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She Said
from filMS 12/2022
Mauern des Schweigens
She Said
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——–—— ab 8.12. im Schloßtheater
Hollywoods berühmtester Journalisten-Film der letzten 50 Jahre ist zweifellos Die Unbestechlichen (All The President’s Men), in dem Robert Redford und Dustin Hoffman den Watergate-Skandal aufdecken. Es hat lange gedauert bis zu einem weiblichen Pendant dieses Klassikers, aber jetzt ist es da. Allerdings geht es bei der mühevollen Recherche der beiden Journalistinnen in SHE SAID nicht um Macht und Politik, sondern um Macht und Sex – im Herzen von Hollywood, bzw. im Hotelzimmer von Harvey Weinstein, dem mächtigen Studio-Boss (Miramax; The Weinstein Company) und sechsfachen Oscar-Gewinner, für den Frauen in der Branche jahrzehntelang Freiwild waren. Der Film basiert auf der alles andere als ungefährlichen jahrelangen Arbeit zweier Reporterinnen der NEW YORK TIMES, und Maria Schrader, die deutsche Schauspielerin (Bin ich schön?) und Regisseurin (Ich bin Dein Mensch) inszenierte auf dieser Grundlage ihren ersten, von Brad Pitt co-produzierten Hollywood-Spielfilm.
Am 5. Oktober 2017 veröffentlicht die New York Times auf ihrer Titelseite einen Artikel der Investigativjournalistinnen Jodi Kantor und Megan Twohey, die die Unterhaltungsindustrie in ihren Grundfesten erschüttern wird: „Harvey Weinstein hat seit Jahrzehnten Schweigegelder bezahlt, um Frauen mundtot zu machen, die ihn der sexuellen Belästigung beschuldigen“. Hollywoodmogul Weinstein ist ein Mann, der mit seinem enormen Einfluss Karrieren erschaffen oder zerstören kann. Jahrelang, so berichten Kantor und Twohey, soll er diesen Einfluss missbraucht haben, um beruflich von ihm abhängige Frauen sexuell zu belästigen und zu nötigen. Gerüchte darüber gibt es seit Jahren, aber keine Beweise, denn keine der betroffenen Frauen war bereit, gegen Weinstein auszusagen, entweder aus Angst um ihre Karriere oder weil sie mit Geld abgefunden wurden und sich zu einer Verschwiegenheitsklausel bereit erklärt haben. Die Reportage von Kantor und Twohey ist jedoch gründlich belegt durch Interviews mit aktuellen und ehemaligen Angestellten Weinsteins und Mitgliedern der Filmindustrie sowie mit juristischen Unterlagen, E-Mails und internen Dokumenten der WeinsteinUnternehmen – ihre Untersuchungsergebnisse sind wasserdicht und ihre Anschuldigungen unanfechtbar. Durch Beharrlichkeit und die Mitarbeit vieler mutiger Opfer, bei denen Einschüchterungsversuche nicht fruchteten, können sie endlich die Wahrheit ans Licht und die Mauer des Schweigens zum Einsturz bringen. Aber der Weg dahin ist kein einfacher, weder in privater noch in beruflicher Beziehung. Die unermüdlichen Versuche der beiden Journalistinnen und Mütter, verängstigte Frauen endlich zum Reden zu bringen, kosten ebenso viel Kraft wie das Überstehen der Anfeindungen, die aus dem Weinstein-Umfeld kommen …
She Said — USA 2022 — Regie: Maria Schrader — Drehbuch: Rebecca Lenkiewicz, nach Artikeln und dem Buch von Jodi Kantor und Megan Twohey — Kamera: Natasha Braier — Musik: Nicholas Britell • Mit Carey Mulligan (Megan Twohey), Zoe Kazan (Jodi Kantor), Patricia Clarkson (Rebecca Corbett), Andre Braugher (Dean Baquet), Jennifer Ehle (Laura Madden), Samantha Morton (Zelda Perkins), Ashley Judd (sie selbst) u. a. — 129 Minuten