Warkentin, Heide (Hg.): Pilgergebete

Page 1



Heide Warkentin (Hrsg.)

PILGERGEBETE

Claudius


Bibliografische Information Der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

© Claudius Verlag München 2014 Birkerstraße 22, 80636 München www.claudius.de Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Umschlaggestaltung, Layout und Satz: Mario Moths, Marl Druck: CPI – Ebner & Spiegel, Ulm ISBN 978-3-532-62451-7


I N H A LT

Präambel 6 Vorwort

9

Aufbruch

17

Gebete für den Tageslauf 3 3 Gedanken für Unterwegs 4 9 Ankommen 8 1 Leerseiten für persönliche Notizen, Stempel, Adressen von Mitpilgern … 8 8 Wieder zu Hause Schlusswort

119

124

Quellenverzeichnis 1 2 5


Präambel Mein Gott, jetzt geht’s los Der Entschluss zu dieser Pilgerreise ist lange in mir gereift Es wird eine Zeit nur für mich, aber gemeinsam mit dir Wir beide zusammen auf unbekannten Wegen Das Leben hat mich geformt Manche guten Wege bin ich gegangen Aber auch mühsame und beschwerliche Oft getrieben von den Anforderungen anderer Nun beflügelt mich der Wunsch Neues mit dir zu entdecken Alte Wege hinter mir zu lassen Und neue Wege mit dir zu erleben Eine veränderte Sicht auf mein Leben gewinnen Für meine Beziehungen, in denen ich stehe Offen für einen neuen Horizont Für deinen Blick auf mein Leben

6


Die eigenen inneren Antreiber Auch sie will ich hinter mir lassen Mach mich frei für einen neuen Blick auf mich selbst Und auf das, was mich manchmal im Griff hat Ich bin gespannt Auf das, was vor mir liegt Jetzt haben wir Zeit nur für uns Zeit die mich verändern wird Mein Gott, ich danke dir Dass du mit mir gehst und in mir bist Verändert werde ich zurückkehren Mit einem anderen Blick auf mein Leben Markus Caspari

7



VORWORT


Das Gehen auf Jahrhunderte alten Wegen, die zu religiösen Zielen führen – was ist am Pilgern eigentlich so faszinierend, dass sich Jahr für Jahr Tausende Menschen auf den Weg machen, ihre Komfortzone verlassen, sich Blasen laufen, freiwillig in primitivsten Unterkünften schlafen, auf Bequemlichkeit und Luxus verzichten, statt ihren Jahresurlaub einfach im Liegestuhl am Meer zu verbringen? „Wenn nichts mehr geht, geh los!“, lautet ein alter Ratschlag. Wenn das Alte nicht mehr trägt, wenn die eigenen Lebenspfade ausgetreten sind, dann kann es ratsam sein, sich wie Adam und Eva auf der Suche nach Erkenntnis aus dem Paradies werfen zu lassen oder sich, wie einst das jüdische Volk, von den „Fleischtöpfen Ägyptens“, deren Preis Unterdrückung und Sklaverei waren, loszureißen. Äußerlich auf dem Weg zu sein, bewirkt, sich auch innerlich auf den Weg zu machen, ungut gewordene Lebensmuster zu verlassen und sich neuen Erfahrungen zu öffnen. Dazu Andreas Ebert, Pfarrer und Leiter des Spirituellen Zentrums St. Martin in München, das auch als Pilgerherberge dient: „Ich selbst habe auf langen Wegstrecken des Jakobsweges erfahren, 10


wie allmählich der Kopf leer und frei wird, wie verdrängte Gefühle aus der Tiefe emporsteigen und sich klären und wie die Wirklichkeit immer transparenter für das Wesentliche wird, für Gott.“ Muss es denn eigentlich unbedingt der Jakobsweg nach Santiago de Compostela sein? Kann man nicht auf jedem Weg Pilgererfahrungen machen? Dazu Andreas Ebert: „Natürlich! Persönlich habe ich allerdings erfahren, dass der Jakobsweg sein eigenes Geheimnis hat. Seit über 1.000 Jahren haben Millionen von Menschen diesen Weg beschritten mit ihren Sorgen und Leiden und mit ihrer Gottessehnsucht. Ich habe es als glaubensstärkend empfunden, mich einzureihen in die riesige Schar der Suchenden – so wie es mir guttut, jeden Sonntag in das uralte Glaubensbekenntnis einzustimmen, das schon so viele vor mir gesprochen haben. So können wir das Pilgern als etwas erleben, was in sich heilsam und heilend ist.“ Für Michael Kaminski, der seit vielen Jahren selbst pilgert, Pilgerbegleiter und Ausbilder für Pilgerbegleiter ist, steht fest: „Für mich beginnt die Pilgertour mit dem Entschluss, pilgern zu 11


gehen!“ Auch die Vorbereitungen gehören schon zum Pilgern dazu. Gestalten Sie diese ganz bewusst. Auch wenn das Pilgern heutzutage kein gefährliches Unterfangen mehr ist und auf den Pilgerwegen keine Räuber mehr unterwegs sind wie in früheren Jahrhunderten, so ist der Aufbruch zu einer Pilgerreise doch ein guter Anlass, zu Hause einiges zu ordnen, um innerlich befreit aufzubrechen. Beim Packen Ihres Rucksackes werden Sie auf jedes Gramm achten. Daher haben wir uns bemüht, dieses Büchlein so kompakt wie möglich zu halten. Es enthält die wichtigsten Bibelstellen, Gebete, Segenssprüche und andere inspirierende Texte für Ihre Pilgertour – so knapp wie möglich, so ausführlich wie nötig. Für Ihr Pilgern, für den Aufbruch, den Tageslauf, für verschiedene Erfahrungen unterwegs und schließlich für das Ankommen am Ziel finden Sie im Buch Gebete, Segensworte und meditative Texte. Sie müssen die Gebete natürlich nicht wortwörtlich nachbeten: Die Texte sind Einladungen, die eigenen Anliegen und Gefühle vor Gott zu bringen. Die Verfasserinnen und Verfas12


ser benutzen verschiedene Anreden für Gott – nehmen Sie die, mit der Sie sich wohlfühlen: liebender Gott, Gott, Vater, guter Gott, Herr Jesus, Göttin, DU, himmlische Macht, Vatermutter oder Muttervater. Unsere Gottesbilder sind verschieden und sie können sich auf dem Weg auch verändern. „Begegne Gott, wie du ihn verstehst“, rät dazu Michael Kaminski. Eine Pilgertour ist kein Wellness-Spaziergang. Öde oder gar hässliche Wegabschnitte, Wetterpech oder das Gefühl, dass der Weg sich endlos zieht und das Ziel unerreichbar fern ist – keinem Pilger sind solche Situationen fremd. Auch für diese „Durchhänger“-Situationen finden Sie Texte im Buch. Möge Ihnen in diesen Momenten ein Engel begegnen – eine innere Stimme oder ein guter Zuspruch von außen –, der Ihnen so Mut macht, wie es auch der Prophet Elija in der Wüste erfahren hat: „Doch der Engel des Herrn (…) rührte ihn an und sprach: Steh auf und iss! Sonst ist der Weg zu weit für dich. Da stand er auf, aß und trank und wanderte, durch diese Speise gestärkt, vierzig Tage und vierzig Nächte bis zum Gottesberg Horeb.“ (1. Könige 19,7-8) 13


Schon Oscar Wilde hat festgestellt: „Ich reise niemals ohne mein Tagebuch. Man sollte immer etwas Aufregendes zu lesen dabei haben!“ – Dieses Büchlein bietet genug Platz für Notizen, Stempel, Tipps und Adressen von MitpilgerInnen, Skizzen oder Tagebucheinträge. „Mit allen großen Erfahrungen, wie einer Geburt, einer außergewöhnlichen Reise, einer schweren Krankheit oder dem Verlust eines geliebten Menschen, bleibt man auch mit der Erfahrung des Pilgerns ein Stück weit allein“, weiß Michael Kaminski. Deshalb: Teilen Sie sich mit, suchen Sie Gleichgesinnte – aber bewahren Sie Ihre Pilgertour auch als Ihren ganz persönlichen Schatz. Die Texte in den Kapiteln „Ankommen“ und „Wieder zu Hause“ bieten dazu Hilfestellung. Am Anfang jedes Kapitels finden Sie thematisch passende Bibelstellen. Die Bibelworte erzählen von dem Gott, der die Menschen auf den Weg schickt wie einst seinen Knecht Abraham, und von dem Gott, der mit den Menschen unterwegs ist. Sie erzählen von Jesus, der als 12-Jähriger mit seinen Eltern nach Jerusalem gepilgert ist und der selbst ein Wandernder war. Und die Texte 14


sprechen von Menschen, die auf ihren Wegen Gottesbegegnungen haben. Kurz: Diese Bibeltexte erzählen von uns. Nehmen Sie sich diese während des Pilgerns immer mal wieder vor, es gibt Spannendes in ihnen zu entdecken! Am Schluss noch ein Tipp: Vielleicht kehren Sie enttäuscht von Ihrer Pilgertour zurück. Nehmen Sie am Ende einfach das für sich mit, was heilsam für Sie war. „Der Weg gibt einem nicht unbedingt, was man will, sondern was man braucht“, zitiert Michael Kaminski dazu eine alte Pilgerweisheit. Ich bin überzeugt, dass eine Pilgerreise stärker in uns nachwirkt, als wir zunächst fassen können. Die Erfahrungen, die wir uns „erlaufen“ haben, kommen vielleicht erst Monate oder Jahre nach unserer Reise ans Tageslicht und werden Teil unserer Persönlichkeit. In diesem Sinne wünsche ich Ihnen, dass Ihr Pilgerweg ein wertvoller Abschnitt auf Ihrer Lebensreise wird, der lange in ihrem Herzen nachwirkt und weiter wächst. Möge Ihnen dieses Büchlein dazu ein inspirierender „Pilgerbegleiter“ sein! Heide Warkentin

15


Die 10 Gebote des Pilgerns geh geh langsam geh leicht geh einfach geh allein geh dankbar geh lange geh achtsam geh weiter geh mit Gott

24


Der Pilgersegen Gott, du hast deinen Knecht Abraham auf allen Wegen unversehrt behütet. Du hast die Söhne Israels auf trockenem Pfad mitten durch das Meer geführt. Durch den Stern hast du den Weisen aus dem Morgenland den Weg zu Christus gezeigt. Geleite auch diese hier versammelten Gläubigen auf ihrer Pilgerfahrt zum heiligen Jakobus. Lass sie deine Gegenwart erfahren, mehre ihren Glauben, stärke ihre Hoffnung und erneuere ihre Liebe. Schütze Sie vor allen Gefahren und bewahre sie vor jedem Unfall. Führe sie glücklich ans Ziel ihrer Fahrt und lass sie wieder unversehrt nach Hause zurückkehren. Gewähre ihnen schließlich, dass sie sicher das Ziel ihrer irdischen Pilgerfahrt erreichen und das ewige Heil erlangen. Darum bitten wir dich durch Christus, unsern Herrn. Amen

25


Der erste Schritt Viele träumen vom ersten Schritt mal was anderes etwas Neues Zurücklassen, was lastet abschalten leer werden offen für Neues innehalten dankbar zurückblicken mutig vorwärtsgehen ein Ziel vor Augen Und machen den ersten Schritt nicht auch ich habe lange gezögert bis ich den ersten Schritt tat Ich habe ihn getan, den ersten Schritt Jetzt beginnt die Umstellung eine neue Erfahrung äußerlich losgelassen beginnt das innere Loslassen

26


Der erste Schritt war vielleicht schon die Idee eine Pilgerreise zu machen Die ersten Schritte die Vorbereitungen die innere Einstellung und Ausrichtung die äußeren Vorkehrungen das Packen Abwesenheitsnotizen Ich hab ihn tatsächlich getan den ersten Schritt ganz bewusst Nun folgen weitere Schritte einer um den andern Noch stehe ich am Anfang meiner Reise aber ich habe den ersten Schritt getan Gott, ich danke dir! Christian Hörler

27


Aufbruch Geh mit uns Segne uns, Gott, und segne die Erde, die unsere Füße trägt. Und segne, Gott, den Weg, den wir gehen. Segne, Gott, die Menschen, die uns begegnen. Amen

28


An die Pilger Europas Geh, seit deiner Geburt bist du auf dem Weg. Geh, eine Begegnung wartet auf dich. Mit wem? Vielleicht mit dir selbst. Geh, deine Schritte werden deine Worte sein, der Weg dein Gesang. Deine Ermüdung dein Gebet, dein Schweigen wird schließlich sprechen. Geh, mit anderen, aber tritt heraus aus dir, du, der du dich von Feinden umgeben siehst, wirst Freunde finden. Geh, auch wenn dein Geist nicht weiß, wohin deine Füße dein Herz führen. Geh, ein anderer kommt dir entgegen und sucht dich, damit du ihn finden kannst. Im Heiligtum am Ende des Weges, dem Heiligtum im Innersten deines Herzens, ist ER dein Friede, ist ER deine Freude. Geh, es ist ja der Herr, der mit dir geht. gelesen auf einer Orientierungstafel für Jakobspilger

29



Turn static files into dynamic content formats.

Create a flipbook
Issuu converts static files into: digital portfolios, online yearbooks, online catalogs, digital photo albums and more. Sign up and create your flipbook.