Zeitschrift f체r Naturstein
Keramik Transport
Zus채tzliches Gesch채ftsfeld
August 2011
Helfer f체r mehr Sicherheit
Restaurierung
Salze reduzieren
Wege des Gedenkens
Inhalt
Nachrichten
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Drei Monate sind seit der Eröffnung der Bundesgartenschau vergangen. Ein traditioneller Anziehungspunkt ist wieder der Ausstellungsbeitrag »Grabgestaltung und Denkmal« mit mehr als 120 Grabfeldern.
Ein optisch ansprechender Materialmix ist Traum der Architekten und leider oft Albtraum der Ersteller und Nutzer. Denn manchmal werden Materialien kombiniert, die große Probleme bei Verlegung und Unterhaltsreinigung mit sich bringen.
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Steife Brise aus Stralsund Neu im BIV-Vorstand: Edwin Rumpel im Gespräch
Gut zu wissen
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Steinmensch Vom Steinmetz zum Produktdesigner
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Angesprochen Bemustern mit Referenzproben
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Sehen lernen Von Bauernhäusern und Bauernhöfen
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Vor Ort Seminar in Meißen
Gestalten 20 »Bohus-Archipel« Steinkunstgarten auf der Landes gartenschau Norderstedt
Baustelle
Das Schinden mit der Sackkarre ist Vergangenheit. Hydraulik und ein Elektromotor erleichtern den Transport schwerer Grabsteine. Auf der IHM gab es dafür den Bayerischen Staatspreis.
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Salzanreicherungen können Natursteine auf Dauer stark schädigen. Mit unterschiedlichen Methoden der Salzreduzierung lässt sich dies verhindern.
Titel: »Schriftschattengedicht«
Callwey Verlag STEIN Streitfeldstraße 35 D-81673 München Postfach 800409 D-81604 München Fon +49 89/43 60 05-0 Fax +49 89/43 60 05-164 redaktion@s-stein.com www.s-stein.com
Kein Licht ohne Schatten. Kein Schatten ohne Licht. Licht und Schatten die Einheit, das Ganze. Buchstaben, Wort und Schrift die Botschaft. Bronzebuchstaben 260 x 160 x 10 cm Claus Birkle, Ralf Erben, Rita Hayer-Ruiz, Elisabeth Klughardt entstanden im Rahmen des »Workshops Schrift« der Kunstgießerei Strassacker, Süßen
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Pflaster im Schwerlastbereich Instandsetzung der Dominikanerstraße in Krakau
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Salzreduzierung geschädigter Steine Unterschiedliche Methoden der Salzreduzierung bei Naturstein
Unternehmen & Produkte
60 Naturstein, Maschinen, Werkzeuge und mehr 3 Betreff 82 Vorschau/Impressum/ Fotonachweis
Stone+tec 2011 Innovationspreis Stone+more Im Rahmen der Stone+tec 2011 wurde erstmals ein Preis für innovative Produkte aus und für Naturstein verliehen. Bilder der nominierten Produkte, der Preisverleihung und der anschließenden Party unter:
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Friedhof
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Individuelle Grabgestaltung Gestalter präsentieren auf der Bundesgartenschau.
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Das irdische Elysium Parkfriedhöfe verbinden Gedenken und Erholung.
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Anregende Aspekte Neue Dauerausstellung auf dem Karlsruher Friedhof
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Sakrale Architektur mit Steinen vom Ort Neugestaltung einer Kirche in Lingenau
38 Schrift-Zeichen Über die Wirkung von Schrift
Keramik
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Wieder nichts gelernt? Keramik für die Innenraumgestaltung
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Materialmix: Traum oder Albtraum Was bei Materialkombinationen zu beachten ist.
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Werkzeuge für Keramik Wie Keramik schadensfrei bearbeitet wird.
Transport
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Der Selbstläufer Ein Tüftler revolutioniert die Sackkarre.
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Transportieren leicht gemacht Clevere Helfer für sicheres Arbeiten
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Friedhof
Individuelle Grabgestaltung
Die diesjährige Bundesgartenschau Koblenz steht unter dem Motto »Koblenz verwandelt«. Drei Monate sind seit der Eröffnung am 15. April vergangen und die Planer sind mit dem Zuspruch sehr zufrieden. Ein traditioneller Anziehungspunkt ist wieder der Ausstellungsbeitrag »Grabgestaltung und Denkmal« mit mehr als 120 Grabfeldern. Hier haben Steinmetzen die Möglichkeit, ihr handwerkliches Können sowie innovative Gestaltungsideen für den Friedhof von morgen zu präsentieren. STEIN hat sich umgesehen und stellt interessante Grabmale der Sonderschau sowie ihre Schöpfer vor. Von Sabine Werbel
Die mit Gold ausgezeichnete Stele mit dem Motiv »aufgebrochener Kokon« von Rainer Kuehn aus Dorsten
B
ei dieser Stele kam die Inspiration durch einen Kundenauftrag. Das Motiv – ein aufgebrochener Kokon in Verbindung mit einem Schmetterling – wird unterstützt durch den Text: ›Zu meiner Todesstunde wünsche ich mir leise einzutauchen in das Licht, von dem ich manchmal träume.‹ Die Fläche wurde aufwendig zurückgesetzt, um im Sockelbereich eine Grableuchte stehen zu lassen. Dort liegt ein aufgebrochener Schmetterlingskokon. Im Rücken der Lampe befindet sich ein Edelstahltürchen, das mir Schlossermeister Rainer Tobies, ebenfalls aus Dorsten, präzise angefertigt hat. Generell wichtig bei einem Entwurf ist immer wieder die ernsthafte Auseinandersetzung: wichtig ist, nicht dem Wunsch, sondern dem Gefühl der Kunden gerecht zu werden. Mein Entschluss, an der BUGA überhaupt teilzunehmen, wurde von der Friedhofsgärtnerei Lukassen und Breuker angestoßen, nach dem Motto: Lass uns doch mal etwas gemeinsam machen! Somit reichten wir sogar zwei Entwürfe ein und die Kollegen erstellten die Bepflanzung. Da unser Betrieb seit 2004 an keinem bundesweiten Wettbewerb teilgenommen hat, fragt man sich selbst irgendwann, ob wir mit unserer Linie noch wahrgenommen werden. Die Gartenschauen mit den Mustergrabfeldern stellen für uns Steinmetzen eine riesige Plattform dar, auf der wir uns präsentieren
dürfen. Herzlichen Dank dafür! Nachteile sehe ich daher insgesamt keine, solange ein so hohes Niveau aufrechterhalten wird. Der Friedhof bekommt insgesamt eine neue gesellschaftliche Bedeutung: Orte, die guttun, werden immer gut besucht werden. Außerdem wird sich der Friedhof wohl splitten in »Aus den Augen, aus dem Sinn« und »Wenn, dann sinnvoll«. Aber ich freue mich auf die Zeit, in der ein Friedhof uns wieder auf natürliche Art anzieht. Natürlich im Umgang mit Material und Bearbeitung, natürlich in seiner Bepflanzung, natürlich im Umgang mit dem Tod.« Material: Ocean Beige, Kalkstein Bearbeitung: Mit dem Schlageisen fein überarbeitet Maße: 150 x 40 x 20– 4 cm
Rainer Kuehn gewann auf der diesjährigen BUGA jeweils einmal Gold und Silber.
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Friedhof
Dem Verstorbenen ein würdiges Andenken bereiten »Eine Stele aus zwei verschiedenen Steinmaterialien mit komplex ausgeformten Kontaktflächen steht für zwei sich nahestehende Menschen. Das Drahtseil symbolisiert die Liebe, die die beiden Körper eng umschlingt und so eine unzertrennliche Beziehung über den Tod hinaus verdeutlicht. Ich denke, dass ein Stein schon eine gewisse Höhe braucht, um sich sichtbar
nigen »ausgezeichneten« Steinen. Gerne würde ich bei den künftigen Gartenschauen auch wieder mitwirken und der BUGA die Treue halten. Für die Zukunft würde ich mir jedoch wünschen, dass die Zusammenarbeit zwischen Steinmetzen und anderen an der BUGA Beteiligten etwas kooperativer verläuft und die gestalterische Auseinandersetzung zu den vorgegebenen Themen auf einem hohen Niveau ist.« Material: Kalkstein (unten), Travertin grobporig (oben) mit Drahtseil Bearbeitung: handwerklich bearbeitet, fein vom Hieb (oben feiner, unten gröber) Maße: 160 x 35 x 20 cm (konisch)
Alexander Kessler, Steinmetz- und Bildhauermeister aus Burkhardroth, bei der Arbeit
abzuheben und markant wirken beziehungsweise sich entfalten zu können. Daher habe ich mich auch bei diesem Grabzeichen für eine Höhe von 160 cm entschieden. Die Masse des Steins kommt somit richtig zur Geltung und der Entwurf scheint stimmig. Ein Grabzeichen sollte sich in der bewussten gestalterischen Auseinandersetzung zusammen mit den Angehörigen entwickeln. Es steht für den verstorbenen Menschen mit seiner Vita, den Lebensumständen und insbesondere seiner Persönlichkeit. All diese Eigenschaften fließen in den Gestaltungsprozess hinein, um dem Verstorbenen ein unverwechselbares Grabmal zu schaffen, was ihm über viele Jahre hinweg ein würdiges Andenken bereitet. Diese individuellen Ansätze versuchen wir mit unseren Entwürfen natürlich auch auf den Gartenschauen darzustellen, was jedoch nicht immer leicht ist. Unser Betrieb ist seit 1983 bei den Bundesgartenschauen beteiligt, ich selbst bin seit 2001 dabei – mit ei-
Das Grabzeichen »ewige Verbindung« von Alexander Kessler gewann Silber auf der BUGA in Koblenz.
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Keramik
Materialmix: Traum und Albtraum Ein optisch ansprechender Materialmix ist Traum der Architekten und leider oft Albtraum der Ersteller und Nutzer. Denn manchmal werden Materialien kombiniert, die große Probleme bei Verlegung, Zementschleierentfernung und Unterhaltsreinigung mit sich bringen. Kenntnisse der Materialeigenschaften helfen, ungeeignete Kombinationen und daraus resultierende Streitigkeiten Von Herbert Fahrenkrog zu vermeiden. Ein Überblick.
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ie Bezeichnung Keramik kommt aus dem Griechischen: »Keramos« ist das griechische Wort für Ton. Millionen Jahre vor der griechischen Sprache entstand Ton aus den Verwitterungsprodukten von Feldspäten, die mit unterschiedlichsten Beimengungen abgelagert wurden. Die Zusammensetzung des Tons, die Aufbereitung und der Brand bestimmen die Farbe des unglasierten Scherbens. Ein »Scherben« ist nicht, wie man vermuten könnte, eine heruntergefallene Fliese, sondern der Fachbegriff für gebrannten Ton bei Steingut, Steinzeug, Cotto, Spaltplatten, Feinsteinzeug usw. Keramikarten: Die einzelnen Keramikarten haben unterschiedliche Gebrauchseigenschaften, die aus der Herstellung resultieren. Steingut: Als Steingut (DIN EN 14411, Gruppe BIII, Anhang L) bezeichnet man Keramik, deren »Scherben« nach dem Brand bei ca. 950 ° - 1 100 ° C eine Wasseraufnahme von mehr als zehn Prozent aufweist. Vorteil ist die gute Bearbeitbarkeit. Steingut ist nicht frostfest und deshalb ist die Anwendung auf den Innenbereich beschränkt. Heute wird meistens direkt nach der Formgebung flüssige Glasur aufgespritzt oder mittels siebdruckähnlichen Verfahren die gewünschten Muster aufgetragen. Die typische Anwendung sind dekorative Wandbeläge in privaten Innenräumen.
Steinzeug: Im Gegensatz zum Steingut wird der Scherben bei 1150 ° – 1300 ° C gebrannt. Durch Zugabe von Feldspaten und anderen Flussmitteln werden die großen Zwischenräume mit »geschmolzenen Glaströpfchen« aufgefüllt. Dadurch erreicht man eine höhere Dichte, geringere Wasseraufnahme und bessere mechanische Festigkeit. Steinzeug ist frostbeständig. Die Herstellung durch Pressung und die Glasurverfahren sind wie bei Steingut. Fast alle Fliesen für stark beanspruchte Anwendungsbereiche wie Gewerbe- oder öffentliche Flächen sind aus Steinzeug. Transparente Glasuren oder werkseitige Oberflächenvergütungen erhöhen die Fleckunempfindlichkeit. Hier gibt es je nach Art und Ausführung große Unterschiede, zum Beispiel in der Abriebfestigkeit. Feinsteinzeug (FSZ): Ultrafeines Mineralpulver mit hohen Anteilen an Quarz, Feldspäten oder anderen Flussmitteln wird unter hohem Druck trocken gepresst. Durch die sehr dichte Sinterung wird eine äußerst geringe Wasseraufnahme erreicht. Die Brenntemperatur von rund 1200 ° C trägt zu einer sehr dichten Verbindung bei, die bei dem fertigen FSZ zu einer hohen Verschleissfestigkeit und chemischen Beständigkeit führen. FSZ-Fliesen werden in verschiedenen Ausführungen angeboten, zum Beispiel unglasiert, poliert oder glasiert. Wegen der erwähnten physikalischen Eigenschaften und des breiten Angebot an unterschiedlichsten Optiken werden FSZ-Fliesen mittlerweile in vielen Bereichen eingesetzt.
Keramik
Steinzeug
Feinsteinzeug
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Keramik
Terrakotta
Klinker
Betonwerkstein
Cotto und Terrakotta: Ursprünglich in der Toskana beheimatet hat Terrakotta auch die heimischen Wohnstuben erreicht. Durch die natürlichen, warmen Töne erfreut es sich bei Architekten und Privatleuten hoher Beliebtheit. Basismaterial ist Kalkmergel mit starken »Verunreinigungen« aus Quarzkrümeln. Man nennt dies auch »toskanischen Schieferton«. Der im Tagebau gewonnene Ton wird mit Wasser vermengt und geknetet wie ein Teig. Dieser wird dann wie beim Weihnachts-Spritzgebäck durch einen Wolf gedreht und anschließend »stranggepresst« oder auch trocken gepresst. Die raue Oberfläche wird durch Stahlbürsten nach dem Trocknungsprozess erzielt. Alternativ wird die Grundmasse auch in Holzformen gedrückt und an der Luft getrocknet. Bei einer Temperatur von 950° – 1050 ° C wird Cotto in einem Ofen 36 bis 48 Stunden gebrannt. Dabei wird aus dem blau-grauen Ton durch Oxydation der typisch rötliche Cotto. Durch die Herstellungsmethode können auch Reliefs oder Muster in den frischen »Teig« eingedrückt werden. Die südländische Einstellung zum Material Cotto ist leider in unseren Breiten nicht vorhanden. Im Ursprungsland
Patinierung hat, sollte vielleicht besser auf glasierte Keramik oder FSZ in Cotto-Optik zurückgreifen. Klinker: Zu den sogenannten »grobkeramischen“ Produkten gehören die klassischen Klinker. Bestehend aus Schamotte, Feldspäten und weiß- oder rotbrennenden Tonen (d. h. die Farbe entsteht erst durch den Brand), werden sie wie Cotto als »Teig« angerührt und im Strangpressverfahren bei 1200 ° C gebrannt. Hohe Kantenschärfe und Beständigkeit gegen Wasser und Frost lassen den Klinker zu einem idealen Boden- und Wandbelag für Außenbereiche werden. Als Vollmauersteine sind sie relativ selten anzutreffen. Meistens sind es Verblendungen, die vor ein Mauerwerk mit einem Klinkermörtel aufgeklebt werden. In bestimmten Gegenden sind Vollklinker auch als Gehwegbelag anzutreffen, allerdings meistens unglasiert. Besonderheiten bei Verlegung/Anarbeitung: Es wird allgemein empfohlen, einen vom Mörtelhersteller freigegebenen Dünn- oder Mittelbettkleber zu benutzen, der entsprechend kunststoffvergütet ist. Dickbettmörtel sind in der Regel nicht geeignet. Das Wasser aus dem Mörtel oder die
Stoffe und Bauteile müssen für den jeweiligen Verwendungszweck geeignet und aufeinander abgestimmt sein.
VOB / C DIN18299 Terrazzo
wird diese Keramik nach der Verlegung nur gefegt und mit klassischem Seifenreiniger gereinigt. Nach Jahren hat der Boden eine Patina, auf der neue Flecken nicht auffallen. In Deutschland werden oft auf diesen sonst chemisch gering belasteten Böden etliche Produkte aufgetragen. Harmlose Wachse wechseln sich ab mit in Trichlorethylen gelösten Stearinen. Imprägnierer gehören ebenso dazu wie Acrylate auf Wasser- oder Lösemittelbasis. Wer keine Zeit für die natürliche
Restfeuchte aus dem Estrich kann bei FSZ und glasierten Keramiken nur über die Fugen abdampfen. Das kann dazu führen, das der angrenzende Naturstein wesentlich länger der hochalkalischen Mörtelfeuchte ausgesetzt und das Verfärbungsrisiko stark erhöht ist. Das gilt auch für Feuchteflecken, die durch die Wanderung des Wassers wesentlich länger sichtbar sind. Zuschnitte können auf jeder Maschine gemacht werden, die auch Nero Assoluto schneiden kann; das
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Baustelle
Die Salzreduzierung geschädigter Natursteine Salzanreicherungen können Natursteine auf Dauer stark schädigen. Mit unterschiedlichen Methoden der Salz Von Boris Frohberg reduzierung lässt sich dies verhindern.
N
atursteine sind vielfältigen Belastungen ausgesetzt. Ein Problem ist in der Folge die Einlagerung und damit verbundene Ausblühung von Salzen. Als Beispiele für die Entstehung kommen Fehler in Projektion und Ausführung, physischer Verschleiß, mangelnde Erhaltung und Pflege, Luft-, Boden- und Bauwerksschadstoffe sowie unvorhergesehene Ereignisse infrage. Diese führen in Kombination mit Licht und Klima zu mechanischen Schäden wie Absprengungen, Ab- und Ausplatzungen sowie Rissbildungen und zu Schäden, die auf chemische und physikalische Vorgänge zurückzuführen sind. Hierzu zählen Verwitterung, Korrosion, Kondensation und Verunreinigungen.
Salzreduzierung bei weicheren Gesteinen Die Oberflächen von weicheren sedimentierten Natursteinen neigen bevorzugt dazu, Krusten auszubilden. Die Ursache ist die Aufnahme von Regenwasser aus der Luft beziehungsweise Feuchtigkeit aus dem Boden (Kapillaraufstieg) und die Feuchteverdunstung. Die Wirkung besteht in der Ablagerung von transportierten Stoffen an der Oberfläche oder in Hohlräumen. Das Wasser ist dabei das transportierende Element für die verschiedensten chemischen Verbindungen. Es löst Salze aus dem Boden oder aus Ablagerungen wie Schmutz oder Vogelkot, aber auch bereits im Bauwerk vorhandene Salze, beispielsweise aus zementhaltigen Baustoffen. In der Folge finden verschiedene che-
mische Reaktionen statt, die hochgradig schädigend wirken können und das optische Erscheinungsbild beeinträchtigen. Die Salzreduzierung geschädigter Steingefüge ist eine Möglichkeit, um anschließend konservatorische und restauratorische Maßnahmen wirkungsvoll durchführen zu können und die Haltbarkeit der Objekte zu verbessern. Entsalzungen sind praktisch nicht möglich und auch nicht zwingend erforderlich. Es reichen Salzreduzierungen aus, um die schädigenden Salzkonzentrationen auf ein vertretbares Maß zu reduzieren. Dieses ist von Fall zu Fall, in Abhängigkeit des Materials, des vorliegenden Schadens, der zu erhaltenden Substanz und der zu erwartenden Folgeschäden festzulegen. Im Allgemeinen sollen Salze so weit reduziert werden, dass keine erneuten Schäden durch Ablagerungen oder Ausblühungen entstehen. Voraussetzung für die Dauerhaftigkeit der Maßnahmen ist die Unterbindung der Feuchte- und Salzzufuhr. Das kann über bauliche Eingriffe wie Horizontal- und Vertikalsperren oder Temperierungen und andere Methoden erfolgen. Es gibt verschiedene Möglichkeiten zur Salzreduzierung der Natursteinbauteile. Bereits durch trockene und feuchte Reinigung (z. B. die Heißdampfreinigung) kann eine gewisse Reduzierung der Salzbelastung erreicht werden. Ein in der Restaurierung und Denkmalpflege, aufgrund der einfachen und gut steuerbaren Anwendung, weitverbreitetes Verfahren zur Reduzierung bauschädlicher
Salze in Naturstein ist die Kompressenentsalzung. Diese beruht auf dem Prinzip, Salze in Wasser zu lösen und aus dem salzbelasteten Stein in die Zellstoffkompresse zu transportieren. Der Transport von gelösten Salzen kann sowohl durch deren Eigenbewegung als auch durch die sich bewegende Flüssigkeit erfolgen. Die eingelagerten Salze lassen sich »überlisten«, sie lagern sich in der provisorisch hergestellten »neuen« Oberfläche ab. Hierfür stehen z. B. industriell hergestellte Zelluloseflocken zur Verfügung. Sie lassen sich relativ leicht in destilliertem Wasser anteigen und per Hand, aber auch maschinell auftragen. Die Zelluloseflocken dienen als Trägerma-
Schematische Darstellung von Kompressen zur
Stein
Vorzustand: Die Salze konzentrieren sich in der Oberfläche.
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Baustelle Links: Zellstoffkompressenbehandlung von mittelalterlichen Gotländer Kalksteingrabplatten in der temporären Bauhütte des Münsters zu Bad Doberan
Unten: Salzausblühungen (Salz rasen) auf Gotländer Sandstein neben Zellstoffkompresse
terial. Sie können je nach Notwendigkeit mit Füllstoffen wie Quarzsand, Bentonit oder anderen versetzt und auch mehrlagig aufgetragen werden. Hier sind die Parameter des zu behandelnden Natursteins, der Grad der Belastung und seine Positionierung ausschlaggebend. Es empfiehlt sich, entsprechende Labore und Fachkollegen zu konsultieren. An vertikalen Flächen ist vorab die Haftung zu prüfen. An Untersichten sind auf jeden Fall Hilfskonstruktionen, zum Beispiel aus Drahtgewebe und Latten, oder Gerüstteilen erforderlich. Diese können auch an senkrechten Flächen zum Einsatz kommen.
der Wirkungsweise Salzreduzierung
Stein
Vorbereitung für Kompresse: Befeuchtung, Salze gehen zum Teil in Lösung und verteilen sich.
Im Außenbereich hat das Klima einen entscheidenden Einfluss. Zur Trocknung sind Mindesttemperaturen von 10 °C einzuhalten, bei möglicher Beregnung, starker Sonneneinstrahlung oder hohen Außentemperaturen sind Schutzeinhausungen herzustellen. Eine Frostgefahr ist generell auszuschließen. Bei lufttrocknenden Kompressen ist darauf zu achten, dass diese in geschlossenen Räumen mit erhöhter Luftfeuchtigkeit (Kircheninnenräume) und entsprechender Luftfeuchtigkeit, vor allem in den Sommermonaten, einen idealen Nährboden für Schimmel- und Pilzkulturen bilden können. Diese können auch
toxisch wirken und Personen sowie andere Ausstattungsstücke nachhaltig schädigen. An demontierten Bauteilen, frei stehenden Skulpturen oder Ähnlichem können auch andere Methoden eingesetzt werden. Hier gibt es die Wasserbadanwendung, die Benebelung oder Berieselung oder den Einsatz eines gerichteten Wasserstroms mit anschließender schnell trocknender Kompresse. Bei abtrocknenden Kompressen oder bei der Anwendung
2. Lage
2. Lage
2. Lage
1. Lage
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1. Lage
Stein
Kompressenverfahren: Durch die Kompresse wirkt die Feuchtigkeit über einen länge ren Zeitraum auf den Stein ein, ein Gleichgewicht der Salze stellt sich ein.
Stein
1. Kompressenzyklus: Die Kompresse trocknet ab. Salze lagern sich in der Kompresse ein.
Stein
2. Kompressenzyklus: Die Kompresse trocknet ab. Weitere Salze lagern sich in der Kompresse ein.
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