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Was tun gegen den Pastorenmangel?
Theologisches Forum 2024
Was tun gegen den Pastorenmangel?
Rückblick und Ausblick von Rektor Dr. Benedikt Walker
Wie lässt sich der Pastorenmangel lösen? Was können wir tun, damit Menschen sich berufen lassen für den pastoralen Dienst – und ihre Berufung leben können? Darüber diskutierten wir Ende April beim Theologischen Forum des tsc-Netzwerks mit rund 70 Teilnehmerinnen und Teilnehmern. Was nehme ich als Rektor des tsc davon mit – und was sind die nächsten Schritte?
In meinem Einstiegsreferat berichtete ich von einer gemeinsamen Veranstaltung von tsc und STH Basel, bei der sich Gemeindeverbände als potenzielle Arbeitgeber bei den Studierenden vorstellten. Auf 35 Studierende kamen 340 Stellenangebote! Das zeigt: Der Pastorenmangel ist real. Hauptgrund ist die demografische Entwicklung. Die geburtenstarken Jahrgänge der Babyboomer gehen in den Ruhestand, während der Anteil der jungen Erwachsenen an der Bevölkerung rückläufig ist.
Wie kommen wir da weiter? Nur gemeinsam! Deshalb haben wir uns beim Forum bewusst auf verschiedene Sichtweisen eingelassen. Aus Perspektive der jungen Generation, der Gemeinde und der Bildung haben wir uns der Problematik genähert. Begeistert hat mich der wertschätzende Austausch. Alle waren daran interessiert, die Sicht des jeweils anderen zu verstehen.
Im «Ökosystem» voneinander abhängig
Das Forum hat mich darin bestätigt, dass wir bei der Frage nur gemeinsam weiterkommen als gesamtes «Ökosystem». Dieser Begriff stammt nicht von mir, aber er ist sehr hilfreich. Als Gemeindeverbände, Jugendverbände, Bildungsinstitutionen und Missionen bilden wir ein gemeinsames «evangelisches» oder «evangelikales» Ökosystem. Darin sind wir alle voneinander abhängig. Probleme der Einzelnen können sich gegenseitig verstärken. An unserem Thema veranschaulicht: Heute interessieren sich weniger junge Menschen für ein Theologiestudium als vor 30 Jahren. Gleichzeitig berichten Jugendverbände davon, dass es an jungen Menschen mangelt, die Verantwortung in der Jugendarbeit übernehmen. Gemeindeverbände registrieren, dass der Anteil derer, die aus dem pastoralen Dienst frustriert aussteigen, relativ hoch ist. Und für die junge Generation (und deren Eltern!) ist der Pastorenberuf heute nicht sehr erstrebenswert. Wir merken: Es gibt nicht den einen «Schuldigen» für den Pastorenmangel. Wir sind alle gemeinsam gefordert, Lösungen zu finden.
Reden wir gut vom Pastorenberuf?
Was mich überraschte: Mehrfach und sehr deutlich wurde der Wunsch nach mehr Wertschätzung für den pastoralen Dienst geäussert. Sprechen wir positiv über diesen Beruf? Tun wir genug, damit der pastorale Dienst attraktiv und erstrebenswert ist? Da sei Umdenken angesagt, wie u. a. Pastor Sebastian Friedle aus Freiburg beim Forum sagte. Er möchte künftig positiver von seinem Beruf sprechen, denn «der Pastorendienst ist ein Premiumberuf: Er hat eine Bedeutung, ist vielfältig, abwechslungsreich und bringt viele Gestaltungsfreiräume mit.»
Generation Z und Babyboomer – ähnlicher als gedacht
Von der jungen Generation haben wir beim Forum gehört: Sie wünschen sich Teamarbeit und gabenorientierten Dienst. Sie können und wollen nicht einfach in dieselben Fussstapfen derjenigen treten, die aus dem Dienst ausscheiden. Genauso wenig will die ältere Generation im «wohlverdienten» Ruhestand zu Lückenfüllern in Gemeinden werden. Eine interessante Erkenntnis beim Forum: Die Generation Z und die Generation der Babyboomer sind sich ähnlicher als wir meinen.
Der Beitrag des tsc – und wie es weiter geht
Theologische Bildung ist nie Selbstzweck. Unser Ziel ist es, Menschen durch theologische Aus- und Weiterbildung für den vielfältigen Dienst im Reich Gottes zu befähigen, insbesondere für den pastoralen Dienst. Hier sollten wir mehr Wert legen auf die Weiterbildung von Pastorinnen und Pastoren, um sie in ihrer Resilienz und Persönlichkeitsentwicklung zu fördern. Dafür braucht es Bildungsangebote in Zusammenarbeit zwischen Ausbildungsstätte und Gemeindeverbänden – und die nötigen Ressourcen.
Das ifge, das Weiterbildungsinstitut des tsc im Bereich Leitung und Gemeindeentwicklung, bietet schon erfolgreiche Kurse für Haupt- und Ehrenamtliche in Gemeinden an. Auch die Kurse unserer neuen Akademie GenerationPLUS zielen in diese Richtung. Ein Thema, das bisher nur am Rande auftaucht: ein Quereinsteigerprogramme für den pastoralen Beruf. Hier sollten wir als gesamtes «Ökosystem» weiterdenken und von anderen lernen. Ich halte das für verheissungsvoll.
Das Theologische Forum war für mich ein wertvoller erster Schritt zu möglichen Lösungen. Im tsc-Netzwerk sind wir weiter im intensiven Austausch mit Gemeindeverbänden, Jugendverbänden – und hoffentlich auch wieder verstärkt mit der Mission.
Umdenkbar – pastorale Berufung ausleben. Das war der Titel und thematische «Aufhänger» des Theologischen Forums des tsc-Netzwerks am 24. und 25. April 2024 auf dem Chrischona Berg.