STEIN 11/2020

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STEIN

S 11 | 2020

MINERALISCHE WERKSTOFFE FÜR ARCHITEKTUR UND HANDWERK

GEDENKSTÄTTE

DIE KAPELLE DES KINI MAUSOLEEN

FRIEDHOFSKUNST

COACHING

Der Erinnerung an die Verstorbenen mit eigenen Bauwerken großen Raum zu geben, liegt im Trend

Eine Steinmetzin setzt mit Kreativität und individuell gestalteten Grabmalen Zeichen in der Gedenkkultur

Gut beraten: Wie Sie Ihr Unternehmen mit Unterstützung von außen für die Zukunft fit machen


INHALT

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„Zwei Graue DoppelModerne Elemente spiegel einFriedhöfe Pendel“ könnenfür alte so heißt das wenn Werk aus auflockern, sie Bergischer Grauwacke, sich, wie hier in Altdorf das weltbekannte bei der Nürnberg, zurückKünstler nehmenGerhard und nicht Richter der Stadt in den Vordergrund Münster drängen.vermachte.

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Die am Ein Votivkapelle unter DenkmalStarnberger See dient schutz stehender dem Andenken von Bunker in München König II., der wurdeLudwig behutsam renohier mysteriösen viertunter und innen mit Umständen ums „Fade Leben dem Naturstein kam. Sie wurde kürzlich to Grey“ ausgelegt. umfassend restauriert.

STEIN ONLINE

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Handmaschinen sind für die Bearbeitung mineralischer Werkstoffe unverzichtbar. Sie sind deswegen täglich im Einsatz und müssen dabei verschiedenste Anforderungen erfüllen.

SCHÖNE WELT DER STEINE

STEIN – auf Facebook Wissenswertes rund um das Thema Naturstein gibt es auf facebook.com/stein.magazin

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Foucaultsches Pendel Die Installation des Künstlers Gerhard Richter bringt Schwung in die Dominikanerkirche.

STEIN – die Webseite Fachliches, Interessantes, aber auch Skurriles finden Sie auf unserer Homepage stein-magazin.de

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Großzügig für breite Zielgruppen planen Katrin Baumann, Geschäftsführerin der Friedhofsgärtner Lübeck eG, spricht über Bestattungsgärten.

STEIN – der Newsletter Regelmäßig Neues aus der Stein-Welt, zu abonnieren auf stein-magazin.de

ZUM SAMMELN Die neue STEINKUNDE In dieser Ausgabe: Rosa Sardo Limbara

STEINE BEARBEITEN 16

Eine Kapelle für den Kini Die Votivkapelle am Starnberger See wurde an der Gebäudehülle und im Inneren ertüchtigt.

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Rosa Sardo Limbara Die STEINKUNDE stellt einen Naturstein aus Sardinien vor.

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Am besten sofort imprägnieren Wie Grabmale professionell gepflegt und gereinigt werden, erklärt Garvin Stingel von Lithofin.

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Exclusiver Trend auf dem Friedhof Mausoleen besetzen eine Nische, die zwar klein ist, für den Steinmetz aber äußerst lukrativ sein kann.

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Jeden Tag im Einsatz Im Überblick: neue Handmaschinen und was sie im Alltag alles können müssen.

KUNDE

Handelsname:

ROSA SARDO LIMBARA ● Petrografische Familie:

Quarzmonzonit ● Typische Farbe:

Hellgrau mit rotbraunen Feldspäten ● Herkunftsort:

Galluraküste / Sardinien / Italien ● Liefernachweis:

Überall im gut sortierten Fachhandel

Foto: Abraxas Stone experts/Giesen

● GEOLOGIE/PETROGRAFIE

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In EN 12440 wird Rosa Sardo Limbara als Quarzmonzonit aufgeführt. Man sollte deshalb auch in Angeboten nicht die Bezeichnung Granit, wie es häufig in Preislisten der Fall ist, verwenden. Der Unterschied zwischen einem Granit und einem Quarzmonzonit liegt im Quarzgehalt. Um ein magmatisches Tiefengestein als Granit bezeichnen zu können, muss es einen Quarzgehalt von mindestens 20 Prozent (die Maximalgrenze liegt bei 60 Prozent) aufweisen. Bei Quarzmonzoniten liegt der Quarzgehalt zwischen fünf und 20 Prozent. In der EN-Norm 12440 wird die typische Farbe des Rosa Sardo Limbara als Pink angegeben. Dieser Auffassung kann ich mich nicht anschließen. Eine derartige Farbbezeichnung träfe wohl eher auf den ebenfalls von der Galluraküste stammenden Quarzmonzoniten Rosa Beta zu. Es handelt sich beim Rosa Sardo

Limbara um einen hellgrauen, grobkörnigen Magmatiten, mit intensiv rotbraunen Alkalifeldspäten.

● ARCHITEKTUR Dieser Stein wird im Handel sowohl unter der Bezeichnung Rosa Sardo Limbara als auch unter der Bezeichnung Rosa Limbara geführt. Man sollte die Bezeichnung Rosa Sardo Limbara verwenden, da durch den Zusatz „Sardo“ (auf Italienisch Sardinien) die Lokalität eindeutig definiert ist. In Zeiten des globalen Natursteinhandels gelangen auch Natursteine aus China auf den europäischen Markt, die eine Ähnlichkeit mit diesem Stein aufweisen und gelegentlich auch unter dem gleichen Namen angeboten werden. Enthält der Name dann den Zusatz „Sardo“, kann man von einer irreführenden Handelsbezeichnung sprechen, da das Vorkommen, in dem der Stein abgebaut wird, nicht mit der Angabe im Handelsnamen übereinstimmt. Da dieser Stein ein sehr

gutes Preis-Leistungs-Verhältnis bietet, wurde er bis zum Aufkommen der Hartgesteine aus Fernost sehr häufig für standardisierte Bauaufgaben wie Fensterbänke, Treppen und Bodenbeläge eingesetzt. Auch im Objektbereich wurde der Stein häufig verbaut. Großformatige Werkstücke stellen kein Problem dar. Die Sortimente reichen von der Natursteinfliese bis zu massiven Werkstücken. Die Oberfläche des Steins kann in einer sehr großen Bandbreite (vergleichbar mit Graniten) von polierten bis spaltrauen Oberflächen ausgeführt werden. Sein Einsatz ist im gesamten Innen- und Außenbereich möglich. Die mechanische und die chemische Resistenz sind als gut zu bezeichnen. Bei beflammten Oberflächen ist aufgrund der Größe der enthaltenen Feldspäte im Vergleich zu fein- bis mittelkörnigen Tiefengesteinen mit einer größeren Rauigkeit zu rechnen. Dipl.-Ing. (FH) Detlev Hill www.steinkultur.eu

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Garten und Musik

Harmonien, Kontraste, Herausforderungen

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Eine Steinmetzin ist mit kreativen Ideen und künstlerischem Ansatz erfolgreich im Grabmalgeschäf Etwas andere Grabmale: Eine Steinmetzin aus Feuchtwangen überrascht mit kreativen Ideen und künstlerischem Anspruch.

Garten und Musik

Harmonien, Kontraste, Herausforderungen

KUNDEN GEWINNEN 46

Im Zentrum der Mensch – nicht der Stein Aufbrüche: Wege zu einer neuen Bestattungskultur und die Rolle, die der Friedhof darin einnimmt.

CHANCEN NUTZEN 54

Die hilfreiche Begleitung Coaching kann auch für kleinere Handwerksbetriebe Großes bewirken.

PANORAMA 60 62

Reduziert überzeugt Termine, Produkte und mehr

RUBRIKEN 65 66 74

Vorschau Impressum STEINLUPE: Franz Maximilian Huber (59), Geschäftsführer Huber Naturstein, Markt Schwaben

Garten und Musik – zwei Kunstrichtungen, die eng miteinander verbunden sind. Wie die Musik beruht die Gartenkunst auf Spannung durch Gegensätze, aber zugleich auch auf Harmonien und Zusammenspiel. Diese Symbiose zeigt sich auch im historischen Abriss: Im 18. und 19. Jahrhundert haben nicht nur die Malerei und die Literatur die Gestalter der Englischen Landschaftsgärten inspiriert, sondern auch die Musik. Spätestens seit dem Barock sind Freilufttheater aus den Gärten nicht mehr wegzudenken. Bis heute hat sich die Freude am Musizieren und Feiern im Grünen erhalten – und stellt die Städte vor große Herausforderungen. Sind Gärten und Parks doch zugleich Oasen der Ruhe und der Natur. Die Beiträge im Buch spannen einen weiten Bogen in diesem facettenreichen Themenfeld auf. DGGL-Themenbuch 15 | Herausgegeben von der Deutschen Gesellschaft für Gartenkunst und Landschaftskultur (DGGL) e.V. Garten und Musik 120 Seiten, kartoniert € 19,-‚

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STEINE BEARBEITEN

Denkmalpflege Bleiben wir bei belegbaren Fakten. Zu den mysteriösen Umständen des Tods von König Ludwig II. von Bayern wurde in den vergangenen 134 Jahren so viel geschrieben und gemutmaßt, dass das tragische Ende des Monarchen zu einem der großen modernen Mythen mutierte. Ausnahmsweise passt das Adjektiv modern hier tatsächlich, denn als der zum Märchenkönig stilisierte glücklose Aristokrat am 13. Juni 1886 leblos in den Fluten des Starnberger Sees aufgefunden wurde, stand die Kunst- und Literaturepoche der „Moderne“ gerade kurz vor ihrem eigentlichen Beginn. Es sollte aber auch noch zehn Jahre dauern, bis oberhalb der Leichenfundstelle im Wasser nahe Schloss Berg die Errichtung eines Gedächtnisbaus begann, fertiggestellt pünktlich zur Jahrhundertwende. Kurz vor dem 120. „Geburtstag“ des Kenotaphs Votivkapelle wurde selbiges restauriert – und davon lassen sich spannende Tatsachen berichten. Von Philipp Neuman

Zur Erinnerung: Links eine Postkarte, die anno 1900 zur Einweihung der „Gedächtniskapelle“ aufgelegt wurde, welche landläufig Votivkapelle genannt wird. Rechts das Bauwerk heute

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Fotos: Wittelsbacher Ausgleichsfonds/Quirin Leppert (rechts), privat (links)

ANDENKEN BEWAHREN

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Foto: Xxxxx Xxxxxxxxxxxxx


Interview

Rät dem Steinmetz auf jeden Fall, Reinigung und Pflege von Grabmalen als Dienstleistung ins Angebot aufzunehmen. Garvin Stingel, Geschäftsführer Lithofin Wendlingen

Am besten sofort imprägnieren Garvin Stingel, Geschäftsführer Lithofin, erklärt im Interview mit STEIN, worauf der Steinmetz bei der Auswahl von Pflegeprodukten achten muss, wie ein Grabmal gepflegt wird und wie und wann man imprägnieren sollte.

STEIN: Grabsteine müssen ebenso wie das Grab gepflegt werden. Wie oft empfehlen Sie eine Grabmalbehandlung. Wie sollte diese bei welchen Steinarten aussehen? Garvin Stingel: Eine pauschale Aussage zur Häufigkeit einer Reinigung ist schwierig zu treffen. Hier spielen mehrere Faktoren zusammen wie zum Beispiel die Art des Steins und seine Vorbehandlung, die Lage – sprich gibt es viele Bäume und Pflanzen – und auch die Witterung. Hinzu kommen Verschmutzungen, die gegebenenfalls unvorhergesehen auftreten, wie Rostflecken von Gestecken oder Wachs von einem Grablicht. Allgemein ausgedrückt, kann man sagen, dass eine Reinigung einbis zweimal im Jahr erfolgen sollte oder bei entsprechendem Bedarf. Wie geht man bei starken Verschmutzungen vor? Welche besonderen Reinigungs- und Pflegeprodukte haben Sie dafür im Sortiment, und wie

empfehlen Sie vorzugehen bei Verschmutzung durch Moos, Pilze, Flechten oder Ruß und Staub? Wir empfehlen eine regelmäßige Reinigung mit einem Grünbelagsentferner wie Lithofin MN SteinRein. Wird dieses Produkt regelmäßig eingesetzt, sprich das Grabmal ein- bis zweimal jährlich eingesprüht, hilft dies, der Bildung von Moosen, Pilzen und Flechten vorzubeugen. Sollte der Stein dennoch unansehnlich werden, kann eine Art Grundreinigung mit Lithofin MN Stein-Rein >S< notwendig werden. So werden dann auch atmosphärische Verschmutzungen und Ruß entfernt. Gestecke sind meist mit Draht zusammengebunden, was im Zusammenspiel mit Feuchtigkeit schnell zu Rostflecken führt. Diese lassen sich schnell und einfach mit Lithofin Rost-EX entfernen. Auch Wachsflecken sind nicht selten, wenn ein Grablicht ausläuft oder umfällt. Hier wird Lithofin OIL-EX eingesetzt, um den Fleck aus dem Stein zu „ziehen“.

Rostverfärbungen auf Marmor werden durch Auftrag von Lithofin Rost-EX entfernt

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STEINE BEARBEITEN

Könnte es für den Steinmetz ein Zusatzgeschäft sein, regelmäßige Pflege für das Grabmal anzubieten? Kurz und knapp: auf jeden Fall. Viele Menschen haben entweder nicht die Zeit, sich um das Grab eines Angehörigen zu kümmern oder können diese Arbeit einfach nicht verrichten, entweder weil sie weit weg wohnen oder körperlich nicht dazu in der Lage sind. Ich bin sicher, dass eine entsprechende Dienstleistung auf Nachfrage stoßen würde. Inwiefern sollte der Steinmetz den Grabstein nach dem Setzen direkt imprägnieren? Wir empfehlen, einen Grabstein schon in der Werkstatt zu imprägnieren, und zwar rundum. Dadurch wird der Stein nicht nur gegen Verschmutzungen von außen geschützt, sondern es werden auch Verfärbungen durch aufsteigende Feuchtigkeit verhindert. Grundsätzlich sollte eine Wasser- und Öl abweisende Imprägnierung eingesetzt werden, um auch gegen Wachse und Öle einen Schutz zu bieten. Ob nun eine Wasser basierende Imprägnierung wie Lithofin Fleckstop >W< oder eine lösemittelhaltige wie Lithofin MN Fleckstop eingesetzt wird, ist im Prinzip egal. Ist das Material jedoch geharzt bzw. resiniert, was bei poliertem Material häufig der Fall ist, sollte ein lösemittelhaltiges Produkt zum Einsatz kommen, da es deutlich besser einziehen kann und somit eine bessere Schutzwirkung bietet.

Fotos: Lithofin AG

Was sind die häufigsten Fehler bei der Grabmalpflege? Die häufigsten Fehler sind wahrscheinlich, dass die falschen Produkte eingesetzt werden oder dass die Grabmalpflege komplett vernachlässigt wird. Beide Fehler ließen sich gut mit dem vorhin erwähnten Dienstleistungsangebot verhindern. Eine Win-win-Situation sozusagen. Was kann der Steinmetz bei der Grabsteinpflege besser machen? Der erste Punkt ist sicherlich, ein möglichst pflegeleichtes Produkt zu liefern. Das fängt bei der Beratung zum Material an und geht bis zur Lieferung

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Eklatanter Unterschied: Ein Grabmal aus dem Ersten Weltkrieg wurde unten bereits gereinigt

Verfärbungen, die durch ein ausgelaufenes Grablicht entstehen, können sehr hartnäckig sein

eines sorgfältig imprägnierten Grabmals. Abgerundet wird das Ganze dann entweder mit der Übergabe einer entsprechenden Pflegeanleitung oder dem Angebot der Reinigungsdienstleistung. Nur so kann gewährleistet werden, dass der Grabstein langfristig gepflegt aussieht und den Ansprüchen der Hinterbliebenen genügt. Das Gespräch führte Karin Fink

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STEINE BEARBEITEN

JEDEN TAG IM EINSATZ

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Für jeden Stein die perfekte Kombination aus Mensch, Maschine und Werkzeug: Francesco Maio von UP Feine Steine schleift eine Fase an den Invisible Fantasy Naturstein in Leatheroptik von Antolini

Foto: Michael Spohr

Handmaschinen für die Steinbearbeitung Manuell betriebene Maschinen sind für die Bearbeitung mineralischer Werkstoffe unerlässlich. Da sie oft täglich und über jeweils einen längeren Zeitraum von Menschen bedient werden, gilt es für die Hersteller, bei ihrer Konstruktion für den professionellen Einsatz eine ganze Reihe von Anforderungen zu beachten. Das Pflichtenheft umfasst Aspekte der Ergonomie ebenso wie des Gewichtes und der Einsatzmöglichkeiten sowie der Leistung. Zudem ist im Vorfeld die Frage zu klären, ob die Maschine mit Druckluft, Hydrauliköl oder Strom – ggf. ohne Kabel – betrieben werden soll. Zudem muss entschieden werden, ob eine Wasserkühlung erforderlich ist oder nicht. Und schließlich nutzt die beste Maschine nichts ohne das perfekt auf sie abgestimmte Werkzeug. Von Michael Spohr

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STEINE BEARBEITEN

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n der Werkstatt wie auf der Baustelle, auf dem Friedhof oder beim Kunden arbeiten Steinmetze mit zahlreichen handgeführten Bearbeitungsmaschinen. Besonders begehrt sind Maschinen, die auf die jeweils auszuführenden Arbeitsschritte hin perfekt ausgelegt sind – was Handlichkeit, Gewicht und Ergonomie angeht. Schleifen und Polieren zählen nach wie vor zu den Hauptanwendungsgebieten eines Steinverarbeiters. Aber auch beim

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Sägen, Bohren, Fräsen, Nuten, Spitzen und Meißeln wird er von strom- und druckluftbetriebenen Werkzeugen unterstützt. Damit der Handwerker perfekte Arbeit möglichst rationell und mühelos sowie sicher abliefern kann, bedarf es effektiver Werkzeuge, die auf ihn zugeschnitten sind. Dazu müssen die Hersteller oftmals nur genau hinhören, was die Anforderungen an ihre Maschinen sind, und diese immer weiter optimieren.

STEIN stellt folgende Firmen vor: 1. Sebald & Co. GmbH, Marktredwitz www.sebald-schleifscheiben.de 2. Coritzius GmbH & Co. KG, Bad Wünnenberg www.coritzius-kg.de

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KUNDEN GEWINNEN

Die Zeichnung stammt von Birgit Hähnlein-Häberlein. Entgegen des Mainstreams (Katalogware, Anonymisierung, Friedhofsflucht) setzt ihre Werkstatt HH-Grabmale konsequent auf eigene Entwürfe und die Fertigung vor Ort

IM ZENTRUM DER MENSCH – NICHT DER STEIN Angehörige begleiten Dass die Bestattungskultur sich wandelt, ist nach zwei Jahrzehnten Bestattungswald und 70 Prozent Feuerbestattungen eine Binsenweisheit. Umso wichtiger ist die Frage: Welchen Platz nimmt der Friedhof als Bestattungsort ein, und was brauchen Trauernde? Von Annette Mühlberger

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KUNDEN GEWINNEN

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efragt nach ihren Beisetzungswünschen, geben die Menschen heute sehr individuelle Antworten. Gäbe es keinerlei gesetzliche Vorschriften, sähen sich 15 Prozent am liebsten in der Urne im eigenen Garten. Fast genauso viele (14 Prozent) können sich ein Urnengrab auf dem Friedhof vorstellen, acht Prozent ein klassisches Erdgrab. Seebestattung, anonyme Beisetzungsformen sowie pflegefreie Beisetzungsformen auf oder außerhalb von Friedhöfen finden jeweils zehn bzw. zwölf Prozent angemessen (rund 1.000 Umfrageteilnehmer, siehe Grafik Seite 49).

Foto: HH-Grabmale

GRABPFLEGE STRESST VIELE KÜNFTIGE TOTE Auffällig ist, dass sich die künftigen Toten vor allem um die Grabpflege Sorge machen und deshalb in Summe den pflegefreien Bestattungsformen den Vorzug

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geben. Nicht immer haben die Angehörigen dabei ein Wörtchen mitzureden, für die - da ist sich die Forschung mittlerweile einig - ein Platz zum heilsamen Trauern, verbunden mit der Möglichkeit auch später dort noch Trauerhandlungen zu vollziehen, ausgesprochen wichtig ist. Spätestens die repräsentative BIV-/StrassackerStudie „Trauer und Bestattungskultur in Deutschland“ hat gezeigt: Ein vom Verstorbenen zu Lebzeiten „verordnetes“, weil pflegearmes anonymes Verstreuen oder anonymes Beisetzen der Totenasche ist für die allerwenigsten Trauernden eine gute Form, ihren Verlust zu verarbeiten und des Verstorbenen über die Zeit zu gedenken.

ckerte Anordnung der Grabstätten (keine symmetrischen Reihen), Rückzugsräume, Ruhezonen, Sitzgelegenheiten sowie einen Grabpflege-Service zu vertretbaren Kosten. Kein Hexenwerk möchte man meinen, wenn denn der Friedhof auch in kleineren Gemeinden und mittelgroßen Städten in denselben Fokus rücken würde wie die wichtige Modernisierung anderer öffentlicher Räume und Begegnungsstätten. Das tut er aber nicht, und deshalb sind viele der 32.000 deutschen Friedhöfe besonders über Land zu reichlich unattraktiven, überregulierten und teuren Flächen erstarrt, die dem Bedürfnis Hinterbliebener so gar nicht mehr gerecht werden.

DISKUSSIONSGEGENSTAND FRIEDHOF

GESCHÄFTSMODELL FRIEDHOF

Fragt man sie danach, so wünschen sich Angehörige auf Friedhöfen alte Baumbestände, viel Natur, eine schöne, aufgelo-

„Das Modell Friedhof, so wie wir es bis in die 1990er-Jahre hinein kannten, war ja auch ein hervorragendes Geschäfts-

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Foto: Pexels/Anna Shvets

Beim Coaching wird die Entwicklung eigener Lรถsungen erarbeitet und professionell begleitet

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CHANCEN NUTZEN

DIE HILFREICHE BEGLEITUNG Unternehmensführung Coaching kann auch in kleinen Betrieben und bei Einzelunternehmern hilfreich sein und viel bewirken. Wir stellen Coaching vor, lassen Coaches zu Wort kommen, die sich auf das Handwerk spezialisiert haben, sowie einen Steinmetz, der sich regelmäßig coachen lässt. Von Von Bärbel Daiber

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in Coaching in Anspruch zu nehmen, beweist Stärke. Auch wenn Gefühle wie Unsicherheit und Angst der Auslöser sind, ist es kein Zeichen von Schwäche, sich durch einen externen Berater unterstützen zu lassen. Im Gegenteil: Sich Hilfe zu holen und nicht alles alleine lösen zu wollen, zeugt von Weitsicht. Allerdings präsentiert ein Coaching keine Antworten auf dem Silbertablett. Im Unterschied zur klassischen Beratung werden keine direkten Lösungsvorschläge geliefert, sondern die Entwicklung eigener Lösungen wird begleitet.

COACH BEDEUTET KUTSCHE Der Coach hilft dem Gecoachten – ähnlich wie früher der Kutscher seinem Passagier –, das Ziel zu erreichen. Als mentaler Unterstützer gibt er das Werkzeug, Karte, Kompass und Zügel in die Hand, fahren muss der Klient dann selbst, also die Lösungen selbst finden. Coaching-Themen gibt es viele: Die typischen und häufigsten sind Begleitung bei neuen Aufgaben, Führungsverantwortung, Funktionen und Positionen; Selbstreflexion und der Abgleich von Selbstund Fremdbild; Verbesserung der sozialen Kompetenzen und der Management- und Führungskompetenzen; persönliche Entwicklung und Potenzialentwicklung; Unterstützung bei akuten Problemen, z.B. bei Beziehungskonflikten mit anderen Personen; Stressbearbeitung, Work-Life-Balance und Burn-out-Prophylaxe; Team-Entwicklung, Karrierethemen und Überprüfung der Lebensund Karriereplanung, schildert Dr. Christopher Rauen, 1. Vorsitzender des Deutschen Bundesverband Coaching e.V. DBVC, Osnabrück.

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PANORAMA

Preisgekrönter Entwurf

Reduziert überzeugt Der Entwurf der neu erbauten Bischofsgrablege der Sülchenkirche in Rottenburg am Neckar erhielt den dritten Preis im Wettbewerb Geplant+Ausgeführt 2020. Die Grablege zeichnet sich durch ihre sehr reduzierte, moderne und mystisch anmutende Gestaltung aus. Im Mittelpunkt steht ein großer, schlichter Natursteinblock aus Gauinger Travertin, der als Altar fungiert. Von Dr. Alexandra Nyseth

Unter den Fundamenten der spätgotischen Kirche entdeckte man Reste einer vorromanischen Vorgängerkirche aus dem 9. Jahrhundert

Viel älter als gedacht Die spätgotische Friedhofskirche Sülchen in Rottenburg am Neckar wurde von 1447 bis 1454 errichtet und ist seit 1869 Grablege der Rottenburger Bischöfe. Im Rahmen einer Sanierung von 2011 bis 2017 entdeckten Experten unter den Fundamenten der spätmittelalterlichen Kirche Reste einer vorromanischen Vorgängerkirche aus dem 9. Jahrhundert mit einem Dreiapsidenchor. Unter der Vorgängerkirche werden weitere Reste einer noch älteren Vorgängerkirche aus dem 6. oder 7. Jahrhundert vermutet. Die Bestattungstradition am Ort lässt sich sogar noch weiter zurückverfolgen – bis zu den Ursprüngen des Christentums im süddeutschen Raum. Das heißt, seit rund 1500 Jahren dient dieses Areal als christlicher Bestattungs- und Sakralort. Dies war Anlass, mit Abschluss der Ausgrabungen und Sanierung die freigelegten architektonischen Fundamente und die archäologischen Fundstücke zu präsentieren sowie eine neue Bischofsgrablege zu integrieren. Der Entwurf dafür stammt von der Cukrowicz Nachbaur Architekten ZT GmbH in Bregenz/Österreich. Über eine Treppe im Boden der Kirche gelangt man auf dem ersten Absatz zu den freigelegten Fundamenten. Hier sind auch Vitrinen mit kleinformatigen Einzelobjekten, darunter auch Grabbeigaben, zu besichtigen. Einen Treppenlauf tiefer ist die Bischofsgrablege

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Radikal einfach und besonders Beim Betreten der neuen Grabkammer fällt der Blick sofort auf den Altar. Ein vier Tonnen schwerer Block aus heimischem Gauinger Travertin, ein Kalkstein aus dem Steinbruch in Gauingen, ein Ortsteil der Gemeinde Zwiefalten in der Schwäbischen Alb, wird von einem Spot an der Decke angestrahlt. Diese einzige Deckenleuchte lässt die Tischfläche des massiven Steinblocks fast weiß erstrahlen. Von ihm scheint alles Licht auszugehen. Einziges weiteres Element ist ein frei stehendes im Boden eingelassenes schlankes Kreuz aus patiniertem Messing. Die insgesamt 28 Grabkammern sind in zwei übereinanderliegenden Reihen entlang der Längswände angeordnet und mit quadratischen schlichten Tafeln in der Größe 86 x 86 x 6 Zentimeter aus Schiefer geschlossen. Auf die geschliffenen Platten sind die Namen, Titel sowie Daten von Geburt, Bischofsweihe und Tod der Bischöfe der Diözese Rottenburg-Stuttgart eingraviert. Es handelt sich um Holzmadener Posidonienschiefer aus einem Schieferbruch bei Holzmaden, einer kleinen Gemeinde im Vorland der Schwäbischen Alb im Landkreis Esslingen in Baden-Württemberg. Der Schiefer hält sich dabei als dunkler, leicht strukturierter Stein dezent im Hintergrund. Die Lenz Steinmetz GmbH aus Alberschwende in Österreich bearbeitete die Platten, gravierte die Beschriftung maschinell in die Grabplatten ein, um sie abschließend zu vergolden. Auf der Rückseite der Platten befindet sich mit Hinblick auf ihre die Lebensdauer eine Anleitung zur Bearbeitung, Befestigung und zum Verschluss der Grabplatten. Eine weitere Besonderheit ist die Herausbildung der Raumschalen: Wände, Decke und Boden sind in Stampflehmbauweise unter anderem auch aus derselben, bis zu 1.500 Jahre alter Erde errichtet, die bei den Grabungen in der Sülchenkirche entnommen wurde. Das geborgene Material wurde so wieder

Fotos: Matthias Drengk, www.suelchen.de

angeordnet, in die man durch ein hohes Portal gelangt. Diese ist der zentrale Punkt der Anlage und das neue Fundament für das bestehende Kirchenschiff. Die Grablege ist als Andachtsraum mit einer Raumhöhe von 3,94 Meter gestaltet, dessen seitlichen Raumabschluss die Grabstätten der Bischöfe in zwei übereinanderliegenden Ebenen bilden.

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PANORAMA

Der Altar in der neuen Bischofsgrablege der Sülchenkirche ist ein vier Tonnen schwerer Block aus heimischem Gauinger Travertin. In der Umgebung aus gestampfter Friedhofserde bildet die geometrische, schlichte Form des Altars das Zentrum des Andachtsraums

Fotos: Adolf Bereuter

zurückgegeben und bildet erneut die Umgebung der Grabstätten. Durch diese Bauweise entstand ein monolithischer Körper, welcher in seinem schichtweisen Entstehungsprozess dem strukturellen Aufbau von Sedimentgesteinen entspricht. Mit einfachen Mitteln und radikaler Reduktion schufen die Architekten einen Raum mit einer besonderen Atmosphäre. Der zuständige Architekt Michael Mayer von Cukrowicz Nachbaur Architekten ZT GmbH fasst den schlichten Entwurf des Altars erklärend zusammen: „In der Umgebung aus gestampfter Friedhofserde ist die geometrische Form des Altars das symbolische Zentrum des Andachtsraums. Die geometrische Ruhe und Klarheit bilden den Schlusspunkt des Abstiegs in die Grablege. Dabei steht der Altar als Symbol für Jesus Christus. Die Helligkeit des Steins lässt diesen als Reflektor wirken, der die umliegenden Gräber in sanftes Licht taucht. Wir haben uns für den Naturstein Gauinger Travertin entschieden, weil er als lokaler Stein mit dem geschichtsträchtigen Ort sozusagen verbunden ist. Außerdem fügt er sich mit seiner ruhigen Textur als zentraler Bestandteil in die zeitlose Umgebung ein.“ Tonnenschwere Herausforderung Den Transport des Gauinger Travertinblocks in die Grablege verantwortete der Steinmetz und Bildhauer Harald Straub aus Rottenburg am Neckar. Straub ist schon seit vielen Jahren immer wieder in der Kirche mit restauratorischen Steinmetzarbeiten beschäftigt und den Verantwortlichen als zuverlässiger und kompetenter Handwerker bekannt. In die Lehmdecke der Grablege ist eine rechteckige Öffnung mit den unterseitigen Maßen 231 x 122 Zentimeter integriert, die sich mit einem Spezialkran hochheben lässt. Diese Öffnung dient eigentlich dazu, verstorbene Bischöfe von oben in die Krypta herunterzulassen. Harald Straub nutzte sie zusätzlich auch, um den Travertinblock in die Grablege hinabzulassen. Der Steinmetz erinnert sich: „Diese Aufgabe war sehr anspruchsvoll, denn der Naturstein mit vier Tonnen Gewicht und mit seinen Maßen von 122 x 120 x 106 Zentimetern ist sehr schwer und recht ausladend. Ich habe vorher den Bereich, wo der Altar seinen Platz bekommen sollte, genau ausgelotet. Außerdem wurde die Decke der Krypta mit vielen drehbaren Metallsprießen

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abgestützt, denn sie musste den vier Tonnen schweren Altar und einen vier Tonnen schweren Kran tragen. Letztendlich stand mir eine kompetente Firma, die diesen Schwerlastkran besaß, zur Seite. Der Altar wurde an den Kran gehängt und langsam mit links und rechts etwa einem Zentimeter Luft heruntergelassen auf vier schwerlasthydraulische Rollen platziert, mithilfe derer der Altar dann an die richtige Stelle geschoben wurde.“ Der Travertinblock wurde vorab im Steinbruch bearbeitet: Die Aufsicht ist feingeschliffen und die vier Ansichten sind fein sandgestrahlt. Harald Straubs Aufgabe war es neben der Kontrolle des Steins und dem Transport, fünf Kreuze in die Ablagefläche zu schlagen. Die fünf Kreuze symbolisieren die Wundmale von Jesus Christus am Kreuz. Sie wurden in die Oberseite des Steins gehauen: vier an den Mittelpunkten der Seitenkanten sowie eines im Zentrum. „Mehr ist das nicht, das ist ein ganz nüchterner Block“, fasst Straub zusammen, „es ist aber trotzdem eine besondere Arbeit.“ Reduziert überzeugt Auch bei der Verleihung des Deutschen Architekturpreises (DAP) und ebenso im Rahmen des Staatspreises Baukultur Baden-Württemberg erhielt die Cukrowicz Nachbaur Architekten ZT GmbH 2019 und 2020 Anerkennungspreise für die Bischofsgrablege Sülchenkirche. Laut Generalvikar Stroppel vermittelt die Bischofsgrablege durch die vollkommene Reduzierung auf Raum, Erde und Licht einen starken Eindruck der christlichen Feier des Begräbnisses im Glauben an die Auferstehung. Die Jury des Staatspreises Baukultur Baden-Württemberg 2020 fasst in ihrer Bewertung zusammen: „Radikale Abstraktion hat hier zu einem Raum geführt, in dem das Mysterium von Vergänglichkeit und Auferstehung spürbar wird, ohne dass dafür aufdringliche Symbolik zum Einsatz kommt.“ Für Harald Straub kam die Auszeichnung sehr überraschend: „Der dritte Preis beim Wettbewerb GEPLANT+AUSGEFÜHRT 2020 hat mich richtig gefreut, und die Urkunde hängt nun in meiner Werkstatt“, erklärt der Steinmetz stolz und fügt hinzu: „Außerdem war und ist die Arbeit in dieser Kirche für mich immer wieder etwas Besonderes, denn bereits mein Urgroßvater war hier in der Sülchenkirche als Steinmetz tätig.“

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