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Das Caritas-Programm ermöglicht neue Berufsperspektiven und unterstützt höhere Qualitätsstandards im Bausektor.
Eine gute Berufsausbildung ist ausschlaggebend
Haiti hat eine junge Bevölkerung und eine hohe Arbeitslosigkeit. Viele Jugendliche machen ihre Ausbildung in nicht reglementierten Ausbildungsberufen. Ein neues Caritasprojekt fördert Berufsausbildungen in der Baubranche. Das Programm ermöglicht bessere Berufsperspektiven und erhöht die Qualitätsstandards beim Bauen.
«Das Leben ist nicht einfach, schon gar nicht auf Haiti, aber ich werde weiterkämpfen», so die entschlossene Aussage von Philipe Joseph*, der gerade eine Berufsausbildung im Bausektor absolviert. Philipe ist in Jacmel geboren und aufgewachsen. Seine Familie hält sich mit
«Dank der Caritas-Ausbildung kann ich neue Bautechniken erlernen.»
einem kleinen Laden über Wasser. Philipe hat die Grund- und Sekundarschule besucht, besitzt aber keinen Schulabschluss.
Jugendliche wie Philipe sind genau die Zielgruppe des Caritasprojekts. Während seiner Ausbildung schliesst der 22-Jährige seine Wissenslücken. «Diese Ausbildung gibt mir Selbstvertrauen. Ich weiss jetzt, dass ich noch weitergehen kann.»
Der 32-jährige Charles Clairveau* wuchs in einer sehr armen Bauernfamilie auf. «Bevor ich im Bausektor tätig wurde, arbeitete ich in der Landwirtschaft», erzählte er. «Durch die Ausbildung bei Caritas lerne ich neue Bautechniken und verbessere mein Fachwissen.»
Frauen besser integrieren
Die Theoriestunden absolvieren Philipe und Charles im Klassenraum, die praktische Ausbildung findet zum Grossteil auf der Baustelle statt. Dieses duale Ausbildungssystem besitzt auf Haiti eine hohe Anerkennung. Denn in diesem armen Land machen viele Jugendlichen Ausbildungen in nicht reglementierten Ausbildungsberufen. Das von der Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (Deza) finanzierte Caritasprojekt bietet eine staatlich akkreditierte Ausbildung und gibt jungen Frauen und Männern ohne Schulabschluss eine Berufsperspektive. Zusätzlich leistet das Projekt einen Beitrag zu höheren Qualitätsstandards im Gebäudebau, ein wichtiger Sicherheitsfaktor angesichts der hohen Erdbeben- und Hurrikangefahr.
Die Projektverantwortlichen möchten auch die Zahl der Frauen, die einen technischen Beruf ergreifen, steigern und ihre Aktzeptanz im Baubereich verbessern. Deshalb arbeitet das Projektteam gezielt mit Baustellenleiterinnen zusammen.
«Nach Abschluss meiner Ausbildung möchte ich mein Studium fortsetzen, um Ingenieur zu werden», erzählt Philipe. Wie auch immer sich die Zukunft von Philipe und Charles entwickeln mag, in jedem Fall können sie durch ihre neuen Berufsperspektiven auch die wirtschaftliche Situation ihrer Familien verbessern. (vm)
*Namen wurden geändert
Salim glaubt an seinen Traum
Text: Fabrice Boulé Recherche: Zeina Shahla Bilder: Hasan Belal
Salim hat viele Freunde in seinem Quartier. Der Junge war Opfer einer Mine. Am selben Tag hat er seine beiden Brüder verloren.
Das Leben von Salim ist hart. Trotzdem ist er voller Energie und versprüht eine unglaubliche Lebensfreude. Die Schule hat für Salim extra das Klassenzimmer ins Erdgeschoss verlegt.
Salim und Zahra* sind Kinder des Krieges. In ihren zerstörten Quartieren wird nicht mehr gekämpft, aber alles muss neu aufgebaut werden. Der 9-jährige Salim und die 13-jährige Zahra kämpfen jeden Tag ums Überleben. Zusammen mit ihren Familien versuchen sie, ihre Zukunft Schritt für Schritt ein wenig zu verbessern. Caritas bietet psychologische und soziale Betreuung, hat zwei Schulen wieder aufgebaut und steht den Lehrpersonen mit pädagogischem Rat zur Seite. Seit 2012 hilft Caritas den Not leidenden Menschen in Syrien und in den Nachbarländern.
Jarba. Ein Ort in Ost-Ghouta, einer grossen Region in der Nähe von Damaskus, die früher als Kornkammer und Obstgarten der syrischen Hauptstadt galt. Wie andere Orte in Ost-Ghouta stand Jarba monatelang unter Dauerbeschuss, als
die syrische Armee versuchte, die Widerstandskämpfer zu vertreiben. Spitäler und Schulen wurden bombardiert. Der Kampf um ein paar wenige Gebäude dauerte manchmal Wochen. Es gab Tausende von zivilen Opfern. Jarba liegt heute in Ruinen. Salim und Zahra sowie ihre Familien versuchen, ihr Leben auf den Trümmern – und zwischen den Minen – wiederaufzubauen.
Vor gut zwei Jahren riss eine solche Mine Salim beide Beine ab und tötete seine zwei Brüder. «Ich höre jetzt noch, wie die Kinder mich verzweifelt herbeigerufen haben», erinnert sich Leila, die Mutter von Salim. «Ich werde den Tag nie vergessen.» Als hätte sie nicht schon genug Leid erlitten, verschwand zu jener Zeit auch ihr Mann, von dem sie nie wieder etwas hörte. Leider verschwanden im Krieg immer wieder Menschen. All dies geschah, als die Familie nach den Kämpfen wieder nach Jarba zurückkehrte, nachdem sie sieben Jahre lang an verschiedenen Orten rund um Damaskus gelebt hatte.
Von einem Tag auf den andern allein mit Salim und der älteren Tochter, unternahm Leila alles, um ihren Sohn in Syrien und im Ausland behandeln zu lassen. «Er ist noch zu jung für Prothesen. Im Moment hat er lieber seinen Rollstuhl. Er hat eine unglaubliche Energie und verbreitet überall Freude», erzählt Leila lächelnd.
Freunde und Unterstützung
Salim hat viele Freunde, die ihn beschützen. Frühmorgens verlässt er mit seiner Mutter und seiner Schwester das Haus. Sofort eilen seine Freunde herbei und schieben seinen Rollstuhl durch die Strassen bis zur Schule. «Sie haben sogar das Klassenzimmer ins Erdgeschoss verlegt für mich», freut sich der Junge. «Aber es gibt trotzdem ein paar Stufen bis zu meinem Pult. Jetzt im Winter friere ich sehr», fügt er in gutem Englisch, seinem Lieblingsfach, hinzu. Kein Wunder – in einer Schule ohne Türen und Fenster, mit von Schüssen durchlöcherten Mauern. Unter diesen Bedingungen zu lernen ist nicht einfach. Es mangelt auch an Lehrern und die Klassen sind riesig. Salim zeichnet gerne Bäume und die Natur – er ist sehr geschickt und bastelt oft Objekte aus Holz oder Metall. «Ich möchte Ingenieur werden. Das ist zwar schwierig, aber ich spüre, dass ich die Kraft dazu habe. Ich möchte meine Träume verwirklichen, auch wenn ich im Rollstuhl sitze», sagt Salim voller Enthusiasmus. Seine Augen strahlen und schon ist er weg, um mit seinen Freunden im Schulhof zu spielen.
Als kleines Mädchen musste Zahra mit ihren Eltern ihr Haus verlassen und hat es Jahre später zerstört vorgefunden. Ihr schulischer Werdegang war schwierig, jetzt fasst sie wieder Vertrauen.
Traumatisierte Kindheit
Eines Abends, Ende August 2011, sass die Familie der dreizehnjährigen Zahra vor ihrem Haus in Jarba. Plötzlich stürmten Dutzende von Angreifern das Quartier. Es war eine schreckliche Nacht. Die
Zahras Selbstvertrauen kommt langsam zurück.
Familie blieb glücklicherweise unverletzt. Am nächsten Morgen ergriff sie die Flucht und zog in den folgenden Monaten von einem Ort zum andern. Bis sie sich in der Bekaa-Ebene im benachbarten Libanon niederliessen. Der Vater von Zahra konnte nicht in seinem angestammten Beruf als Lehrer arbeiten. Stattdessen nahm er Gelegenheitsjobs in der Landwirtschaft an. Auch die Kinder konnten kaum zur Schule gehen. Zahra besuchte die Schule ein ganzes Jahr lang nicht. Ende 2018 kehrte die Familie nach Jarba zurück. Ihre Hoffnung, wieder in ihrem Haus leben zu können, wurde enttäuscht. Ein Teil des Hauses war niedergebrannt und Hab und Gut geplündert. Mit der Hilfe ihrer Brüder konnte Zahras Vater das Haus wieder einigermassen instand setzen.
Zahra ist ein scheues Mädchen. Ihr Vater erzählt, dass sie völlig traumatisiert ist von den Gewalttaten in jenem Sommer 2011, den Erlebnissen auf der Flucht sowie der ständigen Angst und Unsicherheit. Es fehlt ihr ein sicherer Rahmen, den sie nicht zuletzt durch einen regelmässigen Schulbesuch erhalten würde. «Ihre Hoffnung, ihr Zimmer und ihre Spielsachen nach unserer Rückkehr aus dem Libanon wiedervorzufinden, wurde vernichtet», erklärt der Vater. «Ich mache mir wirklich grosse Sorgen um Zahra. Aber es hilft ihr sehr, dass sie in der Schule zwei Mal pro Woche Zeit von Caritas-Mitarbeitenden betreut wird. Ihr Selbstvertrauen kommt langsam zurück und sie kann ihren Rückstand beim Lesen und Schreiben aufholen.» Zahra und ihre Familie besuchen auch regelmässig das kürzlich in Jarba eröffnete psycho-soziale Zentrum von Caritas.
Um zu verhindern, dass Salim und Zahra wegen dem Krieg zu einer verlorenen Generation gehören, will Caritas vor allem für junge Menschen Hoffnung und Zukunftsaussichten schaffen. Sie sollen sich sicher fühlen und lernen können.
Millionen von Kindern ohne Schulbildung und ohne Abschlussdiplom
In Syrien gehen mehr als zwei Millionen Kinder nicht in die Schule und 1,3 Millionen müssen sie möglicherweise ohne Abschluss verlassen. Viele mussten die Schule wegen dem Krieg abbrechen oder eine Zeit lang unterbrechen. Gemäss den Vereinten Nationen sind sechs Millionen junge Menschen für die Schulbildung in ihrem Land auf Unterstützung angewiesen. Allein in Ost-Ghouta sind es eine Million Kinder. Zudem fehlt es in Syrien heute an rund 140 000 Lehrpersonen.
In Jarba hat Caritas zwei Schulen (drei Gebäude) wieder aufgebaut. Bald können hier 800 Kinder die Schule unter guten Bedingungen besuchen. Caritas steht den Lehrpersonen in der Schule mit pädagogischer Unterstützung bei und stellt Schulmaterial zur Verfügung. Sozialarbeiter leiten an zwei Tagen in der Woche Kindergruppen in diesen zwei Schulen. Caritas ermöglicht es den Kindern, in einem sicheren und geeigneten Rahmen zu lernen. Überdies bildet sie Lehrkräfte und Mitarbeitende für die Betreuung von traumatisierten Kindern aus.
* Namen von der Redaktion geändert
Weitere Informationen: caritas.ch/syrien
Die Journalistin Zeina Shahla und der Fotograf Hasan Belal aus Damaskus haben im Januar 2021 im Auftrag von Caritas Schweiz Ost-Ghouta besucht und diese Reportage recherchiert.
Zahra geht es jeden Tag etwas besser, seit sie in der Schule so gut betreut wird.
Syrienkrise: Caritas seit fast 10 Jahren im Einsatz
Seit fast zehn Jahren ist Caritas Schweiz für die Opfer der Syrienkrise im Einsatz. Unsere Präsenz vor Ort und die Zusammenarbeit mit unseren lokalen Partnern ermöglichten über all die Jahre eine umfassende, schnelle und auf die dringendsten Bedürfnisse ausgerichtete humanitäre Hilfe. Zudem konnte Caritas Schweiz ein engmaschiges Netzwerk aufbauen, über das sie die Betroffenen direkt erreicht.
Unterstützung mit Bargeld Ein wichtiges Element unseres Programms ist die direkte Unterstützung von Not leidenden Haushalten mit Bargeld (cash assistance). Bereits im zweiten Jahr hat Caritas Schweiz zusammen mit dem World Food Programme den Co-Vorsitz in der Cash Working Group Syrien übernommen. Zugang zu öffentlicher Bildung Zusammen mit den Behörden des Libanon entwickelt Caritas Schweiz ein Modell zur Lehrerfortbildung, um Lehrpersonen landesweit für den Unterricht von syrischen Flüchtlingen vorzubereiten. Diese systemische Hilfeleistung sichert jungen Syrern und Libanesen den Zugang zum öffentlichen Schulwesen.
Pädagogische Unterstützung Die Mitarbeiter in den Sozialzentren in Syrien betreuen die Kinder aufmerksam und liebevoll. Die Kinder können spielen und sich ausruhen. In Jarba in Ost-Ghouta hat Caritas zwei Schulen wiederaufgebaut. Dort steht sie den Lehrpersonen mit pädagogischem Rat zur Seite. Zwei Mal in der Woche sind Caritas-Teams in der Schule und organisieren Aktivitäten mit den Kindern.
Zugespitzte Lage nach Explosion in Beirut
Die Explosion im Hafen von Beirut im August 2020 hat die bereits prekäre Lage in der Krisenregion weiter zugespitzt. Durch die verschärfte Armut im Libanon entsteht bei der Verteilung von humanitären Leistungen eine Konkurrenzsituation: Die Einheimischen müssen die Hilfsgüter mit den syrischen Flüchtlingen, die sie in ihrem Land aufgenommen haben, teilen. In den letzten zwei Jahren konnte Caritas Schweiz die Hilfsleistungen und Partnerschaften in Syrien und den zwei Gastländern Libanon und Jordanien ausweiten. Dabei fokussierte sie auf Nothilfe, Bildung in Krisensituationen sowie existenzsichernde Massnahmen. Caritas verbindet dabei kurzfristige Hilfsmassnahmen mit langfristiger Entwicklungszusammenarbeit für eine nachhaltige Verbesserung.
Sarah Omrane arbeitet seit über zwei Jahren für Caritas Schweiz im Libanon.
Im Einsatz für die eigene Stadt
Sarah Omrane (34) koordiniert seit 2018 von Beirut aus einen Teil der humanitären Caritas-Projekte im Libanon. Mit der Explosion vom 4. August 2020 war sie plötzlich selbst von einer Katastrophe betroffen – und entwickelte das Hilfsprogramm von Caritas Schweiz für ihre Stadt mit.
«Als ich am dritten Tag nach der Explosion bei einem der Caritas-Hilfszelte ankam, standen dort Freiwillige aus dem ganzen Land. Alle wollten helfen. Diese Solidarität hat mich berührt und motiviert, mein Bestes zu geben, um wirklich etwas zu bewirken für die Betroffenen in meiner Stadt. Meine eigene Familie hatte unglaubliches Glück: Obwohl unser Haus schwer beschädigt wurde, blieben wir unverletzt.
Bargeldhilfe und psychologische Unterstützung
Wie sollen sich gerade arme und verletzbare Menschen in einer Finanzkrise und rasant steigender Arbeitslosigkeit von den Folgen der Explosion erholen? In meinem Viertel sind jetzt, mitten im Winter, immer noch viele Reparaturen offen. Den Familien fehlen die Mittel, um ihre Wohnungen instand zu stellen. Psychische Probleme haben stark zugenommen. Mit wem ich auch spreche: So viele hatten bereits ihr Erspartes oder den Job verloren. Der zusätzliche Verlust von Gesundheit oder Obdach durch die Explosion ist da kaum mehr zu verkraften. Deshalb sind Bargeldhilfe und psychologische Unterstützung wichtige Pfeiler des Caritas-Programms.
Als humanitäre Fachpersonen sind wir dafür ausgebildet, den Hilfsbedarf abzuklären, Projekte zu entwerfen und mit Personen zu arbeiten, die von einer Katastrophe betroffen sind. Für die eigene Gemeinschaft tätig zu sein – das war für mich eine neue, schwierige, aber auch sehr schöne Aufgabe. Wir Libanesinnen und Libanesen müssen jetzt vorwärtsschauen und uns weiter einsetzen für ein Land, in dem wir alle in Würde leben können. Es bleibt uns nichts anderes übrig.» (ah)
Mehr Informationen zur Caritas-Hilfe in Beirut: caritas.ch/beirut
Als Freiwillige für Caritas Libanon
Theresia, (23), Beirut
«Seit 6 Jahren arbeite ich als Freiwillige bei Caritas Libanon. Die Not der Menschen hier ist unglaublich gross. Sie sind dringend auf die Unterstützung von ausländischen Spendern angewiesen. Wir sind sehr dankbar für jede Hilfe aus dem Ausland. Denn trotz der enormen Not, die hier seit der Explosion im letzten Sommer herrscht, bleibt die hiesige Regierung untätig.»
Lauren, (23), Beirut
«Als Freiwillige bei Caritas Libanon habe ich das Leiden der Opfer hautnah miterlebt. Wir haben auf der Strasse geschlafen, um sicher zu sein, allen Menschen in ihrer akuten Not beistehen zu können. Wenn man das Leid der Menschen nicht teilt, wird man niemals ihren Schmerz verstehen können. Ich wünsche mir sehr, dass allen geholfen wird.»
Yexibel kann ihren Mann Miguel nie lange allein zu Hause lassen. Er braucht viel Betreuung.
Yexibel kämpft in Kolumbien für ihre Familie
Yexibel und ihr Mann Miguel sind vor der Versorgungskrise in Venezuela nach Kolumbien geflüchtet. Miguel musste dringend operiert werden und braucht seither Betreuung. Yexibel und ihre Familie erhalten Unterstützung von Sepas, einer Caritas-Partnerorganisation.
Yexibel (23) ist eine von Millionen venezolanischen Flüchtlingen, die den chaotischen Zuständen und der Not in ihrer Heimat den Rücken gekehrt haben. Der Hauptgrund aber, weshalb sie und ihr Mann Miguel
(35) vor sechs Jahres nach Kolumbien migrierten, war Miguels Gesundheitszustand. Er litt an Herz-Lungenproblemen und musste dringend operiert werden. In Venezuela war dies nicht möglich, denn im Gesundheitswesen fehlt es dort an allem. Trotz Yexibels Schwangerschaft reisten sie nach Kolumbien und wohnen heute noch in der Grenzregion. Kurze Zeit nach ihrer Ankunft wurde ihr Sohn Santiago* geboren. Dann wurde Miguel insgesamt dreimal operiert. Noch heute ist er abhängig von einem Sauerstoffgerät, sowie von verschiedenen teuren Medikamenten. Arbeiten kann er nicht mehr.
Yexibel kann ihren Mann nie lange allein zu Hause lassen. Trotzdem muss sie die Familie über die Runden bringen. Sie verkauft Kosmetikprodukte über Zeitschrifteninserate, das kann sie von zu Hause aus machen. Zudem nimmt sie kleinere Gelegenheitsjobs an, die es zulassen, dass sie möglichst viel zu Hause ist. Neben der Betreuung und der Arbeit schafft sie es nicht, sich genügend Zeit für ihren 6-jährigen Sohn zu nehmen. «Deshalb wohnt Santiago bei meiner Mutter auf der anderen Seite der Grenze in Venezuela. Er kommt regelmässig zu Besuch», sagt sie mit Wehmut. «Während des Lockdowns konnten wir ihn fast ein Jahr lang nicht sehen. Das war eine schlimme Zeit», erinnert sie sich.
Viele Hindernisse zu überwinden
Im letzten Jahr setzten die verschiedenen Corona-Schutzmassnahmen Yexibel arg zu. Ware, die sie exportieren wollte, wurde an der Grenze blockiert, die Auszahlung verzögerte sich. Oft wusste sie nicht, wie sie ihre Familie ernähren sollte. Dazu die ständige Sorge um ihren Mann.
Yexibel hofft, dass ihr Mann eines Tages wieder gesund wird. Die Familie wünscht sich nichts sehnlicher als ein eigenes Zuhause, wo sie sich sicher fühlen können. «Auch wenn es nur ein Zimmer wäre, aber es soll unseres sein», sagt sie unter Tränen. Sie ist froh um die Unterstützung, die sie von Sepas, der Partnerorganisation von Caritas, erhält. Die medizinischen Pflegesets, aber auch die Betreuung sind von unschätzbarem Wert. «Es tut so gut, jemandem sein Herz ausschütten zu können und Unterstützung zu erhalten», meint Yexibel. «Danach fühle ich mich erleichtert und glaube wieder an die Zukunft.» (lf)
* Name geändert