernt werden.
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Wasseraufbereitung
So steigt die Wasserqualität Es muss nicht immer eine neue Anlage zur Wasseraufbereitung sein. Oft lassen sich bestehende Anlagen für die steigenden Anforderungen an das Brauchwasser fitmachen. Von Wolfgang Panholzer
B Anlage zum Wasserklären unter Einsatz von Flockungsmittel
ei der Brauchwasserregeneration sind häufig noch althergebrachte Mehrkammergruben genauso Standard wie oft mehr schlecht als recht funktionierende Lamellenschrägklärer und Wassertürme. Dass es bei der Brauchwasseraufbereitung und Schlammentsorgung inzwischen nicht nur effektive Neuentwicklungen, sondern auch Möglichkeiten gibt, vorhandene Einrichtungen mit einem Minimum an Aufwand und Kosten zu optimieren, ist vor allem bei kleineren Handwerksbetrieben wenig bekannt. Grundsätzliches Ziel ist es, unter Verwendung der vorhandenen Einrichtung eine bedarfsgerechte Wasserqualität zu erreichen. Da den gängigen Klärsystemen generell einige Reinigungsleistung unterstellt werden kann, wird die vorhandene Einrichtung als Basis für den Ausbau der Anlage als erste Reinigungsstufe weiter genutzt. Durch Nachschaltung einer zweiten Stufe wird die vorhandene Einrichtung zu einer leistungsfähigen Brauchwasseraufbereitungsanlage aufgerüstet. Dies ist weit kostengünstiger als der Bau einer Neuanlage. Dies
umso mehr, wenn der Kunde bei Bedarf Reparaturen oder Sanierungsarbeiten wie die Abdichtung vorhandener Becken in Eigenleistung durchführt. Generell ist es zweckmäßig, für die Baumaßnahme einen auf Wasseraufbereitung spezialisierten Planer zu beauftragen, der selbst kein Interesse an der Lieferung der apparativen Ausrüstung hat. Dieser ist lieferantenunabhängig und erstellt neben der Verfahrensauslegung auch eine spezifische Ausschreibung, übernimmt eine fachkundige, neutrale Wertung der entsprechenden Angebote und überwacht dann die Bauausführung. Zu einer Anlagenmodernisierung sind individuell angepasste Maßnahmen erforderlich; konfektionierte Einrichtungen sind deshalb für die Optimierung einer bestehenden Anlage meist ungeeignet.
Die Brauchwasser aufbereitung Die bei der Steinbearbeitung im Brauchwasser anfallenden Feststoff-
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Wasseraufbereitung
partikel aus dem Abrieb von Werkzeugen und Steinen variieren in Menge, Größe, Form und Gewicht in Abhängigkeit von der Gesteinsart sowie der Art der Bearbeitung. Entsprechend unterschiedlich ist das Absetzverhalten: Große Partikel fallen schnell aus, bei kleinen Partikeln verlängert sich die Sedimentation extrem, Feinstpartikel bleiben häufig in Schwebe. Diese sind sichtbar als milchige Eintrübung im Wasser und zunächst problemlos. Durch die Kreislaufführung des Brauchwassers kommt es aber selbst in großzügig dimensionierten Kläreinrichtungen sukzessive zur Aufpufferung im Brauchwasser und letztlich zu einer Feststoffbelastung, die zu Schäden an den Pumpen und zu Beeinträchtigungen der Bearbeitungsqualität führen. Durch diese natürlichen, physikalisch bedingten Gegebenheiten ist eine absolute Brauchwasserreinigung ohne jegliche Zugabe von Hilfsmitteln per Sedimentation in der Praxis mit vertretbarem Kosteneinsatz kaum zu erreichen. Ziel der Aufbereitung ist die Einhaltung der erforderlichen Brauchwasserqualität – unabhängig von der jeweiligen qualitativen und quanti tativen Belastung des eingeleiteten Schmutzwassers. Eine vollständige Abscheidung der Feststoffe ist in der Praxis wirtschaftlich nur durch die Zugabe von Flockmitteln zu reichen. Bei sehr geringem Wasserumlauf und einfachen Bearbeitungsgängen wie Sägen und Schleifen ist eventuell aber auch eine Filtrationsstufe ausreichend.
üblicherweise praktizierten, ungesteuerten Flockmittelzugabe kommt es durch die zwangsläufig schwankenden Abwasserbelastungen ständig zu Über- oder Unterflockungen. Daraus resultieren bei Überflockung Schmutzausfällungen in Brauchwasser führenden Rohrleitungen, in den Druckkesseln und auf den Werkstücken. Durch die biologische Struktur der Flockmittel kann es bei einer Überdosierung und somit im Wasserkreislauf verbleibenden Restmengen ungenutzter Flockmittel darüber hinaus durch Fäulnisbildung zu unangenehmen Geruchsbelästigungen oder im direkten Kontakt mit derart belastetem Brauchwasser sogar zu Hautreizungen kommen. Unterflockungen haben eine unzureichende Wirkung mit der Folge, dass die Schmutzpartikel im Abwasser nur ungenügend abgeschieden werden und die Brauchwasserqualität absinkt. Grundsätzlich wird die erforderliche Menge an Flockmittel ausschließlich von der Abwasserbelastung, der Schmutzfracht und nicht von der Wasserumlaufmenge bestimmt. Die allgemein praktizierte Methode, die Flock-
mittelpumpe gemeinsam mit der Schmutzwasserpumpe zu steuern und das Flockmittel mengenproportional hinzuzugeben, ist also ungeeignet. Der Flockmitteleinsatz muss demnach belastungsgesteuert erfolgen. Dazu erfasst ein Messgerät kontinuierlich die Schmutzfracht und regelt die Dosierpumpe so, dass stets eine bedarfsgerechte Zugabe des Flockungsmittels erfolgt. Bei Einsatz dieses Verfahrens sind alle Bedenken gegen den Einsatz von Flockenbildnern im Brauchwasserbereich gegenstandslos. Der bedarfsgerechte Einsatz des Flockmittels garantiert nicht nur eine optimale Brauchwasseraufbereitung, sondern schließt auch ungewollte Ausfällungen im Wasserkreislauf aus. Die üblicherweise als automatisch arbeitende Systeme angebotenen Anlagen beinhalten oft nur die oben erwähnte Parallelschaltung von Schmutzwasser- und Flockmittelpumpe. Dies ist kein prozessgesteuerter Automatikbetrieb. Es empfiehlt sich für den Interessenten, eine präzise Beschreibung der Arbeitsweise der Anlage zu fordern und die Offerten der Anbieter sehr genau zu verglei-
Gestell mit Big-Bag zum Entwässern des Schlamms Schmutzwasserzulauf und Ablauf des geklärten Wassers nach Ausflocken der Feststoffe
Der Flockmitteleinsatz Die Vorbehalte gegen Flockmittel haben bei konventionellen Anlagen durchaus ihre Berechtigung. Bei der
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Freiraum
Die Welt der Travertine Tiburtinus lapis, »Tiburtinischer Stein«, der Stein aus dem heutigen Tivo li, hieß bei den Römern lapis aquae abule, und war der Stein fürs Grobe. Travertin, das war der Stein für Mauern und Platten. Vieles in Rom, um Rom und um Rom herum, wurde aus diesen weißlichen, lichtgrauen bis bräunlichen Steinen erbaut. Nicht nur in Italien gibt es Travertin, auch in Von Willy Hafner Deutschland; bei Stuttgart, auf der Alb und in Thüringen.
R
ömischer Travertin, das war nördlich der Alpen schon immer Italien pur! Ob bei Emil Fahrenkamp, Mies van der Rohe oder den jungen und alten Architekten, die mithalfen, Deutschland wieder aufzubauen. Wenn schon Stein, dann Travertin, so hieß Mitte des 20. Jahrhunderts die Devise. Und überhaupt: Mit Travertino Classico, dem Travertin aus Tivoli, baute einst die ganze Welt, so beschwören es jedenfalls noch immer die Hochglanz-Broschüren der »Marmisti« von heute. Keine KaufhausFassade, keine Schalterhalle der ört-
lichen Sparkasse, kein Einfamilienhaus, kein Blumenfenster blieb »verschont« von diesem Stein aus Bella Italia. Luxus, Wohlstand – Travertino Romano Classico, das war noch vor 30 Jahren ein Symbol für Dolce Vita, für die Sehnsucht nach Italien. Ein bisschen Sünde darf schon sein und sei es nur der Stein. Travertino Romano Classico, der Stein und die Unternehmen aus der Kleinstadt Tivoli westlich von Rom haben Naturstein-Geschichte geschrieben, haben die ganz große Karriere gemacht. Und heute? Die Travertine aus Deutschland erleben
Cannstatter Travertin Cannstatter Travertin ist ein gelblich-brauner, deutlich gebänderter, stellenweise ziemlich dichter, oft auch porös-drusiger Travertin. Die Gesamtfarbe wechselt senkrecht zur Schichtung von fast Weiß über verschiedene Zwischentöne bis hin zu Dunkelgelb-Braun. Cannstatter Travertin ist im Zusammenhang mit den Cannstatter Mineralwasser-Quellen im Quartiär, vor etwa 50 000 Jahren, entstanden. Er kommt in verschiedenen Schichten vor und wird in einem Steinbruch in Stuttgart-Bad Cannstatt abgebaut.
Block 208 am Gendarmenmarkt, Berlin Architekten: Kleihues+Kleihues Das 1996 fertiggestellte Gebäude an der Ecke Friedrich straße, Französische Straße, Behrenstraße und Charlotten straße in Berlin/Mitte wurde als eines der letzten Gebäude von Josef Paul Kleihues entwurfen. Es enthält ein Hotel, Läden, Restaurants und in den oberen Stockwerken exklusi ve Wohnungen. Das stark gegliederte Gebäude erhielt eine Fassade aus feingeschliffenem Cannstatter Travertin. Für Josef Paul Kleihues ist es eines der gelungenen Beispiele, der von ihm konzipierten »Kritischen Rekonstruktion« des Stadt bezirks Mitte der alten und neuen Hauptstadt Berlin. Natursteinarbeiten: Steinbau Lauster, Stuttgart
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Freiraum
Alexander Koch – Faszination Travertin
Thüringer Travertin Thüringer Travertin ist ein gelblicher, ockerfarbener bis bräunlicher Kalkstein, der in einem großflächigen Vorkommen in Bad Langen salza gewonnen wird. Der Kalkstein wird heute in der Hochbau- Architektur als Fassadenmaterial verwendet. Die durch lockere Schichten oder Einschlüsse gestörten, nicht zum Sägen geeigneten Blöcke werden für Massivarbeiten oder für den Garten- und Landschaftsbau sowie in der Tiefbauarchitektur genutzt.
Sächsische Landesbibliothek, Dresden Architekt: Volker Staab Die Fassade erhielt eine Bekleidung aus Thüringer Travertin. Diese besteht aus sechs Zentimeter dicken, 122 x 90 Zen timeter großen Steinplatten. Um die Fugen möglichst schmal ausführen zu können und dem Gebäude damit eine monolithische Anmutung zu verleihen, wurden um die Bohrungen für die Anker dorne halbkreisförmige Ankertaschen ausgefräst. Natursteinarbeiten: Traco GmbH, Bad Langensalza
seit 20 Jahren eine Renaissance. »You mean that yellow marble«, den gelben Marmor meinen Sie? Der Hotelportier in dem vornehmen New Yorker Hotel kann es kaum glauben, dass dieser Stein kein Marmor ist und gar aus Stuttgart kommt, aus »Good old Germany«. James Stirling sei Dank! Der Schotte in Schwaben brachte neuen Schwung für die alten Steine aus Deutschland. Er sorgte mit der Neuen Staatsgalerie für eine »neue Steinzeit«. Cannstatter Travertin und Gauinger Travertin kamen nicht nur in Stuttgart vor den grauen Beton. Und im Osten? Im Osten ging es nach der Wende (wieder) richtig los; auch mit Travertin. Mitten in der Kulturlandschaft der Deutschen Klassik liegt hier ein Travertingebiet mit einer ganz
eigenen Geschichte und (natürlich) mit viel Tradition. Thüringer Travertin, das waren einst viele Steinbrüche zwischen Weimar und Erfurt. Heute gibt es nur noch zwei Abbaustellen. Es war Gründerzeit in Deutschland, der Kaiser regierte in Berlin und er brauchte neue Steine für die neue große Stadt. In Bad Langensalza, fast vollständig aus Travertin gebaut, fand man dafür die richtigen Steine. Dort allerdings, wo der Travertin zu Hause ist, wurde und wird er unbefangen und ohne falsche Ehrfurcht genutzt. Die Protzigkeit der Neureichen in der fernen Stadt, das war und ist nicht die Sache der »Leute vom Travertin«. Mit sympathischer Bodenständigkeit wurde und wird auf eine eigenständige Steinkultur gesetzt – damals wie
Im Zuge einer Recherche für ein Projekt, bei dem ich das Ufer eines Gartens alternativ zu einer vorhandenen Betonmauer festigen sollte, bin ich auf Tuffstein gestoßen. Im Park von Feldafing entdeckte ich Reste des Pollinger Tuffs. Ein Stein mit ähnlicher Oberflächenstruktur und Farbe mit einer Frostbeständigkeit auch für den Wasserbau fand sich durch viele Versuche und einen Zufall. Travertin aus Bad Langensalza: Schon ein Foto des dortigen Bestands an Findlingsplatten brachte die Lösung. Seitdem arbeite ich besonders im Voralpenland möglichst mit Thüringer Travertin. Dieser Stein hat ähnlich dem Pollinger Tuff eine erlebnisreiche Oberfläche, lässt sich leicht verarbeiten und patiniert sehr schön. Mehrere Muster mit unterschiedlichen Oberflächen und variierenden Feuchtigkeitszuständen verdeutlichen, dass Naturstein grundsätzlich kein monotoner Stoff ist. Die Veränderung des Steins unter Witterungseinflüssen – 60 Prozent des Jahres ist das Material zudem feucht und dadurch deutlich dunkler als das staubige frische Handmuster aus der Produktion – soll als Hinweis an den künftigen Gartenbesitzer nie fehlen. Moos in den Fugen und keimende Gräser in den Kavernen sind auf der Urlaubsreise für viele ein romantischer Anblick. Mit etwas Überzeugungsarbeit und Hinweise auf diese Schönheit legt der deutsche Bauherr meist auch seine heimische Vorliebe für Ordnung und Ebenmäßigkeit ab. Die Idee dahinter lässt sich mit guten Bildern bestehender Gartendetails aus eigener Planung bestens vermitteln. Thüringer Travertin verwende ich in unterschiedlichen Formen und mit variierenden Oberflächen. Streiflichter auf diesen Mauern zeigen, was kaum ein Naturstein so beeindruckend wie-
dergibt. Die Schichten werden ohne deutliche Fuge aufeinandergeklebt. So wird die Mauer in sich perfekt gerade, hat aber dennoch eine stark bewegte Oberfläche. Alexander Koch plant gemeinsam mit seiner Frau Birgit unter dem Namen Koch+Koch Garten- und Landschaftsarchitekten in Pähl am Ammersee seit 22 Jahren ausschließlich Privatgärten.
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