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Die Täuschung
from filMS 5/2022
Der Mann, den es nie gab
Die Täuschung
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——–—— ab 26. 5. im Schloßtheater
Den Feind durch falsche Informationen (neudeutsch: fake news) in die Irre zu führen und zu militärischem Fehlentscheidungen zu veranlassen, war eine besondere Spezialität der britischen SpionageAbwehr während des 2. Weltkriegs. Die raffinierteste, spektakulärste und makaberste dieser Aktionen lief im Jahr 1943 unter dem Namen Operation Mincemeat im Mittelmeer ab. Die Fakten dieses Unternehmens lesen sich wie der hochspannende Roman eines mit viel Phantasie begabten Schriftstellers, und es ist in diesem Zusammenhang vielleicht nicht uninteressant zu erwähnen, dass zu den geistigen Vätern der Operation Mincemeat ein Lieutenant Commander des britischen Marine-Geheimdienstes mit Namen Ian Fleming gehörte, dessen spätere Karriere ja bekannt sein dürfte, sei sie nun geschüttelt oder gerührt …
Zu Beginn des Jahres 1943 bereiten Amerikaner und Briten nach dem Sieg über Rommels Afrikakorps die Invasion in Südeuropa über das Mittelmeer vor. Alle, die Alliierten wie die Deutschen, sind sich einig, dass der logische Weg von Nordafrika nur über Sizilien und von dort weiter aufs italienische Festland führen kann, und weil jeder das vermutet, gehört es nun zur Hauptaufgabe der britischen Abwehr, das deutsche Oberkommando Glauben zu machen, dass im Wirklichkeit eine Invasion über Griechenland und den Balkan geplant ist. Das hollywoodreife Täuschungsmanöver, das schon zu Beginn des Krieges in der Zentrale skizziert wurde und nun in allen Details perfektioniert wird: Man spielt den Deutschen, scheinbar durch einen unglücklichen Zufall, Informationen über eine geplante Griechenland-Landung zu. Dafür erfindet man in London einen gewissen Major William Martin, der bei einem Flugzeugabsturz über dem Mittelmeer ums Leben gekommen ist und als Kurier in einer am Handgelenk angeketteten Aktentasche Briefe und Dokumente für zwei deutsche Generäle mit sich führt, aus denen eindeutig hervorgeht, dass die Invasion in Griechenland stattfinden wird und Sizilien nur ein Ablenkungsmanöver ist. Die Leiche von Major Martin soll von einem englischen U-Boot aus vor der spanischen Küste zu Wasser gelassen werden, wo sie von einem Fischer gefunden und den Behörden übergeben wird, die ihrerseits dem deutschen Konsulat Einsicht in die gefälschten Dokumente des Toten gewähren werden. Von Spanien aus gehen die Informationen weiter nach Berlin, und die Deutschen verlegen den Hauptteil ihrer Mittelmeer-Truppen von Sizilien auf die Peloponnes. So der Plan in seiner ganzen Genialität. Jetzt braucht man für den Mann, des es nie gab, nur noch die Leiche eines Mannes, den niemand vermisst. Wie gut, dass es da diesen an Rattengift gestorbenen walisischen Landstreicher gibt …
Operation Mincemeat — GB 2021 — Regie: John Madden — Drehbuch: Michelle Ashford— Kamera: Sebastian Blenkov — Musik: Thomas Newman • Mit Colin Firth (Ewen Montagu), Matthew Macfadyen (Cholmondeley), Kelly Macdonald (Jean), Penelope Wilton (Hester), Johnny Flynn (Ian Fleming), Jason Isaacs (Godfrey), Mark Gatiss (Ivor Montagu) u.a. — 128 Minuten