Ortswechsel Evangelisches Religionsbuch fĂźr Gymnasien
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Ortswechsel
Evangelisches Religionsbuch fĂźr Gymnasien 5/6
Ortswechsel
Evangelisches Religionsbuch fĂźr Gymnasien 5/6
Herausgegeben von Ingrid Grill-Ahollinger, Sebastian Görnitz-Rückert, Andrea Rückert Verfasst von: Ingrid Grill-Ahollinger, Erika Behrendt, Sebastian GörnitzRückert, Birgit Maisch-Zimmermann, Andrea Rückert, Peter Samhammer unter Mitarbeit von Ellen Voigt
© Claudius Verlag München 2013 Birkerstraße 22, 80636 München www.claudius.de Rechtschreibreformiert, sofern nicht urheberrechtliche Einwände bestehen. Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Gestaltung und Typografie: Simon Schmidt, Baierbrunn Druck und Bindung: appl, Wemding ISBN 978-3-532-70040-2
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IMPRESSUM
INHALT Kapitel 1: Ortswechsel
Seite
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Es gibt Orte, an denen man sich zuhause fühlt, und solche, an denen man sich fremd vorkommt. In diesem Kapitel denkst du über deinen Ortswechsel an die neue Schule nach und lernst einen Psalm kennen, der dich bei allen deinen Ortswechseln begleiten kann. Kapitel 2: In Geschichten zuhause
Seite 17
Jede / r hat eine Geschichte und Geschichten begleiten uns, manchmal auch die Geschichten der Bibel. Sie erzählt, wie Menschen vieler Jahrhunderte Gott erfahren und über ihn nachgedacht haben. In diesem Kapitel übst du den Umgang mit der Bibel und erfährst einiges über ihre Entstehung. Du denkst darüber nach, wie sie auch für uns heute Zuspruch und Herausforderung sein kann. Kapitel 3: Platz für viele
Seite 35
Die eine christliche Kirche besteht in großer Vielfalt. In diesem Kapitel lernst du eine Familie kennen, deren Mitglieder nicht nur einer Konfession angehören. Ihre Erzählungen können dich dazu anregen, darüber nachzudenken, was »evangelisch« oder »katholisch« sein eigentlich bedeutet, was man von der anderen Konfession lernen kann, was gemeinsam, aber auch was fremd ist und wie man miteinander beten und feiern kann. Kapitel 4: Ich bin da
Seite 53
Menschen fragen nach Gott auf ihrem Lebensweg; sie geben ihm viele Namen und manchmal zweifeln sie auch an ihm. In diesem Kapitel kannst du dir mit Hilfe der Geschichte vom Auszug aus Ägypten Gedanken darüber machen, wie Gott im Leben der Menschen dabei ist und wie Menschen im Raum dieser Freiheit leben können. Kapitel 5: Unterbrecher
Seite 69
In diesem Kapitel lernst du die Zehn Gebote als Geschenk Gottes und als Schutz für die Schwachen kennen und erfährst, dass es immer wieder Menschen braucht, die als Propheten mit Worten und Zeichen für Gerechtigkeit eintreten. Kapitel 6: Ich und die anderen
Seite 83
Tagtäglich haben wir mit anderen Menschen zu tun. In diesem Kapitel wirst du dich damit beschäftigen, wie wir einander wahrnehmen und miteinander umgehen. Sind Freundschaften im Internet anders als »in Wirklichkeit«? Wie ist das mit Menschen, die uns anders erscheinen? Und sind wir eigentlich »normal«? Können biblische Regeln uns helfen, uns in unserer Zeit zurechtzufinden?
INHALT
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INHALT Kapitel 7: Es werde Licht
Seite 101
In diesem Kapitel denkst du darüber nach, was es bedeutet, an Gott als den Schöpfer zu glauben. Was hat Gott mit meinem Leben zu tun und was bedeutet es, als ein Mensch zu leben? Wer bin ich mit meinen Stärken und Schwächen und wie kann ich, als Kind Gottes, die Welt mitgestalten? Kapitel 8: Verwurzelt im Judentum
Seite 121
In diesem Kapitel lernst du das Judentum einerseits als lebendige Religion, andererseits als Heimat Jesu kennen, ohne die wir den christlichen Glauben nicht verstehen können, denn Jesus war Jude. Du erhältst auch wichtige Informationen darüber, in welcher geschichtlichen Situation Jesus gelebt hat und welche Probleme und Hoffnungen die Menschen damals hatten. Kapitel 9: Jesusbewegung
Seite 143
In diesem Kapitel beschäftigst du dich mit biblischen Geschichten, die davon erzählen, wie Jesus Menschen das Reich Gottes spüren lässt und wie sie auf ihn und seine Botschaft reagiert haben. Du erfährst, was in Jesu letzten Tagen in Jerusalem und nach seinem Tod passierte und warum man an Ostern herzhaft lachen darf. Kapitel 10: Verwandt
Seite 177
Judentum, Christentum und Islam führen ihre Religion jeweils auf Abraham als Stammvater zurück. Sie sind also so etwas wie entfernte Cousins und Cousinen – mit vielen Gemeinsamkeiten und charakteristischen Unterschieden. Du lernst in diesem Kapitel wichtige Abrahamsgeschichten aus der Sicht der drei Religionen kennen. Du denkst darüber nach, was Juden, Christen und Muslimen in ihrem Glauben wichtig ist und wie sie gut miteinander leben können. Kapitel 11: Pausen und Rhythmen
Seite 193
Pausen sind notwendig – nicht nur in der Schule! In diesem Kapitel erfährst du, warum Feste wichtige Pausen im Jahres- und Lebenslauf sein können. Du erhältst einen Überblick über christliche, jüdische und islamische Feste im Jahreslauf und lernst einzelne Feste genauer kennen. Methoden, Lexikon, wichtige Begriffe und biblische Basisbegriffe, Quellenverzeichnis Noch mehr Methoden und ein erweitertes Lexikon findet man unter: www.claudius.de/ow
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INHALT
Seite 213
VORWORT Liebe Schülerinnen, liebe Schüler! Was für ein Ortswechsel – – und was es da alles zu entdecken gibt! So viele fremde Gesichter! Viel mehr Fächer als früher und in fast jeder Stunde eine andere Lehrkraft! Dazu ein neues Schulhaus mit zahllosen Räumen und versteckten Winkeln! Eben noch gehörtet ihr zu den »Großen« in der Grundschule, und jetzt seid ihr die Jüngsten am Gymnasium. So ein Ortswechsel kann spannend und auch ein bisschen beklemmend sein. Wie habt ihr ihn erlebt? Der Religionsunterricht und mit ihm dieses Buch wollen euch helfen, euch in der neuen Umgebung zurechtzufinden. In den Religionsstunden könnt ihr über vieles sprechen, was euch bewegt. Biblische Geschichten und Psalmen werfen ein neues Licht auf euren Ortswechsel. Sie erzählen, wie Gott bei uns ist an den verschiedenen Orten, zwischen denen wir unterwegs sind. In diesem Buch wird es (nach einem einführenden Kapitel über den Ortswechsel an die neue Schule) darum gehen, l wie man auch in den Geschichten der Bibel neue Räume entdecken und ein »Zuhause« finden kann l warum man in der Kirche verschieden sein darf l dass Gott immer wieder zum Aufbruch in die Freiheit ermutigt l dass es Menschen gab und gibt, die für diese Freiheit einstehen l wie es gelingen kann, miteinander gut auszukommen l dass Gott allen Geschöpfen einen Raum zum Leben geschenkt hat
dass Jesus ein jüdisches Kind war und wie jüdische Kinder heute leben l dass Jesus uns zum Kopfstandmachen ermutigen will l dass Judentum, Christentum und Islam so etwas wie Cousins und Cousinen sind l warum Feste wichtige Pausen für unser Leben sein können und was Feste über die Menschen verschiedener Religionen erzählen. l
Eine kleine »Gebrauchsanweisung« für dieses Buch: Jedes Kapitel beginnt mit einigen schwierigen Fragen – Fragen, die sich Menschen gestellt haben, seit die Welt besteht: »Warum gibt es mich?« – »Woran kann ich mich orientieren?« Kinder können oft besser fragen als Erwachsene – vielleicht, weil Erwachsene zu wenig Zeit haben oder weil sie fürchten, dumm dazustehen? Denn manche dieser Fragen kann kein Mensch endgültig beantworten. Auch nicht euer Lehrer oder eure Lehrerin. Auch nicht dieses Religionsbuch. Der Religionsunterricht will dazu beitragen, dass ihr das Fragen nicht verlernt – ein Leben lang!
Große Fragen
Nach den Eingangsfragen führt euch in jedem Kapitel eine Doppelseite mit besonderen Bildern oder Texten mitten in das jeweilige Thema hinein. Wenn ihr dann umblättert, findet ihr Erklärungen und Aufgaben dazu. Es folgen Doppelseiten mit Geschichten, Szenen und Gedichten, mit Bildern und Bibelstellen, dazwischen immer wieder Äußerungen von Schülerinnen und Schülern.
Doppelseiten
Wenn biblische Geschichten nur erwähnt oder frei nacherzählt werden, zeigt euch ein Stein aus dem Bibeltor (S. 23), wo ihr sie im Original nachlesen könnt.
2. Mose 3
VORWORT
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Eine Glühbirne bedeutet: Aufgepasst, hingeschaut! Hier gibt es etwas zu entdecken und zu tun: Ideen, Aufgaben, Anregungen, Spiel- und Projektvorschläge, manchmal auch einfach nur Sätze zum Nachdenken oder Diskutieren. Klar, dass ihr das im Unterricht nicht alles machen könnt – da muss man auswählen. Vielleicht mögt ihr auch die eine oder andere Anregung allein für euch weiterverfolgen oder mit Eltern oder Freunden und Freundinnen besprechen.
nfo
Was ihr wissen müsst, um bestimmte Aufgaben zu bearbeiten und um euch in Religion immer besser auszukennen, steht in den Info-Kästchen. Weitere Informationen enthält das Lexikon am Ende des Buches. Begriffe, die dort erklärt werden, sind im Text mit einem Sternchen* versehen. Früher gab es in Schulbüchern »Merksätze« zum Auswendiglernen und Behalten. Sie formulierten die »Lehre« aus einem Kapitel. Wenn man über Gott nachdenkt, ist das mit der »Lehre« allerdings nicht so einfach, und das ist gut so. In diesem Buch findet ihr »Merkes« dort, wo es etwas zu »bemerken« oder auch anzumerken gibt, dort, wo man sich wundert, wo man sich festbeißt, wo einem ein Licht aufgeht.
Am Ende eines jeden m Zusammenhang Kapitels könnt ihr anhand von kleinen Szenen oder Situationen ausprobieren, ob ihr das Gelernte im Zusammenhang verstanden habt und anwenden könnt. Dabei werden auch Verbindungen zu anderen Kapiteln hergestellt, damit ihr das, was ihr damals gelernt habt, noch einmal wiederholt und aus verändertem Blickwinkel betrachtet. Wenn ihr die Kapitel in einer anderen Reihenfolge behandelt, als dies in diesem Buch vorgeschlagen ist – und das ist ohne Weiteres
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VORWORT
möglich und sinnvoll! – dann müssen diese Wiederholungsfragen ggf. ein wenig geändert werden. Ein Schließfach-Symbol bedeutet: Das, was du aufschreibst, darf im Einzelfall auch einmal dein Geheimnis bleiben, weil es niemanden etwas angeht. Ihr könnt z. B. einen großen Umschlag in euer Heft kleben, in dem ihr solche persönlichen Gedanken aufbewahrt. Die Lehrerin / der Lehrer verspricht, ihn nicht zu öffnen, wenn das Heft eingesammelt wird. Seitenzahlen im Kästchen verweisen auf ein anderes Kapitel im Buch. Auf der letzten Kapitelseite findet ihr den »Merkrucksack«. Er erinnert daran, dass man am Ende einer Unterrichtseinheit innehalten sollte, um nochmals in Ruhe nachzudenken: Was war wichtig? Welche Begriffe, Geschichten und Zusammenhänge wollen wir uns merken? Welche Fragen wollen wir weiter verfolgen? Überlegt gemeinsam mit eurem Lehrer oder eurer Lehrerin, wie ihr das für die kommenden Schuljahre festhalten könnt, z. B. in einem Rucksackheft, einem Ordner, auf einem großen Plakat oder auf dem Schulserver. Den leeren Rucksack könnt ihr unter www.claudius.de/ortswechsel im Schülerbereich herunterladen. Wichtige Begriffe und biblische Basistexte sind auf Seite 244 zusammengestellt. Wie in allen Fächern benötigt ihr auch im Religionsunterricht Methoden und Arbeitstechniken, um Inhalte zu erschließen und miteinander ins Gespräch zu kommen. Einige Methoden, die für den Religionsunterricht wichtig sind und die ihr immer wieder brauchen könnt, werden im Buch durch einen kleinen Werkzeugkoffer gekennzeichnet und auf den Seiten 213–224 erläutert.
S. 209
ORTSWECHSEL
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Wo bin ich zuhause? Wie kann derselbe Ort sich mal als Zuhause, mal ganz fremd anfĂźhlen?
Kann ich nicht da bleiben,wo ich bin?
Wie kann ich Unsicherheit aushalten?
Bin ich woanders anders? Was hat Gott mit meinen Ortswechseln zu tun?
Kapitel 1 9
Orts»hausen wie die Maden im Speck« »mit der Tür ins Haus Hau fallen« »keinen Fuß vor die Tür setzen« »sich wie zu Hause fühlen«
t schie g n ä h n ussege »der Ha
f«
»ein volles Haus haben« »der Herr im Haus sein«
Zutr
itt f ür fugt e ve rbot en
Unb e
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KAPITEL 1
Wechsel … einhundertzweiundvierzig Treppen »Da ist er.« »Wo?« »Neben dem großen rothaarigen Jungen.« »Der mit der Brille?« »Siehst du seine Narbe?« Ein Flüstern verfolgte Harry von dem Moment an, da er am nächsten Morgen den Schlafsaal verließ. Draußen vor den Klassenzimmern stellten sie sich auf Zehenspitzen, um einen Blick auf ihn zu erhaschen. Andere machten auf dem Weg durch den Korridor kehrt und liefen mit neugierigem Blick an ihm vorbei. Harry mochte das nicht, denn er war noch viel zu sehr damit beschäftigt, den Weg in die Klassenzimmer zu finden. Es gab einhundertundzweiundvierzig Treppen in Hogwarts: breite, weit ausschwingende; enge, kurze, wacklige; manche führten freitags woandershin; manche hatten auf halber Höhe eine Stufe, die ganz plötzlich verschwand, und man durfte nicht vergessen, sie zu überspringen. Dann wiederum gab es Türen, die nicht aufgingen, außer wenn man sie höflich bat oder sie an genau der richtigen Stelle kitzelte, und Türen, die gar keine waren, sondern Wände, die nur so taten, als ob. Schwierig war es auch, sich dran zu erinnern, wo etwas Bestimmtes war, denn alles schien ziemlich oft den Platz zu wechseln. Die Leute in den Porträts gingen sich ständig besuchen und Harry war sich sicher, dass die Rüstungen laufen konnten. aus: Joanne K. Rowling, Harry Potter und der Stein der Weisen
ORTSWECHSEL
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Mein Zimmer Mein Zimmer l Zeichne die Umrisse deines Zimmers und schreibe oder male hinein, was dir an ihm besonders wichtig ist! (Du kannst auch ein Foto machen.) Woran merkt man, dass es DEIN Zimmer ist? Was möchtest du gern verändern? l Suche dir jemanden aus der Klasse, dem oder der du Zutritt zu deinem Zimmer gewähren willst (probiere es ruhig mit jemand »Neuem«)! Tauscht euch über eure
Bilder aus! Überlege dir anschließend, was du davon der Klasse vorstellen willst! l Manchmal ist es allein am schönsten, manchmal macht man gern die Tür auf. Dazu passen auch einige Redewendungen auf S. 10 und Aussagen auf dem Bild unten! l Ganz allein bist du eigentlich nie in deinem Zimmer … Da gibt es so viele Erinnerungsstücke, Geschichten, Bilder …
nfo Wohnverhältnisse von Kindern In Deutschland haben ca. 85 % aller Kinder ein eigenes Zimmer. Dabei gibt es regionale Unterschiede: In Baden-Württemberg leben am häufigsten Geschwister in einem Zimmer zusammen. In Berlin haben ca. 50 % der Geschwisterkinder ein eigenes Zimmer, gefolgt von den Hessen mit 54 %. Andererseits hat in Hessen jedes zehnte Einzelkind sogar mehrere eigene Zimmer.
Julia: »Mit elf will ich einen eigenen Zimmerschlüssel« »Ein Ort, ganz für mich alleine …« Tobi: »Meine Schwester kommt immer ohne anzuklopfen rein! «
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KAPITEL 1
Weltweit leben ca. 100 Millionen Kinder auf der Straße, ohne Kontakt zu ihren Familien, die meisten davon in Lateinamerika und Indien. Doch auch in Deutschland gibt es mehrere tausend Kinder, die kein Dach über dem Kopf haben.
Mark: »Ich teile mein Zimmer mit meinem Bruder.« r -Zimme er i e w z tt be er Mu Ich ha L i s a : » i n s b e i m e i n m Va t e r. « e ne ei mei b s n i und e Lehrer Mayer: »Mein Zimmer gleicht manchmal einer Räuberhöhle.« » Ge h a u f d e in Z im m er! «
Meine neue Schule »Am Anfang ist alles fremd.« Meine neue Schule l Mach einen Rundgang durch deine neue Schule! Du kannst diesen Spaziergang auch in deiner Phantasie machen. Streife durch die Gänge, Ecken und Winkel, die Treppe hinauf, am Lehrerzimmer vorbei, durch die große Halle … An einem Ort, den du selbst wählst, bleibst du stehen. Was siehst du? Schau genau hin! Schreib deine Eindrücke und Gefühle auf! l Besorgt euch einen Grundriss eurer Schule und kennzeichnet die Räume, die ihr bereits kennt! Wo möchtet ihr gern einmal hin? Gibt es verbotene Bereiche? l Stell dir vor, du hättest für deine Schule einen Einweg-Zauberstab, den du für einen einzigen Zauber verwenden kannst! Platz nehmen – heimisch werden l Wo hast du in der Grundschule gern gesessen – ganz vorn an der Tafel oder lieber im Hintergrund oder möglichst mittendrin? Nimm deinen jetzigen Platz ganz bewusst wahr: Stell deine Füße fest auf den Boden; lass deinen Blick schweifen: Wer sitzt neben dir? Wen und was kannst du von deinem Platz aus sehen? Was gefällt dir gut daran, was nicht? l Macht ein Kennenlernspiel. Zum Beispiel: Alle überlegen sich, wo ihr Lieblingsort ist. Dann beginnt eine Namenskette: »Ich bin Sarah Müller, mein liebster Ort ist das Baumhaus im Garten meiner Großmutter.« – »Das ist Sarah. Ihr Lieblingsort ist … Ich bin Maike, am liebsten bin ich bei meiner Mutter und meinem Kaninchen …« In sehr großen Klassen kann man die Kette unterbrechen und neu anfangen. l Was muss geschehen, damit du dich in deiner neuen Schule zu Hause fühlst? Was wünschst du dir von deinen Mitschülerinnen und Mitschülern, Lehrerinnen und Lehrern? Was kannst du selbst dazu tun? einen Wunschzettel Fertigt in Gruppenarbeit an!
»Manchmal bin ich sogar mir selbst fremd.«
st ü h l: A n g f e G s e a u c h .« is c h n g e im B li r e » E in k o m t t e ic h S c h m u n d z u g le
würdig! Beginnt so ein Religionsbuch? ORTSWECHSEL
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Und ob ich schon wanderte im finstern Tal ...
Der HERR ist mein Hirte, mir wird nichts mangeln. Er weidet mich auf einer grünen Aue und führet mich zum frischen Wasser. Er erquicket meine Seele. Er führet mich auf rechter Straße um seines Namens willen. »Ich habe aber Und ob ich schon wanderte manchmal doch im finstern Tal, Angst!« fürchte ich kein Unglück; denn du bist bei mir, dein Stecken und Stab trösten mich. Du bereitest vor mir einen Tisch im Angesicht meiner Feinde. »Wie bei einem König?!« Du salbest mein Haupt mit Öl und schenkest mir voll ein. Gutes und Barmherzigkeit werden mir folgen Was ist das für ein mein Leben lang, Haus? Eher kuschelig wie und ich werde bleiben mein Zimmer oder im Hause des HERRN immerdar. »Es sind schon viele Menschen in der Wüste verdurstet -wo war Gott da?«
aufregend groß wie die neue Schule?
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KAPITEL 1
PSALM 23 Psalm 23
»Bin ich jetzt ein Schaf?«
»Ich habe, was ich brauche!«
och nn ich d e w d n »U ahn h i e fe B c s e i d auf « g e ra t e ?
»Dann kann mir keiner mehr was -aber sollte man nicht eigentlich keine Feinde haben?«
»Alle werden mich toll finden!«
… fürchte ich kein Unglück nfo
laut lesen hell hören laut lesen hell hören … Probiert es aus, wie der Psalm klingt: Sucht euch einen Satz aus, der euch besonders wichtig ist! Nun versucht ihn auf verschiedene Weise zu sprechen: vorsichtig-leise; laut und selbstbewusst; mit Fragezeichen – es gibt viele Möglichkeiten. In welcher Situation könnte jemand den Psalm so sprechen? l Ihr könnt auch den ganzen Psalm im Chor vortragen oder mit verteilten Rollen. l Ein bisschen schwieriger: Die ganze Klasse wiederholt sehr (!) leise einen wichtigen Satz aus dem Psalm und ein/e Schüler/in spricht laut den ganzen Psalm dazu. l Für kleine Klassen: Jede/r wählt sich einen Lieblingssatz; alle gehen langsam im Raum umher und sprechen »ihren« Satz. l Bestimmt habt ihr noch mehr Ideen. l »Während wir sprechen, verändern sich die Dinge« – gilt das auch für diesen Psalm? l
Psalm 23 verstehen Psalmen* (griech.: Lieder) heißen in der Bibel Gebete, die auch im Gottesdienst gesungen wurden. Es gibt Klage-, Dank- und Lobpsalmen. Beispiele dafür findest du noch öfter in diesem Buch (S. 64, 67, 110, 113, 115, 132, 153, 171, 173). Hirten hatten in biblischer Zeit einen schwierigen Beruf. Sie mussten in Wüstentälern ihre Schafe zu den spärlichen Weideplätzen führen. Immer wieder drohte Gefahr durch wilde Tiere, aber auch durch Räuber. Wenn ein König im Alten Orient über seine Feinde gesiegt hatte, wurde ein Triumphmahl veranstaltet.
17. April 2006, B 8 bei Straubing
Bei der Zulassung von Kraftfahrzeugen kann man sich gegen ein kleines Entgelt ein Wunsch-Nummernschild zusammenstellen.
Ich e schon: Das »finstere Tal« bleibt mir nicht erspart. Aber ich muss nicht allein da durch. Der Herr ist mein Hirte l Mit Psalm 23 immer sicher unterwegs? l Auch in Psalm 23 gibt es mehrere Ortswechsel. Skizziere die Orte mit passenden Farben in dein Heft! l Wie erlebt der Betende an jedem dieser Orte Gott? Finde passende Beispiele und trage sie in deine Skizze ein! l In welcher Situation könnte jemand diesen Psalm gedichtet haben? In welcher Situation könnte ihn jemand beten? l Lerne den Psalm auswendig!
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m Zusammenhang Gestalte einen Umschlag für dein Religionsheft! Male auf die Vorderseite eine oder mehrere Szenen aus deiner neuen Schule! Setze in dieses Bild einen Vers aus Psalm 23, in schöner Schrift geschrieben, der dir wichtig ist! l Erkläre deinen Mitschülerinnen und Mitschülern, warum du gerade diesen Vers gewählt hast und wie er mit dem Bild von deiner Schule zusammenhängt!
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Dein Merk-Rucksack fü
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KAPITEL 1
Merk-Rucksack Überlegt gemeinsam: Was war wichtig in diesem Kapitel? Was wollt ihr euch merken? Welche Begriffe könnt ihr jetzt gut erklären? Worüber müsste man noch einmal nachdenken? Möchtest du etwas für dich persönlich hinzufügen?
In den Kapiteln dieses Buches werden dir andere Orte und Ortswechsel begegnen. Zeichne im Laufe des Schuljahrs zu ausgewählten Kapiteln mindestens ein passendes Bild auf die Rückseite des Umschlags! l Wenn man nach einem Ortswechsel zurückschaut, sieht man den Ort, den man verlassen hat, mit anderen Augen. Blicke zurück in die Grundschule! Was willst du nicht vergessen? Sprecht miteinander darüber! l
Packe deinen Rucksack. Wohin geht die Reise? Praktisch, so ein Rucksack! Man kann die Sachen einfach hineinstopfen. Aber Vorsicht: nicht alles verkrumpeln, sonst riechen die Klamotten nachher nach Käsebrot! Zu schwer darf er auch nicht sein. Nicht alles passt hinein. Was wirst du brauchen zum (Über-)Leben? Wer hilft dir tragen? Lebensgepäck.
IN GESCHICHTEN ZUHAUSE
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Hat Gott ein Buch geschrieben? Ist das, was in der Bibel steht, wahr? Warum lesen Christen ein so altes Buch, wenn es doch so viele neue Bücher gibt?
Darf man in die Bibel Eselsohren machen?
Warum streicht man ärgerliche Abschnitte nicht einfach heraus?
Könnte man die Bibel auch weiter schreiben?
Kapitel 2 17
Nirgendwo her? Er weiß nicht, wer er ist oder woher er kommt. Seit zwei Jahren leidet ein junger Mann in Kanada unter totalem Gedächtnisverlust. Alle Spuren auf der Suche nach seiner Identität führen ins Nichts. Fernsehsendungen in Großbritannien berichteten über sein Schicksal. Interpol und internationale Vermisstenorganisationen ermittelten. Doch niemand fand auch nur eine Spur. Er wollte nach England gehen, um zu sehen, ob er sich dort wiederfindet oder vielleicht irgendetwas aus seiner Vergangenheit. Das, so meinte er vor Gericht, sei doch das Mindeste, was ein Mensch verdiene: die Gelegenheit, die eigene Identität zurückzubekommen. Doch ohne Pass kann er nicht reisen. Und den Pass bekommt er nicht ohne Geburtsurkunde. Und eine Geburtsurkunde kann er nicht bekommen, so lange er nicht weiß, wo er geboren wurde. Also lebt der Mann, den die britischen Medien »Mr. Nobody« nennen, in einer Art Zwischenwelt. Sein schmuddeliges Zimmer im Osten Vancouvers verlässt er nur für Stunden. Er wird immer verstörter: »Die Amnesie hat mich staatenlos gemacht. Es ist, als ob ich nicht existiere«, sagte er bei einer Anhörung vor Gericht. »Mein Leben ist sinnlos. Ich kann fast überhaupt nicht schlafen. Da ich nicht arbeiten kann, um für meine Bedürfnisse aufzukommen oder das Land zu verlassen, betrachte ich mich als Gefangenen. Daher bitte ich Sie höflich, mich freizulassen.« 18
KAPITEL 2
Die Freiheit, nach der er suchte, war eine neue Identität. Mit einer Geburtsurkunde und einem Namen – einem Namen, der es ihm ermöglichen würde, Kanada zu verlassen, um nach sich selbst zu suchen. Der Name, den er tragen wollte, war Philip Staufen. Das ist der Name, der auf seinem Armband in dem Krankenhaus in Toronto stand, in dem er zunächst behandelt wurde. Er erzählt, dass er den Mitarbeitern des Krankenhauses immer wieder gesagt habe, dass er nicht wisse, wer er sei. Als man ihn drängte, einfach den ersten Namen anzugeben, der ihm einfallen würde, platzte der Name Philip Staufen aus ihm heraus – angelehnt an den Namen eines mittelalterlichen Königs und Kaisers des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation. Die Polizei hat Menschen mit ähnlichen Namen in ganz Europa ausfindig gemacht und keinerlei Verbindung zu dem rätselhaften Mann herstellen können. Ein britischer Pass ist auf diesen Namen niemals ausgestellt worden. Also lebt »Mr. Nobody« in einem Vakuum, geplagt von einer Vergangenheit, an die er sich nicht erinnern kann, und einer Zukunft, die er nicht planen kann. aus: Los Angeles Times, Die Welt vom 11. Januar 02
Herkunftsorte »Jetzt hast du einen Blick genau wie Papa.«
»Ich heiße Miria. Ich überlege, wann meine Geschichte beginnt und was zu ihr gehört. Beginnt sie bei meiner Geburt? An welchen Orten habe ich gelebt? Welche Personen gehören zu meiner Geschichte? Ich bin erst 11, aber ich könnte schon viel erzählen.
»Meine Tante erzählt gerne, wie ich als Baby war.«
»Das kann ich nicht wegwerfen. Es hängt Erinnerung daran.« »Diese Geschichte von mir möchte ich am liebsten vergessen.«
»Ich habe schon einmal ein Tagebuch angefangen.« Meine Oma bewahrt vergilbte Fotos und Briefe in einer Schachtel auf. Manchmal öffnet sie die Schachtel und zeigt mir Bilder aus ihrer Kindheit. Sie sagt, ›Miria, du siehst mir sehr ähnlich‹. Sie kann spannend von früher erzählen, zum Beispiel, wie sie Weihnachten gefeiert hat. Wir feiern es ganz ähnlich. Oder sie erzählt von ihrem Vater, meinem Urgroßvater, der im Zweiten Weltkrieg Soldat war und ganz zum Schluss noch einmal in den Krieg musste. Er kam nicht mehr nach Hause. Deshalb hat sie ihn kaum gekannt. Aber ganz fest bewahrt sie seinen letzten Brief auf. Ich mag es gern, wenn meine Oma erzählt.« IN GESCHICHTEN ZUHAUSE
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In Geschichten verwickelt, gefangen … Wer bin ich? Mr. Nobody fragt nach seiner Geschichte l Der Zeitungsartikel enthält einige Fremdworte. Versuche sie zu klären oder forsche in einem Lexikon oder im Internet nach! l Diskutiert : – »Mr. Nobody will nach sich selber suchen. Man kann sich doch nicht selbst verlieren.« – »So schlimm ist das Schicksal von Mr. Nobody auch wieder nicht: Schließlich kann er sein Leben von vorne anfangen.« – »Kann man wirklich sagen, dass Mr. Nobody keine Geschichte hat?« l Entwerft einen Radio- oder Fernsehaufruf, der Menschen davon überzeugt, dass Mr. Nobody geholfen werden muss!
Alte Geschichten Tobias liegt traurig auf seinem Bett. Seine Mutter hat ihn in sein Zimmer geschickt: »Dich will ich heute nicht mehr sehen!« Obwohl er die Wahrheit gesagt hat. Nicht er, sondern sein Freund Philip hatte in dem Geschäft den Schokoriegel mitgehen lassen. Immer wieder fragten der Ladendetektiv und später die Polizei, ob Tobias nicht doch beteiligt war, ob er Mittäter oder zumindest Mitwisser gewesen sei. Sein Freund Philip schwieg. Am schlimmsten war es für Tobias dann zuhause: »Hast du wirklich nichts geklaut? Hast du wirklich nichts gewusst?«, wollten seine Eltern immer wieder wissen. Er hatte gleich gemerkt, dass sie ihm nicht wirklich Glauben schenken konnten. Er ahnte auch warum. Wegen der Geschichte damals. Eigentlich war’s nur eine blöde Mutprobe gewesen. Da hatte er wirklich geklaut. Und deshalb jetzt die Zweifel in den Augen der Mutter und in den Augen des Vaters. »Verflixt«, denkt Tobias, »es ist, als klebt die alte Geschichte an mir. Könnte ich die nur loswerden.«
»Das hat sich Tobias doch selbst eingebrockt!« Kennst du auch »klebrige Geschichten«, die du gerne los werden willst? l Was hältst du von dem Spruch »Wer einmal lügt, dem glaubt man nicht!«? l Später am Abend kommen Tobias’ Eltern noch einmal ans Bett. Auch sie haben nachgedacht. Spielt ein Gespräch! Rollenspiel l Es gibt solches und solches Vergessen: Unfreiwilliges, bewusstes, notwendiges, gedankenloses. Suche Beispiele und überlege, welche Folgen es hat! Diese Seite gibt dazu Anregungen. l l
nfo 1933: Bücherverbrennung unter den Nationalsozialisten* in Deutschland Auch Herrscher wollen manchmal etwas vergessen machen. Dinge, die sie selber verbrochen haben oder auch Gedanken, die ihnen gefährlich erscheinen und die nicht in ihr Weltbild passen. Unter den verbrannten Büchern waren auch Geschichten von Erich Kästner. Von ihm kennst du vielleicht Bücher wie »Pünktchen und Anton«, »Emil und die Detektive« oder »Das fliegende Klassenzimmer«.
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KAPITEL 2
spruch: Ein Narr bleibt, wer sich nichts merken will. Ein ebensolcher Narr bleibt, wer sich alles merken will!
… verwoben, geborgen … »Unter meinem Bett habe ich eine Schatztruhe.«
»Mein Poesiealbum ist mein größter Schatz.« »Wenn ich dieses Lied höre, werde ich ganz traurig.«
»In meinem Zimmer hängt ein Bild von Omi.«
»Nachts träume ich von unserer alten Wohnung.«
Plunder »Nein, diesen Plunder packen wir nicht ein!« Tinas großer Bruder deutet auf den Berg Stofftiere und schüttelt den Kopf: »Dein Zimmer in der neuen Wohnung wird kleiner sein und du bist zu groß für Kuscheltiere -- du kommst jetzt ins Gymnasium. Steck sie in den Müllsack zu meinem Kinderspielzeug!« Tina starrt auf den bunten Haufen, den sie gerade zusammengetragen hat. Stimmt schon, gespielt hat sie mit den Tieren schon lange nicht mehr und ins Bett nimmt sie inzwischen lieber ein Buch mit. Aber wegwerfen? Sie greift nach einer Maus, die ihr nie besonders gut gefallen hat. Irgendwann hat sie irgendeine Nachbarin gestrickt und mit Reis gefüllt. Inzwischen fehlt ein Auge und der Schwanz löst sich in seine Fasern auf. Hinter Tina öffnet ihr Bruder den Müllsack, da drückt sie die Maus ganz fest an sich.
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Herkunftsorte l Miria erzählt auf Seite 19 über sich und erlaubt einen Blick in ihre Familie. Bestimmt kannst du viel über sie herausbekommen. l Ihren Uropa hat Miria nie kennen gelernt – gehört er dann überhaupt zu »ihrer« Geschichte? l Wer bist du? Erzähle von Dir! Zu deiner Geschichte gehören Orte, Bilder, Töne, Gerüche. Zeichne dich und deine Lebensgeschichte in ein einziges Bild! l Du ziehst in ein anderes Land und kannst nur einen Koffer mitnehmen. Welche Erinnerungsstücke sind dabei? l Bringt in der nächsten Stunde Fotos mit oder Gegenstände, die euch viel bedeuten! Legt sie in die Mitte und erzählt mit ihrer Hilfe! Oder kann man ein Ratespiel daraus machen? Alles nur freiwillig! l Informiere dich über deine Familiengeschichte! Hat jemand in deiner Familie einen Stammbaum entworfen?
enswert: Ohne meine Geschichte und meine Geschichten wäre ich nicht so, wie ich bin... Und doch bin ich mehr als meine Geschichten. IN GESCHICHTEN ZUHAUSE
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… und hineingezogen Mächtige Geschichten – was sie alles können: Zeit vertreiben mitreißen langweilen stören verstören Verständnis wecken Mut machen entführen traurig machen verzaubern prägen ängstigen verwandeln
Wer niemals ganze Nachmittage lang mit glühenden Ohren und verstrubbeltem Haar über einem Buch saß und las und las und die Welt um sich vergaß, nicht mehr merkte, dass er hungrig wurde und fror – Wer niemals heimlich beim Schein der Taschenlampe unter der Bettdecke gelesen hat, weil Vater und Mutter oder sonst irgendeine besorgte Person einem das Licht ausknipste mit der gut gemeinten Begründung, man müsse jetzt schlafen, da man doch morgen so früh aus den Federn sollte … Wer nichts von alledem aus eigener Erfahrung kennt, nun, der wird wahrscheinlich nicht begreifen können, was Bastian jetzt tat. Er starrte auf den Titel des Buches und ihm wurde abwechselnd heiß und kalt. Das, genau das war es, von dem er schon oft geträumt und was er sich, seit er von seiner Leidenschaft befallen war, gewünscht hatte: Eine Geschichte, die niemals zuende ging! Das Buch aller Bücher! Er musste dieses Buch haben, koste es, was es wolle!
Was müssen ein Buch oder ein Film mitbringen, damit sie dich so packen können wie Bastian die »Unendliche Geschichte«? l Kennst du das? »Nach dem Kino fühle ich mich immer ganz anders als vor dem Kino. Es ist, als ob der Film ein Teil von mir geworden ist.« l Diskutiert : »Nur spannende Geschichten sind gute Geschichten.« l Für Bastian ist die »Unendliche Geschichte« die Rettung aus seiner Einsamkeit und vor seinen Ängsten. Können fremde Geschichten die eigene Geschichte verändern? l
aus: Michael Ende, Die unendliche Geschichte
Und die Bibel? Noch ist sie geschlossen, das alte Buch, für so viele Menschen »das Buch der Bücher«, weil sie ihr Leben durch dieses Buch neu sehen lernten. Einige Geschichten daraus kennst du, andere sind dir noch ganz fremd. Sie ist das Tor in eine ganz 22
KAPITEL 2
eigene Geschichtenwelt, in der viele vor uns schon herumgewandert sind. Ob es auch Geschichten für dich sind und ob einige zu deinen Geschichten werden können, kannst du nur erfahren, wenn du eintrittst. Hast du Lust sie aufzuschlagen?
Hereinspaziert!
IN GESCHICHTEN ZUHAUSE
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Einfach mal blättern! »Die Bibel ist kein Buch, das man liest wie einen Kriminalroman!«
»Zum ersten Mal eine richtige Bibel?«
»So dick, so kleine Buchstaben, und keine Bilder!«
ra c h e » D ie S p d un is t a lt zu s c h we r n .« e ve r s t e h
»Ob ich meine Lieblingsgeschichte finden kann?«
»Wenn ich mich darin auskenne, dann kann mir keiner was vormachen!«
e »Mein b i be l Ki nd e r n z war ga « s! a nd e r »Manche Bücher muss man sich erobern!«
Hereinspaziert! l Die Bibel besteht eigentlich aus vielen Büchern. Wie werden sie gegliedert? Schau dazu in das Inhaltsverzeichnis deiner Bibelausgabe! Vergleiche es mit den Steinen des Bibeltors auf der vorigen Seite! l Wer durch das Bibeltor auf der vorherigen Seite blickt, kann viele Geschichten aus der Bibel entdecken. Einiges hat sich eingeschlichen, was gar nicht in die Bibel gehört. Vielleicht bekommst du schon heraus, welche Geschichten aus dem Neuen und welche aus dem Alten Testament stammen. Genaueres später. l Blättere durch das 1. und 2. Buch Mose! Du wirst viele Geschichten aus der Grundschulzeit finden. Wenn ihr Zeit habt, gestaltet im Heft ein bebildertes Inhaltsverzeichnis für die wichtigsten Geschichten der ersten beiden Bücher der Bibel! l Mit welchen Büchern beginnen das Neue und das Alte Testament? Suche das kürzeste Buch der Bibel und das längste! Welche biblischen Bücher sind unterteilt und werden gezählt? l Hast du Zeit und Lust weiterzublättern? Dann schlage mal einen Gesetzestext auf, z. B. 3. Mose 19,18! Wer findet die Geschichte von David und Goliath, 1. Samuel 17? Blättere nach einem berühmten Gerichtsurteil, 1. Könige 3,16 ff.; nach einem Lied, das sich über Gott und den Menschen wundert, Psalm 8; nach schlauen Sprüchen, Sprüche 15,13–20; suche ein Prophetenwort auf, das du vielleicht schon mal gehört hast, Jesaja 43,1; finde die Geschichte von einem Mann, der über Bord gegangen ist, Jona 1–2,1! Beginnt das Markusevangelium mit einer Weihnachtsgeschichte? Suche das wichtigste Gebet der Christen, Matthäus 6,9 ff! Stelle fest, wie man früher einen Brief beendet hat, Römer 16! Lies das letzte Wort der Bibel! Macht ein Spiel daraus: Wer findet die Bibelabschnitte am schnellsten? Manche Geschichten werdet ihr noch genauer betrachten. Wie man Bibelstellen finden kann, erfährst du auf der folgenden Seite; noch mehr Tipps befinden sich im Methodenkapitel, S. 214.
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KAPITEL 2
Überschriften, Hinweise und Verszahlen sind von den Herausgebern hinzugefügt. Wenn aus der Bibel vorgetragen wird, werden sie nicht mitgelesen.
Die großen Zahlen vor einem Abschnitt bezeichnen Kapitel.
Israels Durchzug durchs Schilfmeer ERR
2
Kleine Hinweise zwischen den Zeilen oder unten auf einer Seite laden ein, in der Bibel kreuz und quer zu lesen. Sie geben Hinweise auf Ergänzungen und Parallelen. Was aber heißt die Abkürzung »Kap«?
Ganz oben steht der Name des Buches und die Kapitelzahl -- eine große Hilfe beim schnellen Suchen.
2. Mose 14
der H redete mit Mose und 14RedeUnd sprach: zu den Israeliten und sprich, Die kleinen Zahlen vor fast jedem Satz bezeichnen Verse.
Handwerkszeug
dass sie umkehren und sich lagern bei Pi-Hahirot zwischen Migdol und dem Meer, vor Baal-Zefon; diesem gegenüber sollt ihr euch lagern. 3 Der Pharao aber wird sagen von den Israeliten: Sie haben sich verirrt im Lande; die Wüste hat sie eingeschlossen. 4 Und ich will a sein Herz verstocken, dass er ihnen nachjage, und will meine Herrlichkeit erweisen an dem Pharao und aller seiner Macht, und die Ägypter sollen innewerden, b dass ich der HERR bin. – Und sie taten so. a Kap 4,21 b Hes 28,22 5 Als es dem König von Ägypten angesagt wurde, dass das Volk geflohen war, wurde sein Herz verwandelt und das Herz seiner Großen gegen das Volk und sie sprachen: Warum haben wir das getan und haben Israel ziehen lassen, sodass sie uns nicht mehr dienen?
13 Da sprach Mose zum Volk: Fürchtet euch nicht, steht fest und seht zu, was für ein Heil der HERR heute an euch tun wird. Denn wie ihr die Ägypter heute seht, werdet ihr sie niemals wiedersehen. 14 a Der HERR wird für euch streiten, und ihr werdet stille sein. a 5. Mose 1,30; 2. Chr 20,15.29; Jes 51,9
der HERR sprach zu Mose: Was schreist du zu mir? Sage den Israeliten, dass sie weiterziehen. 16 Du aber hebe deinen Stab auf und recke deine Hand über das Meer und teile es mitten durch, sodass die Israeliten auf dem Trockenen mitten durch das Meer gehen. 17 Siehe, ich will das Herz der Ägypter verstocken, dass sie hinter euch herziehen, und will meine Herrlichkeit erweisen an dem Pharao und aller seiner Macht, an seinen Wagen und Männern. 18 Und die Ägypter sollen innewerden, dass ich der HERR bin, wenn ich meine Herrlichkeit erweise an dem Pharao und an seinen Wagen und Männern.
Fett gedruckte Zeilen sind Hinweise auf bekannte und wichtige Verse. Auch sie stammen vom Herausgeber und waren im Urtext nicht zu finden. Vielleicht ist für dich ganz anderes wichtig.
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Blätter-Tipps Du hast es gemerkt: Bibelstellen werden nicht mit Seitenzahlen angegeben, weil diese je nach Ausgabe unterschiedlich sind. Über das Inhaltsverzeichnis findest du trotzdem jedes biblische Buch. Aber mit ein bisschen Übung geht es noch viel schneller und direkter. Tipps dazu: 1. An der Oberkante ist immer das biblische Buch und das Kapitel notiert. Richte dich beim Blättern danach! 2. Die fünf Bücher Mose sind kein Problem. Da greift man in die vorderen Seiten, schaut, wo man ist, und blättert nach vorne oder nach hinten. 3. Schlägt man die Bibel in der Mitte auf, kommt man ungefähr zu den Psalmen. Ein guter Ausgangspunkt um zurück- oder vorzukommen, wenn man den Wegweiser im Kopf hat. 4. Das Neue Testament ist ungefähr das letzte Viertel deiner Bibel. Im Neuen Testament steht alles mit oder nach Jesus. Es beginnt mit den vier Evangelien* und dann folgen nach der Apostelgeschichte die Briefe. Also wieder einfach aufschlaWegweiser für die schnelle gen und dann nach vorne oder nach hinten blättern. Suche im Alten Testament
Biblische Bücher werden mit Abkürzungen zitiert. »Chr« heißt zum Beispiel »Chronik«. »Jes« weist auf das Buch des Propheten Jesaja hin. »Mt«, »Mk« und »Lk« sind die ersten drei Bücher des Neuen Testaments.
So werden Bibelstellen angegeben: Buch Kapitel, Verse (Achte auf das Komma!) also zum Beispiel: 5. Mose 7,7–8 Und so wird es gelesen: fünftes Buch Mose, Kapitel 7, die Verse 7 bis 8 Manchmal finden sich noch andere Zeichen bei den Angaben von Bibelstellen: Ps 23,4 f. › der folgende Vers gehört dazu (Jos 6 f. › das folgende Kapitel), Mt 5,1 ff. › die nachfolgenden Verse gehören dazu. Ein Punkt zwischen Zahlen bedeutet »und« – zum Beispiel: 2. Mose 3,7–10.13 f. › 2. Buch Mose, Kapitel 3, die Verse 7 bis 10 sowie 13 und 14.
IN GESCHICHTEN ZUHAUSE
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Die Bibel kennenlernen nfo Bibel Der Name »Bibel« leitet sich vom griechischen Wort biblia (Singular biblos) ab und heißt auf deutsch »Bücher«. Denn die Bibel ist nicht nur ein einziges Buch, sondern eine große Buchsammlung. Sie vereinigt Schriften aus vielen Jahrhunderten und von vielen Schriftstellern. In ihr finden sich sehr unterschiedliche Textarten. Spannende Mythen* und Sagen, Gedichte, aufrüttelnde Reden oder zu Herzen gehende Briefe sind genauso darunter wie ziemlich trockene Stammbäume oder Gesetzesbücher. Alles zusammen erlaubt einen faszinierenden Blick auf das, was Menschen vor hunderten von Jahren erlebt, gedacht und für lebenswichtig gehalten haben. Die Bibel besteht aus zwei großen Teilen, aus dem Alten und aus dem Neuen Testament. »Testament« heißt in diesem Fall nicht der letzte Wille, der eine Erbschaft regelt, sondern meint den Bund*, den Gott mit den Menschen geschlossen hat. Der Bund des Alten Testaments wird im Neuen Testament durch Jesus Christus* erneuert. Man merkt gleich, dass dies Bezeichnungen aus christlichem Blickwinkel sind. Juden* würden das anders sehen. Mit ihnen teilen die Christen das erste Testament, das die Geschichte Israels mit Gott erzählt. Seine ursprüngliche Sprache ist Hebräisch. Das Neue Testament erzählt die Geschichte von Jesus und denkt darüber nach, was er für uns bedeuten kann. Die Ursprache des Neuen Testaments ist Griechisch. Die Schriften des Alten Testaments lassen sich in drei Gruppen einteilen: 1. die Geschichtsbücher: Dazu gehören die fünf Bücher Mose, aber auch die Samuelbücher, die von König David* erzählen, die Königsbücher und einige andere, 2. die Psalmen* und Lehrbücher, 3. die Bücher der Propheten*: Jesaja, Jeremia* und Hesekiel (Ezechiel) sind die größten. Die Schriften des Neuen Testaments lassen sich auch in Untergruppen einteilen: 1. die vier Evangelien*: Markus, Matthäus, Lukas und Johannes, 2. ein Geschichtsbuch: die Apostelgeschichte, 3. Briefe: zum Beispiel die des Apostel Paulus, 4. das letzte Buch: die Offenbarung des Johannes. Wer diese Reihenfolge ungefähr im Kopf hat, kennt sich in der Bibel schon toll aus.
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KAPITEL 2
Erfindet ein Bibel-Kreuzworträtsel: Mit Hilfe von Textstellen kommt man zu den richtigen Wörtern, die man in ein Kästchenraster eintragen muss (Beispiel: Ein alter Beruf – Jer 23,1, das 3. Wort)! l Erfindet ein Bibelquiz mit Fragen, die sich über Textstellen beantworten lassen (Beispiel: Was trägt der Prophet Jeremia auf seinem Nacken? Jer 27,2)! l Schreibt euch Geheimbotschaften mit Hilfe von Bibelstellen! l Bibelausgaben bieten oft viel Begleitmaterial an. Untersucht eure Bibeln, welche Zusatzinformationen ihr erhaltet! l Die fünf Bücher Mose haben noch ganz andere Namen, die so abgekürzt werden: Gen, Ex, Lev, Num und Dtn. Informiere dich darüber in deiner Bibel! l Die Angaben zum Bibelkuchen orientieren sich an der Lutherbibel. Vielleicht habt ihr Gelegenheit, ihn zu Hause oder in der Schule zu backen. l
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a se 32,14 n 5. Mo e s s a T 1,5 ,12 EHME: n Nah 3 MAN N 2 Tasse 1 ,1 7 1 r Je b 6 Stück se 17,23 o M . 4 a 1 Tasse 8 n Ri 14,1 3 2 Tasse 2,1 e s o M . 3 1 Prise n 5,2 ö K . en 1 4,5 Tass cht) r 6,20 eite Fru löffel Je 3– 4 Tee . Chr. 12,41 (zw n1 2 Tasse r 3,2 se 1. Ko s a T 3/4 kpulver c ffel Ba 3 Teelö s: Salomo Spruch m e d e lg Man fo ITUNG: 4a ZUBERE Spr 23,1 utaten erden. kenen Z Die troc rst gemischt w e : zu EIN TIPP sollten 0 Grad e bei 18 e Stund in e a Etw IT: BACKZE
BIBELK
An der Bibel forschen
Da stimmt doch was nicht!
Manchmal haben biblische Erzählungen eine lange Geschichte. Wenn man eine solche Erzählung ganz genau liest, kann man in ihr etwas von dieser Geschichte entdecken. l Ein Experiment: Alle schließen ihre Augen und einer liest sehr langsam die folgende Geschichte vor. Lasst jede Szene vor eurem inneren Auge entstehen! l
Und die Ägypter jagten den Israeliten nach mit Rossen, Wagen und ihren Männern und mit dem ganzen Heer des Pharao … Und der HERR sprach zu Mose: Was schreist du zu mir? Sage den Israeliten, dass sie weiterziehen. Du aber hebe deinen Stab auf und recke deine Hand über das Meer und teile es mitten durch, so dass die Israeliten auf dem Trockenen mitten durch das Meer gehen … Als nun Mose seine Hand über das Meer reckte, ließ es der HERR zurückweichen durch einen starken Ostwind die ganze Nacht und machte das Meer trocken und die Wasser teilten sich. Und die Israeliten gingen hinein mitten ins Meer auf dem Trockenen und das Wasser war ihnen eine Mauer zur Rechten und zur Linken. Und die Ägypter folgten und zogen hinein ihnen nach, alle Rosse des Pharao, seine Wagen und Männer, mitten ins Meer … Aber der HERR sprach zu Mose: Recke deine Hand aus über das Meer, dass das Wasser wiederkomme und herfalle über die Ägypter, über ihre Wagen und Männer. Da reckte Mose seine Hand aus über das Meer und das Meer kam gegen Morgen wieder in sein Bett und die Ägypter flohen ihm entgegen. So stürzte der HERR sie mitten ins Meer … Aber die Israeliten gingen trocken mitten durchs Meer und das Wasser war ihnen eine Mauer zur Rechten und zur Linken.
Habt ihr was gemerkt? Spielt in Gruppen Bibelforscher! Streicht auf einer Kopie des Textes alle Stellen an, die euch merkwürdig oder widersprüchlich vorkommen! Die Bilder auf dieser Seite helfen euch dabei. Formuliert euer Ergebnis! l Stellt euch vor, ihr seid auf einem Treffen von Bibelforschern. Überlegt euch, wie es zu diesem unstimmigen Text kommen konnte! Diskutiert verschiedene Möglichkeiten! l Eigentlich könnte man doch erwarten, dass die Menschen damals den Text lieber geglättet hätten, als solche Unstimmigkeiten in Kauf zu nehmen! l
2. Mose 14,9–22
IN GESCHICHTEN ZUHAUSE
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Geschichten über Geschichten nfo Von den Geschichten zum Buch Vor mehr als 3000 Jahren zogen Nomadenstämme mit ihren Herden in Palästina von einem Weideplatz zum anderen. Sie erlebten bittere Not, wenn es Streit gab mit anderen Stämmen oder die Tiere nicht mehr genug Futter bekamen. Sie erlebten aber auch Wohlstand und überraschende Hilfe. An den Lagerfeuern erzählten sie von ihren verehrten Großeltern, wie diese von Gott begleitet und immer wieder gerettet wurden. Diese Geschichten wurden weitererzählt von Generation zu Generation, weil sie spannend waren, manchmal auch lustig. Vor allem gaben diese Geschichten den Menschen damals Orientierung und Mut und zeigten ihnen, zu wem sie gehörten und wer sie waren. Solche Geschichten waren die von Abraham und Sara, von Isaak und Rebecca, von Jakob, Rahel und Lea. Vgl. Kap 10 Noch ein Experiment! Fünf Schülerinnen und Schüler verlassen das Klassenzimmer. Einer weiteren Schülerin wird eine kurze Geschichte erzählt. Diese holt den ersten Schüler herein und erzählt ihm nun die Geschichte aus dem Gedächtnis, ohne dass die draußen etwas mitbekommen. So geht es weiter, bis der letzte die Geschichte der ganzen Klasse vorträgt. Lasst ein Aufnahmegerät mitlaufen! Beobachtet genau, wie sich die Geschichte von Erzählung zu Erzählung verändert! Was verschwindet? Was wird ausgebaut? Was wird dazu erfunden? l Lest die Info zur Entstehungsgeschichte der Bibel! Vergleicht sie mit den Ergebnissen eurer »Bibelforschung« (S. 27)! l Sprecht darüber: »Können alte Geschichten Mut machen und Orientierung geben?« l An dem Bild oben sieht man gut, welche Atmosphäre Geschichten brauchen und welche sie erzeugen. l
Manche Stämme kamen auf ihrer Suche nach Weideplätzen bis nach Ägypten. Der Pharao wollte sie nicht mehr wegziehen lassen, weil er die Nomaden gut für seine großen Bauvorhaben gebrauchen konnte. Dennoch gelang mit Mose die Flucht aus Ägypten. Für alle, die das erlebten, war es ein Wunder. Und so wurde eine weitere Geschichte erzählt von Generation zu Generation und fügte sich nach und nach mit den alten Geschichten zusammen: Gott hat uns befreit und will die Freiheit der Menschen. Vgl. Kap 4
1300 1000
Erst viel später, als Israel mit David und Salomo ein Königreich geworden war, wurden Hofschreiber damit beauftragt, die alten Geschichten niederzuschreiben und so die Erinnerungen festzuhalten. So entstanden die ersten Bücher des Alten Testaments. Im Laufe der Jahrhunderte wurden weitere Bücher hinzugefügt und sogar die alten überarbeitet, bis man erst sehr viel später, nämlich zur Zeit der Entstehung des Neuen Testaments, den Inhalt des Alten Testaments endgültig festlegte.
t man gleich: Geschichten brauchen Zeit. 28
KAPITEL 2
Buchstaben über Buchstaben Erst 70 bis 100 n. Chr. entstanden die vier Evangelien* (griechisch: euangelion; Evangelium heißt »gute, frohe Botschaft«), der Anfang des Neuen Testaments. Sie wollen die frohe Botschaft von Jesus weitererzählen. In der Apostelgeschichte und in den Paulusbriefen geht es um die ersten christlichen Gemeinden. Paulus denkt außerdem sehr viel darüber nach, was es bedeutet, an Jesus Christus zu glauben. Die von Paulus verfassten Briefe sind die ältesten Schriftstücke des Neuen Testaments. Sie wurden zwischen 50 und 60 n. Chr. niedergeschrieben.
100
Woher man das alles weiß? Meist nur über die Texte selbst. Indem man sie genau so untersucht und dann Überlegungen angestellt hat, wie ihr es mit der »Schilfmeergeschichte« getan habt.
Geschichten mit Geschichte l Die Bibel ist über einen sehr langen Zeitraum entstanden. Da konnte viel mit dem Text passieren! l Was ich mir nicht aufschreibe, kann ich mir nicht merken? Geht dir das auch so? l Mündlich – schriftlich: Was ändert sich? l »Wenn die biblischen Erzähler ihre Geschichten doch nur gleich aufgeschrieben hätten!« Siehst du das auch so? »Heilige Schrift« l Fragt euren Lehrer / eure Lehrerin, ob er / sie euch einen Satz auf Griechisch oder vielleicht sogar auf Hebräisch vorlesen kann. l Auf dem Titelbild des Lesebuchs für jüdische Kinder stehen nur (hebräische) Buchstaben – wirklich »nur« Buchstaben? Deute die Gestaltung! l Schau dir deine eigene Schrift an: Wie passt sie zu dir? Magst du deine Schrift? Was sagen andere darüber? l Man nennt die Bibel auch »Heilige Schrift« – wie kann »Schrift« heilig sein?
nfo Die Sprachen der Bibel Die Bücher des Alten Testaments sind ursprünglich auf Hebräisch geschrieben: Das sind die ersten Worte der Bibel in Hebräisch: Man schreibt es von rechts nach links und nur die Konsonanten. Die Vokale ergaben sich aus dem Zusammenhang und wurden erst viel später durch hinzugefügte Zeichen festgelegt. Die Ursprache des Neuen Testaments ist Griechisch. Griechisch war zur Zeit Jesu die übliche Handels- und Verkehrssprache, so wie heute vielleicht Englisch. Einige der ersten Worte des Markusevangeliums erkennst du sogar:
Das erste Lesebuch für jüdische Kinder in Deutschland nach dem Zweiten Weltkrieg erschien 1996.
IN GESCHICHTEN ZUHAUSE
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Bis heute ... »O glücklichster Leser, wasche Deine Hände und fasse das Buch so an, drehe die Blätter sanft, halte die Finger weit ab von den Buchstaben. Der, der nicht weiß zu schreiben, glaubt nicht, dass dies eine Arbeit sei. O wie schwer ist das Schreiben: es trübt die Augen, quetscht die Nieren und bringt zugleich allen Gliedern Qual. Drei Finger schreiben, der ganze Körper leidet …« Notiz eines Schreibers im 8. Jahrhundert Abgeschrieben l Schreibe einen Abschnitt aus der Bibel ab, wie es damals die Mönche in den Klöstern taten! Versuche es mit derselben Sorgfalt . l Wie viel Zeit hast du gebraucht und wie viel Zeit würde es dauern, die ganze Bibel so abzuschreiben? Wie viele Bibeln konnte ein Mönch in seinem Leben schaffen?
nfo Abschreiben – forschen – übersetzen Bis zur Erfindung des Buchdrucks im 15. Jahrhundert musste die Bibel mit der Hand abgeschrieben werden. Sie wurde von Mönchen auf Pergament, das man aus Tierhäuten gewann, übertragen und oft kunstvoll verziert. Für eine Bibel brauchte man die Häute von 200 Schafen. Verständlich, dass sich beim Übertragen auch Schreibfehler einschleichen konnten oder Schreiber sogar bewusst den Text veränderten. Deshalb gibt es heute ein großes Interesse, möglichst frühe und zuverlässige Texte zu finden. Ein berühmter Textfund geschah 1947, als ein Beduinenjunge in der Gegend von Qumran am Toten Meer zufällig Tonkrüge mit sehr alten Handschriften entdeckte. Viele Wissenschaftler forschen seitdem an diesen Texten. 1522 übersetzt Martin Luther* die Bibel in die deutsche Sprache. Dabei wollte er »dem Volk aufs Maul schauen«, denn es ging ihm nicht nur darum, dass alle die Bibel lesen können. Sie sollten sie auch verstehen.
würdig: Übersetzen macht Sinn! 30
KAPITEL 2
Übersetzt l Was macht das Übersetzen von einer Sprache in die andere so schwierig? Sprecht darüber auch mit einem Fremdsprachenlehrer! l Viele sagen: »Ich mag die Bibel nicht, weil ich sie nicht verstehe.« Formuliere eine Antwort darauf!
... in vielen Gestalten »Wir haben noch eine Familienbibel.« »Bibeln für Kinder lassen viel weg!«
»Wir haben überhaupt keine Bibel!«
»Aus der Kinderbibel hat mir meine Mutter vor dem Einschlafen vorgelesen.« Bibeln gibt es in vielerlei Gestalt. Tragt zusammen, in welchen Gestalten ihr die Bibel kennt! l Bringt Bibeln von zuhause mit! Vergleicht die Bibeln und sprecht darüber! l Jede Gestalt hat ihre Vor- und Nachteile und ist nicht für jede Gelegenheit nützlich. l Vergleiche Psalm 23 oder eine andere Bibelstelle in unterschiedlichen Bibelübersetzungen! l Besuche »bibelserver.com« oder eine andere Online-Bibel und versuche die nebenstehenden Redewendungen zu finden! l Befragt Lehrer, Eltern, Schüler zu ihren Erfahrungen mit der Bibel! l Gestaltet eine Radiosendung zum Thema »Bibel heute …« mit Interviews, Bibelvorstellungen, Ausschnitten aus Bibel-CDs, Lesetipps! Ihr habt bestimmt noch bessere Ideen! l Oder gestaltet eine Bibelausstellung. Vielleicht möchten auch Mitschüler / innen anderer Konfessionen und Religionen mitmachen? Heißt das Thema dann »Heilige Bücher«? l
»Weihnachten lesen wir immer die Weihnachtsgeschichte.«
»Mit einem Bibelfilm kann ich mir alles besser vorstellen!«
h für ein Buc k t is l e »Die Bib cherschrank.« d e n Bü
Alles aus der Bibel: Buch mit sieben Siegeln. Eher geht ein Kamel durch ein Nadelöhr. Von Pontius zu Pilatus gehen. Unter die Fittiche nehmen. Ein Stein des Anstoßes. Den Seinen gibt’s der Herr im Schlaf. Als Lückenbüßer herhalten. Wie Schuppen von den Augen fallen.
IN GESCHICHTEN ZUHAUSE
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Gotteswort oder Menschenwort? Johannes schreibt an seinem Evangelium
»Er ist ganz Ohr.« .« er nicht t h e i s be » D i e Ta u »Eine Hand führt die Taube.« »Das Messer in seiner Linken ist zum Radieren da.«
»Kann Jo hannes n a c h f ra g e we n n e r n, e t wa s n i c h t ve r s teht?« »Wenn die Bibel so entstanden ist, dann darf man kein i-Tüpfelchen verändern!« t dann « » U n d w a s is h t g e f a ll e n ? ic n ir m ie d , m it S t e ll e n
Dir ist in der Schule schon oft diktiert worden. Welche Erfahrungen hast du gemacht? l Sieh dir Johannes an! Was liest du in seinem Gesicht, in seinen Augen, aus seiner Haltung, aus der Stellung der Hände? Der Maler zeigt in seinem Bild, dass Johannes etwas Besonderes ist! l Vielen Menschen war und ist es ganz wichtig, dass Gott die Bibel Wort für Wort diktiert hat. Kannst du sie verstehen? l Tauscht euch aus: »Nur wer die Bibel Wort für Wort glaubt, nimmt sie wirklich ernst.« l
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KAPITEL 2
Dann wäre alles so einfach … Wenn man es nur glauben könnte: Die Bibel, von Gott den Propheten und Evangelisten diktiert, eingeflüstert, zugerufen. Aber ich weiß Bescheid! Hunderte von Menschen haben an der Bibel gearbeitet, haben erzählt, geschrieben, abgeschrieben, übersetzt, ausgewählt, haben die Bibel gestaltet und ausgemalt. Ist sie Gottes Wort? Oder doch nur von Menschen?
Gotteswort im Menschenwort » M ir g e
h t e in L
»Ganz versunken«
ic h t a u f
!«
»So habe ich das noch nicht gesehen!« »Ich sehe mich ganz anders!«
ac h t » Da s m
mir Mu
t!«
Schon wieder eine Taube. Doch etwas ist anders! l Lies den Brief an Simone! Sprecht über die Gedanken, die sich die Patentante macht! Die Patentante sieht in der Bibel beides, Gotteswort und Menschenwort. Welche Gedanken passen zum einen und welche zum anderen? l
Liebe Simone, erinnerst Du Dich, was Du vor einer Woche gesagt hast, als Ihr mich zum Mittagessen eingeladen hattet? Du hast vom Religionsunterricht erzählt, von eurem Lehrer, der erklärt hat, dass die Bibel von Menschen geschrieben wurde. »Von wegen Gotteswort!«, hast Du am Mittagstisch gesagt und mich herausfordernd angesehen. Ich freue mich, dass Du Dir über diese Dinge Gedanken machst und musste ganz schön überlegen, wie ich Dir antworten kann. Du weißt, mich beschäftigen diese Fragen auch sehr. Mir kommt die Bibel vor wie ein Gespräch ohne Ende. Viele, unglaublich viele Menschen sind beteiligt. Sie lebten zu ganz unterschiedlichen Zeiten. Sie waren arm oder reich, mutig oder ängstlich, hoffnungslos oder voller Hoffnung. Sie alle machten sich immer wieder ihre Gedanken. Sie ließen nicht locker zu fragen, wie sie das Leben verstehen könnten, mit seinen Licht- und seinen Schattenseiten, und wie sie Gott verstehen könnten, der dieses Leben gegeben hat.
Schon ge t? Gott redet mit vielen Stimmen. Passt gut zu ihm!
Wenn ich in der Bibel lese, dann werde ich in dieses vielstimmige Gespräch hineingezogen. Gott muss die Bibel nicht diktiert haben, damit ich in ihr Gottes Wort finden kann. Sie muss auch nicht auf alle Fragen eine Antwort wissen und erst recht nicht mit einer einzigen Stimme und ohne Widersprüche sprechen. Es sind gerade die vielen Stimmen in der Bibel, durch die ich Gottes Wort höre. Sie lassen mich weiterdenken und erkennen, dass Gott immer größer ist als alle Antworten, die mir einfallen. Keine letzte Antwort zu haben, ist nicht leicht auszuhalten. Dazu braucht man viel Vertrauen. Vertrauen in Gott, der immer größer ist, als ich es mir denken kann. Kannst Du mit meinen Gedanken etwas anfangen? Hast Du Lust zurückzuschreiben? Mit ganz lieben Grüßen, Deine Patentante Monika
Ich hab nun 28 Jahr, seit ich Doktor geworden bin, stetig in der Biblia gelesen und daraus geprediget, doch bin ich ihrer nicht mächtig und find’ noch alle Tage etwas Neues drinnen. Martin Luther*
IN GESCHICHTEN ZUHAUSE
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m Zusammenhang
Dein Merk-Rucksack fü
l lt
»Alle guten Bücher schon weg!«, hat sich Tamara geärgert. Dabei wäre es super gewesen, »Harry Potter«, »Tintenherz«, »Gregs Tagebuch«, »Warrior Cats« oder ein anderes ihrer Lieblingsbücher der Klasse vorzustellen. Was für ein Pech, dass Frau Schiller-Locke, die Deutschlehrerin, sie erst so spät aufgerufen hat. »Die Bücher, die ich besprechen wollte, haben schon die anderen. Ich brauche erst noch eine Idee«, musste Tamara sie vertrösten. Doch jetzt kam ihr dieser verrückte Einfall. Im Religionsunterricht hatten sie die Bibel durchgenommen, das »Buch der Bücher«, wie die Religionslehrerin sagte. »Die würden alle Bauklötze staunen, wenn ich die Bibel …« Tamara schaut in ihrem Deutschheft nach. Da steht, was sie bei der Büchervorstellung beachten soll: – Stelle den Verfasser oder die Verfasserin vor! – Erzähle etwas zur Zeit und zur Geschichte des Buches!
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KAPITEL 2
si c
– Schildere kurz, worum es geht (natürlich so, dass andere Lust zum Lesen bekommen und ihnen nicht die Spannung geraubt wird)! – Lies einen ausgewählten Abschnitt vor, der dir besonders gut gefällt oder den du kritisch siehst, und äußere deine Meinung dazu und zu dem ganzen Buch! – Mach dir Notizen, die dir beim Vortrag helfen! – Freiwillig: Erstelle mit dem Computer eine Zusammenfassung für deine Mitschülerinnen und Mitschüler! »Manches müsste ich etwas anders machen. Verrückt ist es, aber es könnte gehen«, denkt sie sich. l
Erarbeite eine Bibelvorstellung, die nicht länger als 5 bis 10 Minuten dauert. Einige von euch können sie in eurer Religionsklasse ausprobieren!
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Merk-Rucksack Überlegt gemeinsam: Was war wichtig in diesem Kapitel? Was wollt ihr euch merken? Welche Begriffe könnt ihr jetzt gut erklären? Worüber müsste man noch einmal nachdenken? Möchtest du etwas für dich persönlich hinzufügen?
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