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SAA R LAN D
Job-Magnet Saarland Asiaten finden berufliche Heimat bei saarl辰ndischem Stahlkocher
Damit die Zeit klingt Saarbr端cker Erfindung bringt Luxusuhr den Stundenschlag bei
Damit Adern sichtbar werden Saarbr端cker Medtron AG baut Injektoren f端r Kontrastmittel
Damit Wein zum Erlebnis wird Weinberg-Patenschaft und Event-Lese beim Perler Weingut Schmitt-Weber
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쏆 E D I TO R I A L
Liebe Leserinnen, liebe Leser, die Berichterstattung über die Wirtschaft im Saarland ist uns besonders wichtig. Geht es dabei doch immer um die Zukunft von Unternehmen und Arbeitsplätzen. Als tägliches Medium ist die Saarbrücker Zeitung stark durch Aktualität geprägt. Wir möchten, dass Sie schnell und gut informiert sind. Trotz regelmäßiger Reportagen, Analysen, Hintergrundbeiträge und Kommentare hat die saarländische Wirtschaft aber mehr zu bieten, als wir in unserem Hauptprodukt abbilden können. Deshalb haben wir uns entschieden, für besondere Themen jenseits der Tagesaktualität das SZ-Wirtschaftsmagazin Saarland anzubieten. In dieser ersten Ausgabe finden Sie ein Interview zum Innovationsmanagement und Berichte über kleinere Firmen, die Großes leisten. Künftig wird die SaarWirtschaft vor dem Hintergrund des demografischen Wandels auch weltweit um Fachkräfte werben müssen. Mit Lijia Wu aus China und Kumar Krishnapisharody aus Indien stellen wir Ihnen zwei Ingenieure vor, die ihren Weg zu uns schon gefunden haben. Ein weiteres Schwerpunktthema ist die Offensive für Gründer. Wir erklären wichtige Förderprogramme, die den Schritt zum eigenen Unternehmen erleichtern, und hoffen, dass diese Themenmischung Ihr Interesse findet. Peter Stefan Herbst Chefredakteur Saarbrücker Zeitung 쏆 IMPRESSUM SONDERVERÖFFENTLICHUNG DER SAARBRÜCKER ZEITUNG VERLAG UND DRUCKEREI GMBH VOM 13. SEPTEMBER 2013 CHEFREDAKTION
Peter Stefan Herbst
REDAKTION
Monika Kühborth, Lothar Warscheid, Volker Meyer zu Tittingdorf, Joachim Wollschläger, Thomas Sponticcia
GESCHÄFTSFÜHRUNG
Dr. Joachim Meinhold (Vorsitzender) Christian Erhorn
VERLAGSGESCHÄFTSFÜHRER Thomas Deicke
ANZEIGEN
Alexander Grimmer, Patrick Strerath
LAYOUT UND PRODUKTION Robby-Lorenz TypoServ Gesellschaft für Satz und Druck mbH
VERLAG UND DRUCK
Saarbrücker Zeitung Verlag und Druckerei GmbH 66103 Saarbrücken Titel: Robby Lorenz Fotos: Ruppenthal, Serra, Schmitt-Weber
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Auf zu neuen Ufern
Wie Innovationen entstehen, erklärt Professor Wolfgang Maaß Seite 2 - 4 Klangvolle Uhren
Metallisches Glas lässt Saarbrücker Luxusuhr neu erklingen Seite 6 Unter die Haut
Saarbrücker Medtron AG hilft Ärzten beim Blick in den Körper Seite 8 - 9 Fliegen ohne Sorgen
Saarbrücker IT-Firma Absint macht den Airbus sicherer Seite 10 - 11 Stahl-Leidenschaft
Was eine Chinesin und einen Inder an der saarländischen Stahlindustrie fasziniert Seite 12 - 13
Der Saarbrücker Hochschullehrer Wolfgang Maaß über Innovation und ihre Voraussetzungen – und darüber, was wir unseren Kindern an Fertigkeiten mitgeben können
Weg frei für Gründer
Im Saarland bekommen junge Firmen eine Menge Hilfen
Vielleicht hätte keine Firma je ein Snowb
Seite 14 - 17 Familienfreundlicher Wie eine Merzigerin ihren Job und die Pflege ihres Vaters meistert Seite 18 Mehr als nur Wein
Das Perler Weingut Schmitt-Weber kreiert Weinerlebnisse Seite 19 - 20
Wie aus einem Surfbrett Professor Wolfgang Maaß ist Leiter des Lehrstuhls für Wirtschaftsinformatik im Dienstleistungsbereich (ISS) an der Saar-Universität. Eines seiner Spezialgebiete ist Innovationsmanagement. Mit ihm sprach SZ-Redakteur Lothar Warscheid.
Herr Professor Maaß, was ist die Voraussetzung für Innovation? Maaß: Schon junge Menschen müssen die Möglichkeit haben zu experimentieren. Früher haben sich Kinder ihre Spielzeuge selbst gebas-
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oard entwickelt, wenn nicht Sportbegeisterte danach verlangt hätten, durch den Schnee zu surfen.
Foto: Mauritius
ein Snowboard wird telt. Vater oder Großvater haben sie angeleitet, aus Holz, Leim, Gummistrippen oder Kordeln etwas zu machen. Heute sind alle Spielzeuge vorgestanzt. Kinder haben nicht mehr die Möglichkeit, ein offenes Design zu entwickeln, mit Materialien zu werkeln. Damit verkümmert ihre Experimentierfreude. Meinen Studenten lege ich ein weißes Blatt hin, und sie sollen beispielsweise ein Katzenspielzeug entwickeln. Ich stelle fest, dass sie relativ eingefahren in ihren Ideen sind. Wenn man ihnen Freiräume gibt und einen zeitlichen Rahmen festlegt, öffnet sich das Gehirn allmählich wieder. Aber es ist ein erstaunlich langer Prozess für sehr junge Leute. Sie müssen begreifen, dass sie in der Lage sind, das selber hinzukriegen. Kinder nehmen heute ihre Fahrräder nicht mehr auseinander. Und dadurch nehmen sie das Wissen
nicht mehr auf, wie etwas zusammengesetzt ist und welche Fertigkeiten benötigt werden. Hier müssen wir grundsätzlich umdenken. Wie definieren Sie Innovation? Maaß: Es gibt keine stehende Definition von Innovation. Häufig arbeitet man mit Beschreibungen. Innovation muss immer etwas Neues sein. Was ist neu? Wie neu ist es? Für wen ist es neu? Ist das Neue auch sofort erfolgreich? Man kann auch unterscheiden zwischen Produkt- und Prozessinnovation. Gerade in Unternehmen sind neue Prozesse von großem Interesse, die es Firmen erlauben, effizienter zu arbeiten, um am Markt erfolgreich zu sein. Es gibt auch radikale Innovationen wie beiWolfgang Maaß kritisiert, dass Kinder heute nur vorgestanzte Spielzeuge haben.
spielsweise das Internet und die daraus entstehenden Geschäftsprozesse. Gibt es noch den genialen Erfinder, der den großen Einfall hat, oder ist das heute Teamarbeit? Maaß: Nach wie vor ist der Erfinder der Ursprung jeder Innovation. Er hat die geniale Idee, er entwickelt den Innovations-Kern. Als Beispiel möchte ich ein Institut in der englischen Universitätsstadt Oxford nennen, das sich mit Schweißtechnik beschäftigt hat. Sie haben eine neue Technologie entwickelt, mit der man Metalle nahtfrei miteinander verbinden kann. Ein einzelner Mitarbeiter hatte nach einer längeren Entwicklungsphase in seiner Freizeit die zündende Idee. Er hatte sich eine Methode ausgedacht, mit der er die Metalle nahtfrei miteinander verquirlen konnte. Diese Entdeckung wurde von Teams aufgenommen, die sie dann professionalisierten. Diese Innovati-
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„Nutzer wissen genau, was sie am meisten brauchen. Wenn Unternehmen clever sind, nehmen sie die Ideen auf und wandeln sie in Produkte und Dienstleistungen um.“ Professor Wolfgang Maaß über Innovationsprozesse
on wird beispielsweise bei der Herstellung der Weltraum-Raketen Ariane 5 und SpaceX Falcon 9 eingesetzt. Wolfgang Maaß lehrt an der Saar-Uni Innovationsmanagement.
Lässt sich Innovation in einem Unternehmen von oben anordnen? Maaß: Das funktioniert nicht. Das Management kann organisatorische, finanzielle und technische Rahmenbedingungen setzen. Eine Innovationskultur wird letztlich von den Mitarbeitern erzeugt. Wie weit entwickeln sich Innovationen aus Kundenwünschen heraus? Maaß: Eric von Hippel von der MIT Sloan School of Management (Cambridge, Massachusetts) hat in einer Studie festgestellt, dass 77 Prozent der Innovationen vom Kunden kommen. Nutzer geben extrem viel Geld aus, um neue Sachen auszuprobieren. In sehr vielen Bereichen ist es die Kunst des Unternehmens, zu verstehen, was sich denn da entwickelt, um es in die Firma hineinzuführen und zu professionalisieren. Es gibt übrigens ganze Bereiche, wo Kunden neue Produkte erfinden. Vieles in der Sportindustrie und gerade im Behindertensport ist im Wesentlichen beim Kunden entstanden. Denken Sie an Surfbretter, Rollerblades oder Snowboards. Bei Snowboards haben die Nutzer gesagt, dass sie ein Surfbrett haben wollen, aber auf Schnee. Wie könnte das funktionieren? Dann fangen sie an zu basteln und geben Geld aus. So ist die ganze Industrie der Wellenreiter entstanden. Im Software-Bereich sind das die Open-Source-Lösungen (frei zugängliche Software). Es sind nicht die Software-Riesen wie die Walldorfer SAP, die bestimmte Dinge entwickeln, sondern offene Programmierer-Communities, die für sich selbst entwickeln. Nutzer wissen genau, was sie am meisten brauchen. Wenn Unternehmen clever sind, nehmen sie die Ideen auf und wandeln sie in Produkte und Dienstleistungen um. Wie sinnvoll ist es, sich Hilfe von außen zu holen – etwa von Hochschulen? Maaß: Das ist natürlich eine Frage, die jeden Universitätspräsidenten in Deutschland beschäftigt. In Deutschland funktioniert das beispielsweise sehr gut zwischen der Technischen Universität München und BMW. Hier gibt es eine extrem
Fotos: Oliver Dietze, Lang
Im Saarland fehlt mir noch zum Glück: enge Zusammenarbeit im Bereich Maschinenbau. In Amerika wäre das Silicon Valley ohne die Universität Stanford nicht denkbar. Was bedeutet das für die Saar-Uni? Maaß: In Deutschland haben wir ein mehrgliedrigeres Hochschulsystem mit Universitäten, Fachhochschulen und Berufsakademien. Die beiden Letztgenannten haben in der Regel einen guten Kontakt in die Unternehmen. Universitäten sind das zum Teil nicht gewohnt. Die SaarUniversität wirkt noch nicht in die Region, wie sie wirken könnte. Das ist ein Prozess für die Zukunft. Deutschlandweit sind die Unternehmen immer noch schwach in der Aufnahme von Innovationen, die über Hochschulen angeboten werden. Da gibt es enorme Barrieren. Das Wissen fließt eher mangelhaft.
Wo sind die kritischen Punkte eines Innovationsprozesses? Maaß: Der absolut kritische Punkt ist der Umgang mit Wissen. Etwas Neues zu entwickeln, bedeutet, dass ich etwas tiefgreifend verstanden habe, und dieses Verständnis nutze ich dafür, etwas Neues zu schaffen. Das muss kein Schulbuch-Wissen sein, sondern kann auch implizites Wissen sein – aufgenommen durch meine Erfahrung. In einer komplexer werdenden Welt müssen wir dieses Wissen auch teilen können. Wir werden in Zukunft weniger Produkte sehen, die eine Person komplett versteht. Dann muss sie in der Lage sein, dem anderen ihre Ideen mitzuteilen. Ein Techniker muss einem Mediziner beispielsweise seine Ideen so rüberbringen, dass er sie überhaupt versteht – und umgekehrt.
„Zeit! Um dieses schöne Land, das ich liebe, genau wie seine Menschen in allen Facetten zu genießen. Ich lebe gerne hier und bin stolz darauf, in diesem Land geboren zu sein. Das ist für mich etwas Besonderes.“ Hans Agostini, Präsident des Landesverbandes Einzelhandel und Dienstleistungen Saar
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Wem die Stunde schlägt Metallisches Glas für Schlagwerke – Der Saarbrücker Uhrenbauer Nivrel hat sich Rat an der Universität des Saarlandes geholt Von SZ-Redakteur Lothar Warscheid
er einen besonders edlen Zeitmesser am Handgelenk tragen will, entscheidet sich für eine Repetitionsuhr. Diese Chronographen der oberen Luxusränge lassen auf Knopfdruck ein akustisches Erinnerungssignal erklingen, damit der Träger – wie bei einer Standuhr – weiß, was die Stunde geschlagen hat. Auch der Fünf-Minuten-Rhythmus ertönt, so dass beispielsweise um 2.20 Uhr die Stunde zweimal anschlägt und der Fünf-Minuten-Ton viermal. Um diese Töne einer Armbanduhr zu entlocken, ist komplexe Technik auf kleinstem Raum vonnöten. „Der mechanische Aufwand ist enorm“, sagt Guido Grohmann, Mit-Geschäftsführer des Saarbrücker Uhrenherstellers Nivrel. Die Nivrel-Uhren werden seit 1993 von den Unternehmerfamilien Kraemer (Juwelier Kraemer, Saarbrücken) und Hofer in einer Manufaktur gefertigt. Damit die Zeit auf Knopfdruck hörbar wird, „muss ein spezielles Schlagwerk eingebaut werden, das allerdings viel Kraft benötigt“, erläutert Grohmann weiter. Der Träger der Uhr muss einen Schieber am Gehäuserand kräftig drücken, um den Schlagwerk-Mechanismus auszulösen. Wenn der Schieber nicht bis zum Anschlag gedrückt wird, ertönt das Zeit-Signal unvollständig. „Diese Schwachstelle wollten wir beseitigen“, erzählt der Nivrel-Manager. Die Hofers holten sich Rat bei Professor Ralf Busch, Leiter des Lehrstuhls für Metallische Werkstoffe an der Saar-Uni. Er erforscht metallische Gläser, denen er eine große Zukunft voraussagt. Sie sind härter als Stahl und Titan, können aber wie Kunststoff in Formen gegossen werden. Außerdem sind sie elastisch, verschleißbeständig und kaum rostend. „Wir haben den Metallen eingetrichtert, dass sie sich wie Glas verhalten sollen“, sagt Busch. Für die Repetitionsuhren von Nivrel konstruierte er die Feder des Schlagwerks aus metallischem Glas. „Dieser Werkstoff kann bis zu acht Mal mehr Energie speichern als eine Stahlfeder“, erläutert Busch. Damit muss der Schieber der Uhr mit wesentlich weniger Kraft gedrückt werden, um den Schlagwerk-Mechanismus auszulösen. „Dadurch sinkt die Reparatur-Anfälligkeit spürbar“, sagt Nivrel-Geschäftsführer Grohmann. Die Kunst war es, eine Form zu finden, die in das Schlagwerk der Uhr passt. „Hier haben wir zusammen mit unseren Uhrmachern lange getüftelt“, erinnert er sich. Man sei allerdings flexibel, da metallische Gläser unter vertretbaren Temperaturen (ab 100 Grad) gegossen werden und die Formgestaltung daher einfach sei.
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In einer Nivrel-Repetitionsuhr steckt auf kleinstem Raum komplexe Technik.
Fotos: Rich Serra
Professor Ralf Busch hat für die Nivrel-Repetitionsuhr eine Feder aus metallischem Glas entwickelt.
„Wir haben den Metallen eingetrichtert, dass sie sich wie Glas verhalten sollen. Dieser Werkstoff kann bis zu acht Mal mehr Energie speichern als eine Stahlfeder.“ Professor Ralf Busch, Leiter des Lehrstuhls für Metallische Werkstoffe an der Universität des Saarlandes, zu den zukunftsweisenden Eigenschaften von metallischem Glas
HINTERGRUND
Die Zusammenarbeit zwischen Nivrel und dem Lehrstuhl für Metallische Werkstoffe fand im Rahmen des Förderprogramms KoWi2 statt. Es fördert mit Unterstützung des saarländischen Wirtschaftsministeriums die Zusammenarbeit zwischen der Saar-Wirtschaft und Wissenschaftlern. Das Spektrum ist breit, wie ein weiteres Beispiel zeigt. So haben die Dillinger Bartz-Werke zusammen mit dem Lehrstuhl für Automatisierungstechnik von Professor Georg Frey ein Verfahren entwickelt, um die Naht von lasergeschweißten Rohren automatisch auf ihre Qualität prüfen zu können. Bislang erledigten Mitarbeiter diese Aufgabe. Doch auch bei noch so großer Anstrengung lässt die Konzentration mit der Zeit nach. Damit steigt die Gefahr, dass Fehler übersehen werden. Die Kontaktstelle für Wissens- und Technologietransfer (KWT) an der Saar-Uni begleitet die Vorhaben von KoWi2. Bisher wurden 18 gefördert. Wer sich dafür interessiert, muss sich sputen. Die Projekte müssen bis 31. Mai 2015 abgeschlossen sein. low
Quantensprung 150 Millionen Euro hat Saarstahl in die neue Sekundärmetallurgie investiert. Ein gewaltiger Quantensprung, der zu einer deutlichen Erhöhung der Kapazität hochwertiger Stahlsorten führt. In enger Abstimmung mit unseren Kunden veredeln wir in Völklingen Stahl in ausgesuchter Premium-Qualität. Für anspruchsvolle Anwendungen in Automotive und Maschinenbau.
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Wie Körpergewebe in Sekunden sichtbar gemacht werden kann Die Saarbrücker Medtron AG fertigt seit mehr als 20 Jahren Kontrastmittel-Injektoren – Zweites Geschäftsfeld mit medizinischen Schlauchsystemen wird ausgebaut Von SZ-Redakteur Lothar Warscheid
er einen Blick in den menschlichen Körper werfen möchte, muss Blutgefäße und Gewebe sichtbar machen. Um das zu erreichen, werden Kontrastmittel in Blutbahnen oder Organe gespritzt. Beim Röntgen ist das eine schon jahrzehntelang geübte Praxis, die auch auf neuere Untersuchungsmethoden wie die Computertomographie (CT) übertragen wurde. Doch die CT ist ein Turbo-Verfahren. „Dort dauert ein Ganzkörper-Scan weniger als drei Sekunden“, sagt Martin Bartels. Er ist Vorstandsvorsitzender der Saarbrücker Medtron AG. Das Medizintechnik-Unternehmen, das 1992 von dem heutigen Aufsichtsratsvorsitzenden Professor Günter Brill gegründet wurde, produziert Kontrastmittel-Injektoren. Sie sorgen dafür, dass diese Flüssigkeit zum richtigen Zeitpunkt in den Teil des Körpers gespritzt wird, den der Computertomograph
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Medtron-Vorstandschef Martin Bartels mit der neuesten Generation von Fotos: Rich Serra (3), VDS Kontrastmittel-Injektoren.
scannen soll. „Der Injektor ist mit dem CT-Scanner über eine Schnittstelle verbunden, sodass sichergestellt ist, dass das Mittel zur richtigen Zeit am richtigen Ort ist“, erläutert Bartels. Dadurch werde auch Kontrast-Flüssigkeit gespart und der Organismus weniger stark belastet. Medtron entwickelt und baut aber nicht nur Kontrastmittel-Injektoren für CT-Anwendungen, sondern auch für die MagnetresonanzTomographie (MRT) und die Angiographie. Bei der MRT oder Kernspin-Tomographie werden mithilfe von Magnetfeldern Schnittbilder des menschlichen Körpers erzeugt. Bei der Angiographie können Blut-, aber auch Lymphgefäße sichtbar gemacht werden. „Insgesamt gibt es weltweit sechs Hersteller von Kontrastmittel-Injektoren, drei davon gehören zu großen Pharma-Konzernen“, beschreibt Bartels den Markt. „Um hier bestehen zu können, müssen wir ständig mit Neuentwicklungen punkten.“ Schon im Jahr 2000 brachte Medtron einen Doppel
im Saarland zuhause Im Saarland fehlt mir noch zum Glück:
Seit 1. Juni hat das Saarland einen neuen Volvo Trucks Service Partner. Nutzfahrzeuge Kreuzer GmbH Carl-Benz Strasse 18-20, 66773 Schwalbach-Hülzweiler Telefon: 06831-951050, E-Mail: info@nutzfahrzeuge-kreuzer.de www.nutzfahrzeuge-kreuzer.de
VolvoTrucks. Driving Progress
„Dass das Saarland eine stabile und positive Entwicklung als Industriestandort nimmt, genug Arbeit und Brot für die Menschen da sind – und damit ein Stück Friedenssicherung.“ Albert Hettrich, Präsident des Verbands der Saarhütten
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So sieht das elektronische Innenleben der Kontrastmittel-Injektoren aus.
kolben-Injektor für CT-Untersuchungen auf den Markt. Über den ersten Kolben wird Kontrastmittel injiziert und über den zweiten eine Kochsalz-Lösung. „Das hat den Vorteil, dass man noch weniger Kontrastmittel benötigt“, erläutert Bartels. „Die Kochsalz-Lösung schiebt das Mittel vor sich her, bis es die Körperregion erreicht hat, die untersucht werden soll.“ Seit 2008 können auch bei Angio-Untersuchungen Doppelkolben-Injektoren von Med-
tron eingesetzt werden. „Das war eine Weltneuheit“, sagt der Vorstandschef. Das Problem bestand hierbei, dass die Flüssigkeiten mit großem Druck (bis zu 83 Bar) injiziert werden müssen. „Da muss man vorsichtig zu Werke gehen.“ Bei den MRTUntersuchungen hat Medtron dank einer Neuerung die Nase vorn. Die Kontrastmittel-Injektoren werden mit einer elektrischen Abschirmung umgeben, um das Magnetfeld, mit dem das Körperinnere scheibchen-
Produktionsleiter Edwin Heinz sorgt dafür, dass die Qualität stimmt.
weise sichtbar gemacht wird, nicht durch die elektromagnetische Eigenstrahlung des Injektors zu beeinflussen. Jährlich verlassen rund 800 verschiedene Kontrastmittel-Injektoren die Fertigungsstätte im Saarbrücker Stadtteil Gersweiler. Die wichtigsten Märkte sind neben Deutschland alle mitteleuropäischen Länder, aber auch Südamerika und – mit starken Wachstumsraten – China. Dennoch will Medtron sich weitere Standbeine schaffen. Anfang 2013
wurde in Hermeskeil eine neue Fertigung für Schlauchsysteme hochgezogen. „Die Schlauchvorrichtungen, die wir für die Injektoren benötigen, machen wir künftig selbst“, sagt Bartels. Da Medtron sie aber auch anderen Herstellern verkauft, wächst dieser Geschäftszweig stark und erreicht inzwischen schon 60 Prozent des Umsatzes von rund 20 Millionen Euro. Insgesamt beschäftigt Medtron 80 Mitarbeiter, davon knapp 20 in Hermeskeil.
Spitzenbewertung durch unsere Kunden
Die Zufriedenheit unserer Firmenkunden ist für uns von entscheidender Bedeutung, was die Ergebnisse der neuesten Kundenzufriedenheitsstudie eines unabhängigen Marktforschungsinstituts deutlich unterstreichen: 91 % unserer befragten Firmenkunden sind mit der SaarLB zufrieden oder sehr zufrieden. Für uns die Bestätigung, auch in Zukunft unserem Leitsatz „Weitsicht durch Nähe“ gerecht zu werden – denn der nachhaltige Erfolg unserer Kunden ist auch unser Erfolg. Die deutsch-französische Regionalbank La banque régionale franco-allemande
weitsicht durch nähe
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Saarbrücker Programme gegen Unfälle und Abstürze Das IT-Unternehmen Absint macht Fliegen und Autofahren sicherer
Von SZ-Redakteur Volker Meyer zu Tittingdorf
anchmal brauchen Riesen die Hilfe von ganz Kleinen. Zum Beispiel der japanische Auto-Gigant Toyota und die USRegierung. Sie fanden dringend nötige Unterstützung im fernen Saarland – beim Saarbrücker Computersoftware-Hersteller Absint. Davon erzählen die beiden Chefs, Christian Ferdinand und Daniel Kästner, mit offenkundigem Vergnügen und – bei aller Bescheidenheit – in der Überzeugung, dass ihre IT-Programme Außergewöhnliches leisten. Als Toyota wegen einer Serie schwerer, teilweise tödlicher Unfälle in den USA am Pranger stand, schaltete sich die US-Regierung ein und beauftragte die Weltraumbehörde
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Daniel Kästner (links) und Christian Ferdinand, die beiden Chefs der Saarbrücker IT-Firma Absint. Sie hat ihren Sitz im Science Park der Saar-Universität. Foto: Oliver Dietze
Nasa, die nicht mehr nur für Flüge ins All zuständig ist, mit der Aufklärung. Klemmende Gaspedale und aussetzende Bremsen waren angeblich die Ursache. Die Nasa sollte prüfen, ob Toyota verantwortlich zu machen war. Unter anderem mussten die Nasa-Experten „untersuchen, ob die Unfälle vielleicht mit der Software zusammenhängen“, sagt Kästner, und sie stießen bei der Suche nach dem nötigen Know-how auf Absint. Denn mit den Diagnose-Programmen des saarländischen IT-Unternehmens kann man mit absoluter Sicherheit die Frage beantworten, ob sogenannte eingebettete Systeme, die winzigen Computerchips, die zur Steuerung verschiedenster Vorgänge in Autos, Flugzeugen oder Maschinen eingebaut sind, korrekt funktionieren. „Wir sind die Einzigen auf der Welt,
die diese Technik marktreif entwickelt haben“, sagt Kästner. So kann die AbsintSoftware zum Beispiel beweisen, dass das Programm einer Bremsensteuerung für seinen Ablauf niemals mehr Zeit braucht als geplant oder „dass es zwischendurch nicht abstürzt“, erläutert Ferdinand. Gefährliche Programmierfehler, die zum Beispiel in Autos Bremsen außer Funktion setzen, können so ausgeschlossen werden. In der Vergangenheit war es üblich, Steuerungssysteme in Testreihen mit unterschiedlichen Angaben zu füttern. „Dabei findet man Fehler aber nur zufällig“, erklärt Kästner. 100-prozentige Sicherheit sei im Unterschied zur Absint-Technik unmöglich. Das Ergebnis der Absint-Prüfung im Fall Toyota: „Es wurden keine Probleme gefunden.“ Am Ende aller Untersuchungen stellte sich sogar
Hier sind noch Plätze frei! Jetzt anmelden! Teil I – Fachpraxis Kfz-Techniker Elektrotechniker Installateur- und Heizungsbauer
Start: 09. November 2013
Teil II – Fachtheorie Elektrotechniker Kfz-Techniker Stuckateur Straßenbauer Maurer Zimmerer
Start: 17. September 2013 Start: 19. September 2013 Start: Oktober 2013 Start: 06. November 2013 Start: November 2013 Start: November 2013
Start: Oktober 2013 Start: Oktober 2013
Teil III – Wirtschaft und Recht Abend- und Samstagsform Tagesform
ab November 2013 Start: 11. Dezember 2013
Teil IV – Berufs- und Arbeitspädagogik Abend- und Samstagsform ab September 2013 Tagesform Start: 21. Oktober 2013 Technische Weiterbildung Nageldesigner/-in Fachkraft für festgelegte Tätigkeiten im Elektrobereich Make-up und Frisur für die Braut Visagist/-in
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Infos: Karin Hussung, 06 81/58 09-1 31, k.hussung@hwk-saarland.de Diese Anzeige wurde gefördert durch das Ministerium für Wirtschaft, Arbeit, Energie und Verkehr des Saarlandes.
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Auch der Airbus A 350 fliegt sicherer dank der Software von Absint. Fotos: ddp-images, Diersch/HWK
heraus, dass fast ausschließlich Fahrfehler die Unfälle verursacht hatten. Für Absint hatte der Nasa-Auftrag eine erfreuliche Folge. Als der Autohersteller in Bedrängnis war, „war Toyota noch kein Kunde bei uns, jetzt ist er Kunde bei uns“, sagt der Informatiker Kästner und lächelt verschmitzt. Inzwischen „merken wir auch, dass wir auf dem japanischen Markt bekannter geworden sind“.
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Hauptsächlich kommt die Software der 1998 aus der Informatik-Fakultät der Saar-Uni gegründeten Firma in der Flugzeugtechnik zum Einsatz. Mit der Luftfahrtindustrie mache das Unternehmen, das rund 40 Mitarbeiter hat, weit über die Hälfte der rund zwei Millionen Euro Jahresumsatz. Ein Drittel decke die Autobranche ab, so Ferdinand. Weitere Kunden kommen aus Branchen wie Windenergie, Kernkraft und Medizintechnik. Hauptkunde ist Airbus. Der Flugzeug-Hersteller prüft mit der Absint-Software die Funktionstüchtigkeit der Steuerungscomputer unter anderem im Riesenjet A 380, in der neuen Version des Mittelstreckenflugzeugs A 320 und dem noch in der Entwicklung befindlichen Großraumflieger A 350. Überall da „ist unsere Software gefragt, wo Menschen gefährdet werden, wenn Steuerungsprogramme nicht richtig funktionieren, oder die Kosten enorm hoch sind, wenn etwas schiefgeht“, sagt Kästner. Anfangs war es nicht leicht, Kunden außerhalb der Luftfahrtbranche zu gewinnen. Die Überzeugungsarbeit in der Autoindustrie ist inzwischen dank einer Ende 2011 veröf-
fentlichen Sicherheitsnorm aber einfacher geworden. Demnach müssen die Autobauer bei der Entwicklung neuer Software für die Steuerung sicherheitskritischer Funktionen wie Bremsen und Lenkung das Fehlerrisiko möglichst klein halten. Nach Einführung der Norm „hat sich das Interesse an unseren Werkzeugen deutlich ausgeweitet“, sagt Kästner. Ein größerer Autobauer prüfe gerade, „ob er unser Tool flächendeckend einsetzt“, also in allen Abteilungen und bei allen Neuentwicklungen. Es könnte also noch der eine oder andere Auto-Riese hinzukommen, der die Hilfe der kleinen saarländischen Firma in Anspruch nimmt – aber hoffentlich, bevor Nachrichten über tödlich Unfälle um die Welt gehen. HINTERGRUND
Im Saarland gibt es auf Grundlage von Zahlen aus dem Jahr 2011 insgesamt 840 Unternehmen, die sich mit der Entwicklung von Software, dem Programmieren von Computern und der IT-Beratung befassen. Das geht aus einer Auswertung der Daten hervor, die das Statistische Amt Ende Mai dieses Jahres vorgenommen hatte. Demnach waren in der Branche 5570 Männer und Frauen sozialversicherungspflichtig beschäfmzt tigt.
Im Saarland fehlt mir noch zum Glück: „Dass seine Vorzüge als lebens- und liebenswertes Land sowie als attraktiver Wirtschaftsstandort im Herzen Europas auch außerhalb des Landes endlich gebührend wahrgenommen werden.“ Hans-Alois Kirf, Präsident der Handwerkskammer des Saarlandes
Zum Glück gibt‘s LOTTO Erfolg in Zahlen Saartoto von 1951 bis 2013 Gesamtumsatz des Unternehmens: 4 Milliarden Euro Gewinne für die Tipper: 2 Milliarden Euro Steuern für das Land: 670 Millionen Euro Förderung von Sport, Kultur, Umwelt, Denkmalschutz und Soziales: 800 Millionen Euro
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Die Ingenieurin Lijia Wu an ihrem Arbeitsplatz auf der Hochofen-Messwarte der Rogesa.
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Foto: Rolf Ruppenthal
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Stahlkocher aus Leidenschaft Die Chinesin Lijia Wu und der Inder Kumar Krishnapisharody haben im Saarland ihre berufliche Heimat gefunden Von SZ-Redakteur Lothar Warscheid
ie saarländische Stahlindustrie setzt bei der Rekrutierung ihres IngenieurNachwuchses nicht allein auf deutsche Talente. Längst arbeiten bei der Dillinger Hütte und der Saarstahl AG auch Fachleute aus anderen Kontinenten. Da ist zum Beispiel Lijia Wu aus China. Die 27-Jährige steht seit Juli 2012 an der Hochofen-Messwarte in Dillingen ihre Frau. Aufgewachsen ist sie in der Nähe von Shanghai. Die Stadt Wuhan wählte sie zu ihrem Studienort. Mit dem Stahlkochen wollte sie eigentlich wenig zu tun habe, „weil die Branche das Image hat, dass es dort schmutzig zugeht“. Eine Einführungsveranstaltung an der Universität Wuhan öffnete ihr die Augen. „Ich entdeckte, dass der Werkstoff Stahl unseren ganzen Alltag prägt. Ohne ihn ist das Leben, das wir führen, nicht denkbar.“ Sie studierte zunächst in Wuhan und anschließend im Rahmen eines Austausch-Programms an der Technischen Universität in Freiberg (Sachsen). Sie schloss dort das Studium der Eisen- und Stahltechnologie als Diplom-Ingenieurin ab. Zwischendurch paukte sie fleißig Deutsch. Der Wechsel zur Dillinger Hütte und zu ihrer Hochofen-Halbtochter Rogesa – 50 Prozent hält die Saarstahl AG – vollzog sich sehr unspektakulär. „Ich habe mich einfach beworben“, sagt sie trocken. Ihr Interesse für die saarländischen Eisenkocher wurde geweckt, „weil ich auf Bildern gesehen hatte, dass die Hochöfen und das Hüttengelände im Grünen liegen. Anderswo ist es eher grau.“ Heute kümmert sie sich um die beiden Rogesa-Hochöfen und erforscht Verfahren, um den Prozess der Eisenschmelze noch weiter zu verbessern. Eine Kernfrage ist dabei, wie man Kokskohle durch sogenannte Einblaskohle ersetzen kann. Kokskohle ist teuer und muss vorher den KokereiProzess durchlaufen. Einblaskohle wird nur zermahlen und dann mit Hochdruck über den Winderhitzer in den Ofen gepresst. „Ich versuche immer, die richtige Balance zwischen den Kohlefraktionen zu finden“, sagt Frau Wu. Im Saarland ist sie inzwischen auch mit dem Herzen angekommen. Anfang des Jahres hat sie einen chinesischen Landsmann geheiratet. Das Ehepaar wohnt in Saarbrücken und erkundet von dort aus die neue Heimat – „am liebsten zu Fuß, bei kleinen Wanderungen“. Ein zweites Beispiel für Fachleute, die aus fernen Ländern, zum Arbeiten an die Saar kommen, ist Kumar Krishnapisha-
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Saarstahl-Ingenieur Kumar Krishnapisharody kümmert sich darum, dass in diesem Pfannenofen der Stahl optimal kocht und die Qualität nach dem Erkalten stimmt. Fotos: Oliver Dietze, Fischinger/T-Systems
rody. Auch ihn treibt eine Leidenschaft für den Werkstoff Stahl. Schon früh war ihm klar, dass er Metallurgie studieren wollte. Der 39Jährige, der aus dem Südwesten des Subkontinents stammt, startete seine akademische Ausbildung an der Universität von Mumbai. Dann ging er für neun Jahre nach Kanada. Er machte an der McMaster University von Hamilton seinen Master und einen Ph.D. (mit dem Doktortitel vergleichbar), danach arbeitete Krishnapisharody als Wissenschaftler im dortigen StahlforschungsZentrum. Ihn interessiert vor allem, wie sich Stahl in seiner flüssigen Form verhält, welche Strömungseigenschaften die heiße Suppe hat und welche chemischen Prozesse sich dort abspielen. „In dieser Phase entscheidet sich die Qualität des späteren Stahls“, sagt er. Auf die Völklinger Saarstahl AG wurde er über Artikel in Fachzeitschriften aufmerksam. „Ich wusste, dass man dort eine neue Sekundärmetallurgie hochziehen wollte. Das interessierte mich.“ Im Mai 2011 bewarb er sich. Im Juli flog er zum Vorstellungsgespräch an die Saar. NachIngedem das Bürokratische geklärt war, nieur konnte er Anfang 2012 bei Saarstahl Kumar Krishnapis- loslegen. Die deutsche Sprache erlernt er im Turbo-Tempo. Mit zwei harody neneuen Pfannenöfen hat er in Völkben dem lingen die Stahl-Kochtöpfe vorgeSaarstahlHüttenmann. funden, die er sich immer gewünscht Foto: Ruppenthal hat. „Derzeit läuft der Optimie-
rungs-Prozess für die Öfen. Hier haben wir noch viel zu tun“, freut sich Krishnapisharody. In seiner Freizeit baut er Eisenbahnen oder berühmte Bauwerke im Miniformat nach. Und wann immer er kann, fliegt er nach Indien, wo seine Frau, die Augenärztin werden will, und die vierjährige Tochter leben. Dort genießt er auch die tropische Wärme seiner indischen Heimat. Dennoch: Der erste Winter an der Saar konnte ihm kaum etwas anhaben. „Wer die Schneemassen in Kanada erlebt hat, den schockt nichts mehr.“
Im Saarland fehlt mir noch zum Glück: „Dass die außergewöhnliche IT-Expertise im Saarland mehr Anerkennung über die Landesgrenzen hinaus bekommt.“ Ferri Abolhassan, Geschäftsführer T-Systems International GmbH
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Der erste Schritt zum Unternehmen Saarland Offensive für Gründer macht Weg in die Selbstständigkeit leichter
produktiv verarbeiten können und auch gut mit einem Team arbeiten können.“ Doch auch wer zum Unteras Saarland ist kein Grün- nehmer taugt, muss vor der Gründer-Land. Das zeigen die dung seine Hausaufgaben machen: kalten statistischen Zah- „Eine Idee alleine reicht nicht aus“, len: 6000 Gründungen sagt Pitz. Zuerst gilt es, einen Busifehlten 2010 im Saarland, um an den ness-Plan zu erstellen. Dieser sollte Bundestrend anzuschließen. Wirt- nicht nur das Vorhaben beschreiben, schaft und Landesregierung haben sondern auch die Marktchancen, das das Problem erkannt und versuchen, Konkurrenzumfeld, die Liquiditätsmit dem Netzwerk Saarland Offensi- und Rentabilitätsplanungen sowie ve für Gründer (SOG) Hilfestellun- Investitionen und deren Finanziegen für den Unternehmensstart zu rung. „An der Finanzierung soll ein geben – damit auch möglichst viele gutes Projekt nicht scheitern“, sagt Gründungen gelingen. „Wichtiger Karl Lehmann von der saarländischen Förderbank SIKB. als die Quantität ist aber Jedoch braucht die Bank die Qualität der Grünfür Finanzierungszusadung“, sagt Thorsten Bigen genaue Daten über schoff, Sprecher des Wirt„An der die Chancen des Unterschaftsministers. Und die Finanzierung nehmens. Nur dann wird sei durch die Beratung im soll ein gutes sie bereit sein, einen verSaarland besser geworden günstigten Gründungsals im Bundesgebiet: Projekt nicht kredit zu bewilligen. Deutschlandweit lag 2012 scheitern.“ Zwar unterstützen die der Anteil von JungunterBerater der SOG-Initiatinehmen mit einem Alter Karl Lehmann, ve potenzielle Gründer bis zu drei Jahren an den Förderbank SIKB dabei, entsprechende PläFirmenpleiten bei fast eine für ihr Unternehmen nem Viertel. Im Saarland aufzustellen, allerdings sind Grundwaren dies nur 19,9 Prozent. „Je besser die Vorbereitung, desto kenntnisse in Betriebswirtschaftserfolgreicher wird auch die Grün- lehre unabdingbar, will man mit eidung sein“, sagt Thomas Pitz, bei der nem Unternehmen mittel- und langsaarländische Industrie- und Han- fristig erfolgreich sein. Das betont delskammer (IHK) für Gründer zu- auch Axel Koch von der Kontaktstelständig und Ansprechpartner im le für Wissens- und TechnologieSOG-Netzwerk. In den ersten fünf transfer an der Saar-Universität, die Jahren würde noch immer die Hälfte Ausgründungen aus der Universität aller Gründungen scheitern, sagt fördert. Viele der Gründer sind spePitz. Schlechte Finanzierung ist zialisierte Wissenschaftler – „die ebenso ein Grund wie Planungsmän- kann man nicht zum Vertriebler umgel oder fehlendes unternehmeri- erziehen“, sagt Koch. Deshalb sei es sches Know-how. Pitz rät Gründern gerade bei den Ausgründungen beidaher, dass sie sich erst einmal die spielsweise aus wissenschaftlichen Frage stellen, ob sie wirklich Grün- Instituten wichtig, ein Gründerteam der und Unternehmer sind. „Dazu zusammenzustellen, in dem auch ein gehört nicht nur, dass sie fachlich Betriebswirtschaftler vertreten ist. qualifiziert sind, sondern auch dass „Die Notwendigkeit eines solchen sie aufgeschlossen sind, Misserfolge Teams wird häufig nicht erkannt – Von SZ-Redakteur Joachim Wollschläger
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Der saarländische Wirtschaftsminister Heiko Maas (SPD) zeigt, was er sich vo ständigkeit wagen.
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„Da ist erst einmal die Frage, was ein Business-Plan ist und wozu der überhaupt nötig ist.“ Faruk Sahin, Gründungslotse für Migrantinnen und Migranten
n der Gründerinitiative des Landes erhofft: dass viele den Schritt in die SelbstFotos: Becker & Bredel
mit der Folge, dass dann Qualifikationen fehlen“, sagt Koch. Er legt ebenfalls wie Pitz Wert darauf, dass die Gründer ihr Geschäftsmodell vor Beginn bis in die Tiefe analysieren – vom Kundenkreis bis zur Langfristfinanzierung. „Viele gründen mit einem Startkunden“, sagt Koch. „Damit sind zwar die ersten Jahre gesichert, doch es gilt, sich schon früh Gedanken über die Ausweitung des Kundenkreises zu machen.“ Neben der Beratung bekommen Gründer an der Uni auch gute Startbedingungen: So können sie im Starter-Zentrum für drei Jahre günstig Unternehmensräume mieten und bleiben gleichzeitig an die Uni angebunden. Später gibt es die Möglichkeit, über den Science Park auch weiter in UniNähe Räume zu mieten. Mit ganz besonderen Gründungsproblemen setzt sich Faruk Sahin auseinander. Er ist Gründungslotse für Migranten – ein Angebot, das im Saarland seit März 2012 besteht. „Meine Aufgabe ist es, gründungswillige Migranten an die Angebote der Berater heranzuführen“, sagt Sahin, der sich als Brückenbauer bezeichnet. Weil viele Migranten Selbstständigkeit als eine Chance sehen, ist bei ihnen der Gründungswille eigentlich sehr ausgeprägt, allerdings hätten sie oft Probleme mit den bürokratischen Hürden: „Da ist erst einmal die Frage, was ein Business-Plan ist und wozu der überhaupt nötig ist“, sagt Sahin. „Ich muss viel Aufklärungsarbeit leisten“, sagt er. Und gegen Mentalitätsunterschiede kämpfen. Denn viele seiner Kunden hätten zwar eine Idee, wollen sie aber nicht aufschreiben, um Ideenklau zu verhindern. Und auch das Konzept einer vorausschauenden Geschäftsplanung sei vielen fremd. Eigentlich ist es nur Sahins Aufgabe, die Gründer an die richtigen Stellen zu vermitteln, doch letzt-
lich ist er Rundumbetreuer: „Viele kommen aus den Beratungsgesprächen zurück und wollen, dass ich auch weiter für sie zuständig bin“, sagt er. Deshalb sei ein Gründungslotse auch viel zu wenig, vor allem weil er selbst nur Türkisch, Englisch und Deutsch spricht. „Wir bräuchten weitere Lotsen, beispielsweise russisch-sprachige, um noch mehr Gründer versorgen zu können“, sagt er. 140 Fälle hat er in den vergangenen eineinhalb Jahren betreut, Interessenten gibt es noch deutlich mehr, sagt er. Noch eine Chance, um das Saarland zum Gründer-Land zu machen. 쏆 Kontakt zur Saarland Offensive für Gründer: Gründer-Hotline (0681) 501-30 00, E-Mail info@sog. saarland.de, Internet www.gruenden.saarland.de
Im Saarland fehlt mir noch zum Glück: „Nichts! Das französischste aller Bundesländer verdient eine spezielle Version des deutschen Spruches über Frankreich: Leben wie Gott im Saarland.“ Frédéric Joureau, französischer Generalkonsul im Saarland
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Finanzielle Starthilfe für Gründer Von Förderkrediten bis Beteiligungs-Kapital – Die Programme der Saarländischen Investitionskreditbank
Fotos: Oliver Dietze, Iris Maurer
Von SZ-Redakteur Joachim Wollschläger
er ein Unternehmen gründen will, braucht neben einem schlüssigen Konzept vor allem eines: Geld. Seit 2005 gibt es bei der Saarländischen Investitionskreditbank (SIKB) ein Existenzgründerbüro, das extra auf die Zielgruppe zugeschnittene Angebote bereithält, sagt Karl Lehmann, bei der saarländischen Förderbank SIKB für den Bereich der Existenzgründer verantwortlich. Wir stellen die wichtigsten Finanzierungen vor:
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Startkapitalprogramm des Saarlandes
Größtes Problem von Gründern ist, dass sie wenig Eigenkapital und keine Sicherheiten haben. Hier greift das Startkapitalprogramm des Saarlandes. Es ist für junge Unternehmen bis zum dritten Jahr nach der Gründung vorgesehen. Im Rahmen dieses Programms bekommen Unternehmen einen zinsgünstigen Kredit bis 25 000 Euro, der zwei Jahre zins- und tilgungsfrei ist und für den keine Sicherheiten erforderlich sind. Gründer werden angehalten, an einem Gründer-Coaching der KfWBank teilzunehmen, in dem organisatorisches, vertriebliches und kaufmännisches Wissen vermittelt wird. Im Gegenzug reduziert sich der Zinssatz um einen Prozentpunkt. KfW Gründerkredit Startgeld
Reichen 25 000 Euro Anfangskapital nicht aus, lässt sich das Startkapitalprogramm des Saarlandes auch noch
durch das Startgeld der Förderbank KfW erweitern, die eine Finanzierung von bis zu 100 000 Euro ermöglicht – ebenfalls zu vergünstigten Zinskonditionen. Gründungs- und Wachstumsfinanzierung Saarland
Wird für die Gründung oder für Erweiterungspläne eine höhere Summe gebraucht, etwa für größere Investitionen und die Anschaffung von Betriebsmitteln, gibt es dafür bei der SIKB die Gründungs- und Wachstumsfinanzierung. Sie richtet sich ebenfalls an junge Unternehmen bis zu drei Jahre nach der Gründung und ermöglicht zinsgünstige Kredite bis zu zwei Millionen Euro. Besonderheiten dieses Instrument sind die Tilgungsfreistellung von bis zu drei Jahren sowie eine Zinsvergünstigung, die vom Land getragen wird. Wie hoch die ausfällt, ist unter anderem davon abhängig, ob und wie viele Arbeitsplätze geschaffen werden.
Jahren die Belastung vergleichsweise gering ausfällt. Wagnis-Kapital
Unternehmen, die mit hoch innovativen Produkten an den Markt gehen wollen, können über die Saarländische Wagnisfinanzierungsgesellschaft (SWG) finanzielle Unterstützung bekommen. Hier steht der innovative Charakter im Vordergrund. Die Finanzierung wird individuell für das Unternehmen angepasst. Bonitätsverbesserung
An mangelnden Sicherheiten soll keine Gründung scheitern – lautet das Motto der Bürgschaftsbank der
Beteiligungs-Kapital
Statt einen Kredit aufzunehmen, ist es auch möglich, über die Saarländische Kapitalbeteiligungsgesellschaft KBG eine Beteiligung zu bekommen. Bei diesem Programm beteiligt sich die KBG mit einem Betrag zwischen 30 000 und 100 000 Euro als stiller Gesellschafter bis zu zehn Jahre am Unternehmen. Vorteil einer solchen Beteiligung ist die Tatsache, dass diese Gelder dem Eigenkapital zugerechnet werden und somit die Bonität für weitere Kredite verbessert wird. Außerdem steigt die Zinsbelastung beim KBG-Programm nur schrittweise, sodass in den ersten
Im Saarland fehlt mir noch zum Glück: „Dass die Energiekosten die saarländischen Unternehmen und die Haushalte nicht noch mehr belasten.“ Ellen Neumann, Betriebsratsvorsitzende der Saarstahl AG im Werk Neunkirchen
SIKB. Über eine Bürgschaft von bis zu 80 Prozent des benötigten Kapitals sichert die Bürgschaftsbank Gründern auch bei fehlenden Sicherheiten die beste Bonitätsstufe für den benötigten Kredit. Somit lassen sich bessere Zinskonditionen erreichen. Natürlich müssen Gründer Voraussetzungen erfüllen, um gefördert zu werden. Vor allem müssen sie ein schlüssiges Gründungskonzept präsentieren, in dem unter anderem die Geschäftsidee beschrieben wird, aber auch eine Markt-Analyse sowie ein Vertriebs- und Marketing-Konzept. Ebenso muss der Gründer seinen Finanzbedarf sowie die erwartete Geschäftsentwicklung schlüssig darstellen, sagt Lehmann. Bei bereits bestehendem Geschäft sollte auch eine aktuelle Bilanz eingereicht werden. Noch wichtiger ist die Eignung des Gründers. „Dafür sind für uns persönliche Termine unerlässlich“, so Lehmann. Wer eine Finanzierung benötigt, kann sich bei einem Bedarf bis 50 000 Euro direkt an die SIKB wenden. In allen anderen Fällen läuft der Kontakt über die Hausbank. Sind die Unterlagen komplett, wird über die Finanzierung im besten Fall innerhalb weniger Tage entschieden. Da sämtliche Förderinstrumente über die SIKB zur Verfügung gestellt werden, hat der Gründer auch bei komplexen Finanzierungen immer nur einen Ansprechpartner. 쏆 Kontakt: Saarländische Investitionskreditbank (SIKB), Franz-JosefRöder-Straße 17, 66119 Saarbrücken, Telefon (0681) 3 03 30, E-Mail info@sikb.de, Internet www.sikb.de
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Der Startup-Helfer Business Angel im Ehrenamt – Peter Badt steht angehenden IT-Unternehmern zur Seite Von SZ-Redakteur Joachim Wollschläger
ie jungen Firmengründer müssen ja nicht jeden Fehler noch einmal machen, den wir schon gemacht haben“, sagt Peter Badt. Um Jungunternehmern beim FehlerVermeiden zu helfen, engagiert sich Badt seit sechs Jahren als Business Angel im Saarland. Die Business Angels sind zur Jahrtausendwende als Initiative von Industrie- und Handelskammer Saarland (IHK) und dem damaligen Wirtschaftsminister Hanspeter Georgi (CDU) ins Leben gerufen worden. Grundgedanke dabei ist, dass erfahrene Unternehmer Gründern zur Seite stehen und ihnen helfen, innovative Ideen an den Markt zu bringen. „Es gibt eine Menge Fallen, in die man als Unternehmensgründer tappen kann“, sagt Badt. Sei es das richtige Logo oder schon der Firmenname, sei es aber auch die Frage, mit welchem Vertrieb und Marketing die Gründer ihre Produkte an den Markt bringen wollen. „Gerade bei Software ist das ein ganz eigenes
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Feld“, sagt Badt, der in seinem Hauptberuf die Saarbrücker Software-Firma Metalevel führt. „Ein wichtiger Punkt ist zum Beispiel, Kunden zu finden, mit denen man gemeinsam ein marktfähiges Produkt entwickeln kann. Dazu gehört, viel mit den Kunden zu reden, Fragen zu stellen, um das Produkt immer wieder zu optimieren“, sagt er. Zwei Unternehmen betreut Badt aktuell: Das jüngere hat sich gerade gegründet, die Testfabrik AG, eine Ausgründung aus der Universität, die mit dem Projekt Webmate eine automatische Testsoftware für Internetseiten vermarkten will. Das zweite Unternehmen, Semvox, besteht schon mehrere Jahre und hat kaum noch Beratungsbedarf. „Mit der Zeit werden dann natürlich auch die Treffen zwischen Business Angel und Gründern seltener“, sagt Badt. Anfangs jedoch gibt es regelmäßigen Kontakt, bei dem dann in bis zu zweistündigen Treffen ganze Fragenkataloge abgearbeitet werden. Da geht es neben den grundlegenden betriebswirtschaftlichen Fragen oft auch um konkrete Projekte, Verträge und potenzielle Kun-
Im Hauptberuf ist Peter Badt Chef der Saarbrücker Software-Firma Foto: Thomas Wieck Metalevel.
den. „Zusätzlich kommt ein Business Angel selbst ja auch viel herum und kann bei einigen Problemen auch über die eigenen Kontakte Hilfe anbieten“, sagt Badt. Schon allein das Potenzial der Kollegen im Business Angels Network, in dem im Saarland aktuell 50 Berater ehrenamtlich tätig sind, würde viele Möglichkeiten eröffnen. Badt, der im Saarland Informatik studiert hat, weiß selbst, wie schwierig es sein kann, ein Unternehmen aufzubauen. 1990 hat er gemeinsam mit dem Informatiker Peter Raber die Firma Metalevel über-
nommen und ausgebaut. „Dass das geklappt hat, hat mit Glück, Mut und einem guten Steuerberater zu tun, der uns durch manche Krise gebracht hat“, sagt Badt. Die Erfahrungen und die Fehler aus dieser Zeit hätten ihn motiviert, 2006 zuzusagen, als er gefragt wurde, ob er sein IT-Know-how bei den Business-Angels einbringen wolle. Obwohl die Tätigkeit ehrenamtlich ist und natürlich ein Ideenschutz für die betreuten Unternehmen besteht, sagt Badt, dass auch er von den Gesprächen mit den JungUnternehmern profitiert. Einmal sogar geschäftlich, als nämlich ein Projekt bei den Business Angels vorgestellt wurde, zu dem seine Firma Metalevel die ideale Ergänzung anbieten konnte. „Wir haben uns dann entschieden, uns zusammenzutun und gemeinsam ein Unternehmen zu gründen“, sagt Badt. Das Unternehmen, die Übersetzungsplattform Leginda.de, ist bereits seit mehreren Jahren erfolgreich am Markt. In diesem Fall habe das ehrenamtliche Engagement letztlich sogar zu einem Geschäftserfolg geführt, sagt Badt.
VORSPRUNG DURCH WISSEN – INNOVATION DURCH PARTNERSCHAFT DIE IHK WEITERBILDUNGSPARTNERSCHAFT 쐍 Vom Bankfachwirt bis zum technischen Betriebswirt: 30 anerkannte Weiterbildungsabschlüsse 쐍 Qualifizierung von rund 250 Fachkräften zum Industriemeister 쐍 Mehr als 60 kompetente Bildungspartner der IHK 쐍 330 hochwertige IHK Zertifikatslehrgänge 쐍 Gezielte Personalentwicklung mit Inhouse-Seminaren 쐍 Individuelle Weiterbildungsberatung – für Unternehmen und Mitarbeiter 쐍 Spezielle Angebote für Ältere, Migranten und Berufsrückkehrer(-innen) – ein Beitrag zur Fachkräftesicherung Machen Sie sich selbst ein Bild von der Leistungsstärke der saarländischen Bildungsträger: www.saarland.ihk.de Ihre Ansprechpartner: Peter Nagel, Nina Schäfer, Tel. (0681) 9520-756, E-Mail: nina.schaefer@saarland.ihk.de
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Roswitha Jacobs ist froh, mehr Zeit für die Pflege ihres Vaters zu haben.
Foto: Oliver Dietze
Damit noch Zeit für die Familie bleibt Weil ihr Chef mit einer kürzeren Arbeitszeit einverstanden ist, kann sich Roswitha Jacobs stärker um ihren Vater kümmern Von SZ-Redaktionsmitglied Jennifer Back
s war ein schleichender Prozess, bis der Vater von Roswitha Jacobs zum Pflegefall wurde. Anfangs hatte es noch ausgereicht, dem Arbeitgeber Bescheid zu geben, dass sie wegen Arztterminen ihres Vaters kürzertreten müsse. Irgendwann brauchte er so viel Hilfe, dass die 42jährige Jacobs die Betreuung neben dem Beruf nicht mehr stemmen konnte. Arztbesuche, Einkaufstouren oder einfach nur bei ihm sein – all das kostete immer mehr Zeit, die Jacobs ihres Vollzeitjobs wegen im Grunde nicht hatte. „Die Arbeit komplett aufzugeben, kam für mich dabei nie infrage, denn ich liebe meinen Job“, sagt Jacobs. Als Assistentin der Geschäftsführung bei der Gastroserv Catering GmbH mit Sitz in Saarlouis ist sie stark eingespannt und häufig im Saarland zu Außenterminen un-
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terwegs. Den Vater in einem Pflegeheim unterbringen, kam für Jacobs und ihre beiden Geschwister, die in Nordrhein-Westfalen wohnen, aber genauso wenig infrage. Die Lösung brachte ein Gespräch mit ihrem Arbeitgeber Christoph Kühn, Geschäftsführer bei Gastroserv Catering. „Es kann von niemandem erwartet werden, der Doppelbelastung, also der Pflege eines Angehörigen und der Ausübung des Berufs, gerecht zu werden“, sagt Kühn. „Wenn ein Mitarbeiter ständig in Sorge ist, leidet früher oder später seine Arbeitsleistung darunter. Unzufriedenheit macht sich breit.“ Da müsse man gegenlenken, denn „Mitarbeiterfreundlichkeit kommt immer auch der Firma zugute“, ist Kühn überzeugt. So sei es für ihn selbstverständlich gewesen, seine Assistentin zu unterstützen. Sie konnte ihre Arbeitszeit reduzieren, zudem bekam sie die Möglichkeit, von zu Hause aus – in Merzig-Ballern – zu arbeiten. „Damit kann ich auch mal einen oder zwei Tage in der Woche daheimbleiben und mich um meinen Vater, aber auch um meine Familie kümmern“, sagt Jacobs. Um ihr Fehlen bei der Arbeit etwas auszugleichen, stellte die Firma eine Aushilfe ein. So ein Fall wie bei Jacobs sei im Unternehmen bisher noch nicht
vorgekommen, berichtet Geschäftsführer Kühn. Er rechnet aber damit, dass die Firma künftig öfter auf solche persönlichen Notlagen reagieren muss. „Der Altersdurchschnitt liegt bei uns etwa bei 40 Jahren, da wird es häufiger vorkommen, dass ein Mitarbeiter einen Elternteil pflegen muss.“ Volker Giersch, Hauptgeschäftsführer der Industrie- und Handelskammer (IHK) Saarland, teilt diese Auffassung: Künftig gebe es, auch wegen des Fachkräftemangels, deutlich mehr Berufstätige mit pflegebedürftigen Angehörigen als heute. „Vor allem für ältere Mitarbeiter müssen wir Lösungen finden, da wir auf ihre Leistung und ihren Erfahrungsschatz nicht verzichten können“, sagt Giersch. Im Saarland gibt es nach seiner Einschätzung unübersehbare Fortschritte bei der Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Dazu trägt ein Gütesiegel bei, mit dem die Servicestelle „Arbeiten und Leben im Saarland“ familienfreundliche Firmen auszeichnet. „Dennoch sind wir beim Thema Vereinbarkeit von Familie und Beruf noch längst nicht am Ziel“, sagt Giersch. So brauche es flexiblere Arbeitszeitmodelle, ein breiteres Angebot an Heim-Arbeitsplätzen sowie gezielte Betreuungsangebote bei Notfällen.
Im Saarland fehlt mir noch zum Glück: „Mehr Menschen, die im Saarland ihren Lebens- und Arbeitsmittelpunkt entdecken und so zu echten Fans werden. Und ganz persönlich: ein neuer Konzertsaal!“ Prof. Dr. Silvia Martin Geschäftsführende Gesellschafterin Möbel Martin GmbH & Co. KG
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Wenn der Wein zum Erlebnis wird Reben-Patenschaften oder eine Wanderung mit Picknick im Weinberg – Das Weingut Schmitt-Weber in Perl tut viel, um Verkostungen zu etwas Besonderem zu machen
Von SZ-Redaktionsmitglied Jennifer Back
an muss nicht gleich ein Weingut besitzen oder Winzer sein, um seinen eigenen Jahrgangswein genießen zu können. Beim Weingut Schmitt-Weber in Perl geht das auch in kleinerem Maßstab. Kunden können Weinberg-Paten werden. „Damit geben wir Wein-Verrückten im positiven Sinne die Möglichkeit, ihre eigene Weinberg-Reihe zu besitzen“, sagt Winzer Thomas Schmitt, Inhaber von Schmitt-Weber. Sieben Reihen mit 120 Rebstöcken, allesamt von einem Pastor geweiht und im Moseltal gelegen, können auf fünf Jahre gepachtet werden. Ist der Wein abgefüllt, zahlen die Pächter den Restbetrag, das heißt, den Flaschenpreis abzüglich der Pacht. Das sei kein direkter Kostenvorteil, räumt Schmitt ein. Die Warteliste spreche aber für sich – der Kunde lege Wert auf „das Besondere“. Guten Wein produzieren und den Kunden darüber hinaus etwas Besonderes bieten, das sind die erklärten Ziele des kreativen Winzers, der den Betrieb von seinem Vater Werner übernommen hat. Denn gute Weine gebe es auch im Regal – nur fehle dabei der Bezug zum Produkt, „zum Persönlichen“, wie Schmitt sagt. Deshalb heiße seine Betriebsphilosophie: „nah an den Kunden sein“. Sie sollen ihn und seine Arbeit kennenlernen können. Darauf legt der 48-Jährige Wert. Das schaffe emotionale Nähe, sowohl zum Produkt als auch zum Weingut und dessen Inhaber. Aber damit allein ist es nach Ansicht Schmitts nicht getan. „Man braucht gewisse Fähigkeiten, um ein Produkt zu verkaufen, das für den Weinliebhaber greifbar ist“, sagt Schmitt. „Fähigkeiten wie
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Kreativität und Einfühlungsvermögen dafür, was der Kunde mag.“ Greifbar, das bedeutet für Schmitt vor allem eines: erlebbar. Um Kunden zu gewinnen und zu halten, sucht der Winzer deshalb immer wieder neue Herausforderungen. Er nennt sich selbst einen umtriebigen Menschen, der sich immer wieder neu positionieren will. Das tut er, indem er die Weinverkostung zu einem Erlebnis macht. Ein Beispiel dafür sind die Drei-Länder-Wanderungen im Sommer. Zwölf Kilometer wandern die Teilnehmer durch das Grenzgebiet zwischen Saarland, Lothringen und Luxemburg und kehren an mehreren Stationen ein, um zu speisen und Weine von Schmitt-Weber zu trinken. Ein Mittagessen in Frankreich mit Ausblick vom Stromberg, ein Glas Wein auf dem Schengener Plateau sowie ein deftiges Abendessen in der Probierstube des Weinguts gehören zur Wanderung durch das Drei-LänderEck. Eine persönliche Note gibt Schmitt-Weber dem Wein zudem über die sogenannten Event-Lesen, bei denen Gruppen ihren eigenen Wein lesen. Ist der Wein gereift, bekommen die Teilnehmer die Flaschen mit einem personalisierten Etikett. Nicht nur Vereine und Unternehmen gehören zu den Abnehmern, sondern auch Gastronomen und deren Gäste. Mit der Event-Lese und der Weinberg-Patenschaft gelingt es Schmitt nach eigenen Angaben, zehn Prozent der Ernte bereits vor der Lese zu verkaufen. Nicht nur in Sachen Vermarktung geht Schmitt eigene Wege. Mit der Wein-Kollektion „1725-PremiumSerie“ will sich der feinsinnige Winzer seit 2010 von der Konkurrenz abheben. Dafür hat er eigens eine Wein-Manufaktur im heimischen Keller errichtet. Hinter der Premium-Serie steckt die Absicht
Die Familie Schmitt bewirtschaftet im Moseltal bei Perl acht Hektar WeinFoto: Weingut Schmitt-Weber berge.
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Schmitts, Trauben für „kräftige, vollmundige Weißweine“ im Saarland anzubauen, wo sonst vor allem spritzige Sommerweine hergestellt werden. Die Erntemenge ist stark reduziert, so hängen weniger Trauben in größerer Qualität an den Reben. Nach der Ernte reifen die Premium-Weine – anders als die Sommerweine – ein ganzes Jahr lang in großen Holzfässern. Eine Methode wie einst im Jahr 1725, als der Weinbau in der Familie Schmitt erstmals dokumentiert wurde. „Ganz oben mitspielen“ möchte Schmitt damit im europaweiten Vergleich und kann bereits Erfolge verzeichnen. Im vergangenen Jahr bezeichnete der Restaurantführer Gault Millau das Weingut SchmittWeber als eines der sechs besten Newcomer-Weingüter Deutschlands. Dort hatte sich Schmitt erstmals mit seinem Premium-Chardonnay beworben, der mit einer Roten Traube ausgezeichnet wurde, der höchsten Auszeichnung in der Kategorie „Newcomer“. Viele Weingüter setzen auf Themenweine und kulinarische Verkostungen. „In der Form, wie wir es machen, macht das aber niemand.“ Immer wieder bekomme er positive Rückmeldungen der Teilnehmer. „Kunden, die nicht nur zufrieden, sondern begeistert sind von unseren Aktionen, sind die besten Multiplikatoren“, ist Schmitt überzeugt.
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Winzer Thomas Schmitt hat für seinen Premium-Chardonnay eine Auszeichnung des Restaurant-Führers Gault Millau eingeheimst.
„Wir geben Wein-Verrückten die Möglichkeit, eine eigene Weinberg-Reihe zu besitzen.“ Thomas Schmitt
Viele tausend Liter Wein lagern im Keller des Weinguts Schmitt-Weber.
Fotos: Weingut Schmitt-Weber