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Vorwort
Die Sprachlandschaft der deutschsprachigen Schweiz hat in der zweiten Hälfte des 20. Jhs. grosse Veränderungen erfahren. Dies hängt unter anderem mit der enorm gewachsenen Mobilität in verschiedenen Lebensbereichen zusammen. Auch die Dialekte, traditionell verstanden als regional und lokal geprägte Sprachvarianten, sind damit bis zu einem gewissen Grad mobil geworden. Die täglichen Pendlerströme, nicht nur zwischen Stadt und Land, sondern auch zwischen den städtischen Zentren, tragen viel zu diesem Phänomen bei.
Alle Dialekte in der deutschsprachigen Schweiz haben sich stark verändert, und manche charakteristische Strukturmerkmale und Wörter sind verschwunden. Dies tri=t auch für das Baseldeutsche zu, das als Dialekt eines Stadtkantons ohne nennenswerte territoriale Erstreckung ohnehin vielen äusseren Einflüssen ausgesetzt war und ist. Dennoch haben die geografisch-politische Randlage Basels im Nordwesten der Schweiz – «hinter» dem Jura– und seine Einbettung in den trinationalen oberrheinischen Raum kulturell, wirtschaftlich und nicht zuletzt sprachlich eine deutliche Prägung hinterlassen.
Dieser Besonderheit ist es u.a. zu verdanken, dass bereits 1879 G.A.Seilers «Basler Mundart … ein Wörterbuch für Schule und Haus» erscheinen konnte. Dem Werk sind im 20. Jahrhundert eine Reihe von Wörtersammlungen (von verschiedenen Autoren), eine Grammatik und ein Wörterbuch (beide von Suter, drei Auflagen), noch ein Wörterbuch (von Meister 2009) und jetzt schliesslich die vorliegende Publikation gefolgt. Hinzu kommen das Baselbieter Wörterbuch (Muster/Bürkli-Flaig 2001) und wissenschaftliche Untersuchungen zum Dialekt in Basel und Umgebung (z.B.Schläpfer 1956, Hofer 1997, Gasser 2010).
Das Interesse sowohl von Autorinnen und Autoren als auch des Publikums ist gross. Die Motivation, sich mit dem lokalen Dialekt auseinanderzusetzen, mag höchst unterschiedlich sein, dürfte aber oft mit dem bereits erwähnten Thema der Mobilität in Verbindung zu bringen sein, fast immer aber mit einer Art der Vergewisserung von lokaler Identität. Woher man auch stammt, man wird, sei es als «Eingeborene» oder «Eingeborener», als Zugezogene oder Zugezogener aus andern Teilen der Schweiz oder aus dem Ausland, als Gast oder als Heimwehbaslerin oder -basler zwangsläufig mit dem Baseldeutschen in verschiedensten Situationen konfrontiert. Man wird sich damit identifizieren oder auch nicht, aber gerade in letzterem Fall wird man andere Menschen oder bestimmte Institutionen und Themen damit verbinden – man denke nur an die Fasnacht.
Die Sprache und damit auch der Wortschatz des Baseldeutschen bietet sehr viele Möglichkeiten des Spiels mit Identifikation und Abgrenzung. Nur so ist es zu verstehen, dass unter den Bedingungen hoher Mobilität – die auch alle Arten von Medien betri=t – nicht längst alle Deutschschweizer Dialekte in einem überregionalen Schweizerdeutsch aufgegangen sind, sondern weiterhin koexistieren. Davon kann man sich leicht – mobil am Autoradio oder am häuslichen Fernseher – überzeugen.