Stein 12 2011

Page 1

Zeitschrift für Naturstein

Bad

Farben, Formen, Oberflächen

Aufmaß Tuff

Dezember 2011

Stand der Technik

Stein des Jahres 2011

Sandsteine


Inhalt

Nachrichten

Diese Steine haben Geschichten und Geschichte geschrieben: Eine Reise quer durch Deuschland, die zeigt, dass es vielmehr schöne Sandsteine gibt, als der Handel mit seinen bunten Platten aus aller Welt bietet.

40

20

Badezimmer sind längst mehr als praktische Nasszellen für die tägliche Körperhygiene. Sie sind Wohlfühltempel, Entspannungsoasen und Rückzugsorte für die eigene Seele. Bei der Gestaltung dieses besonderen Privatraums greift Baddesigner Torsten Müller häufig auf natürliche ­Materialien zurück – so auch ­­ auf Naturstein.

Sandstein

07

Ohne Kinderarbeit Gerichtsurteil gibt Nürnberg recht.

20

Sandstein: die (fast) vergessenen Steine Eine Reise durch Deutschland

Gut zu wissen

28

Ein deutsches Monument Hambacher Schloss: Alt und Neu in Harmonie

08

Steinmensch Europa im Blick

32

10

Sehen lernen Alles kommt vom Bergwerk her

Plastische Ergänzungen Die Restaurierung von Gotländer Sandstein

12

Vor Ort Mitteldeutscher Natursteintag in Erfurt

36

Bad im Trend Farben, Formen und Oberflächen für das Bad

40

Spa statt Sparen Ein Baddesigner setzt auf natürliche Materialien.

14 Mobil Unterwegs in Demre 16

Vor Ort Friedhofskulturtagung in München

Baustelle

Naturstein im Bad

CNC-Technik

44

Die Produktion beschleunigen Eine moderne Säge- und Kantenschleifanlage

55

Krusten auf Naturstein Wie Verkrustungen auf Stein entstehen.

Aufmaß

58

Reduzierung von Krusten Möglichkeiten und Risiken

46

Messen mit Laser und Taster Verschiedene Aufmaßsysteme und ihre Vorteile

Tuff 50

Den Ausstoß erhöhen und die Kosten senken: Mit einer modernen Säge- und Kantenschleifanlage reagiert ein Natursteinwerk auf den steigenden Preisdruck.

Wir fertigen für Sie in exklusiver Einzelanfertigung sowie in anspruchsvoller Serienfertigung in Bronze-, Messing-, Aluminiumguss und Edelstahl.

SKULPTUREN SCHRIFTEN BRUNNEN TAFELN LAMPEN SCHALEN VASEN TIERE FIGUREN

KUNSTGIESSEREI PLEIN GmbH Bahnhofstraße 69 · 54662 Speicher/Germany 0049 (0) 65 62/ 96 73 0 www.plein.de 0049 (0) 65 62/ 20 16 info@plein.de

Tuffgesteine in der Architektur Sachsens Auf den Spuren des Steins des Jahres 2011

49 Seitenblicke Wunschzettel

44

50

Der Tuff ist Gestein des Jahres 2011. Das beschlossen zwei deutsche Geo­ logen­organi­sa­tionen. Damit sind vorrangig wissenschaftliche Zielstellungen verbunden. Aber auch für Architektur­ interessierte, Amateurgeologen und Steinfachleute lohnt es sich, einen Blick auf diese bemerkenswerte Gesteinsgruppe zu werfen.

Unternehmen & Produkte

62 Naturstein, Maschinen, Werkzeuge und mehr 3 Betreff 15 Recht 18 Medien 82 Vorschau/Impressum/ Fotonachweis

Callwey Verlag STEIN Streitfeldstraße 35 D-81673 München Postfach 800409 D-81604 München Fon +49 89/43 60 05-0 Fax +49 89/43 60 05-164 redaktion@s-stein.com www.s-stein.com

4 S12/11

S12/11 5


Sandstein

Sandstein

Am Rande der Steine Das Baumberger Sandsteinmu­ seum in Havixbeck informiert über die Entstehung des Baumberger Sandsteins, die Geschichte der Steinbrecher, Steinhauer, Stein­ metzen und Bildhauer in den Baumbergen sowie der Verbreitung und Verwendung des Mate­ rials in der Vergangenheit und ­Gegenwart. Das Museum ist im denkmalgeschützten ehemaligen Bauernhof Rabert untergebracht. www.sandsteinmuseum.de

Sandstein: die (fast) vergessenen Steine Diese Steine haben Geschichten und Geschichte ­geschrieben; deutsche Geschichte. Deutschland baut seit über 1.000 Jahren mit Sandstein: mit weißem, gelbem, grauem, grünem und rotem Sandstein. Dennoch: Diese Steine scheinen immer mehr in ­Vergessenheit zu geraten. Diese Reise quer durch Deutschland zeigt, dass es vielmehr schöne Steine gibt, als der Handel mit seinen bunten Platten aus aller Welt bietet. Diese Reise ist ein Plädoyer für mehr Regionalität.

Von Willy Hafner

20 S12/11

St. Paulus-Dom in Münster Der St.-Paulus-Dom ist der bedeutendste Kirchenbau in Münster (Westfalen), neben dem historischen Rathaus eines der Wahrzeichen der Stadt und das Zentrum des Bistums Münster. Die Grundsteinlegung fand im Jahre 1225 statt. Es entstand eine gewölbte Basilika mit einem doppelten Querschiff im Stile der Gotik. Für den Bau wurden weite Teile seines Vorgängers abgetragen, jedoch auch Teile wiederverwendet. Dazu gehörten zum Beispiel das Westwerk, Teile des westlichen Querschiffs sowie Mauerteile des südlichen Seitenschiffs. Hieraus ergibt sich eine Mischung von Stilelementen der Romanik – hauptsächlich in Form der beiden romanischen Türme des Westwerks – und der Gotik. Während des Zweiten Weltkriegs wurde der Dom durch Bombentreffer schwer beschädigt und nahezu komplett zerstört. Der Wiederaufbau dauerte von 1946 bis 1956. Viele Teile des Domes wurden originalgetreu rekonstruiert. Gebaut wurde der Dom aus Baumberger Sandstein.

Man nannte ihn auch den »Marmor des Münsterlandes«: Baumberger Sandstein, ein fein- bis mittelkörniger mergeliger Kalksandstein, der seit 1.000 Jahren in den münsterländischen Baumbergen nahe den Ortschaften Havixbeck, Billerbeck und Nottuln abgebaut wird. Baumberger Sandstein wird in drei verschiedene Werksteinschichten unterschieden, wobei die oberste und die unterste Schicht die härtesten sind. Aufgrund des hohen Kalkgehalts und des großen Drucks ist die unterste Schicht sehr hart und wird des­ wegen hauptsächlich für den Außenbereich ­verwendet. Derzeit sind noch drei Steinbrüche für die Werksteinförderung in Betrieb.

D

eutschland erwacht! Ein Blick genügt und die »Frage des Steins« ist beantwortet. In Deutschland baut man mit Sandstein, und dieser ist gelb, rot, grau oder grün. Germanys first Topmodel! Noch als Dame im fast biblischen Alter wirkt Uta von Naumburg jung und attraktiv. Was hat sie nur, das Männer und Frauen gleichermaßen in ihren Bann zieht? »Wenn Sie mich fragen, mit welcher Frau der Kunstgeschichte ich einen gemeinsamen Abend verbringen würde, wäre da zuerst Uta von Naumburg«, hat der italienische Schriftsteller Umberto Eco einmal gesagt. Die fast 800 Jahre alte Dame hat bis heute nichts von ihrer Anziehungskraft verloren: Fast 200.000 Menschen kamen in vier Monaten zu der Anfang November zu Ende gegangenen Ausstellung »Der Naumburger Meister – Bildhauer und Architekt im Europa der Kathedralen« nach Naumburg an der

Saale. Gemeißelt wurde die Schöne aus Sandstein. Der Bamberger Reiter, eine Steinskulptur aus der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts. Wer der Reiter ist, wissen wir nicht; jedenfalls nicht genau. Fest steht allerdings: Er ist aus Sandstein. Die Stifterstatue Heinrichs des Löwen im Braunschweiger Dom, oder doch die Darstellung seines Sohnes, des Kaisers Otto IV.? Nicht ganz klar. Klarheit herrscht allerdings beim Stein: Sandstein! Später dann Peter Parler, Adam Kraft und Tilman Riemenschneider, danach die Fischers und Neumeisters, schließlich George Bähr und heute Stirling, Ungers oder Dudler, die Baumeister wussten und wissen um die Qualität der »sandigen« Steine. Die Geschichte der Sandsteine, das ist die Geschichte der Deutschen – von Karl dem Großen bis August dem Starken, von Theodor Heuss bis Helmut Kohl, vom Klos­ter in Maulbronn bis zur »alten« Frauenkirche in

S12/11 21


Bad

Bad

Spa statt sparen Badezimmer sind längst mehr als praktische Nasszellen für die tägliche Körperhygiene. Sie sind Wohlfühltempel, Entspannungsoasen und Rückzugsorte für die eigene Seele. Bei der Gestaltung dieses besonderen Privatraums greift Baddesigner Torsten Müller häufig auf natürliche Materialien zurück – so auch auf Naturstein.

Elternbad offen mit Zugang zum Schlafzimmer Der Kunde wünschte ein klassisches, aber puristisches Bad ohne »Firlefanz«. Die Linien und Aufteilungen sollten geradlinig und kantig sein. Der Stein in seiner Masse sollte zudem leicht wirken. Die Duschwände wurden in einer Panelstruktur ausgebildet. Die Aufteilung wiederholt sich in der angrenzenden Sauna, jedoch hier aus Hemmlockholz. Mit einem Rinnenablauf und geschliffener, ganzteiliger Steinplatte ist der Duschboden versehen ­worden. Badenwannenschürze und Ablage sind neutral in ­weißem Ceasarstone gehalten. Naturstein Hollands, Herzogenrath, www.natursteinhollands.de

Von Katharina Baus

F

Das Kinderbad … … sollte kein ­typisches ­Kinderbad werden, trotzdem interessant und robust. Mit den gewählten Materialien wurde ein zeitloses Bad geschaffen, in welchem die Kinder in jedem Kiesel des Marinace immer wieder Neues entdecken. Der Duschboden ist mit einem Punktablauf versehen und wurde dahingehend auf Gefälle gefräst. Material: Argent, spanischer Kalkstein geschliffen, (Boden, Wand), Argent, spanischer Kalkstein gebürstet, (Duschboden), Marinace Nero, Quarzit (Waschtisch, WC-Rückwand und Ablage) Naturstein Hollands, Herzogenrath, www.natursteinhollands.de

rüher war alles ganz einfach: Zum Baden ging es entweder ins öffentliche Volksbad oder einmal wöchentlich in den Waschzuber. Für Privatsphäre, Entspannung oder gar Wellness für Körper und Geist gab es lange Zeit weder Platz noch die technischen Möglichkeiten. Dabei war bereits für Griechen und Römer das Bad viel mehr als ein Ort der reinen Körperpflege. Die öffentlichen Badetempel waren gleichermaßen gesellschaftliche Begegnungsstätten und Orte der Ruhe. Diese Entspannung und Geborgenheit, aber auch Kraft und Energie sind es, was die Kunden des Baddesigners Torsten Müller suchen, wenn sie sich für ein neues Badezimmer entscheiden. Zu ihm kommen Menschen, die sich in ihrem vollgepackten, hektischen Alltag nach einem Ort sehnen, an dem sie Ruhe und sich selbst finden können. Immer mehr Menschen gönnen sich den Luxus eines solchen privaten Rückzugsortes, in dem sie Raum und Zeit finden, um sich um ihr körperliches und seelisches Wohlbefinden zu sorgen. Damit wächst immer mehr die Bereitschaft, in einen großzügigen privaten Spa-Bereich zu investieren. »Das Badezimmer als energetischster Raum des Hauses ist perfekt dazu geeignet, sich treiben zu lassen und neue Energie zu tanken. Die Reinigung bezieht sich nicht nur auf die Körperhygiene, sondern umfasst auch die geistig emotionale Reinigung. Dem Wasser kommt dabei eine besondere Bedeutung zu. Es ist vitalisieren, zellerneuernd, wirkt beruhigend und entspannt«, sagt Torsten Müller.

40 S12/11

Damit hat sich auch die Bedeutung des Badezimmers als Teil des Wohnbereichs deutlich verändert. Das Bad wird wohnlicher, rückt vom reinen Funktionsraum immer mehr in den Mittelpunkt eines Hauses und wandelt sich zu einem Ort, an dem Zeit verbracht wird, Rituale gelebt werden und der Alltagsstress draußen bleibt. Der Wunsch von Bauherren nach größeren Raumdimensionen und einer gehobenen Ausstattung wird sich in Zukunft noch weiter verstärken. Die Tendenz weg von der schnöden weiß gefliesten, langweiligen Nasszelle hin zum individuellen,

durchdesignten Wellnessbereich schlägt sich auch in der Gebäudeplanung nieder. »In modernen Grundrissen werden Badezimmer bereits heute wesentlich größer eingeplant, als es noch vor einigen Jahren üblich war«, stellt Torsten Müller fest. Gleichzeitig glaubt er aber nicht daran, dass sich der Trend einer Verschmelzung des Badezimmers mit dem Schlaf- und Ankleidebereich in der privaten Wohnung durchsetzen wird. »Beide Räume übernehmen unterschiedliche Funktionen innerhalb eines Hauses. Daher werden an sie unterschiedliche Anforderungen

gestellt, die schwierig miteinander zu vereinen sind.« So erfordern beide Räume unterschiedliche Klimazonen und verschiedene Temperaturen, stehendes Wasser müsste ständig entfernt werden und eine Entfeuchtungsanlage wird notwendig. »Eine solche Verschmelzung der Räume bedarf nicht nur eines immensen technischen und finanziellen Aufwands, auch im Alltag ergeben sich so viele Einschränkungen, dass sich eine solche Lösung auf Dauer nicht durchsetzen wird.« Ähnlich kritisch sieht der Designer die Digitalisierung im Badezimmer.

Gäste-WC Der opulente Stein sollte schlicht ­eingesetzt werden. Der Gast soll eine warme, angenehme Atmosphäre vorfinden, die Visitenkarte des Hauses. Die Waschtischsäule ist illuminiert und schafft in den dunklen Abendstunden eine gemütliche Atmosphäre. Material: Onix Arco Iris poliert Naturstein Hollands, Herzogenrath, www.natursteinhollands.de

S12/11 41


Tuff

Tuff

Dresden, Grabmal Meurer auf dem ­städtischen Urnenhain (Rochlitzer Porphyrtuff)

Tuffgesteine in der Architektur Sachsens Der Tuff ist Gestein des Jahres 2011. Das beschlossen zwei deutsche Geo­logenorgani­sa­ tionen. Damit sind vorrangig wissenschaftliche Zielstel­ lungen verbunden. Aber auch für Architektur­interessierte, Amateurgeologen und Stein­ fachleute lohnt es sich, einen Blick auf diese bemerkenswerte Gesteinsgruppe zu werfen.

Dresden, Grabmal Gasch auf dem städtischen ­Urnenhain (Rochlitzer Porphyrtuff)

Von Ferdinand Heinz

V

Dresden, Grabmal Feidner auf dem städtischen Urnenhain (Hilbersdorfer Porphyrtuff)

ulkanische Tuffe kann man in Sachsen an mehreren Stellen in der Natur aufspüren. Ihre Entste­ hung verdanken sie explosiven Vul­ kanausbrüchen mit starken Asche­ auswürfen. Die Temperatur solcher Aschen kann so hoch (600 bis über 800 Grad Celsius) sein, dass sich die überwiegend sehr feinen Partikel am Boden zu einer kompakten Gesteins­ masse verfestigen. Je nach Größe der Aschepartikel und weiteren Faktoren sind Tuffe dicht wirkende oder deut­ lich poröse Gesteine. Überwiegend kennt man sie als poriges Material.

Durch ihre Entstehung sind die Tuffe primär ein magmatisches, aber in der Abfolge ihrer Entstehung auch ein se­ dimentäres Gestein. Früher bezeich­ nete man auch stark poröse Kalksteine als Kalktuffe, deren Entstehungspro­ zesse aber nichts mit diesen vulka­ nischen Vorgängen zu tun haben. Diese werden Travertin genannt und dürfen mit den richtigen Tuffen nicht verwechselt werden. Die sächsischen Tuffgesteine ent­ standen in den geologischen Zeitab­ schnitten des Oberkarbons und des Perms. Die Ausbrüche heute längst

50 S12/11

nicht mehr erkennbarer Vulkane ereig­ neten sich in einem Zeitraum vor 320 bis 253 Millionen Jahren. Dadurch sind diese Tuffe bedeutend älter als bei­ spielsweise der Sandstein (etwa 90 Mil­ lionen Jahre) der Sächsischen Schweiz. In Sachsen kamen Tuffe, die man zum Bauen und für die Bildhauerkunst nutzte, hauptsächlich aus zwei Re­ gionen. Eines dieser Tuffgesteine fin­ det sogar nachweislich über minde­ stens 1.000 Jahre als Architekturge­ stein bis heute Verwendung. Diese älteste Gewinnungsregion befindet sich in Mittelsachsen am Rochlitzer Berg. Ein anderes und früher bedeu­ tendes Abbaugebiet liegt im Gebiet von Chemnitz und Flöha. Weitere noch erwähnenswerte, genutzte Vor­ kommen gibt es bei Leukersdorf süd­ lich von Chemnitz und nahe Rüdigs­ dorf westlich von Altenburg. Das Leu­ kersdorfer Vorkommen fand wegen seiner geringen Witterungsbeständig­ keit für Architekturzwecke nur ge­ ringe Anwendung. Der Rüdigsdorfer

Tuff hatte zwar die Bedeutung seiner bekannten Konkurrenten nicht er­ langt, ist jedoch an einigen alten Bau­ werken nachweisbar wie beispielswei­ se an der spätromanischen Klosterkir­ che St. Gangolf von Kohren-Sahlis, in Thüringen am Schloss Altenburg und am Schloss Langenleuba.

Tuffe der Region Chemnitz Das Gebiet des heutigen Zeisig­ waldes im Chemnitzer Stadtteil Hil­ bersdorf und sein Umfeld waren vor etwa 280 Millionen Jahren (Perm, Rot­ liegend) eine aktive Vulkanregion. Em­ pordringendes Magma wurde durch die Explosionskraft des sich hier ab­ spielenden Vulkanismus so stark zer­ stäubt, dass sich aus den Vulkanschlo­ ten keine flüssige Lava ergoss. Die herausgeschleuderten Aschen in Form von Glutwolken und Staubnieder­ schlägen verfestigten sich am Boden zu einem feinkörnigen Tuff, der im Zeisigwald eine Mächtigkeit von etwa

55 Metern erreicht. Dieser Porphyrtuff (nach moderner Nomenklatur Rhyo­ lithtuff) entstand in der Folge nach­ einander ablaufender Vulkanexplo­ sionen aus mehreren Eruptionszen­ tren. Der geologische Kartenbericht beschreibt eine Zeisigwald-Caldera. Eine Caldera ist eine kesselartige, durch Selbstzerstörung eingebroche­ ne Vulkankraterlandschaft. Im Zeisigwald liegen viele alte Ab­ baustellen. Nach bisheriger Kenntnis nimmt man an, dass Zwickauer Stein­ metzen hier mit dem Abbau began­ nen. Später bildete sich eine Chemnit­ zer Steinmetzinnung, die lebhaften Gesteinsabbau betrieb. Manche von den alten Steinbrüchen können auf Waldwegen erkundet werden, andere sind verfüllt oder werden heute ander­ weitig genutzt. Besonders sehenswert erscheint der Tranitz‘sche Steinbruch, bei dem sich die Ablagerungsabfolge des Porphyrtuffs gut studieren lässt. Den Hilbersdorfer Porphyrtuff er­ kennt man an seiner markanten fle­ ckigen Textur. Violettrote bis dunkel­ rosafarbene Wolken werden von bei­ gen bis beigegrauen Zonen umschlos­ sen. Die farbliche und strukturelle Variantenvielfalt ist sehr groß. Mitun­ ter treten feuerrote Zonen und selten

S12/11 51


Baustelle

Baustelle

Gipskrusten auf einer dorischen Säule aus Marmor am Neuen Museum Berlin

Krusten auf Naturstein Natursteine sind im bewitterten Zustand vielfältigen Belastungen ausgesetzt. Schäden, die dadurch entstehen, hängen zum einen von der Widerstandsfähigkeit des Gesteins, aber auch von seiner Positionierung ab. Flechten- und Moosbewuchs auf einem Postament an der Orangerie im Park Sanssouci in Potsdam

D

ie Schäden werden nach den Ursachen ihrer Entstehung in verschiedene Gruppen eingeteilt, treten aber meistens komplex auf. Ursachen können sein: Fehler in der Projektion und Ausführung, physischer Verschleiß, mangelnde Erhaltung und Pflege, Luft-, Boden- und Bauwerksschadstoffe sowie unvorhergesehene Ereignisse. Sie führen in Kombination mit Licht und Klima zu mechanischen Schäden wie Absprengungen, Abund Ausplatzungen sowie Rissbildungen und zu Problemen, die auf chemische und physikalische Vorgänge zurückzuführen sind. Hierzu zählen Verwitterung, Korrosion, Kondensation und Verunreinigungen. Die Oberflächen von weicheren sedimentierten Natursteinen neigen bevorzugt dazu, verschiedene Krusten auszubilden. Auf Kalksteinen sind meist Kalkkrus-

ten (Calziumkarbonat) und auch Gipskrusten (Calziumsulfat), auf Sandsteinen sind vorwiegend Gipskrusten anzutreffen. Ursachen sind die Aufnahme von Regenwasser aus der Luft beziehungsweise Feuchtigkeit aus dem Boden, der Kapillaraufstieg und die Feuchteverdunstung. Die Wirkung besteht in der Ablagerung von transportierten Stoffen an der Oberfläche oder in Hohlräumen. Das Wasser ist dabei das transportierende Element für verschiedenste chemische Verbindungen. Es löst Salze aus dem Boden oder aus Ablagerungen wie Schmutz (Ruß, Fette, biogene Ablagerungen, Mikroorganismen und Füllstoffe) oder Vogelkot, aber auch bereits im Bauwerk vorhandene Salze, zum Beispiel aus zementhaltigen Baustoffen. Der sogenannte saure Regen bringt zudem gelöste

Dunkle Gipskrusten an der Fassade des Berliner Doms

Von Boris Frohberg

Tiefe. Des Weiteren werden Laugen und Metallverbindungen befördert. Es entstehen zum Beispiel Eisenoxid- und Grünspanverfärbungen. Außerdem tritt biogener Bewuchs auf. Dazu gehören Flechten, Moose und Schimmelkulturen.

Säuren mit ein. In der Folge finden verschiedene chemische Reaktionen statt, die schädigend wirken können und das optische Erscheinungsbild beeinträchtigen. Es entstehen weiße bis graue Ablagerungen: dünne, fest haftende, flächige Krusten auf der Oberfläche oder auch poröse, fragile, sogenannte Blumenkohlkrusten, die Teile der originalen Oberfläche einbinden und abheben. Gerade die dicken Krusten sind wasserlöslich und können damit ihr Volumen um ein Vielfaches vergrößern. In Hohlräumen abgelagert führt das zu Rissbildungen und in der Folge zu Aus- und Absprengungen. Die am häufigsten vorkommenden Salze sind Sulfate, Nitrate, Chloride und Carbonate. Die beförderten Salze werden teilweise zu Säuren umgewandelt und zersetzen den Stein an der Oberfläche und in der

Die Krustenbildung Eine bei Natursteinoberflächen häufig auftretende Form von Krusten wird durch die Umwandlung von Calziumcarbonat zu Gips durch Schwefelsäure verursacht: CaCO3 + H2SO4 zu CaSo4 + H2O + CO2 Die Schadstoffe stammen aus schwefelhaltigen Gasen und an Luftverschmutzungen angelagerten Schwefelverbindungen, zum Beispiel Magnesiumsulfat und Natriumsulfat. Durch die Ablagerung von Staub oder Feuchtigkeit gelangen Schwefelverbindungen auf Bauwerksflächen. Dort

werden sie durch die Aufnahme von Wasser zu Schwefelsäure umgewandelt. Bodenschadstoffe gelangen durch die Kapillarität der Baustoffe in das Bauwerk. Die Schwefelsäure löst unter Wasseraufnahme und Volumenvergrößerung (bis zu 100 %) das Calziumcarbonat auf und bildet daraus Gips. Dieser Vorgang führt an weicheren Gesteinen zu Oberflächenund Tiefenschäden. Es zeigen sich schüsselartige und längliche Auswaschungen, die Fraßgängen ähnlich sind. Der Gips wird dann an der Ober-

fläche oder in Hohlräumen abgelagert. Die Wirkung zeigt sich in Ausblühungen und Absprengungen, vor allem in geschützten Bereichen wie Nischen, Verschattungen und Kehlen. Die Umwandlung zu Gipskrusten betrifft Putzflächen wie Natursteinbauteile. Die Gipskrusten bleiben ständig wasserlöslich. Das bedingt eine Einlagerung von weiteren schädigenden Salzen und auch Verschmutzungen. Viele Verschwärzungen auf Natursteinen sind eigentlich Gipskrusten. Links: Gipskrusten auf Sandstein an einem Strebepfeiler von St. Peter in Görlitz Rechts: Kalkund Gipskrusten an der Kirche St. Nikolai in Stralsund

Flechten auf einem Granitfeldsteinsockel an der Dorfkirche in Gristow/MecklenburgVorpommern

S12/11

Mitte und rechts: Flechten auf Naturstein an der Klosterkirche Maulbronn

55

56

S12/11


Turn static files into dynamic content formats.

Create a flipbook
Issuu converts static files into: digital portfolios, online yearbooks, online catalogs, digital photo albums and more. Sign up and create your flipbook.