Zeitschrift f端r Naturstein
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Design auf der Marmomacc 2010
Baustelle
Fugen richtig ausf端hren
Naturstein bewahren
November 2010 www.s-stein.com
Inhalt
Nachrichten
Die Dome in Regensburg und Passau haben einiges gemeinsam und sind doch sehr verschieden. Die Aufgabenstellungen für die jeweiligen Bauhütten sind dementsprechend sehr unterschiedlich. STEIN war vor Ort.
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Der im Stil des Historismus erbaute Bahnhof im Schweizer Städtchen Rapperswil wäre beinahe einem Neubauprojekt zum Opfer gefallen. Heute empfängt er die Besucher wieder im ursprünglichen Kleid aus Sandstein und Gneis.
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Design trifft Stein Die Marmomacc 2010 zieht eine positive Bilanz.
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Einspruch erfolgreich Der Deutsche Naturwerkstein-Verband verhindert geplante Baubestimmungen.
Gut zu wissen 12
Angesprochen Naturstein lebt.
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Chefsache E-Mail: schnell, höflich, fehlerfrei
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Steinmensch Vom Tunnelbau zum Werkstein
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Sehen lernen Die gotischen Hallenkirchen
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Mobil Rüdesheim am Rhein
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Vor Ort Italienische Spezialitäten
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Nur Stein verkaufen, das reicht nicht mehr. Europas Natursteinbranche hat die Zeichen der Märkte erkannt. Neue Steine, neue Formen und neue Farben sollen neue Märkte erschließen.
Vom schönen Schein der Steine Neue Steine, neue Formen und neue Farben sollen neue Märkte erschließen.
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Fugen in Naturwerksteinbelägen unterliegen der ständigen optischen Beurteilung durch den Nutzer. Nur die sorgfältige Verarbeitung der zementären Mörtel gewährleistet langfristig Aussehen und Funktion der Fuge.
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Innere Werte Wie Fugen dauerhaft gut aussehen und ihren Zweck erfüllen.
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Wie aus einem Guss Elemente aus Kunststein prägen den Innenraum des Empire Riverside Hotels.
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Ähnlich und doch ganz verschieden STEIN besucht die Regensburger und Passauer Dombauhütte.
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Teils restauriert, teils rekonstruiert Der Bahnhof in Rapperswil wurde als Baudenkmal erhalten.
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Stein ist nicht gleich Stein Eine exakte Materialbestimmung ist für eine erfolgreiche Restaurierung unabdingbar.
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Farbfassung auf Stein Die Anwendung von Anstrichsystemen auf Naturstein kann konservatorisch sinnvoll sein.
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Entsalzung einer Skulptur Wie mittels gerichteter Wasserströmung Naturstein gezielt entsalzt werden kann.
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Angeklebt Ein Stein-Silikat-Kleber wurde für eine leichtere Anwendung weiterentwickelt.
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Mehr Tempo am Stein Wie CNC-Fertigung die Arbeitsprozesse in der Restaurierung beschleunigen kann.
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Seitenblicke Metzen und Maler
Unternehmen & Produkte 68
Neues und Bewährtes aus den Bereichen Naturstein, Maschinen, Werkzeuge und mehr
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Antolini Luigi, I-37010 Sega di Cavaion: Shellstone sind an die Oberflächen von Muscheln erinnernde Mosaikplättchen. Eine Steintechnik, die seit den Römern bekannt ist.
Vom schönen Schein der Steine Nur Stein verkaufen, das reicht nicht mehr. Platten verticken, das können andere vielleicht nicht besser, aber auf jeden Fall billiger. Europas, will sagen Italiens Natursteinbranche, hat die Zeichen der Märkte erkannt. Standard kann jeder, so die Erkenntnis. Neue Steine, neue Formen und neue Farben sollen neue Märkte erschließen. Von Willy Hafner
Antolini Luigi, I-37010 Sega di Cavaion: Die Natura Collection benutzt bekannte Natursteinmaterialien und höht sie mit einer industriell produzierten zeitgenössischen Oberflächenstruktur.
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Antolini Luigi, I-37010 Sega di Cavaion: In der Natura Collection soll das Leben als Zeremonie empfunden werden. Goldeinleger sorgen für eine ganz eigene Atmosphäre.
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Citco S.r.l., I-37010 Sega di Cavaion: Ein Geflecht aus Nero Impala: Naturstein als feingliedrige, zerbrechliche Wabe; produziert mittels Wasserstrahltechnik
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akt ist: Die Steine von der Stange sind von gestern, sind nicht mehr die Steine von heute und die von morgen schon gar nicht. Die »Welt der Steine« wird anders mit jedem Tag. Ob die Natursteinunternehmen in Europa dies erkennen wollen, ob der Steinmetz vor Ort dies sehen will oder nicht. Es entsteht, langsam aber unübersehbar, eine neue »Kultur der Steine«. Mit dieser Entwicklung müssen sich die »Leute vom Stein« gemeinsam mit Designern, Architekten und Kunden auseinandersetzen. Steine ohne Normen Sollen Produkte aus Naturstein in Zukunft noch aus Europa kommen, müssen sie befreit werden von unformigen Unmaßplatten, seriell genormten Fliesen, langweiligen Überlängen und fetten Fugen. Diese »Befreiung der Steine« haben einige italienische Natursteinunternehmen und mit ihnen gemeinsam arbeitende Architekten und Designer zu ihrer Herzensangelegenheit gemacht. Unkonventioneller über die na-
türlichen Steine denken, das ist das gemeinsame Ziel. Neue Konzepte sollen wieder für Wachstumsimpulse in Europa sorgen. Steine in neuen Dimensionen, eine Erweiterung der Produktpalette, eine neue Definition der Steine, eine emotionale Kundenansprache und eine neue Definition der Kundengruppen werden erarbeitet. Harte Platten und normierte Fliesen kommen aus dem Fernen, bunte Steine aus dem Nahen Osten. Vor dem Hintergrund der immer größer und globaler werdenden Märkte haben einige Unternehmen vor allem in Italien, aber auch in Spanien erkannt, wie wichtig die Entwicklung innovativer und marktgerechter Produkte sowie die emotionale Ansprache der Kunden ist. Dabei gibt es einige Auffälligkeiten. Nicht nur die Großen Erstens: Es sind nicht, von wenigen Ausnahmen abgesehen, die bekannten »Global Player« der Branche, die hier die Vorreiter spielen. Es sind oft kleinere, meist familiär geführte Betriebe,
Antolini Luigi, I-37010 Sega di Cavaion: Die Natura Collection: bekannte Steine mit grafischen Mustern aus Gold aufgewertet
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Citco S.r.l., I-37010 Sega di Cavaion: Mittels Wasserstrahl erhalten die Steine eine plastische, fein strukturierte Oberfläche.
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Die Dome in Regensburg und Passau haben einiges gemeinsam und sind doch sehr verschieden. Die Aufgabenstellungen für die jeweiligen Bauhütten sind dementsprechend sehr unterschiedlich. STEIN hat sich die Bauhütten und ihre Arbeit in den beiden Städten an der Donau angeschaut. Von Michael Senn
Der Regensburger Dom St. Peter. Kathedrale des Bistums Regensburg und erst 1872 vollendet.
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Ähnlich und D
ie Donau. Wichtige Verkehrsader und seit Menschen Schiffe bauen können ein gerne genutzter Transportweg. Zum Beispiel für Steine. Wenig verwunderlich, dass die Erbauer des Doms zu Regensburg den beim wenige Flusskilometer aufwärts liegenden Kelheim anstehenden Kalkstein und den Sandstein aus Bad Abbach als Baumaterial für ihre Großkirche wählten. Während frühe Partien des Regensburger Doms im Osten und Süden überwiegend aus dem an den heutigen Auerkalkstein erinnernden Material erbaut und nur vereinzelt Sandsteine eingestreut wurden, bestehen weite Teile der Westfassade und des Nordturms aus Sandstein.
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Diese Bereiche bereiten der Bauhütte und deren Hüttenmeister Helmut Stuhlfelder die meisten Probleme.
Gravierende Schäden Die Schadensbilder der in Sandstein ausgeführten Gebäudebereiche bieten nur in den seltensten Fällen Anlass zu konservatorischen Überlegungen, denn erhaltenswerte Oberflächen sind so gut wie keine mehr da. Viele exponierte Werkstücke lassen vielmehr nicht mal mehr eine Bearbeitung erahnen, ihre Profile sind genauso abgewittert wie ihre unprofilierten Bereiche. Auch unter statischen Gesichtspunkten scheint ein Tausch kompletter Werkstücke oder sogar zusammenhängender Fassadenbereiche unausweichlich. Ein gutes Beispiel hierfür ist der Nordgiebel des Querschiffs. Dieser Fassadenteil, eine der vielen Besonderheiten des Regensburger Doms, ist 17 Meter hoch und steht komplett frei. »Es gibt keine Verbindung zwischen dem Dachgebälk des Querhauses und dem Giebel«, klagt Hüttenmeister Helmut Stuhlfelder. Die
waltung, Vertretern der Bauforschung und wissenschaftlichen Begleitung von Sonderfachleuten als beratendes Gremium entwickelt. Diese Projekte werden abschließend förmlich in einem denkmalpflegerischen Erlaubnisverfahren in der Zuständigkeit der höheren Denkmalschutzbehörde bei der Regierung der Oberpfalz behandelt. Was den Fall des Nordgiebels des Querhauses betrifft, wurde nach Festlegung der Maßnahmen das Aufmaß gemacht und nun sukzessive die Werkstücke von den Mitarbeitern der Bauhütte gehauen. Wenn alle versetzfertig sind, wird der Bestand aus Sandstein rückgebaut und der Giebel mit den Neustücken aus Auerkalkstein wieder aufgebaut. Eine solch konzentrierte Maßnahme ist jedoch nur möglich, wenn wirklich nichts vom Originalbestand zu retten ist.
Alt und Neu
Blick auf die Nordseite: Im Vordergrund teilweise zu sehen ist der eingerüstete Nordgiebel des Querhauses.
Ein weiterer Aspekt der Entscheidung für den kompletten Tausch des Nordgiebels des Querhauses war neben den statischen Bedenken, der
doch ganz verschieden eigentliche Giebelwand ist nur 24 Zentimeter stark, die auf die Wandfläche aufgesetzten Maßwerke lassen die Stücke maximal auf eine Stärke von 108 Zentimetern anwachsen. Insgesamt besteht die Giebelwand aus ungefähr 600 Einzelteilen und dient auch hier als gutes Beispiel für die Arbeitsweise der Regensburger Dombauhütte: Größere, in sich abgeschlossene, klar definierte Arbeitsprojekte wie z.B. die Turmhelmsanierung oder die Instandsetzung des Westportals werden in interdisziplinären turnusmäßigen Arbeitsbesprechungen unter Beteiligung des Domkapitels, des Landesamtes für Denkmalpflege, vorgesetzter Behörden der Bauver-
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nicht mehr vorhandenen Originaloberfläche und des problematischen Bad Abbacher Sandsteins die Erbauungszeit des Gebäudeteils. »Dieser Giebel stammt aus dem 19. Jahrhundert«, erläutert Stuhlfelder und weist folglich keine gotische Bauzeit auf. Ein Schicksal, das dieser Fassadenteil mit weiteren Bereichen des Doms teilt. Die Oktogongeschosse, die Turmhelme und der Vierungsturm blieben im Mittelalter ebenfalls unvollendet. Die Arbeiten am Außenbau des Doms wurden um 1500 eingestellt und erst Mitte des 19. Jahrhunderts wieder aufgenommen. Der inzwischen wegen der Säkularisierung in Bayern in den Besitz des Freistaates
Die Betonergänzungen am Schaft des Nordturms befinden sich in einem guten Zustand.
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Mehr Tempo am Stein Durch CNC-Fertigung will ein Allgäuer Steinmetz den Arbeitsprozess in der Steinrestaurierung beschleunigen. Von Richard Watzke
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ein Zweifel, Thilo Probst hat großes im Sinn. Für ein neues Büro- und Ausstellungsgebäude und eine Werkhalle samt Fünfachs-Bearbeitungszentrum investierte der Steinmetz in Kempten im Allgäu im Millionenbereich. Bislang ist Probst mit seinen 25 Mitarbeitern zur Hälfte mit Grabmalen ausgelastet, die andere Hälfte entfällt auf den exklusiven Innenausbau. Nach der Meisterschule gewann der Steinmetz für den elterlichen Betrieb zunächst den Privatbau und die Ausrüstung von Kreuzfahrtschiffen als Geschäftsfeld. Mit dem Einstieg in die CNC-Fertigung für die Denkmalpflege schlägt Probst nun das nächste Kapitel auf. Probst teilt den Arbeitsprozess bei reproduktiven Steinarbeiten in der Denkmalpflege in zwei Schritte auf: die grobe Vorarbeit am Bossen und die
Kontrolle eines Maßwerkteils aus rotem Sandstein. Gearbeitet wird mit einem Offset im Millimeterbereich, um genug »Fleisch« für die Nacharbeit nach Kundenwunsch zu haben.
Oberflächenbearbeitung von Hand durch den Bildhauer. Die abschließende Handarbeit, der letzte Schliff sozusagen, bleibt immer gleich, ob man das Werkstück komplett von Hand fertigt oder großteils mit der Maschine vorfräst. Der große Sprung findet in der Vorarbeit statt, bei der die
Maschine viel rationeller arbeitet, als dies von Hand möglich wäre. Besonders die aufwendige Grobarbeit möchte Probst mit der CNC-Bearbeitung rationalisieren; dabei rechnet er mit einem Zeitgewinn von bis zu 40 Prozent.
Umfassende Vorarbeit Die Reproduktion von Maßwerken, Skulpturenschmuck oder anderen Bauteilen mit CNC-Maschinen erfordert aufwendige Vorbereitungen. Einer der ersten Schritte ist das Erfassen des Objektes vor Ort oder mit einem auf der Maschine montierten
Da werden die Dimensionen klar: Die Mill 5 in der eigens für sie errichteten Werkhalle.
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Voraussetzung für präzises Arbeiten ist die regelmäßige Kontrolle der Werkzeuge.
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Der Verwaltungsneubau von 2009 bietet 800 m2 Ausstellungsfläche.
Scanner. Bei raumgreifenden Figuren oder hinterschnittenen Bauteilen, wie sie in der Denkmalpflege anfallen, sind mehrere Scans nötig, die dann am Rechner zu einer einheitlichen, dreidimensionalen Form zusammengefügt werden müssen. Die Mill 5 von OMAG wurde im April 2010 bei Probst installiert. Die ersten Stücke für die Denkmalpflege sind bereits ausgeführt. Einen Putto aus Sandstein hat er über Nacht mit dem auf der Mill 5 montierten Scanner mit einer Genauigkeit von 0,2 Millimetern streifenweise gescannt.
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Thilo Probst und Steinmetzmeister Michael Merz
Danach wurden die Scanns digital in der Software Geomagic Studio 11 im stl-Dateiformat aufbereitet. »Ein Scan ist die Grundlage für das spätere Maschinenprogramm und dient zugleich der Schadenskartierung«, erklärt Probst. Beim Scannen von Originalteilen werden alle Fehlstellen im bestehenden Werkstück erfasst. Diese Schäden werden nach Vorgaben der zuständigen Denkmalpfleger durch Glätten des Scans am Rechner beseitigt. Erst dann wird die Datei in die Software DDX Easystone zur weiteren Bearbeitung übergeben.
Anforderungen der Denkmalpflege Während bei der Lohnfertigung für Steinmetzen vorwiegend Fragen zur Logistik oder zum Arbeitsablauf vom Scan bis zur Nachbearbeitung zu klären sind, interessieren sich Denkmalpfleger und Restauratoren meist für die mit der CNC-Fertigung zu erzielende Präzision. Theoretisch kann man mit CNC-Werkzeugen bis auf null arbeiten, also bis zur Originaloberfläche. Das ist aber unwirtschaftlich, denn je feiner die Oberfläche
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Innere Werte Fugen in Naturwerksteinbelägen unterliegen der ständigen optischen Beurteilung durch den Nutzer. Nur die sorgfältige Verarbeitung der zementären Mörtel gewährleistet langfristig Aussehen und Funktion der Fuge. Von Walter Mauer
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nders als bei keramischen Belägen, wo Fugen ganz bewusst als gestalterisches Element eingesetzt werden, möchten Architekten und Bauherren einen Natursteinbelag möglichst nicht durch Fugen gestört sehen. Der Stein als solches soll die Optik bestimmen, nicht das System Fuge/Stein. Deshalb werden selbst großflächige Beläge mit entsprechend großformatigen Naturwerksteinen oft genug »knirsch« ausgeführt. Das aber birgt ein hohes Risiko für Rissbildung und Hohllagen und ist unter technischen Aspekten ohnehin als Verlegevariante unzulässig.
Hintergrund
Kreuz und quer Die Gefahr der Rissbildung nimmt bei der Verlegung im Verband zu.
Sind Bodenkonstruktionen einer erhöhten Temperaturbelastung ausgesetzt (z.B. Heizestriche oder Flächen, mit starker Sonnenbestrahlung), ist die Verlegung auf Kreuzfuge der Verlegung im Verband vorzuziehen. Bei der Verlegung im Verband nimmt die Steifigkeit des Belages und damit die Rissgefahr zu, da die Fugen nur in eine Richtung verlaufen und nur in dieser einen Richtung ein Spannungsabbau erfolgen kann.
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Mit Fugen lassen sich ja nicht nur Maßtoleranzen der Platten ausgleichen, sondern Fugenanteil und Fugendimensionierung bestimmen auch die Steifigkeit eines Belags. Je größer der Fugenanteil, desto mehr Spannungen, die aus Bewegungen des Untergrunds resultieren, können aufgefangen und abgetragen werden. Fugen tragen aufgrund ihrer im Vergleich zu den Naturwerksteinplatten geringeren Festigkeit zum Spannungsabbau im Belag bei. Ihre korrekte Dimensionierung hängt von der Kantenlänge des Naturwerksteins ab: Bis 60 Zentimeter Kantenlänge sollte die Fuge mindestens drei Millimeter, über 60 Zentimeter Kantenlänge fünf Millimeter breit sein. Die Ausführung von Knirschfugen entspricht nicht den anerkannten Regeln der Technik und ist zu vermeiden.
Selbst ist der Mann? Fugenmörtel können entweder auf der Baustelle aus Zement und feinkörnigem Sand selbst angemischt werden. Oder man(n) verwendet Werktrockenmischungen, wie sie von etlichen Herstellern angeboten werden. Die Do-it-yourself-Variante mag auf den ersten Blick verlockend, weil kostengünstig erscheinen; sie hat jedoch den entscheidenden Nachteil, dass die einzelnen Chargen aufgrund abweichender Mischungen unterschiedlich zusammengesetzt sind. Abgesehen von der unterschiedlichen physikalischen Belastbarkeit kann das auch – ganz offensichtliche – Farbunterschiede
zur Folge haben. Bei den qualitativ hochwertigen Werktrockenmörteln hingegen sind bei fachgerechter Verarbeitung gleichmäßige Festigkeiten und farbgleiche Fugen gewährleistet.
Die Qual der Wahl Hat man(n) sich für die Verwendung einer Werktrockenmischung entschieden, bleibt die Frage: welche? Je nach Naturwerkstein, dessen Oberflächenbeschaffenheit und kapillare Wasseraufnahme, Fugenbreite und die aus der späteren Nutzung des Belags resultierende Belastung muss aus der Vielfalt des Angebots die richtige Mischung gewählt werden. Aber nicht nur das – auch die Verfärbungssensibilität des Natursteins, die Lage des Bauteils (innen/außen), die chemische Belastung (Nutzung/Reinigung) und nicht zuletzt die Art des Applikationsverfahrens sind zu berücksichtigen. Wer als Verleger auf »Nummer sicher« gehen will, entscheidet sich für einen schnell erhärtenden und schnell trocknenden Fugenmörtel, der die Anforderungen der DIN EN 13888 erfüllt und entsprechend gekennzeichnet ist. Diese nicht mandatierte Norm legt Mindestkriterien in Bezug auf Druck und Biegezugfestigkeit, Schwindverhalten, Wasseraufnahme und Abriebfestigkeit fest und unterscheidet zwischen den zwei Qualitätsklassen CG 1 (normale Anforderungen) und CG 2 (erhöhte Anforderungen). Fugenmörtel dieser Qualität können aufgrund der Tatsache, dass sie eine
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geringere Wasseraufnahme und höhere Abriebfestigkeit aufweisen, mit den Buchstaben A (für höhere Abriebfestigkeit) und W (verringerte Wasseraufnahme) gekennzeichnet werden.
Die Mischung macht’s Moderne Fugenmörtelsysteme werden unter Verwendung einer Vielzahl ausgewählter Rohstoffe wie z.B. Zemente, Feinsande und spezielle Additive formuliert. Als Füllstoffe werden feine Quarzsande und Kalksteinmehle verwendet, die je nach Korngröße, Kornform und Mahlfeinheit sowohl die Frischmörtel- als auch die Festmörteleigenschaften beeinflussen – sprich: Einschlämmverhalten, Waschverhalten, Festigkeit, Rissfreiheit und die Oberflächenbeschaffenheit. Das Haftspektrum, die Verformungsfähigkeit, die Gefügedichte und die Wasser abweisenden Eigenschaften wiederum bestimmen redispergierbare Kunststoffe: Das sind wasserlösliche Dispersionspulver, die dem Trockengemisch werkseitig zugegeben werden und die die oben genannten Faktoren positiv beeinflussen.
Klein, aber fein: Additive Unter diesem Begriff versteht man eine Vielzahl spezieller Rohstoffe, die dem Trockengemisch in geringen Mengen zugegeben werden, jedoch die Frisch- und Festmörteleigenschaften wesentlich beeinflussen und Qualitätsschwankungen des Zementes und des Füllstoffes ausgleichen. Sie verbessern primär das Wasserrückhaltevermögen sowie das Haftspektrum zur Fugenflanke und verringern die Wasseraufnahme des erhärteten Mörtels.
Schnell härten und trocknen Beim Bindemittel unterscheidet man zwischen drei grundsätzlichen Bindemittelsystemen, nämlich den Bindemitteln für normal erhärtenden Fugenmörtel, den Bindemitteln für schnell erhärtenden Fugenmörtel und den Bindemitteln für schnell erhärtenden und schnell trocknenden Fugenmörtel.
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Normal erhärtender Fugenmörtel wird mit Portlandzement und Füllstoffen, Additiven sowie Pigmenten formuliert. Er kann zur Verfugung von verfärbungsstabilen Natursteinen verwendet werden. Bei verfärbungssensiblen Natursteinen führt seine hohe Alkalität zu Randverfärbungen. Schnell erhärtende Fugenmörtel werden unter Verwendung von Portlandzement und Aluminatzement formuliert. Dieses Bindemittelsystem gewährleistet eine schnelle hydraulische Erhärtung und ermöglicht eine schnelle mechanische
An die Arbeit Vor der Verfugung von Natursteinbelägen, unabhängig von der Gesteinsart und der Oberflächenbeschaffenheit, sollte jeder verantwortungsbewusste Verleger eine Probeverfugung durchführen und sich dabei peinlich genau an die vom Hersteller vorgegebenen Verarbeitungshinweise halten. Nur dann ist die optisch und bauphysikalisch einheitliche Beschaffenheit der Fuge sichergestellt. So sind die Fugen bereits wähFugen im Schlämmverfahren
Fugenmörtel, farblich auf den Natursteinbelag abgestimmt Eine strukturierte bzw. offenporige Oberfläche benötigt ein spezielles Applikationsverfahren.
Belastung. Solche Fugenmörtel können ebenfalls zur Verfugung von verfärbungsstabilen Natursteinen verwendet werden. Bei verfärbungssensiblen Natursteinen ist Vorsicht geboten, denn die hohe Alkalität des Fugenmörtels führt zu Randverfärbungen. Schnell erhärtende und schnell trocknende Fugenmörtel werden mit den Bindemitteln Aluminatzement und Calciumsulfat bzw. Aluminatzement, Calciumsulfat und Portlandzement formuliert. Ihr großer Vorteil: Wegen ihrer schnellen Erhärtung und rapiden vollständigen Wasserbindung wird ein Eindringen in den Stein über die Fugenflanke und somit die gefürchtete Randverfärbung verhindert.
rend der Verlegung gleichmäßig tief auszukratzen (je dünner die Platte, desto größer diese Notwendigkeit). Der Verlegemörtel muss zum Zeitpunkt der Verfugung ausreichend erhärtet und trocken sein. Bei warmer Witterung und stark saugenden Natursteinen sollten die Fugenquerschnitte vorgenässt werden, ohne dass jedoch stehendes Wasser in der Fugenkammer verbleibt. Der Anmachwassergehalt ist abhängig vom gewählten Applikationsverfahren. Auf keinem Fall jedoch dürfen die vom Hersteller auf dem Gebinde vorgegebenen Minimal- bzw. Maximalwerte unter- bzw. überschritten werden.
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