Zeitschrift f체r Naturstein
Chefsache
Reklamationen als Chance
Gestalten
Ruhepl채tze aus Stein
Baustelle
Dreidimensionale Fassaden
Naturstein hat Zukunft
Oktober 2010 www.s-stein.com
Inhalt
Nachrichten
Jeder beklagt die mangelnde technische Qualifikation der Lehrlinge. Als Verantwortliche werden meist die Berufsschulen ausgemacht. Doch sind die tatsächlich an allem schuld? Eine Spurensuche.
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Neue Erfahrungen erweitern nicht nur den Horizont, sondern können weitere Geschäftsfelder erschließen oder die Betriebsführung optimieren. Über drei Weiterbildungen mit Abschluss für Handwerker.
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Stone+tec 2011: neue Wege Die Messe in Nürnberg positioniert sich neu.
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GaLaBau 2010 Die grüne Messe bietet auch Chancen für Natursteinunternehmen.
Gut zu wissen 10
Angesprochen Sich von der Masse abheben
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Sehen lernen Die gotische Bauplastik
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Chefsache Mit Reklamationen umgehen
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Vor Ort Natursteinseminar in Larvik
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Vor Ort Steinmetztage in Annaberg
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Mobil Unterwegs im Fichtelgebirge
Gestalten 16
100 höchst originelle Ruhegelegenheiten – von der Matratze über Stühle, Sessel und Bänke aller Art bis zur römischen Liege – waren im Spätsommer im Stadtpark von St. Gallen zu sehen. Das Außergewöhnliche daran: Alle waren sie aus Stein.
Baustelle
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64 Ob Museum oder Ministerium: Eine dreidimensionale Fassadenverkleidung aus Natursteinen ist das charakteristische Merkmal beider Neubauten und sorgt für eine effektvolle Tiefenwirkung.
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Ruhe hart Der Schweizer Bidhauerverband schuf ungewöhnliche Ruheplätze aus Stein.
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Neubau für textile Technologien Ein Bodenbelag aus Wachenzeller Dolomit für ein Technologiezentrum in Albstadt.
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Fassaden mit Tiefenwirkung Dreidimensionale Fassaden verbinden ein Museum und ein Ministerium.
Titel: Marmomacc 2010, Stand Budri S.r.l., »Monomaterialwand« aus Marmor von Architektin Patricia Urquiola, Mailand Auftakt: Sonderschau Marmomacc 2010
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Immer die sicherste Lösung Zukunft Naturstein 28
Zukunft ist … Zwei Steinmetzgenerationen im Gespräch mit STEIN
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Steingestalter Eine Beraterin über den Beruf des Steinmetzen
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Azubi gesucht Ein Steinmetzmeister über seine Erfahrungen
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Was Hänschen nicht lernt Technik in der Werkstatt: Was man heute wissen muss.
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Den Horizont erweitern Drei Weiterbildungen für Steinmetzen im Fokus
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So stimmt die Chemie Beratung für Handwerker: Was die Bauchemie bietet.
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Zweckgemeinschaft oder Dreamteam Kooperationen zwischen Architekt und Handwerker
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Seitenblicke Jede Menge Arbeit
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Nachrichten
Stone+tec 2011: neue Wege Die Stone+tec in Nürnberg positioniert sich neu. Die Messe wird, so Projektleiter Willi Vieten, eine Plattform für neue Ideen. Anlass zu Optimismus geben die aktuellen WirtVon Willy Hafner schaftsprognosen.
Im Frühjahr 2010 ist Deutschlands Bruttoinlandsprodukt um 2,2 % im Vergleich zum vorhergehenden Quartal gewachsen und liegt in Europa mit weitem Abstand an der Spitze. Die Stone+tec Nürnberg 2011, Internationale Fachmesse für Naturstein und Natursteinbearbeitung, die vom 22. bis 25. Juni 2011 im Messezentrum
Nürnberg stattfindet, ist, davon ist man in Nürnberg überzeugt, perfekt positioniert für den Aufschwung auf dem Markt für Bau und Restaurierung. »Wir sind sehr zufrieden mit dem derzeitigen Anmeldestand zur Stone+tec Nürnberg 2011«, so Elke Harreiß, Projektreferentin der Stone+tec bei der NürnbergMesse. Gerade auch die Zahl von Anmeldungen ausländischer Unternehmen stimmt zuversichtlich. Wer sich seine Messebeteiligung rechtzeitig sichert, profitiert: Aussteller, die sich bis zum 15. Oktober 2010 anmelden, kommen in den Genuss des Frühbuchervorteils und werden mit einer bevorzugten Platzierung bedient. Schwerpunkte auf der Stone+tec Nürnberg 2011 Neben Naturstein in all seiner Vielfalt ist die Fokussierung auf Technologie traditionell einer der wichtigsten Aspekte der Stone+tec. Der Peter-ParlerPreis wird auch 2011 wieder vor Augen führen, was das Steinmetzhandwerk für die Erhaltung von Kulturgut leistet. Ausgezeichnet werden beispielhafte qualitativ hochwertige Arbeiten von Steinmetzen an Denkmalpflegeobjekten aus Naturwerkstein unter den Aspekten Konservierung, handwerkli-
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che Restaurierung, Kreativität und Materialgefühl. Der Deutsche Naturstein-Preis wird ab 2011 europaweit ausgeschrieben. Dahinter verbirgt sich ein Wechsel der Wahrnehmung, um den mit 30 000 EUR dotierten Preis auf herausragende Bauten, Platz- und Freiraumgestaltungen in ganz Europa auszuweiten. Das Baumeister Architektur Quartett ist ein etabliertes Format, bei dem ein Architekt, ein Architekturkritiker, ein architekturinteressierter prominenter Laie und Wolfgang Bachmann, Chefredakteur der Calley-Architekturfachzeitschrift Baumeister, Schlüsselthemen zeitgenössischer Architektur erörtern. Nachhaltigkeit in der Architektur ist dabei immer ein zentrales Thema. Auf der Stone+tec 2011 werden drei relevante Natursteingebäude von bekannten Architekten und Kritikern ins Visier genommen: spannende Diskussionen und Inspirationen garantiert. Beim Student Day wird die Nachhaltigkeit in der Architektur erneut aufgegriffen. Grundlage dieser Veranstaltung ist die vom Deutschen Naturwerkstein-Verband veröffentlichte Studie »Ökobilanz Naturstein« und die Fassadenkonstruktion des 170 m hohen OpernTurms des Architekten Christoph Mäckler in Frankfurt am Main. Für Studenten ausgewählter Hochschulen, die sich speziell mit Stein in der Architektur beschäftigen, wird dieses Event in Kooperation mit Professoren und Dozenten als Bestandteil des Vorlesungsprogramms geplant. Zur Stone+tec 2011 wird erstmalig ein Preis für innovative und qualitätvolle Produkte verliehen, die für die Anwendung von Naturstein und Keramik
von Bedeutung sind, aber auch neue Anwendungsmöglichkeiten erschließen. Teilnahmeberechtigt sind Industrieunternehmen und Handwerksbetriebe sowie Architekten, Innenarchitekten, Entwickler, Designer und Dienstleister, die in diesem Bereich tätig sind. Neuer Partner Der Fachverband Fliesen und Naturstein im Zentralverband des Deutschen Baugewerbes als zusätzlicher ideeller Träger der Stone+tec vertritt die schon seit Jahren wichtige Besucherzielgruppe der Fliesenfachbetriebe.
Gemeinsam mit den langjährigen ideellen Trägern, dem Deutschen Naturwerkstein-Verband, dem Bundesverband Deutscher Steinmetze, der Fachabteilung Natursteinmaschinen im Fachverband Bauund Baustoffmaschinen des VDMA, der Fachgruppe Diamantsägen und Diamantbohrer im Verband Deutscher Schleifmittelwerke sowie weiterer Verbände der Natursteinwirtschaft, sollen der Branche und ihren Kunden neue Wege aufgezeigt werden, wie die Attraktivität und der Marktanteil von Naturstein erhöht werden können.
Bestattungsrecht im Überblick Was haben Hinterbliebene bei einem Trauerfall zu tun? Auf welche Regelungen der Bestattungsgesetze müssen sie achten? Da jedes Bundesland sein eigenes Bestattungsgesetz hat, kann es zu jeder einzelnen Frage 16 unterschiedliche Antworten geben. »Eine Harmonisierung der Gesetze ist leider nicht in Sicht«, bemängelt Hermann Weber, der Vorsitzende von Aeternitas e. V. Die Bürger fühlen sich oft überfordert: Was ist zum Beispiel zu beachten, wenn der Verstorbene in einem anderen Bundesland bestattet werden möchte? Aeternitas hat die 26 wichtigsten Fragen aufgegriffen und zeigt die Regelungen aller Bundesländer unter www.aeter-
nitas.de im Bereich »Bestattungsrecht«. Eine Tabelle macht den Vergleich untereinander möglich. Als Ergänzung wird auf die Fundstellen im Gesetz verwiesen. Ein Glossar erläutert, was sich hinter den Fachausdrücken verbirgt. Aeternitas gibt aber nicht nur Auskünfte. Mit einem Mausklick können die Bürger zu jeder Regelung ihre Zustimmung oder Ablehnung kundtun. Aeternitas hält Kontakt zu den zuständigen Landes- und Kommunalpolitikern, um ihnen die Einstellungen und Erwartungen der Bürger zu übermitteln. Im Netz
mehr Info
www.aeternitas.de
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Nachrichten
»Sterne des Handwerks« Die Aktion Modernes Handwerk e. V. (AMH) startet in diesem Jahr erneut den Wettbewerb »Sterne des Handwerks«. Bei dem bundesweiten Wettbewerb sucht die AMH gemeinsam mit Experten aus Marketing und Design erneut die besten und kreativsten Beschriftungen von Handwerkerfahrzeugen. Vom 1. Oktober bis 15. Dezember können sich alle Handwerksbetriebe mit Fotos oder Neuentwürfen Ihres Firmenfahrzeugs auf der Website www.sterne-des-handwerks.de um den Preis bewerben. Für das Gewinnerfahrzeug stehen zwei Preise bereit: Der Siegerhandwerker erhält einen neuen MercedesBenz Vito, inklusive Fahrzeugbeklebung und Versicherungsschutz. Außerdem wartet auf den beteiligten Designer ein Geldpreis in Höhe von 2 500 Euro. Die Preisverleihung findet im März 2011 auf der Internationalen Handwerksmesse in München statt. Zusätzlich dazu hat jeder Handwerksbetrieb die Möglichkeit, sich kostenlos ein Werbemittelpaket der bundesweiten Imagekampagne zu
Auch in diesem Jahr werden wieder kreative Fahrzeugbeschriftungen gesucht.
sichern. Wer das will, muss lediglich ein Foto von seinem Fahrzeug mit einem gut sichtbaren Aufkleber der Imagekampagne machen und anschließend per E-Mail an info@sternedes-handwerks.de schicken.
Im Netz
mehr zum Wettbewerb
www.sterne-des-handwerks.de
Fotos dürfen ins Netz Ein Handwerker, der bei Arbeiten in einer Wohnung Fotos gemacht hat, darf diese auch ohne Einwilligung des Bewohners zu Werbezwecken ins Internet stellen, wenn kein Rückschluss auf die Person des Bewohners möglich ist. Ein Handwerker hatte in einer Wohnung Sanitärarbeiten ausgeführt. Während er das Bad sanierte, fertigte er Fotos der Arbeiten des Badezimmers an. Auch als das Badezimmer fertig gestellt worden war, fotografierte er das Bad erneut. Einige der Fotos stellte der Handwerker auf seine Firmen-Homepage, als Referenzobjekt für von ihm durchgeführte Sanitärarbeiten, wobei Name und Anschrift der Bewohnerin nicht genannt wurden. Das Einverständnis der Bewohnerin hatte der Handwerker nicht eingeholt. Die Bewohnerin verlangt 2 000 Euro Schadensersatz. Das Arbeitsgericht Donaueschingen gibt dem Handwerker Recht. Er hat das Persönlichkeitsrecht der Bewoh-
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nerin nicht verletzt, da sich aus den Bildern keine Rückschlüsse darauf ziehen ließen, wessen Wohnung auf den Bildern zu sehen ist. Da es sich bei den Bildern um ein »beliebiges Badezimmer« handeln könne, liegt kein Eingriff in die Privat- oder Intimsphäre vor. Urheberrechtliche Ansprüche der Bewohnerin bestehen ebenfalls nicht, weil es sich bei dem Badezimmer nicht um ein urheberrechtlich geschütztes Werk handelt. Alltagsbauten, die lediglich bekannte architektonische Formen wiederholen und sich nicht aus der Masse des alltäglichen Bauens abheben, die also rein handwerkliche planerische Routineleistungen darstellen, sind als reine Zweckbauten ohne künstlerischen Anspruch nicht geschützt.
(AG Donaueschingen, Urteil v. 10.6.2010, 11 C 81/10) Quelle: www.haufe.de
Angesprochen
Primus inter pares Wer nicht einer unter vielen sein will, muss seine Alleinstellungsmerkmale Von Detlev Hill hervorheben.
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er Begriff des »primus inter pares« stammt aus dem politischen Vokabular des Römischen Reiches. Er stellte Kaiser Augustus als »Ersten unter Gleichen« heraus. Vordergründig ein Sieg der res publica, die als Staatsgebilde ihre archaische Kraft wieder zu erlangen schien, doch letztendlich wiederum eine Vorrangstellung und Machtkonzentration auf eine Person. Dieser Begriff, zum Teil auch in abgewandelten Ausprägungen, hat bis in die heutige Zeit überdauert. Er stellt ein Mitglied einer Gruppe besonders heraus. Auch Handwerksbetriebe des Baugewerbes sind Mitglieder einer anonymen Gruppe. Sie werden unter gewerkespezifischen Sammelbezeichnungen wie Schreiner, Dachdecker oder Steinmetz zusammengefasst. Man nimmt sie gelegentlich wahr, doch diese Bau-Handwerker braucht man nicht jeden Tag – wie beispielsweise den Bäcker. Wenn man letztendlich dann doch einmal einen BauHandwerker braucht, wird die Auswahl schwierig. Wen soll man mit der Bauaufgabe be-
Das war bisher S01 Planen mit Naturstein S02 Der Umgang mit den Kunden S03 Handelsbezeichnungen von Naturstein S04 Farbschwankungen als Besonderheit S05 Die Macht des Kunden S06 Die Gedankenwelt des mündigen Kunden S07 Sortimentspolitik S08 Was Qualität kostet S09 Naturstein weltweit S10 Erfolgreich werben
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trauen? Es geht bei Bauarbeiten meist um größere Summen, zudem haben die Ausführungen in der Regel eine hohe Lebensdauer. Wer in dieser Situation lediglich kurzfristig über den Preis entscheidet, kann sich gegebenenfalls langfristig über seine Fehlentscheidung ärgern. Die anonyme Masse Wie gern hätte so mancher Kunde einen »primus inter pares«, der aus der anonymen Masse herausragt, Man wäre wohl auch bereit, etwas mehr zu zahlen, wenn man denn wüsste, dass man den »Ersten« für die eigene Bauaufgabe gewinnen konnte, doch Fehlanzeige: Die Masse bleibt anonym. Dabei wäre es gerade als Handwerker einfach, sich regional aus der anonymen Masse herauszuheben. Warum? Weil diese in Bezug auf die Selbstdarstellung träge ist. Wer sich hier als Einzelner bewegt, wird
wahrgenommen. Wahrnehmung beruht auf Unterschied. Stellen Sie sich vor, Sie würden sich mit einer Taschenlampe in das Lichtermeer von Las Vegas stellen, um Aufmerksamkeit zu erwecken. Ihre Batterien wären wohl verbraucht, bevor man Sie bemerkt hätte. Würden Sie mit dieser Taschenlampe in dunkler Nacht vom Meer aus eine Hafenstadt anleuchten, hätte dies eine ungleich höhere Wirkung in Bezug auf die erzeugte Aufmerksamkeit. In beiden Fällen ist das Werkzeug das gleiche. Der höhere Grad der Aufmerksamkeit bedingt keine zusätzlichen Kosten. Es entsteht kein Mehraufwand. Die gesteigerte Wirkung entsteht letztendlich nur dadurch, dass die Anwendung des Hilfsmittels in einer anderen Umgebung erfolgte. Ebenso verhält es sich mit der Wahrnehmung eines Handwerksbetriebs. Würden Sie morgens in der Zeitung, im
Fernseher oder im Radio sofort mit Handwerkerwerbung überflutet, alle Plakatwände auf dem Weg zur Arbeit wären mit Handwerkerwerbung bestückt und neunzig Prozent des Posteingangs bestünde aus Handwerkerwerbung, dann würden Sie die einzelnen Profile der Anbieter sicherlich nach einigen Tagen überhaupt nicht mehr wahrnehmen. Doch Werbeaktivitäten von Handwerksunternehmen sind wie das einzelne Licht in der Dunkelheit. Man sieht sie sehr selten. Wer hier aktiv wird, kann sich mit relativ wenig Aufwand von der anonymen Masse abheben, da hier noch keine Reizüberflutung vorliegt. Man sollte sich nur im Klaren sein, dass nur »steter Tropfen den Stein höhlt«. Werbemaßnahmen sind keine »Eintagsfliegen«. Sie zeigen letztendlich nur Wirkung, wenn man sie langfristig betreibt. Dies muss dennoch nicht mit
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Angesprochen
Wer Erfolg haben will, muss sich von der anonymen Masse abheben.
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Autor Detlev Hill ist Inhaber des Informationsdienstes Naturstein und im Bereich der Produktentwicklung und Verkaufsförderung tätig. In STEIN beantwortet er unterschiedliche Fragen des Naturstein-Marketings. Neben seiner Tätigkeit als Berater ist Hill Fachautor und Referent zahlreicher Natursteinseminare.
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großem Aufwand verbunden sein. Sie können auch auf Sparflamme kochen. Nur lassen Sie das »Feuer« nie ausgehen. Seien Sie kreativ, positionieren Sie sich dort, wo Sie auffallen. Gehen Sie nicht die gleichen Wege, die Dutzende von Mitbewerbern bereits gegangen sind. Nur dann erwecken Sie Auf-
merksamkeit. Immer wieder ist zu hören: »Wir liefern gute Arbeit, dann werden wir von unseren Kunden weiterempfohlen. Die persönliche Empfehlung ist die beste Werbung.« Stimmt. Diese Aussage ist eindeutig richtig. Doch Bauausführungen gehören für den Privatkunden nicht zum Tagesgeschäft. Wenn eine längere Zeit verstrichen ist, dann verblasst die Erinnerung an den Handwerker und nicht alle Baumaßnahmen sind von anhaltender Euphorie begleitet. Sie sollten sich in diesem Zusammenhang letztendlich die Frage stellen, ob die auf persönliche Empfehlung zurückzuführenden Aufträge eine Vollauslastung des Unternehmens ermöglichen. Oder müssen Sie sich dennoch ständig an Ausschreibungen beteiligen, um einen möglichst hohen Grad der Auslastung zu erreichen? Sicherlich ist die persönliche Empfehlung die beste Möglichkeit, Aufträge mit einträglichen Margen zu akquirieren. Werden über diese Empfehlungen jedoch nicht hundert Prozent des Umsatzes getätigt, dann sollte man sich um die zweitbeste Form der Auftragsbeschaffung bemühen. Es sei denn, Sie erzielen mit Ausschreibungen fantastische Gewinnmargen. Und wann schalten Sie Ihr Licht an?
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Zukunft Naturstein
Zukunft ist … Wie muss ein Steinmetzbetrieb heute aussehen, um eine Zukunft zu haben? Braucht es die Innung noch? Diese und weitere Fragen diskutierte STEIN mit Vertretern der Branche und BundesVon Ariane Suckfüll und Richard Watzke innungsmeister Gustav Treulieb.
STEIN: Ihre Tätigkeitsschwerpunkte liegen in unterschiedlichen Bereichen, einer arbeitet in der Stadt, die anderen auf dem Land; verbindend ist, dass die nächste Generation den Betrieb übernimmt. Ist diese Runde, in der wir jetzt zusammensitzen, denn repräsentativ für die Branche? Gustav Treulieb: Gut, wir in dieser Runde sehen ja schon, dass die Jungen vieles anders machen – und das ist auch richtig so, jeder muss da seinen eigenen Weg finden. Auch innerhalb der Branche gibt es große Unterschiede. Wenn ich den Raum Stuttgart betrachte, so stelle ich eine starke Überalterung der Betriebe fest. Man kann davon ausgehen, dass nur etwa die Hälfte einen Nachfolger hat. Und einen Betrieb zu veräußern
Eduard Schnell (links) führt einen Steinmetzbetrieb in vierter Generation in Fridingen mit dem Schwerpunkt Denkmalpflege, jetzt wieder vermehrt Friedhofsgestaltung.
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wird immer schwieriger. Das heißt, halte ich es für sehr bedenklich, wenn dass viele Betriebe in ein paar Jahren er von einem Produkt, meistens dann aufgegeben werden. Wie sieht das in noch von zwei, drei Auftraggebern eurer Region aus? abhängig ist. Eine breitere Aufstellung Jörg Failmezger: Ich stelle derzeit ist schon sinnvoll. Vielleicht geht es vor allem einen Generationenwechsel vor allem darum, sich zu überlegen: fest, also häufig tatsächlich wie die Was kann ich dazu beitragen, mein Konstellation in unserer Runde. Produkt so zu verändern, das es wirkEduard Schnell: In meinem Umkreis lich einmalig wird und nur bei mir so stelle ich auch fest, dass viele Betriebe »Ich wende mich derzeit wieder übernommen werverstärkt der Friedhofsgestaltung zu, den. Und man spürt, ein spannender Bereich im Hinblick dass die Nachfolger erstmal dabei sind, auf den gesellschaftlichen Wandel. sich zu orientieren. Da sollten wir den Anschluss nicht Oftmals sind das eheEduard Schnell verpassen.« malige kleine Grabmalbetriebe, die jetzt versuchen, neue Wege zu gehen, sei erhältlich ist? Das muss eigentlich das es am Bau oder in der Denkmalpflege. Ziel sein. Diese Umorientierung klappt mal STEIN: Nun haben Sie hier alle den mehr, mal weniger gut. Aber es kris- Vorteil, dass Sie Betriebe übernomtallisieren sich doch einige Betriebe men haben, die gut aufgestellt sind heraus, denen es so gut gelingt, dass und seit längerem einen Namen sie sicher am Markt bestehen können. haben. Kann sich heute ein Steinmetz STEIN: Wir stehen also vor der Situa- selbstständig machen, der nichts als tion, dass die Nachfrage nach Stein da den Willen und Engagement mitist – deswegen auch die Umorientie- bringt? rung vieler Betriebe. Andererseits Gustav Treulieb: Ich kenne solche dünnt sich die Zahl der Handwerksbe- Betriebe, die vor ein paar Jahren antriebe aus. Ist es vor diesem Hinter- gefangen haben und sich mit teilgrund sinnvoll, sich zu sehr zu spezia- weise recht beschränkten Möglichkeilisieren? Oder besteht die Gefahr, dass ten durchkämpfen, was die techniKunden zu branchenfremden Anbie- sche Ausstattung anbelangt. Und tern abwandern, wenn der Steinmetz, trotzdem finden sie ihren Weg. der eine bestimmte Leistung bietet, zu STEIN: Wie sieht der aus? weit weg ist? Gustav Treulieb: Im Moment ist das Gustav Treulieb: Eine gute Frage … sicher der gestaltende Bereich. Am ich denke, wenn sich jemand speziali- Bau geht es ohne Maschinenausrüssieren möchte, muss er das im großen tung nicht. Stil machen. Bei einem kleinen Betrieb STEIN: Stichwort Gestaltung: Wie
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Zwei Generationen, viele Themen: Vertreter der Branche am runden Tisch
Jörg Failmezger hat einen traditioneller Betrieb in Pleidelsheim vom Vater übernommen, er ist engagiert in Kunst am Bau, kirchlichen Aufträgen und hauptsächlich im Grabmalsegment.
sieht es damit in Deutschland aus, wie sehen Sie die gestalterische Qualität? Till Failmezger: Gestaltung, das ist so ein Begriff … ich denke, sobald man anfängt zu denken und zu handeln, ist ein minimales Gestaltungsprinzip da. Für uns beginnt Gestaltung da, wo eine eigene Formensprache entwickelt wird, mit der man in der Lage ist, ein wirkliches Werk zu schaffen. Tobias Treulieb: Das kann ich unterstreichen. Gestaltung ist ja nicht einfach da, es gibt vielleicht ein gewisses Potenzial. Im Grunde erfolgt dieser Prozess aber immer wieder neu, wenn
dings sehr stark die Industrie dahinter. Ich denke, in dieser Größenordnung kann das bei uns gar nicht funktionieren, weil wir die Produktionsstätten nicht haben. Aber natürlich müssen auch wir unsere Sprache finden. Auf Dauer hilft es uns allen nicht, wenn wir nur zukaufen. Im Handwerksbereich funktioniert das schon im Kleinen. Aber wir müssten auch im Ganzen mal etwas auf die Beine stellen, zum Beispiel auf der Stone+tec. Eduard Schnell: Kompetenz ist schon da. Vielleicht leben wir aber auch in einem Zeitalter der ständigen Visualisie»Der Werkstoff Stein liegt uns rung von Möglichim Blut, er prägt gewissermaßen keiten. Ich stelle mir unser Temperament.« immer die Frage: Jörg Failmezger Was von dem, das auf der Messe ausbeispielsweise ein Kunde vor einem gestellt wird, wird tatsächlich realisteht, der ein persönliches Grabmal siert? Auf der anderen Seite gibt es wünscht. schon Architekten, die mit dem WerkGustav Treulieb: Was Gestaltung stoff Naturstein planen und fähige und Architektur betrifft, ist für mich Handwerker suchen, die die Formenimmer wieder Verona ein Maßstab. sprache des Architekten verstehen Ich bin jedes Mal begeistert, wenn ich und umsetzen. Eine große Chance, die Ausstellung sehe. Da steht aller- die wir nutzen sollten, liegt in der Ko-
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operation mit Architekten oder Landschaftsarchitekten. Eins zu eins von Verona übernehmen können wir da nichts. Gustav Treulieb: Ich finde, es gibt aber immer wieder Anregungen. Ich muss mir dann eben überlegen, wo ich die gezeigten Oberflächen in meinem Bereich einsetzen kann. Eduard Schnell: Ich denke allerdings, dass man auch nicht jedem Trend nachlaufen muss. Da hat das Handwerk doch eher statischen Charakter. Jörg Failmezger: Worauf es meiner Meinung nach immer ankommt, ist gute Gestaltung, egal in welchem Bereich unseres Handwerks, ob am Bau oder am Friedhof. Hier bekommt man allerdings viel zu wenig Anregungen, da muss ich auch an den Fachzeitschriften Kritik üben. STEIN: Woran liegt das, dass man so wenig gute Gestaltung sieht? Gibt die Ausbildung nicht das nötige Rüstzeug? Jörg Failmezger: Ich glaube, es liegt an vielen Faktoren. An der Ausbildung, an dem, was wir in der Architektur sehen, in Printmedien. Man findet wenig Authentisches, aber viel
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Zukunft Naturstein
Kitsch. Da wird man einfach geprägt, da sollte erzieherisch was passieren. STEIN: Gestalten ist aber nur ein Teil der Arbeit mit Stein. Was gehört zu einem funktionierenden Betrieb heute dazu? Tobias Treulieb: Früh aufstehen und viel arbeiten. Ganz klar, das ist ein anstrengender Beruf. Man kann sich aber viele Freiheiten auch erarbeiten. Natürlich sind viele Aufträge nichts
Philipp Schnell (rechts) hat ein Jahr die Schule in Laas besucht und seine Meisterausbildung in München gemacht. Er arbeitet jetzt im heimischen Betrieb.
Besonderes, man kann sich nicht immer gestalterisch austoben. STEIN: Also Mischkalkulation? Die Masse gibt mir den Freiraum für das Besondere? Tobias Treulieb: Ja, man kann nicht nur Herausragendes schaffen. Wenn jemand in dieser Position ist, hat er ganz viel Glück gehabt. Es würde mich interessieren, so jemanden zu treffen. Vielleicht hat man das als frei schaffender Bildhauer, aber das ist eine ganz andere Herangehensweise. Till Failmezger: Hier kommt in einem Betrieb die Teamarbeit zum Tragen. Ich als der Kreative bin ja nicht unbedingt der, der ein Objekt dann auch versetzt. Das sind ja unterschiedliche Prozesse: die geistige Arbeit, das Entwerfen und das Ausführen eines Entwurfs bis hin zum Versetzen. In einem Betrieb kann man jeden seinen Fähi-
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geiten gemäß einsetzen, natürlich muss er sein Handwerk beherschen. Gustav Treulieb: Den Trend zum gestaltenden Handwerk stelle ich auch im Großen fest. ich denke da an einige Fassaden in Berlin. Hier ist man komplett weg von der üblichen Polierung und hin zu einer steinmetzmäßigen Bearbeitung. Das an sich ist natürlich nicht gleich kreativ. Dazu gehört die grundsätzliche Überlegung,
vielen Betrieben gut damit, Fertigoder Halbfertigprodukte zu kaufen und sich als Dienstleister zu positionieren, vor allem auf dem Friedhof. Das wird langfristig nicht mehr funktionieren, nach dem Motto »ich habe mein Monopol am Friedhof«. Was aber eine Chance bietet, ist der kreative Bereich – wobei wir schon wieder beim Thema »Gestaltung« sind. STEIN: Das Grabmal also als kreatives Nischenprodukt? Gustav Treulieb: Ja. STEIN: Der Steinmetz hat sein Monopol verloren, konkurriert vielfach mit anderen Gewerken. Sind Kooperationen eine Chance? Gustav Treulieb: Schwierig, wenn dann nur, wenn beide Partner auf einem Niveau sind. Nach dem Motto »einer produziert, der andere verkauft« halte ich es nicht mehr für einen gangbaren Weg. STEIN: Und im Hinblick auf Maschinen? Einer hat den Kantenautomaten, der andere die CNC-Maschine zum Beispiel. Till Failmezger: Auch nicht so einfach. Da stößt man schon auf logisti-
»Ich wollte eigentlich schon als Kind Steinmetz werden. Die Frage nach einem anderen Beruf hat sich für mich nie gestellt.« Philipp Schnell
welche Fuktion eine Fassade als Hülle eines Gebäudes überhaupt hat. STEIN: Abgesehen von den ganz Großen: Welche Betriebe haben in Zukunft eine Chance? Jörg Failmezger: Sehr unterschiedlich, je nachdem welche Auftraggeber wir in Zukunft haben. Beispiel Architekten: Wenn es Architekten gibt, die mit dem Material gestalten wollen, geht es auch uns gut. Ich mache mir eigentlich keine Sorgen um unsere Zukunft, selbst wenn ich den Einsatz anderer Werrkstoffe wie Glas und Beton sehe. Naturstein war schon immer ein Material, mit dem Menschen gebaut haben – und wird es auch bleiben. Gustav Treulieb: Jahrelang ging es
sche Probleme. Naturstein ist eben nun mal kein Material, dass man so ohne Weiteres in der Gegend herumfahren kann. Wenn ich nicht die nötigen Mittel habe, sollte ich einen Auftrag einfach nicht annehmen. Eduard Schnell: Bei Massivteilen für den Bau funktioniert das schon eher. Trotzdem bleibt es immer schwierig, etwas aus der Hand zu geben. Tobias Treulieb: Ich glaube, etwas aus der Hand geben zu können, setzt auch eine betriebswirtschaftliche Kompetenz voraus. Ich muss richtig kalkulieren können, um überhaupt abzuschätzen, wann mir eine Kooperation wirklich etwas bringt. STEIN: Oder ich verweise gleich an
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Zukunft Naturstein
»Ich sehe in meinem Beruf als Bildhauer Zukunft, hier habe ich die Freiheit, die ich mir wünsche.« Till Failmezger
einen Kollegen, der die Mittel hat, und bekomme eine Vermittlungsprovision. Warum wird so etwas in der Steinmetzbranche so selten praktiziert? Tobias Treulieb: Ich denke, das hat etwas mit unserem Berufsethos zu tun. Wir sind Handwerker, das heißt auch, dass uns ein kollegiales Gefühl verbindet. Ich kann mir schwer vorstellen, an einen Kollegen zu empfehlen, zu dem ich Vertrauen habe, und dann dafür Geld von ihm zu nehmen. Gustav Treulieb: Andererseits ist es auch immer schwer, zu sagen: Ich kann das nicht. Man will ja keinen Kunden verlieren, gerade in einer schrumpfenden Branche. STEIN: Man gewinnt aber den Eindruck, dass die Branche nur partiell schrumpft. Wer bricht weg, nur die Grabmalbetriebe? Gustav Treulieb: Betriebe, die sich nicht verändern, die nicht investieren. Weder in Kopfarbeit noch in Ausstattung. Eduard Schnell: Vielfach sind das Betriebe, die keine Nachfolger haben.
Die also meinen, die fünf Jahre, die ich noch habe, werde ich noch so über die Runden kommen. STEIN: Stichwort »Nachfolge«. Wie sieht es da im Steinmetzhandwerk aus? Wer interessiert sich für diesen Beruf, wenn er keinen elterlichen Betrieb hat? Gustav Treulieb: Wenn ich die Auszubildenden so betrachte, muss ich leider feststellen, dass wir uns zu rund einem Drittel auf einem sehr niedrigen Niveau bewegen. Da sind Leute dabei, für die ich wenig Chancen sehe, die vermutlich nach der Ausbildung direkt in die Arbeitslosigkeit gehen. Tobias Treulieb: Da ist aber auch immer die Frage, wo die Lehrlinge ausgebildet werden und was sie dort mitbekommen. Wenn jemand drei Jahre nur am Schleifautomaten steht, ist für mich klar, dass er keine Motivation mehr hat. Jörg Failmezger: Ich finde, gerade für einen kleinen Betrieb sind die Mitarbeiter das wichtigste Potenzial, das man hat. Motivation ist dabei Voraus-
Till Failmezger hat seine Meisterausbildung in München gemacht und arbeitet seit fünf Jahren im heimischen Betrieb.
setzung, und zwar an jeder Stelle, an der man eingesetzt wird. Das ist vielleicht auch der Vorzug eines kleinen Betriebes, dass die Aufgaben ständig wechseln. Leider sind viele Bewerber oft nicht ausbildungsfähig. STEIN: Wie sind die Erfahrungen der anderen? Gustav Treulieb: Meine Erfahrung ist, dass es den Bewerbern vor allem an Sozialkompetenz fehlt. Da kann
»Ich glaube unser Beruf hat durchaus Chancen, wir sehen sie nur oft nicht. Dafür müssen wir die ganze Vielfalt unseres Handwerks nutzen. Das ist nicht immer einfach, aber ich finde es spannend.« Gustav Treulieb
Gustav Treulieb führt einen Betrieb in Stuttgart in der dritten Generation; Tätigkeitsfelder sind Bau, Friedhof, Restaurierung, Schwerpunkt Massivarbeiten.
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man den jungen Leuten auch nicht den alleinigen Vorwurf machen, das ist auch die Gesellschaft, in der sie leben und mit der sie zurechtkommen müssen. In den vergangenen Jahrzehnten wurde allerdings ohnehin über Bedarf ausgebildet. Eduard Schnell: Wenn man in einen Lehrling investiert und in gut ausbilden will, macht das nur Sinn, wenn er dem Handwerk auch erhalten bleibt –
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sei es, dass der Ausbildungsbetrieb ihn übernehmen kann oder er in der Lage ist, selbstständig zu arbeiten. Außer jemand betrachtet die Lehre als Sprungbrett für ein Studium oder Ähnliches. Hier sind die Betriebe gefordert, den jungen Leuten Perspektiven aufzuzeigen. STEIN: Derzeit mangelt es aber doch eher an fähigen Interessenten. Was kann man tun für kompetenten Nachwuchs? Till Failmezger: Es gibt durchaus Bewerber, die sich sehr überlegt für diesen Beruf entscheiden, viele Abiturienten und zunehmend Frauen. Aber das Anforderungsprofil akzeptiert auch Hauptschüler, weswegen vielleicht manchmal auch Leute dort landen, die nichts anderes gefunden haben. Die geraten dann aber auch häufig in Betriebe, in denen sie als billige Arbeitskräfte eingesetzt werden, die dann später natürlich auch nicht besonders viel können.
Tobias Treulieb (links) wollte nach Abitur und Zivildienst ursprünglich studieren und hatte bereits einen Studienplatz, den er dann aber zugunsten der handwerklichen Ausbildung nicht angetreten hat.
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Tobias Treulieb: Kann einem natürlich auch mit dem Abiturienten passieren, der sich gleich für den großen Künstler hält. Ich finde, da sind die Betriebe gefordert. Und oft kommt es auch auf einen engagierten Lehrlingswart an, der in die Betriebe geht und schaut, was den Lehrlingen beigebracht wird.
nichts. Es ist auch nicht Sinn der Innungsmitgliedschaft, verbilligt einkaufen zu können. Es geht vielmehr darum, sich auszutauschen, um gemeinsam Lösungen erarbeiten zu können, gemeinsame Institutionen unterhalten zu können. STEIN: Aber weiß das der Nachwuchs?
»Man muss sich schon richtig reinhängen in unserem Beruf, wenn man erfolgreich sein will. Andererseits ist es für mich wirklich ein Beruf, in dem ich Identität finde.« Tobias Treulieb
STEIN: Für guten Nachwuchs muss sich das Handwerk aber auch besser vermarkten, oder? Jörg Failmezger: Das Gute ist ja, dass wir mit einem spannenden Material arbeiten und ein Produkt herstellen, das man sieht. Das ist eine sehr wirk-
same Form der Eigenwerbung. STEIN: Wie sieht denn die Rolle der Innung dabei aus? Ist die Innung ein Zukunftsmodell? Gustav Treulieb: Ich halte eine gemeinsame Interessenvertretung für wichtig. Das funktioniert aber nur, wenn die Mitglieder sich aktiv beteiligen. Die passive Haltung »ich hab ein Problem, Verband mach mal« bringt
Philipp Schnell: Also, ich glaube, die meisten Schüler haben noch nie was von der Innung mitgekriegt. Gustav Treulieb: Was müssen wir besser machen? Philipp Schnell: Vielleicht wirklich mal an die Schulen gehen und konkret vorstellen, was die Innung macht und wie sie die Mitglieder unterstützt. Till Failmezger: Das Problem ist, dass man das nicht in ein paar Punkten aufzählen kann. Es geht ja vielmehr um diesen Gemeinschaftsgedanken, darum, dass aus Konkurrenten Kollegen werden, wenn man gemeinsame Projekte realisiert. So schafft man sich auch Netzwerke. Gustav Treulieb: Für mich ist es wichtig, dass ich durch die Innung den Austausch mit den Kollegen habe, mich nicht nur als Einzelkämpfer fühle. Wie sieht das bei den Jungen aus? Philipp Schnell: Den Austausch haben wir ja auch. Mit den Leuten, die ich während meiner Ausbildung kennengelernt habe, halte ich zum Teil Kontakt. Wir treffen uns auch ab und zu. Tobias Treulieb: So, wie ich den Eindruck habe, ist Innungsarbeit ein recht zäher, langwieriger Prozess ... Für uns ist es vielleicht wichtiger, uns in einem kleineren Kreis zu organisieren, wo man dann gleich und ohne große Umwege was auf die Beine stellen kann. Aber natürlich muss man sich auch Gedanken machen, was wäre, wenn es keine Innung mehr geben würde …
S10/10