S I M O N E M AY
TYPISCH! So verstehen Sie Ihre Chefs und Kollegen mit dem Enneagramm
Claudius
Bibliografische Informationen Der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. © Claudius Verlag München 2014 Birkerstraße 22, 80636 München www.claudius.de Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Redaktionelle Mitarbeit, Gestaltung und Satz: Bettina Fleinert, Kommunikationsdesign, Frankfurt am Main Illustrationen: Yvonne Heumann, Frankfurt am Main Illustration Eisberg: Sebastian Kaulitzki/Fotolia Umschlaggestaltung: Mario Moths, Marl, mit einem Foto von: Yuri Arcurs/Fotolia Druck: fgb, freiburger graphische betriebe ISBN 978-3-532-62458-6
INHALT Vorwort
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EINFÜHRUNG Ich sehe Dich Was ist das Enneagramm? Das Symbol Die neun Typen Der Nutzen des Enneagramms Enneagramm und Ethik Anwendung des Enneagramms im Business Wie kommt es zu einem Persönlichkeitstyp? Persönlichkeitsentwicklung mit dem Enneagramm Enneagrammtyp und Arbeitsverhalten Mit dem Typ versöhnen Der Unterschied zu anderen Typologien: Lösung inklusive! Den eigenen Persönlichkeitstyp erkennen maypaula® und das Enneagramm Übersicht maypaula®- Das Enneagramm im Business Man sieht nur mit dem Herzen gut!
11 12 14 14 16 17 18 19 20 22 24 25 27 29 30 33
AUFBAU DER KAPITEL Die Typen-Kapitel Gruppenzugehörigkeit Arbeitsstil Antreiber Selbstbild Weltbild Flügel Leidenschaft und Laster Abwehr Handeln Aufmerksamkeit Sprachstil und Äußeres Stress- und Entwicklungspunkt
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TYPMUSTER ERKENNEN Das ist wieder typisch! Die erste Typisierungsebene: Kopf-, Herz- oder Bauchtyp? Nutzen Sie Ihre Intuition PS: Glauben Sie Typ 10 zu haben?
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TYPEN-KAPITEL Typ 1 – Perfektionist/in Typ 2 – Helfer/in Typ 3 – Macher/in Typ 4 – Individualist/in Typ 5 – Beobachter/in Typ 6 – Skeptiker/in Typ 7 – Optimist/in Typ 8 – Boss/in Typ 9 – Vermittler/in
53 75 95 117 139 161 183 207 229
Auswertung: Welchen Typ haben Sie?
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INTERAKTIONEN TYP 1 BIS TYP 9 Wechselwirkung der maypaula®-Typen Typen 1-1 bis 1-9 Typen 2-2 bis 2-9 Typen 3-3 bis 3-9 Typen 4-4 bis 4-9 Typen 5-5 bis 5-9 Typen 6-6 bis 6-9 Typen 7-7 bis 7-9 Typen 8-8 bis 8-9 Typen 9-9
249 251 264 278 293 305 314 322 329 333
Gesamtübersicht der maypaula®-Typen Nachwort Danksagung Weiterführende Literatur
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VORWORT
VORWORT Es gibt doch schon so viele Bücher über das Enneagramm – warum noch eines? Tatsächlich gibt es inzwischen einige Bücher zum Thema. Aus gutem Grund! Das Enneagramm ist das aus meiner Sicht tiefgründigste Modell, mit dem man die Vielfalt menschlicher Persönlichkeit abbilden kann. Es veranschaulicht, wie Menschen sind und wie sie sich typischerweise verhalten. Es erklärt die Beweggründe und zeigt darüber hinaus, was Menschen tun können, um die eigene Persönlichkeit weiterzuentwickeln, und wie es gelingt, das „Typ-Muster“ zu durchbrechen. Kein Wunder, dass das Enneagramm zunehmend in Beratung, Training und Coaching eingesetzt wird. Es ist eine unerschöpfliche Schatztruhe für all diejenigen, die sich weiterentwickeln möchten. In diesem Buch veranschauliche ich, wie sich das EnneagrammPersönlichkeitsmodell auf die Zusammenarbeit im Arbeitsalltag auswirkt. Dieses Wissen ermöglicht Ihnen, Kollegen, Führungskräfte, Mitarbeiter oder Kunden aus einer neuen Perspektive zu sehen. Hierdurch können Sie ihnen mit einem tieferen Verständnis begegnen, was die konstruktive und effektive Kommunikation fördert und Konflikten vorbeugt. Um das Modell mit all seinen Möglichkeiten zu nutzen, ist es notwendig, die hier aufgeführten neun Persönlichkeitstypen nicht nur zu unterscheiden, sondern im jeweiligen Kontext zu erkennen, mit welchem Typ man es zu tun hat. Als Coach und Enneagrammberaterin habe ich die Erfahrung gemacht, dass es manch einem Klienten jedoch schwerfiel, mit den vorhandenen Enneagrammquellen den eigenen Typ oder andere Typen eindeutig zuzuordnen. Oft sagten mir Klienten, dass sie sich in vielen Typen wiedererkannt hätten („Ich bin alle!“) oder glaubten, ein „Mischtyp“ zu sein. Einige störten sich an der psychologischen oder spirituellen Fachsprache von Autoren. Andere scheuten die Komplexität des Modells. Manche fürchteten sich gar vor der Tragweite, sich festzulegen und zum eigenen Persönlichkeitstyp zu bekennen. Darüber hinaus habe ich oft erlebt, dass Klienten, die auf den
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Enneagramm-Geschmack gekommen waren, trotzdem große Mühe hatten, andere Menschen in ihrem Typ zu erkennen. Aller Neugier und Interesse am Erkunden der eigenen und der Persönlichkeit anderer zum Trotz fiel es schwer, Kollegen, Mitarbeiter, Führungskräfte oder andere vertraute Menschen als einen bestimmten Persönlichkeitstyp wahrzunehmen und eindeutig anhand der Typen 1 bis 9 einzuschätzen. Das hat mich motiviert, dieses Buch zu schreiben. Durch die plakative, an einigen Stellen polarisierende Beschreibung und die Cartoons möchte ich Ihnen den Einstieg in das Enneagramm im Business erleichtern. Dieses Buch soll Ihnen das Erkennen und Verstehen der neun Enneagrammtypen ermöglichen und Ihnen helfen, Ja zum eigenen Typ zu sagen – als Start für die Erweiterung der eigenen persönlichen und sozialen Kompetenzen oder als Beginn der ENT-Wicklung der eigenen Persönlichkeit mithilfe des Enneagramms. Das Modell dient nicht der Festigung von Klischees und Schubladen-Denken, es ist auch nicht als Werkzeug gedacht, um andere Menschen zu instrumentalisieren oder zu manipulieren. Vielmehr lädt das Enneagramm den Anwender dazu ein, sich zu der eigenen typspezifischen, gemütlich eingerichteten Schublade als solcher zu bekennen und daran zu arbeiten, aus dieser Schublade auszusteigen. Es ermuntert, die Typ-Schublade zu öffnen und dadurch anderen Einblick in die eigene Welt zu geben. Indem die tiefen unbewussten Beweggründe unter dem Verhalten als Ausdruck eines Typenmusters aufgedeckt werden, können Menschen sich auf der Beziehungsebene ganz anders annähern. Die Typologie hilft zu erkennen, dass Situationen festgefahren sind, weil Menschen aus der Ego-Verstrickung heraus ihren unbewussten Automatismen, Antreibern und Typen-Mustern folgen. Dieses Verständnis schafft die Voraussetzung für Einfühlung und damit zu zwischenmenschlichen wertschätzenden Berührungen statt zu konfrontativen oder gar aggressiven Begegnungen. Das entspannt und erleichtert die Zusammenarbeit. Darüber hinaus zeigt uns das Enneagramm den Weg von der erworbenen Persönlichkeit, dem Ego, zurück zur unverfälschten, ursprüng-
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lichen Identität, unserem Wesenskern, der Essenz. Im Anhang finden Sie einige weiterführende Bücher hierzu. Wie die meisten Enneagrammlehrer verwende ich in diesem Buch vorwiegend die numerische Typenbezeichnung und spreche von „Einsen“ wenn ich Typ 1 meine, statt von „Perfektionisten“. Die numerische Typenbezeichnung ist neutral, interpretations- und wertfrei, daher bevorzuge ich diese. Gleichwohl weiß ich auch aus eigener Erfahrung, dass es zu Beginn eine Merkhilfe und Unterstützung darstellt, den Zahlen Namen zu geben. Die Typenbezeichnungen in diesem Buch sind mein Angebot an Sie, in anderen Enneagramm-Büchern werden Sie teilweise dieselben, aber auch andere Bezeichnungen finden. Die Typennamen benennen einen arbeitsspezifischen Hauptaspekt der Persönlichkeit des jeweiligen Typs. Selbstverständlich sind Einsen als „Perfektionisten“ nicht nur und auch nicht immer perfektionistisch, genauso sind beispielsweise Sechsen als „Skeptiker“ nicht ausschließlich skeptisch. Haben Sie passendere Ideen für Typen-Bezeichnungen? Bringen Sie sich gerne im maypaula®-Forum dazu ein. Im Interesse der leichteren Lesbarkeit verwende ich in diesem Buch vorwiegend die männliche Form, wenn ich im Plural Männer UND Frauen meine. Liebe Leserin, lieber Leser: Ganz gleich, welchen Enneagrammtyp Sie haben, Sie sind dadurch weder schlechter noch besser und auch nicht mehr oder weniger geeignet für diese oder jene Aufgabe oder Position. Sie sind, wie Sie sind – und das ist auch gut so! Ihr Typenmuster ist ein wesentlicher Aspekt Ihres So-Seins und es gibt ganz sicher gute Gründe dafür, dass Sie ein bestimmtes Muster angenommen haben. Unter dem Stichwort „Rucksack“ erfahren Sie mehr darüber. Doch nochmals, ganz losgelöst davon, zu welchem Persönlichkeitstyp jemand zählt: Er verdient Wertschätzung und Respekt, denn er ist auf seine oder ihre Art vollkommen, einzigartig und liebenswert. Ich wünsche Ihnen viele interessante Erkenntnisse beim Lesen dieses Buches! Herzlichst, Ihre Simone May
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Typisch Drei!
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Typisch Sieben!
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EINFÜHRUNG
EINFÜHRUNG
Ich sehe Dich Erinnern Sie sich an den 3D-Kino-Kassenschlager „Avatar“? In diesem Science-Fiction Film treffen die Kunstwesen „Na’vi“ und Menschen aufeinander, zwei völlig fremde Welten begegnen sich auf einem anderen Planeten. Wegen der Andersartigkeit dauert es eine ganze Weile, bis die Na’vi und speziell Neytiri, die Häuptlingstochter, Vertrauen zu den Menschen und im Besonderen zum menschlichen Entsandten Jake Sully aufbauen. Abgesehen von den vielen beeindruckenden Effekten hat mich – wie viele andere auch – der Moment, da Neytiri zu Jake die Worte „Ich sehe Dich“ sagt, zutiefst berührt. In dem Kinosaal, in dem ich saß, war es mucksmäuschenstill, als die Zuschauer die aufkeimende Herzensverbindung spürten und intuitiv, auch ohne ein besonders ausgeprägtes spirituelles Verständnis zu haben, die eigentliche Botschaft erfassten: In diesem Moment hatte die Liebe das Misstrauen und die Angst abgelöst. Gesehen, verstanden und angenommen zu werden, wer wünscht sich das nicht? Und wie schwer ist es zugleich im Alltag, das zu erhalten und zu geben? Wie leicht fällt es hingegen wegzuschauen, wenn etwas stört, und die Augen und Ohren vor dem zu verschließen, was nicht gefällt, und das abzulehnen, was da ist. Wir ärgern uns, weil andere sich anders verhalten, als wir es tun würden. Wir verstehen nicht, dass der andere uns nicht versteht, dass er uns nicht „sieht“. Wir wollen, dass der andere die Welt so sieht wie wir und damit so wird wie wir. Er soll sich ändern, damit es uns gut geht. Wir hingegen wollen so bleiben, wie wir sind. Lieber gehen wir dem anderen aus dem Weg, als dass wir ihn als Spiegel und Einladung sehen, an uns zu arbeiten. Im Privaten gelingt das meist ganz gut. Man meidet einfach unangenehme Begegnungen und umgibt sich mit Menschen, die ähnlich
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denken und fühlen und die nicht den Anspruch haben, einen verändern zu wollen. Doch wie soll das im Berufsleben, bei der Arbeit gehen? Was tun, wenn der Kollege, Mitarbeiter, Chef „anders“ ist, wenn er einen eben nicht sieht? Wie kann man in der beruflichen Gemeinschaft, trotz und gerade wegen der Andersartigkeit und Vielfalt, wertschätzend miteinander umgehen und, bei aller aufgabenorientierten, funktionalen Zusammenarbeit, dennoch eine beziehungsorientierte, emotionale Basis schaffen und aufrechterhalten? Wie zu einem intakten Betriebsklima beitragen, in dem sich unterschiedliche Kollegen miteinander verbunden fühlen, statt sich nur in einer Zweckgemeinschaft aufzuhalten? Das Wissen aus dem Enneagramm-Persönlichkeitsmodell ermöglicht dies. Mit diesem Buch möchte ich Ihnen den Einstieg in das Enneagramm im Business erleichtern und Ihnen helfen, es zu nutzen, um besser zusammenzuarbeiten. Das Modell zeigt, wie grundlegend unterschiedlich Menschen die Welt wahrnehmen. Es basiert auf einer Neuner-Typologie und beschreibt, was Menschen bewegt, wie sie denken, fühlen und handeln. Dabei bewertet das Enneagramm nicht, es stellt dar und erklärt. Das Modell hilft, zu erkennen und zu verstehen, wie wir selbst und andere Menschen die Welt sehen. Es gibt Hinweise und stimmt nachdenklich, weshalb wir so sind und wie wir sein können, sobald wir unser Typenmuster lockern. Es regt an, unbewusste Muster und Mechanismen aufzudecken, und zeigt uns darüber hinaus Wege auf, Blockaden zu überwinden und Entwicklungsbarrieren zu durchbrechen.
Was ist das Enneagramm? Das Modell ist gesamthaft betrachtet fast zweitausend Jahre alt, es schließt Erkenntnisse von Philosophen der Antike, Spirituellen Gelehrten unterschiedlicher Religionen und Psychologen aus unserem Zeitalter ein. Es hat seinen Ursprung im Nahen Osten und wurde viele Jahrhunderte mündlich überliefert. Anfang des letzten Jahrhunderts kam es über George Gurdjieff nach Lateinamerika zu Oscar Ichazo, von
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dort zu Claudio Naranjo und schließlich zu David Daniels und Helen Palmer, die seit den 1960er Jahren in den USA Enneagrammstudien betreiben. Das Enneagramm ist ein heuristisches Modell. Es basiert auf Beobachtung, Erfahrungsaustausch und der Weitergabe von Wissen über Länder-, Kulturgrenzen und Epochen hinaus. Zusätzlich wird es seit etwa fünfzig Jahren auch empirisch erforscht und belegt. Das Enneagramm, wie wir es heute verwenden, ist ein psychologisch-spirituelles Erkenntnis- und Entwicklungsmodell. In Deutschland hat die Veröffentlichung des Buchs von Andreas Ebert und Richard Rohr 1989 zu einer größeren Verbreitung und Beachtung des Modells geführt, zunächst in kirchlichen und Non-profitOrganisationen, später auch in der freien Wirtschaft. Inzwischen nutzen große, internationale Unternehmen die Weisheit des Enneagramms und bestätigen, dass die Zusammenarbeit konstruktiver und produktiver wird, wenn offen mit den neun Persönlichkeitstypen umgegangen und (auch über Gefühle) gesprochen wird. Früher wie heute wird das Enneagramm vorwiegend in der mündlichen Tradition weitervermittelt und gelehrt. In sogenannten Panels, Experten-Podien, erzählen Repräsentanten des jeweiligen Typs unter Anleitung des Enneagrammlehrers von sich und ihrer Art, die Welt zu sehen. Sie lassen die Zuschauer an ihren Motiven teilhaben, ihren Schicksalen, Verstrickungen und Entwicklungen, um gemeinsam mit anderen Menschen Wissen zu teilen, um mit anderen, statt über andere zu sprechen. Das Enneagramm ermöglicht Antworten auf Fragen zu finden, wie zum Beispiel: Was bewegt jemanden dazu, etwas so zu sehen? Was empfindet er in dieser Situation, in diesem Moment? Wie kommt er dazu, diese Position zu beziehen? Was veranlasst ihn, sich so zu verhalten? Und vor allem: Wie reagiere ich auf all das und aus welchen Gründen reagiere ich so? Das Enneagramm lädt ein, sich auf eine faszinierende Studien- und Erlebnisreise in neun Welten einzulassen, in denen neun vollkommen unterschiedliche Sprachen gesprochen werden. Es zeigt uns, was ge-
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schieht, wenn neun verschiedene Weltanschauungen aufeinandertreffen, wie es im Arbeitsalltag oder im Privaten zu Berührungen oder Begegnungen kommen kann oder welche Konflikte wahrscheinlich sind.
Das Symbol Wörtlich aus dem Altgriechischen übersetzt heißt „Enneagramm“: „Neuner-Bild“. Es bildet in einem Kreis mit neun Punkten die neun Hauptaspekte menschlichen Daseins in neun Arten zu denken, fühlen und handeln ab. Der Kreis dient als Symbol für die Weltkugel, er steht für Einheit und Verbundenheit der Menschen untereinander und umfasst spirituelle Aspekte (Anbindung von Körper, Seele, Geist an etwas Übergeordnetes, Nicht-Menschliches, wie das Universum oder das Göttliche). Die neun Punkte sind in gleichen Abständen zueinander dargestellt und über den Kreis und Linien miteinander verbunden. Durch die Visualisierung wird deutlich, dass aus der Perspektive eines jeden der neun Punkte eine eigene Weltsicht resultiert. Jeder Typ hat seine typbedingte, eingeschränkte „40-Grad-Sicht“, die es – so das Ziel der Arbeit mit dem Enneagramm – zugunsten einer Rundum-Sicht (360-Grad-Perspektive) und Bewusstseinserweiterung zu erschließen gilt. Die Verbindungslinien zwischen den Zahlen auf dem Kreis sind in der Reihenfolge 3-9-6 und 1-4-2-8-5-7 angeordnet. Diese Zahlenkette zeigt die Richtung an, die zu einer Weiterentwicklung heraus aus dem Typenmuster und hinein in die Ganzheitlichkeit führt. Nähere Erläuterungen dazu finden Sie in diesem Buch unter den Stichworten „Stress- und Entwicklungspunkt“.
Die neun Typen Im Enneagramm gibt es den geradlinigen, anspruchsvollen Perfektionisten (Typ 1), für den es unabdingbar ist, dass alles genau nach seinen Vorstellungen „richtig“ gemacht wird. Oder den vielseitig interessierten Optimisten (Typ 7), der sich gerne auf das, was kommt,
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Vermittler 9 1 Perfektionist
Boss 8 Optimist
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Skeptiker 6 Beobachter
Helfer
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einlässt und wie der ehrgeizige Macher (Typ 3) auch einmal Fünf gerade sein lassen kann, damit er schneller ans Ziel kommt. Oder den sicherheitsorientierten Skeptiker (Typ 6), der einen Tunnelblick für Gefahren hat, Risiken vermeiden will und sich daher auch bei kleinen Anlässen absichert. Im Unterschied zum impulsiv-mutigen Boss (Typ 8), der nicht lange nachdenkt, sondern es einfach darauf ankommen lässt. Was wiederum den empfindsamen Individualisten (Typ 4), der sich an dieser Stelle mehr Einfühlung und Rücksichtnahme wünscht, anstrengt. Schließlich den sanftmütigen Vermittler (Typ 9), der Konflikte vermeidet und um des lieben Friedens willens Zugeständnisse macht. Ganz ähnlich dem aufopfernden Helfer (Typ 2), der immer zuerst an andere denkt und seine eigenen Bedürfnisse hintanstellt. Und zu guter Letzt den wissensdurstigen Beobachter (Typ 5), der am liebsten mit sich alleine ist und in sein Interessensgebiet abtaucht. Was passiert nun, wenn Perfektionist und Macher zusammenarbeiten? Welche Reibungen werden Optimist und Boss miteinander haben? Anhand der Motive und Sichtweisen der einzelnen Typen kann man verblüffend zuverlässige Voraussagen treffen, welche Wechselwirkungen und emotionalen Herausforderungen zwischen den Typen zu erwarten sind. Wer sich mit diesem Wissen auf seinen Gesprächspartner einlässt, leistet einen wertvollen Beitrag zu einer von Wohlwollen und Vielfalt geprägten Unternehmenskultur des Mit- statt Gegeneinander.
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Der Nutzen des Enneagramms Die Arbeit mit dem Enneagramm im Business steigert die emotionale Intelligenz, verbessert die zwischenmenschliche Kompetenz und beschleunigt den Austausch zwischen Mitarbeitern und Führungskräften, so das Ergebnis einer internationalen Befragung namhafter Unternehmen wie Daimler, Roche und Toyota, die im Enneagramm Benchmark Report 2011 dokumentiert worden ist. Welches andere Persönlichkeits-Modell kann dies leisten? Ich sehe daher das Enneagramm als einen grundlegenden Baustein zur Personalentwicklung in Unternehmen, das dem Einzelnen in seiner persönlichen Entwickung und zugleich dem ganzen Unternehmen in punkto Unternehmenskultur enorm weiterhelfen kann. Die Tatsache, dass das Enneagramm heuristisch begründet ist, macht das Modell alltagstauglich und schnell und nachhaltig nutzbar. Gerade weil es zunächst nur neun Persönlichkeitstypen sind, die es im Denken, Fühlen, Handeln motivorientiert zu unterscheiden gilt, ist das Modell leichter zugänglich als andere. Auf den ersten Blick scheint das Enneagramm einfacher als andere motivorientierte Persönlichkeitsmodelle, wie beispielsweise der weit verbreitete Myers Briggs Typen Indikator (MBTI-Modell), mit dem das Enneagramm korreliert (wie schon vor Jahren die Enneagramm-Pionierin Helen Palmer nachgewiesen hat) und der 16 Typen differenziert, oder das Reiss-Profil, das Menschen anhand von Polaritätenprofilen aus 16 gegensätzlichen Motivpaaren darstellt. Ein Neuling mag das Enneagramm vielleicht als zu stark vereinfachend und damit zu grob zu einer feinen Unterscheidung von Menschen empfinden. Doch der erste Eindruck täuscht: Gerade die Vielschichtigkeit, Tiefgründigkeit und Komplexität des Enneagramms bringt jene, die über das erste grobe Raster der neun Typen den Einstieg zum Modell gefunden haben, zum Staunen. In meinem maypaula-Ansatz, der das Enneagramm im Business anhand von typischen Arbeitssituationen veranschautlicht, erschließt sich Ihnen als Leser(in) intuitiv und nachhaltig Schritt für Schritt und Schicht für Schicht die Tiefenstruktur des Modells – bis die Typen zu neun eindeutig unterscheidbaren Gesamtbildern abgrenzbar werden.
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EINFÃœHRUNG
In diesem Buch lernen Sie als Einsteiger in das Enneagramm im Business die neun Haupttypen kennen, zu denen jeweils die beiden Flügel-Ausprägungen (der Einfluss des Nachbartyps auf den Haupttyp) beschrieben werden. Zusätzlich gehören zu jedem Typ noch die drei Subtypen „selbsterhaltend“, „beziehungsorientiert“ und „sozial“. Diese werde ich im Folgewerk näher erläutern. Das Modell differenziert also genau genommen nicht neun, sondern 54 verschiedene Typen! So viele Differenzierungen im Alltag auseinanderzuhalten, erfordert schon sehr tiefes Wissen und viel Erfahrung. Die neun Haupttypen jedoch lassen sich mit diesem Buch recht schnell lernen und die Erkenntnisse anwenden.
Enneagramm und Ethik Jeder Mensch trägt alle menschlichen Grundthemen in sich. Alle in den neun Typenmustern differenzierten Eigenschaften kommen also in jedem Menschen vor, denn es sind die grundlegenden menschlichen Motive, die uns als Menschen auszeichnen, trennen oder verbinden. s $IE 'EWICHTUNG DIESER 4HEMEN IST BEI JEDEM -ENSCHEN INDIVIDUELL AUSGEPRËGT :UGLEICH IST JEDER -ENSCH AUF EINEN DER SKIZZIERTEN -OTIV +OMPLEXE uSPEZIALISIERTh $IESE NEUN !RTEN DER u3PEZIALISIERUNGh SIND IM %NNEAGRAMM DIE NEUN 0ERSÚNLICHKEITSTYPEN s $AS %RKENNEN UND $URCHLEUCHTEN DER 0ERSÚNLICHKEITSTYPEN ALS EIN -US TER HILFT DIE 7AHRNEHMUNG DAS $ENKEN &à HLEN UND 6ERHALTEN VON EINEM SELBST UND ANDEREN IN DER 4IEFE ZU VERSTEHEN UND ANZUNEHMEN s *EDER -ENSCH HAT SEINE ,EBENSAUFGABE UND NIEMAND IST PERFEKT ODER MAKELLOS s %BENSO IST NIEMAND WEGEN DES 0ERSÚNLICHKEITSTYPS BESSER ODER SCHLECHTER ALS EIN ANDERER *EDER -ENSCH GANZ GLEICH WELCHES 0ERSÚNLICHKEITSPROFIL ER HAT IST GLEICH WERTVOLL UND EINZIGARTIG
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Anwendung des Enneagramms im Business Zunächst: Die Zahlen und Typenbenennungen stellen keine Gewichtung dar. Mit der Benennung der Typen nach Zahlen wird lediglich vermieden, dass positive oder negative Konnotationen ausgelöst oder Charakter- und Verhaltenszuschreibungen auf der Basis bestehender Erfahrung mit einer Typenbezeichnung geschehen. Menschen assoziieren nun einmal individuell und der eine hat dieses, ein anderer jenes Bild vor Augen, wenn er zum Beispiel an einen „Boss“, Typ 8, denkt. Von „Acht“ zu sprechen, ist da viel neutraler. Das Enneagramm ist auch nicht als Diagnostik-Instrument gedacht. Ein bestimmtes Persönlichkeitsmuster nach dem Enneagramm-Ansatz zu haben, ist weder Güte- noch Ausschlusskriterium für die berufliche Eignung. Es ist einerlei, ob Sie Typ 1, 4 oder 7 haben. Typ 1 ist nicht besser oder weiter als Typ 9 oder andersherum. Ein Typ 1-Mitarbeiter, -Chef oder -Kollege wird seine Arbeit allerdings Einser-spezifisch
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ausführen, ein Typ 4 entsprechend der beschriebenen Vierer-Merkmale handeln und ein Typ 7-Kollege ist erkennbar an den Eigenschaften von Typ 7. Der Mehrwert der Erkenntnis, welchem Typenmuster ein Kollege (oder ggf. Bewerber) zugehörig ist, verhilft dazu, dessen Arbeitshaltung, typspezifische Motivation und Arbeitsweise mit relativ hoher Wahrscheinlichkeit vorherzusagen und zu verstehen. Das ermöglicht zum Beispiel, Wechselwirkungen zwischen Kollegen und Mitarbeitern und Führungskräften als Ausdruck von Typenmustern zu beleuchten und Orientierung zu geben, wie die Kommunikation zwischen den beiden Persönlichkeitstypen einfacher und wirkungsvoller wird. Mehr hierzu finden Sie im Interaktionen-Kapitel ab Seite 249.
Wie kommt es zu einem Persönlichkeitstyp? Charakterbildung ist etwas Hochkomplexes, das über „Prägung“ deutlich hinausgeht. Eine Mischung aus fünf Aspekten fließt in die Bildung des Persönlichkeitstyps, schwerpunktmäßig in der Kindheit bis zum Auszug aus dem familiären Umfeld, ein: Zunächst wirkt tatsächlich die Kombination der mütterlichen und väterlichen Gene. Das Erbgut schafft das Fundament, auf dem ein Mensch heranwächst. Das soziale Umfeld, in dem er dies tut, ist der zweite Aspekt, der persönlichkeitsbildend wirkt. Welche Hauptbezugspersonen jemand gehabt hat und unter welchen sozialen Bedingungen jemand herangewachsen ist, führt zu Unterschieden. Weiterhin tragen die Lebenserfahrungen zur Festigung von Persönlichkeitsmerkmalen bei. Hierzu gehört zum Beispiel, welche Verhaltensweisen belohnt oder bestraft wurden. Schließlich prägen auch die Lebensspitzen (positive wie negative sogenannte „life events“) den Charakter. Wann und wie jemand beispielsweise mit Krankheit, Gewalt oder Verlust konfrontiert wurde, führt zu Differenzierungen. Aus diesen fünf Aspekten wächst in einem Menschen ein Mix aus Ansichten, Antreibern, Kompetenzen und Ressourcen heran, der seinen Höhepunkt etwa rundum um das 25. Lebensjahr findet. In dieser Lebensphase haben die meisten Menschen ihre Berufsqualifizierung
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abgeschlossen, erste Berufserfahrungen und die erste große Lebenspartnerschaft erlebt. In den Folgejahren, bis etwa zur Lebensmitte mit Anfang 40, nutzt ein Mensch die gewonnenen Erfahrungen und baut je nach eingeschlagenem Berufs- bzw. Lebensweg seine Kompetenzen aus. Durch berufsbegleitende Aus- und Weiterbildungen wird das inzwischen deutlich erkennbare Kompetenzenprofil entsprechend dem Typenmuster 1 bis 9 trainiert, geschliffen und im Hinblick auf die berufliche Laufbahn begünstigt. Dreien kommen beispielsweise wegen ihrer Zielorientierung und ihres Ehrgeizes oder Sechsen gerade wegen ihrer Sicherheitsorientierung und ihrer Fähigkeit, andere Menschen vor folgenschweren Entscheidungen zu bewahren, in ihrem Job weiter, sofern sie das möchten. Mit Mitte 40 haben die meisten Menschen schon einige Erfahrungen gemacht und Karriereleitern getestet. Sie beginnen sich zu fragen, ob das schon alles war. Der Blick wird umgelenkt vom Außen, dem Verhalten, nach Innen, zum Wesen. Die Frage nach dem WESENtlichen beginnt zu interessieren. Eine Sehnsucht nach den ungelebten Persönlichkeitsanteilen, nach ENT-Spannung und Ausbruch aus dem So-Sein kann aufkommen. An dieser Stelle keimt der Wunsch nach dem Lösen der gewohnten Mechanismen, den immer gleichen Verhaltensmustern und Verstrickungen. Menschen spüren den Drang, sich von dem als Automatismus ablaufenden Typenmuster und damit aus der bekannten Schublade, in der sie es sich ihr halbes Leben kuschelig eingerichtet und wohnlich gemacht haben, zu lösen. Etwas mal ganz anders zu machen als bisher, sich aus den selbst auferlegten Ansprüchen zu befreien. Zu ENT-wickeln, was in den vier Jahrzehnten zuvor – aufgespult und zu einem Mantel gewoben, unter dem die erworbene Persönlichkeit gut umhüllt, geschützt und sicher war – bedeckt gehalten wurde.
Persönlichkeitsentwicklung mit dem Enneagramm Training und Coaching mit maypaula®, dem Enneagramm im Business, ist ressourcen- und entwicklungsorientiert. Diese Arbeit mit dem Enneagramm dient nicht dazu, die Ego-Muster zu verfestigen,
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sondern diese im Hinblick auf die Ganzheitlichkeit der Persönlichkeit zu lüften. Ziel und Anspruch der Persönlichkeitsentwicklung mit dem Enneagramm ist, zu erkennen, dass die Fokussierung auf den eigenen Typ heißt, sich auf einen Ausschnitt aller Möglichkeiten zu begrenzen. Wer unreflektiert im Typ verstrickt ist, nutzt nur einen Teil seiner vorhandenen Ressourcen, er schaut mit einem 40-Grad-Blickwinkel, statt mit einer 360-Grad-Perspektive auf sich und die Welt. Unbewusste Automatismen aufzudecken und in das Bewusstsein zu transportieren, macht Zusammenhänge sichtbar und gibt Anhaltspunkte, wie es gelingt, den Typen aus seinen unbewussten und stressfördernden Mustern zu erlösen. Zu erkennen, welche Einschränkungen das „Im-Typ-Sein“ beinhaltet, hilft, sich selbst den Impuls für die Entwicklung der Persönlichkeit zu geben. Das Enneagramm hilft dabei, öfter mal „aus dem Typ zu kommen“. Es lädt ein, dem authentischen Selbst mehr Raum zu geben als der erworbenen Identität. Viele Menschen fürchten zu Beginn der Arbeit mit dem Enneagramm die enthaltenen Anregungen zur Persönlichkeitsentwicklung. Sie glauben, sie müssten dann auf etwas von sich verzichten, was sie bisher doch so weit gebracht hat; sie wollen sich nicht verändern. Doch es geht gar nicht um Veränderung, es geht um Entwicklung. Und Persönlichkeitsentwicklung heißt nicht, erworbene, nützliche Kompetenzen aufzugeben, sondern die Bandbreite des Verhaltens zu erweitern. Eine Drei, z.B. Michael aus Typenkapitel 3, wird seine erworbenen Fähigkeiten – wie schnelle Auffassungsgabe, bedarfsorientiertes Handeln oder Überzeugungsvermögen – nicht verlieren, ganz im Gegenteil. Wenn er sich selbst „ent-wickelt“, also den engen „Strickmantel“ aus Mechanismen und Automatismen öffnet, wird er viel beweglicher. Er wird lockerer, für andere zugänglicher, erreichbarer. Das macht es anderen Menschen leichter, auf ihn zuzugehen und ihm das entgegenzubringen, wonach er sich eigentlich sehnt: dass er gemocht wird, einfach so, ohne sich dafür zu verausgaben. Und seine Kompetenzen, die ihm erhalten bleiben, kann er dann viel entspannter nutzen, vielleicht auch einmal für etwas ganz anderes als das bisher Gewohnte einsetzen.
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EINFÜHRUNG
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Enneagrammtyp und Arbeitsverhalten Wie wirkt sich das Wissen über den Enneagrammtypen auf die Zusammenarbeit aus? Im Typenkapitel zur Drei lesen Sie das Praxisbeispiel zu Michael, einem Coachee, der mit dem Anliegen, seinem Leben neuen Sinn zu geben, zu mir kam. Michael war ein erfolgreicher Verkäufer im Außendienst, geschätzt von den Kunden, bewundert von den Kollegen, protegiert von seinen Vorgesetzten. Doch die Wirtschaftskrise hatte das Geschäft zum Stillstand gebracht. Michael machte keine Abschlüsse mehr, der gewohnte Erfolg und die übliche Bestätigung blieben aus und Michael stürzte in eine Identitätskrise. Michael mag oberflächlich betrachtet wie ein ganz normaler Verkäufer wirken, dessen Los es nun auch mal ist, trotz Anstrengungen und guter Angebote Absagen und nicht jeden Auftrag zu bekommen. Doch das hier beim Typ 3 zu erkennende Erfolgsstreben ist nur die „Spitze des Eisbergs“. Tauchen wir, wie im Eisberg-Modell dargestellt (Abb. 1), unter die Wasseroberfläche in die Tiefenstruktur des Menschen Michael ein, können wir mithilfe des Enneagramms verstehen, unter welchem enormen, selbst auferlegten Druck unser Typ 3-Michael steht, er ist kurz vor dem Burnout. Der Grund für diese Lebenskrise ist, dass er als Typ 3, imageorientierter Macher, seine gesamte Aufmerksamkeit auf die Frage „Wie werde ich hier erfolgreich?“ gerichtet hat. Dreien wirken oft wie Workaholics: Sie sind sehr ehrgeizig und immer damit beschäftigt, ein Ziel zu erreichen. Sie scheinen unermüdlich und als Sieger-Typ alles zu schaffen. Sie wissen genau, was zu tun ist und worauf es ankommt, um in einer bestimmten Situation zu punkten. Sie orientieren sich an dem, was ihrer Meinung nach von ihnen erwartet wird. Wegen ihrer herausragenden Ergebnisse ernten sie viel Lob und Anerkennung, das nährt ihre Eitelkeit. Bleiben jedoch der Erfolg und folglich das, was sie gewohnt sind – die Bestätigung –, aus, fällt der Typ 3 in ein tiefes Loch. Für Menschen eines anderen Persönlichkeitstyps ist es zu Beginn der Arbeit mit dem Enneagramm schwer vorstellbar, was mitunter schon ein kleiner Miss-
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EINFÜHRUNG
Verhalten
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Äußeres, Sprache, Mimik, Gestik
Handeln
Gefühle
WIE
Bewertung und Deutung des Verhaltens anderer / durch andere
Wahrnehmen, Denken, Fühlen
Persönlichkeit
WARUM
Werte, Bedürfnisse und Motive
Erworbene Identität (Ego) und Wesenskern (Essenz)
Nimmt Einfluss auf die Beziehungsebene und das berufliche Miteinander
Abb. 1: Das Eisberg-Modell
erfolg für eine Drei bedeutet, nämlich das Gefühl, als ob ihr der Boden unter den Füßen weggezogen wird. Da eine tief verankerte (Ego-) Überzeugung der Drei ist, dass nur der Gewinner gemocht und gewollt wird, hat sie eine geradezu existenzielle Furcht vor Niederlagen und davor, mit einem Projekt zu scheitern. Daher setzt das Ego von Typ 3 alles daran, dass es entweder erst gar nicht soweit kommt oder, sollte es doch einmal dazu gekommen sein, dass er (und andere) es nicht in dem Maße spürt. Dabei neigt er zur (Selbst-)Täuschung. Er sagt sich dann zum Beispiel, dass es ja nicht an ihm lag, das Ziel verfehlt zu haben, oder dass ihm ein anderes Ziel letztlich viel wichtiger war, oder er beschäftigt sich mit Nebenaktivitäten, die eigentlich gar nicht zielführend sind. Dies alles hält das Bild des Gewinners aufrecht und lenkt sehr gut von negativen Gefühlen ab, zum Beispiel von seiner Urangst, als „Versager“ nicht geliebt zu werden.
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Mit dem Typ versöhnen Wenn Sie Ihren Kollegen beispielsweise als Typ 3 erkennen, verstehen Sie besser, was ihn dazu bewegt, sich so zu verhalten. Sie können ihn mit seiner Art leichter annehmen, da Sie einen Einblick in das „Drama“ seiner Geschichte erhalten. In jedem Typenkapitel lesen Sie unter der Überschrift „Rucksack“, welche Last der jeweilige Typ mit sich trägt, die ihn zu dem gemacht hat, wie er sich heute zeigt. So haben zum Beispiel Dreier-Kinder meist reichlich Lob und Anerkennung erhalten, allerdings immer bezogen auf Leistung oder Taten, nicht einfach dafür, dass sie da waren. Dadurch haben Dreien früh verinnerlicht, dass es nötig ist, etwas Vorzeigbares zu erschaffen, um wahrgenommen zu werden. Was Dreien im Umkehrschluss meist nicht gelernt haben, ist, dass es auch in Ordnung ist, einfach nur zu sein und nichts zu tun. Ihnen fehlt die Erfahrung, dass sie auch dann noch „in Ordnung sind“, wenn sie nichts dafür getan und nichts vorzuweisen haben oder mit einem Projekt auf die Nase gefallen sind. Die Persönlichkeit des Typs 3 hat Erfolg als Antreiber verinnerlicht. Daran hält sie auf Biegen und Brechen fest, im Zweifel auch, indem sie sich selbst etwas vormacht – aus Angst, abgelehnt und nicht geliebt zu werden. Eigentlich wünscht sich eine Drei nichts sehnlicher, als einfach nur sein zu dürfen und geliebt zu werden, ohne etwas dafür tun zu müssen. Die Typ 3-bedingte Persönlichkeitsentwicklung und ihre Versöhnung – der Weg der Drei zurück zum Ursprung – gehen wie bei allen Typen durch die Angst (Abb. 2). Zuallererst fühlt es sich bedrohlich an, an sich zu arbeiten. Es macht (dem Ego) Angst, die erste Schicht zur Persönlichkeit zu lüften, es fürchtet, durchschaut zu werden, und reagiert mit Abwehr. Typische Aussagen von Seminarteilnehmern sind an dieser Stelle „Ich will so bleiben, wie ich bin! Es gibt keinen Grund, an mir zu arbeiten!“. Die zweite Schicht, die es zu durchdringen gilt auf dem Weg zum Wesenskern, ist die Scham. Muster aufzudecken und für andere anders sichtbar zu werden, erfüllt mit Peinlichkeit. Wer dran bleibt, Angst überwindet und Scham zulässt, kommt alsbald an seine Wut. Es steigen Zorn und Wut auf, die auch jeweils typspezifisch sind.
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Angst Scham Wut
ESSENZ Wesenskern
EGO Abb. 2: Der Weg zurück zum Wesenskern führt durch die typspezifische Angst.
Zum Beispiel darüber, dass sich Muster nicht so schnell ändern lassen oder dass es überhaupt zu Mustern gekommen ist, oder Ärger über die eigenen Grenzen. Auf dem Weg zur persönlichen ENT-Wicklung und zur Essenz hat jeder Typ eine typspezifische Herausforderung zu meistern und immer gilt es, das zu lockern, was im Typmuster gefangen hält, das Ego zu überwinden und die selbst begrenzenden Anteile der Persönlichkeit aufzuweichen. Bei der Drei heißt das, sich von der anstrengenden, übertriebenen Erfolgsorientierung und der daraus folgenden (Selbst-)Täuschung zu verabschieden. Es bedeutet, zu lernen, loszulassen, zu entspannen und darauf zu vertrauen, dass die Dinge sich auch ohne ihr Zutun entwickeln. Zu spüren, dass sie auch dann noch gemocht wird, wenn sie einmal nicht so gut dasteht. Sollten Vorhaben einmal misslungen sein, ist es eine gute Alternative, dazu zu stehen, statt sich selbst und anderen etwas vorzumachen.
Der Unterschied zu anderen Typologien: Lösung inklusive! Das Enneagramm zeigt jedem Typen, wie er den Weg zurück zum Ursprung, zur reinen Identität, der Authentizität, findet und seine festgefahrenen Muster überwinden kann. Bei der Überwindung der eigenen Typfixierung hilft der sogenannte Entwicklungspunkt. Arbeiten mit dem Entwicklungspunkt heißt, die
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positiven Aspekte jenes Typs als Ressource zu nutzen, um mit sich selbst einen Schritt weiterzukommen. Zurück zum Praxisbeispiel: Der Entwicklungspunkt von Typ 3 (Macher) ist Typ 6 (Skeptiker). Eine besondere Kompetenz von Sechsen ist das Hinterfragen von (verborgenen, tiefgründigen, bedrohlichen) Absichten und das Prüfen von Zusammenhängen im Hinblick auf mögliche Probleme. So kann zum Beispiel Typ 3 sich selbst folgende kritische Fragen stellen: „Was tue ich hier eigentlich? Welchen Zweck haben meine Aktivitäten? Welche Leere füllen meine (sinnlosen) Taten?“ oder „Warum tue ich das? Was erhoffe ich mir davon?“ und weiter „Was hindert mich, darauf zu vertrauen und zu glauben, dass ich geliebt würde, bedingungslos, ohne etwas dafür getan zu haben?“ Die Antworten auf diese Fragen unterstützen ihn, seine Erfolgsantreiber zu entlarven. Sie helfen ihm zu erkennen, wie viel leichter sein Leben wird, wenn er einigen Antreibern nicht nachgibt, seine Aktivitäten auf ein Normalmaß herunterfährt und damit zu echter Work-LifeBalance kommt. Wenn er lernt, darauf zu verzichten, ein bestimmtes Bild von sich aufrechtzuerhalten und sich dadurch selbst unter Druck zu setzen, wird er lockerer. Auch werden andere es dadurch leichter haben, auf ihn zuzugehen und ihre Wertschätzung und Zuneigung auf der persönlichen, nicht leistungsbezogenen Ebene zu zeigen. Wir alle kennen Sprüche und Lebensweisheiten wie „Weniger ist mehr“ oder „Abwarten und Tee trinken“, für eine Drei ist das aber ganz schwer umzusetzen. Als Kollege oder Chef einer Drei können Sie die Drei in ihrem Entwicklungsprozess emotional unterstützen und entlasten, indem sie ihr auch in einer aus ihrer Sicht unbefriedigenden Situation Wertschätzung entgegenbringen, ihr bewusst erlauben, auch einmal kürzer zu treten, weniger zu tun und auf das, was kommt, nur zu reagieren. Im Entwicklungspunkt liegt also das heilsame Potenzial, zur Befreiung aus dem festen Persönlichkeitsmuster. Das Potenzial, „ganz“ zu werden, die Möglichkeit, im Tiefschlaf schlummernde Ressourcen aufzuwecken und zu nutzen. Damit ist die Arbeit mit dem Enneagramm sehr effektiv – durch den Entwicklungspunkt kann die Ursache von
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Entwicklungshürden und einschränkenden Glaubenssätzen eingegrenzt und thematisiert werden. Im Verständnis der Tiefenstruktur der Persönlichkeit liegt die Chance, Empathie zu empfinden und den Menschen zu nehmen, wie er ist – und zwar auch und gerade dann, wenn er in seinem Typ-Muster gefangen scheint. Auch wenn jetzt Zweifler sagen mögen: „Na, aber so einfach ist es doch bestimmt nicht!?“ Doch. Es ist so einfach. Meine langjährige Arbeit mit dem Enneagramm bestätigt mir: Das System ist in sich schlüssig. Oft sagen mir meine Klienten: „Woher wissen Sie das von mir? Sind sie Hellseherin?“ Umso mehr freut es mich, dieses Modell kennengelernt zu haben, damit arbeiten zu dürfen und andere darin zu unterstützen, ihren persönlichen Entwicklungsprozess leichter und effizienter zu gestalten.
Den eigenen Persönlichkeitstyp erkennen Wer mit sich selbst im Reinen ist, sich annehmen und lieben kann, sieht auch leichter die liebenswerten Seiten seiner Mitmenschen, erkennt ihr verletzliches Wesen und begreift die verborgene „Not“ hinter ihrem Verhalten – ganz im Sinne von „Ich sehe dich“, was Neytiri im Film Avatar zu Jake gesagt hatte. Das Entdecken des eigenen Persönlichkeitsmusters kann sehr befreiend und erleichternd wirken. Die unbewussten Mechanismen zu durchschauen und den dazu passenden „Lösungsschlüssel“ zu entdecken, nimmt unglaublich viel Druck von der Seele, erleichtert einen liebevollen, wohlwollenden Umgang mit sich selbst. Man wird einfach gelassener und entspannter. Das Erkennen des eigenen Typs kann aber auch ernüchternd sein. Unbewusste Persönlichkeitsanteile werden präsent, der Schleier zum Wesenskern (Essenz) gelüftet, die erworbene, künstliche Persönlichkeit (Ego) entlarvt. Und das, was wir da über uns erfahren, mag uns nicht immer willkommen sein. Dennoch: Sie entscheiden selbst, wie tief Sie in diesen Prozess einsteigen wollen!
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Wenn Sie sich das erste Mal mit dem Enneagramm beschäftigen und die Typenbeschreibungen durchlesen, werden Sie sich vermutlich an vielen Stellen wiedererkennen. Sie werden feststellen, dass Sie von jedem der Typen bestimmte Verhaltensweisen, Ansichten oder Gefühle nachempfinden können oder selbst schon einmal erlebt haben. Genau genommen ist das nicht erstaunlich, denn jede der Eigenschaften, die in den Enneagrammtypen beschrieben werden, ist zutiefst menschlich und als Menschen haben wir selbstverständlich alle menschlichen Anteile in uns. Jedoch nicht zu gleichen Anteilen. Man hat nur einen Typ und das hat etwas mit der eigenen Biografie zu tun. Die Unterschiede der Typen ergeben sich aus den Motiven, die den Eigenschaften und Verhaltensweisen zugrunde liegen. Anhand derer kann man die Typen klar voneinander unterscheiden. Jeder Typ bewegt und orientiert sich aufgrund eines zugrunde liegenden unbewussten „Strickmusters“, das sich wie ein roter Faden durch das gesamte Verhaltensrepertoire des jeweiligen Typs durchzieht. Michael, den Sie oben als Verkäufer kennengelernt haben, ist, auch wenn er nicht arbeitet, „typisch 3“: Wenn er einkaufen geht, erledigt er seine Besorgungen systematisch, zeitsparend und effizient. Im Baumarkt geht er zielorientiert zum Regal, um den einen Gegenstand zu holen, den er braucht. Beim Essen ist er als Erster fertig, damit er sich schnell wieder seiner Aufgabe widmen kann. Es gibt viele Möglichkeiten, den eigenen Typ herauszufinden. In einigen Büchern, auch in diesem, sind Typentests enthalten. Auch im Internet gibt es Tests, zum Beispiel auf der maypaula®-Webseite (www. may-paula.de). Nachteilig bei selbst ausgefüllten Fragebögen kann die eigene Interpretation der Fragen sein. Jedes Testergebnis kann nur abbilden, inwiefern der Testende sich selbst gegenüber offen und ehrlich genug ist, um sich selbst ein bestimmtes Verhalten einzugestehen. Ich empfehle Ihnen die Typbestimmung anhand eines typdiagnostischen Interviews, das zertifizierte Enneagrammlehrer anbieten. Der Vorteil eines Interviews ist nicht nur die umfassende Enneagrammund Selbsterfahrung des Interviewers, sondern auch, dass er neben den Antworten auf die Fragen zu den jeweiligen Typen das gesamte
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Erscheinungsbild des Klienten, seine Körpersprache und die Interaktion mit ihm als Interviewer, die emotionale Relevanz und energetische Präsenz wahrnimmt und in seine Auswertung einbezieht. Bei Uneindeutigkeiten stellt der Enneagrammlehrer vertiefende Fragen und reflektiert im Dialog mit dem Klienten, welches Typmuster er – bedingt durch seine persönliche Biografie – angenommen hat. Letzten Endes ist nicht entscheidend, welches (Test-)Ergebnis Ihnen durch einen Typentest oder ein Interview präsentiert wird. Sie sind und bleiben der Experte Ihrer eigenen Persönlichkeit! Das Entscheidende für Ihre Typbestimmung und die weitere Arbeit mit dem Enneagramm ist stets das Bejahen der eigenen Persönlichkeit. Das letzte, finale „Ja“ zu „Ich habe tatsächlich Typ X“ liegt bei Ihnen. Ihre darin enthaltene Chance besteht darin, dass Sie sich auf dieser Basis weiterentwickeln, Ihre Arbeitsbeziehungen reflektieren und/oder Ihre Karriere unter einem neuen Aspekt sehen können.
maypaula® und das Enneagramm Mit meinen Trainings, Coachings und diesem Buch zu maypaula® möchte ich Sie einführen in das Enneagramm, indem ich es Ihnen in dem Kontext erläutere, in dem die meisten Menschen täglich die meisten Stunden verbringen: dem Arbeitsleben. Das Akronym „paula“ steht für: Persönlichkeit, Arbeitsstile und Leistungs-Aktivierung. maypaula® befasst sich schwerpunktmäßig mit dem Arbeitsverhalten der neun Enneagrammtypen. Es zeigt den Zusammenhang zwischen Persönlichkeit und Kompetenzen und regt an, das Verhalten der Menschen, die mit Ihnen zusammenarbeiten, als Ausprägung ihres Persönlichkeitstyps zu sehen und wertzuschätzen. Es geht nicht darum, jemanden mit dem Wissen, welcher Typ er ist, unethisch zu manipulieren, sondern mit einem tieferen Verständnis für Persönlichkeiten sich selbst und andere authentisch und verantwortlich zu führen. Ein bestimmter Typ mit einem bestimmten Arbeitsstil zu sein, befähigt nicht zwangsläufig dazu, eine bestimme Aufgabe zu übernehmen oder Position auszufüllen. Grundsätzlich kann jeder Enneagrammtyp
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jeden Beruf ausĂźben. Der Typ sagt weniger Ăźber die Eignung als viel mehr Ăźber die Art und Weise aus, wie derjenige seiner Arbeit nachgeht, wo er Schwerpunkte setzt, was ihm SpaĂ&#x; macht und was ihn stĂśrt. Beispielsweise verhält sich eine Assistentin von Typ 1, 2 oder 8 mit ihren persĂśnlichen und sozialen Kompetenzen in vergleichbaren Situationen doch jeweils typspezifisch und individuell anders. Vergleichen Sie dazu die Interviews mit Assistentinnen der Typen 1, 2 und 8 in den zugehĂśrigen Typenkapiteln. Die maypaulaÂŽ-Typen entsprechen durchgängig den EnneagrammPersĂśnlichkeitstypen. Im maypaulaÂŽ-Modell differenzieren wir die neun Typen zusätzlich nach deren Arbeitsstilen. AuĂ&#x;erdem haben wir jeden Typ mit einer weiblichen und einer männlichen Karikatur illustriert. Die Karikaturen bilden typspezifische Aspekte ab und laden ein, sich selbst und andere mit einem Augenzwinkern zu sehen. Unsere neun Protagonistinnen und Protagonisten sehen Sie in Arbeitssituationen, die Sie vermutlich auch schon einmal selbst erlebt haben. Dadurch lassen sich die neun Typen sogar beim Querlesen und Durchblättern dieses Buchs recht schnell lernen und unterscheiden. Bereits das Grundwissen Ăźber die neun Typen ermĂśglicht mehr Empathie und Toleranz und erleichtert Ihnen die Zusammenarbeit.
Ăœbersicht maypaulaÂŽ – Das Enneagramm im Business 1 - Perfektionist %INSEN WOLLEN DASS DIE $INGE RICHTIG GEMACHT WERDEN UND MĂšGEN $ISZIPLIN UND /RDNUNG 3IE HABEN EINEN 3INN FĂ R $ETAILS UND TUN SICH SCHWER ,Ă CKEN UND &EHLER STEHEN ZU LASSEN 3IE HABEN SEHR HOHE !NSPRĂ CHE AN SICH UND ANDERE UND LEBEN NACH IHREN 0RINZIPIEN %INSEN IST 6OLLKOMMENHEIT WICHTIG 3IE NEHMEN IHRE 5MGEBUNG ALS EINEN /RT VOLLER 5NZULĂ‹NGLICHKEITEN WAHR DIE ES IN /RDNUNG ZU BRINGEN GILT 3IE KRITISIEREN UND KORRIGIEREN DEUTLICH MEHR ALS ANDERE UND ZEICHNEN SICH DURCH EINEN GENAUEN !RBEITSSTIL AUF
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2 - Helfer :WEIEN STEHEN IHREN +OLLEGEN MIT 2AT UND 4AT ZUR 3EITE UND BRINGEN SICH UNTERSTà TZEND EIN $AMIT ES ANDEREN GUT GEHT STELLEN SIE IHRE "EDà RFNISSE ZURà CK 3IE SIND KOMMUNIKATIV KONTAKTFREUDIG WARMHERZIG UND GUTE .ETZWERKER UND "EZIEHUNGSMANAGER "EI :WEIEN STEHEN DIE "ELANGE ANDERER IM -ITTELPUNKT 3IE SEHEN IHRE 7ELT ALS EINEN /RT VOLLER "EDà RFTIGER Fà R DEREN 7OHLERGEHEN SIE ZU SORGEN HABEN 3IE SIND DA WENN SIE GEBRAUCHT WERDEN UND SIND AN IHREM HILFEORIENTIERTEN !RBEITSSTIL ERKENNBAR 3 - Macher $REIEN SIND VOLLER 4ATENDRANG UND IMMER AUF DEM 7EG ZU IHREM NËCHSTEN :IEL 3IE WISSEN WORAUF ES ANKOMMT UM ERFOLGREICH ZU SEIN UND SETZEN ALLES DARAN DIE .UMMER EINS ZU WERDEN 3IE STEHEN GERNE IM 2AMPENLICHT UND GLËNZEN MIT IHREN ,EISTUNGEN $REIEN BEDEUTET %RFOLG AU”ERORDENTLICH VIEL $A SIE FAKTISCH IMMER DIE "ESTEN SIND NEHMEN SIE DIE -ENSCHEN UM SIE HERUM ALS UNFËHIG IM 6ERGLEICH ZU IHNEN WAHR 3IE GEHEN BEDARFSORIENTIERT VOR ERFà LLEN DIE %RWARTUNGEN ANDERER UND SIND AN IHREM EHRGEIZIGEN !RBEITSSTIL ERKENNBAR 4 - Individualist 6IEREN SIND ANDERS ALS ANDERE 3IE LIEBEN "ESONDERES UND !USGEFALLENES -IT IHRER Kà NSTLERISCHEN !DER SETZEN SIE GERNE INDIVIDUELLE !KZENTE !LS AUSGESPROCHEN GEFà HLVOLLE -ENSCHEN SIND SIE EMPATHISCH UND STIMMUNGSANFËLLIG SIE NEIGEN ZUR -ELANCHOLIE 6IEREN Fà HLEN SICH IM 6ERGLEICH ZU DER -EHRZAHL DER -ENSCHEN IN IHRER 5MGEBUNG DIE SIE ALS GEWÚHNLICH ODER DURCHSCHNITTLICH EMPFINDEN EINZIGARTIG UND BESONDERS 3IE NEIGEN DAZU ZU DRAMATISIEREN UND ZU INSZENIEREN UND UNTERSCHEIDEN SICH DURCH IHREN UNKONVENTIONELLEN !RBEITSSTIL VON ANDEREN
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5 - Beobachter, analytischer Arbeitsstil &à NFEN SIND WISSBEGIERIGE -ENSCHEN DIE SICH IN 2UHE UND MIT 4IEFGANG MIT IHREN 4HEMEN BEFASSEN 3IE HALTEN SICH GERNE IM (INTERGRUND MÚGEN ES ZU BEOBACHTEN UND )NFORMATIONEN AUFZUNEHMEN UND :USAMMENHËNGE ZU ANALYSIEREN )HRE 'EFà HLE HALTEN SIE ZURà CK 7ISSEN GIBT &à NFEN EIN SICHERES 'EFà HL :UR !BGRENZUNG VON DER WAHRGENOMMENEN 5NWISSENHEIT ANDERER HËUFEN SIE )NFORMATIONEN AN UM SICH DEN $URCHBLICK ZU VERSCHAFFEN 3IE RECHERCHIEREN GERNE INFORMIEREN SICH GRà NDLICH UND GEHEN !UFGABEN ANALYTISCH AN 6 - Skeptiker 3ECHSEN HABEN EIN 'ESPà R Fà R MÚGLICHE 'EFAHREN UND 0ROBLEME UND ERGREIFEN 6ORSORGEMA”NAHMEN UM SICH UND ANDERE ZU SCHà TZEN 3IE PRà FEN UND HINTERFRAGEN KRITISCH UND FORDERN "EWEISE EIN 7ENN SIE SICH MIT EINER 3ACHE ODER 0ERSON IDENTIFIZIEREN IST ABSOLUTER 6ERLASS AUF SIE 3ECHSEN IST ,OYALITËT WICHTIG 3IE NEHMEN IHRE 7ELT ALS EINEN /RT VOLLER 2ISIKEN IN DER SIE NIEMANDEM TRAUEN KÚNNEN UND IN DER SIE SICH DAHER ABSICHERN MÚCHTEN WAHR 3IE SCHAUEN VORAUS HANDELN PROAKTIV UND HABEN EINEN VORBEUGENDEN !RBEITSSTIL 7 - Optimist 3IEBENEN ERGREIFEN SCHÚNE 'ELEGENHEITEN BEIM 3CHOPF SIND AUFGESCHLOSSEN Fà R .EUES UND VIELSEITIG INTERESSIERT 3IE SCHMIEDEN GERNE 0LËNE UND SCHWELGEN IN 6ISIONEN 3IE SIND BEGEISTERUNGSFËHIG UND FLEXIBEL UND HABEN IMMER EINE GUTE !NTWORT AUF ,AGER 3IEBENEN SEHEN DIE 7ELT ALS EINEN /RT VOLLER -ÚGLICHKEITEN IN DEM ALLE GLà CKLICH SEIN KÚNNTEN WENN SIE SICH DAS ,EBEN NUR NICHT SO SCHWER MACHEN Wà RDEN 3IE HELLEN DUNKLE -OMENTE AUF SORGEN Fà R 3PA” UND &REUDE HABEN VIELE )NTERESSEN UND VERFOLGEN PARALLEL MEHRERE 0ROJEKTE
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8 - Boss !CHTEN HABEN EINE STARKE 0RËSENZ UND SIND SEHR DIREKT UND EINDEUTIG 3IE MÚGEN ES $INGE IM 'RIFF UND UNTER IHRER +ONTROLLE ZU HABEN UND à BERNEHMEN GERNE DIE &à HRUNG 3IE KËMPFEN Fà R 'ERECHTIGKEIT UND SETZEN SICH Fà R 3CHWËCHERE EIN !CHTEN WOLLEN (ERR DER ,AGE SEIN 3IE SEHEN SICH UMGEBEN VON 3CHUTZBEDà RFTIGEN UND 5NGERECHTIGKEIT WAS IHRE +ËMPFERNATUR HERAUSFORDERT 3IE NEIGEN DAZU ANDERE ZU BEHERRSCHEN UND 3ITUATIONEN ZU KONTROLLIEREN UND GEBEN MIT IHRER $OMINANZ DIE 2ICHTUNG VOR 9 - Vermittler .EUNEN SIND FRIEDLIEBENDE -ENSCHEN DIE (ARMONIE UND !USGEGLICHENHEIT MÚGEN 3IE SIND RUHIG GELASSEN UND FREUNDLICH UND VERMEIDEN +ONFLIKTE 3IE SIND TOLERANT GEGENà BER UNTERSCHIEDLICHEN !NSICHTEN UND LEGEN SICH NICHT GERNE FEST .EUNEN MÚGEN ES HARMONISCH UND FRIEDVOLL 3IE NEHMEN SICH SELBST NICHT SO WICHTIG UND SIND ZUFRIEDEN WENN IHRE 5MGEBUNG ES IST :UGUNSTEN DES 'RUPPENKONSENS WIRKEN SIE AUSGLEICHEND UND KÚNNEN SICH SEHR GUT ANPASSEN
Man sieht nur mit dem Herzen gut! Mit dem Herzen zu sehen und zu verstehen, was Partner, Kollegen, Freunde oder Familienmitglieder antreibt, was sie bewegt, was sie frustriert, was ihnen Leid und Freud bringt, lässt sie in einem anderen Licht erscheinen. Sie werden sie fortan mehr mit deren Augen sehen können. Es wird Ihnen dadurch leichter fallen, sie anzunehmen. Sie können ihnen mit einem humorvollen Augenzwinkern begegnen an Stellen, die Sie einst zu WeiÃ&#x;glut gebracht haben, oder sich sogar mit ihnen versöhnen, wo Versöhnung zuvor schwierig oder unmöglich schien. Das Erkennen und Verstehen der neun Verhaltensmuster und Persönlichkeitsstrukturen und das Wissen darum, was Menschen motiviert,
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kann Beziehungen grundlegend verändern. Festgefahrene, typbedingte Beziehungskonflikte können mithilfe des Enneagramms aufgedeckt und gelöst werden. Damit erleichtert das Enneagramm, Menschen jenseits von üblichen Kommunikationsbarrieren zu verstehen und Empathie zu empfinden. Wie wäre es, wenn Sie, im übertragenen Sinne, „Ich sehe Dich“ auch zu Ihrem Kollegen sagen könnten? Als interessierte/r Leser/in und Enneagramm-im-BusinessAnwender/in entscheiden Sie letztlich selbst, wie tief sie in Ihren Persönlichkeitstyp einsteigen möchten. In vielen maypaula®-Trainings und Coachings habe ich erlebt, dass das Enneagramm eine Sogwirkung entwickelt: Es kann befreiend wirken, sich im Wesen erkannt und verstanden zu fühlen, erleichternd auch, von einer dritten Person Erklärungsangebote für das eigene So-Sein zu bekommen oder seitenweise Wahrheiten über sich selbst zu lesen. Es kann auch (sehn)süchtig machen, noch mehr über andere zu erfahren und sich dadurch auf einer höheren, weitsichtigeren Ebene zu begegnen. Wenn Sie sich darauf einlassen, können Sie reich belohnt werden – mit einer Fülle von Erkenntnissen, die Ihnen in Ihrer weiteren beruflichen Laufbahn Wege ebnen, die Ihnen bisher möglicherweise versperrt geblieben sind.
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