Zimmer Das grosse Wohnbuch Callwey issuu

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DAS GROSSE

WOHNBUCH JULIANE ZIMMER & ANNE ZUBER

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Juliane Zimmer Anne zuber

D a s G r o ss e

Wohnbuch Cal lwe y * Sc hรถn e r Woh nen


Juliane Zimmer ist in einer Architektenfamilie aufgewachsen, und hat Design und Germanistik studiert. Sie war 35 Jahre lang Mitglied der SCHÖNER WOHNENRedaktion, 20 davon als stell­vertretende Chefredakteurin, und arbeitet jetzt als freie Autorin. Übers Wohnen weiß sie einfach alles.

Anne Zuber hat schon während ihres Germanistik- und Kunstgeschichtsstudiums in Hamburg überproportional viel Geld in Wohnzeitschriften investiert. Sie arbeitete in verschiedenen Redaktionen und ist heute stellvertretende Chefredakteurin und Kolumnistin bei SCHÖNER WOHNEN.

© 2014 Verlag Georg D.W. Callwey GmbH & Co. KG Streitfeldstraße 35, 81673 München www.callwey.de E-Mail: buch@callwey.de Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über <http://dnb.d-nb.de> abrufbar. ISBN 978-3-7667-2076-4 Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Projektleitung: Caroline Ditting Konzeption & Text: Juliane Zimmer Interviews: Anne Zuber Umschlaggestaltung: Claudia Haas & Therese Meyer Grafisches Konzept, Layout und Satz: Claudia Haas & Therese Meyer Bilddirektion: Judith Schüller Bildredaktion: Judith Klaus Druck und Bindung: Mohn Media Mohndruck GmbH, Güterlsoh Printed in Germany


Inhalt 6

Vorwort 8 / I.

Warum ist es so wichtig, das Zuhause zu gestalten? 18 / II.

Wie bekommt ein Raum Atmosphäre? 28 / III.

Ordnung, das Krisengebiet des Wohnens 38 / IV.

Wie viel Dekoration ist erlaubt? 48 / V.

Das Geheimnis guten Lichts 58 / VI.

Das Wichtigste über Farben 72 / VII.

Harmonie von Decke, Wand und Boden 80 / VIII.

Vom Umgang mit Mustern 90 / IX.

Wie der Garten wohnlich wird 100 / X.

Willkommen im Flur 110 / XI.

Das richtige Sofa 122 / XII.

Was macht den guten Gastgeber aus? 130 / XIII.

Küchenweisheiten 140 / XIV.

Essplatz für Familie & Freunde 154 / XV.

Was gehört ins Kinderzimmer? 162 / XVI.

Mein Homeoffice 172 / XVII.

Rückzugsort Schlafzimmer 180 / XVIII.

Baden & Wohlfühlen 190

Service und Adressen 192

Bildnachweis


Vorwort

W

enn man sich über einen langen

interviewte. Sie befragte mich nach unverrück-

Zeitraum hinweg mit Wohnen be-

baren Wahrheiten zu allen Räumen des Hauses,

schäftigt, hat man schon einige

auch zu Themen wie Gastlichkeit, Licht oder

Trends kommen und gehen sehen. Ich habe 35

Garten. Und relativ schnell stellten wir fest, dass

Jahre bei der Zeitschrift SCHÖNER WOHNEN

in diesen Texten eine ordentliche Portion Wohn-

gearbeitet, 20 davon als stellvertretende Chefre-

wissen steckte. So entstand die Idee zu dem

dakteurin. Und ich habe dabei eines gelernt: Die

Buch, das Sie nun in den Händen halten. Wir ha-

Kunst des Einrichtens ist viel mehr als das Strei-

ben darin alle Themen systematisiert und ver-

chen der Wohnzimmerwand in der Farbe der

tieft und mit Fotos anschaulich gemacht. Dass

Saison. Ich würde sogar sagen, dass die Kunst

die Bilder all das transportieren, was ich vermit-

des Einrichtens gerade darin besteht, nicht jeden

teln wollte, ist Judith Schüller zu verdanken. Sie

Trend mitzugehen, sondern sich immer wieder

ist, genau wie Anne Zuber, heute stellvertretende

die Frage nach den ganz persönlichen Bedürfnis-

Chefredakteurin bei SCHÖNER WOHNEN und

sen zu stellen. Allerdings gibt es, über diese indi-

hat es geschafft, die unverwechselbare Optik des

viduelle Herangehensweise hinaus, so etwas wie

Heftes in dieses Buch zu tragen. Auf diesen Sei-

ein Einrichtungshandwerk, das man lernen kann.

ten haben wir unsere Kompetenz gebündelt, um

Es gibt Tricks, wie man mit gewissen Problem-

einen Ratgeber zu kreieren, der die wichtigsten

zonen umgeht, wie man das richtige Möbel für den

Fragen rund ums Wohnen beantwortet, und der

richtigen Raum findet und eine angenehme und

es Ihnen einfacher machen wird, sich in Ihrem

einladende Atmosphäre schafft. Meine Erfahrung

Zuhause auch zuhause zu fühlen. Das Grundre-

mit den Lesern von SCHÖNER WOHNEN zu tei-

zept dafür verrate ich Ihnen schon vorab: ein gro-

len war die ursprüngliche Idee der Kolumne, für

ßes Stück Persönlichkeit, ein Pfund Wissen und

die mich meine Kollegin Anne Zuber monatlich

eine Prise Inspiration.

Wohnen Sie schön!

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Vorwort


Nichts ist so individuell wie die eigene Wohnung. Welche Möbel? Wie viel Ordnung? Eher lässig oder repräsen­ tativ? Diese Fragen beant­ wortet jeder anders. Für eine junge Familie ist Raum zum Leben wichtiger als eine perfekte Einrichtung.


I

Warum ist das Thema Wohnen eigentlich so elementar?

Warum ist es so wichtig, das Zuhause zu gestalten? Die Wohnung ist unser Nest in der Welt, sie soll uns stärken und beschützen wie eine dritte Haut – sie muss also genau zu uns passen.

Weil es immer um Menschen geht, und weil Wohnungen ihre Lebensart widerspiegeln. Wir verraten ganz viel von uns, wenn wir jemanden nach Hause einladen. Wenn das Flaschenregal größer ist als das Bücherbord, wenn das Badezimmer mehr Fenster hat als das Kinderzimmer ... Muss eine Wohnung perfekt gestaltet sein?

Nein, muss sie nicht, ich finde Stilbrüche viel interessanter. Wenn alles zu perfekt ist, hat die Wohnung keine Persönlichkeit mehr. Wie geht das, zu perfekt?

Designermöbel haben manchmal so einen Effekt. Wenn ich zum Beispiel ein CorbusierSofa sehe, dann weiß ich: Hier lebt ein Architekt. Natürlich ist nichts falsch daran, ein Corbusier-Sofa zu besitzen, und natürlich zeugt das auch von gutem Geschmack, aber genau das ist es ja. Diese Tatsache ist schon so allgemein anerkannt, dass man dahinter prima eine gewisse Unsicherheit verstecken kann. Mir sind wagemutige Wohnungen viel lieber. Wagemutig im Sinne von laut? Bunte Farben und wilder Stilmix?

Nein, Mut hat nichts mit dem Wohnstil zu tun, sondern damit, sich mit seinen Bedürfnissen auseinanderzusetzen und etwas von sich selbst in seiner Wohnung zu zeigen. Dazu muss man aber auch bestimmte Fragen stellen. Zum Beispiel: Wer bin ich? Was möchte ich? Brauche ich Statussymbole? Menschen, die sich damit nicht auseinandersetzen, vermitteln oft das Gefühl, sie seien bei sich selbst zu Besuch. Dann 8

Das Zuhause

gibt es plötzlich Räume, die von der Familie gar nicht genutzt werden, weil sie zwar repräsentativ, aber total ungemütlich sind. Man muss sich trauen, sein Zuhause den eigenen Bedürfnissen unterzuordnen und nicht seine Bedürfnisse dem Zuhause. Meist gelingt das Künstlern am besten – und deswegen haben sie auch so lebendige Wohnungen. Weil sie so kreative Ideen haben?

Nein, weil sie in der Regel starke Persönlichkeiten sind, unabhängiger von dem Urteil anderer. Sie nutzen ihre Wohnung nicht als Bühne, sondern als Lebensmittelpunkt. Ein Schriftsteller wird seinen Schreibtisch nicht in eine dunkle Kammer, sondern an den besten Platz stellen. Er macht sich die Wohnung zu eigen, und so wird sie authentisch. Also lieber authentisch wohnen als spektakulär?

Absolut. Wer sich über Jahre mit dem Wohnen beschäftigt, wird immer lässiger, möchte auch immer weniger besitzen. Wenn jemand zu uns nach Hause kommt, gibt es eigentlich immer die gleiche Reaktion: „Ach, sooooo wohnt ihr?“ Nämlich nicht im herkömmlichen Sinne eingerichtet, sondern relativ unperfekt und improvisiert. So bleibt man in Bewegung.


Kontraste beleben den Raum: Harter Beton liebt seidenweichen Samt, sonniges Gelb kommt vor Wolkengrau spektakulär zur Geltung. Das Feuerholz wird bildschÜn im Regal gestapelt.


Das Geheimnis dieser Wohnung sind die offenen Räume mit weiten Durchblicken und lockerer Möblierung. Das wirkt einladend, großzügig und sympathisch.


Herzlich willkommen! Ja doch, Fußmatten können die Hauptrolle spielen, wenn sie mit einem gelben Vogelkäfig und einem petrolblauen Stuhl korrespondieren dürfen. Erbstücke, wie die alte Truhe, machen die Einrichtung individuell. Ebenso die Bilderleisten, die kreativen Wandel an der Wand zulassen.

Individualität ausleben

W

ie wir wohnen zeigt, wer wir sind, und das ist auch gut so. Machen Sie sich keine Sorgen darüber, wie Ihre Einrichtung auf andere wirkt. Die Wohnung ist zum Leben da, nicht zum Vorzeigen.

Außerdem gibt es kein richtiges oder falsches Wohnen, nur ein individuelles Zuhause, das Ihnen entspricht. Und das ist gar nicht so schwer. Für den Designer Sir Terence Conran ist Einrichten sogar die simpelste Sache der Welt: 11

„Gutes Interior Design ist zu 98 Prozent gesunder Menschenverstand und nur zu 2 Prozent Ästhetik,“ sagt er. Die wichtigste Fähigkeit besteht nämlich darin, sich einfache Fragen zu stellen. Zum Beispiel diese: Wie möchte ich mit

Das Zuhause

meiner Familie leben? Oder: Wie sollen sich meine Freunde fühlen, wenn sie bei mir zu Gast sind? Nur, wenn Sie sich klarmachen, was für Sie selbst das Richtige ist, können Sie Räume auch so gestalten, dass sie zu Ihnen passen.


* Eine verspiegelte Wand erweitert optisch den Raum


DIE WOHNUNG IST KEINE BÜHNE, SONDERN DER LEBENSMITTELPUNKT

Genial gelöst: Die abgehängte, dunkle Decke gliedert den Raum. Übrigens, der dekorative schwarze Kreis an der Wand ist ein filigraner Korb.


Persönlichkeit zeigen

S

ie können es an sich selbst beobachten, wenn Sie zum ersten Mal eine fremde Wohnung betreten: In manchen Fällen werden Sie sich sofort zuhause fühlen, weil das Ambiente authentisch ist und dem Stil und Lebensgefühl der Bewohner entspricht. Und in

anderen fremdeln Sie, weil das Ganze wie ein Showroom aussieht. Ob man sich in einem Raum wohlfühlt, ist nämlich nicht in erster Linie eine Frage des Stils, sondern der Atmosphäre. Je persönlicher Sie sich einrichten, desto besser.

Klassiker wie die Corbusier-Sessel wirken häufig architektonisch streng. Nicht so in diesem Ambiente, das lässigen Charme beisteuert.

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Das Zuhause


Wählen Sie Möbel und Accessoires

Die Einrichtung muss sich entwi-

Wer alles neu macht, tötet die Indi­-

liebevoll aus. Fragen Sie sich bei jedem

ckeln und wachsen. Verabschieden Sie

vidualität. Das Kunststück besteht darin,

Stück, was es Ihnen bedeutet. Und wenn Ihnen Großmutters Kommode am Herzen liegt, hat dagegen auch das kreativste Designerteil keine Chance in Ihrer Wohnung. Am schönsten, wenn Sie über jedes Ding in Ihrer Wohnung eine Geschichte erzählen können, dann werden sich Familie und Gäste bei Ihnen auch wohlfühlen.

sich von der Vorstellung, dass alles gleich fertig sein muss. Haben Sie Mut zur Lücke! Improvisieren Sie! Wohnen ist ein Prozess, der die Stationen des Lebens widerspiegelt: Single, Paar, Familie, Kinder, Jugend, Alter. Jeder muss sich immer wieder neuen Situationen anpassen, und das darf man auch an der Einrichtung sehen.

eine Balance zwischen Trend und Tradition herzustellen. Alt und Neu, Kitsch und Kunst beleben das Ambiente, Lieblingsstücke und Erbstücke geben dem Raum Persönlichkeit. Ihre Sammlungen und Vorlieben, Ihre Hobbys und Interessen dürfen, ja sollen sogar, sichtbar sein.

Stilbrüche zulassen. Das ist besonders

wichtig, wenn zwei zusammenziehen. Am besten sucht man sich dann gemeinsam eine neue Bleibe. Wenn das nicht geht und einer in die Räume des anderen reinrutschen muss, sollte man wenigstens gedanklich neu anfangen. Gehen Sie von der Vorstellung aus, dass die Wohnung leer ist, und richten Sie sie so ein, als wäre sie gemeinsam angemietet worden. Dabei darf jeder seine Lieblingsstücke behalten. Ganz sicher entsteht ein interessanter Stilmix, mit dem beide leben können. 15

Das Zuhause


Dunkles Anthrazit gibt dem Ă–rtchen Profil. Der Clou sind die Bilderleisten: Viel Unterhaltung braucht wenig Platz.


* Die wichtigsten Wohnbedürfnisse

Moderner Salonstil: Elegantes Spiel mit fotografisch vergrößertem Porträt, sinnlichen Formen und raffinierten Farbnuancen.

W

ir brauchen nur Sekunden um zu entscheiden, ob der Mensch, der uns gegenübersteht, sympathisch ist. Und manchmal ist es Liebe auf den ersten Blick. Genauso verhält es sich mit der Architektur und Innenarchitektur. Sie wirkt auf jeden, wir erfassen sie intuitiv. Warum uns eine bestimmte Umgebung guttut, eine andere aber bedrückt, hat Gründe. Die sind individuell und nicht objektivierbar. Darüber sollten Sie nachdenken, bevor Sie sich einrichten. Das wichtigste Bedürfnis ist das nach Schutz und Geborgenheit. Der eine braucht eine Höhle, der andere Luft zum Atmen. Fühlen Sie sich hinter riesigen Fensterfronten ausgestellt? Dann ziehen Sie lieber in die kuschelige Dachwohnung. Gemeinsamkeit und Geselligkeit sind ebenfalls Grundbedürfnisse. Je nach Lebensstil brauchen Sie dafür mehr oder weniger Platz. Wie repräsentativ muss das sein?

Besonders Familien müssen klären, wie viel Nähe oder Distanz sie sich wünschen. Braucht jeder sein eigenes Zimmer? Oder darf sich in einem Raum alles bunt mischen? Fragen Sie sich, ob ein offener Grundriss Ihrem Naturell entspricht. Auch die Frage nach der Ordnung ist elementar. Wenn Sie es aufgeräumt schätzen, müssen Sie von Anfang an Einbauschränke einplanen – auch und gerade in den Kinderzimmern. Lieben Sie Kochen und Gastlichkeit? Dann muss die Küche angemessen ausgestattet sein und eventuell in einen passenderen Raum umziehen. Gibt es morgens Probleme, weil alle gleichzeitig aus dem Haus müssen? Denken Sie über ein zweites Bad nach!

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Das Zuhause

Gehören kleine Kinder und Haustiere zur Familie? In dem Fall sollten Möbel, Materialien und Böden unempfindlich sein. Bequemlichkeit und Komfort dürfen dabei nicht auf der Strecke bleiben. Brauchen Sie Ruhe und Rückzugsmöglichkeiten zum Arbeiten und Alleinsein? Dann sollte jeder seine Tür zumachen können, auch die Kinder. E x t r a -T i p p Schärfen Sie Ihr Auge. Auch das Wohnen der anderen ist interessant, weil man lernt, was sich gut und richtig anfühlt. Das ist vergleichbar mit dem Know-how eines Restaurantkritikers. Der muss viel gegessen haben, bevor er ein fundiertes Urteil fällen kann. Deshalb: Gehen Sie mit offenen Augen durch die Welt. Je mehr Sie übers Wohnen wissen, desto leichter können Sie die eigenen Bedürfnisse eingrenzen und einen Kriterienkatalog aufstellen, denn: Fehlentscheidungen sind teuer.


II

Hat nicht jeder Raum sowieso eine Atmosphäre?

Im Prinzip ja, denn Atmo­sphäre ist, um das mal ganz nüchtern zu beschreiben, die wahrnehmbare Stimmung an einem Ort. Die kann natürlich auch schlecht sein, und insofern stimmt es, dass jeder Raum eine hat. Wodurch entsteht eine gute Atmosphäre?

Wie bekommt ein Raum Atmosphäre? Nur mit Ihrer Hilfe. Denn das Gefühl für Räume setzt sich aus Erinnerungen, Erlebnissen und Erwartungen zusammen, die ganz individuell sind.

Gute Atmosphäre hat nichts mit Stil, nichts mit Geld und nichts mit Design zu tun, sie hat mit der Liebe zu den Dingen zu tun. Und sie geht von den Menschen aus, die die Wohnung mit Leben füllen. Darum ist es so wichtig, dass man sich seinen eigenen Bedürfnissen entsprechend einrichtet: Das eigene Wohlbefinden wird von anderen wahrgenommen. Dann gibt es gar keine allgemeingültigen Zutaten, die garantiert ein Haus mit guter Atmosphäre entstehen lassen?

Doch, die gibt es. Die allerwichtigste ist Herzlichkeit. Pflegen Sie ein offenes, gastfreundliches Haus, das ist schon mal die halbe Miete. Apropos Gastfreundschaft: Warum landen auf Partys immer alle in der Küche?

Weil sie so ein sinnlicher und kommunikativer Ort ist. Es riecht nach gutem Essen, ein Herd verbreitet Wärme, meist ist der Raum so klein, dass man dicht zusammenrücken muss. Daraus lernen wir, dass es wichtig ist, die Sinne anzusprechen. Und wie tut man das?

Zum Beispiel mit den richtigen Materialien wie etwa Holz, Samt, Wolle; solchen, die eine 18

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angenehme Haptik haben und schön altern. Das ist ein ganz wichtiger Punkt: Wenn etwas Patina angesetzt hat, aber trotzdem noch gut aussieht, erzeugt das viel mehr Wärme als eine glatte, perfekte Oberfläche. Alte Dinge können Geschichten von ihrem Vorleben erzählen, was einer der Hauptgründe dafür ist, dass Vintage-Möbel so beliebt sind. Und bei Häusern ist das ähnlich?

Ja, deswegen wohnen so viele Menschen lieber in einem Altals in einem Neubau. Aber ich finde auch moderne Architektur sehr ansprechend. Wichtig ist immer die Balance. Gerade Linien brauchen zum Ausgleich sanfte Kurven, harte Materialien einen weichen Gegenspieler. Was gibt es noch für Atmosphäre-Retter?

Gute Atmosphäre hat ganz viel mit Gemütlichkeit zu tun. Und die besten Freunde der Gemütlichkeit sind üppige Sofas, ein knisterndes Kaminfeuer, warme Farben, weiches Licht. Komfort gehört natürlich auch dazu. Ich glaube, darauf können sich alle einigen.


Wer möchte sich da nicht langmachen? Die legere Stimmung von Ferienhäusern können Sie in den Alltag retten – mit natürlichen Materialien und einem entspannten Wohnstil.


Sorgen Sie für ein gutes Lebensgefühl

A

tmosphäre ist eine Frage der emotionalen Wahrnehmung. Der bekannte Schweizer Architekt Peter Zumthor beschreibt das so: „Wenn einem ein Raum gefällt, dann spürt man das, man denkt es nicht. Es gibt eine Wechselwirkung zwischen den Menschen und den Din-

gen.“ Umgeben Sie sich deshalb mit Dingen, die Sie lieben, die Ihnen guttun und mit denen Sie etwas verbindet. Seien Sie authentisch. Dann bekommt Ihre Wohnung ein eigenes Gesicht und die gute Atmosphäre entsteht ganz von allein. Aber vermeiden Sie alles, was zu perfekt und zu gestylt ist.

Wenn jedes Stück eine Geschichte erzählt, wird die Wohnung zum offenen Buch und weckt Interesse, wie dieses Arrangement, das die Natur zum Thema hat. So schlicht kann ein Bad sein. Hier muss man nicht gleich jedem Spritzer hinterherputzen, weil die Materialien robust sind und gut altern können.

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Fenster bis zum Boden erweitern den Raum und lassen ihn Sonne tanken. Schöner Nebeneffekt: Die Korbmöbel fühlen sich wie im Grünen.


Eine lebendige Atmosphäre braucht Veränderungen.

Einrichten mit leichter Hand: Besonders, wenn Sie Kinder ha-

Und das meint nicht, sich permanent neu einzurichten, sondern zeitlose, wandelbare Basics zur Grundlage der Einrichtung zu machen. Praktisch und auch umzugsfreundlich ist zum Beispiel ein Regal in Elementbauweise, das sich immer wieder anders arrangieren lässt. Das Sofa sollte eine klassische Form und eine neutrale Farbe haben, damit es sich verschiedenen Stilen anpassen kann. Und der schöne, alte Holztisch begleitet Sie ein Leben lang, weil er mit neuen Stühlen immer wieder jung wird. Mit modischen Accessoires, die ab und zu ausgetauscht werden, bringen Sie Aktualität rein und können auch Trends mitmachen.

ben, funktionieren leicht und lässig eingerichtete Räume am besten, weil sie ein unkompliziertes Familienleben garantieren. Achten Sie darauf, dass alle Materialien strapazierfähig und pflegeleicht sind. Wenn Sie trotz Kind und Hund von einem weißen Sofa nicht lassen wollen, dann nehmen Sie eins mit Husse, die man waschen kann.

Schön wohnen ist ein Puzzlespiel. Kaum jemand richtet sich

auf einen Schlag komplett neu ein. Manchmal gibt es Zwischenlösungen, weil man das Passende nicht findet oder die Investition zu hoch wäre. Seien Sie froh darüber, so haben Sie Platz für Neues. Wenn Sie dann auf Ihrer nächsten Reise endlich den perfekten Teppich fürs Wohnzimmer finden, darf er mitkommen. 23

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Wählen Sie natürliche Materialien

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tmosphäre entsteht wie ein guter Kuchen durch ehrliche Zutaten – nämlich durch sinnliche, natürliche Materialien. Wie zum Beispiel Holz und Stein, die gut altern und dabei immer schöner werden; oder Leder, das mit seiner streichelzarten Ober-

fläche schmeichelt; und Textilien wie Samt, Seide, Wolle und Leinen, die mit weichem Griff verführen. Außerdem brauchen Sie noch die drei großen K: Komfort, Kaminfeuer, Kerzenlicht. Die sorgen dafür, dass der Kuchen aufgeht.

Lasierende Farben geben Möbeln Charme. Das verwaschene Hellgrün der Schranktüren wirkt viel lebendiger als ein deckender Anstrich.

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Warme Farben sind ein Garant für Gemütlichkeit. Aber Vorsicht, zu viele

davon wirken leicht muffig. Um den Look aufzufrischen reicht es schon, wenn Sie als Störer ein paar Accessoires in einer Kontrast- oder Knallfarbe reinschmuggeln. Das können einzelne Kissen, eine Gruppe von Vasen oder ein gemusterter Teppich sein, also Dinge, die sich auch wieder auswechseln lassen, wenn sie Ihnen nicht mehr gefallen. Gutes Licht ist der Stimmungs-

Setzen Sie auf Qualität. Alles, was Qualität hat, verträgt sich miteinander, egal welcher Stil, welche Epoche und welche Preiskategorie. So belebt zum Beispiel der alte chinesische Schrank das Designersofa, und die teure Hightech-Küche steht gern neben dem rustikalen Bauerntisch vom Flohmarkt. Je ungewöhnlicher die Paarungen, desto besser. Damit kein Missverständnis aufkommt: Es geht nicht in erster Linie um den finanziellen, sondern um den ideellen Wert der Dinge. Auch der stellt eine Qualität für sich dar.

macher Nummer eins. Viele Lichtquellen

sind gemütlicher als eine zentrale Gesamtbeleuchtung. Schaffen Sie einzelne Lichtinseln. Schirmen Sie grelle Leuchtmittel mit getönten Lampenschirmen ab, zünden Sie Kerzen an. Deren sanfter Schein ist lebendiger als jede Leuchte.

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Sprechen Sie alle Sinne an. Das ist besonders wichtig, wenn Sie gerne Gäste haben, denn jedes Detail trägt zur Atmosphäre bei. Ist der Stuhl bequem? Ist der Tisch groß genug? Fühlt sich die Tischplatte warm und solide an? Riecht es gut? Ist die Musik angenehm? Ist das Licht überm Esstisch abgeblendet? Ist die Dekoration liebevoll? Man muss sich nur fragen, warum auf Partys immer alle zu später Stunde in der Küche zusammenkommen. Weil sie nämlich ein sinnlicher, kommunikativer Ort ist. Das sollte für die ganze Wohnung gelten.


DA S U LT I M AT I V E BUC H VO M WO H N E N Wie bekommt ein Raum Atmosphäre? Welches ist das richtige Sofa? Ist Ordnung das halbe Leben? Was ist das Geheimnis guten Lichts? SCHÖNER WOHNEN Expertin Juliane Zimmer kennt die Antworten. Seit über 35 Jahren beschäftigt sie sich mit dem Thema Einrichten. Ihr fundiertes Know-how hat sie zusammengetragen und es entstand dieser essentielle SCHÖNER WOHNEN-Guide für eine persönliche Einrichtung. DAS GROSSE WOHNBUCH präsentiert in 18 Kapiteln, wie man seinen eigenen Stil findet. Die Autorin verrät die perfekte Lösung für jeden Grundriss und auf welche Details man achten muss. Dieses Buch ist Orientierungshilfe für Interior-Einsteiger und ausführliches Nachschlagewerk für den erfahrenen Wohn-Stylisten. • IN ZUSAMMENARBEIT MIT EUROPAS GRÖSSTER WOHNZEITSCHRIFT SCHÖNER WOHNEN • WOHNEXPERTIN JULIANE ZIMMER BEANT WORTET DIE WICHTIGSTEN FRAGEN • DER UMFANGREICHE EINRICHTUNGSRATGEBER MIT GROSSZÜGIGEN FOTOBEISPIELEN VOLLER TIPPS UND IDEEN

ISBN 978-3-7667-2076-4

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