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Wirtschaft diktiert der Politik Weg
L andesum w e l t a n w a l t K o s t e nz e r erkennt in Tirol noch keine Umkehr zum sanften Tourismus. Die Klimastrategie werde k o n t e r k a r iert.
Innsbruck –Los vom Natur mehren – die Massentourismus mit TT berichtete: „Für Ballermann-Image, mich ist der propahin zu mehr Regionagierte Weg zu einem lität, Qualität, einem sanften Tourismus maßvolleren Umgang derzeit nicht erkennmit der Umwelt und bar. Der besteht nur somit einem „sanfteauf dem Papier.“ ren Tourismus“. Bis Johannes KosEuropaweit – und Herbst soll der „Titenzer ist UmT irol b ilde h ier k eine roler Weg“, die Touweltanwalt. Foto: TT Ausnahme – diktierismusstrategie des re die Wirtschaft der Landes, überarbeitet sein. Politik den Weg, kritisiert KosAuch, um das durch die Cotenzer im TT-Interview: „Wer rona-Causa Ischgl angeschlaaus Corona lernen will, muss gene Image Tirols wieder auf diesesSystemzurechtrücken.“ Hochglanz zu polieren. Speziell die aktuell ausgeLandesumweltanwalt Joschütteten Covid-Hilfsgelder hannes Kostenzer kann hinter seien daher strikt an Bedinall den salbungsvollenWorten gungen für Umwelt und Naaus der Tourismusbranche tur zu knüpfen. Tirols Klimanoch kein wahres Bekenntnis strategie 2050 sieht Kostenzer zu einem Gesinnungswandel indes durch energieintensive erkennen. Allen BeteuerunProjekte wie den Bau gigangen zum Trotz würden sich tischer Beschneiungsteiche die Anträge für touristische konterkariert. (mami) Großprojekte mit teils massiven Eingriffen in Umwelt und Zum eigenen Gebrauch nach §42a UrhG. Digitale Nutzung gem PDN-Vertrag des VÖZ voez.at. Anfragen zum Inhalt und zu Nutzungsrechten bitte an den Verlag (Tel: 050403*1543). Mehr auf Seite 2 Pressespiegel Seite 34 von 84
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ist nic ht er ke nnb ar Tiroler Tageszeitung Unabhängige Tageszeitung für Tirol Innsbruck, am 06.07.2020, 312x/Jahr, Seite: 1-2 Druckauflage: 83 919, Größe: 82,44%, easyAPQ: _ Landesumweltanwalt Johannes Kostenzer sieht die Auftr.: 8420, Clip: 12991367, SB: Ischgl Tourismusindustrie noch nicht bereit für Umdenken.
„Es geht bergauf“ – damit Wäre es nicht sinnvoller, wi rbt di e Ti rol We rbung ei nen Pr ojektstopp im To u n ach d em C orona-Lock r ismus a uszurufen, b is m an down um Gäste. Gilt das weiß, wohin man mit einer a u ch f ü r d e n U m we lt - u n d n e ue n S t ra te gie w i ll ? Natu rschutz im Land ? Kostenzer: Ein Stopp ist nicht Johannes Kostenzer: Die realistisch, weil er politisch Frage ist: Was heißt bergauf? nicht umsetzbar ist. Wer aus Wenn das bedeutet, dass es Corona lernen will, muss das anstrengender und mühsaSystem, das sich über die letzmer wird, dann ja. Es gibt ten 20 Jahrein Europa etabliert mehr Anträge mit massiven hat, wieder zurechtrücken. Eingriffen in Natur und UmDerzeit diktiert die Wirtschaft welt. Für mich ist der propader Politik denWeg. Die größte gierte Weg zu einem sanften Chance in der Krise liegt darin, Tourismus derzeit nicht erdas FließenvonStaatsgeldern kennbar. Der besteht nur auf an Bedingungen für Umwelt dem Papier. Es wird gesellund Klima zu knüpfen. schaftlich enorm schwierig, Der Chef der Lebensraum aus dem gewohnten TourisTirol Holding, Josef Marmusverständnis auszubregreiter, hält klimaneutrale chen. Hin zu einem respektSkigebiete ohne Ablasshanvo lleren, so rgsameren un d del für möglich. weniger invasiven Umgang Kostenzer: Den größten mit Natur und Umwelt. Auch, Energieverbrauch im Tour i swenn das die Gesellschaft m us v erurs a c h en P istenpräse lbst fo rder t. Di e St ud ie zu r parierung und Beschneiung. Tourismusgesinnung zeigt Das sind unvorstellbare Didas ja. mensionen. Ein Skigebiet wie Mit derCorona-Causa Ischgl Ischgl verbraucht rund eine ist das Après-Ski plötzlich h albe M illion L iter D iesel p ro das personifizierte Böse. Jahr. Ich halte den Weg von Kostenzer: Dieses Signal, ausIschgl des CO ² -Freikaufens gehend von Ischgl, dass es mit für falsch – man kann nicht dem Ballermann-Tourismus al s Au sgleich ir gendeine n Re in den Skihochburgen nicht genwald in Peru retten. Dieser länger so weitergehen kann, Kauf von Klimaneutralität ist ist interessant. Auf Mallorca Ablasshandel. Man muss aufhat man vor Jahren reagiert. passen, dass das nicht in eine Die Spanier haben eine Reiandere Art von Kolonialismus he von Gesetzen erlassen, um ausartet. Besser wäre es, wenn diesen Exzessen Einhalt zu gedie landschaftsintensive Toubieten. Weil diese dem Tourisrismusindustrie einen Beimus massiv geschadet haben. trag leistet, dass unser LandEs ist deshalb interessant, weil schaftsbild insgesamt erhalten Tirol offenbar noch nicht so weit ist. Ischgl steht nach wie vor für einen Tourismus, der die Mehrheit der Tiroler Gäste nicht reizt, sondern stört. Sie glauben nicht, dass die Regierung bei der angekü n di gt en Üb e ra rb ei t ung d er T ouris m usstrategi e a u s Ischgl ihre Lehren zieht? Kostenzer: Das ist offenbar e ine k leine G ruppe, d ie a n d ies e S tra t egie w erkt . W er über die Zukunft des Tourismus nachdenkt, sollte meines Erachtens die Bevölkerung L andesumweltanwalt J ohannes u nd E xperten e inbinden. Kostenzer warnt. Zum eigenen Gebrauch nach §42a UrhG. Digitale Nutzung gem PDN-Vertrag des VÖZ voez.at. Foto: Mitterwachauer Anfragen zum Inhalt und zu Nutzungsrechten bitte an den Verlag (Tel: 050403*1543). Pressespiegel Seite 35 von 84 blei b t. Der Tour i sm us hat Tirol den Wohlstand gebracht. Niemand will das missen. A b e r d ie B as i s h ie r für – u nd das weiß jeder Einheimische – ist die Natur. Tirol will 2050 energieautonom sein – das ist zumindest mal eine Strategie. Wir bauen aber Beschneiungsteiche von unvorstellbarer Dimension, welche jene Energie, die wir einsparen wollen oder durch neue Kraftwerke produzieren, wieder rausblasen. Das ist ein totaler Widerspruch.
Was für ein Beitrag schwebt
Ihnen vor? Kostenzer: Wenn Infrastruktur gebaut wird, muss das andernorts ausgeglichen werden. Mit Geld. In Niederösterreich gibt es eine Stiftung, die gezielt Flächen damit ankauft. Auch Salzburg und Kärnten haben solche Modelle. Tirol hat sich bisher nicht durchge rungen, so ei n Ko mpen sationssystem einzuführen. Dabei gäbe es seit 2012 ein fertiges Konzept, das nicht umgesetzt wird. Solche Kompensationen müssten aber zweigeteilt werden – eine für den Bau an sich, eine andere für den laufenden Betrieb dieser Tourismusanlagen.
Im Zuge von Corona haben wir gesehen, wie schnell die Umwelt von der Polit
Agenda verschw inde t, wenn es gilt, die Wirtschaft zu retten. Das verheißt wohl nichts Gutes für den Naturschutz, sollten wir einen 2.
Corona-Lockdown erleben? Kostenzer: Naturschutz ist eine Art Kulturgut, kein Überlebensgut. Wenn die Bedingungen wirtschaftlich so hart werden sollten, dann muss man sich bewusst sein, dass der Naturschutz nachgereiht wird. Insgesamt ist mir eine funktionierendeWirtschaft lieber, in der wir uns bemühen, den Naturschutz bestmöglich umzusetzen, als eine Situation, in der viele nicht mehr wissen, was sie essen sollen.