STILLE VOR GOTT
STILLE VOR GOTT Morgen- und Abendgebete, Gebete für Festtage und besondere Anlässe
INHALT
Vorwort (1979) Zum Gebrauch des Betbüchleins Gebete für alle Tage
Luthers Morgensegen und Vaterunser Luthers Abendsegen und Segensworte 1. Woche 2. Woche 3. Woche 4. Woche
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12 13 14 28 42 56
Gebete für Festtage und besondere Tage im Kirchenjahr 71
Advent Christfest Altjahrsabend Neujahr Epiphanias Passionszeit Karfreitag Ostern Himmelfahrtsfest Pfingsten Dreifaltigkeitsfest Michaelistag Erntedanktag
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Gedenktag der Reformation Gedenktage der Heiligen, der Väter und Märtyrer der Kirche Buß- und Bettag Gedächtnis der Toten
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Gebete für besondere Zeiten und Anliegen
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Beim Läuten der Gebetglocke Tischgebete Allerlei Fürbitte Geburtstag Konfirmation An einer besonderen Lebenswende In allerlei Not Dankgebet Beichtgebete Abendmahlsgebete In Krankheit Vor einer Operation In Sterbensnot
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90 91 93 96 97 98 99 100 101 102 103 104 105
Kirchenjahr mit Wochensprüchen und Wochenliedern 107
Vorwort (1979)
Was ist Friede? So fragten am Ende des Dreißigjährigen Krieges die Kinder, die nie einen Frieden erlebt hatten. Was ist Stille? So fragt der moderne Mensch, der die Stille verloren hat. Und doch brauchen wir nichts nötiger als Stille, um sinnvoll arbeiten und leben zu können. Das gilt für die Jugend genauso wie für die Erwachsenen. Von der Stille als der „schöpferischen Pause“ können auch Nichtchristen sprechen. Entscheidend aber ist, dass wir die Stille vor Gott finden, aus der das Gebet erwächst. Gebetet wird überall in der Welt. Für den Christen ist das Gebet das Gespräch des Herzens mit Gott. Wie aber das Kind das Sprechen erst lernen muss, so bedarf der Christ der Übung und persönlichen Treue, um zum selbstständigen Beten zu kommen. Wehe, wenn ein Mensch keine Stille mehr kennt und das Gespräch mit Gott abreißen lässt! Dann dreht sich zuletzt alles um ihn selbst, und seine Seele verkümmert und stirbt. Um 7
das Beten recht zu lernen, bedarf es – wie auch sonst im Leben – gesunder Ordnung und Regelmäßigkeit. Dazu will vor allem jungen Menschen dieses schlichte Büchlein Freude und Mut machen. „Sei nur stille zu Gott, meine Seele! Hoffet auf ihn allezeit, liebe Leute, schüttet euer Herz vor ihm aus; Gott ist unsre Zuversicht.“ Psalm 62,6.9
München, Advent 1979
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Heinrich Riedel
Zum Gebrauch des Betbüchleins
Ein Inhaltsverzeichnis auf S. 4 gibt einen Überblick über die Abschnitte des Buches, die verschiedene Gebrauchsmöglichkeiten eröffnen. Für den alltäglichen Gebrauch ist insbesondere der erste Teil gedacht. Für einen Zeitraum von vier Wochen finden sich hier für jeden Morgen und jeden Abend ein Bibelspruch, ein kurzes Gebet und ein dazu passender Vers aus einem Lied oder Gedicht. Viele der Lieder sind dem Evangelischen Gesangbuch entnommen. Darauf wird im Einzelfall unter dem Lied hingewiesen. Alle Gebete sollen zum eigenständigen Weiterbeten anregen. Deswegen wurde bewusst auf ein „Amen“ verzichtet. Auch die Gebetsanreden können variiert werden. Das Buch stellt hier einen reichen Fundus zur Verfügung, der eingeübt und dann nach Belieben verwendet werden kann. Anregungen für ein kurzes Fürbitt- und Dankgebet als Ergänzung sind auf S. 93 zu finden. Eine Segensbitte – entweder eine 9
der auf S. 13 angebotenen oder eine frei formulierte – kann die kurze Andacht abschließen. Die Tagesgebete können außerdem zu jeder Bibelleseordnung, zu den Losungen oder zu Andachtsbüchern, die keine ausführlicheren Gebete enthalten, verwendet werden. Die im Betbüchlein verwendeten Bibelstellen sind bis auf wenige aus den Wochensprüchen ausgewählt. Für wöchentliche Andachten in Gruppen oder Kreisen kann der jeweils aktuelle Text im liturgischen Kalender ab S. 107 gefunden werden. Dort ist unter anderem angegeben, auf welcher Seite im Buch der jeweilige Wochenspruch mit dazu passendem Lied und Gebet abgedruckt ist. Das Kirchenjahr ist eine Hilfe, das Ganze der christlichen Botschaft im Auge zu behalten. Für besondere Zeiten des Kirchenjahres stehen ab S. 71 eigene Gebete. Immer wieder ist man mit Situationen konfrontiert, die einen unabhängig vom täglichen Gebet dazu bewegen, das Gespräch mit Gott zu suchen. Für einige solche Gelegenheiten, sei es Krankheit oder Schuld, Dank oder der eigene Geburtstag, finden sich ab S. 89 ebenfalls eigene Gebete.
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GEBETE FÜR ALLE TAGE
Luthers Morgensegen
Das walte Gott Vater, Sohn und Heiliger Geist. Amen. – Ich danke dir, mein himmlischer Vater, durch Jesus Christus, deinen lieben Sohn, dass du mich diese Nacht vor allem Schaden und Gefahr behütet hast; und bitte dich, du wollest mich diesen Tag auch behüten vor Sünden und allem Übel, dass dir all mein Tun und Leben gefalle. Denn ich befehle mich, meinen Leib und Seele und alles in deine Hände. Dein heiliger Engel sei mit mir, dass der böse Feind keine Macht an mir finde. Vaterunser
Vater unser im Himmel, geheiligt werde dein Name. Dein Reich komme. Dein Wille geschehe, wie im Himmel, so auf Erden. Unser tägliches Brot gib uns heute. Und vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unsern Schuldigern. Und führe uns nicht in Versuchung, sondern erlöse uns von dem Bösen. Denn dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit in Ewigkeit.
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Luthers Abendsegen
Das walte Gott Vater, Sohn und Heiliger Geist. Amen. – Ich danke dir, mein himmlischer Vater, durch Jesus Christus, deinen lieben Sohn, dass du mich diesen Tag gnädiglich behütet hast; und bitte dich, du wollest mir vergeben alle meine Sünde, wo ich Unrecht getan habe, und mich diese Nacht auch gnädiglich behüten. Denn ich befehle mich, meinen Leib und Seele und alles in deine Hände. Dein heiliger Engel sei mit mir, dass der böse Feind keine Macht an mir finde. Der Segen (Zur Auswahl)
Der Friede des Herrn sei mit mir. Es segne und behüte mich Gott, der Allmächtige und Barmherzige, Vater, Sohn und Heiliger Geist. Der Herr segne uns und behüte uns. Der Herr lasse sein Angesicht leuchten über uns und sei uns gnädig. Der Herr erhebe sein Angesicht auf uns und gebe uns Frieden. Nach dem Aaronitischen Segen (4. Mose 6,24–26) Der Herr behüte uns vor allem Übel. Er behüte unsere Seele. Der Herr behüte unseren Ausgang und Eingang von nun an bis in Ewigkeit. nach Psalm 121,7.8 13
Sonntagmorgen
(1. Woche)
Eines bitte ich vom HERRN, das hätte ich gerne: dass ich im Hause des HERRN bleiben könne mein Leben lang, zu schauen die schönen Gottesdienste des HERRN. Psalm 27,4
Herr, du treuer Gott! Du schenkst mir diesen Tag als einen Tag für dich. In aller Welt sammeln sich heute Christen, dein Wort zu hören und deinen Namen zu preisen. Bewahre alle, die getauft sind, dass sie nicht aufhören, deine Nähe zu suchen. Segne auch mich mit deiner ganzen Gemeinde. Stärke durch dein heiliges Evangelium die Zweifelnden, warne die Sicheren und gib allen den Frieden, den die Welt nicht geben kann. Herr, sieh mit Wohlgefallen heut auf dein Volk herab. Herr, neige dich zu allen mit deinem Hirtenstab. Heut soll es allerorten, dass jeder lesen mag, geschrieben stehn mit Worten: „Geheiligt ist dein Tag.“ Heinrich Puchta
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(1. Woche)
Sonntagabend
Freuet euch in dem Herrn allewege, und abermals sage ich: Freuet euch! Der Herr ist nahe! Philipper 4,4.5
Du ewigreicher Gott! Ich danke dir am Abend dieses Sonntags für alles, was du mir heute für Leib und Seele gegeben hast. Du weißt, o Vater, es gibt so vieles, was mich von dir wegziehen will. Lass mich fest stehen gegen alle Versuchung und Verführung, dass ich mein Herz nicht an das hänge, was doch nicht bleibt. Mein Leben wäre arm und leer ohne dich, mein Gott. Mache mich reich in dir, dass meine Seele deinen Namen erhebe und sich deines Heiles freue. In dir allein bin ich geborgen. Dass du mir nahe bist, macht mich froh. Beim Sturm der Welt sei Anker, der mich hält, und birg mich in dein Zelt, wenn alles zaget; in Not und Pein nimm mich, o Liebe, ein, so harr ich kindlich dein, bis dass es taget. Johann Wilhelm Berger (EG 664,6)
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Montagmorgen
(1. Woche)
Welche der Geist Gottes treibt, die sind Gottes Kinder. Römer 8,14
Barmherziger, gnädiger Gott! Du hast mich in der vergangenen Nacht vor Unglück bewahrt und lässt mich das Licht des Tages wieder schauen. Lob und Dank sei dir, dessen Güte und Treue alle Morgen neu ist. Wie froh bin ich, dass ich wissen darf: Ich gehöre zu dir, und du bist mein himmlischer Vater. Wehre allen, die mir schaden wollen, und wehre mir, wo ich im Begriff bin, anderen Schaden zuzufügen. Lenke meine Gedanken und alle meine Worte, segne mein Tun und Lassen. Nun geh du, Herr, mit mir durch diesen Tag und segne all mein Schaffen, all mein Denken. Ich weiß, ich folge deiner lichten Spur, wenn deine Hände meine Schritte lenken. Unbekannt
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Montagabend
(1. Woche)
Trachtet nach dem, was droben ist, nicht nach dem, was auf Erden ist. Kolosser 3,2
In der Stille des Abends komme ich, Vater, zu dir. Wenn ich mich frage, was ich heute gesucht und wonach ich getrachtet habe, dann bin ich traurig Ăźber mich selber. Ich bekenne dir, dass ich deinen guten Weg immer wieder verlassen habe. Vergib mir allen Ungehorsam und alle Fehler dieses Tages. Ich weiĂ&#x;, o Herr, dass ich zu sehr mich und die Dinge dieser Erde suche, statt nach dem zu trachten, was du mir gibst. Verbinde mich von Neuem mit dir und deiner ewigen Welt, dass ich aus dir das Leben gewinne, das mir niemand nehmen kann. Auf dich lass meine Sinne gehn, lass sie nach dem, was droben, stehn, bis ich dich schau, o ewigs Licht, von Angesicht zu Angesicht. Johann Friedrich Ruopp (EG 390,3)
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Heinrich Riedel, 1903–1989, studierte Theologie in Erlangen und Leipzig und war anschließend als Pfarrer und später als Oberkirchenrat tätig. Mit seiner kritischen Auseinandersetzung mit der evangelischen Jugendarbeit im Dritten Reich machte er sich als Buchautor einen Namen. Sein Buch „Stille vor Gott“, ursprünglich 1955 beim Claudius Verlag erschienen, gehört zu den Klassikern der deutschen Gebetsliteratur.
Copyright © Claudius Verlag, München 2017 www.claudius.de Alle Rechte vorbehalten. Das Werk darf – auch teilweise – nur mit Genehmigung des Verlages wiedergegeben werden. Die Bibelzitate wurden entnommen aus der Lutherbibel, revidiert 2017, © Deutsche Bibelgesellschaft, Stuttgart Umschlaggestaltung: Mario Moths, Marl Layout: Mario Moths, Marl Gesetzt aus der Sabon LT und Trade Gothic LT Druck: GGP Media GmbH, Pößneck ISBN 978-3-532-62805-8