Sportvereine in der Schweiz 2011

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Sportvereine in der Schweiz

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Zahlen, Fakten und Analysen zum organisierten Sport

Schweizerische Gemeinnü t zige Gesellschaf t Société suisse d’u tilité publique Societ à sviz zer a di u tilit à pubblic a

Bundesamt für Sport BASPO



Sportvereine in der Schweiz

Markus Lamprecht, Adrian Fischer, Hanspeter Stamm

2011 Observatorium Sport und Bewegung Schweiz c/o Lamprecht & Stamm Sozialforschung und Beratung AG Bundesamt f端r Sport BASPO Schweizerische Gemeinn端tzige Gesellschaft (SGG) Schweizerische Unfallversicherungsanstalt (Suva) Swiss Olympic Zitationsvorschlag: Lamprecht, M., Fischer, A. & Stamm, H.P. (2011): Sportvereine in der Schweiz Magglingen: Bundesamt f端r Sport BASPO


Inhalts端bersicht

1. Ausgangslage

3

2. Entwicklung und Struktur der Schweizer Sportvereine

4

3. Mitgliederzahlen und Mitgliederstruktur

6

4. Angebote und Leistungen

8

5. Freiwillige und bezahlte Mitarbeit

12

6. Finanzen

14

7. Infrastruktur

15

8. Herausforderungen und Probleme

16

9. Fazit

19

10. Untersuchungsmethode und Stichprobe

20

2 Sportvereine in der Schweiz


1. Ausgangslage

Über 20 000 Sportvereine sorgen in der Schweiz für ein breites und vielfältiges Sportangebot. Ein Viertel der Schweizer Wohnbevölkerung treibt in einem Sportverein Sport. Die Zahlen sind beeindruckend und unterstreichen die grosse Bedeutung der Sportvereine als wichtigste Sportanbieter. Die Leistungen, welche die Sportvereine erbringen, betreffen nicht nur die Sportwelt. Sportvereine erfüllen wichtige Integrations- und Gemeinwohlaufgaben. Sie bringen Menschen zusammen: Junge und Alte, Frauen und Männer, Schweizer und Ausländer, Akademiker und Handwerker. Sie sorgen für den «sozialen Kitt» in der Gesellschaft, unterstützen die regionale Verankerung und erfüllen wichtige Gesundheitsfunktionen. Alle diese Leistungen beruhen weitgehend auf der freiwilligen und unentgeltlichen Arbeit von gegen 300 000 ehrenamtlichen Mitarbeitern. Inwieweit der organisierte Sport seine Gemeinwohlfunktion tatsächlich erfüllt, wie sich die Situation in den Vereinen gegenwärtig präsentiert, und welche Probleme und Herausforderungen sie dabei zu bewältigen haben, sind die zentralen Fragestellungen der vorliegenden Studie. Dazu wurden über 6000 Vereine und 82 Sportverbände befragt sowie die Daten zweier repräsentativer Bevölkerungsbefragungen gezielt ausgewertet. Die Analysen und Befunde sind in einem Buch dargestellt, das 2011 erscheint. Die vorliegende Broschüre fasst die wichtigsten Eckdaten und Resultate zusammen. Das Forschungsprojekt wurde vom Observatorium Sport und Bewegung Schweiz im Auftrag von Swiss Olympic, dem Bundesamt für Sport BASPO, der Schweizerischen Gemeinnützigen Gesellschaft (SGG) und der Schweizerischen Unfallversicherungsanstalt (Suva) durchgeführt. Das Projekt ist in einen internationalen Forschungsverbund unter der Führung der Deutschen Sporthochschule Köln eingebunden und baut auf frühere Vereinsstudien aus den Jahren 1996 und 2004 auf. Bei der Projektorganisation, Datenerhebung und Datenanalyse wurden wir von verschiedenen Institutionen und Personen tatkräftig unterstützt. Ihnen sei an dieser Stelle ganz herzlich gedankt. Ein ganz besonderer Dank geht an die 82 Verbandsverantwortlichen und über 6000 Vereinsvorstände, welche den umfangreichen Fragebogen mit grossem Engagement und viel Geduld ausgefüllt haben. Wir sind uns bewusst, dass die Umfrage für die ehrenamtlichen Mitarbeiter einen beträchtlichen Mehraufwand darstellte, und freuen uns umso mehr über die hohe Teilnahmequote.

Sportvereine in der Schweiz 3


2. Entwicklung und Struktur der Schweizer Sportvereine In der Schweiz gibt es über 20 000 Sportvereine Die 82 Swiss Olympic angeschlossenen Verbände weisen insgesamt 20 728 Sportvereine aus 1. Es gibt einige Vereine, die Mitglied in mehr als einem Verband sind und deshalb in dieser Statistik doppelt gezählt werden. Berücksichtigt man diese Doppelzählungen, so müsste die Zahl aller Schweizer Sportvereine um 3,2 Prozent nach unten korrigiert werden. Damit finden sich unter dem Dach von Swiss Olympic immer noch über 20 000 Sportvereine. Nach Schätzungen der Sportverbände kommen noch rund 5000 Sportvereine dazu, die keinem der 82 Mitgliederverbände angeschlossen sind. Diese verbandsunabhängigen Vereine sind in den vorliegenden Analysen nicht mitberücksichtigt.

A 2.1: Anzahl Sportvereine, die über ihre Verbände Swiss Olympic angeschlossen sind; Entwicklung von 1985 bis 2010 30000 26 203 25000

27 090 24 016

22948

22 578 20 728

20000

15000

10000

5000

0

Am meisten Vereine zählen der Turnverband (3288 Vereine) und der Schiesssportverband (3067). Diese beiden Verbände zusammen vertreten gegen einen Drittel aller Schweizer Sportvereine. Über 1000 Mitgliedervereine hat der Fussballverband (1450). Auf über 500 Vereine kommen der Tennisverband (839), der Ski-Verband (810), der Volleyballverband (611), die Pfadibewegung (602) sowie Swiss Cycling (517). Auf der anderen Seite stehen Kleinverbände wie Pentathlon Suisse, der Amateur-Gewichtheber-Verband, Swiss Snow Bike, der Boules-Verband und der Castingsport-Verband mit weniger als einem Dutzend Mitgliedervereinen. Die Zahl der Sportvereine geht seit 1995 kontinuierlich zurück Die Anzahl aller Schweizer Sportvereine ist zwischen 1985 und 1995 von rund 23 000 auf 27 000 gestiegen. Seither ist die Zahl der Vereine kontinuierlich gesunken und liegt mittlerweile unter dem Wert von 1985 (vgl. A 2.1). Am meisten Vereine verloren haben in den letzten 15 Jahren der Turnverband (minus 2836 Vereine), der Leichtathletikverband (–935), der Schiesssportverband (– 830), der Handballverband (– 403), der Firmensportverband (–352) und der Tennisverband (–290). Daneben gibt es eine Reihe von Verbänden, die in den letzten 15 Jahren markant zulegen konnten. Am meisten neue Vereine zählen der Unihockeyverband (+139), der Karate-Verband (+52) und der Golfverband (+48). Insgesamt verzeichnen 47 Verbände heute weniger Mitgliedervereine als vor 15 Jahren, 18 Verbände haben Vereine dazu gewonnen. Die restlichen 7 Verbände haben sich nicht verändert (3) bzw. waren 1995 noch nicht Mitglied bei Swiss Olympic (4).

1

S eit dem 1.1.2011 zählt Swiss Olympic 83 Mitgliederverbände. Die vorliegenden Zahlen beziehen sich auf das Jahr 2010.

4 Sportvereine in der Schweiz

1985

1990

1995

2000

2004

2010

Datenquelle: Verbandsbefragung

Gut drei Viertel aller Sportvereine sind in der Deutschschweiz zu Hause, ein Fünftel in der Romandie und rund 4 Prozent in der italienischsprachigen Schweiz. Berücksichtigt man die Bevölkerungszahl in den drei Sprachregionen, so haben wir in der Deutschschweiz mit einem Sportverein auf 316 Einwohner die höchste Vereinsdichte. In der französischund italienischsprachigen Schweiz ist die Vereinsdichte etwas tiefer, aber auch dort gibt es auf 400 Einwohner einen Sportverein. Der Rückgang der Sportvereine in den letzten 15 Jahren zeigt sich in allen Regionen in vergleichbarem Umfang. Der Schweizer Vereinssport hat eine lange Tradition Etwa ein Drittel der heute existierenden Sportvereine wurden zwischen 1960 und 1990 gegründet (vgl. A 2.2). Ein Sechstel aller Vereine ist bereits über 100 Jahre alt. Dabei handelt es sich vor allem um Turn- und Schützenvereine. In den letzten 10 Jahren wurden 1500 Vereine gegründet. Die meisten Neugründungen weist der Unihockeyverband auf. Die Mehrzahl der Schweizer Sportvereine sind kleine Einspartenvereine Fast zwei Drittel der Schweizer Sportvereine haben weniger als 100 Mitglieder (vgl. T 2.1). Ein gutes Fünftel aller Vereine zählt sogar weniger als 50 Mitglieder. Dagegen haben nur 8 Prozent der Vereine mehr als 300 Mitglieder. Betrachtet man den Mitgliederanteil, so sind die Grossvereine allerdings bedeutender als die Kleinvereine. 42 Prozent aller Schweizer Vereinssportler sind Mitglied in einem Grossverein, nur 22 Prozent in einem Kleinverein. Die Zahl der Klein- und Kleinstvereine hat in den letzten 15 Jahren noch zugenommen. Gleichzeitig ist aber auch der Anteil an Grossvereinen zu Lasten der mittleren Vereine leicht angestiegen.


Drei Viertel aller Vereine sind Einspartenvereine. Beim restlichen Viertel handelt es sich um Mehrspartenvereine oder um Abteilungen von Mehrspartenvereinen. Knapp die Hälfte aller Mehrspartenvereine haben zwei bis drei Abteilungen. Grossvereine mit über 10 Abteilungen bilden im Schweizer Vereinssport dagegen die Ausnahme. Die Zahl der Einspartenvereine hat in den letzten 15 Jahren zu-, die Zahl der Mehrspartenvereine abgenommen. A 2.2: Vereinsgründungen über die Zeit: Anteil der Vereine, die im entsprechenden Zeitabschnitt gegründet wurden 14 12,9 12 10

10,0

9,4

8 6,8 6 4,6 4 2

1,9

2,6

3,1

9,6

8,0

7,5

7,4

6,8

5,1

2,8

1,5

0 9 9 9 9 9 9 9 9 9 9 9 9 9 9 9 0 86 99 00 98 88 92 87 95 97 89 93 96 91 94 90 86 r1 is 1 is 1 is 2 is 1 bis 1 is 1 bis 1 is 1 is 1 bis 1 is 1 is 1 bis 1 is 1 bis 1 b b b b b b b b b b 60 90 00 80 80 20 70 50 70 90 30 60 10 40 00 18 19 20 19 18 19 18 19 19 18 19 19 19 19 19

vo

Datenquelle: Vereinsbefragung

T 2.1: Vereinsgrösse: Anteil an Vereinen und Verteilung der Aktivmitglieder auf die entsprechenden Vereine in Prozent in Prozent aller Vereine

in Prozent aller Aktivmitglieder

Kleinvereine (bis 100 Mitglieder)

64

22

Mittlere Vereine (101 bis 300 Mitglieder)

28

36

Grossvereine (über 300 Mitglieder)

8

42

Datenquelle: Vereinsbefragung

Sportvereine in der Schweiz 5


3. Mitgliederzahlen und Mitgliederstruktur Die Zahl der Aktivmitglieder steigt wieder Bei den Mitgliederzahlen lässt sich bis in die frühen 1990er Jahre ein starkes Wachstum und danach ein kontinuierlicher Rückgang beobachten (vgl. A 3.1). Nachdem die Gesamtzahl der Mitgliedschaften in allen Swiss Olympic angeschlossenen Sportverbänden bis Mitte der 1990er Jahre auf 3,4 Millionen angewachsen ist, zählen wir heute noch rund 2,7 Millionen. Diese Zahl ist allerdings wenig aussagekräftig. In den Mitgliedschaften sind einerseits die äusserst heterogenen Gruppen der Gönner, Ehemaligen und Funktionäre sowie Passiv-, Frei- und Ehrenmitglieder, andererseits viele Doppelzählungen enthalten. A 3.1: Entwicklung der Mitgliederzahlen aller Swiss Olympic angeschlossener Verbände, 1968 –2010 (in Mio.) 4,0 3,4

3,4 3,1

3,0

3,0

2,9 2,39

2,0

2,8

2,7

1,9

2,2

1973

1978

2,24

2,06

2,7

2,04

2,16

1,7

1,0

0

1968

1983

1988

Total aller Mitgliedschaften

1993

1995

1998

2000

2004

2010

Total aller Aktivmitgliedschaften

Datenquelle: Verbandsbefragung

Betrachtet man nur die Aktivmitglieder, so kommt man auf einen etwas anderen Befund. Ihre Zahl ist zwar zwischen 1995 und 2004 ebenfalls rückläufig, seit 2004 steigt die Zahl der Aktivmitglieder jedoch wieder auf heute 2,16 Millionen an. Eine differenzierte Betrachtung der Mitgliederentwicklung in den einzelnen Verbänden zeigt zudem, dass der Rückgang der Aktivmitgliedschaften zwischen 1995 und 2000 wesentlich auf eine administrative Änderungen im Schiesssportverband zurückzuführen ist. Bis 1997 war jeder Schweizer Wehrmann, der das Obligatorische schoss, mindestens B-Mitglied in einem Schützenverein. Durch die Aufhebung der automatischen Mitgliedschaft verschwanden zwischen 1995 und 2000 rund 350 000 Aktivmitglieder aus der Statistik des Schützenverbandes. Klammert man den Schiesssportverband aus der Gesamtstatistik aus, so zeigt sich das folgende Bild: Zwischen 1995 und 2000 stagniert die Zahl der Aktivmitglieder auf hohem Niveau, in den letzten Jahren kann der Schweizer Vereinssport bei den Aktivmitgliedern sogar ein leichtes Wachstum verzeichnen.

6 Sportvereine in der Schweiz

Ein Viertel der Schweizer Bevölkerung ist in einem Sportverein aktiv Die Zahl von 2,16 Millionen Aktivmitgliedschaften bedeutet allerdings nicht, dass gut zwei Millionen Schweizerinnen und Schweizer aktiv in einem Sportverein mitmachen. In diesen zwei Millionen sind auch Doppelzählungen enthalten. Berücksichtigt man diese Doppelzählungen, so kommt man auf gut 1,6 Millionen Personen, die aktiv in einem Sportverein mitmachen. Umgerechnet auf die Gesamtbevölkerung heisst dies, dass in der Schweiz jede vierte Person im Alter von 10 bis 75 Jahren Aktivmitglied in einem Sportverein ist. Dies ist auch exakt die Zahl, die in der Bevölkerungsbefragung Sport Schweiz 2008 ermittelt wurde. Die meisten Aktivmitglieder zählen der Turnverband (296 882) und der Fussballverband (272 000). Über 100 000 Aktivmitglieder haben zudem der Tennisverband (188 840), der Hochschulsportverband (132 647), der Schiessportverband (131 023) und der Schweizer Alpenclub (124 500). Am meisten Aktivmitglieder dazu gewonnen haben in den letzten 15 Jahren der Fussballverband (+74 557), der Golfverband (+47 025), der Pferdesportverband (+46 156), der Hochschulsportverband (+41 610) und der Schweizer Alpenclub (+37 508). Ingesamt konnten 42 Verbände in den letzten 15 Jahren Aktivmitglieder dazu gewinnen. Grössere Einbussen mussten neben dem Schiesssportverband (– 421 413) auch der Firmensportverband (– 63 980), der Tennisverband (–30 233), der Leichtathletikverband (–20 897) und der Turnverband (–18 660) hinnehmen. Die Männer sind in der Mehrheit – die Frauen holen langsam auf Der Frauenanteil unter den Aktivmitgliedern ist in den letzten 15 Jahren kontinuierlich von 31 auf heute 36 Prozent gestiegen. Dennoch bleiben die Frauen im Vereinssport in der Minderheit. Dies gilt nicht nur für die Aktivmitglieder, sondern auch mit Blick auf die Gesamtmitgliedschaften (37%). Deutlich weniger Frauen finden wir unter den Lizenzierten, wo der Frauenanteil nur 21 Prozent beträgt. Es gibt nur neun Sportverbände, in denen die Frauen in der Mehrzahl sind, nämlich im Twirlingverband (99% Frauen), im Eislaufverband (91%), bei Swissfit (82%), im Volleyballverband (70%), im Turnverband (59%), im Rollsportverband (54%), im Pentathlon-Verband (53%), im Behindertensportverband (51%) und im Tanzsportverband (51%).


Betrachten wir zusätzlich die Altersverteilung, so zeigen sich die in Tabelle 3.1 zusammengefassten Befunde. 9 Prozent aller Aktivmitglieder sind Kinder im Alter bis 10 Jahren. Zusammen mit den 11- bis 20-Jährigen (26 % aller Aktivmitglieder) umfasst die Gruppe der Kinder und Jugendlichen gut ein Drittel aller Aktivmitglieder. Ein Drittel der Aktivmitglieder ist 21 bis 40 Jahre alt, während wiederum ein Drittel älter als 40 Jahre ist. Der Anteil an Frauen und Mädchen in den verschiedenen Altersgruppen ist recht unterschiedlich. Den höchsten Frauen- bzw. Mädchenanteil finden wir bei den jüngsten Vereinsmitgliedern. Mit zunehmendem Alter nimmt der Anteil der Frauen ab. In den vergangenen sechs Jahren hat der Frauenanteil vor allem in der jüngsten und der ältesten Altersgruppe klar zugenommen.

In welchem Umfang Kinder und Jugendliche in den Vereinen mitmachen, zeigt sich erst, wenn wir berechnen, wie hoch der Anteil an Vereinsmitgliedschaften in der entsprechenden Altersgruppe ist (vgl. A 3.2). 41 Prozent der 6- bis 9-Jährigen sind Mitglied in einem Sportverein. Die Vereinsbindung steigt bei den 10- bis 14-Jährigen auf 62 % und nimmt dann kontinuierlich ab. Bei den 60- bis 74-Jähigen ist noch jeder Fünfte Mitglied in einem Sportverein. A 3.2: Anteil an Vereinsmitglieder in der entsprechenden Altersgruppe (in Prozent) Kinder Kinder6–9 6–9Jahre Jahre

41 62

Kinder 10–14Jahre Jahre Kinder 10–14 Jugendliche 15–19Jahre Jahre Jugendliche 15–19

47 35

Erwachsene20–29 20–29Jahre Jahre Erwachsene

T 3.1: Altersverteilung der Aktivmitgliedschaften (in Prozent) %-Anteil an allen Aktivmitgliedern 2004

2010

25

Erwachsene 30– 44Jahre Jahre Erwachsene 30–44

Erwachsene 45–59 Erwachsene 45–59Jahre Jahre

Frauenanteil (in %) 2004

2010

Kinder bis 10 Jahre

7,2

8,6

42

49

Jugendliche 11–20 Jahre

29,5

25,5

36

37

Erwachsene 21–40 Jahre

29,9

33,9

36

35

Erwachsene 41–60 Jahre

27,1

22,8

30

36

Erwachsene über 60 Jahre

6,2

9,3

21

31

Total Aktivmitglieder

100,0

100,0

34

36

Datenquelle: Verbandsbefragung

Der Anteil an Kindern und Senioren nimmt zu Mit der stärkeren Beteiligung der Mädchen und Seniorinnen im Vereinssport ist auch der Gesamtanteil der Kinder und Senioren gestiegen. Der Anteil an Kindern im Alter bis 10 Jahren konnte von 6 Prozent im Jahr 2000 und 7 Prozent im Jahr 2004 auf heute 9 Prozent gesteigert werden. Der Anteil an Senioren vergrösserte sich gar von 6 Prozent im Jahr 2004 auf 9 Prozent. Rückläufig ist dagegen der Anteil der 11- bis 20-jährigen Jugendlichen und der 41- bis 60-jährigen Erwachsenen. Bei der Interpretation dieser Zahlen muss allerdings der demografische Wandel berücksichtigt werden, der dazu führte, dass der Anteil der Kinder- und Jugendlichen an der Gesamtbevölkerung in den letzten 10 Jahren rückläufig war.

22

Erwachsene 60–74 Jahre Erwachsene 60–74 Jahre

19

Wohnbevölkerung15–74 15–74Jahre Jahre Wohnbevölkerung

%

25 0

10

20

30

40

50

60

70

Datenquellen: für die Kinder von 6–9 Jahren: Vereinsbefragung; für alle anderen Altersgruppen: Sport Schweiz 2008

80 Prozent aller Vereine haben Kinder und Jugendliche in ihren Reihen, die restlichen 20 Prozent sind reine Erwachsenenvereine. Am meisten Kinder und Jugendliche findet man im Fussball- (158 751) und Turnverband (130 157) sowie der Pfadibewegung (39 740), Swiss-Ski (19 409), dem Unihockeyverband (17 595), dem Volleyballverband (17 404) und Swissfit (17 033). Am meisten Aktivmitglieder im Alter von über 60 Jahren weisen der Alpen-Club (34 698), der Golfverband (22 291), Swiss-Ski (11 231), der Turnverband (10 692) sowie der Verband für Pferdesport (10 000) auf. Die meisten Vereine haben Platz für neue Mitglieder Ein knappes Drittel der Vereine gibt an, dass sie in den letzten fünf Jahren gewachsen sind, während ein Zehntel einen Mitgliederschwund verzeichnet. Ein Mitgliederzuwachs konnte vor allem bei den Mädchen und Frauen sowie bei den Kindern verzeichnet werden. Mitgliederschwund wird dagegen häufig im Segment der 15- bis 20-Jährigen festgestellt. 92 Prozent der Vereine sind in der Lage, neue Mitglieder aufzunehmen. 2 Prozent der Vereine können generell keine neuen Mitglieder aufnehmen, während 6 Prozent zumindest in bestimmten Abteilungen und Angeboten voll ausgebucht sind. Für den Aufnahmestopp sind in erster Linie fehlende Sportanlagen sowie fehlende Trainer und Übungsleiter verantwortlich.

Sportvereine in der Schweiz 7


4. Angebote und Leistungen

Die Sportvereine sorgen für ein buntes und vielfältiges Sportangebot Die Schweizer Sportvereine bieten eine breite Palette von Sportarten und Sportgelegenheiten. Das Angebot erstreckt sich von den «klassischen» Vereinssportarten wie Schiessen, Fussball, Leichtathletik, Volleyball oder Unihockey über die verschiedensten Formen von Fitnesstraining und Gymnastik bis hin zu sehr spezifischen Angeboten wie Indiaca, ElKiTurnen, Cheerleading oder Capoeira. In zwei Dritteln der Sportvereine konzentriert man sich auf eine Hauptsportart. Das restliche Drittel hat ein polysportives Sportangebot, das bei einem guten Zehntel aller Sportvereine über fünf verschiedene Sportarten umfasst. Besonders viele polysportive Sportvereine findet man im Turn- und im Ski-Verband. Die Leistungen der Sportvereine beschränken sich aber nicht auf die Bereitstellung eines vielfältigen Sportangebotes. Sportvereine erfüllen viele weitere Aufgaben und Funktionen, die in Abbildung 4.1 überblicksmässig dargestellt sind und sich unter den Stichworten Leistung/ Wettkampf, Jugendförderung, Geselligkeit / Tradition, Dienstleistung, Integration/Soziales, Ethik/Prävention und Region/Gemeinde zusammenfassen lassen.

8 Sportvereine in der Schweiz

Die Vereine sind die Träger des Leistungsund Wettkampfsports Gut 60 Prozent aller Vereine sind Stolz auf ihre Erfolge im Leistungssport und ein gutes Drittel zeigt auch aktuell ein hohes Engagement im Leistungssport und in der Talentförderung (vgl. A 4.1). Wettkampfsport wird in 86 Prozent aller Vereine betrieben. In einigen Verbänden – wie dem Armbrustschützen-Verband, dem OL-Verband oder dem Golfverband – gilt dies für sämtliche Vereine, bei einigen wenigen Verbänden – wie dem Alpen-Club oder dem Unterwasser-Sport-Verband – ist nur eine Minderheit im Wettkampfsport engagiert. Generell gilt: Je grösser der Verein, desto eher nimmt er am Wettkampfsport teil. Die meisten Wettkämpfe finden auf regionalem, viele auch auf nationalem Niveau statt. Ein knappes Fünftel aller Vereine verfügt über Teams oder Einzelsportler, die auf internationalem Niveau dabei sind und an Welt- oder Europameisterschaften teilnehmen. 72 Prozent der Vereine führen Sportveranstaltungen durch, die auch für Sportler ausserhalb des Vereins oder für Zuschauer offen sind. In rund 60 Prozent der Fälle handelt es sich um eine bis zwei Veranstaltungen pro Jahr. 7 Prozent kommen auf mehr als 10 Veranstaltungen jährlich. An der Mehrzahl der Veranstaltungen nehmen weniger als 100 Sportler oder Zuschauer teil. Es gibt aber auch einige Veranstaltungen mit mehr als 1000 Sportlern oder Zuschauern.


A 4.1: Angebote, Leistungen und Ziele der Schweizer Sportvereine 0%

20%

12

23

... engagiert sich stark in der Talentförderung

11

22

Geselligkeit, Tradition

26

4

19

11 3

28

11 4 2

11 20

6

16

32

24

4

11

28

30

3 11

51

24

34

14

3

13 31

39

16

... will mit zusätzlichen Angeboten neue Mitglieder gewinnen

10 2

28

46

7

17 29

33

58

25

49

... versteht sich vor allem als Freizeit- und Breitensportverein

Intergration, Soziales

35

35

21

8 13

30

28

... versteht sich als Dienstleister in Sachen «Sport»

10

18

37

... bietet eine preiswerte Möglichkeit, Sport zu treiben

11

31

51 42

14

... ermöglicht einkommensschwachen Personen Sport

35

31

20

10 4

... ermöglicht Menschen mit Migrationshintergrund Sport

34

32

20

9

41

... ermöglicht Senioren Sport

13 11

... macht viel, um Kinder und Jugendliche vor sexueller Gewalt zu schützen Region, Gemeinde

... hat in der Region einen hohen Stellenwert trifft voll zu

trifft eher zu

teils-teils

29

16 21 24 15 18

32 29

trifft weniger zu

8 15 8

37

7 1

28

10 3

26 28

10 3 10

21

22 29

16

32

41

23

11

20

33

25

5

9

18

32

20

... spielt im Gemeindeleben eine wichtige Rolle ... arbeitet eng mit anderen Vereinen zusammen

20

18

26

... macht viel für die Unfallverhütung

... macht viel für die Tabak-, Alkohol- und Drogenprävention

24

55

... vermittelt Werte wie Fair Play und Toleranz

... berücksichtigt bei seinen Aktivitäten den Umweltschutz

24

30

7

12

34

23

... ermöglicht Familien Sport

... ermöglicht Menschen mit Behinderungen Sport

27

18

... will ein Angebot für möglichst viele Bevölkerungsgruppen

... engagiert sich im Gesundheitssport

Ethik, Prävention

14

38

17

... soll so bleiben, wie er immer war

14 19

21

22

9

12

22

55

... legt viel Wert auf die Pflege von Traditionen

... orientiert sich an kommerziellen Sportanbietern

26

51

... soll ausschliesslich ehrenamtlich organisiert sein

100%

23

28

... legt viel Wert auf Gemeinschaft und Geselligkeit

... hat ein strategisches Konzept

28

20

... will Jugendliche von der Strasse holen

80% 18

42

... engagiert sich stark in der Jugendarbeit

... legt viel Wert auf nicht-sportliche Angebote

60%

32

... engagiert sich stark im Leistungs- und Wettkampfsport

... achtet besonders auf die Qualität des Sportangebots Dienstleistung

40%

29

... ist stolz auf Erfolge im Leistungssport

Jugend

Leistung, Wettkampf

Unser Verein ...

16

18 22 32 29

17 17 18

8 4 6

trifft gar nicht zu

Datenquelle: Vereinsbefragung Sportvereine in der Schweiz 9


Die Vereine erfüllen viele Gemeinwohlund Integrationsaufgaben Obwohl der Grossteil der Vereine Wettkampfsport betreibt und Sportveranstaltungen organisiert, machen 58 Prozent aller Aktivmitglieder nicht wettkampfmässig Sport. In den meisten Vereinen, in denen Wettkampfsport betrieben wird, finden sich auch Sportler, die nicht an Wettkämpfen teilnehmen. Die Mehrheit der Vereine versteht sich als Freizeit- und Breitensportvereine. Sie bieten eine preiswerte Möglichkeit, Sport zu treiben, und sorgen dafür, dass Personen mit weniger Einkommen und Familien sowie Senioren und Personen mit Migrationshintergrund sportlich aktiv sind. Gut die Hälfte der Vereine möchte ein Angebot für möglichst viele Bevölkerungsgruppen bereitstellen. Ferner engagieren sich viele Vereine im Gesundheitssport und einige auch im Behindertensport. Dabei wird grossen Wert auf Qualität gelegt, und viele Vereine verstehen sich als Dienstleister in Sachen Sport. Trotzdem orientiert sich nur eine kleine Minderheit an den kommerziellen Anbietern. Diese in Abbildung 4.1 dargestellten Selbstcharakterisierungen lassen sich mit handfesten Daten unterlegen.

Die Vereine leisten viel Jugendarbeit Zu den Gemeinwohl- und Integrationsaufgaben gehört auch die Jugendarbeit, die von zwei Dritteln aller Vereine stark betont wird. Zwischen 1995 und 2010 hat der Anteil der Kinder und Jugendlichen, die Mitglied in einem Sportverein sind, zugenommen. Heute machen 62 Prozent aller Kinder im Alter von 10 bis 14 Jahren in einem Sportverein mit. Im Alter von 15 bis 19 Jahren sind es immer noch 47 Prozent (vgl. A 3.2). Wichtige Bestandteile der Jugendarbeit sind Ethik und Prävention: Die überwältigende Mehrheit der Vereine will Werte wie Fair Play und Toleranz vermitteln. Über 40 Prozent sagen zudem, sie würden viel für die Tabak-, Alkohol- und Drogenprävention sowie den Schutz vor sexueller Gewalt tun. A 4.2: Ausrichtung der Vereine nach Vereinsgrösse und Verbandszugehörigkeit Leistung, Wettkampf 5

4

Region, Gemeinde

Integration, Soziales 3

2

Kleinvereine 1

Eine Mitgliedschaft in einem Sportverein ist in der Regel tatsächlich günstig. Sie beträgt im Mittel für Kinder 50 Franken pro Jahr, für Jugendliche 70 Franken, für Aktivmitglieder ohne Lizenz 85 Franken, mit Lizenz 150 Franken und für Passivmitglieder 30 Franken. In einzelnen Vereinen kann eine Mitgliedschaft aber auch über 1000 Franken betragen. Auf der anderen Seite verlangt ein Fünftel aller Vereine für Kinder überhaupt keinen Mitgliederbeitrag.

Mittlere Vereine

Ethik, Prävention

Jugend Grossvereine

Dienstleistung

Geselligkeit, Tradition

Leistung, Wettkampf 5

Ein Fünftel der 60- bis 74-Jährigen ist Mitglied in einem Sportverein, wobei die Tendenz zunehmend ist (vgl. A 3.2). Die Migrationsbevölkerung ist zwar etwas weniger in die Sportvereine integriert als die einheimische Bevölkerung, aber immerhin ein Sechstel der in der Schweiz lebenden Ausländerinnen und Ausländer sind in einem Sportverein aktiv. Ein knappes Drittel aller Vereine weist einen Ausländeranteil von mindestens 20 Prozent auf. Grosse Vereine haben einen deutlich höheren Anteil an Mitgliedern mit Migrationshintergrund als kleine und Kleinstvereine. Einen besonders hohen Anteil an Ausländerinnen und Ausländern weisen Basket-, Fussball- und Karateclubs auf. Einen geringen Anteil finden wir dagegen bei den Hornussern, den Armbrust- und anderen Schützen sowie im Ski- und im Curlingverband.

10 Sportvereine in der Schweiz

4

Region, Gemeinde

Integration, Soziales 3

2

Turnverband Schiesssportverband

1

Ethik, Prävention

Jugend

Fussballverband Swiss Tennis Swiss-Ski

Dienstleistung

Geselligkeit, Tradition

Anmerkung: 1= schwache Ausrichtung, 5 = sehr starke Ausrichtung. Bei der Verbandszugehörigkeit sind nur Verbände mit über 800 Vereinen und 90 000 Mitgliedschaften aufgeführt. Datenquelle: Vereinsbefragung


Die Vereine bieten Gemeinschaft und Geselligkeit Gemeinschaft und Geselligkeit sind wichtige Bestandteile des Vereinslebens, und in vielen Vereinen spielt die Pflege von Traditionen eine grosse Rolle. Rund 90 Prozent aller Vereine führen regelmässig gesellige, aussersportliche Anlässe durch. Dabei kann es sich zum Beispiel um gemeinsame Ausflüge, Grillabende oder spezielle Anlässe wie Samichlaus, Weihnachtsfeier oder Saisonabschluss handeln. Durch ihre vielfältigen Leistungen bezüglich Sport, Gesundheitsförderung, Integration und Gemeinwohl übernehmen Vereine in der Gesellschaft wichtige Funktionen und spielen im Gemeindeleben eine grosse Rolle. Bezeichnenderweise sind die verschiedenen Funktionen eng miteinander verknüpft, sie sind allerdings nicht in allen Vereinen gleich ausgeprägt. Bereits mit Blick auf die Vereinsgrösse oder die Verbandszugehörigkeiten zeigen sich beachtliche Unterschiede (vgl. A 4.2). So haben kleine Vereine bei der Geselligkeit und Tradition die Nase leicht vorn, während sich mittlere und grosse Vereine besonders stark im Jugend- und Wettkampfsport engagieren. Letzteres trifft insbesondere für Fussballvereine zu.

Sportvereine in der Schweiz 11


5. Freiwillige und bezahlte Mitarbeit Die Sportvereine leben vom Ehrenamt Im Schweizer Vereinssport sind über 300 000 Ämter zu besetzen, womit ein durchschnittlicher Verein etwa 15 Chargen aufweist. In etwa jedem zweiten Verein verteilt sich die Vereinsarbeit auf weniger als 10 Personen, während grosse Vereine teilweise über 100 Ämter zu besetzten haben. Um alle diese Stellen besetzen zu können, muss sich mindestens jedes siebte Aktivmitglied im Verein engagieren. Insgesamt sind in den Schweizer Sportvereinen rund 285 000 Ämter durch ehrenamtliche Mitarbeiter besetzt, die unentgeltlich arbeiten oder höchstens eine kleine Entschädigung erhalten. 17 500 Positionen werden mit Aufwandsentschädigungen von über 2000 Franken pro Jahr vergütet (vgl. T 5.1). Pro Monat wendet ein ehrenamtlicher Mitarbeiter im Schnitt etwa 12 Stunden für sein Amt auf. Der zeitliche Aufwand variiert je nach Amt: Ehrenamtliche Präsidenten und Trainer arbeiten durchschnittlich 15 Stunden pro Monat für den Verein, bei den anderen Vorstandsmitgliedern und den Schiedsrichtern sind es etwa 8 Stunden monatlich. Der durchschnittliche Arbeitsaufwand der bezahlten Mitarbeiter ist mit 48 Stunden pro Monat etwa vier Mal höher als bei den Ehrenamtlichen. 70 Prozent der bezahlten Mitarbeiter arbeiten als Trainer, Übungsleiter oder Betreuer, je 10 Prozent sind als Geschäftsführer und in der Vereinsverwaltung oder im Bereich Technik und Wartung tätig. T 5.1: Ehrenamtliche und bezahlte Mitarbeiter im schweizerischen Vereinswesen ehrenamtlich/ unentgeltlich*

entschädigt/ bezahlt**

Anzahl Ämter

285 000

17 500

Durchschnittlicher Arbeitsaufwand pro Person und Monat

12 Std.

48 Std.

geschätzter Gesamtaufwand

21 000 Vollzeitstellen

5300 Vollzeitstellen

geschätzter «Gesamtwert» in Franken***

1,5 bis 1,9 Mrd.

370 bis 490 Mio.

*M itarbeiter, die keine Aufwandsentschädigung oder eine Aufwandsentschädigung bis maximal Fr. 2000.– im Jahr enthalten. ** Mitarbeiter mit einer Aufwandsentschädigung von über Fr. 2000.– pro Jahr. *** Die Hochrechnung beruht auf einer Jahresarbeitszeit von 1900 Stunden und einem Stundenlohn von 43 Franken. Datenquelle: Vereinsbefragung

Die Ehrenamtlichen erbringen Leistungen im Umfang von fast 2 Milliarden Franken Eine vorsichtige Hochrechung ergibt einen Gesamtaufwand von 21 000 Vollzeitstellen, der durch ehrenamtliche Mitarbeiter erbracht wird. Die Arbeit der bezahlten Mitarbeiter entspricht einem Aufwand von 5300 Vollzeitstellen. Wenn man mit der Anzahl Stellen rechnet, so sind fast 94 Prozent der Ämter durch Ehrenamtliche besetzt. Bezieht man sich 12 Sportvereine in der Schweiz

auf das Arbeitvolumen, so werden 80 Prozent aller Arbeiten in den Vereinen durch Ehrenamtliche erbracht. Der Anteil an entschädigter Arbeit hat in den letzten 15 Jahren leicht zugenommen. 1996 waren 97 Prozent der Mitarbeiter Ehrenamtliche, die 90 Prozent aller Arbeiten erledigten. Trotz diesem Anstieg von entschädigter Arbeit, ist das Ehrenamt das Fundament des Schweizer Vereinssports und dürfte dies wohl auch in Zukunft bleiben. Müssten die Leistungen der ehrenamtlichen Mitarbeiter nämlich kommerziell erbracht und entsprechend vergütet werden, so wären dazu etwa 1,9 Milliarden Franken nötig. Würde man diese Kosten auf die Mitglieder abwälzen, so dürfte ein durchschnittlicher Vereinsbeitrag von heute rund 100 Franken auf rund 1000 Franken anwachsen. Vermehrte Professionalisierung in einzelnen Grossvereinen Dass die Vereine überwiegend auf die ehrenamtlich geleistete Mitarbeit bauen und die teilweise Professionalisierung vor allem einige Grossvereine betrifft, verdeutlicht Abbildung 5.1. Gut 90 Prozent der Vereine leben in erster Linie von der ehrenamtlichen Mitarbeit ihrer Mitglieder. In 85 Prozent der Vereine wird die Vereinsarbeit ausschliesslich durch unentgeltliche Freiwilligenarbeit erledigt. In nur 15 Prozent der Sportvereine gibt es Mitarbeiter mit einer jährlichen Aufwandsentschädigung von über 2000 Franken. Dabei handelt es sich jedoch mehrheitlich um Teilzeit-Stellen mit Pensen von weniger als 50 Prozent oder um entschädigte Arbeiten ohne feste Anstellungsverhältnisse. Nur in drei von hundert Vereinen finden sich hauptamtliche Mitarbeiter mit einer Vollzeitstelle oder einer Teilzeitstelle von mindestens 50 Prozent. Selbst bei den Grossvereinen kommt mehr als die Hälfte gänzlich ohne entschädigte Mitarbeiter aus.


A 5.1: Charakteristik der Vereine bezüglich ihrer Mitarbeiterstruktur nach Vereinsgrösse (Anteil der Vereine mit den entsprechenden Mitarbeitern) 0%

20%

40%

80%

85

alle Vereine

Mittlere Vereine (101 bis 300 Mitglieder)

100% 3

12

51

94

Kleinvereine (bis 100 Mitglieder)

Grossvereine (über 300 Mitglieder)

60%

58

6

23

71 29

13

Vereine, die nur unentgeltliche oder geringfügig entschädigte Mitarbeiter haben Vereine mit bezahlten Mitarbeitern, aber keinen hauptamtlichen Anstellungen Vereine mit bezahlten Mitarbeitern und hauptamtlichen Anstellungen

Datenquelle: Vereinsbefragung

Neben dem Engagement der ehrenamtlichen Mitarbeiter können die Sportvereine auf die freiwillige Hilfe von vielen Mitgliedern zählen. Im Laufe eines Jahres engagiert sich ein Drittel aller Vereinsmitglieder als freiwillige Helfer beispielsweise bei der Durchführung von Sportveranstaltungen oder bei der Organisation von Vereinsfesten. In 41 Prozent der Vereine besteht keine Verpflichtung zur Übernahme solcher Helferdienste, in 48 Prozent sind die Mitglieder «moralisch» und in 11 Prozent formell verpflichtet, sich an der Vereinsarbeit in irgendeiner Form zu beteiligen. Der typische Ehrenamtliche ist männlich und 43 Jahre alt In dem Masse wie die Männer bei den Aktivmitgliedern in der Mehrheit sind, sind sie es auch bei den Ehrenamtlichen. Gut zwei Drittel der in Sportvereinen ehrenamtlich engagierten Personen sind männlich. Präsidien und Vizepräsidien werden besonders häufig von Männern besetzt, während Frauen häufiger als Aktuarinnen oder Protokollführerinnen zum Einsatz kommen. Dass Frauen aber auch bezüglich ehrenamtlicher Mitarbeit im Sportverein am Aufholen sind, zeigt ihr überproportionales Engagement in der Gruppe der 15 bis 30-Jährigen. Das Durchschnittsalter aller ehrenamtlich engagierten Personen liegt mit 43 Jahren allerdings deutlich höher, wobei Vorstandsmitglieder im Schnitt sieben Jahre älter sind als Trainer, Übungsleiter und Schiedsrichter.

dass sie etwas für den Verein und ihre Vereinskollegen tun möchten, dass sie das Ehrenamt für eine sinnvolle soziale Arbeit halten und gerne für andere Leute tätig sind. Rund ein Viertel der Vereine hat eine längerfristige Strategie zur Gewinnung und Einbindung von Ehrenamtlichen. In rund 30 Prozent der Vereine werden die Mitarbeiter über Ausbildungslehrgänge und Lehrgänge bewusst gefördert und durch gezielte (nicht-monetäre) Massnahmen motiviert. Gemäss Freiwilligen-Monitor geschieht die Anerkennung der Freiwilligenarbeit in den Sportvereinen am häufigsten über Jahresabschlussessen und Ähnliches. Zunehmende Professionalisierung in den Verbänden In den 82 Swiss Olympic angeschlossenen Sportverbänden arbeiten rund 1300 Personen. Ein knappes Drittel davon sind Frauen. Den 1300 Mitarbeitern stehen Stellenprozente im Umfang von 600 Vollzeitstellen gegenüber. Die Zahl der Vollzeitstellen hat seit der letzten Zählung vor sechs Jahren um 120 zugenommen. Klar zugenommen hat auch der Frauenanteil. Der Professionalisierungsgrad ist in den Verbänden also erwartungsgemäss höher als in den Vereinen; es wird aber auch in den Verbänden viel ehrenamtliche Arbeit geleistet.

Hohe Zufriedenheit und ausgeprägtes soziales Bewusstsein der Ehrenamtlichen Gemäss Sport Schweiz 2008 sind 92 Prozent der ehrenamtlichen Mitarbeiter mit ihrer Arbeit zufrieden und rund zwei Drittel würden ihr Amt wieder übernehmen, wenn sie nochmals wählen könnten. Als Motivation für ihr Engagement geben sie neben der Freude an der Arbeit an, Sportvereine in der Schweiz 13


6. Finanzen

Die Gesamteinnahmen der Schweizer Sportvereine liegen bei über einer Milliarde Franken Im Schnitt hat ein Verein jährliche Einnahmen von 76 000 Franken und Ausgaben von 74 000 Franken und erzielt damit einen leichten Einnahmenüberschuss von 2000 Franken. Gegenüber 1996, als sich die Einnahmen und Ausgaben im Schnitt auf 34 000 Franken beliefen, hat sich ein mittleres Vereinsbudget mehr als verdoppelt. Die Gesamteinnahmen des Schweizer Vereinssports liegen heute klar über einer Milliarde Franken. Die Durchschnittszahlen sind allerdings nur bedingt aussagekräftig. Rund 40 Prozent der Vereine haben immer noch ein Vereinsbudget, das teilweise klar unter 10 000 Franken liegt, während 12 Prozent der Vereine Einnahmen und Ausgaben von über 100 000 Franken aufweisen. Mitgliederbeiträge als Haupteinnahmequelle Die Haupteinnahmequelle der meisten Sportvereine bleiben die Mitgliederbeiträge. Zusammen mit den Aufnahmegebühren und Sonderbeiträgen machen sie 40 Prozent der Einnahmen einer durchschnittlichen Vereinsrechnung aus (vgl. A 6.1). Neben den Mitgliederbeiträgen sind die Werbeeinnahmen und Sponsorengelder eine bedeutsame Einnahmequelle. Allerdings hat über die Hälfte der Vereine keine solchen Einnahmen und bei drei Viertel der Vereine, die Einnahmen durch Werbung und Sponsoren erzielen, liegt dieser Einnahmeposten unter 10 000 Franken. Durch Teilnahmegebühren und Eintrittsgelder bei Veranstaltungen, Festwirtschaften und Sonderaktionen kann etwa ein Fünftel der Einnahmen erzielt werden, während die Gelder von Jugend+Sport, weitere staatliche Beiträge sowie die Zuschüssen der Verbände und der Lotterien einen guten Zehntel der Einnahmen ausmachen. J+S-Beiträge erhalten etwa 40 Prozent aller Vereine. Die Mitgliederbeiträge sind angestiegen, bleiben aber günstig In den vergangenen 15 Jahren hat sich der Anteil der Mitgliederbeiträge auf Kosten der Eintrittsgelder, Sonderaktionen, Spenden sowie Zins- und Miteinnahmen vergrössert (Zunahme von 28 auf 36 Prozent). Im Durchschnitt kostet heute eine Mitgliedschaft in einem Sportverein etwa 50 Prozent mehr als 1996. Trotzdem ist eine Vereinsmitgliedschaft auch heute in aller Regel ausgesprochen günstig (vgl. Angaben in Abschnitt 4). Neben den Mitgliedschaften haben sich die Einnahmen durch staatliche Zuschüsse, durch Werbung und Sponsoring sowie durch Teilnahmegebühren an Wettkämpfen und Veranstaltungen leicht erhöht.

14 Sportvereine in der Schweiz

Die Personalkosten für Trainer und Übungsleiter steigen Die gewichtigsten Ausgabenposten einer durchschnittlichen Vereinsrechnung sind die Personalkosten für Trainer und Übungsleiter, die Ausgaben für Sportanlagen (Mieten und Unterhalt eigener Anlagen) sowie die Ausgaben für den Sportbetrieb und Veranstaltungen (sportliche und gesellige Veranstaltungen, Reisekosten für Trainings- und Wettkämpfe). Lizenzen und Verbandsbeiträge machen zusammen etwa einen Zehntel der Ausgaben aus (vgl. A 6.2). Gegenüber 1996 sind vor allem die Ausgaben für Trainer und Übungsleiter angestiegen, während die Zahlungen an Sportler anteilsmässig zurückgegangen sind.

A 6.1: Anteilsmässige Einnahmen einer durchschnittlichen Vereinsrechnung sonstige Einnahmen 10,2 % Leistungen gegenüber Dritten, Zinsund Mieteinnahmen 3,0 %

Mitgliederbeiträge 36,2 %

Festwirtschaft, Sonderaktionen 12,6 %

Teilnahmegebühren, Eintrittsgelder 6,2 % private Spenden 3,3 % Werbung, Sponsoren 14,3 %

Aufnahmegebühren, Sonderbeiträge 3,2 % Beiträge J+S 4,3 % Zuschüsse von Gemeinden, Kantonen, Sportverbänden, Lotterien 6,8 %

Datenquelle: Vereinsbefragung

A 6.2: Anteilsmässige Ausgaben einer durchschnittlichen Vereinsrechnung Abschreibungen, Steuern, Kapitaldienste 7,7 % Verwaltungskosten, Versicherungen 6,4 % Verbandsbeiträge 6,7 %

sonstige Ausgaben 3,4 % Personalkosten: Trainer/Übungsleiter 19,0 %

Personalkosten: Sportler 7,0 %

Lizenzen 4,3 %

Personalkosten: Wartung 4,0 % Personalkosten: Verwaltung 5,9 %

Sportbetrieb, Veranstaltungen 13,9 % Sportgeräte, Bekleidung 4,9 %

Datenquelle: Vereinsbefragung

Anlagen 16,5 %


7. Infrastruktur

Öffentliche Sportanlagen und Schulsportanlagen sind von zentraler Bedeutung Für den Sportbetrieb benötigen die Sportvereine eine entsprechende Infrastruktur. Dabei kommt den öffentlichen Sportanlagen und Schulsportanlagen eine herausragende Bedeutung zu (vgl. A 7.1). Zwar verfügt jeder dritte Sportverein über vereinseigene Anlagen, aber nur 15 Prozent führen den ganzen Sportbetrieb in eigenen Anlagen durch. Knapp drei Viertel aller Vereine nutzen regelmässig öffentliche Sportanlagen und Schulsportanlagen. Etwa die Hälfte aller Vereine nutzen ausschliesslich öffentliche Anlagen. Private Anlagen werden von jedem fünften Sportverein regelmässig benutzt, aber nur 6 Prozent aller Vereine führen den Sportbetrieb ausschliesslich in privaten Anlagen durch. Über vereinseigene Anlagen verfügen insbesondere Schützenvereine, Tennisclubs, Hornusser- und Kampfsportvereine sowie Golf-, Segel- und Curlingclubs. Sie alle leisten damit einen Beitrag zur Schweizer Sportinfrastruktur.

A 7.1: Nutzung der Sportanlagen: Anteil an Vereinen, welche die entsprechenden Anlagen regelmässig benutzten Öffentliche Anlagen, Schulsportanlagen

73

vereinseigene Anlagen

32

private Anlagen

19

keine regelmässig genutzten Sportanlagen

4

%

0

20

40

60

80

100

Datenquelle: Vereinsbefragung

A 7.2: Bedarf an baulicher Infrastruktur nach Vereinsgrösse Tiefe Nutzungsgebühren dank öffentlicher Hand Die Vereine, die in öffentlichen Anlagen Sport treiben, nutzen diese im Schnitt während 14 Stunden pro Woche. Viele Vereine bezahlen für die Nutzung der öffentlichen Anlagen keine Gebühren oder nur relativ geringe jährliche Pauschalen. Durchschnittlich bezahlt ein Schweizer Sportverein für die Nutzung von öffentlichen Anlagen rund 4 Franken pro Stunde. Aus den tiefen Nutzungsgebühren, die weit weg von Marktpreisen sind, geht hervor, wie die öffentliche Hand die Sportvereine durch das Bereitstellen von kostengünstigen Sportanlagen unterstützt – eine Unterstützung, die von den Vereinen nicht nur sehr geschätzt wird, sondern mit Blick auf die Finanzen für sie auch lebensnotwendig ist.

0%

20%

alle Vereine

Kleinvereine (bis 100 Mitglieder) Mittlere Vereine (101 bis 300 Mitglieder) Grossvereine (über 300 Mitglieder)

40%

60%

80%

67

22

74

16

55 42

31 45

100%

11

10 14 13

Infrastruktur ist ausreichend Infrastruktur ist unzureichend Infrastruktur ist zu klein

Datenquelle: Vereinsbefragung

Ausgewiesener Bedarf trotz Verbesserung der Infrastruktursituation Zwei Drittel der Sportvereine benötigen für die nächste Zeit keine zusätzlichen Sportanlagen (vgl. A 7.2). Ein knappes Viertel braucht zusätzliche Anlagen, da die vorhandene Infrastruktur gegenwärtig zu klein sei. Ein Zehntel der Vereine erachtet die vorhandene Infrastruktur als qualitativ unzureichend und benötigt deshalb andere Anlagen. Einen ausgewiesenen Bedarf an zusätzlicher Infrastruktur haben die Grossvereine, von denen rund 60 Prozent die Infrastruktur als zu klein oder unzureichend bezeichnen. Insgesamt hat sich die Situation bezüglich Infrastruktur in den letzten 15 Jahren aber verbessert. Rund 40 Prozent der Vereine wären bereit, für Verbesserungen bei der Infrastruktur etwas tiefer ins Portemonnaie zu greifen.

Sportvereine in der Schweiz 15


8. Herausforderungen und Probleme

Das Finden von ehrenamtlichen Mitarbeitern als Hauptsorge Um herauszufinden, wo der Schuh am meisten drückt, wurde den Vereinen eine lange Liste mit möglichen Problemen vorgelegt, die sich auf sieben Problemfelder zusammenfassen lässt (vgl. A 8.1). An erster Stelle im Sorgenbarometer der Vereine steht das Finden und Behalten von ehrenamtlichen Mitarbeitern. Über 90 Prozent der Vereine leben in erster Linie von der ehrenamtlichen Mitarbeit ihrer Mitglieder und fast alle möchten, dass dies auch in Zukunft so bleibt. Gleichzeitig bereitet es den Vereinen grosse Mühe, immer wieder Mitglieder zu finden, die sich im Verein engagieren, und diese über Jahre bei der Stange zu halten. Dabei spielt es keine grosse Rolle, ob es sich um Vorstandsmitglieder, Trainer oder Schieds- und -kampfrichter handelt. Die Gewinnung und Bindung von ehrenamtlichen Mitarbeitern ist für zwei Drittel aller Vereine ein Problem. Für jeden zehnten Verein ist dieses Problem sogar existenzbedrohend. Obwohl die Schwierigkeiten beim Suchen von Ehrenamtlichen alles andere als neu sind und freiwilliges und unentgeltliches Engagement grundsätzlich ein knappes Gut darstellt, scheinen die Probleme bei den Vereinen in den letzten Jahren nochmals zugenommen zu haben. Dies auch deshalb, weil das Zusammengehörigkeitsgefühl in den letzten 15 Jahren eher ab-, die Konsumhaltung der Mitglieder dagegen klar zugenommen hat. Dass sich das Problem rund um die Freiwilligenarbeit in den letzten Jahren verstärkt hat, wird auch von den Verbänden bestätigt. Über die Hälfte der Sportverbände stellt in den letzten fünf Jahren eine Zunahme des Problems fest. Hohe Fluktuationen bei den Kindern und Jugendlichen Neben dem Finden von Mitarbeitern gehört das Gewinnen neuer Mitglieder zu den grössten Herausforderungen der Vereine. Für ein Drittel der Vereine ist das Gewinnen von neuen Mitgliedern ein grösseres bis sehr grosses Problem (vgl. A 8.1). Für 30 Prozent ist das Gewinnen von Kindern und Jugendlichen, für 40 Prozent das Gewinnen von jugendlichen Leistungssportlern problematisch. Noch schwieriger ist es allerdings, die gewonnenen Kinder- und Jugendlichen im Verein zu behalten. Die Fluktuationsraten in den Vereinen sind hoch, Vereinswechsel stehen an der Tagesordnung. Gemäss Sport Schweiz 2008 haben 36 Prozent der 10-Jährigen bereits einmal den Verein gewechselt, bei den 14-Jährigen sind es bereits 58 Prozent. Im Durchschnitt hat eine Vereinsmitgliedschaft bei den 10- bis 14-Jährigen nur 2.2 Jahre gedauert. Für 5 Prozent der Vereine ist das Gewinnen und Einbinden der Kinder und Jugendlichen ein so grosses Problem, dass es ihre Existenz bedroht. Unterschiedliche Problemlagen je nach Grösse, Kinderanteil und Sportart Bezüglich Finanzen, Infrastruktur, Konkurrenz sowie Ethik, Unfällen und Gewalt ist der Problemdruck für die Mehrheit der Vereine deutlich geringer. Es gibt aber in allen Bereichen Vereine, die diesbezüglich grosse Probleme aufweisen, und vor allem durch Infrastruktur- und Finanzprobleme sehen sich etwa 3 bis 4 Prozent der Vereine sogar in ihrer Existenz

16 Sportvereine in der Schweiz

bedroht. Dass nicht alle Vereine in gleichem Ausmass von den Problemen betroffen sind, unterstreicht Abbildung 8.2. Bei der Mitgliedergewinnung und -bindung haben Grossvereine deutlich weniger Probleme als Kleinvereine, dies gilt insbesondere dann, wenn sie einen grossen Anteil an Kindern und Jugendlichen haben. Grosse Kinder- und Jugendabteilungen bringen dafür mehr Probleme beim Finden von Mitarbeitern, bei der Infrastruktur und bezüglich Ethik, Unfällen und Gewalt mit sich. Dies zeigt sich exemplarisch bei den Fussballclubs, die im Gegensatz zu den Schützenvereinen dafür kaum Nachwuchssorgen kennen. Grosse Vereine mit vielen Kindern und Jugendlichen haben den grössten Unterstützungsbedarf Fragt man die Vereine, wo sie sich mehr Unterstützung wünschen, so steht an erster Stelle die finanzielle Unterstützung. Knapp die Hälfte der Vereine wünscht sich von den Verbänden mehr finanzielle Unterstützung. Ein Drittel wünscht sich zudem mehr Unterstützung bei der Ausbildung von Übungsleitern und Trainern, ein Viertel bei der Talentförderung, ein Fünftel bei der Abwicklung von Formalitäten und ein Sechstel bei der Ausbildung von Führungspersonal. Der Unterstützungsbedarf ist bei grossen und mittleren Vereinen in allen Bereichen deutlich grösser als bei den Kleinvereinen. Er ist insbesondere bei Vereinen ausgeprägter, die einen hohen Anteil an Kindern und Jugendlichen haben. Mit den bestehenden Unterstützungsleistungen der Verbände und Ämter ist man zwar mehrheitlich zufrieden, es gibt aber auch recht viele kritische Stimmen, die ein beträchtliches Verbesserungspotential sichtbar machen. Am zufriedensten ist man mit den Leistungen von Jugend+Sport. Ziele der Verbände: Mitgliedergewinnung, Nachwuchsförderung, Sponsoringgelder Fragt man die Verbände, welche Aufgaben und Herausforderungen es in Zukunft zu lösen gilt, so stehen das Gewinnen von neuen Mitgliedern, das Halten des Mitgliederbestandes sowie die Nachwuchsförderung an oberster Stelle auf der Prioritätenliste. Es gibt kaum einen Verband, der diese Ziele nicht als (sehr) wichtig einschätzt. Fast alle Verbände wollen zudem zukünftig mehr Sponsorengelder generieren und mehr Medienbeachtung erlangen sowie Jugendliche zum Sporttreiben animieren, Mitglieder für ehrenamtliche Arbeiten gewinnen, Ethik und Fairplay fördern und höhere Einnahmen erzielen. Ferner sollen der Verband und seine Dienstleistungen professioneller gemacht werden, wozu auch die Verbesserung der Qualifikation der Mitarbeiter und der internen Zusammenarbeit gehört.


A 8.1: Herausforderungen und Probleme der Sportvereine 0% 11

Gewinnung von neuen Mitgliedern

Mitgliedergewinnung/ Mitgliederbindung Nachwuchs Mitarbeiter, Ehrenamt Finanzen, Vorschriften Infrastruktur Konkurrenz Ethik, Unfälle, Gewalt

20%

40%

23

Bindung von Mitgliedern 2 10 Gewinnung von Kindern/Jugendlichen

11

Bindung von Kindern/Jugendlichen

11

60% 27

80% 22

27

17

36

19

20

25 23

24

100%

25

27 22

18

Gewinnung von jugendlichen Leistungssportlern

16

25

23

17

19

Bindung von jugendlichen Leistungssportlern

16

24

23

18

19

Gewinnung/Bindung von Übungsleitern/ Trainern

15

26

Gewinnung/Bindung von Vorstandsmitgliedern

16

23

Gewinnung/Bindung von Schieds-/Kampfrichtern

18 5

13

Anzahl an Gesetzen, Verordnungen, Vorschriften

7

9

Zustand der genutzten Sportanlagen Eignung der Sportanlagen für jeweilige Sportarten Örtliche Konkurrenz durch andere Sportvereine

9 7

4 6

Demografische Entwicklung in Region 2 5 Örtliche Konkurrenz durch kommerzielle Sportanbieter 3 6 Unfälle/Verletzungen beim Sporttreiben

grösseres Problem

42 51 58

26

17

43

28

14

48

22

55

33

Konflikte zwischen verschienen Mitgliedergruppen 2 8

sehr grosses Problem

43

21 18

Tabak- und Alkoholkonsum 2 9

Gewalt im Sport 2 4

39

23 24

11

2 8

31

27

13

9

56

29

59

31

59

14

mittleres Problem

23

29

15

13

15

28

19 11

5

4

23

11

20

22

16

Finanzielle Situation des Vereins 4 7

19

28

22

Kosten des Wettkampfbetriebs

Zeitliche Verfügbarkeit der Sportanlagen

29

79

kleines Problem

kein Problem

Datenquelle: Vereinsbefragung

Sportvereine in der Schweiz 17


A 8.2 Unterschiede der Problemlagen bezüglich Vereinsgrösse, Jugendanteil und Sportart Mitgliedergewinnung, -bindung Kleinvereine

4

Mittlere Vereine 3

Ethik, Unfälle, Gewalt

Nachwuchs

Grossvereine

2

1

Konkurrenz

Mitarbeiter, Ehrenamt

Infrastruktur

Finanzen, Vorschriften

Mitgliedergewinnung, -bindung

keine Kinder und Jugendliche

4

3

Ethik, Unfälle, Gewalt

Nachwuchs

Anteil an Kindern und Jugendlichen bis 40 % Anteil an Kindern und Jugendlichen über 40 %

2

1

Konkurrenz

Mitarbeiter, Ehrenamt

Infrastruktur

Finanzen, Vorschriften

Mitgliedergewinnung, -bindung

Turnverband

4

Schiesssportverband 3

Ethik, Unfälle, Gewalt

Nachwuchs

Fussballverband Swiss Tennis

2

Swiss-Ski

1

Konkurrenz

Mitarbeiter, Ehrenamt

Infrastruktur

Finanzen, Vorschriften

Anmerkung: 1 = kein Problem, 2 = kleines Problem, 3 = mittleres Problem, 4 = grösseres Problem. Datenquelle: Vereinsbefragung

18 Sportvereine in der Schweiz


9. Fazit

Der Schweizer Vereinssport lebt und seine Perspektiven sind gut. Rund vier Fünftel der Vereine blicken optimistisch in die Zukunft. Obwohl die Zahl der Sportvereine rückläufig ist, steigt die Zahl der Mitglieder wieder an. Dass die Vereine im Durchschnitt etwas grösser geworden sind, ist eine Entwicklung, die angesichts der vielen Klein- und Kleinstvereine und der knappen Ressourcen durchaus positiv bewertet werden kann. Die Leistungen, welche die Vereine für das Gemeinwohl erbringen, sind beeindruckend. Sie betreffen nicht nur das Sportangebot, sondern umfassen wichtige Sozialisations-, Integrations- und Gesundheitsaufgaben. Diese Leistungen sind umso bemerkenswerter, als sie zum grössten Teil freiwillig und unentgeltlich erbracht werden. Das ehrenamtliche Engagement der Mitglieder ist hoch, bleibt aber gleichzeitig die Hauptsorge der Vereine. Angesicht schwindender Vereinsbindung und einer vermehrten Konsumhaltung seitens der Mitglieder ist das Finden von ehrenamtlichen Mitarbeitern für viele Vereine noch schwieriger geworden. Eine gewisse Professionalisierung ist zwar sichtbar, das Ehrenamt wird aber auch zukünftig das Fundament des Vereinssports bleiben. Vor allem auch dank der Unterstützung der öffentlichen Hand präsentiert sich die Situation bei den Finanzen und der Infrastruktur mehrheitlich positiv. Einschränkend muss allerdings bemerkt werden, dass die vorliegende Zusammenfassung auf die wichtigsten Kennwerte und Befunde fokussiert und häufig Durchschnittswerte aufführt. Diese Sichtweise wird der Komplexität des Vereinssports und seiner Probleme nicht gerecht. Bereits in früheren Vereinsstudien konnten wir festhalten, dass es den typischen oder durchschnittlichen Sportverein nicht gibt. Die Schweizer Vereinslandschaft präsentiert sich ausgesprochen vielfältig und dynamisch. Auf der einen Seite finden wir unterschiedlichste Kleinstvereine mit einigen Dutzend Mitgliedern und einem Budget von einigen Tausend Franken, auf der anderen Seite Grossclubs mit verschiedenen Abteilungen und teilweise professionalisierten oder exklusiven Angeboten. Diese enorme Breite ist eine Stärke des organisierten Sports. Sie erlaubt es, flexibel auf Veränderungen zu reagieren, und sorgt dafür, dass alle ein Angebot nach ihrem Gutdünken finden können. Diese Gesamtsicht vermag die Probleme des einzelnen Vereins jedoch nur ungenügend zu erfassen. Detaillierte Analysen zu den Stärken und Schwächen der verschiedenen Vereinstypen und Angebote konnten hier aus Platzgründen nicht dargestellt werden. Sie sind Bestandteil des Gesamtberichts, welcher in der zweiten Hälfte 2011 in Buchform erscheinen wird. Die Detailbefunde sollen noch präziser sichtbar machen, wo genau der Schuh drückt und welches die Herausforderungen der Zukunft sind. Darauf aufbauend sind schliesslich entsprechende Massnahmen zu entwickeln und umzusetzen. Nur so kann die Studie über die Vereine auch zu einer Studie für die Vereine werden.

Sportvereine in der Schweiz 19


10. Untersuchungsmethode und Stichprobe Onlinebefragung der Sportvereine Die Zahlen zu den Schweizer Sportvereinen beruhen auf einer Onlinebefragung, die zwischen November 2009 und Januar 2010 in Zusammenarbeit mit dem Institut Globalpark durchgeführt wurde. Den Sportvereinen wurde ein Einladungsmail geschickt, das vom Studienleiter sowie den Direktoren von Swiss Olympic und dem Bundesamt für Sport unterschrieben war und den Sinn und Zweck der Untersuchung erläuterte. Das Einladungsmail enthielt einen Link zu einer URL, auf der die Vereinsverantwortlichen ihre Angaben einfüllen konnten. Die Website mit dem Fragebogen war so gestaltet, dass die Vereinsverantwortlichen nur durch die Eingabe eines Passwortes auf den Fragebogen zugreifen konnten und das Ausfüllen des Fragebogens jederzeit unterbrochen und zu einem späteren Zeitpunkt fortgesetzt werden konnte. Damit war ein Ausfüllen des Fragebogens zu unterschiedlichen Zeiten und durch unterschiedliche Personen (Präsident, Kassier etc.) möglich. Die Befragung wurde in deutscher, französischer und italienischer Sprache durchgeführt.

nennenswerten Verzerrungen. Die einzige Abweichungen zeigt sich bei der Vereinsgrösse: Die Vereine, die an der Befragung teilgenommen haben, sind im Durchschnitt etwas grösser als die aus den Angaben der Verbände berechnete Durchschnittsgrösse aller Vereine.

Die Grundgesamtheit der vorliegenden Vereinsbefragung bilden sämtliche Schweizer Sportvereine, die einem Swiss Olympic angeschlossenen Sportverband angehören. 74 Verbände haben ihre Mitgliederverzeichnisse für die Befragung zur Verfügung gestellt und dabei 17 060 Emailadressen übermittelt 2. Nach einer eingehenden Datenkontrolle mussten 2865 Emailadressen ausgeschieden werden, weil es sich dabei um fehlerhafte oder unvollständige Adressen oder um Duplikate handelte. 14 195 Sportvereine wurden schliesslich angeschrieben, wobei sich 7326 zumindest einmal in die Internetseite eingeloggt und 6221 an der Befragung teilgenommen haben. Dies ergibt eine Rücklaufquote von 44 Prozent, was für Onlinebefragung einen ausgezeichneten Wert darstellt. Ingesamt konnten 30 Prozent aller Schweizer Sportvereine befragt werden. Vergleicht man die 6221 Vereine, die an der Onlinebefragung teilgenommen haben, mit den aus der Verbandsbefragung gewonnenen Angaben zu allen Vereinen, so wird die hohe Repräsentativität sichtbar. Bezüglich Verbandszugehörigkeit, Altersverteilung und Frauenanteil der Mitglieder zeigen sich keine

Onlinebefragung der Sportverbände Analog zu den Sportvereinen wurden auch die Sportverbände elektronisch befragt. Die Onlinebefragung wurde in enger Zusammenarbeit mit Swiss Olympic durchgeführt. Sie gilt als die offizielle Erhebung der Vereins- und Mitgliederzahlen. Die Befragung fand von Oktober 2009 bis März 2010 in deutscher und französischer Sprache statt. Es haben sämtliche der damals 82 Mitgliederverbände mitgemacht, womit beim Rücklauf die angestrebten 100 Prozent erreicht wurden.

2 Folgende

Verbände haben bei der Vereinsbefragung nicht mitgemacht: ATB Sport-Freizeit-Verkehr, CEVI Schweiz, Firmensportverband, Naturfreunde Schweiz, Pfadibewegung Schweiz, PLUSPORT Behindertensport Schweiz, Rollsport-Verband, Verband für Sport in der Schule.

20 Sportvereine in der Schweiz

T 10.1: Übersicht über Teilnahmequoten in der Vereinsbefragung Anzahl

Rücklaufquoten

in % aller Vereine

Vereine (nach Angabe der Verbände, inkl. Doppelzählungen)

20 786

100,0

Von den Verbänden erhaltene Mailadressen (vor Kontrolle)

17 060

82,1

Von den Verbänden erhaltene Mailadressen (nach Kontrolle)

14 195

100,0

68,3

Vereine, die sich in den Fragebogen eingeloggt haben

7326

51,6

35,2

Vereine, die an der Befragung teilgenommen haben

6221

43,8

29,9

Bevölkerungsbefragungen Verschiedene Angaben zu den Sportvereinsaktivitäten der Schweizer Wohnbevölkerung lassen sich zwei grossen, repräsentativen Bevölkerungsbefragungen aus den Jahren 2007 und 2009 entnehmen. Sowohl Sport Schweiz 2008 wie auch der Freiwilligen-Monitor 2010 enthalten verschiedene Angaben zur Mitgliedschaft und Teilnahme im Sportverein sowie zur ehrenamtlichen Arbeit. Für die vorliegende Studie wurden die beiden Erhebungen einer sportvereinsspezifischen Sekundäranalyse unterzogen. Die Angaben zur Erhebungsmethode und Stichprobe finden sich in den entsprechenden Erstpublikationen: • Lamprecht, M.; Fischer, A. & Stamm, H.P. (2008): Sport Schweiz 2008: Das Sportverhalten der Schweizer Bevölkerung. Magglingen: Bundesamt für Sport BASPO. • Stadelmann-Steffen, I.; Traunmüller, R.; Gundelach, B. & Freitag, M. (2010): Freiwilligen-Monitor Schweiz 2010. Zürich: Seismo.



Observatorium Sport und Bewegung Schweiz c/o Lamprecht & Stamm Sozialforschung und Beratung AG 8032 Z端rich info@sportobs.ch www.sportobs.ch Bundesamt f端r Sport BASPO 2532 Magglingen info@baspo.admin.ch www.baspo.ch Swiss Olympic 3063 Ittigen bei Bern info@swissolympic.ch www.swissolympic.ch


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