Christine Scheel Gerhard Engel
Weit Blick
Christine Scheel, Jahrgang 1956, engagierte sich schon früh in der Umweltbewegung und war 26 Jahre Abgeordnete der Grünen. Heute ist sie Beraterin für Politik und Wirtschaftsfragen und Aufsichtsrätin in Firmen für erneuerbare Energien. Gerhard Engel, Jahrgang 1952, studierte Theologie und Germanistik. Als Lehrer und später als Präsident des Bayerischen Jugendrings war ihm die Vermittlung von Natur und ökologischem Bewusstsein schon immer ein wichtiges Anliegen. Heute arbeitet er als Organisationsberater.
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Mehr Bäume. Weniger CO2. www.cpibooks.de/klimaneutral
Copyright © Claudius Verlag, München 2018 www.claudius.de Alle Rechte vorbehalten. Das Werk darf – auch teilweise – nur mit Genehmigung des Verlages wiedergegeben werden. Umschlaggestaltung: Weiss Werkstatt, München Umschlagfoto: © plainpicture/Ingrid Michel Layout: Weiss Werkstatt, München Gesetzt aus der Corporate S und Typewriter Druck: cpi - Clausen & Bosse, Leck ISBN: 978-3-532-62814-0
Inhalt
Prolog
7
Unsere Alpentour 2017
9
Die Zwei-Seen-Tour vom Chiemsee zum Lago di Misurina
1. Auf der Kampenwand – beinahe
10
Anfangen und durchhalten
2. Rund um den Geigelstein
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In Bergsteigerdörfern geht Tourismus anders
3. Vom Walchsee zum Stripsenjoch
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Eine Liebeserklärung auf der Alm
4. Über den Eggersteig zur Steinernen Rinne
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Grenzerfahrungen am Abgrund
5. Im Gebiet der Hohen Salve
38
Alpentourismus – gibt es einen Mittelweg?
6. Über das Nadernachjoch ins Pinzgau
45
Weitblicke durch Übergänge
7. Großvenediger
52
Gletscherwelt im Klimawandel
8. Großvenediger
59
Seilschaft – das doppeldeutige Phänomen
5
9. Übergang Türmljoch
65
Wasser ist Leben
10. Abstieg ins Virgental
72
Wunderwelt der Steine
11. Auf die Bachlenke unter der Gösleswand
78
Gewitter und Wetterumbruch
12. Im Nationalparkgebiet der Lasörlinggruppe
82
Tiere in freier Wildbahn
13. Über das Gsieser Törl nach Italien
90
Körper und Geist spüren
14. Aussichtskanzel Hochhorn
95
Von Berggipfeln und Klimagipfeln
15. Aufstieg in die Sextner Dolomiten
103
Echter Luxus: Wir sind offline
16. Sentiero della Pace
110
Krieg in den Bergen und Frieden in Europa
17. Die Drei Zinnen
115
Glitzernde Bergseen und funkelnde Dunkelheit
18. Wallfahrten zu den Drei Zinnen
119
Eine Vision von Humanität
19. Im Reich des Monte Cristallo
124
Dialog mit der Natur und Anklage der Mächtigen
20. Der Schluss
130
Herkommen und weitergehen 6
Prolog Über die Alpen laufen, das ist Klimawandel hautnah. Wie politisch ist das denn? Es geht gar nicht anders! Wir gewinnen neue Einsichten und erleben viele fantastische Ausblicke auf unserem Weg zu Fuß. Inspirierend für Bergtourenfans, ungewohnte andere Wege zu entdecken und einsame Gipfel zu besteigen. Anregend für Menschen, die Interesse an länderübergreifenden politischen Entwicklungen haben. Spannend für alle, die neugierig sind, was Religiosität und Spiritualität mit Kletterpartien zu tun haben. Bei unseren Touren mit Tal- und Gipfelblicken stellen wir uralte Verbindungen – Berge, Politik, Religion – in aktuelle Zusammenhänge. Über die Berge laufen und Natur erleben, ist Lust und Sehnsucht zugleich. Es ist die Sehnsucht nach der Stille und der Vielfalt und Schönheit der Natur, wir lieben die Weite und die Berge – dies macht unsere Einbindung in den Urgrund des Seins erlebbar. Das befreit und lenkt den Blick über den Tag und uns selbst hinaus. Es ist die Lust auf neue Herausforderungen, unbekannte Wege, kleine Abenteuer und vernetztes Denken in der Gegenwart. Dabei gewinnen wir wertvolle Impulse für unser gesellschaftliches und politisches Handeln. Wege in den Bergen ermöglichen meditative wie gedankliche Versunkenheit, sie inspirieren unser Engagement für die Zukunft nachfolgender Generationen und unseres Planeten. 7
Die Lust auf Fernwanderungen in den Bergen ist unstillbar, sie kommt jedes Jahr wieder. Sie ist verbunden mit der Sehnsucht nach einem Leben im Einklang mit der Natur. Aber das ist nicht reine Harmonie. Wir wollen vielmehr die Welt und das Leben in aller Vielfalt wahrnehmen: die Schönheit der Gipfel, der Gletscher, der Bergwiesen, der Wälder, der Tierwelt und der Seen, zugleich ihre Gefährdung durch Raubbau, Erschließungswahn und den Klimawandel. Weil wir beides sehen, wissen wir, dass wir Menschen handeln müssen. Ein Leben ohne freie Naturlandschaften mit vielfältiger Tier- und Pflanzenwelt ist keine Option für eine menschenwürdige Zukunft. Rottenberg 2018 Christine Scheel und Gerhard Engel
8
Unsere Alpentour 2017 Die Zwei-Seen-Tour vom Chiemsee zum Lago di Misurina
Zu jeder Etappe finden Sie in diesem Buch eine selbstentworfene Tourenbeschreibung, die so bisher nirgendwo beschrieben wurde. Als erstes stand die Idee von Start und Ziel. Dann haben wir die Tour anhand von Karten geplant, einige Teilausschnitte in Büchern nachgelesen und Informationen im Internet gesucht. Mit den angehängten Tourenbeschreibungen wollen wir anregen, selbst Touren zu planen und zu gehen. Diese Beschreibungen sind kein Ersatz für die eigene Planung, auch ist die Entwicklung von Ideen und Routen schon ein Teil des Erlebnisses. Die meisten Etappen sind vor Ort gut markiert und beschildert. Karten im Maßstab 1: 25.000 gehören trotzdem zur Standardausrüstung. Gehzeiten sind sehr individuell, weshalb sie im Buch nur grob und ohne Pausen angegeben sind. Legende HM
Höhenmeter
Aufstiege
(Zahl)
Höhenangabe
Abstiege
AV
Hütte einer Sektion der Alpenvereine
Tour
>Zahl< Weg-Markierungsnummer Gehzeit
Anreise Übernachtung
9
Auf der Kampenwand – beinahe Anfangen und durchhalten
Diese Touren gehören mittlerweile zu unserem Jahresablauf. Lange im Voraus freuen wir uns darauf. Die ersten Überlegungen zur Route beginnen im Winter, wenn der Sommer noch weit ist. An die Verfeinerung der Routenplanung geht es in den folgenden Monaten, immer mal wieder, wenn etwas freie Zeit und Verlangen danach ist. Schließlich sehnen wir diese Wochen immer mehr herbei. Unser Sommerurlaub führt uns in die Berge, in die europäischen Alpen genauer gesagt: Perspektivenwechsel, ein anderes Leben führen, raus aus dem Alltag, Weite, Natur, Bewegung, Zeit zum Nachdenken und Meditieren, freier, gemeinsamer, ökologischer. Sanfter Tourismus lässt sich in dieser Form des Urlaubs gut verwirklichen. Kein Flug, kein Auto, mit der Bahn anreisen zu einem konkreten Startort und zurückfahren direkt von dort, wo wir aufhören wollen, mit einem Bus zum nächsten Bahnhof. Schon beim Start sehen wir anders aus als auf Geschäftsreisen. Bergstiefel an den Füßen, Rucksack statt Rollkoffer, keine Umhängetasche mit Laptop. An den großen Rucksack werden wir uns wieder gewöhnen müssen, aber das geht schnell. Den Ehrgeiz wie 1976, als vier junge Freunde von München nach Venedig liefen und jeder den schwersten Rucksack schleppen wollte, haben wir nicht mehr, im Gegenteil. Seit Wochen liegen Outdoor-Kleidungsstücke herum, werden gewogen, geprüft und 10
für gut befunden oder verworfen. Jedes Jahr werden einzelne wenige Stücke ausgetauscht. Dabei geht es beileibe nicht nur um Gewicht, sondern schon an diesem Punkt fängt der sanfte Tourismus an: Wer ist Produzent, aus welchen Materialien besteht eine Textilie, unter welchen Bedingungen wurde das Kleidungsstück hergestellt, sozial und ökologisch, welche Zertifikate hat es? Alles, was wir kaufen, wird unter Einsatz von Rohstoffen und Energie produziert, deshalb gilt Zurückhaltung beim Neukauf. Die Freude über das einzelne neue Stück ist dann umso größer. Nachhaltiger Konsum bildet einen wichtigen Mosaikstein im Umweltschutz. Das erfordert einige Recherche und klares Nachfragen beim Kauf, aber das ist auch spannend und aufschlussreich. Trotz aller Vorbereitungen ist es wie immer: Am Morgen der Abreise wird nochmals die Packliste durchgesehen und mindestens zwei Gegenstände fliegen wieder raus und drei neue kommen hinzu. Schließlich stehen wir am Aschaffenburger Hauptbahnhof am Bahnsteig – wie so oft, wenn es zu Geschäftsterminen geht. Aber heute fühlt sich alles ganz anders an. Vier Stunden später. Wir verlassen den Bahnhof einer kleinen Voralpengemeinde, wolkenverhangener Himmel, kaum sind die Berge zu sehen, aber die Straßen sind trocken. Nach fünf Minuten beginnt es zu tröpfeln. Wir erreichen bald die letzten Häuser der Ortschaft, eines dieser bekannten Neubaugebiete. Asphaltstraßen mit Bürgersteigen, große Garagen, viel Pflaster, wenig Vorgarten, und das im Dorf. Dann Wiesen links und rechts. Auf einigen liegen und stehen Kühe, kauend, schauend, in sich ruhend. Die Straße steigt an, jetzt Wald links und rechts. Es tröpfelt nicht mehr, es regnet. Regenschutz überziehen, über uns und über den Rucksack. Wir nehmen es locker, so ein bisschen Regen. Die Straße steigt stärker an, der Asphalt endet. Wir laufen die geschotterte Forststraße in einem Taleinschnitt und lassen die Welt des Alltags hinter uns. Langsam entfernen wir uns. Von Straßen und Siedlungen. Von Autos und Trubel. Von Beton und Stahl und geraden Linien. Entfernen uns von dem Gewohnten 11
und Strukturierten. Es wird stiller, einsamer, grüner. Heute leider auch nasser. Der Wald öffnet sich. Almwiese, Kühe, zwei Hütten. Er schließt sich wieder. Spannung, was hinter der nächsten Wegbiegung kommt. Das Gleiche. Der Wald öffnet sich. Er schließt sich wieder. Nein, langweilig ist das nicht. Es beruhigt. So lange, bis man sich einmal ertappt bei dem Gedanken, ob wir denn nicht bald da seien. Ist es nur der Regen, der diese Frage und die Überlegungen hervorruft, warum man sich das antut? Die Vorstellung, die nächsten zwei bis drei Wochen mit diesem Gepäck auf dem Rücken jeden Tag fünf, acht oder mehr Stunden zu laufen, nicht zu wissen, wie die nächste Übernachtung aussehen wird – am ersten Tag fühlt sich das nicht nur angenehm an. Der Regen hilft nicht, angenehmere Gedanken zu finden. Er wird irgendwann nicht mehr sein, ja, aber jetzt ist es nass und wird zunehmend kälter. Erst läuft man gerne am Rande der Forststraße, unter den ausladenden Armen der Fichten, die noch den Regen abhalten können. Später sucht man die Mitte unter freiem Himmel, denn von den Ästen der Bäume fallen mittlerweile besonders dicke Tropfen herab. Die Taktik, wie man mit diesem Nass umgeht, entwickelt jeder auf andere Weise. Klar ist, dass es keinen perfekten Schutz gegen Regenwasser gibt, wenn es einen in bestimmten Mengen und über lange Zeit von allen Seiten bedrängt. Da können sich die Marketingexperten der Outdoor-Industrie noch so überschlagen mit tollen Fotos, flotten Sprüchen und Hightech-Begriffen. Die Wirklichkeit holt das alles ein. Ganz real wird dann plötzlich ein anderes Versprechen: Auf der Gori-Alm gibt es eine unglaublich gute Buttermilch – und eine halbe Stunde Trockenheit und Wärme. Alles also halb so schlimm. Was wir dem Regen dagegen nicht verzeihen: Der Aufstieg auf den Gipfel der Kampenwand muss ausfallen. Das wäre so schön gewesen, aber bei diesem Wetter macht es keinen Sinn. 12
Es wird nass, neblig und stürmisch sein dort oben, nichts wird man sehen, die Felsen sind glatt und rutschig. Auch das gehört zum Verhaltensrepertoire bei Bergtouren: verzichten und die Planung umwerfen können. Immerhin waren wir früher schon dort oben und wissen deshalb, dass wir heute einen Blick auf unsere nächsten Etappen verpassen, auf den Wilden Kaiser und den Großvenediger. Der Gipfelaufbau der Kampenwand gehört zu den schönsten in Bayern: Der helle Wettersteinkalk, der fein gegliederte und gezackte Gipfelkamm, die in den „Kaisersälen“ herumliegenden Felsbrocken, die kleine Kletterei zum Ostgipfel und schließlich der fantastische Blick über den Chiemsee. Der Traum von einer warmen Stube und leckerem Abendessen gewinnt die Oberhand über die Trauer vom verpassten Gipfelglück und muntert weiter auf. Die Gedanken schweifen von den aktuellen Befindlichkeiten zum Leben an sich. Was fängt man nicht alles an im Leben? Überlegt man nicht immer wieder mal, was das Ganze soll, ob man auf dem richtigen Weg ist oder vielleicht das Leben verpasst? Eine Auszeit zur Orientierung zu nehmen, mehr als drei Wochen, ein ganzes oder wenigstens ein halbes Jahr, das wäre doch sinnvoll, mindestens alle zehn Jahre. Aber wie findet man dann wieder beruflich den Anschluss oder Wiedereinstieg? Vielleicht also stattdessen wenigstens eine „Denkpause“ vor dem Start ins Berufsleben. Wir haben das einst so gemacht und unser Eindruck ist, dass heute viel mehr junge Leute nach der Schule eine solche Phase einlegen. Sie machen ein Jahr lang etwas ganz anderes, eine Weltreise, oder sie erproben sich in Jobs oder sozialen Projekten, im Bundesfreiwilligendienst, im Freiwilligen Sozialen oder Ökologischen Jahr, im Friedensdienst der Aktion Sühnezeichen, in Deutschland und Europa, in Indien oder Peru. Wir freuen uns über viele junge Menschen, deren Engagement und soziale Einstellung wir bewundern und manchmal unterstützen können. Der Anfang des gesellschaftlichen und politischen Engage13
ments ist meist verbunden mit einem Ereignis, das einen jungen Menschen unmittelbar berührt, weil es Umwelt zerstört oder ungerecht ist gegen Menschen oder grausam gegen Tiere. Der Regen und die plätschernden Bäche erinnern mich an meinen Einstieg in die Politik, denn der hatte mit Wasser zu tun. Bei mir zündete der Wunsch nach einer intakten Umwelt, zunächst für ein Engagement in Umweltverbänden. Bald aber reichte das nicht mehr. Der Wille, über Parteipolitik Einfluss zu nehmen, führte mich zu den Grünen – wohin sonst Anfang der Achtzigerjahre als zur Umweltpartei? Ich wollte dabei helfen, ein damals von der bayerischen Staatsregierung geplantes Großprojekt, einen Trinkwasserspeicher in das wunderschöne unterfränkische Hafenlohrtal hineinzubetonieren, nicht Wirklichkeit werden zu lassen. Die Vorstellung, dass nichts so bleiben würde, was diese Idylle ausmachte, war mir unerträglich: der frei mäandernde Fluss, die bunt blühenden und von Insekten umschwirrten Wiesen, der Lebensraum vieler vom Aussterben bedrohter Pflanzen und Tiere, die tausend Farben und Formen und Stimmen. Das beflügelte meine Motivation. Welch ein Glück, dass sich so viele Menschen in der Region über viele Jahre engagierten. So wandern wir nach wie vor mehrere Male im Jahr durch dieses gerettete Idyll. Das Motto, dass der Mensch lernen muss, sich an dem zu orientieren, was die Natur, ohne Schaden zu erleiden, ihm geben kann, ist heute aktueller denn je. Gerade für die globalen Megathemen Klimawandel und Energie trifft das zu. Die jahrzehntelange Diskussion über die Atomkraft mit ihren gewaltigen, wegen der völlig ungeklärten Endlagerung dauerhaften Risiken zeigt, dass man in der Politik einen langen Atem braucht. Heute stehen wir vor der weiteren zentralen Herausforderung, die extrem klimaschädlichen Kohlekraftwerke abzuschalten. Energieeinsparung, der Ausbau erneuerbarer Energien und der Umbau unserer Energieinfrastrukturen sind das Gebot der Stunde. Dass sich durch den Klimawandel Millionen „Klimaflüchtlinge“ auf die Suche nach einer neuen Heimat begeben 14
müssen, ist der rasanten weltweiten Industrialisierung und dem ausufernden Konsumrausch der Menschen auf der Nordhalbkugel zu verdanken. Rücksichtslos werden Luft, Wasser und Böden verschmutzt. Da war es zumindest ein starkes Symbol, dass die Vertreter der Fidschi-Inseln die Weltklimakonferenz 2017 in Bonn leiteten. Das lenkte für eine Weile den Blick darauf, dass immer mehr Menschen aufgrund von Klimafolgen ihre Heimat verlassen müssen. Manchmal könnte man verzweifeln, weil trotzdem vieles gerade so weitergeht, als hätte die Menschheit noch eine zweite Welt in Reserve. Doch es gilt wie beim Bergsteigen: durchhalten, gerade unter widrigen Umständen, um das Ziel zu erreichen. Wichtig ist es, auch bei Widerständen eine Idee vom Ziel in sich zu tragen. Manchmal windet sich die Spur in schier endlosen Serpentinen bergauf, und man braucht einen langen Atem und Ausdauer. Nicht jedes Ziel ist unmittelbar erreichbar, es gibt Etappenziele, die man notfalls ändern kann, und manchmal muss und kann man den Weg dorthin korrigieren, Varianten einschlagen. Es gibt nie nur den einen, einzigen Weg, und der, den man einschlägt, kann Zweifel hervorrufen. Bisweilen ist man hin- und hergerissen, in Wechselbädern der Gefühle, ob man richtig liegt. Argumente, Einwände und Widerstände lassen einen nicht einfach kalt, aber man darf nicht bei jedem Windstoß die Richtung ändern. Hindernisse und Rückschläge bleiben nicht aus, es gilt weiterzumachen, um schließlich die eigentlichen Ziele zu erreichen: Ziele, die gebunden sind an die eigenen und an die gemeinsamen Werte in der politischen Heimat. Wenn einem die eigene Vision und Unabhängigkeit bewusst und die Fähigkeit zur Flexibilität gegeben ist, dann fehlt zum Thema Durchhalten und Zielerreichen nur noch eines, was hier zu erörtern wäre: die Methode Kompromiss. Berg und Wetter machen keine Kompromisse, aber für uns als Paar oder Gruppe ist es selbstverständlich, dass wir miteinander Lösungen finden, wenn es erforderlich ist. Für die Politik ist der Kompromiss essen15
ziell. Das kann Zeit und Kraft kosten, aber wer Kompromisse als Schwäche auslegt, hat von Demokratie wenig verstanden. Als wir an der Sonnenalm ankommen, müssen wir nicht nach einem Kompromiss suchen. Berg und Wetter sagen unmissverständlich: Schluss für heute, einkehren! Den Regen peitscht uns der Wind jetzt fast waagrecht ins Gesicht, wir sehen keine fünfzig Meter weit, sind reichlich durchnässt und leisten der Aufforderung Folge. Schon die heutige Eingehtour hat uns gezeigt: Es wird jeden Tag Überraschungen geben, wir müssen flexibel sein und uns auf Änderungen einlassen können. Aber wir halten am großen Ziel fest und werden es erreichen!
1. Tag Anreise und Eingehtour 4:00 h mit Gipfel 2:30 h ohne Gipfel
1.065 HM mit Gipfel 850 HM ohne Gipfel 200 HM mit Gipfel 0 HM ohne Gipfel
mit der Bahn nach Aschau (606) Durch den Ortsteil Aufham in den Lochgraben, vorbei an der Maisalm und Steinlingalm auf den Kampenwand-Gipfel (1.664). Zurück wieder über die Steinlingalm, von dort zur Sonnenalm. Bei schlechtem Wetter nach der Maisalm über die Gori-Hütte direkt zur Sonnenalm (1.467). Sonnenalm (Berggasthof, https://www.kampenwand.de) 16