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HOLZFIGUREN-UNIKUM
IMMER AUF DER SUCHE NACH DEM SCHÖNEN
WARUM DER 82-JÄHRIGE GÜNTHER ROTH NOCH HEUTE IM KUNSTHANDWERK-GESCHÄFT STEHT
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Fotos: © ste Ob Eulen, Engel oder rosa Nilpferde: Günter Roth hat sie alle in seinem Sortiment.
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Der kleine Laden an der Freiburger Schusterstraße ist ein absolutes Unikum. Wer Weihnachten sucht, wird hier fündig: Davon kündet schon das mit winzigen Holzfiguren aus dem Erzgebirge über und über geschmückte Schaufenster. Wer das Kleinod betritt, trifft auf Günther Roth – er hat das Geschäft vor genau 55 Jahren eröffnet.
„So ein Laden war schon immer mein Traum“, erzählt er mit funkelnden Augen. Um ihn zu verwirklichen, hat der heute 82-Jährige so einiges auf sich genommen, tut es immer noch, denn schon seit Monaten steht er ganz alleine hinter der kleinen Theke. „Zum letzten Mal Urlaub habe ich vor 20 Jahren gemacht“, sagt er, ganz nüchtern und ohne jegliche Spur von Selbstmitleid, denn: Dieser Laden ist sein Leben.
Geboren im bayerischen Coburg,
nahe der Grenze zu Thüringen, wuchs er in, wie er sagt, „allereinfachsten Verhältnissen“ auf. „Meine Eltern waren arm“, erinnert er sich, „doch sie haben mir etwas mitgegeben.“ Nämlich die Freude an schönen Holzspielsachen. Mit einem Kaufladen, den die Familie von Freunden geschenkt bekam, nahm sie ihren Anfang – geblieben ist sie bis heute. Ob rosarote Nilpferde oder Zitronenscheiben, Grashüpfer oder hellblaue VW-Käfer, Eulen oder ein Mini-Akkordeon – all das gibt es in Roths Kunsthandwerk-Laden als Anhänger für den Weihnachtsbaum. Und all das wurde in Deutschland gefertigt, genau wie die kleinen Zinnfiguren aus Bayern oder die aus dem Erzgebirge stammenden kleinen Holzfiguren – vom Engel bis zum schwarzen Teufelchen mit Dreispitz – oder die schönen Spieldosen. „Ich war schon immer auf der Suche nach dem Schönen, bei mir finden Sie nichts aus China“, sagt er entschieden, während im Hintergrund leise klassische Musik zu hören ist. „Mit null und nichts“ kam der gelernte Schreiner vor Jahrzehnten nach Freiburg, musste kämpfen, um von der Volksbank einen Kredit über 11.000 D-Mark zu bekommen, und baute sich so Stück für Stück sein kleines Schmuckkästchen an der Schusterstraße 13 auf. Der Vermieter sei ihm wohlgesinnt, bis heute sei die Miete für ihn bezahlbar geblieben – das sei wichtig, denn viel abwerfen würde sein Laden nicht. „Auch heute noch muss ich am 1. eines Monats schauen, woher mein Geld kommt.“ Aber – und das sagt er nicht ohne Stolz – er habe die ganzen Jahre durchgehalten, während um ihn herum etliche Geschäfte ihre Türen schlossen. „Ich musste so manche schwierige Situation durchstehen. Aber den Bettel hinschmeißen, das kam für mich nicht in Frage. Ich habe einen unglaublichen Überlebenswillen.“ Geschafft hat er das „mit ganz viel Herz“. Es brauche jemanden, der die Sachen nicht nur als Verkaufsobjekte betrachte – genau wie seine Kunden, von denen die meisten ebenfalls „viel Herz und kindliche Freude“ mitbrächten. Und mit Unterstützung, gerade in diesem Frühjahr: sowohl von staatlicher Seite, in Form von 9000 Euro Sofort-Hilfe, als auch von „lieben Menschen“, die angerufen und gefragt hätten: „Wie kann ich dir helfen?“ Das gebe ihm Halt, sagt er, und ansonsten gelte für ihn: „Ich arbeite, bis ich nicht mehr kann. Und wenn ich dann umfalle, will ich weg sein.“
Stella Schewe
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