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EIN LEBEN FÜR DEN KAFFEE
FREIBURGERIN IST DEUTSCHE CUPTASTING-MEISTERIN
Wenn Aurore Ceretta über Kaffee spricht, ist ihr die Begeisterung anzuhören. Die 35-Jährige betreibt das Café Marcel im Stadtgarten, ist Teil der Günter Coffee Roasters – und seit Januar deutsche Meisterin im Cuptasting. Sie kann die kleinsten Nuancen aus Kaffee herausschmecken. Die nächste Etappe ist die Weltmeisterschaft in Athen.
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Es ist einer der ersten warmen Frühlingstage. Vor dem Café Marcel hat sich eine Schlange gebildet, wie sie an sonnigen Tagen kaum aus dem Freiburger Stadtgarten wegzudenken ist. Café-Inhaberin Aurore Ceretta kredenzt einen hauseigenen Cappuccino und berichtet von ihrer großen Leidenschaft.
Ceretta ist spät auf den Riecher gekommen. In Südfrankreich geboren, verschlägt es sie vor rund zehn Jahren für ein Auslandssemester nach Berlin. Dort jobbt sie in einem Café, das einen Fokus auf Speciality Coffee legt. „Das ist besonders hochwertiger Kaffee“, erklärt sie. Die Qualität wird von Spezialisten, den Q-Graders, bewertet. Auf einer Skala der Specialty Coffee Association (SCA) werden Punkte von 0 bis 100 vergeben. Ab 80 Punkten sprechen Expert·innen von Speciality Coffee.
„Einen solchen Geschmack kannte ich nicht, er hat mich sofort fasziniert“, erinnert sich Ceretta. In Berlin lernt sie auch ihren späteren Mann Philip Weller kennen. Gemeinsam zieht das Paar nach Freiburg und eröffnet 2014 das Café
Marcel. „Damit waren wir in Freiburg der erste Gastrobetrieb mit Speciality Coffee“, sagt sie. Doch das reicht dem Team noch nicht. 2018 eröffnet das Paar mit Wellers Bruder Mats eine Rösterei. In Freiburg-Günterstal rösten, verpacken und servieren die Günter Coffee Roasters ihren Kaffee. „Wir sind weit weg davon, ein industrieller Betrieb zu sein“, sagt Philip Weller, während er in einem Hinterraum die Röstmaschine mit einem Volumen von 15 Kilogramm vorführt. Der
Anspruch der Gruppe sei es, besondere und hochwertige Getränke anzubieten. Diese werden in den eigenen und Partnerbetrieben sowie online verkauft. Die Gruppe fiebert Events der nationalen und internationalen Kaffeeszene entgegen. Schon sechsmal hat Ceretta an der deutschen Cuptasting-Meisterschaft der SCA teilgenommen. Bei dem Wettbewerb bekommen Teilnehmer·innen pro Runde acht Sets mit je drei Kaffeetassen vorgesetzt. Zwei sind geschmacklich identisch, die dritte weist minimale Unterschiede auf. Diese gilt es zu erkennen. Auf der diesjährigen Meisterschaft in Bremen setzte Ceretta sich gegen rund 35 Konkurrent·innen durch – und hat in der letzten Runde alle Kaffees richtig identifiziert.
„Nachdem ich in den vergangenen Jahren alle Plätze von Sechs bis Zwei belegt habe, war es Zeit für den Sieg“, sagt Ceretta mit einem breiten Grinsen. Im Juni wird sie Deutschland auf der Cuptasting-Weltmeisterschaft in Athen vertreten. Die Verantwortung ist groß: In den vergangenen beiden Jahren haben die deutschen Vertreter den zweiten und vierten Platz geholt. Fürs Training röstet das Team in Günterstal verschiedene Kaffeesorten und verkostet sie.
Anfang April wirkt Ceretta ganz entspannt. „Noch bin ich nicht nervös, schließlich ist Philip zuerst dran.“ Ihr Mann wird sich Ende Mai zum zweiten Mal auf den Deutschen Röstmeisterschaften messen. „Die Events sind eine Gelegenheit, uns mit anderen zu vernetzen“, sagt er. Und ob sie gewinnen oder nicht – die Schlange im Stadtgarten wird im Sommer sicher nicht kürzer.
Pascal Lienhard