OrtswechselPLUS 6

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Ortswechsel

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Evangelisches Religionsbuch fĂźr Gymnasien 6

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MITTENDRIN

MITTENDRIN

Zur Genehmigung eingereichte korrigierte Fassung


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Evangelisches Religionsbuch fĂźr Gymnasien 6

MITTENDRIN


Herausgegeben und verfasst von Ingrid Grill-Ahollinger, Sebastian Görnitz-Rückert, Tanja Gojny, Andrea Rückert

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unter Mitarbeit von Erika Behrendt, Friederike Braun, Elisa Glufke, Dietlinde Kautz, Peter Samhammer und Natalie Schade

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Claudius Verlag München 2018 Birkerstraße 22, 80636 München www.claudius.de

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Rechtschreibreformiert, sofern nicht urheberrechtliche Einwände bestehen. Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Gestaltung und Typografie: Cordula Schaaf, München Druck und Bindung: appl, Wemding ISBN 978-3-532-70091-4


Inhalt VORWORT............................................................................................................................................ 4 KAPITEL 1: MITTENDRIN................................................................................................................ 8

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Lernbereiche »In Beziehung«, »›Mitten unter euch‹ – Jesu Botschaft und Leben« und »Anders – fremd – verschieden«

KAPITEL 2: NICHT ALLEIN ............................................................................................................. 20 Lernbereiche »In Beziehung« und »Anders – fremd – verschieden«

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KAPITEL 3: ZUR WELT GEKOMMEN ............................................................................................. 44

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Lernbereiche »Zwischen Galiläa und Jerusalem« und »›Mitten unter euch‹ – Jesu Botschaft und Leben«

KAPITEL 4: MITTEN UNTER EUCH ............................................................................................... 66 Lernbereiche »›Mitten unter euch‹ – Jesu Botschaft und Leben« und »Anders – fremd – verschieden«

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KAPITEL 5: ANDERS NORMAL ....................................................................................................... 98

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Lernbereiche »Anders – fremd – verschieden« und »In Beziehung«

KAPITEL 6: PAUSEN ....................................................................................................................... 116 Lernbereich »Feste und Auszeiten«

Alles im Zusammenhang....................................................................................................................... 138 Methoden............................................................................................................................................ 139 Lexikon................................................................................................................................................ 149 Register............................................................................................................................................... 164 Quellenverzeichnis............................................................................................................................... 165 INHALT

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ein Jahr ist es erst her, da wart ihr noch »die Neuen« am Gymnasium, gespannt darauf, was auf euch zukommt. Jetzt gehört ihr schon zu den etwas Größeren und habt vermutlich die diesjährigen fünften Klassen mit begrüßt. Ihr findet euch in den entlegensten Winkeln des Schulgebäudes zurecht, kennt viele Schülerinnen und Schüler und wisst, wie unterschiedlich Lehrkräfte sein können! Vielleicht habt ihr neue Freundinnen und Freunde gefunden. Ihr seid also »mittendrin« angekommen. Doch manchmal will man möglicherweise gar nicht »mittendrin«, sondern lieber für sich sein und das Geschehen von außen betrachten. Vielleicht kennt ihr auch Situationen, in denen es Konflikte gibt oder in denen man sich ausgeschlossen fühlt. Über solche Erfahrungen denkt ihr in diesem Jahr nach und bringt sie in Beziehung zur Religion und zum Glauben an einen Gott, der sich selbst »mitten hinein« begeben hat und den Menschen ganz nahe sein will. Um folgende Themen wird es in diesem Jahr gehen:

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Liebe Schülerinnen und Schüler,

Der christliche Glaube beruft sich auf Jesus von Nazareth. Um ihn und seine Botschaft besser zu verstehen, beschäftigt ihr euch mit der Welt, in der er lebte, und mit der jüdischen Religion, in der er erzogen wurde. (Lernbereich 6.2 »Zwischen Galiläa und Jerusalem«) Jesus hat den Menschen verkündet, dass Gott nah und sein Reich »mitten unter uns« schon angebrochen sei. Ihr könnt diese Hoffnung in Gleichnis- und Wundergeschichten, aber auch in den Überlieferungen von Jesu Leiden und Sterben und im Glauben an seine Auferstehung entdecken. (Lernbereich 6.3 »› Mitten unter euch‹ – Jesu Botschaft und Leben«) Es gibt sowohl im eigenen Lebensumfeld als auch in der Gesellschaft Situationen, in denen Menschen einander fremd sind und sich gegenseitig als »anders« ablehnen. Ihr tauscht dazu Erfahrungen aus und setzt euch mit biblischen Anregungen für einen lebensförderlichen Umgang mit Anders-Sein auseinander. (Lernbereich 6.5 »Anders – fremd – verschieden«) Feiern gehört zum Menschsein – im persönlichen Leben und in der Religion. Ihr informiert euch über die Bedeutung wichtiger Feste des Kirchenjahrs und macht euch Gedanken darüber, wie man sie angemessen feiert. (Lernbereich 6.4 »Feste und Auszeiten«)

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MITTENDRIN!

Im Eingangskapitel experimentiert ihr mit dem Motto »Mittendrin« und bekommt einen Vorgeschmack auf alle Themen des Buchs. Menschen leben in einem Netz von Beziehungen und sind aufeinander angewiesen. Ihr denkt miteinander über das Leben in der Familie, im Freundeskreis und in Gruppen nach und sucht – auch mit Hilfe biblischer Impulse – nach Wegen, solche Beziehungen gut zu gestalten. (Lernbereich 6.1 »In Beziehung«)

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VORWORT


Du denkst kritisch darüber nach, wie Jugendliche in der Klasse oder in den Medien miteinander umgehen. Du beziehst Stellung, wenn z. B. im Internet über andere gelästert wird und andere ausgegrenzt werden. Von beispielhaften Projekten lässt du dich anregen, über eine Kirche und eine Gesellschaft nachzudenken, in der ganz unterschiedliche Menschen »mittendrin« sein dürfen.

Du experimentierst mit den Gedanken der Mitte. Mit deiner Religionsgruppe tauschst du dich über Erfahrungen in Gruppen aus, aber auch über eigene Glaubensgewissheiten und Zweifel. Du versetzt dich in Menschen hinein, die am Rande stehen wollen oder müssen. Du lässt dich vom Motto des Buches zu eigenen Gestaltungen von »Mitte« bzw. von Mittendrinsein anregen.

kommunizieren

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EXTRATOUR

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Was ihr zum Bearbeiten der jeweiligen Aufgaben wissen müsst, steht in den Info-Kästchen. Weitere Informationen enthält das Lexikon am Ende des Buches. Begriffe, die dort erklärt werden, sind im Text mit einem Sternchen* versehen. Wenn ein Begriff auf einer Doppelseite selbst ausführlicher oder genauer erklärt wird als im Lexikon, wird auf das Sternchen verzichtet, ebenso, wenn ein Begriff in einem Text wiederholt wird. In diesem Buch findet ihr dort, wo es etwas zu »bemerken« oder »anzumerken« gibt, dort, wo man sich festbeißt, wo man sich wundert, wo einem ein Licht aufgeht, Gedankensplitter, die mit der Überschrift »Merke« gekennzeichnet sind.

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Du nimmst wahr, wie es dir und anderen Menschen geht, wenn sie sich im Zentrum oder eher am Rande befinden, sei es bei Partys oder im Internet. Du deutest Geschichten und Bilder, in denen Jesus mit Menschen feiert und sich denen zuwendet, die normalerweise nicht dazugehören. Du formulierst Fragen zum Glaubensbekenntnis und verstehst, dass der Zweifel schon der in Bibel zum Glauben dazugehört.

sich ausdrücken

reflektieren

Auf der ersten Doppelseite jedes Kapitels rechts könnt ihr euch anhand einer Vorschau orientieren: Was erwartet mich in diesem Kapitel? Was werde ich lernen, was am Ende können? Vielleicht möchtet ihr gemeinsam überlegen, was euch von den angekündigten Themen und Fragen besonders interessiert und worauf ihr einen Schwerpunkt legen wollt. wahrnehmen

»Mittendrin« heißt das Motto deines Religionsbuchs. In diesem Kapitel bekommst du einen Vorgeschmack auf alle Themen des Buches. Du beschreibst Situationen, in denen man sich »mittendrin« oder »außen vor« befindet, lernst zwei Geschichten von Jesus kennen (»Das Gastmahl des Levi« und »Der ungläubige Thomas«) und beschäftigst dich mit dem 2. Glaubensartikel, den du in diesem Jahr auswendig lernst.

deuten

wiedergeben

beschreiben

Die erste Doppelseite eines jeden Kapitels stellt auf der linken Seite einige große Fragen. Sie führen in die Thematik des Kapitels ein. Mit manchen davon beschäftigen sich Menschen, seit die Welt besteht, und es gibt wohl niemanden, der solche Fragen abschließend beantworten kann. Auch nicht euer Lehrer oder eure Lehrerin. Auch nicht dieses Religionsbuch. Aber es gehört zum Leben, solche Fragen wachzuhalten, immer wieder für sich neu zu bedenken und (vorläufig) zu beantworten. Der Religionsunterricht will dazu beitragen, dass ihr das Fragen nicht verlernt – ein Leben lang!

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Große Fragene

dann umblättert, findet ihr Erklärungen und Aufgaben dazu. Es folgen Doppelseiten mit Geschichten, Szenen und Gedichten, mit Bildern und Bibelstellen, dazwischen immer wieder Äußerungen von Schülerinnen und Schülern.

INFO

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EINE KLEINE GEBRAUCHS ANWEISUNG FÜR DIESES BUCH

Manchmal probiert man auch gern eigene Wege aus. Vielleicht entscheidet ihr zusammen mit eurer Lehrkraft, dass ihr einzelne Themen oder Teile davon mithilfe des Buches über mehrere Stunden hinweg ganz selbständig erarbeiten wollt, allein oder in Kleingruppen. Die Extratouren auf der ersten Doppelseite eines Kapitels enthalten Vorschläge dafür.

Doppel- Nach der Eingangsdoppelseite führt in jedem Kapitel eine Doppelseite mit beseite sonderen Bildern oder Texten mitten in das jeweilige Thema hinein. Wenn ihr

MERKE

Auf den Doppelseiten findet ihr »Wegweiserkästen«. Sie enthalten Aufgaben und Denkanstöße, also Impulse zur Bearbeitung des Themas. So wie der Wegweiser in mehrere Richtungen weist, so sind auch die angebotenen Aufgaben ganz unterschiedlich: Manche brauchen mehr, manche weniger Zeit; manche sind einfach zu bearbeiten, über andere muss man gründlicher nachdenken; manche macht man lieber für sich allein, für manche braucht man einen Partner bzw. eine Partnerin oder eine Gruppe; manche sind z. B. für Tüftler/innen, manche für Kreative, manche für Widerspruchsgeister bzw. für alle, die neue Talente an sich entdecken wollen. Eure Lehrerin bzw. euer Lehrer wird für euch, VORWORT

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Wenn in den Impulsen oder Infos ein Thema aufgegriffen wird, das in einem vorhergehenden Schuljahr schon behandelt wurde, weist die graue Zahl in eckigen Klammern darauf hin. Manches, was ihr anfertigt, geht nur euch selbst etwas an. Das SchließfachSymbol zeigt an, was ein Geheimnis bleiben darf.

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Wie in allen Fächern benötigt ihr auch im Religionsunterricht Methoden und Arbeitstechniken, um Inhalte zu erschließen und miteinander ins Gespräch zu kommen. Einige Methoden, die für den Religionsunterricht wichtig sind und die ihr immer wieder brauchen könnt, werden im Buch durch einen kleinen Werkzeugkoffer gekennzeichnet und auf den S. 139–148 erläutert.

Lernen – auch in Religion – macht dann Sinn, wenn man das Gelernte in den folgenden Schuljahren, vor allem aber im Alltag und auf seinem Lebensweg wieder brauchen kann: als Reisegepäck und Orientierungshilfe fürs Leben. Am Ende eines jeden Ortswechselkapitels findet ihr darum einen Rucksack. Darin werdet ihr zunächst einmal aufgefordert, anhand der Vorschau auf der ersten Doppelseite zu überprüfen, was ihr jetzt am Kapitelende besser verstanden habt und besser könnt als vorher. Außerdem könnt ihr allein oder gemeinsam überlegen: Was war interessant, worüber möchtet ihr noch genauer nachdenken, was hat Spaß gemacht und was weniger?

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Am Ende eines jeden Kapitels könnt ihr anhand von passenden Situationen und Materialien ausprobieren, ob ihr das Gelernte im Zusammenhang verstanden habt und anwenden könnt. Dabei werden meist auch Verbindungen zu anderen Kapiteln hergestellt.

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vielleicht auch mit euch zusammen, auswählen oder die Aufgaben unter euch aufteilen.

ERINNERT IHR EUCH? Ihr habt schon in der fünften Jahrgangsstufe nach jedem Lernbereich euren Rucksack gepackt. Was ihr da mitgenommen habt, braucht ihr in diesem Jahr immer wieder, könnt es vertiefen und aus neuer Perspektive beleuchten. Im letzten Jahr war eure Situation an der neuen Schule und in der neuen Klasse ein großes Thema. Ihr habt darüber nachgedacht, wie man gut mit6

VORWORT

einander umgehen kann und welche Regeln dabei helfen können. Als wichtige Leitlinien der Bibel habt ihr die Zehn Gebote und das Doppelgebot der Liebe kennengelernt und auf das Miteinander in der neuen Klasse bezogen. In diesem Jahr erweitert ihr den Spielraum und betrachtet das Zusammenleben in Familie, in Gruppen und im Freundeskreis, aber auch das Zusammenleben mit Menschen, die als »fremd« und »anders« wahrgenommen werden. Ihr prüft, ob und wie

Im Zusammenhang


Im letzten Jahr habt ihr Spuren von Religion in eurem Umfeld gesucht. Ihr habt gelernt, Symbole, z. B. in der Kirche, zu verstehen und zu deuten. Ganz besonders deutlich zeigt sich Religion in ihren Festen. Darum setzt ihr die Beschäftigung mit Ausdrucksformen des Glaubens fort, indem ihr wichtige christliche Feste deutet und vielleicht auch feiert.

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Die Bibel werdet ihr in diesem Jahr oft brauchen, wenn ihr Geschichten von Jesus lest. Da ist es gut, dass ihr in der fünften Klasse geübt habt, Bibelstellen nachzuschlagen. Ihr habt damals auch erfahren, dass die Bibel über einen langen Zeitraum aus mündlichen und schriftlichen Überlieferungen entstanden ist. Daran könnt ihr euch wieder erinnern, wenn ihr euch mit den Evangelien beschäftigt, die nicht einfach historische Tatsachenberichte darstellen, sondern die aus unterschiedlichen Perspektiven vom Glauben an Jesus Christus erzählen.

Im Zusammenhang mit dem ersten Glaubensartikel habt ihr im letzten Jahr auch darüber nachgedacht, warum es – wenn Gott doch »allmächtig« und ein »Vater« ist, Leid und Unglück auf der Welt gibt. Mit dem Glauben an Jesus Christus ist das Leid nicht aufgehoben, aber das Kreuz Christi erinnert daran, dass Gott den Menschen im Leiden nahe ist und mitleidet. Der Glaube an die Auferstehung macht Hoffnung, dass Tod und Trauer nicht das letzte Wort haben.

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auch hier die biblischen Leitlinien helfen können, friedlich miteinander zu leben.

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In diesem Jahr steht Jesu Verkündigung des Reiches Gottes im Mittelpunkt. Er bringt den Menschen einen Gott nahe, der »mitten unter ihnen« ist, der sie ohne jede Vorleistung liebt und sich gerade auch den Ausgegrenzten zuwendet. Dies steht in einem unlöslichen Zusammenhang mit biblischen Geschichten, die ihr schon kennt, z. B. den Schöpfungsüberlieferungen, die davon handeln, dass alle Menschen Kinder Gottes sind, oder den Geschichten von der Befreiung Israels aus Ägypten, die von einem Gott erzählen, der Freiheit und Gerechtigkeit unter den Menschen will. In diesem Schuljahr habt ihr Gelegenheit, euer Nachdenken über Gott zu vertiefen.

Und nun: »mitten hinein« ins neue Schuljahr und ins neue Religionsbuch. Wir wünschen euch viel Spaß dabei, eure Ingrid Grill-Ahollinger, Sebastian Görnitz-Rückert, Tanja Gojny und Andrea Rückert

Aufbauend auf dem ersten lernt ihr nun den zweiten Glaubensartikel: Der allmächtige Vater, der Schöpfer des Himmels und der Erde, wird Mensch. VORWORT

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KAPITEL 1

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MITTENDRIN

Wie bestimmt man eigentlich die Mitte?

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Wo ist der Mittelpunkt der Welt?

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Ist man mittendrin, wenn man im Mittelpunkt steht? Ist Mittelmaß gesund?

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Welche Partei ist in der Mitte?

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Mittendrin oder nur dabei?

Lernbereiche »In Beziehung«, »›Mitten unter euch‹ – Jesu Botschaft und Leben« und »Anders – fremd – verschieden« 8

KAPITEL 1


Du nimmst wahr, wie es dir und anderen Menschen geht, wenn man sich im Zentrum oder eher am Rande befindet, sei es bei Partys oder im Internet. Du deutest Geschichten und Bilder, in denen Jesus mit Menschen feiert und sich denen zuwendet, die normalerweise nicht dazugehören. Du formulierst Fragen zum Glaubensbekenntnis* und nimmst wahr, dass der Zweifel schon in der Bibel zum Glauben dazugehört.

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Mit deiner Religionsgruppe tauschst du dich über Erfahrungen in Gruppen aus, aber auch über eigene Glaubensgewissheiten und -zweifel. Du versetzt dich in die Rollen von Menschen hinein, die am Rande stehen wollen oder müssen. Angeregt vom Motto des Buches gestaltest du kreativ deine eigene Sicht von »Mitte« bzw. von Mittendrinsein.

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Du denkst kritisch darüber nach, wie Jugendliche in der Klasse oder in den Medien miteinander umgehen. Du beziehst Stellung, wenn z. B. im Internet über andere gelästert wird und andere ausgegrenzt werden. Am Beispiel ausgewählter Projekte denkst du über eine Kirche und eine Gesellschaft nach, in der ganz unterschiedliche Menschen »mittendrin« sein dürfen.

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»Mittendrin« heißt das Motto deines Religionsbuchs, in dessen Themen du in diesem Kapitel einen Einblick bekommst: Du beschreibst Situationen, in denen man »mittendrin« oder »außen vor« ist, lernst zwei Geschichten von Jesus kennen (»Das Gastmahl des Levi« und »Der ungläubige Thomas«) und lernst den 2. Glaubensartikel auswendig.

sich ausdrücken

reflektieren

wahrnehmen deuten

wiedergeben

beschreiben

kommunizieren

MITTEN HINEIN INS BUCH! Blättere doch einmal im neuen Religionsbuch und schaue, wo dein Blick hängenbleibt – vielleicht weil dir ein Bild auffällt, weil dich eine Überschrift neugierig macht, weil du über ein Thema schon nachgedacht hast … Findest du die »Mitte« des Buchs? Jede/r bekommt eine bestimmte Anzahl von Klebezetteln. Notiere auf jedem Zettel einen Gedanken oder eine Frage (z. B.: Hierauf freue ich mich, weil … / Was ich mich frage … / Das kenne ich schon … / Das spricht mich jetzt nicht so an …) und klebe ihn auf die entsprechende Seite. Ihr könnt über die Zettel sprechen, wenn ihr an der passenden Stelle im Unterricht angekommen seid. MITTENDRIN

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Mitten-

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… Dann müssen alle untereinander die Plätze tauschen, während die Person aus der Mitte versucht einen Platz zu erwischen …

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… Sobald das Stichwort fällt, rennen alle in die Mitte und versuchen ein Bonbon zu ergattern …

… Die Person, auf die die Flasche zeigt, muss eine Aufgabe erfüllen. Danach darf sie die Flasche drehen …

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KAPITEL 1


drin Information

Gästebuch

Fotos

Freunde

schazzi11

hey meine Süße!

Di, 13.4. 18:20 Uhr

muss für heute schon Schluss machen … meine Mom! …

das 8. Weltwunder

Besucher

tja.. da hab ich’s wohl wieder geschafft… und des Beste ist:

Di, 13.4. 17:23 Uhr

du wirst immer wieder drauf reinfallen und andere verdächtigen

==MAUSI==

was war denn das für eine BLÖDE Aktion vorhin?? Dein Ernst oder was? mag den Nehu echt gern - also chill mal!! du bist doch sonst nicht so hinterhältig

Monsum

Herzlichen Glückwunsch! Du warst meine 555. Besucherin!

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Di, 13.4. 17:10 Uhr

Glumanda

!Hey du Verrückte!

Di, 13.4. 15:51 Uhr

Find dich echt nett!

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Di, 13.4. 15:58 Uhr

schazzi11

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Di, 13.4. 14:19 Uhr

freaky franzi

Bist du das, Biene?

Hat etwas gedauert, bis ich dich mit dem Nick gefunden habe.

Di, 13.4. 14:17 Uhr

Add mich doch mal als Freund

Chris

Hi du, hast wohl vergessen, zu antworten?

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==MAUSI==

schazzi11

Bist trotzdem voll ok!

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Di, 13.4. 14:14 Uhr

Mo, 12.4. 21:38 Uhr

Nachrichten (2)

jaaaaaa, sooooo lustig wie die geschaut hat Mega Ihr seid meine friends 4-ever!! also dann morgen wieder um 3

war des heute wieder abgedreht vorhin du kleine fiese Maus du

Mo, 12.4. 21:34 Uhr

mittlerer Keks Mo, 12.4. 20:22 Uhr

mittlerer Keks Mo, 12.4. 19:21 Uhr

Du hast doch sicher die Hausi in Englisch?! ich brauch die morgen unbedingt!!! wie gehen die??? kann noch bis kurz vor 10 on sein … oder halt Handy!! Hey, was ist mit deinem Handy los?? Du bist nie online…

MITTENDRIN

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In der Mitte

MITTE

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1. a) Punkt oder Teil von etwas, der von allen Seiten oder Begrenzungen gleich weit entfernt ist b) Zeitpunkt, Zeitraum, der von zwei Begrenzungen etwa gleich weit entfernt ist 2. (Politik): Partei, Gruppierung zwischen rechts und links (aus dem DUDEN)

EINE/R STEHT IN DER MITTE ...

1. Auf S. 10 fi ndest du Spielfelder sowie Sätze aus Spielanleitungen für Gruppenspiele. Versuche, die Spiele wiederzuerkennen und vergleiche, was es für das Spiel und die Spielenden jeweils bedeutet, selbst oder mit dem »Spielstein« in der Mitte zu stehen! Ergänze hierzu weitere Spiele! 2. Vergleiche die Bilder auf dieser Seite: Sie zeigen unterschiedliche Ansichten der »Mitte«. Erfi nde Situationen, die zu den Bildern passen, und entscheide, bei welcher du selbst gern »mittendrin« wärst! Du kannst auch eine eigene Grafi k entwerfen. 3. Macht gemeinsam Experimente mit der Mitte: Markiert z. B. die Mitte des Klassenzimmers; sucht die Mitte im Religionsbuch! Beratet, wie ihr den Mittelpunkt eurer Schule bestimmen könntet, oder, schwieriger, die Mitte der Schul- oder Klassengemeinschaft! Recherchiert, wie man den Mittelpunkt der Erde zu defi nieren versucht! Und schließlich: (Wie) kann man die eigene Mitte fi nden? 4. »Im Mittelpunkt stehen« – das muss nicht immer in der realen Mitte sein. Beschreibe, wie es Lou (im zitierten Jugendbuch) damit geht, und vergleiche ihre Gefühle mit deinen eigenen Erfahrungen!

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Der französische Jugendroman »No und ich« von Delphine de Vigan erzählt von der 13-jährigen, hochbegabten Lou Bertignac, die zwei Jahrgangsstufen übersprungen hat und in ihrer Klasse »Das Hirn« genannt wird. Im Zusammenhang mit einem Referat wird sie sich später mit einer obdachlosen jungen Frau anfreunden. »Mademoiselle Bertignac, ich vermisse Ihren Namen auf der Referatsliste.« Monsieur Marin fasst mich von ferne ins Auge, mit erhobener Braue und entspannt auf dem Schreibtisch liegenden Händen. Ich habe seinen Langstreckenradar nicht bedacht. Ich habe auf Aufschub gehofft und werde nun in flagranti erwischt. Fünfundzwanzig Augenpaare sind auf mich gerichtet und erwarten eine Antwort. Das Hirn wurde bei einem Fehltritt ertappt. Axelle Vernoux und Léa Germain kichern lautlos hinter vorgehaltener Hand, ein Dutzend freudig klingelnder Armbänder an ihren Handgelenken. Wenn ich hundert Kilometer tief unter der Erdoberfläche verschwinden könnte, irgendwo in der Lithosphäre*, das wäre mir jetzt eine echte Hilfe. Ich habe einen Horror vor Referaten, ich habe einen Horror davor, vor der Klasse zu sprechen, vor mir tut sich die Erde auf, doch nichts rührt sich, nichts bricht in sich zusammen, am liebsten würde ich ohnmächtig, hier und jetzt, wie vom Blitz gefällt würde ich in meiner vollen Kürze hinschlagen, umgeben von einem Fächer aus Turnschuhen, mit ausgebreiteten Armen, und Monsieur Marin würde an die Tafel schreiben: »Hier ruht Lou Bertignac, die stumme, asoziale Klassenbeste.«

BeMERKenswert: Niemand will mittelmäßig sein!

Mandalas, kunstvolle Bilder, die um eine Mitte gestaltet sind, gibt es in vielen Kulturen. Sie anzufertigen bzw. auszumalen kann beruhigen und die Konzentration fördern.

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KAPITEL 1


vernetzt »Meine Schwester hat schon über 550 Freunde!«

»Ich freue mich, wenn mir jemand ein schickt.« »Oft kann da jeder lesen, was man geschrieben hat! Ganz ohne anzuklopfen.« »Man sieht sofort, mit wem man befreundet ist.« »Was machen Jugendliche ohne Internetanschluss?« »Ich hatte mit meinen Eltern schon oft Streit, weil ich mich da nicht anmelden darf.« »Wenn niemand auf meine Nachrichten reagiert, ist das komisch.«

»Meine Eltern haben mit mir darüber geredet, welche Gefahren es da gibt.« »Ich finde es gut, dass ich auch Freundinnen, die weiter weg wohnen, dort jeden Tag sehen kann. »Einmal habe ich mich mit einer aus der Parallelklasse richtig gut im Chat unterhalten, aber als wir uns am nächsten Tag gesehen haben, waren wir uns ganz fremd.«

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ERFAHRUNGEN MIT INTERNET-COMMUNITYS

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• Im Internet gibt es Plattformen, auf denen man sich mit anderen austauschen kann. Sie werden als Soziale Netzwerke* oder Communitys bezeichnet. Nach der Anmeldung erstellt man ein sog. Profil, das die freigegebenen Daten des Benutzers enthält und Möglichkeiten bietet, sich selbst darzustellen sowie sog. Freundschaften zu schließen. Außerdem kann es eine Art Gästebuch geben, in dem man Nachrichten hinterlassen kann, die von einem bestimmten oder offenen Personenkreis gelesen werden können. Zudem gibt es Chat-, Gruppen- oder Forenbereiche, in denen man sich über bestimmte Themen austauscht, sowie die Möglichkeit, andere Mitglieder direkt mit einer privaten Nachricht anzuschreiben. • Da das Nutzen von Communitys auch verschiedene Risiken und Gefahren mit sich bringen kann, gibt es spezielle Kinderportale. Sie gelten als deutlich sicherer, weil z. B. die Chats von sog. Moderatoren* überwacht werden oder das Senden von privaten Mitteilungen stark eingeschränkt ist. Die Nutzung der großen Communitys ist ohnehin erst ab einem Alter von mindestens 13 Jahren erlaubt. • Grundsätzlich gilt immer, dass das Internet kein rechtsfreier Raum ist und dass man auch hier auf die geltenden Gesetze und die Rechte anderer achten muss.

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INTERNET-COMMUNITYS

IM »GÄSTEBUCH«

1. Halte zu ein oder zwei der obigen Aussagen zu Communitys fest, was du dazu denkst! 2. Kläre mithilfe der Info, um was für einen Community-Bereich es sich beim »Gästebuch« ( S. 11) handelt! Überlege, welche Geschichten hinter einzelnen Einträgen stehen könnten! Versuche herauszufi nden, ob jeweils ein Junge oder ein Mädchen schreibt! 3. Eine Nachricht zu hinterlassen, ist wohl wichtig. Erstelle eine Übersicht, wer auf S. 11 »mitten drin« zu sein scheint, und ordne die anderen zu! 4. Sprache verändert sich. Überprüfe, ob die Beiträge auf S. 11 zu dem passen, wie Kinder bzw. Jugendliche digital miteinander kommunizieren! 5. Bewerte die Gästebucheinträge auf S. 11! Achte dabei v. a. darauf, wie hier miteinander umgegangen wird! Diskutiert, ob es Beiträge gibt, bei denen Moderatoren* eingreifen müssten! 6. Erkundige dich über die rechtlichen Seiten von Communitys und ein sinnvolles Verhalten in ihnen! Formuliere anschließend Regeln für ein gutes Miteinander in Communitys! 7. Diskutiert über die Aussage der Karikatur !

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Hingehen oder nicht?

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1. S tell dir vor: Du stehst vor diesem Tor. Du wirst gleich klingeln – oder nicht? Friere den Moment ein und schreibe die Gedanken auf, die dir durch den Kopf gehen, z. B.: Bist du eingeladen oder kommst du überraschend? Warst du schon einmal hier? Was ist dort anders als zuhause? Wen wirst du antreff en? Zögerst du oder kannst du es gar nicht erwarten? … Lass deiner Phantasie freien Lauf! 2. »Ich hatte an alles gedacht«, erzählt Lou in dem Jugendbuchausschnitt (rechts). – Tauscht euch darüber aus, was man keinesfalls vergessen darf, wenn man zu einer Einladung geht. 3. »Ich legte die Tüte mit den Geschenken wieder ab«. Arbeite aus dem Text Gründe heraus, warum Lou am Ende zuhause bleibt! 4. Die anderen »schicken sich gegenseitig SMS, chatten …« – Schreibe Lou eine Nachricht, in der du auf ihre Erzählung eingehst! 5. Die Umfrage (unten rechts) stammt aus dem Kindernetz des SWR. Diskutiert über die Ergebnisse (z. B. ob ihr sie für typisch haltet und welche Gründe sie haben könnten)! Besprecht auch, ob ihr an der Fragestellung etwas verändern würdet. Vielleicht möchtet ihr selbst eine (anonyme) Umfrage zum Thema machen? 6. Meistens ist die Zahl der Gäste, die man z. B. zum Geburtstag einladen kann, begrenzt. Schreibe die fünf wichtigsten Gesichtspunkte auf, nach denen du deine Gäste auswählst; vergleicht die Ergebnisse miteinander!

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EINGELADEN?

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Lou, die Erzählerin aus dem Jugendbuch »No und ich«, die so schlau ist, dass sie zwei Schuljahre übersprungen hat, kennst du schon von S. 12; hier erzählt sie weiter von ihren Erlebnissen: Ich habe einen Kloß im Hals, und in meinen Augen brennt es. Auf dem Schulhof gehe ich zu meiner Ecke in der Nähe der Bank, ich lehne mich an den einzigen Baum weit und breit, es ist, als wäre er mein Baum, nach zwei Monaten versucht niemand mehr hierherzukommen, hier ist mein Platz, von ferne beobachte ich die anderen, die Mädchen kichern und stoßen sich mit dem Ellbogen an, Léa trägt einen langen Rock und Schnürstiefelchen, sie schminkt sich, sie hat blaue Mandelaugen und ist unerhört schlagfertig, sie hat immer etwas Lustiges oder Interessantes zu sagen, alle Jungs sehen ihr nach, auch Axelle, obwohl sie nicht so hübsch ist, sie hat keine Angst, das sieht man, sie hat vor gar nichts Angst, nach der Schule trinken sie zusammen einen Kaffee, sie telefonieren miteinander, schicken sich gegenseitig SMS, chatten und gehen mittwochs nachmittags shoppen. Einmal, kurz nach Schuljahrsbeginn, haben sie mich zu ihrem Geburtstag eingeladen, ich habe mich bedankt und auf meine Füße geschaut und gesagt, ich käme. Eine Woche lang habe ich überlegt, was ich anziehen sollte, ich hatte an alles gedacht, ich hatte bei Radiomusik tanzen geübt und jeder ein Geschenk gekauft und dann kam der betreffende Abend. Ich zog meine schönste Jeans an und das coole neue T-Shirt, meine dicken Stiefel, meine schwarze Jacke, ich hatte mir morgens die Haare gewaschen, damit sie seidiger wären, und dann betrachtete ich mein Spiegelbild. Ich war ganz klein: Ich hatte kleine Beine, kleine Hände, kleine Augen, kleine Arme, ich war irgend so etwas Kleines, das nach nichts aussah. Ich stellte mir vor, wie ich im Wohnzimmer von Aus eine r Léa Germain tanzen SWR-Kin Umfrage des dernetze s: Wie wich würde, mitten unter tig ist es fü r e dich, zu in er Party e den anderen, ich legingeladen zu werde ❍ Ich fin n? te die Tüte mit den de das ga n z w ic b h in ti g o , ft ic eingelade h Geschenken wieder n.: 21 % ❍ Ich wü rde gerne ab, zog meine Jacke eingelade den, werd n weraus und schaltete ❍ Ist mir e ich aber nie.: 20 % total egal, ob ich ein den Fernseher an. den werd gela e 60 %

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KAPITEL 1

. Ich bin a uch so co ol.:

Abgegebe ne Stimm en: 645 (Stand D ezember 2016)


Willkommen!

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1571 erhielt der Maler Paolo Caliari (genannt Veronese) in Venedig den Auftrag, das Letzte Abendmahl Christi zu malen. Das so entstandene Bild – mit 13 m Breite eines der größten der Welt – erregte großen Widerstand und der Maler musste sich sogar vor dem Kirchengericht verantworten. Ihm wurde vorgeworfen, im Bild »Narren, Betrunkene, Zwerge und ähnliche Scheußlichkeiten darzustellen«. Er wurde dazu verurteilt, das Bild neu zu malen, tat es aber nicht, sondern benannte es einfach um in: »Gastmahl im Hause Levis«.

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JESUS FEIERT MIT DEM ZÖLLNER* LEVI

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1. B eschreibe das Bild (ziehe ggf. eine größere Reproduktion z. B. aus dem Internet heran) und untersuche, wer hier »mittendrin« ist und wer am Rande steht! Wärst du gern dabei? 2. Lies Mk 2,14–17 und erkläre das Merke! Über Zöllner*, Schriftgelehrte* und Pharisäer* erfährst du mehr im Lexikon und auf S. 52 f.! 3. Suche nach Gründen, die den Maler bewogen haben könnten, das Bild nicht neu zu malen, sondern umzubenennen! 4. Hingehen oder nicht? Versetzt euch (gruppenweise) in einzelne Personen des Festes (Jesus, Levi, andere Zöllner*, Jünger*, der Narr, Schriftgelehrte …) und schreibt ihre Gedanken »vor der Tür« auf! Gruppenarbeit , Rollen

MERKwürdig: Jesus sitzt in der Mitte und wird doch zum Außenseiter.

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Glauben Ich glaube an Gott, den Vater, den Allmächtigen, den Schöpfer des Himmels und der Erde.

» » » » » Jesus oder Gott?

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Und Josef*?

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HINABGESTIEGEN

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Ich glaube an den Heiligen Geist, die heilige christliche Kirche, Gemeinschaft der Heiligen, Vergebung der Sünden, Auferstehung der Toten und das ewige Leben. Amen.

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Und an Jesus Christus, seinen eingeborenen Sohn, unsern Herrn, empfangen durch den Heiligen Geist, geboren von der Jungfrau Maria, gelitten unter Pontius Pilatus, gekreuzigt, gestorben und begraben, hinabgestiegen in das Reich des Todes, am dritten Tage auferstanden von den Toten, aufgefahren in den Himmel; er sitzt zur Rechten Gottes, des allmächtigen Vaters; von dort wird er kommen, zu richten die Lebenden und die Toten.

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Glauben das alle, die das sprechen? So wenig über Jesu Leben?

Wann?

Ganz unten – ganz oben?

1. D en 1. Glaubensartikel kannst du schon auswendig [5]. Erkläre noch einmal, was er über Gott aussagt und was es bedeutet, wenn man in der Kirche das Glaubensbekenntnis* spricht! 2. Der 2. Glaubensartikel regt zum Nachdenken an. Ordne die Fragen links einzelnen Textstellen zu und füge eigene Anmerkungen und Fragen hinzu; ihr könnt auch ein Schreibgespräch führen! 3. Augsburger Jugendliche haben zur Weihnachtszeit ein Kunstwerk (oben) gestaltet. Beschreibe und deute es! 4. Mittendrin – Mitten hinein … – suche diese Gedanken im 2. Glaubensartikel! Dabei können das Merke-T-Shirt und das Bild oben helfen. 5. Besprecht, ob ihr den 2. Glaubensartikel jetzt schon auswendig lernt oder erst, wenn ihr euch intensiver mit Jesus in Kapitel 4 beschäftigt!

MERKe: Mit den einzelnen Inhalten des 2. Glaubensartikels werdet ihr euch dieses Schuljahr über genauer beschäftigen.

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KAPITEL 1


Zweifeln Kommt Jesus, als die Türen verschlossen waren, und tritt mitten unter sie und spricht: Friede sei mit euch! Danach spricht er zu Thomas: Reiche deinen Finger her und sieh meine Hände, und reiche deine Hand her und lege sie in meine Seite, und sei nicht ungläubig, sondern gläubig!

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Joh 20,26b–27

MERKst du was? Jesus lässt sich viel gefallen.

Hendrik ter Brugghen, Der ungläubige Thomas (1622/23)

ZWEIFELHAFT

»

»

Ich habe gesagt, dass ich die zehn Euro nicht genommen habe. Aber meine Schwester hat so komisch geguckt.

So, ich bin fertig mit der Hausaufgabe. Aber ob das so stimmt? Keine Ahnung.

»

Ich weiß noch, wie ich als Kind das erste Mal den Verdacht hatte, dass der Nikolaus eigentlich unser Nachbar ist.

»UND ER TRITT MITTEN UNTER SIE«

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1. Z weifel hat viele Gesichter. Untersuche die Zitate (rechts) und versuche, für die verschiedenen Arten des Zweifels möglichst genaue Begriffe zu finden! Du kannst auch Gesten oder Gesichtsausdrücke dazu ausprobieren. 2. »Das kann ich nicht glauben.« Erinnere dich an Situationen, in denen du das selbst gesagt hast, oder erfinde Situationen zu diesem Satz!

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» »

1. B eschreibe das Bild genau; achte auch auf Körperhaltung, Blickrichtung, Hände der Personen! 2. Jesus mittendrin – wie geht es ihm dabei? Deute seine Mimik und Körperhaltung! 3. Lies die gesamte Geschichte in Joh 20,24–29 und vergleiche sie mit dem Bild! 4. Gib den einzelnen Personen im Bild eine Stimme! 5. »Thomas glaubt, weil er die Wunden berührt hat.« – »Davon steht nichts im Text!« – Diskutiert über diese Aussagen! 6. In vielen Städten gibt es sogenannte »Thomasmessen«. Deute das Logo rechts und erkläre, was hier mit »guten Christen« gemeint ist! Überlege, was das Besondere an diesen Gottesdiensten sein könnte; im Internet kannst du mehr darüber erfahren.

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Ich sehe einfach keinen Ausweg mehr.

So kenne ich dich gar nicht, das bist doch nicht du, hat mein Freund gestern auf dem Pausenhof gesagt. Das hat mich ganz schön verletzt.

»

Wenn ich in Kunst ein Bild gemalt habe, mag ich es gar nicht abgeben.

ThomasMesse Der Gottesdienst für Suchende, Zweifelnde und andere gute Christen

MITTENDRIN

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Miteinander MITTENDRIN IM LEBEN

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Aber interessiert sich nicht nur eine Minderheit für religiöse Themen? Der Name ist sozusagen auch Programm: Wir bringen in jeder Ausgabe ein Titelthema mit mehreren Beiträgen, die ganz unterschiedliche Menschen ansprechen: Von »Alleinsein« über »Bin ich schön?« und »Heimat« bis »Toleranz macht Arbeit – und reich«.

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Warum haben Sie und Ihr Team diesen Namen für Ihren Gemeindebrief gewählt? Wir verstehen das Magazin nicht als einen klassischen Gemeindebrief, sondern ganz bewusst als Stadtteilblatt: »mittendrin« erscheint viermal im Jahr und steht für eine evangelische Gemeinde, die sich an alle Menschen im Stadtteil wendet – wir wollen mit den Inhalten mittendrin im Leben stehen.

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Interview mit Ingo Traub vom Vorstand der Christuskirche in München:

INKLUSION

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Mittendrin steht auch oft für Inklusion, d. h. für ein Miteinander von Menschen mit und ohne Behinderung in Schule und Gesellschaft. So z. B. in Kelheim: Wo bleibt da die christliche Botschaft? Hier »nimmt ein Team aus Reportern mit und ohne Bei jedem Schwerpunktthema gibt es auch einen BeiBehinderung öffentliche Einrichtungen unter die Lutrag, der sich mit unserem Glauben beschäftigt, etwa pe, um sie auf Barrierefreiheit zu untersuchen: um bei »Gescheitert?« die Frage: Ist Gott am Kreuz gezu sehen, wie es dort für Menschen mit Behinderung scheitert? Nein, diesen gescheiterten Christus* erist, ob man freundliche Hilfestellung bekommt, ob weckt Gott zu neuem Leben! Im Übrigen: Sich mit man als Mensch mit Behinderung bestimmte Dinge den zentralen Fragen des Lebens zu beschäftigen, ist beachten muss oder welche Verchristliches Handeln. günstigungen es gibt. Dem Kelheimer Spaßbad Keldorado Und was ist mit dem Leben in Kirstatteten die Reporter ebenso che und Gemeinde? einen Besuch ab wie der JustizWir haben feste Rubriken etwa vollzugsanstalt in Landshut – »Gemeindeleben«, »Gottesdiensdie Frage, ob auch ein Gefängnis te« und »Kirchenmusik« – niebarrierefrei ist, war für die junmand wird ausgeschlossen, wer gen Reporter besonders span»mittendrin« liest, ist tatsächlich nend.« (Niederbayernkurier) Für mittendrin ... seine Recherchen und Veröffentlichungen gewann das Mittendrin-Team 2016 den BayeriLogo des Inklusionsbüros in Kelheim schen Miteinander-Preis. 18

KAPITEL 1


Im Zusammenhang wiedergeben ++ beschreiben ++ wahrnehmen ++ deuten ++ reflektieren ++ urteilen ++ kommunizieren ++ sich ausdrücken

Arbeite aus dem Interview Gedanken dieses Kapitels heraus!

»Mittendrin« heißt auch das Inklusionsprojekt aus Kelheim. Beziehe auch dieses auf wichtige Gedanken des Kapitels!

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Sucht eine aktuelle Ausgabe des Gemeindebriefs der Münchner Christuskirche im Internet! Berichtet einander von Artikeln bzw. Angeboten darin, die euch ansprechen – deutet sie im Blick auf das Motto »mittendrin«!

Verfasst in Gruppen Wunschzettel für eine Kirche, die »mittendrin« ist und in der du selbst »mittendrin« bist!

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»Mittendrin« heißt nicht nur unser Religionsbuch. Erkläre mithilfe des Interviews, warum der Gemeindebrief diesen Titel hat!

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Stell dir vor, das Mittendrin-Reporterteam aus Kelheim würde eine Reportage über deine Schule machen! Entwirf einen möglichen Artikel!

Was hast du dazugelernt, was kannst du jetzt besser als vorher (vgl. die Vorschau auf S. 9)? Was hat dir Freude gemacht, was weniger? Was war besonders wichtig? Was sollte man sich merken? Worüber möchtest du noch einmal nachdenken?

Religionsunterricht »mittendrin« in der Schule? Entwerft in Gruppen einen Werbeflyer!

Vor einem Jahr war hier am Gymnasium alles neu für dich. Und jetzt? Bist du »mittendrin«? Schreibe einige Gedanken dazu für dein Schließfach auf!

Gestalte für deinen Heftumschlag ein Mittendrin-Bild!

MITTENDRIN

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KAPITEL 2

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Was zeigt ein Selfie?

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NICHT ALLEIN

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Würde sich Gott ohne uns langweilen?

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Wie viel Familie kann man sich aussuchen?

Mittendrin oder außen vor – wie kommt das?

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Muss man Konflikte lösen?

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Warum sind wir nicht alle Freundinnen und Freunde? Kann man für immer befreundet sein?

Lernbereiche »In Beziehung« und »Anders – fremd – verschieden« 20

KAPITEL 2


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In menschlichen Beziehungen gibt es immer auch Konflikte. Du unterscheidest zwischen eher hilfreichen und eher schädlichen Aspekten von Konflikten und denkst über Lösungsmöglichkeiten nach. Du beurteilst außerdem, welche Bedeutung Familie und Freundschaften für dein Leben haben, und prüfst, ob sich hier neue Sichtweisen durch die Beschäftigung mit biblischen Familiengeschichten ergeben.

Du nimmst wahr, dass es zum Wesen des Menschen gehört, auf andere Menschen bezogen zu sein. Du vergleichst unterschiedliche Möglichkeiten, solche Beziehungen zu gestalten und nach außen hin zu zeigen. Du legst biblische Geschichten von ganz und gar nicht »heilen« Familien aus und deutest die Aussage der Bibel, dass (gerade) diesen Familien die Segenszusage Gottes gilt.

EXTRATOUR

urteilen

Um besser zu verstehen, wie Menschen miteinander umgehen, experimentiert ihr gemeinsam mit selbst erfundenen Szenen, Standbildern oder Rollenspielen. Dabei könnt ihr ausprobieren, welche Ursachen Konflikte haben können, wie man sie friedlich lösen kann und welche Folgen verschiedene Handlungsmöglichkeiten haben.

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Menschen leben in Familie, im Freundeskreis und in unterschiedlichen Gruppen zusammen. Du nennst Beispiele für solche Beziehungen und beschreibst, was für sie charakteristisch ist. Du kannst ausgewählte biblische Geschichten wiedergeben, in denen es um zwischenmenschliche Beziehungen geht.

sich ausdrücken

reflektieren

wahrnehmen deuten

wiedergeben

beschreiben

kommunizieren

EINE »NICHT ALLEIN«-FOTOSEITE Du wirst in diesem Kapitel über die Beziehungen nachdenken, die dein Leben prägen. Gestalte zu ihnen eine Seite (ggf. können es auch mehrere Seiten sein, wie bei einem kleinen Buch), die du am Ende ausdruckst! Ihr könnt damit dann z. B. eine kleine Ausstellung in der Klasse machen. Achte also bei der Auswahl der Fotos auch drauf, dass diese nicht rein privat bleiben! Denke an geeigneten Zeitpunkten darüber nach, was ihr im Unterricht über das Zusammenleben herausgefunden habt und was dir davon für deine eigenen Beziehungen wichtig ist. Überlege dir dazu dann jeweils ein passendes Foto-Motiv, fotografi ere es und lege mit ihm eine Fotoseite an (z. B. in einem Word-Dokument mit kurzer Beschreibung). Wichtig: Wenn Personen auf dem Foto abgelichtet werden sollen, musst du sie vorher um Erlaubnis fragen und ihnen den Zweck des Bildes erklären. In manchen Fällen sind Fotos ohne echte Personen (z. B. mit Spielfi guren) sicherlich geeigneter. NICHT ALLEIN

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Schaut mal: Ich!

Sprung eines sogenannten Base-Jumpers vom Menara Kuala Lumpur, dem mit 421 Metern grĂśĂ&#x;ten Fernsehturm Malaysias. Base-Jumpers sind Personen, die mit einem Fallschirm von hohen Objekten springen. 22

KAPITEL 2


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In Beziehung

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Es ist nicht gut, dass der Mensch allein sei.

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Gen 2,18

NICHT ALLEIN

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In Szene gesetzt INFO SELFIE

Erinnern Sie sich noch an die Wochen nach dem deutschen WM-Sieg? Die deutschen Weltmeister flogen in alle Richtungen und genossen ihren Urlaub. Von dort schickten Stars wie Mario Götze, Mesut Özil oder André Schürrle immer Bilder über Soziale Netzwerke*. Ein netter Service für ihre Fans. Doch Nationalmannschaftsmanager Oliver Bierhoff kann mit diesem Verhalten nichts anfangen: »Ganz ehrlich, mir gehen diese Mitteilungen von Banalitäten und auch Selfies teilweise auf den Keks. Man sollte sich mal fragen, wie frei man sich eigentlich fühlt, wenn man jeden Tag aus seinem Urlaub etwas postet.« Bierhoff wird noch konkreter, wirft den Spielern sogar Selbstdarstellung vor: »Ich finde es teilweise narzisstisch*. Warum muss ich der Welt mitteilen, wie gut es mir geht, wie cool alles ist? Das hat doch manchmal nichts mehr mit dem normalen Leben zu tun, da werden Traumwelten geschaffen.«

• Als Selfie bezeichnet man eine Aufnahme, auf der man sich selbst mit ablichtet und die meist dazu gedacht ist, sie anderen in Sozialen Netzwerken* zugänglich zu machen. Dass Selfies sich so massenhaft verbreitet haben, wurde durch die Erfindung der Frontkamera an Handys seit 2010 stark gefördert; 2013 wurde der Begriff zum englischen Wort des Jahres. • Um zu verstehen, warum so viele Menschen Selfies in allen möglichen Lebenslagen anfertigen und verbreiten, wird z. B. Folgendes diskutiert: Selfies stellen eine Möglichkeit dar, überall auf der Welt mit Menschen, die man mag, in Kontakt zu sein und ihnen etwas davon mitzuteilen, was man gerade macht. Vielen Menschen fällt es leichter, Gefühle über Bilder mitzuteilen als mit der geschriebenen Sprache. So kann man Beziehungen pflegen und ausdrücken, zu welchen Personen oder Gruppen man gehört. Außerdem erhoffen sich viele, dass andere durch das Selfie auf einen aufmerksam werden und einem eine positive Rückmeldung geben. Deshalb wird beim Erstellen ganz automatisch mitgedacht, wer dieses Selfie sehen soll. Im Gegensatz zu Fotos, die andere von einem machen, besitzt man beim Selfie zumindest bis zum Zeitpunkt des Veröffentlichens die Kontrolle darüber, wie einen andere sehen sollen.

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1. Beschreibe das Foto auf S. 22 und überlege, wie es zustande gekommen sein könnte! Fotos 2. »Ich und …« Verfasse entsprechende Bildunterschriften zu den Selfi es (unten und auf S. 22)! 3. Erläutere, was die Personen jeweils mit ihrem Selfi e aussagen möchten, und beziehe dabei die Info ein! Fotos 4. »Ich in der Schule« / »Ich und die Schule« … Überlege, wie du das als Selfi e umsetzen würdest! 5. »Das hat doch manchmal nichts mehr mit dem normalen Leben zu tun …« – Verfasse eine Antwort an Oliver Bierhoff !

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KAPITEL 2

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ICH UND …

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OLIVER BIERHOFF: »SELFIES NERVEN!«


»nicht allein« IN BEZIEHUNG

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1. Die Bilder auf S. 23 lassen Beziehungen erahnen. Arbeite heraus, zwischen welchen Personen hier Beziehungen bestehen oder bestehen könnten! – Vergleiche, was an diesen Beziehungen ähnlich ist und worin sie sich unterscheiden! 2. Nimm an, du dürftest ein Foto zu S. 23 beisteuern: Erläutere deine Wahl! 3. Es gibt Beziehungen, die man sich selbst sucht, und solche, die einem vorgegeben sind. Macht eine Aufstellung im Klassenzimmer zwischen den Polen »vorgegeben« und »selbst gesucht«: Jemand nennt ein passendes Stichwort (wie z. B. Erziehungsberechtigte) und jeder stellt sich dort auf, wo es für sie oder ihn passt. 4. Entwirf ein Beziehungsnetz, das deine eigenen Beziehungen sichtbar macht! Überlege, welche unterschiedlichen Materialien (wie z. B. ein dickes Seil, einen biegbaren Draht, einen Faden) zu den jeweiligen Verknüpfungen passen, und gestalte sie entsprechend! 5. Bin das immer ich? Philosophiert, ob man in verschiedenen Beziehungen jemand anderes ist! Ihr könnt auch Standbilder dazu entwickeln.

Meister Bertram, Grabower Altar (1375–1383)

»ES IST NICHT GUT …«

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1. In Gen 1 wird erzählt, dass Gott seine Schöpfungswerke als »gut« bzw. als »sehr gut« lobt. [5] In Gen 2,18 bezeichnet er zum ersten Mal in der Bibel etwas als »nicht gut«. Lies die passenden Verse in Gen 2 nach! 2. Muss Gott erst einmal ein bisschen »ausprobieren«, bis er eine gute Lösung für das Allein-Sein des Menschen gefunden hat? Interpretiere Gen 2,18 ff . und überlege, was sich durch einen zweiten Menschen im Paradies positiv ändert! 3. Philosophiert über die Gedanken, die Hans Frör Gott in den Mund legt! 4. Auch Meister Bertram setzt das »Nicht-Allein« in seinem Gemälde um. Zeige auf, wie er dies gestaltet! Achte dabei auch auf die Handhaltung Gottes, die in der mittelalterlichen Kunst »Segnen« bedeutet, und erinnere dich an die Erschaffung des Menschen in Gen 1,26–28! [5]

WARUM GOTT NICHT ALLEIN SEIN WOLLTE

Bevor es einen Anfang gab, war Gott der Allmächtige mit sich selbst allein. Und er sprach zu sich selbst: »Alles ist mir möglich, und nichts entgeht meinem Wissen: Ich kann Welten erschaffen und auslöschen, und was ich schaffe, das durchschaue ich auch. Im Grunde macht es keinen Unterschied, ob ich mir ein Geschöpf ausdenke oder ob ich es herstelle. Denn mein Wissen hat keine Grenzen und meine Schöpferkraft hat keine Grenzen. Es sind meine eigenen Gedanken, die da Gestalt annehmen. Alles Geschaffene bleibt Teil meiner selbst. Ich bleibe mit mir allein. Ich habe es satt, allmächtig zu sein und alles zu wissen. Ich hungere nach Ereignissen, die mich überraschen, die mich verblüffen und in Bann schlagen. Ich sehne mich nach Geschöpfen, die auch anders sein können, als ich es wünsche.« Hans Frör NICHT ALLEIN

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INFO FAMILIE IM WANDEL

WAS IST FAMILIE?

1. A uf dem Foto oben ist ein Familientreff en der Nachfahren des berühmten jüdischen Gelehrten Moses Mendelssohn* zu sehen. Die ca. 240 Familienmitglieder waren aus der ganzen Welt anlässlich der Neuinstandsetzung des Familiengrabs in Berlin angereist. Stellt Mutmaßungen über Verwandtschaftsverhältnisse an! 2. 40 Gäste hatte man erwartet – 240 sind es geworden. Sammle mögliche Gründe, warum diese Menschen extra angereist sind, und überlege, was sie eigentlich verbindet! 3. Finde zusammen mit deiner Familie heraus, wie viele Personen zusammenkämen, wenn ihr ein großes Familientreff en machen würdet! 4. Versuche, Familie zu defi nieren! Tauscht euch über eure Ergebnisse aus und vergleicht sie mit der Info! 5. Erstelle aus der Info eine grafi sche Übersicht über heutige Familienformen. Ergänze die Angaben der Info ggf.! 6. Ergänzt die Liste »Familie ist ...«! Macht daraus eine kleine Umfrage, in der jede/r maximal drei Punkte ankreuzen darf! Testet, ob sich etwas ändert, wenn sich jede/r vorstellt, in einer anderen als der jetzigen Familienform zu leben!

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• Die Vorstellung, dass »Familie« aus einem verheirateten Liebespaar mit Kind(ern) besteht, ist relativ neu. In der Antike meinte man damit die gesamte Hausgemeinschaft (lat. familia kommt von famulus: Gesinde, Haussklave). Sie galt als Besitz des Oberhauptes (pater familias). Im Deutschen sprach man entsprechend von »Haus« oder »Hof«. Geheiratet wurde v. a. aus wirtschaftlichen Zwängen und Interessen. Wegen der hohen Sterblichkeit war es normal, mehrmals zu heiraten, so dass es häufig Stieffamilien gab. Als man im Bürgertum des 18. und 19. Jh.s die Arbeitskraft von Frauen und Kindern nicht mehr zur Lebenssicherung benötigte, widmeten sich die Mütter der sog. Kernfamilie (Vater, Mutter, Kind/er). Das Motiv der persönlichen Liebe gewann an Bedeutung. • Seit den 1960er-Jahren wandelt sich »Familie« erneut: Scheidungen nehmen zu. Es gibt immer mehr nichteheliche, zunehmend auch gleichgeschlechtliche Lebensgemeinschaften, Alleinerziehende, Stief- bzw. Patchworkfamilien*. • Heute ist neu, dass es bei uns kaum noch Mehrgenerationenfamilien (Kernfamilie mit Großeltern, Onkel, Tanten, Neffen und Nichten) unter einem Dach gibt. Viele Paare mit Kindern stehen heute vor der Herausforderung, sowohl Haushalt und Kindererziehung als auch Beruf partnerschaftlich aufzuteilen und zu bewältigen.

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MERKwürdig: Tiere sind auch dabei.

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Einfach da

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KAPITEL 2

FAMILIE IST ...

... Geborgenheit ... ein Zwangsverbund ... einfach da ... kompliziert

... heilig … Freiraum ... nicht zu ändern


– aber nicht einfach

FAMILIE WIRD GESTALTET

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FAMILIEN-SÄTZE

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1. In jeder Familie gibt es (auch unausgesprochene Regeln. Notiere mindestens fünf Regeln, die in deiner Familie gelten und vergleiche sie mit dem Küchen-Wandtattoo (unten)! 2. Diskutiert, wie sinnvoll es ist, Familienregeln aufzuschreiben oder aufzuhängen! 3. Deute die Karikaturen und bringe sie mit eigenen Erfahrungen in Verbindung! 4. Lasst euch von den »Familien-Sätzen« anregen und erstellt (arbeitsteilig) eine Hitliste zu typischen Sätzen in der Familie: z. B. die meist gehörten, beliebtesten oder unbeliebtesten Familiensätze! Gruppen – Wählt euch daraus einen Satz aus und untersucht, welche Gefühle, Erfahrungen, Befürchtungen, Konfl ikte ... dahinter stehen! Gestaltet zu ihm einen Dialog, ein Standbild , eine Familienregel oder eine eigene Karikatur! 5. Die beiden Kinder auf der Karikatur links oben fühlen sich verantwortlich. Ergänze die nachfolgenden Sätze: 10 bis 12-Jährige übernehmen in der Familie Verantwortung für … Sie haben Einfl uss auf ... Sie bestimmen mit, wenn ... Sie gestalten das Familienleben, indem …! Tauscht euch über eure Ergebnisse aus!

»Immer ich!« »Das haben wir doch schon so oft besprochen.« »Was für eine schöne Überraschung!« »Klärt das mit Mama!« »Gut gemacht!« »Lass uns morgen darüber reden.« »Du brauchst jetzt erst einmal eine heiße Suppe.« »Das kann ich doch machen.« »Was haltet ihr denn davon?« »Kannst du mich mit dem Auto fahren?« »Alle anderen dürfen übernachten.« »Ich bin doch kein Kind mehr.« »Mich fragt mal wieder keiner.« »Ich schreib dir eine Entschuldigung.« »Nächstes Wochenende bist du bei Papa.« NICHT ALLEIN

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Eine schrecklich nette Familie

Familiener be neben f alsc her Fr au aufgewa c ht Verschleier u

DIE TRAUMFRAU AUS DEM AUSLAND

ng täuscht

E hem ann

Der Bengel dieser Dienerin ist grob zu unserem Sohn. Jag sie weg! Ich will sie nie wieder sehen!

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erechtigte, Sehr geehrte Erziehungsbam br na au.....Be und.....Fr ......................... He ..... 7 b .......... .....rr bram na..... Be..... b..... .... Klasse ......... ..... .....ko ter Ja Ihrem(r) Sohn/Toch e ein 18.02. als Ordnungsmaßnahm wurde am ...................... . eilt t. 86(2) BayEUG ert n .. lt.....de eder Verweis nach Arko wi..... ..... .02. 18..... ..... am ..... .....ho t ..... ha..... b..... ..... ..... Ja ..... er ed wi r Begründung: .....st me er dem..... in..... ört, ..............................m.... .....im ge.......... ht..... ic..... .......... Un ben ..... ne..... .....rr .....te inen ..... se..... n ......... te .....ih al rh Ve s te provokan .................... .....rt du Be.... ha .....h.............................. ge .....rc är ge....................t. ) ..... (! ..... iv ss ma er Brud n ..... de..... si ................................... n ge we er ..... t .....en is .....tz n unde St..... n ..... .................................. ..... in vorangegange .....ne re re sp e tt .....s.............................. Bi .....it n. aufgefalle ............................. unge ör..... St..... er..... ig..... .....n.........................es de le äl rf ..... Vo .....rt e .....ra rem .................................. Ih..... .....di t ..... .....er .....üb Sie.....mi .....hn .....So ch n!.... ..... er..... .......... .....en ch zu bess si n, ..... ei n ih f au wirken Sie ........................................ un .....d................................... fall

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Verweis

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Äh . . . aber . . . nein . . . äh . . . er ist doch auch mein . . . äh . . .

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Mit freundlichen Grüßen

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KAPITEL 2

ABRAHAM, SARA UND IHRE NACHKOMMEN

1. Tragt die Geschichten von Abraham, Sara, Hagar, Ismael, Isaak, Esau, Jakob, Rahel und Josef zusammen, an die ihr euch erinnert! Stellt Zusammenhänge zu den Materialien dieser Seite her! Ihr könnt auch eine oder mehrere davon nachlesen: Gen 16 und 21,1–21; Gen 24; Gen 25,19–34 und 27; Gen 29,1–30; Gen 37. 2. Arbeite mit den Materialien weiter: Zu den Schlagzeilen kann man z. B. Zeitungs- oder Illustriertenartikel entwerfen; zu dem Verweis (links) könnte man sich Gespräche ausdenken; aus dem Bild könnte man eine Fotostory gestalten. 3. In den Erzelterngeschichten* geht es nicht gerade harmonisch zu. Entdecke typische Familienkonfl ikte und vergleiche sie mit heutigen Problemen in Familien!


… unter dem Segen Ich will dich segnen und dir einen großen Namen machen, und du sollst ein Segen sein. Gen 12,2 b

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INFO IN DER FAMILIE EIN SEGEN SEIN BEDEUTET …

• Abraham begibt sich mit Gottes Segenszusage (Gen 12,2 f.) auf Wanderschaft und zieht in ein fremdes Land. Bereits in der nächsten Geschichte wird deutlich, dass es Abraham schwerfällt, Gott einfach so zu vertrauen: Als er mit seiner Frau Sara wegen einer Hungersnot nach Ägypten zieht, gibt er sie als seine Schwester aus. Er befürchtet, er könne sonst von Ägyptern umgebracht werden, die seine schöne Frau begehren. Weil ihm Sara (zunächst) keine Kinder gebären kann, zeugt er ein Kind mit deren Magd Hagar. Trotzdem wiederholt Gott seine Segenszusage an Abraham noch zwei weitere Male. Und auch Abrahams Nachkommen werden immer wieder von Gott gesegnet, obwohl sie sich ebenfalls nicht immer vorbildlich verhalten und alles andere als eine ideale Familie sind. • »Segen« bedeutet zur Zeit des Alten Testaments zunächst Wachstum und Fruchtbarkeit. Segen zeigt sich daran, dass es viele Nachkommen gibt, es der Familie gut geht und man mehr als genug besitzt, um gut leben zu können. • Darüber hinaus ist mit »Segen« Gottes freundlicher Blick auf einen bestimmten Menschen oder eine bestimmte Familie gemeint. Segen soll dem gesegneten Menschen ein Leben in Fülle und voller Vertrauen ermöglichen.

… sich zu versöhnen … warten zu können … sich freundlich anzusehen … sich zu trennen … sich zu lieben … respektvoll miteinander umzugehen … verzeihen zu können

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SEGEN

BeMERKenswert: Ein Segen, dass man nicht alle Konflikte lösen muss!

ERZELTERNGESCHICHTEN*

1. »Ein Segen sein bedeutet ...« Diskutiert über die Vorschläge oben! Ergänzt ggf. weitere Punkte! 2. Suche eine der Geschichten, auf die S. 28 anspielt, aus und prüfe, inwiefern sich hier Gedanken der Info fi nden lassen! 3. Entdecke Gedanken der Info im irischen Segen! Diskutiert, ob er zu einem Schulgottesdienst passt!

EIN IRISCHER SEGEN Möge Gott Vater deine Schritte führen, möge Gott Sohn deine Arme lenken, möge Gott Heiliger Geist deinen Verstand leiten, um möglichst viel Gutes zu tun. Dein Lächeln sei für den, der friert, der beste Mantel aus Lammfell. Mögest du jeden Tag spüren, dass auch die dunkelste Stunde einen göttlichen Schimmer besitzt. NICHT ALLEIN

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nach hast du immer nur gesagt: Oma, es ist alles einfach nur scheiße. Das stimmt doch gar nicht. Und dann sind die Eltern aus Berlin zurückgekommen und waren fürchterlich griesgrämig. Vielleicht können wir uns darauf einigen, dass es eine weitere ganz wichtige Sache im Leben ist, jeder Form von Griesgram den Rücken zu kehren. Absolut. Magst du noch ein Eis? Jetzt ist es eindeutig. Worauf es im Leben vor allem ankommt, das ist eine Großmutter.

Du sollst deinen Vater und deine Mutter ehren […], auf dass du lange lebest und dir's wohlgehe in dem Lande, das dir der Herr, dein Gott, geben wird. Dtn 5,16

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Ein Gespräch zwischen Großmutter und Enkel Benjamin Lebert: Jetzt sag du mal, was das Wichtigste im Leben ist. Ursula Lebert: Ich habe immer sehr großen Wert auf Ruhe gelegt. Ich war gern mit Menschen zusammen. Aber dann habe ich bald eine Gelegenheit gesucht, mich zurückzuziehen: einen persönlichen, warmen Ort zu haben, von dem aus man das Leben und die Menschen betrachten kann. Meiner Erfahrung nach entwickelt sich so ein Ort automatisch in einem selber, wenn man alt wird. Und jetzt, da ich leider immer krank und bettlägerig bin, auf die Hilfe anderer angewiesen bin, spüre ich immerhin sehr diese Ruhe. Und kann sie auch als Geschenk wertschätzen. Das ist wunderbar. Weißt du, ich habe eigentlich mehr deine gesellige Seite wahrgenommen. Beim Gansessen an Sonntagen. Bei unseren Spielturnieren. Du bist mit uns Kindern und einem roten Luftballon durchs Zimmer gejagt. Wir beide waren doch Verbündete. Wir haben gespielt, dass wir Aliens sind, von zwei verschiedenen Planeten, die sich hier auf der Erde angefreundet haben. Die anderen durften das nicht wissen. Das hat mir immer viel bedeutet. Oma, eine Frage: Vor die Wahl gestellt, immer zusammen mit Menschen oder immer allein, wofür würdest du dich entscheiden? (lacht) Das hängt davon ab. Ich hatte das Glück, mit Menschen zusammen zu sein, die ich sehr mochte. Wenn Momente kamen, in denen ich allein war, habe ich das Alleinsein ausgekostet. Ich weiß noch, wie ich in den ersten Nachkriegsjahren in Stuttgart abends los bin. Die Luft war frisch und leicht. Alles war verheißungsvoll, man schien jetzt nach diesen fürchterlichen Jahren mitten hinein in die Freiheit zu marschieren. Weißt du, ich habe nie so sehr daran geglaubt, gegen das Leben ankämpfen zu müssen. Ich hatte eher das Gefühl, es ist meine Komplizin. Auch heute noch. Weißt du noch, als du für ein Wochenende nach Hamburg gekommen bist, um auf mich aufzupassen? Und wir sind mit dem Hund spazieren gegangen, und du bist neben mir hergehopst und hast gesagt: Oma, es ist so schön, am Leben zu sein. In den Jahren da-

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DAS WICHTIGSTE IM LEBEN?

Das Gespräch zwischen Schriftsteller Benjamin Lebert (*1982), und Schriftstellerin und Journalistin Ursula Lebert (*1931) wurde von einem Wochenmagazin angeregt, das Großeltern gebeten hatte, mit ihren Enkeln darüber zu sprechen, worauf es im Leben ankommt. Wenige Monate später, im April 2009, starb Ursula Lebert.

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Generationen

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KAPITEL 2

WORAUF ES ANKOMMT

1. Finde mithilfe des Interviews heraus, warum Benjamins Großmutter eine so große Bedeutung für ihn hat! 2. Schreibe eigene Erfahrungen mit einem »älteren« Menschen auf, der dir wichtig ist (es müssen nicht die leiblichen Großeltern sein)! 3. »Worauf es im Leben ankommt«: Führe darüber ein Gespräch mit einem Menschen der älteren Generation! Ihr könnt daraus auch ein Klassenprojekt machen, z. B. in Kooperation mit einem Seniorenheim, und Gespräche dokumentieren. 4. »Ehren« meint mehr als nett sein. Informiere dich im Lexikon über das 4. Gebot, Vater und Mutter zu ehren*! Sammle, was alte Menschen brauchen, und formuliere das 4. Gebot entsprechend um! 5. Erinnere dich an den Einleitungssatz der Zehn Gebote* [5] und beziehe ihn auf das 4. Gebot!


Geschwister

Viele Eltern berichten, dass sie nach der Geburt ihres zweiten Kindes überrascht sind, wie stark sich die Persönlichkeiten der Geschwister vom ersten Tag an unterscheiden. Im Laufe der Kindheit scheinen sich die Unterschiede oft noch zu verstärken. Das eine Kind ist z. B. ruhig und angepasst, das andere wild und kontaktfreudig. Die Wissenschaft kann dies bestätigen: Geschwister sind sich erstaunlich unähnlich.

1. Arbeite aus dem Text wichtige Informationen heraus und vergleiche sie mit deinen Erfahrungen! 2. Einzelkinder, Adoptivkinder, Jüngste, »Sandwichkinder«, Zwillinge, Älteste, Stiefgeschwister – alle können ihr Geschwistersein oder NichtGeschwistersein auf unterschiedliche Weise erfahren! Bildet entsprechende Gruppen (z. B. alle ältesten Geschwister, alle Einzelkinder usw.) und tauscht euch aus! 3. Geschwister sind … : Erstelle dazu eine ABC-Liste! 4. Geschwister streiten und vertragen sich. »Gesegnet und ein Segen sein« – sprecht darüber, ob dieser Gedanke S. 29 helfen kann, das Verhältnis zwischen Geschwistern zu deuten bzw. zu verstehen.

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Gene und Umwelt Die Zahlen der Forscher legen nahe, dass die Unterschiede zwischen verschiedenen Menschen zur Hälfte auf genetischen und zur Hälfte auf Umwelteinflüssen beruhen. Dabei scheinen die meisten Eigenschaften der Persönlichkeit, wie Umgänglichkeit, Gewissenhaftigkeit und emotionale Stabilität, geringere erbliche Anteile zu haben. Schon von den Genen her unterscheiden sich Geschwister erheblich. Kinder erhalten je die Hälfte ihres Erbgutes von Mutter und Vater – aber der weitergegebene Teil ist bei jedem Kind anders. Das erklärt schon einen Teil der Unterschiede zwischen Geschwistern. Dazu kommt noch der Einfluss der »ungeteilten« Umwelt; unterschiedliche Freunde, andere Lehrer und Freizeitaktivitäten prägen Geschwister auf unterschiedliche Weise.

GESCHWISTER UND EINZELKINDER

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WARUM SIND GESCHWISTER SO VERSCHIEDEN?

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• Auch wenn Eltern es vermeiden wollen: Meistens entwickelt sich eines der Kinder zum Lieblingskind. • Eine aktuelle norwegische Studie zeigt, dass nach dem Abschluss der Kindheit die Ältesten einen messbaren Intelligenz-Vorsprung vor ihren Geschwistern haben. Sie profitieren wahrscheinlich von ihrer Rolle als »Lehrer« und Erklärer. • Die Kreativität eines Kindes hängt vom Geschlecht der Geschwister ab. Studien weisen darauf hin, dass Jungen vor allem von einer großen Schwester profitieren. Wahrscheinlich wenden diese Jungen stärker auch weibliche Lösungsstrategien an. Jedes Geschwister erlebt also gewissermaßen eine andere Familie, weil es von den Eltern anders behandelt wird oder sich zumindest anders behandelt fühlt. Dazu kommt, dass kein Geschwister die gleichen Geschwister als Gegenüber haben kann.

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Auch Familie ist nicht für alle gleich Lange gingen Psychologen davon aus, dass wenigstens die Familie für die Kinder eine »geteilte Umwelt« ist; dass also Geschwister durch die Familie in gleicher Weise geformt werden. Eine ganze Reihe von Forschungsarbeiten widerlegt aber dieses Bild: • Wenn die Familie wächst, dann müssen die Eltern Zeit und Geld auf mehr Köpfe verteilen.

Geschwister grenzen sich ab Geschwisterforscher haben beobachtet, dass die Kinder in einer Familie bemüht sind, sich voneinander abzugrenzen. Geschwister suchen sich unbewusst eine Nische, eine einmalige Rolle im Gefüge der Familie, und versuchen so die maximale Aufmerksamkeit und Zuwendung der Eltern zu erhalten. Darum gibt es neben dem stillen Musterschüler oft den wilden Rabauken. Daniel Münter

NICHT ALLEIN

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Mittendrin DU WARST DOCH FRÜHER NICHT SO!

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»Du warst doch früher nicht so!«, ruft Stefans Mutter empört. »Aber seitdem du mit diesem Uwe und seinen Freunden zusammen bist, bist du nicht mehr normal!« – »Was verstehst du denn davon?«, platzt es aus Stefan heraus und er wundert sich selbst, dass er sich traut, in einem solchen Ton mit seiner Mutter zu sprechen. Doch sie bleibt erstaunlich ruhig: »Ja, da magst du schon recht haben: Ich verstehe wirklich vieles nicht. Vor allem, wie du über 100 € für Turnschuhe ausgeben kannst, nur weil diese Typen so welche tragen. Erst machst du Löcher in die, die wir in den Ferien zusammen ausgesucht haben, und dann das. Oma hat dir doch das Geld geschenkt, damit du es sparen kannst!« – »Erstens sind es keine Turnschuhe, Mama. Und wenn ich das Geld geschenkt bekomme, kann ich es doch ausgeben, für was ich will, oder?« Stefans Stimme ist wieder etwas freundlicher geworden – er will endlich raus. Aber seine Mutter lässt nicht locker: »Ja und wahrscheinlich sind diese Nicht-Turnschuhe viel bequemer und besser. Genauso wie eure seltsamen Hosen und Jacken.« – »Mama, ich bin doch kein Baby mehr. Keiner trägt noch so Kindersachen. Das ist einfach so. Und bequem ist das Zeug wirklich. Und außerdem – ich muss jetzt runter!« – »Aha, der Herr muss hinunter. Damit ihr wieder in der Gegend rumhängt und euch über irgendwelche Leute lustig macht? Also ich finde, dieser Uwe ist nicht unbedingt der beste Umgang für dich. Allein wie du in letzter Zeit mit uns redest. Solche Sprüche kommen doch sicher von ihm.« – »Mama, alle von uns reden so.« – »Na, da bin ich ja beruhigt. Und was macht ihr sonst noch? Sicherlich irgendwelchen Unfug. Wenn ihr wenigstens Fußball spielen würdet oder sonst was Vernünftiges.« – »Mama, wir haben nur Spaß zusammen, sonst nichts. Und manchmal spielen wir auch Fußball. Mit so einem kleinen Säckchen. – Darf ich jetzt runter? Bitte!« Resigniert schüttelt Stefans Mutter den Kopf. »Weißt du, ich mach’ mir Sorgen um dich!« – »Danke, dass ich darf, Mama! Und das ist auch lieb, dass du dir Sorgen machst. Aber musst du nicht. Um acht bin ich wieder zuhause.« Und schon ist Stefan aus der Haustür hinausgehuscht.

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KAPITEL 2


und außen vor

Allein komme ich nie auf so gute Ideen.

Gut, wenn jemand das Kommando übernimmt, sonst geht nichts voran. Ich bin nicht für alles verantwortlich.

Immer drängelt der sich vor!

NICHT MEHR NORMAL?

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1. »Du warst doch früher nicht so!« Arbeite aus der Szene auf S. 32 heraus, wie sich das Verhältnis von Stefan und seiner Mutter geändert hat! 2. In den Vorwürfen der Mutter und in Stefans Antworten kann man manches über seine Gruppe herausfi nden. Halte fest, was man erfährt und was nicht! 3. Was ist typisch für Gruppen von Jugendlichen? Erarbeite eine Defi nition mithilfe der Materialien von S. 32 und eigenen Erfahrungen! Beziehe deine Erkenntnisse auf die Überschrift der Doppelseite! 4. Stellt euch vor, Stefans Mutter geht zur Erziehungsberatung, weil sie sich um ihn Sorgen macht. Über die Reaktion des Beraters ist sie allerdings zunächst überrascht, denn der meint: »Es ist sehr wichtig, dass Ihr Sohn den Kontakt zu Gleichaltrigen sucht …« Überlegt euch in Kleingruppen, was der Berater an Gründen für seine Sicht anführen könnte, und spielt das Gespräch! Rollen 5. Wenn du auf S. 25 (4. Impuls rechts) dein Beziehungsnetz gezeichnet hast, dann überprüfe es doch jetzt daraufhin, welche Rolle Gleichaltrige darin spielen und ob du etwas an der Zeichnung verändern willst!

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Lenk’ nicht schon wieder ab!

1. Lies die Info und setze sie in Bezug zu eigenen Erfahrungen! – Diskutiert, welche Rolle Stefan in der Clique von Uwe ( S. 32) haben könnte! 2. Stellt typische Gruppenrollen (z. B. Chef/in, Arbeitstier, Fachmann/-frau) pantomimisch dar – je karikaturhafter, desto besser! 3. Auch in der Gruppenarbeit gibt es bestimmte Rollen. Vergleiche die Zitate zur Gruppenarbeit (links) mit eigenen Erfahrungen! – Diskutiert darüber, ob feste Rollen in Gruppen eher hilfreich oder schädlich sind! 4. Gruppen achten darauf, dass (ausgesprochene oder unausgesprochene) Gruppenregeln eingehalten werden. Entdecke solche Regeln im Material der Doppelseite oder tauscht euch über eure Erfahrungen damit aus! 5. Vergleiche Gruppen in Sozialen Netzwerken* und »normale« Gruppen und halte Gemeinsamkeiten und Unterschiede (ggf. in einer Grafi k) fest!

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» » » » »

CLOWN, CHEFIN, ARBEITSTIER?

INFO

GRUPPENROLLEN

In Gruppen kann man häufig beobachten, dass sich einzelne Mitglieder unterschiedlich in die Gruppe einbringen und dass auch Unterschiedliches von ihnen erwartet wird. So sollte z. B. eine Mannschaftskapitänin besonders auf Fairness achten und Verantwortung übernehmen. Eine freche Bemerkung kann anders aufgefasst werden, wenn sie vom »Spaßmacher« kommt oder von jemandem, der sonst eher mitläuft. Typische Verhaltensweisen und Positionen in Gruppen werden als Rollen bezeichnet. Sie bestimmen häufig die inneren Abläufe und Prozesse in einer Gruppe, z. B. die Entscheidung, ob neue Mitglieder aufgenommen werden, welche Rangordnung es in der Gruppe gibt, welche Stärken und Schwächen akzeptiert werden, ob sich Interessen der Gruppe ändern können etc. Natürlich sind solche Rollen nicht ein für allemal festgelegt, sondern können sich unter Umständen schnell ändern. NICHT ALLEIN

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Normalerweise …

» »» »

Das war doch nur Spaß.

Sei nicht so empfindlich! Das geschieht dir recht!

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Gestern war in den letzten zwei Stunden Sport. Lisa hatte mit ihrer Mannschaft im Völkerball gewonnen und war guter Laune. Als sie von der Toilette zurückkam, waren ihre Sportschuhe nicht mehr am Platz. Ebenso die Straßenschuhe. Die anderen hatten die Umkleideräume schon verlassen. Lisa dachte, es sei nur ein schlechter Scherz, aber die Schuhe tauchten nicht mehr auf. Nach langem Suchen gab ihr die Sportlehrerin zwei alte Schlappen aus der Schlamperkiste. Draußen, mit einigem Abstand, standen Klassenkameradinnen und -kameraden. Sie lachten. Lisa tat, als bemerke sie es nicht. Ihr Vater war aufgebracht: »Die Schuhe müssen wieder her oder ich werde mit der Klassenleiterin sprechen!« – »Aber dann gibt es doch noch mehr Aufsehen, Papa!« Heute, in der Klasse, verhielten sich alle, als sei nichts gewesen. Bis zum Stundenwechsel. »Na, bist du gestern noch zum Baden gegangen?« Das kam von Manuela, die spöttisch grinste. Manche lachten. »Du warst das also!«, schrie Lisa sie an. »Die Schuhe musst du ersetzen oder mein Vater zeigt dich an!« – »Spinnst du, was weiß ich, wo du deine Schuhe verlierst? Anzeigen, wer’s glaubt!« Mit ziemlicher Wucht schubste sie Lisa gegen einen Tisch. Auf dem Heimweg hatte Lisa Tränen in den Augen. Sie würde sich an Manuela rächen, das war klar. Am Anfang der 5. Klasse hatte sie sich eigentlich ganz gut mit ihr verstanden, doch richtige Freundinnen waren sie keine geworden – das zeigte sich jetzt. Diese Zicke! Neulich schon hatte sie sich in der Pause darüber aufgeregt, dass Lisa aus Versehen ein Indiaca*-Ball aufs Vordach der Turnhalle geflogen war. Sicher, es war Manuelas. Aber wie hätte sie ihn herunterholen sollen, wo doch die Pause gleich aus war und man immer pünktlich sein soll?

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ZU VIEL IST ZU VIEL

ARME LISA! 1. Lest »Zu viel ist zu viel«! – Geht in Gruppen zusammen und stellt eine Szene aus diesem Vorfall als Standbild dar! – Probiert aus: Was müsste in der jeweiligen Situation geändert werden, um diese zu entschärfen? 2. Lisa will sich rächen. Überlege, wie die Sache weitergehen könnte! 3. Betrachte das Foto oben und begründe, welches der Zitate oben links am besten dazu passt! – Tauscht euch darüber aus, wie es zu körperlichen Auseinandersetzungen kommt! 4. Diskutiert darüber, ob die Info auf Mädchen und Jungen gleichermaßen passt!

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Typisch Jungs!

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KAPITEL 2

INFO

KONFLIKTE

• Ob zu Hause, in der Schule oder unter Freunden: Konflikte (lat. confligere: aneinandergeraten, kämpfen) sind alltäglich und können weh tun. Viele möchten sie darum am liebsten vermeiden. Dabei können Konflikte notwendig sein, zum Beispiel um sich gegen Ungerechtigkeit zu wehren oder um Missverständnisse zu klären. Konflikte können zerstören, aber auch bereichern – es kommt drauf an, wie man damit umgeht, und das kann man lernen. • Die Ursachen von Konflikten können verschieden sein. Oft sind Meinungsverschiedenheiten Vier Konflikthaltungen der Grund, oft spielen auch Vorurteile, der Wunsch nach Anerkennung oder Anschluss, Konkurrenz, Macht, unfaire Behandlung usw. eine Rolle. Manchmal liegt der eigentliche Grund für einen Konflikt weit zurück – eine verletzende Situation, die man vielleicht schon vergessen hat. Trotzdem kann dann ein winziger Anlass diesen Konflikt aufbrechen lassen.

Das Huhn

Das Lama


… gibt es Konflikte ARME MANU!

SELBST SCHULD

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Das Huhn

Die Schildkröte

Der Stier Das Lama

Die Schildkröte

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Der Stier

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Vier Konflikthaltungen

Es fing vor einigen Tagen an. Manu hatte wie üblich mit ihren Freundinnen in der Bewegten Pause gespielt. Sie war froh, dass es die Möglichkeit in ihrer Schule gab, sich Spielutensilien gegen ein Pfand auszuleihen. Indiaca* spielten sie am liebsten. Und alles wäre in Ordnung gewesen, wenn nicht Lisa das Federding aufs Turnhallendach gedroschen hätte. Wahrscheinlich war sie sauer gewesen, dass sie es so selten erwischte – egal, denn Manu hatte ihren Schlüssel als Pfand hinterlegt. Der Ball musste also wieder herunter. Doch Lisa wollte ihn nicht holen, das war doch die Höhe! Sie sagte irgendetwas von Nicht-zu-spät-Kommen. Und weg war sie. Die 10.-Klässlerinnen in der Ausleihe zuckten nur mit den Schultern: Manu solle sich an den Hausmeister wenden. Den Schlüssel gebe es jedenfalls nur gegen den Ball – abgeschlossenes Fahrrad hin oder her. Wenigstens konnte Manu den Hausmeister am darauf folgenden Tag dazu überreden, aufs Vordach zu steigen. Gestern war Sport. Nach der Doppelstunde musste Lisa aufs Klo. Plötzlich kam Manu eine geniale Idee: Lisa sollte das selbst mal erleben. Die anderen waren schon draußen. Schnell hatte sie die zwei Paar Schuhe genommen und beim Fahrradplatz in den Mülleimer geschmissen. Die anderen warteten mit ihr. – Wie bescheuert das aussah, als Lisa kam – mit Schlappen! Auch die anderen aus der Klasse amüsierten sich köstlich darüber, vor allem weil sie tat, als wäre alles ganz normal. Sie lief am Abfalleimer vorbei. Alle grölten. Wer sich so daneben benommen hat und so dumm ist, hatte nichts anderes verdient.

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1. Lest »Selbst Schuld«! – Nehmt an, eine Lehrerin oder ein Lehrer würde in der zweiten Stunde ins Klassenzimmer kommen und die beiden MädVier Konflikthaltungen chen sehen: Spielt die Situation! Rollen Vier Konflikthaltungen 2. Schildere die Gefühle von Manu und Lisa nach der Szene – erinnere dich dabei auch an ähnliche Situationen, die du selbst erlebt hast! Wende die Info und das Merke auf den Konfl ikt zwischen Manu und Lisa an! 3. Erkläre, was für Manu und/oder Lisa bei ihrem Konfl ikt hilfreich wäre und was eher nicht! Umgang mit Konflikten 4. Diskutiert: »Das ist ihr Streit, da sollte sich keiner einmischen!« 5. Konfl ikte können zerstören oder bereichern – es Das Huhn Das Lama kommt daraufDas an ...Huhn Finde Beispiele! Das Lama

YPISCHE VERHALTENSWEISEN IN T KONFLIKTEN

1. Es gibt typische Verhaltensweisen, wie sich Menschen in Konfl ikten innerhalb einer Gruppe verhalten. Ein Karikaturist hat daraus diese vier »Tier«-Zeichnungen gemacht. Deutet sie! Diskutiert, ob solche Rollen in der Auseinandersetzung der Mädchen vorkommen und ob man andere TieDer Stier re bräuchte, wenn Lisa und Manu Jungen wären! Die Schildkröte – Zeichnet ggf. weitere Konfl ikttypen! 2. Versuche, dich selbst einem der Konfl ikttypen zuzuordnen!

Das sollte man sich MERKen: Konflikte sind oft wie Eisberge – das Wesentliche ist unter der Oberfläche.

NICHT ALLEIN

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Lösungen suchen »Na, geht’s dir besser, Lisa?« Beatrice betrachtet ihre ehemalige Klassenkameradin. »Ich hab’ gehört, du bist wieder mit Manu befreundet?« – »Naja befreundet? – Es geht.« – »Echt, erzähl!« Lisa holt Luft: »Wir waren bei den Streitschlichtern. Du hast ja mal gesagt, das bringt nicht viel, aber unsere Lehrerin wollte es unbedingt. Losgegangen ist es seltsam. Ein Junge und ein Mädchen aus der Zehnten, haben sich vorgestellt, etwas zu Regeln und so gesagt und gefragt, ob wir freiwillig hier sind und was klären wollen. Freiwillig war es ja nicht, doch Recht bekommen wollte ich schon. Jeder sollte die Sache dann aus seiner Sicht erzählen. Manus Geschichte war vollkommen verdreht. Sie hat von dieser Sache mit dem

Vertraulich Was beredet wird, bleibt im Zimmer.

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Freiwillig Niemand wird gezwungen.

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Indiaca*-Ball vor ewigen Zeiten erzählt und dass sie deshalb sauer auf mich war. Das eigentliche Problem mit meinen Schuhen hätte sie fast vergessen. Ich habe die Sache dann richtig gestellt und daraufhin haben wir uns angeschrien. Die beiden haben uns unterbrochen und gemeint, dass eine Schlichtung nur Sinn macht, wenn wir uns an die Regeln halten und etwas klären wollen. Es ginge nicht darum, wer Schuld hat. Trotzdem wollten wir weitermachen. Daraufhin haben sie wiederholt, was wir gesagt haben. Das mit den Schuhen hatten sie kapiert und wie wütend ich war. Dann erklärten sie, dass es einige Gemeinsamkeiten in unserer Darstellung gegeben hat. Und schließlich haben sie gefragt, ob ich Manus Wut auf mich verstehen könne. Ich meine, sie hat meine

GEKLÄRT?

SINNVOLL MIT KONFLIKTEN UMGEHEN

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1. Lies die Darstellung von Lisa und schildere dann die Streitschlichtung aus der Sicht von Manu! 2. Schlichten ist nicht richten. Erkläre den Unterschied! 3. Arbeite aus den Materialien dieser Seite heraus, wie eine Streitschlichtung ungefähr vor sich geht und welche Regeln dabei wichtig sind! 4. Diskutiert: »Aber wenn jemand anderes schuld ist, muss man doch Recht bekommen.« 5. Erkundigt euch über die Begriff e Aktives Zuhören und Ich-Botschaften! Entwickelt eigene Übungen dazu (z. B. mit Beispielen aus dem Alltag) oder lasst euch vom Schulpsychologen/der Schulpsychologin oder von Streitschlichtern beraten! Konflikte lösen 6. Nicht alle Konfl ikte sind für Schlichtungen geeignet. Überlegt, wann eine Schlichtung nicht sinnvoll ist und wie man in diesem Fall Unterstützung bekommt!

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KAPITEL 2

Unparteiisch Eine Lösung, mit der alle zufrieden sind.

Schuhe weggeschmissen. Wie soll ich das verstehen können? Plötzlich hat Manu gesagt, dass sie es schon verstehen kann, dass ich so sauer bin. Denn dass der Mülleimer geleert wird, wollte sie nicht. Sie war einfach wütend. Seltsam. Irgendwie habe ich dann auch sagen können, dass ich schon verstehe, dass sie sauer war wegen der Bewegten Pause. War ja auch blöd. Die Streitschlichter haben gefragt, was jetzt werden soll. Dazu bekamen wir Zettel. Da durften wir einen Wunsch draufschreiben. Aber für jeden Wunsch sollten wir auch sagen, was wir dafür anbieten können. Stell dir vor, es war ziemlich viel gleich. Manu hat sogar von sich aus gesagt, dass sie die Schuhe ersetzen würde, also teilweise, weil sie ja nicht mehr neu waren. Und dass sie sich entschuldigt.« – »Und, was hast du angeboten?« – »Geheimnis!«, grinst Lisa, »eigentlich ist es nicht so gut, so was weiterzuerzählen. Behältst du auch das alles für dich?« – »Wenn du willst. Ich bin ja eh nicht mehr bei euch. Aber was ist mit den anderen, die waren ja auch ziemlich fies zu dir!« – »Was soll ich da machen? Gestern waren die, die gelacht haben, eigentlich wie immer.«


Cybermobbing

Gesamt

19

Mädchen

18

Jungen

19

12-13 Jahre

15 17

14-15 Jahre 16-17 Jahre

24 0

10

20

• Antworte möglichst nicht auf Attacken in irgendeiner Form – Täter/innen erhoffen sich nämlich genau das und benutzen die Antwort für weitere Angriffe. • Sammle Beweise (z. B. mit Screenshots oder Ausdrucken): Das Recht ist auf deiner Seite. • Wende dich unbedingt an eine Vertrauensperson, möglichst an eine/n Erwachsene/n. • Gegen Mobbing helfen meist nur Maßnahmen, die von Fachleuten (z. B. der Schule oder der Polizei) durchgeführt werden.

INFO WAS IST CYBERMOBBING?

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Quelle: JIM 2016 Angaben in Prozent; n = 1.200

Jonas wurde nach dem Sportunterricht in der Umkleide gefilmt. Der Film wird über die Smartphones seiner Klassenkameraden verschickt, wahrscheinlich findet man ihn auch schon längst im Internet. Lena hat das Gefühl, die ganze Schule tuschelt über sie, und kann sich das nicht erklären. Bis sie erfährt, dass eine Nachricht mit einer ziemlich peinlichen Lüge über sie kursiert. ServiceBureau Jugendinformation WAS TUN BEI (CYBER-)MOBBING?

19

18-19 Jahre

ZWEI BEISPIELE

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UMFRAGE: ES HAT SCHON EINMAL JEMAND FALSCHE ODER BELEIDIGENDE SACHEN ÜBER MICH PER HANDY ODER INTERNET VERBREITET:

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• Beim Mobbing wird jemand gezielt und wiederholt über einen längeren Zeitraum mit Worten, Gesten und/oder Attacken beleidigt, bloßgestellt und/oder bedroht. Es dient Täterinnen und Tätern dazu, das eigene Bedürfnis nach Spaß, Anerkennung und Macht zu befriedigen, indem man das Opfer herabwürdigt. Einzelne Handlungen können dabei auf Außenstehende harmlos wirken, führen aber insgesamt zur u. U. schlimmen Schädigung des Opfers. • Cybermobbing ist Mobbing, bei dem die Angriffe auch (also oft parallel zu Mobbing) im Internet bzw. mit dem Handy geschehen, indem hier z. B. peinliche Fotos, Beleidigungen, Gerüchte oder falsche Profile verbreitet werden oder jemand bewusst aus Gruppen ausgeschlossen wird. Für die Opfer besonders schlimm ist u. a., dass hier die Täter/innen ggf. ganz anonym und zugleich oft vor einem größeren Publikum handeln und dass sie das Opfer im Prinzip zu jeder Zeit an jedem Ort attackieren können. Und einmal ins Netz Gestelltes lässt sich leicht unbegrenzt verbreiten.

MIT (CYBER-)MOBBING UMGEHEN

1. I n der JIM-Studie 2016 wurden 12- bis 19-Jährige in Deutschland befragt. Deute die Statistik und setze sie in Bezug zu eigenen Erfahrungen oder denen von anderen Personen! 2. Leitet aus der Info Ursachen für Cybermobbing ab und diskutiert sie! 3. Prüfe, inwiefern es sich bei den beiden Beispielen oben um Cybermobbing handelt! 4. Befasse dich mit Jonas oder Lenas Beispiel und erstelle eine Übersicht, was für ihn bzw. sie hilfreich wäre und was er bzw. sie sinnvollerweise tun kann! 5. Häufi g hört man bei Cybermobbing Aussagen wie: »Ach, das ist doch nicht so schlimm!«, »Alles nur Spaß!«, »Das war doch nicht so gemeint!«. Verfasse einen Beitrag für die Schulhomepage zum Thema »Cybermobbing« und beziehe dabei Informationen der Seite mit ein!

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AußenAUSSENSEITER! AUSSENSEITER?

EIN WORT

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Isolierte, Einzelgänger, Ungeliebte, Genies, Ausgegrenzte, Abgelehnte, Individualisten, Besondere, Sonderbare, Befremdende, Querdenker, Sonderlinge, schräge Typen, Ich-Bezogene, Menschen ohne Anschluss, Einsame, Opfer, Schüchterne, Unnormale, sich Abgrenzende, Fremde

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1. T eilt euch auf: Eine Hälfte der Klasse deutet die Bilder als Außenseitersituationen, die andere versucht andere Deutungen. 2. Diskutiert, welche der Begriff e in »Ein Wort« für euch zu einem Menschen passt, der nicht Teil einer bestimmten Gruppe ist! 3. Erfi ndet und spielt eine Handlung zu einem der Bilder! Rollen

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KAPITEL 2


-seite(r)

ANSICHTEN

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Luisa: Ich kann den überhaupt Frau Fröhlich: Ich glaube, Sebastian ist in einer nicht leiden. Wenn’s richtig lustig wird, schwierigen Phase. Ganz normal in der Pubertät. macht er nie mit. Was soll man mit so Ich finde, die anderen müssten darauf mehr jemandem anfangen? Rücksicht nehmen, dass er etwas mehr intro-­ Kadir: Mit dem hab ich bisher vertiert ist. Zuhause hat er es wohl auch einfach noch nichts zu tun gehabt. nicht ganz leicht. Ben: Dieser Basti ist mir eigentlich Max: So ein Depp, wie der egal. Er sitzt nicht in meiner Nähe, schon rumläuft! Kein nervt mich nicht – ich habe am Wunder, wenn sich niemand Jahresanfang gar nicht gemerkt, dass er mit ihm abgeben will. Vroni: Ich finde, jeder darf so sein, men ist. neu in die Klasse gekomInga: Also, Basti ist wie er ist. Aber wenn man in einer doch ein ziemlich netter Typ. Klasse ist, muss man sich auch Nicht so oberflächlich, anpassen und auf andere in den drängt sich nicht andauernd zugehen. aber Vordergrund. Ich hab mich Michaela: Irgendwie ist er richtig interessant; sprechen. nicht getraut, ihn anzuman weiß so gar nichts von ihm. Paul: Er ist zu arrogant. Der soll mal nicht so Marie: Also ich hab selbst genug Probleme. tun, als wäre er was Keine Ahnung, wie der so drauf ist. Ist ja Besseres! Bernd: Der geborene auch mehr seine Sache, oder? Außenseiter!

EINE BIBLISCHE AUSSENSEITER GESCHICHTE?

1. Nicht jeder der Aussagen über »Außenseiter« (unten) wirst du zustimmen. Geht in Gruppen und diskutiert die Sätze! Welche passen zu den von euch erfundenen Szenen (  S. 38)? 2. Häufig haben Menschen das Bedürfnis, Menschen die »draußen« sind, in eine Gruppe »einzuschließen«. Überlege, wann eine solche Absicht sinnvoll sein kann und wann nicht! 3. »Mach doch irgendwo mit!« Spielt dazu eine passende Situation! Rollen 4. Wer ist Basti? Beschreibe Basti zunächst für dich allein mithilfe der Aussagen! Vergleicht anschließend eure Ergebnisse und deutet die grafische Gestaltung der Aussagen (oben)!

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1. L ies Lk 19,1–10 und kläre unklare Begriffe! In der Geschichte spielen Kontraste eine wichtige Rolle. Arbeite sie heraus! 2. Häufig wird Lk 19,1–10 als Außenseiter-Geschichte interpretiert! Untersuche die Bibelstelle mit Hilfe der Materialien der Doppelseite daraufhin, wer darin als was für eine Art Außenseiter angesehen werden kann! 3. »… selig zu machen, was verloren ist« (Lk 19,10): Stelle Zusammenhänge zu Jesu Verhalten in der Geschichte auf S. 15 her! 4. Schreibe die Geschichte so um, dass sie auf heutige Konfliktsituationen passt!

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Außenseiter kann man gleich erkennen. Außenseiter darf es nicht geben! Außenseiter sind immer die anderen. Außenseitern muss man helfen. Außenseiter haben auch Macht.

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Jede Gruppe braucht Außenseiter. Jede/r war schon einmal Außenseiter. Von Außenseitern will man nur die Außenseite sehen. Außenseiter gibt es nur, wenn man sie so nennt. Zum Außenseiter macht man sich selber.

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Freundinnen – Freunde …

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1. Kann man Freundschaft sehen? Überprüfe das an den Fotos (rechts)! – Vielleicht mögt ihr selbst Bilder mitbringen, auf denen man Freundschaft »sehen« kann. 2. »Nicht jeder, der dich anlacht, ist dein Freund!«, heißt ein Sprichwort. Aber wer ist das dann, ein echter Freund, eine echte Freundin? Ergänze: Freundschaft ist wie/wenn… 3. Die Freundin / der Freund: ein »Lieblingsmensch«? Arbeite aus dem Liedtext und den anderen Materialien der Seite heraus, was eine gute Freundschaft ausmacht und vergleiche mit deinen eigenen Formulierungen (2. Impuls)! 4. Stellt Freundschaft (oder einzelne Aspekte davon) als Standbild dar! 5. Enge Freundinnen und Freunde: Diskutiert, ob eine Freundschaft auch zu eng werden kann! 6. Der beste Freund / die beste Freundin und die Gruppe: Da kann es Konfl ikte geben. Schildert Beispiele!

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ECHTE FREUNDSCHAFT

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LIEBLINGSMENSCH

WARE VREUNDSCHAVT IST, WEN MAN DI SCHREIPFELER DESS ANDEREEN ÜBERSIET! 40

KAPITEL 2

Absolut niemand darf’s erfahren, aber dir vertrau ich’s an, weil du’s sicher aufbewahrst: meine Area 51*. Und manchmal drehen wir uns im Kreis, aus ’ner Kleinigkeit wird Streit, aber mehr als 5 Minuten kann ich dir nicht böse sein. (Yeah) Mach ich dir was vor, fällt’s dir sofort auf. Lass ich mich hängen, dann baust du mich auf. Manchmal wiegt der Alltag schwer wie Blei, doch sind wir zu zweit, scheint alles so leicht. Hallo, Lieblingsmensch! Ein Riesenkompliment dafür, dass du mich so gut kennst. Bei dir kann ich ich sein, verträumt und verrückt sein, na na na na na na – danke, Lieblingsmensch! Schön, dass wir uns kennen. Namika


fürs Leben

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homies

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Du bist meine beste Freundin! <3

Freundschaft ist eine Tür zwischen zwei Menschen. Sie kann manchmal knarren, sie kann klemmen, aber sie ist nie verschlossen. (Balthasar Gracián y Morales)

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Du magst denjenigen vergessen, mit dem du gelacht hast, aber nie denjenigen, mit dem du geweint hast. (Khalil Gibran)

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Du bist wie ein Bruder für mich.

FREUNDSCHAFT UND INTERNET

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1. Das Internet bietet einige Vorteile für Freundschaften. Nenne Beispiele! 2. Kann man in Sozialen Netzwerken* erkennen, ob es sich um »echte« Freundschaften handelt? Berichtet von eigenen Beobachtungen und Erfahrungen!

EWIGE FREUNDSCHAFT

1. Das Bild oben ist ein Ausschnitt aus einem alten Poesiealbum, also einem Freundschaftsbuch, in das Sprüche und (gereimte) Zitate eingetragen wurden. Tauscht euch über eigene Erfahrungen mit Freundschaftsbüchern und/oder typischen Freundschaftssprüchen aus! Vergleicht damit die Beispiele auf dieser Seite! 2. »Best friends forever« steht auf dem Herzanhänger oben – Halte deine Gedanken dazu fest! 3. Überlege dir, ob du den Rahmen (links) mit einem Bild füllen würdest und welches das sein könnte! 4. » Wir kennen uns schon so lange …« Lass dir von deinen Eltern oder Großeltern Freundschaftsgeschichten erzählen! 5. Manchmal gehen Freundschaften auch zu Ende. Finde Gründe dafür!

MERKe! Freundschaft heißt: Ich darf ich sein und anders.

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Beziehungen

Alberto Giacometti, Der Platz, 1948/49, Bronze, 21 x 63,5 x 44 cm

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KAPITEL 2


Im Zusammenhang wiedergeben ++ beschreiben ++ wahrnehmen ++ deuten ++ reflektieren ++ urteilen ++ kommunizieren ++ sich ausdrücken

Der Schweizer Künstler Alberto Giacometti* (1901–1966) ist vor allem für seine Skulpturen bzw. Plastiken weltberühmt: Beschreibe eines (!) der Fotos seiner Skulptur »Der Platz« auf S. 42!

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Vergleiche das zweite Foto mit dem ersten und halte fest, ob sich durch den anderen Blickwinkel etwas an der Wahrnehmung und Bewertung der dargestellten Szene ändert! – Deute mögliche Unterschiede mit Hilfe dessen, was du in diesem Kapitel über Beziehungen gelernt hast!

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Nimm an, die dargestellten Figuren auf S. 42 wären eine Familie, eine Sportgruppe, eine Klasse, die Clique und/ oder Freundinnen bzw. Freunde usw.! Erfinde zu mindestens zwei solcher Personenkonstellationen eine Geschichte, die zur dargestellten Szene passt! Gib den Figuren Sprech- bzw. Denkblasen oder erzähle die Geschichte!

Du hast dich in diesem Jahr und in den letzten Jahren mit verschiedenen biblischen Beziehungsgeschichten beschäftigt. Überlege, ob die Skulptur auf S. 42 als Ganzes zu einer dieser Geschichten passt! Falls das nicht der Fall ist, wähle einen Ausschnitt aus der Skulptur, der zu einer dieser Geschichten passt! (Du kannst z. B. einzelne Figuren verdecken.) Gib die biblische Geschichte im Überblick wieder und erläutere den Zusammenhang zur Skulptur! Gehe dabei auch auf die Rolle ein, die Gott in diesem Zusammenhang spielt!

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Geht in Gruppen zusammen und beschreibt eine möglichst typische Konfliktsituation, die zu einem der Bilder passt. Ggf. könnt ihr dazu eine der von euch erfundenen Szenen (grüner Pin) heranziehen. Erprobt z. B. durch Nachspielen Rollen oder mithilfe von Standbildern , welche Möglichkeiten es für die Einzelnen gibt, sinnvoll mit dem Konflikt umzugehen!

Was hast du dazugelernt, was kannst du jetzt besser als vorher (vgl. die Vorschau auf S. 21)? Was hat dir Freude gemacht, was weniger? Was war besonders wichtig? Was sollte man sich merken? Worüber möchtest du noch einmal nachdenken?

Die Bibel erzählt davon, dass Gott will, dass Menschen in Beziehungen leben können. Wiederhole dazu passende biblische Aussagen und deute die Skulpturen aus dieser Perspektive: Halte Fragen und/oder Erkenntnisse fest!

Gestalte ein Plakat zu einem Jugendgottesdienst mit dem Thema »Es ist nicht gut, dass der Mensch allein sei.«! Begründe, ob eines der Bilder oder Ausschnitte daraus für die Gestaltung dieses Themas geeignet ist oder ob das Plakat besser ein anderes Motiv enthalten sollte! – Skizziere einen Entwurf des Plakats!

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KAPITEL 3

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ZUR WELT GEKOMMEN Wäre ich ich, zu anderer Zeit an anderem Ort?

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Und Jesus – wenn er in der Schweiz geboren wäre?

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Warum damals und nicht heute?

Hätte Jesus auch eine Frau sein können – oder ein Schwarzer?

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War Jesus ein Christ?

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Muss man nach Israel fahren, um Jesus besser zu verstehen?

Lernbereiche »Zwischen Galiläa und Jerusalem« und »›Mitten unter euch‹ – Jesu Botschaft und Leben« 44

KAPITEL 3


wahrnehmen Du nimmst wahr, dass Jesus zu einer bestimmten Zeit an einem bestimmten Ort gelebt hat und dass er Jude war wie auch seine Familie und seine Freunde. Du deutest ausgewählte Glaubensinhalte und Feste der Juden. Dabei nimmst du auch wahr, wie vielfältig das Judentum damals war und heute noch ist, und unterscheidest verschiedene jüdische Gruppen, mit denen Jesus zu tun hatte.

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In Diskussionen und Rollenspielen versetzt du dich in unterschiedliche Personen und Meinungen der Zeit Jesu hinein. Du tauschst dich mit anderen über Grundgedanken des Judentums aus und setzt alttestamentliche Hoffnungsbilder kreativ um.

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Du denkst darüber nach, inwiefern man über das Judentum Bescheid wissen muss, um Jesus zu verstehen. Du setzt dich mit den Hoffnungen von Jüdinnen und Juden, Christinnen und Christen auf eine bessere Welt auseinander und bewertest Aussagen, in denen das Judentum verzerrt dargestellt wird.

EXTRATOUR

urteilen

sich ausdrücken

reflektieren

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Jeder Mensch wird geprägt durch das Land, in dem er lebt, und durch seine Zeit. Mithilfe der Informationen dieses Kapitels kannst du die geographischen und politischen Lebensbedingungen im Land Jesu zu seiner Zeit sowie wichtige Grundlagen des jüdischen Glaubens damals und heute beschreiben.

deuten

wiedergeben

beschreiben

kommunizieren

EIN QUIZ ENTWERFEN Im folgenden Kapitel lernt ihr viele Begriff e kennen, die ihr auch für spätere Themen braucht. Wer sich diese gleich merkt, muss sie nicht ständig wieder nachschlagen. Besonders leicht geht dies, wenn ihr selbst ein Quiz hierfür herstellt. Sammelt dazu in Kleingruppen wichtige neue Begriff e. Die Teams erstellen dann zu »ihren« Begriff en Quizfragen auf Karten. Zuvor müsst ihr euch auf eine Quiz-Art und genaue Spielregeln einigen. Für »Wer wird Millionär?« braucht ihr z. B. zu jeder Frage vier Antworten zur Auswahl. Oder ihr entwerft selbst ein »Tabu«-Spiel. Hierfür schreibt ihr auf jede Karte unter den Begriff , den jemand seinem Team erklären soll, fünf weitere Begriff e, die der/die Erklärende nicht verwenden darf. Überlegt euch dabei gut, welche Wörter man normalerweise fürs Erklären verwenden würde – sonst wird es zu leicht! Achtet bei der Durchführung darauf, dass keine Gruppe eigene Fragen beantworten bzw. eigene Begriff e erklären muss. ZUR WELT GEKOMMEN

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Bethlehem ‌

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Micha 5,1

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Und du, Bethlehem*, die du klein bist unter den Städten in Juda, aus dir soll mir der kommen, der in Israel Herr sei, dessen Ausgang von Anfang und von Ewigkeit her gewesen ist.

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KAPITEL 3


… lag in Judäa

LEBENSWELTEN

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Alle 0,2 Sekunden kommt ein Mensch auf die Welt. Auf welche Welt?

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Das ist doch nicht egal, ob man schwitzt oder friert. Ob man in einem Haus voller Spielzeug aufwächst oder als Flüchtlingskind. So viele Welten – keine wie die andere. Niemand kann sie sich aussuchen. Und Jesus? Seine Welt ist mir fremd: irgendwo am Rand des Römerreichs, vor unvorstellbar langer Zeit. Dabei sagen sie, er sei immer bei mir!

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Eröffnungen WEGE ZUR KRIPPE

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1. B eschreibe das Bild auf S. 46! Achte dabei genau darauf, wie die Figuren zueinander stehen! 2. Formuliere Gedanken und ggf. Worte der dargestellten Figuren! Rollen Du kannst auch selbst einen Platz wählen, wo du gern sein möchtest, und eigene Gedanken von dort aus formulieren. 3. Lies die Evangelienanfänge Lk 1f. und Mt 1f.! Vergleiche sie anschließend mit der dargestellten Krippenszene! Nicht alles passt zusammen! 4. Recherchiert in Gruppen nach unterschiedlichen Krippen! Gruppen Vielleicht findet ihr afrikanische und orientalische, alpenländische und fränkische Krippen (vgl. auch S. 96). – Vergleiche die Darstellung einzelner Szenen und Figuren und deute sie!

ehrlich gesagt finde ich Ihren Buchanfang ziemlich langweilig: ein Stammbaum – Matthäus: – der es in sich hat! »Bethlehem« allein beweist gar nichts – eines Tages werden die Forscher behaupten, Je­sus sei in Nazareth* geboren! Nur mein Stammbaum be­legt, dass Jesus tatsächlich der erwartete Davidsspross ist. Außerdem zeigt er, dass Jesus ein wirklicher Mensch war, mit Großeltern, Mutter und Vater – wohlgemerkt, auch mit Vater! Lukas: Ein bisschen neidisch bin ich auf Ihre drei Weisen aus dem Morgenland – eine malerische Geschichte! Matthäus: Aber Ihre Hirten sind auch nicht übel – Hirten wie David* ... Lukas: ... die Ärmsten der Armen! N. N.: Markus, sind Sie nicht manchmal ein bisschen eifersüchtig – so ganz ohne Weihnachtsgeschichte? Markus: Solche Geschichten können vom Wesentlichen ab­lenken. Diese Legenden aus Jesu Kindheit boomten schon zu meiner Zeit, eine wunderbarer als die andere. Mir reicht das, was ich weiß: Jesus wanderte wenige Jahre lang durch Galiläa*, um dann nach Jeru­sa­lem* zu ziehen, wo er am Kreuz starb und am dritten Tag auferweckt wurde von den Toten. Und das alles für uns! Nur das ist wichtig! Lukas und Matthäus (gleichzeitig, leicht gekränkt): In unseren Weihnachtsgeschichten sind auch schon Passion* und Ostern versteckt! N. N.: Johannes, Sie sind so still? Johannes: Weil mich, verzeihen Sie bitte, diese Details nicht so interessieren. Sie, liebe Freunde, erzählen von Au­gustus* und Herodes*, von Hirten und Weisen, von Wüste und Galiläa – und sagen damit doch nur immer das eine: Gott ist Mensch geworden, wirklich Mensch, in einem bestimmten Land, zu einer bestimmten Zeit. Das habe ich in meinen ersten Zeilen auf den Punkt gebracht: »Am Anfang war das Wort.« – Jesus, Gottes ewiges Wort, ist Mensch geworden, das Licht der Welt! Darum geht es! Der Evangelist* N. N.: Leider ist die Sendezeit zu Ende. Ich danke Ihnen! Und wie gut, dass es Lukas als Krippenfigur nicht nur ein Evangelium* gibt!

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Ich beMERKEe schon: Jeder und jede hat einen eigenen Zugang zu Jesus – ich auch.

DIE VIER SIND SICH NIE BEGEGNET

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Die Evangelisten* lebten an verschiedenen Orten und gehörten verschiedenen Generationen an. Stellen wir uns vor, sie könnten doch einmal miteinander sprechen, z. B. in der beliebten Talkshow von Frau Nina Neugier.

N. N.: Meine Herren, es ist mir eine große Ehre, dass Sie in meiner Sendung zum ersten Mal seit fast 2000 Jahren gemeinsam auftreten. In­zwi­schen hat sich viel verändert. Die Menschen kennen Ihre Geschichten nicht mehr so gut. Aber den Anfang Ihres Buches, Lukas, kennt jedes Kind! Lukas: (lacht) Ja, ich habe schon gehört von den Krippenspielen und Weihnachtsliedern. Aber denken Sie nicht, dass ich bloß ein schönes Märchen erzählen wollte. In einem unterdrückten Land wird in ärmsten Verhältnissen der Retter der Welt geboren! Noch dazu in der Stadt Da­vids! Das ist eine Geschichte, die alles auf den Kopf stellt! Nun ja, von Bethlehem* schreiben Sie ja auch, Kollege Matthäus, – aber 48

KAPITEL 3


Zugänge

BEDEUTUNGSVOLLE EINLEITUNGEN

INFO DIE EVANGELIEN

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1. Formuliere für jeden Evangelisten* in einem Satz, was ihm besonders wichtig ist! Schlage die Stellen Mk 1,1–15; Mt 1f.; Lk 1,1–2,21 und Joh 1,1–18 nach und lies die Überschriften! Überlege, inwiefern diese zu den Äußerungen der Evangelisten in der erfundenen »Talkshow« passen! 2. Bethlehem* spielt eine wichtige Rolle in diesem Gespräch. Recherchiere im Lexikon, warum Bethlehem so bedeutsam ist! 3. »Jeder erzählt etwas anderes über Jesu Herkunft. Das zeigt doch, dass keiner etwas Genaues weiß.« Nimm Stellung zu dieser Aussage!

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1. M ithilfe von Landkarte und Klimatabelle gibt es eine Menge zu entdecken, zum Beispiel: Wie weit ist Beth lehem* vom Meer entfernt? Wie weit von der nächsten Stadt? Wo ist es am heißesten, wo besonders kalt? Wo ist es vielleicht gefährlich, allein zu reisen? Wo kann man gut baden? Wo können Bauern gut leben, wo Fischer? Wo kann man Höhenluft schnuppern? 2. Formuliert weitere »Entdeckerfragen«! 3. Anders als früher mit Esel oder zu Fuß kommt man heute mit dem Auto bequem in Israel herum. Eine Mietwagenfi rma wirbt: Das Land der kurzen Wege! Suche in Prospekten über Israel oder im Internet für dich interessante Ziele und plane eine Reiseroute durch das Land! 4. Früher und heute: Recherchiert über unterschiedliche Orte aus der Zeit der Bibel und fi ndet heraus, welche dieser Orte es heute noch gibt! Gestaltet mit Hilfe einer Kopie der Karte auf S. 47 und aktueller Fotos in Gruppen ein Plakat!

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Straßenschild bei Bethlehem*

WEGE DURCH ISRAEL

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Das Markusevangelium ist ca. 70 n. Chr. abgefasst worden, also 40 Jahre nach Jesu Tod; Matthäus und Lukas folgten etwa 80/90 n. Chr.; das Johannesevangelium wurde um 100 n. Chr. geschrieben. Matthäus und Lukas haben große Teile von Markus übernommen, benutzten aber auch eigene Quellen über Jesu Worte und Taten. An den vier Evangelien kann man beobachten, wie unterschiedlich Menschen Jesus sehen. Eines ist ihnen jedoch gemeinsam: Sie wollen keine »Tatsachenberichte« über Jesus schreiben, sondern Menschen die gute Nachricht (Evangelium*) bringen: Gott liebt euch so sehr, dass er zu euch gekommen ist, als Mensch aus Fleisch und Blut, nicht irgendwo und irgendwann, sondern in einem bestimmten Land zu einer bestimmten Zeit!

Klimatabelle

für das heut

Mittlere Tagest emperaturen

ige Israel

Jan Jerusalem m ax 13 min 7 Tel Aviv max 18 (früherJafo)m in 8

März Mai Ju li/Aug Nov 18 26 30 19 11 16 20 12 22 26 31 24 11 15 21 13 Tiberias max 18 26 33 37 min 10 26 14 20 25 17 München m ax 1,4 8,3 17,7 23 min -4,2 -0 6,5 ,2 7,2 12 0,4 Mittlere Tempe ratur der Wasse roberf läche Mittelmeer 18 17 See Genezareth 21 28 23 17 16 Totes Meer 24 28 24 22 21 Rotes Meer 25 30 28 22 21 24 25 25 Niederschlagsm engen im Jahr esdurchschnitt in mm Jerusalem 66 0 Ti be ria Nazareth 74 s 450 0 Tel Aviv 500

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Pax …

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Dieses Relief stammt von einem Altar, den Kaiser Augustus 9 v. Chr. der Göttin des »Augustäischen Friedens« errichtete (ara pacis augustae). Die Säuglinge auf dem Schoß der Göttin, die Früchte und die Tiere symbolisieren Fruchtbarkeit und Wohlstand. Rechts und links sieht man zwei Nymphen, die Meer und Luft darstellen. Mit diesem Altar setzte Augustus auch sich selbst als Weltherrscher und Bringer eines neuen Zeitalters ein Denkmal. Zu seiner Zeit hatten die Römer fast die ganze damals bekannte Welt unterworfen.

. n für unsere Religion Sie haben keinen Sin was wie et so t er ssi pa nn aber da Sie tun so tolerant, el* aufstellen fach Bilder im Temp ein us lat Pi als neulich, r Wasserfü er e elschatz* wollt ließ! Und den Temp n! me leitungen herneh

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sind wir W Auf einmal eltbürg verbinden uns mit fe er! Neue Straßen rnen blüht – w er jetzt nic Ländern! Der Han del ht schläft ,k eine golde ne Nase v ann sich erdienen!

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Nun ist Friede auf der ganzen Welt! Wir brauchen keine Angst mehr vor Angreifern zu haben. Ein goldenes Zeitalter!

Sie beuten uns aus! Die Steuerlast ist unerträglich. Überall setzen sie ihre Prachtbauten hin, man hört nur noch Griechisch und Latein; bald sind wir Fremde im eigenen Land. Wir müssen uns von ihnen fernhalten, um unsere eigenen Geschichten und Bräuche zu bewahren!

MERKe: Pax ist nicht Schalom*!

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KAPITEL 3

Sie si Eine fried nd grausam! Wo m an hinsch liche Dem aut: onst geschlage n. Wer nu ration haben sie m Soldaten. it Knüppe r unter Ve sein, mit d ln n rda em mache n sie kurz cht steht, aufständ iedere isch zu n P ro z ess die Sprach e der Gew . Sie verstehen nur alt!

Man kann sich mit ihnen arrangieren. Hier in Jerusalem* funktioniert das prima. Pilatus residiert meist in Cäsarea und in der Stadt haben die jüdischen Priesterfamilien das Sagen.

ANSICHTSSACHE

1. S ortiert die Ansichten über die Römer und diskutiert, wie schwer sie wiegen! 2. Stelle dir die Personen vor, die diese Sätze sagen! Denke z. B. an ihre Herkunft, ihren Beruf, ihr Geschlecht! Spielt eine Diskussion, in der es um die Römerherrschaft geht, z. B. in einer Familie oder auf dem Marktplatz! Rollen 3. Sammele Wörter, in denen »Frieden« vorkommt (friedlich, zufrieden ...), und über lege, welche zum »römischen Frieden«, zur Pax Romana, passen!


... Romana

Silberdenar des Kaisers Tiberius (14–37 n. Chr.), Vorderseite: »TI CAESAR DIVI AUG F AUGUSTUS« (Kaiser Tiberius, Sohn des göttlichen Augustus, der Erhabene), Rückseite: die Kaisermutter Livia als Siegesgöttin; Aufschrift »PONTIF MAXIM« (»oberster Priester«)

Kupfermünze Herodes des Großen* (sein Name auf Griechisch), Rückseite: mazedonisches Sonnensymbol

Münze des Statthalters Pontius Pilatus*, Vorderseite: ein Lituus (priesterlicher Krummstab aus der römischen Religion) und die griechische Aufschrift TIBEPIOY KAICAPOC (des Kaisers Tiberius), Rückseite: umkränzte Jahresangabe

Römische Judäa*-capta-Münze. Vorderseite: Kaiser Vespasian (69–79 n. Chr.), Rückseite: Trauernde Frau unter einer Palme, symbolisiert die Trauer des besiegten jüdischen Volkes nach der Zerstörung Jerusalems*

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INFO DIE RÖMER UND DAS GELD

MACHT DES GELDES

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Jüdische Münze (Schekel) aus der Zeit des ersten jüdischen Aufstands (66 n. Chr.), Vorderseite: Amphore, hebräische Umschrift (»Jahr 2«), Rückseite: Weinblatt, hebräische Umschrift (»die Freiheit Zions*«)

• Die Menschen im Land Jesu litten unter der Ausbeutung durch die Römer. Aller Grund und Boden, alle Habe, Sklaven und Vieh waren mit Abgaben versehen. Dazu gab es indirekte Abgaben auf alle Handelsgeschäfte, die von Zöllnern*, besser: Steuerpächtern, eingetrieben wurden. An ihnen entlud sich der ganze Hass gegen Rom. • Viele Menschen verarmten völlig, bei einer schlechten Ernte konnte es sein, dass ein Bauer seinen Grund verpfänden musste oder sogar selbst in Schuldhaft kam. • Die Münzprägung war das Hoheitsrecht der Herrscher. Münzen waren wichtige Machtsymbole und Propagandamittel*.

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1. »Geld regiert die Welt.« – Führt Schreibgespräche zu dieser Behauptung! 2. Beschreibt Euromünzen aus möglichst vielen Ländern und überlegt, warum man sich für das jeweilige Motiv entschieden hat! Vergleicht sie mit den Prägungen antiker Münzen! 3. Ordne die abgebildeten Münzen den in der Info genannten Er eignissen zu! (Genaueres über die Römer erfährst du in Geschichte oder Latein.) 4. Diese Münzen gingen durch die Hände der jüdischen Bevölkerung. Formuliere Gefühle, die sie möglicherweise ausgelöst haben! Denke dabei auch an das 1. und 2. Gebot! 5. Einmal wird Jesus mit einer Münze auf die Probe gestellt. Tappt er in die Falle? Lies nach in Mt 22,15–22. Probiere durch lautes Lesen aus, wie unterschiedlich Jesu Antwort klingen kann!

UNTER FREMDER HERRSCHAFT

63 v. Chr. wurde Palästina* von Pompejus erobert. Zur Zeit der Geburt Jesu war Kaiser Augustus an der Macht. Palästina ließ er durch Herodes den Großen* regieren, der Jerusalem und den Tempel* prächtig ausbaute und Israel für die griechische und römische Kultur öffnen wollte. Wegen seiner Anpassung an die Besatzungsmacht und seiner Machtgier war er bei vielen Juden unbeliebt. Als Jesus erwachsen war, herrschte in Rom Kaiser Tiberius, in Galiläa* regierte Herodes Antipas*, Sohn Herodes’ des Großen. Die Provinz* Judäa* und die Hauptstadt Jerusalem* wurden direkt durch den römischen Präfekten Pontius Pilatus* verwaltet. 66 n. Chr. begann der jüdische Aufstand gegen die Römerherrschaft, der blutig niedergeschlagen wurde und 70 n. Chr. mit der Zerstörung Jerusalems endete. ZUR WELT GEKOMMEN

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Vielfalt …

WIR JUDEN SIND NICHT ALLE GLEICH

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»Hey, komm doch mal her!« Amos blickt erschrocken auf von den Orangensäcken, die er gerade vor der Burg Antonia ablädt. Der Römer sieht gar nicht unfreundlich aus, offenbar ein hoher Beamter. »Wie heißt du, Jude?« »Amos. Ich bin Kaufmann aus Jericho.« »Ich habe dich schon öfters hier gesehen. Du belieferst uns schon lange, ja? Deine Waren sind gut. Sicher willst du weiter Geschäfte mit uns machen. Setz dich her! Ich heiße übrigens Claudius. Ein Becher Wein? Ach ja, ihr esst und trinkt ja nicht mit unsereinem. Pass auf: Mein Chef, Pontius Pilatus*, macht sich viele Gedanken, warum es mit euch Juden ständig Ärger gibt. Da wollte er euch einen Gefallen tun und Wasserleitungen bauen – und ihr bedankt euch mit einem Aufstand!« »Es liegt an unserer Religion«, sagt Amos vorsichtig, »das Geld für die Wasserleitungen stammte aus dem Tempelschatz*.« »Genau deshalb frage ich ja. Wir Römer sind berühmt für unsere Toleranz. Eure Religion ist uns egal. Was machen wir falsch? Mit den Sadduzäern in Jerusalem* verstehen wir uns doch blendend! Die Priester* können in Ruhe ihren Opferkult praktizieren (zugegeben, bei heißem Wetter stinkt es ziemlich!) und sie respektieren uns. Wir lassen dem Hohenpriester*

freie Hand in Rechtsangelegenheiten – dieser Kaiphas, ein tüchtiger Mann!« »Wir Juden sind nicht alle gleich«, erklärt Amos, »genauso wenig wie ihr Römer. Auf dem Land lebt man anders als in der Stadt, in Galiläa* anders als in Judäa*. Auch die Religion wird unterschiedlich praktiziert. Also ich, ich stamme aus einer pharisäischen Familie. Wir Pharisäer bemühen uns, den Alltag zu heiligen und so gut wie möglich nach den Geboten zu leben. Wir befolgen z. B. die Speisegebote und vermeiden am Schabbat* jede Arbeit.« – »Ihr sondert euch ab! Ihr wollt nichts mit uns zu tun haben!« Amos schweigt. Irgendwie hat Claudius ja recht. Er versucht abzulenken. »Wir sind friedliche Leute. Wir würden keinem etwas zuleide tun. Wir sind keine Zeloten!« »Diese Terroristen«, sagt Claudius scharf, »wir werden sie alle ans Kreuz schlagen!« »Eure Demütigungen hält eben nicht jeder aus. Gewalt provoziert Gegengewalt!«, entgegnet Amos – hat er zuviel gesagt? Claudius darf auf keinen Fall wissen, dass Amos’ Bruder Barabbas sich den Widerstandskämpfern in den judäischen* Bergen angeschlossen hat. Doch Claudius spricht schon weiter: »Was seid ihr für ein merkwürdiges Volk. Nie zufrieden. Hier ein Messias*, dort ein Heilsbringer. Warum findet ihr euch nicht endlich ab und genießt das Leben? Und das Verquerste ist ja diese Geheimorganisation am Toten Meer – kennst du da jemanden?« – »Nein, zu den Leuten von Qumran* hat niemand von uns Zutritt. Man sagt, sie haben einen Gegen-Tempel* aufgebaut, der nicht aus Stein ist. Sie feiern ihre eigenen Gottesdienste und halten die Reinheitsgebote* perfekt ein. Aber vor denen brauchst du keine Angst zu haben – sie warten, bis Gott seinen Messias schickt.« »›Messias‹* – das Wort höre ich immer wieder.« – Amos’ Augen leuchten: »Der Friedenskönig! Die Propheten* haben es versprochen!« »Also so eine Art Rebellenführer?« »Die Zeloten sehen das so, ja. Wir Pharisäer glauben nicht, dass er Waffen nötig hat! Wann er kommt, hängt davon ab, wie gut wir Gottes Gebote einhalten.« – »Verrückt!«, murmelt Claudius. Er steht auf. »Das Gespräch mit dir war nicht uninteressant, vielleicht können wir es gelegentlich fortsetzen. Mein Verwalter soll dir deine Orangen gut bezahlen!«

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IN DER HÖHLE DES LÖWEN

1. A rbeite aus dem Text mithilfe der Informationen ( S. 53) die Kennzeichen der unterschiedlichen jüdischen Gruppen heraus! Charakterisiere jede Gruppe durch ein Symbol! Vergleiche auch die Zitate auf S. 50! 2. Amos erzählt zuhause, was er mit Claudius erlebt hat und was Claudius von den Juden erwartet. Schlüpfe in die Rolle von Amos! Rollen 3. Untersuche und bewerte die Bedeutung von »Pharisäer« in den Materialien auf S. 53 oben! 4. Schreibe einen Brief oder eine E-Mail an die Dudenredaktion; mache darin einen begründeten Vorschlag, wie man die beiden Beiträge ( S. 53) überarbeiten bzw. ergänzen könnte!

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KAPITEL 3


… respektieren Aus dem Duden-Wörterbuch:

JÜDISCHE GRUPPEN ZUR ZEIT JESU

tete, weil sie die Tora als einzige Grundlage für das Leben des Volkes ansah und es strikt ablehnte, sich fremde Gesetze aufzwingen zu lassen. Den Messias* stellten sie sich als gewaltigen Kriegsmann vor, mit dessen Hilfe es dem Volk Israel gelingen würde, sich von den Römern zu befreien. • Die Sadduzäer waren eine religiös-politische Gruppe im Judentum, die sich um 200 v. Chr. herausbildete und vor allem einflussreiche und wohlhabende Kreise der Bevölkerung umfasste: reiche Landbesitzer, Kaufleute, Tempelpriester und Leviten*. Sie waren im Hohen Rat* (Staatsrat) vertreten und glaubten im Gegensatz etwa zu den Pharisäern nicht an die Auferstehung der Toten. Außerdem sahen sie sich als Bewahrer der alten Ordnungen und waren an Veränderungen wenig interessiert. • Über die Essener weiß man wenig; sie waren wohl eine Gemeinschaft überwiegend von Männern, die sich unter Führung eines »Lehrers der Gerechtigkeit« vom übrigen Judentum absonderten, um ein völlig reines und gottgefälliges Leben zu führen – was ihrer Ansicht nach in einer von den Römern beherrschten Gesellschaft nicht mehr möglich war. Sie hielten eigene Gottesdienste und Rituale ab, befolgten strenge Lebensregeln und erhofften den Sieg der »Söhne des Lichts« über die »Kinder der Finsternis«, wie sie die Welt außerhalb ihrer Gemeinschaft nannten. Möglicherweise hatte Jesus über Johannes* den Täufer Kontakt zu ihnen.

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• Den Pharisäern war wichtig, die Tora* (z. B. die Schabbat*- und Speisegebote) ganz genau einzuhalten und alles Unreine zu vermeiden. Das bedeutete, dass sie sich auch von der römischen Besatzungsmacht und ihrer Kultur konsequent fernhielten; jedoch lehnten sie den gewaltsamen Widerstand ab. Das Lernen der Tora und die Diskussion über ihre Auslegung waren ihnen wichtig – viele unter ihnen waren ausgezeichnete Schriftgelehrte, die Jesus damit sehr nahestanden (vgl. Lk 13,31 und Joh 3,1 ff.). Später wurden die Pharisäer im Neuen Testament teilweise sehr negativ dargestellt (z. B. Mt 23,13 ff.); je stärker im Christentum die Judenfeindschaft wurde, desto mehr wurden sie als »die typischen jüdischen Gegner Jesu« missverstanden. Auf der Grundlage ihrer Lehren beruht noch heute das gesetzestreue Judentum. • Schriftgelehrte waren in neutestamentlicher Zeit eine einflussreiche Gruppierung, die als Schriftkundige und Kommentatoren der jüdischen Überlieferung zu den Lehrern des Volkes wurden. Zur Zeit Jesu waren Hillel und Schammai die beiden wichtigsten Lehrer unter ihnen. Da das jüdische Gesetz für alle Lebensbereiche wichtig ist, hatten die Schriftgelehrten auch richterliche Befugnisse. • Zeloten: Der Name bedeutet wörtlich »Eiferer« und bezeichnet eine Gruppierung, die zur Zeit der römischen Herrschaft gewaltsamen Widerstand leis-

Synonyme zu pharisäerhaft heuchlerisch, scheinheilig, unehrlich, unlauter

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INFO

pha|ri|sä|er|haft – in der Art eines Pharisäers, – wie bei einem Pharisäer üblich

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»Pharisäer« nennt man ein Getränk aus Kaffee, Rum und einer Sahnehaube. Angeblich hat man damit in einem nordfriesischen Dorf im 19. Jh. einen strengen Pfarrer, der keinen Alkohol zuließ, überlistet. Dieser soll, als er die Mischung entdeckte, ausgerufen haben: »Ihr Pharisäer!«

Pha|ri|sä|er – Angehöriger einer altjüdischen, die religiösen Gesetze streng einhaltenden Bewegung – (gehoben abwertend) selbstgerechter Mensch; Heuchler – heißer Kaffee mit Rum und geschlagener Sahne

ZUR WELT GEKOMMEN

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Galiläa:

beschert der Boden zehn Monate lang ununterbrochen, die übrigen Früchte reifen nach und nach das ganze Jahr hindurch.«

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Josephus* (ca. 37–100 n. Chr.), ein jüdischer Schriftsteller, schwärmt von Galiläa*:» ... in seiner ganzen Ausdehnung fruchtbar und reich an Viehweiden ... das ausgeglichene Klima passt auch für die verschiedenartigsten Gewächse; Nussbäume, die eine besonders kühle Witterung brauchen; daneben stehen Palmen, die Hitze brauchen, ferner Feigen- und Ölbäume unmittelbar dabei ... Weintrauben und Feigen

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Markt in Akko, einer alten Stadt in Galiläa

REISE IN DIE ZUKUNFT

In Kapernaum (Kafarnaum) hielten sich nach biblischem Zeugnis Jesus und seine Jünger* oft auf. Man fand dort unter einer Synagoge* aus dem 3.–4. Jh. Mauerreste, die zu der Synagoge gehören könnten, in der Jesus gepredigt hat (erfahrungsgemäß gibt es eine »Beständigkeit heiliger* Orte«, d. h. Gotteshäuser wurden oft an Plätzen ehemaliger Heiligtümer gebaut). Daneben hat man unter einer Kirche Reste von Wohnhäusern aus Jesu Zeit gefunden; eines davon wurde – das zeigen Inschriften – schon im 1. Jh. n. Chr. als Haus des Petrus* verehrt.

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1. S tellt euch vor, die Menschen im Jahr 2500 wollen wissen, wie ihr gelebt habt. Nennt unterschiedliche Möglichkeiten, wie sie das herausfi nden können! 2. Tragt zusammen, was die Menschen in der Zukunft unbedingt über unsere Gegenwart wissen sollten! Überlegt dabei auch, wie man verhindern kann, dass sie zu falschen Schlüssen kommen!

REISE IN DIE VERGANGENHEIT

1. Auf dieser Seite fi ndest du Erkenntnisse über Galiläa*, die Heimat Jesu. Schreibe für jedes Beispiel heraus, wie man jeweils zu dieser Erkenntnis kommen konnte (z. B. durch Ausgrabungen)! 2. Suche die genannten Orte auf der Karte S. 47! 3. Darüber, wie es früher »wirklich« war, gibt es häufi g unterschiedliche Meinungen. Tauscht euch über mögliche Gründe aus! Bezieht euch dabei auch auf die Beispiele auf dieser Seite! 4. »Man kann doch auch an Jesus glauben, ohne über Galiläa* Bescheid zu wissen!« Diskutiert über diese Meinung! Sog. »Haus des Petrus«, das später mit einer Kirche überbaut wurde

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KAPITEL 3


eine Spurensuche

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Sepphoris, die von Herodes Antipas* befestigte und zur Zeit Jesu blühende Stadt mit ca. 10.000 Einwohnern, rückte erst durch Ausgrabungen seit ca. 1990 ins Bewusstsein der Bibelwissenschaftler. Hat Jesu Vater, hat vielleicht sogar Jesus selbst als Bauhandwerker am Aufbau dieser Stadt mitgearbeitet? Kannte er das große Theater? Konnte er griechisch sprechen? Die Forscher sind sich nicht einig. Denn Sepphoris wird in der Bibel nicht erwähnt.

Bergung des antiken Bootes – seit 2000 ist es im Yigal-Allon-Museum zu sehen

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Ein sensationeller Fund gelang 1986: Im Schlamm des Sees Genezareth entdeckte man ein großes Fischerboot aus der Zeit Jesu, das man mühevoll barg und restaurierte. Man fand auch Überreste weiterer Schiffe – gab es hier eine Werft? Dazu passt, dass der Name des nahegelegenen Ortes Tarichea (bekannt auch als Migdal – früher Magdala –, die Heimat der »Maria Magdalena«) »Trockenfisch« bedeutet. Offenbar wurde hier eine seltene Fischart im großen Stil verarbeitet und exportiert – man hat bei Tarichea gefertigte Tongefäße in Ptolemais (heute: Akko) und in der Gaulanitis und Dekapolis gefunden. Auf der Via Maris, der Hauptverkehrsader des Landes, konnten die Waren transportiert werden.

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Ausgegrabenes bzw. restauriertes antikes Theater von Sepphoris

Funde aus der »Höhle der Briefe in Qumran*« in der Nähe des Toten Meeres: Schuh, verschiedene Utensilien aus dem Besitz von Frauen, Glasgeschirr, Kämme, Korb

Nazareth*, heute eine Stadt von 6000 Einwohnern, ist als Heimatort Jesu berühmt geworden. Tatsächlich hat man Reste von Höhlenwohnungen entdeckt. Doch Nazareth muss ein völlig unbedeutendes Nest gewesen sein. Weder die Synagoge* noch irgendein bedeutendes Bauwerk hat man gefunden. Nach Nazareth führten nur Feldwege, allerdings waren Sepphoris und die gut ausgebaute Via Maris nur wenige Kilometer entfernt. Eine Touristin erzählt: »In einem Dorf in Galiläa wurde mir von einer Bäuerin ein Fladenbrot aus Weizenmehl angeboten. Mit Olivenöl und Kräutern gewürzt schmeckte es köstlich. Dazu bekam ich einen Schluck Wein. Das erinnerte mich an die Frauen der Bibel, an Jesu Mutter, an Maria und Martha und an Jesus selbst, der mit seinen Freunden und Freundinnen so gerne aß und trank. Es war, als ob die Zeit stehen geblieben wäre!« ZUR WELT GEKOMMEN

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Jerusalem

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Aus einem Pilgerlied Ich freute mich, als man mir sagte: »Zum Haus des Herrn wollen wir pilgern.« Schon stehen wir in deinen Toren Jerusalem. Jerusalem, du starke Stadt, dicht gebaut und fest gefügt. Dorthin ziehen die Stämme hinauf, die Stämme des Herrn, wie es Israel geboten ist, den Namen des Herrn zu preisen. [...] Erbittet für Jerusalem Frieden! Wer dich liebt, sei in dir geborgen. Friede wohne in deinen Mauern, in deinen Häusern Geborgenheit. [...] Psalm 122 (Einheitsübersetzung)

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• Jerusalem war zur Zeit Jesu Hauptstadt der Provinz* Judäa*. Der von Herodes dem Großen* prächtig ausgebaute Tempel stellte das Zentrum der jüdischen Religion dar. Die Juden verehrten ihn als Ort der Gegenwart des Gottes, von dem man sich kein Bild machen und dessen Namen man nicht aussprechen durfte. Im Tempel vollzogen Priester* und Leviten* den Opferkult. • Das Allerheiligste im Zentrum des Tempels durfte nur der Hohepriester* am Versöhnungstag* betreten. In abgestuftem Abstand zu diesem »Mittelpunkt der Welt« hatten die anderen Menschen Zutritt zu den Tempelbereichen: Priester, (jüdische) Männer, (jüdische) Frauen, Nichtjuden. • Direkt an den Tempel grenzte die römische Burg Antonia. Der Hohepriester und die Sadduzäer* kooperierten so gut mit den Römern, dass der römische Präfekt* ruhig am Mittelmeer im kühleren Cäsarea residieren konnte. Nur zu den großen Festen, wenn die Menschen aus dem ganzen Land in die Heilige Stadt pilgerten, kam er in die Hauptstadt, um Unruhen vorzubeugen. • Natürlich florierte rund um den Tempelkult auch das Geschäft, v. a. mit Opfertieren. Dies hatten schon Propheten* wie Amos und Jeremia heftig kritisiert. Jesu »Tempelreinigung« (Mk 11,15– 18) war vermutlich einer der Hauptgründe für seine Auslieferung an die Römer durch den Hohen Rat*.

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STADT DES TEMPELS UND DER REGIERUNG

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KAPITEL 3

Moderne 3D-Rekonstruktion des herodianischen Tempels

PILGERSTADT UND ZENTRUM DER MACHT

1. Lest den Psalm im Chor! 2. Beschreibe das Verhältnis des/der Betenden zu Jerusalem mit eigenen Worten! 3. Menschen machen sich für ihren Glauben auf den Weg: Tauscht euch über mögliche Gründe aus! Vielleicht kennt ihr auch Wallfahrtsorte oder Pilgerwege bei euch in der Nähe? 4. Nicht nur die Geschäftemacherei irritierte die Propheten*. Sie fragten auch, ob der Tempelkult zum Gott Israels, der sich seinem Volk als Wegbegleiter [5] gezeigt hatte, passte. Sammelt hierzu Geschichten aus der Bibel! 5. Die römische Burg und der Tempel liegen direkt nebeneinander. Notiert mögliche Gründe für diese auff ällige Nähe sowie Probleme, die sich daraus ergeben können!


Stadt der Sehnsucht INFO HEILIGE* STADT

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70 n. Chr. schlugen die Römer den jüdischen Aufstand blutig nieder und machten Jerusalem dem Erdboden gleich. Nur noch ein Teil der Westmauer blieb übrig – die heutige »Klagemauer«, für Jüdinnen und Juden ein heiliger Gebetsort. Auf dem Tempelberg stehen nun der islamische »Felsendom« mit seiner goldenen Kuppel und die Al Aqsa Moschee. Jerusalem ist heute heilige* Stadt dreier Religionen: Judentum, Christentum und Islam. Juden und Palästinenser beanspruchen sie als Hauptstadt. »… NÄCHSTES JAHR IN JERUSALEM«

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Für Jüdinnen und Juden in aller Welt ist Jerusalem (auch »Zion«* genannt) Stadt der Sehnsucht. »Dieses Jahr hier, nächstes Jahr in Jerusalem«, sagen sie am Ende jedes Pessachfestes*. Auf Seite 56 sieht man den Tempelberg vom jüdischen Friedhof aus. Es ist eine Ehre, dort, wo einst der Messias* kommen wird, begraben zu sein. Auch für Christinnen und Christen verbindet sich die Hoffnung auf das Reich Gottes mit dem »neuen Jerusalem« (Off 21,2).

Jüdinnen und Juden beten an unterschiedlichen Stellen an der Klagemauer und stecken zwischen die Steine Zettel mit Gebeten.

SEHNSUCHTSSTADT

1. B eschaff e dir Infos und Bil der vom heutigen Jerusalem! 2. Alte Leute und Kinder auf den Plätzen (Sach 8,4) – was ist daran besonders? Deute Sach 8,3–5! 3. Entdecke »Sehnsucht« in den Bildern dieser Seite! 4. Tauscht euch über eure eigenen »Sehnsuchtsorte« aus – das könnten welche sein, an denen ihr schon wart, oder solche, die ihr euch erträumt!

So spricht der Herr: Ich kehre wieder auf den Zion zurück und will zu Jerusalem wohnen, dass Jerusalem »Stadt der Treue« heißen soll. [...] Es sollen hinfort wieder sitzen auf den Plätzen Jerusalems alte Männer und Frauen, jeder mit seinem Stock in der Hand vor hohem Alter, und die Plätze der Stadt sollen voll sein von Knaben und Mädchen, die dort spielen. aus Sach 8,3–5

Keramikplatten für Matzen (ungesäuertes Brot, das an Pessach* gegessen wird) sind oft mit Bildern von Jerusalem geschmückt.

ZUR WELT GEKOMMEN

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Halacha heißt Weg

WEGWEISER ZU EINEM GUTEN LEBEN

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1. G esetze – ein Grund zur Freude! Erinnere dich an die Zehn Gebote*, vor allem an den einleitenden Satz! Gibt es auch für dich Gesetze, die Grund zur Freude sind? Tauscht euch aus! 2. Mosche erklärt den Sinn der Speisegesetze, dabei spielen die Begriff e »Respekt« und »Training« eine wichtige Rolle. Informiere dich auf jüdischen Internetseiten über Grundregeln koscheren* Essens und stelle einen Bezug zwischen diesen Regeln und den beiden Begriff en her! 3. »Religion kann helfen, aufmerksamer im Alltag zu sein.« – Diskutiert darüber! Juden feiern Simchat Tora*.

MOSCHE, EIN ORTHODOXER* JUDE, ERKLÄRT ZU DEN SPEISEGESETZEN:

»Unser religiöses Leben ist sehr eng mit dem Essen verknüpft. Die Juden haben große Ehrfurcht vor dem Esstisch. Er hat etwas mit dem Altar zu tun. Wenn wir das Dankgebet sprechen, darf kein Messer auf dem Tisch sein. Wir bitten um Frieden und Leben und denken nicht ans Töten. Wenn wir auch Tiere essen, sollten wir uns als Juden doch immer bewusst sein, dass wir Leben nehmen, wenn wir Fleisch essen. Wenn man tierisches Leben missachtet, wird man wahrscheinlich auch vor menschlichem Leben keinen Respekt haben. In orthodoxen Häusern wachsen die Kinder mit dem Bewusstsein auf, dass es bei ihnen Dinge gibt, die man tut, und Dinge, die man nicht tut. Sie lernen es, sich auf besondere Speisen an besonderen Festen zu freuen. Die Kinder empfinden sie deshalb nicht als Zwang. Aber wie ein Sportler täglich trainieren muss, so müssen auch wir uns und unsere Kinder trainieren. Unsere Speisegesetze sind das stolze Abzeichen unseres Volkes, nicht der gelbe Stern*, den Hitler uns aufzwang.«

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INFO AUFMERKSAM LEBEN

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• Die Freude an der Tora, das Nachdenken über ihre Auslegung und der Versuch, danach zu leben, bilden das Zentrum der jüdischen Religion. • Hebräisch Tora bedeutet nicht einfach »Gesetz«, sondern: »Wegweisung«, »Lebensorientierung«. Der Begriff bezeichnet besonders die Fünf Bücher Mose. Nach der Überlieferung wurden Mose am Berg Sinai* nicht nur die Zehn Gebote*, sondern auch deren gesamte schriftliche und mündliche Interpretation offenbart. • Mit »Halacha« (»Gehen«, »Weg«) bezeichnet man den gesamten rechtlichen Teil der Überlieferung. Die Halacha regelt das ganze Leben: Es gibt vor Gott keinen unwichtigen Bereich. Der Alltag ist Gottesdienst, selbst die Küche soll »heilig«* sein. So achtet man darauf, Speisen koscher* (»rein«) zuzubereiten. • »Unrein« im Sinne der Reinheitsgebote meint dabei nicht »schmutzig«, sondern: Etwas entspricht nicht dem Willen Gottes, ist nicht gut für mich. Doch was heißt das in der konkreten Situation? Das muss immer wieder neu überlegt und diskutiert werden. Streit gehört dazu! »Drei Juden – vier Meinungen«, lachen Jüdinnen und Juden über sich selbst. 58

KAPITEL 3

Mithilfe von Apps kann man, z. B. durch Einscannen der Barcodes, beim Einkaufen prüfen, ob Lebensmittel koscher sind.


Lernen – ein Leben lang

Lebenslanges Lernen

Jüdische Kindergartenkinder

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Haggada* für Kinder

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Ich darf noch nicht zum Fußballspielen kommen, muss noch lernen. Wie langweilig!

» » » »

Nach meinem Jahr in England war ich ein neuer Mensch!

Das möchte ich noch genauer verstehen.

Ich konnte das Buch gar nicht mehr aus der Hand legen.

Jetzt hab’ ich’s! Das ist die Lösung!

Wiederholt bitte den Lernstoff auf S. 15!

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INFO

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Was du gestern gesagt hast, hat mir zu denken gegeben.

Du musst lernen, dich zu wehren!

LERNEN IN JÜDISCHER TRADITION

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• Wer sich an der Diskussion um die Auslegung der Tora* selbstständig beteiligen will, muss darüber gut Bescheid wissen. Daher ist das Lernen im Judentum so wichtig. • Zum Studieren, Diskutieren und zum Beten traf man sich schon zu Jesu Zeit in der Synagoge*; Jesus selbst hat in Synagogen gelehrt und wird Rabbi*, Lehrer, genannt. • In früheren Zeiten lernten v. a. die Jungen von Kind auf Lesen und Schreiben, um die Tora und ihre Kommentare verstehen zu können. Doch auch die Mädchen konnten sehr viel von ihrer Tradition lernen, z. B. in der Küche, beim Vorbereiten und Feiern von Festen und beim Entzünden der Schabbatkerzen gemeinsam mit ihrer Mutter. Heute lernen Jungen und Mädchen meist gemeinsam und nicht nur Jungen feiern ihre Bar Mizwa*, sondern auch Mädchen (Bat Mizwa). • Nach jüdischer Auffassung kann und soll man lernen, solange man lebt.

Drei jüdische MERKes: »Die Welt steht auf dem Atem der Schulkinder.« »Wer sind die Wächter der Stadt? – Die Lehrer der Kinder.« »Der Unwissende kann nicht fromm sein.«

LERNEN

1. A n den Zitaten merkt man, wie unterschiedlich man Lernen verstehen kann. Diskutiert darüber! 2. Schreibe eigene Erfahrungen auf: Da habe ich etwas Wichtiges gelernt: … Geholfen hat mir dabei: … 3. Schule, die Lust macht zum lebenslangen Lernen – sammelt wichtige Gesichtspunkte und entwerft ein Plakat mit Tipps für eine Diskussionsveranstaltung zu diesem Thema für Schülerinnen und Schüler, Eltern und Lehrkräfte! 4. »… lernt Hans nimmermehr?« – Sammle Beispiele dafür, dass auch Erwachsene noch lernen! 5. Diskutiert das dritte »Merke« oben! Denkt dabei an möglichst unterschiedliche Menschen!

ZUR WELT GEKOMMEN

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Freiheit – erinnert …

BeMERKenswert: Hier heißt es nicht: »Frag nicht soviel!«

INFO ERINNERUNGSFESTE

1. I n Dt 6,20 ist ein kleines Gespräch versteckt. Macht eine Szene daraus, schriftlich oder im Rollenspiel. Überlegt dabei: Aus welchem Anlass könnte das Kind fragen? Reicht ihm die Antwort aus? Möchten die Eltern noch mehr erklären? Rollen 2. Warum lebt ihr so, wie ihr lebt? Formuliere weitere mögliche Fragen an deine Eltern und überlege, was sie antworten könnten ! Vielleicht möchtest du zuhause mit deinen Eltern darüber sprechen?

» … ALS SEI ER SELBST …«

1. U nd wieder fragt ein Kind! Deute den Beginn des Sederabends! 2. »Ein jeder soll sich stets so verstehen, als sei er selbst aus Ägypten gezogen.« (Talmud*) Versucht, die Erzählung vom Auszug aus Ägypten mit den Ohren unterschiedlicher Menschen zu hören! Sammelt mögliche Gedanken und Erfahrungen! 3. Ein Platz bleibt frei – stelle dir dies möglichst konkret für den Weihnachtsabend vor oder für deinen Geburtstag! Überlege dir, für wen du einen Platz freihalten möchtest, und entwirf eine Tischkarte! Tauscht euch darüber aus, was sich durch den freien Platz ändern würde!

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• Schon in biblischer Zeit gab es die drei Wallfahrtsfeste, die die Befreiung aus Ägypten und die Wüstenwanderung erinnernd vergegenwärtigen: Pessach*, Sukkot* und Schawuot*. Zur Zeit des Tempels* pilgerten die Gläubigen an Pessach nach Jerusalem*. Heute wird dieses Fest meist zu Hause gefeiert. Es beginnt mit dem Sederabend. Auf die Frage des jüngsten Kindes: »Warum ist diese Nacht anders als andere Nächte?«, antwortet der Vater mit der Pessach-Haggada*, der Erzählung vom Auszug aus Ägypten, die von symbolischen Speisen begleitet wird. Die Feiernden können ihre eigenen Erfahrungen, ihre Sorgen und ihre Hoffnungen in die alte Geschichte hineinlegen. Die Tür bleibt einen Spalt auf für den Propheten* Elia*, den Vorboten des Messias*. Vielleicht kommt er ja gerade heute! • An Sukkot, dem Laubhüttenfest, wird in selbstgefertigten provisorischen Hütten gelebt, durch deren Dach der Himmel sichtbar sein soll. Das Fest erinnert an die Erfahrungen der Wüste: ohne ein Dach über dem Kopf, immer unterwegs und doch von Gott begleitet. • An Schawuot gedenken Juden an die Gabe der Tora* am Sinai*; zugleich danken sie Gott für die Ernte.

»WENN DICH MORGEN DEIN KIND FRAGT …«

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Dtn 6,20 f.

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Wenn dich morgen dein Kind fragt: Was sind das für Weisungen, Bestimmungen und Vorschriften, die euch der Herr, unser Gott, gegeben hat, dann sollst du deinem Kind antworten: Wir waren Sklavinnen und Sklaven des Pharao in Ägypten und der Herr hat uns mit starker Hand aus Ägypten geführt.

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KAPITEL 3

Sedertisch: Aus der Pessachhaggada wird die Geschichte vom Auszug aus Ägypten gelesen. Ein Platz mit Gedeck bleibt frei für den Propheten* Elia*.


… und erhofft!

»Denn uns ist ein Kind geboren [...] und die Herrschaft ist auf seiner Schulter; und er heißt Wunder-Rat, Gott-Held, EwigVater, Friede-Fürst.« Jes 9,5

1. H off nung hat viele Farben! Lies die Zitate im biblischen Zusammenhang und arbeite unterschiedliche Erwartungen an den Messias und seine Herrschaft heraus! 2. Wähle ein Zitat, das dich anspricht, und gestalte es in deinem Heft! 3. Informiere dich im Internet über »Superman« und prüfe, ob man ihn mit dem Messias vergleichen kann. 4. Deute M. Sperbers Rede vom »Kopfstand«! Dieses Bild wird dir im Kapitel 4 öfters begegnen.

»Sie werden Schwerter zu Pflugscharen* machen!« aus Micha 4,3 »Er wird nicht schreien noch rufen, und seine Stimme wird man nicht hören auf den Gassen.« Jes 42,2

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»Ein Reis wird hervorgehen aus dem Stamm Isais und ein Zweig aus seiner Wurzel Frucht bringen. Auf ihm wird ruhen der Geist des Herrn, der Geist der Weisheit und des Verstandes.« Jes 11,1f

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»Da wird der Wolf beim Lamm wohnen.« Jes 11,6 a »Ein Gerechter und ein Helfer, arm und reitet auf einem Esel!« Sach 9,9 b

»DIE FARBEN DER HOFFNUNG …«

»MESSIANISCHE GYMNASTIK«

Der jüdische Schriftsteller Manes Sperber (1905–1984) erzählt von seiner Kindheit in Osteuropa:

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Wie die Erwachsenen wussten auch wir Kinder, dass der Messias jeden Augenblick auf die Erde herabsteigen könnte. Unsere Erlösung würde erst einmal mit einer »Umkehrung der Welt« beginnen. Berele folgerte daraus, dass man plötzlich auf den Kopf zu stehen kommen würde. Um nun diese unangenehme Situation zu vermeiden, galt es, den Kopfstand rechtzeitig zu üben, erklärte Berele. Unter seiner Anleitung lernte ich auf den Händen gehen, mit dem Kopf so lange nach unten, bis mir schwindlig wurde. Später dachte ich oft an Bereles Kopfstandübungen. Längst beachtete ich nicht mehr die zahllosen Verbote, die den Alltag des frommen Juden beherrschten. Aber die Zuversicht, mit der ich den Messias erwartet hatte, war die gleiche geblieben. Es mag sein, dass ich, seit ich denken kann, keiner Idee begegnet bin, die mich so überwältigt und meinen Weg so stetig bestimmt hat wie die Idee, dass diese Welt nicht bleiben kann, wie sie ist, und dass sie ganz anders, besser werden kann, und dass sie es werden wird.

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Die Comicfigur Superman stammt ursprünglich aus der Feder zweier junger jüdischer Amerikaner.

INFO

MESSIASHOFFNUNG

• Messias, hebr. maschiach, griech. christos, bedeutet: der Gesalbte (König). Zur Zeit Jesu erhoffte sich das jüdische Volk einen von Gott geschickten Messias, der die Römer aus dem Land vertreibt und Frieden (schalom*) bringt. In dieser bewegten Epoche traten immer wieder Personen als angebliche Messiasse auf, scharten Leute um sich und verkündeten den Umsturz. Die Römer machten mit ihnen kurzen Prozess. • Wenn Christinnen und Christen Jesus »Christus« nennen, drücken sie damit aus, dass sie in ihm den von Gott gesandten Messias sehen. Im Unterschied dazu warten Jüdinnen und Juden weiterhin auf den Messias – die Tür für Elia* bleibt offen! ZUR WELT GEKOMMEN

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Die beiden haben sonst wenig Zeit zum Tanzen!

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n er Nur ein Tag – wen würde! doch ewig dauern

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KAPITEL 3

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Einfach nur da sein dürfen!

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INFO Lecha Dodi – Im Synagogen*gottesdienst wird der Sabbat mit diesem Lied feierlich begrüßt:

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Auf, mein Freund, der Braut entgegen, Das Angesicht des Schabbat wollen wir empfangen! Auf, mein Freund, der Braut entgegen, Die Königin Schabbat wollen wir empfangen!

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• Der Schabbat (Sabbat), der jüdische Ruhetag, beginnt – traditionell begangen – am Freitagabend bei Sonnenuntergang mit dem Entzünden der Kerzen, einem Synagogen*gottesdienst und einem festlichen Mahl. Die zwei Kerzen stehen für die beiden biblischen Wurzeln des Schabbat: Das Schabbatgebot wird einmal mit der Ruhe Gottes am 7. Schöpfungstag begründet (Ex 20,8–11), ein anderes Mal mit der Befreiung aus Ägypten (Dtn 6,12–15). Der Schabbat ist damit auch ein Fest der Freiheit und Gleichheit der Menschen. • Es stimmt nicht, dass man am Schabbat »nichts tun« darf. Er ist ein Tag für die Familie, für Freunde, für sich selbst; man hat Zeit füreinander, es wird gespielt, gefeiert, gesungen, getanzt, geredet, gegessen – der Schabbat, so heißt es, gibt einen Vorgeschmack auf das Reich Gottes. • Verboten ist jede Tätigkeit, die in die Schöpfung eingreift: Bauen, Abreißen, Feuer machen, sogar das Anschalten einer Lampe. Auch die Küche bleibt kalt. Dies praktizieren Jüdinnen und Juden heute unterschiedlich streng. • Schon zur Zeit Jesu gab es Streit um den Schabbat (wie ja überhaupt Streit zur Auslegung der Tora* gehört). Nie war allerdings umstritten, dass einem Menschen, der in Gefahr ist, am Schabbat geholfen werden muss. Der Schabbat ist ja für den Menschen da! Auch Jesus hat bei dieser Diskussion deutlich Position bezogen, indem er am Schabbat öffentlich Kranke geheilt hat (z. B. Mk 3,1–6, Lk 13,10–17).

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SCHABBAT

ZWEI RABBIS* IM GESPRÄCH

Ein Fremdling bat Rabbi Schamaj: »Nimm mich in das Judentum auf unter der Bedingung, dass du mir die ganze Tora erklärst, während ich auf einem Bein stehe.« Schamaj warf ihn wütend hinaus. Da trat der Fremdling mit der gleichen Bitte an Hillel heran: Dieser nahm ihn auf und sagte: »Was du nicht willst, das man dir tut, das tue auch deinem Nächsten nicht an; das ist die ganze Lehre. Alles andere ist nur Erläuterung. Geh hin und lerne sie!«

SCHÖPFUNGSRUHE – FREIHEITSFEST

1. Plötzlich ist alles wie verzaubert – erzähle von eigenen Erfahrungen! 2. Beschreibe das Bild auf Seite 62 genau! Überlege, wer oder was hier »verzaubert« wird! Finde die Gedanken der »Schöpfungsruhe« und der »Freiheit« auf der Seite wieder! 3. Hört euch eine Aufnahme des Liedes an; vielleicht könnt ihr es singen. 4. Manchmal muss man dazu gezwungen werden, sich keinen Stress zu machen; tauscht euch über entsprechende Erfahrungen aus! 5. Hillel und Schamaj interpretieren die Tora* unterschiedlich. Gib die Meinungen von Hillel und Schamaj über die Tora* in eigenen Worten wieder. Lies zu Hillels Antwort auch Mt 7,12! Beziehe die beiden Ansichten auf den Schabbat! 6. Informiere dich auf jüdischen Internetseiten genauer über den Schabbat! Vielleicht kann auch eine jüdische Mitschülerin bzw. ein jüdischer Mitschüler euch vom Schabbat erzählen! 7. Deute den Schabbatgruß »Schabbat Schalom«* !

ZUR WELT GEKOMMEN

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Vaterhaus

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Vasily Polenov, Mitten unter den Lehrern (1896)

[…] da fanden sie ihn im Tempel* sitzen, mitten unter den Lehrern, wie er ihnen zuhörte und sie fragte. Und alle, die ihm zuhörten, verwunderten sich über seinen Verstand und seine Antworten. Lk 2,46 b–47

Albrecht Dürer, Der zwölfjährige Jesus im Tempel (1496/98) 64

KAPITEL 3


Im Zusammenhang wiedergeben ++ beschreiben ++ wahrnehmen ++ deuten ++ reflektieren ++ urteilen ++ kommunizieren ++ sich ausdrücken

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Klebe eine Kopie des Dürer-Bildes in dein Heft und lege den einzelnen Figuren Gedanken und Sätze in den Mund! Greife dabei auch das mit auf, was du in diesem Kapitel gelernt hast! Ihr könnt nach dieser »Spielvorlage« eine Szene gestalten. Rollen

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Außenseiter oder mittendrin? Legt ein Pergamentpapier über die Bilder und zeichnet darauf Verbindungslinien zwischen Jesus und seinen Zuhörern! Diskutiert über die Beziehung, die durch die Linien zwischen Jesus und den anderen Personen in den Bildern deutlich wird!

Jesus: ein ganz normales Kind – ein jüdisches Kind – ein heiliges* Kind. Suche in den Bildern und im Bibeltext nach Belegen für diese drei Sichtweisen! Ziehe dazu auch die Bilder und Gedanken der vorigen Seiten heran!

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Betrachte und beschreibe die beiden Bilder , die beide vom Besuch des zwölfjährigen Jesus im Tempel* handeln: Achte zunächst darauf, wo sich jeweils der junge Jesus im Raum bzw. im Bild befindet, was er tut und wie seine Körpersprache und seine Mimik dargestellt werden! Schaut euch dann auch die anderen Personen genauer an! Das Bild von Albrecht Dürer ist fast 1500 Jahre nach Jesu Geburt entstanden, das von Vasily Polenov fast 1900. Beide Bilder sind lange nach Jesu Zeit entstanden. Zeige, wo das auf den Bildern deutlich wird!

Was hast du dazugelernt, was kannst du jetzt besser als vorher (vgl. die Vorschau auf S. 45)? Was hat dir Freude gemacht, was weniger? Was war besonders wichtig? Was sollte man sich merken? Worüber möchtest du nochmal nachdenken?

Lies die Geschichte aus Lk 2,41–50! Wähle dann eines der beiden Bilder und setze es in Beziehung zu der Erzählung! Arbeite Gemeinsamkeiten und Unterschiede heraus!

Es handelt sich hier um die einzige biblische Geschichte aus der Zeit zwischen Jesu Geburt und seinem öffentlichen Auftreten mit ca. 30 Jahren. Ob die Begebenheit historisch so stattgefunden hat, weiß man nicht. Überlege dir ein paar Sätze für die Talkshow ( S. 48), in denen Lukas deutlich macht, was er mit dieser Geschichte über Jesus erzählen wollte.

Die »Bibel« spielt auf den beiden Bildern und in der Geschichte eine wichtige Rolle. Erinnere dich daran, was du im letzten Schuljahr und in diesem Kapitel über die Bibel gelernt hast! Erkläre, um welche Bibel es sich jeweils handelt! Achte darauf, wie die Personen auf den Gemälden jeweils mit der Bibel umgehen!

ZUR WELT GEKOMMEN

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KAPITEL 4

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MITTEN UNTER EUCH War Jesus ein Mensch wie du und ich?

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Waren Maria und Josef enttäuscht von Jesus?

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Wie viel Vertrauen kann man sich leisten? Hat Gott Jesus leiden lassen?

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Warum war Jesus nicht überall beliebt?

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Wie hieß Jesus mit Nachnamen? Hat das Reich Gottes Grenzen?

Lernbereiche »›Mitten unter euch‹ – Jesu Botschaft und Leben« und »Anders – fremd – verschieden« 66

KAPITEL 4


wahrnehmen »Das Reich Gottes ist mitten unter euch« – um zu verstehen, was Jesus damit meint, legst du ausgewählte Gleichnisse* und Wundererzählungen aus. Du stellst Zusammenhänge her zwischen Jesu Tod und Auferstehung und seiner Botschaft vom Reich Gottes. Du deutest auch Bilder und Symbole, mit denen Christinnen und Christen bis heute ihren Glauben an Jesus Christus* ausdrücken.

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reflektieren EXTRATOUR

urteilen

Du tauschst dich mit anderen darüber aus, was dir an Jesus und seiner Botschaft wichtig ist, was dir schwerfällt zu glauben und wo du ganz anderer Meinung bist. Angeregt von Jesu Verkündigung des Reiches Gottes gestaltest du eigene Hoffnungsbilder. Du drückst deine eigene Sicht auf Jesus Christus* z. B. durch selbst formulierte Titel oder Bekenntnisse aus.

sich ausdrücken

Jesu Sicht der Welt und sein Glaube an Gott waren von Anfang an umstritten unter seinen Zeitgenossen. Auch heute löst Jesus gegensätzliche Reaktionen aus. Du setzt dich mit unterschiedlichen Sichtweisen auseinander und denkst darüber nach, was seine Botschaft vom Reich Gottes für deine persönliche Vorstellung von Gott bedeuten könnte.

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Der christliche Glaube gründet sich auf Jesus von Nazareth. Du lernst in diesem Kapitel wichtige Stationen seines Lebens sowie ausgewählte Gleichnisse* und Wundererzählungen im Zusammenhang mit seiner Zeit und seiner Umwelt kennen.

deuten

wiedergeben

beschreiben

kommunizieren

EIN REICH-GOTTES-LEPORELLO Die »Merkes« in »Ortswechsel« kennst du ja schon. In diesem Kapitel fi ndest du besondere »Merkes«, nämlich »Reich-Gottes-Merkmale«, wie sie in Jesu Verkündigung und Leben zu entdecken sind. Gestalte daraus ein Leporello zum Reich Gottes! Teile hierzu zwei DIN-A3-Papiere der Länge nach in der Mitte durch. Klebe drei Streifen zu einem langen zusammen. Falte zehnmal im Abstand von zehn Zentimetern eine Ziehharmonika und schneide den überstehenden Rest ab. Du erhältst ein Leporello mit Deckblatt und Doppelseiten vorne und hinten, auf denen du links jeweils die Reich-Gottes-Merkmale dieses Kapitels schreiben kannst. Auf die entsprechenden rechten Seiten kannst du passende Zitate oder eigene Gedanken schreiben oder auch ein Bild malen. Stellt euch am Ende dieses Lernbereichs eure Leporellos vor oder stellt sie aus! MITTEN UNTER EUCH

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So ist die Welt

Hintergrundbild einer Nachrichtensendung

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KAPITEL 4

Das ist eben so. Alles klar. Das ließ sich vorhersehen. Ich halte mich an die Fakten. Mach’ dir nichts vor. Das war schon immer so. Davon gehe ich aus. Auf dem Boden der Tatsachen …


Oder so?

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MITTEN UNTER EUCH

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Realistisch? NICHT BEI »WÜNSCH DIR WAS«?

WAS EIN KIND GESAGT BEKOMMT

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Der liebe Gott sieht alles. Man spart für den Fall des Falles. Die werden nichts, die nichts taugen. Schmökern ist schlecht für die Augen. Kohlentragen stärkt die Glieder. Die schöne Kinderzeit, die kommt nie wieder. Man lacht nicht über ein Gebrechen. Du sollst Erwachsenen nicht widersprechen. Man greift nicht zuerst in die Schüssel bei Tisch. Sonntagsspazieren macht frisch. Zum Alter ist man ehrerbötig. Süßigkeiten sind für den Körper nicht nötig. Kartoffeln sind gesund. Ein Kind hält den Mund.

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1. V iele Nachrichtensendungen verwenden als Hintergrundbild Weltkugeln oder Weltkarten: Beschreibe das Bild auf S. 68! Vielleicht kennst du Hintergrundgestaltungen anderer Nachrichtensendungen, mit denen du es vergleichen kannst. 2. Sucht passende Situationen zu den Sätzen auf S. 68; ihr könnt auch kleine Dialoge erfi nden! 3. Schreibe das Brechtgedicht neu, indem du diejenigen Aussagen, die du für überholt hältst, durch Sätze ersetzt, die man heute Kindern sagt! 4. Frage Erwachsene danach, ob es auch für sie solche Sätze gibt! 5. Wer solche Sätze sagt wie im Brechtgedicht oder auf S. 68, sieht die Welt durch eine bestimmte Brille. Gib dieser Brille einen Namen! Diskutiert darüber, ob sie eher nützt oder schadet! 6. Unten siehst du eine weitere Weltkarte. Deute sie! Welche Folgen hat es, wenn man diese Karte mit der Brille von 5. ansieht? Schreibe Gedanken dazu auf! Du kannst dazu auch aktuellere Zahlen und Hintergründe recherchieren.

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KAPITEL 4

VON BERTOLT BRECHT* (1937)


»

Verrückt?

Meine Eltern streiten, aber für mich bleiben sie Mama und Papa.

»

Ich sehe anders aus als die anderen – was für eine tolle bunte Welt.

Ich frage Laura, ob sie mit mir geht selbst wenn ich mich zum Narren mache.

»

Ich habe totalen Mist gebaut, aber jetzt stehe ich dazu.

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Mk 1,15

KOPFSTANDGEDANKEN JESU

1. D ie Sätze auf S. 69 stammen aus den sog. Seligpreisungen Jesu in Mt 5 und Lk 6 sowie aus seiner Antwort an Johannes* den Täufer, als dieser wissen will, ob Jesus der erwartete Messias* ist (Mt 11,5). Suche die Stellen in der Bibel! 2. Verfasst aus den Sätzen auf S. 68 und 69 einen Text, den ihr vortragt! 3. Mk 1,15 fasst die allererste Rede zusammen, die Jesus in der Öffentlichkeit hielt. Beziehe diesen Vers auf die Sätze auf S. 69! 4. Der Messias* und der Kopfstand – lies dazu noch einmal auf S. 61 nach! 5. Kopfstandgedanken drehen nicht einfach die Tatsachen um: Sprecht über die Beispiele links oben und ergänzt eigene!

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Die Zeit ist erfüllt, das Reich Gottes ist herbeigekommen,

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1. M erkwürdig, das Bild auf S. 69. Erzählt euch, was euch daran verwundert! 2. Setzt die Sätze auf S. 68 und 69 so zusammen, dass ihr sie mit verteilten Rollen vortragen könnt! 3. Worum geht es dem Narren und wie reagieren die anderen auf ihn? Arbeite wichtige Aussagen aus dem Lied der Gruppe Höhner heraus! 4. Erinnere dich an Grundschulgeschichten über Jesus und prüfe, ob das Lied zu Jesus passt!

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und glaubt an das Evangelium*!

DER ANDERE BLICK AUF DIE WELT

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Er war nur ein Träumer, ein Spinner, ein Narr, ein Kerl, der zu nichts zu gebrauchen war. Suchte nach Antwort, die er niemals fand – hatte Ideen, die keiner verstand; Sie haben versucht, ihn zu erziehn, ihn bedroht, geschlagen und angespien, doch er blieb einfach das, was er immer schon war: Ein Träumer, ein Spinner – einfach ein Narr. Er hielt einen Spiegel vor ihr Gesicht – sie sah’n nur den Narren, sich selbst sah’n sie nicht. […] zerschlugen den Spiegel und sperrten ihn ein, sie dachten, jetzt würd’ endlich Ruhe sein, doch als sich diese Ruhe zu vergiften begann, kam die Zeit, wo man sich auf den Narren besann. Er suchte die Freiheit zu leben – doch sie hatten Angst vor allem, was zählt: Freiheit zu leben. Er suchte das Salz dieser Welt. HÖHNER

MERKwürdig – es heißt: Kinder und Narren sagen die Wahrheit.

Ein anderer Blick auf die Welt Jesus wird in Kunst, Literatur und Theologie manchmal mit einem Narren oder Clown verglichen. Das ist nicht respektlos gemeint, im Gegenteil: Es soll herausstellen, dass Jesus die Welt mit einem anderen Blick, mit den Augen Gottes, sieht. Jesus verkündet den Menschen, dass Gott und sein Reich ganz nah herbeigekommen sind. Wie man das verstehen kann, das »Reich Gottes«, hat Jesus in immer neuen Geschichten und Handlungen gezeigt. Davon handeln die folgenden Seiten.

MITTEN UNTER EUCH

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Bartolomé Esteban Murillo, Die Heilige* Familie mit dem Johannesknaben

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war es ehrenhaft und selbstverständlich, einen Brotberuf zu haben. Hand in Hand mit der handwerklichen Ausbildung ging die religiöse Erziehung. Das Gesetz schrieb vor, dass ein Kind seine ersten Unterweisungen im Elternhaus erhalten soll. Das war in erster Linie die Aufgabe des Vaters. Jesus wird gelernt haben, die wichtigsten Gebete zu sprechen, die Sabbatruhe und die Reinheitsvorschriften* einzuhalten. Und er wird erfahren haben, auf was für eine lange Geschichte das Volk Israel zurückschauen konnte und wie Gott immer wieder seine Treue zu diesem Volk bewiesen hat. Wie alle Jungen in diesem Alter kam Jesus mit fünf Jahren in die Schule, das heißt, er ging in die Synagoge*. Die Synagoge in Nazaret* war kein prunkvoller Bau, sondern ein schlichtes rechteckiges Gebäude, dessen Eingang nach Süden wies, nach Jerusalem*. Dort saßen die Jungen des Dorfes auf dem Boden im Kreis um den Lehrer und wurden in der Tora unterrichtet, indem sie im Chor laut die Sätze wiederholten, die der Lehrer vorsprach. Die Muttersprache von Jesus war Aramäisch*. Es ist wahrscheinlich, dass Jesus in der Schule auch Hebräisch lernte, jedenfalls die Grundlagen. Als Erwachsener bewies Jesus oft, wie gründlich er sich in der Bibel auskannte. Wenn später die Leute miterlebten, wie Jesus die Heiligen* Schriften auslegte, waren sie so beeindruckt, dass sie ihn mit »Rabbi*« anredeten, obwohl er kein Schriftgelehrter* war, sondern Jesus aus Nazareth, der »Sohn des Zimmermanns«. Alois Prinz

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Du weißt schon aus dem 3. Kapitel, dass die »Weihnachtsgeschichten« (Lk 2 und Mt 1–2) keine historischen Berichte darstellen, sondern dass sie – Jahrzehnte später entstanden – ausdrücken wollen, was Jesus für die Menschen bedeutet. Über die Kindheit und Jugend Jesu ist so gut wie nichts bekannt. Doch kann man sich aus dem, was man über Zeit und Umwelt Jesu weiß, recht gut vorstellen, wie Jesus – als ganz »normales Kind« in einem galiläischen* Dorf – seine jungen Jahre verbracht haben könnte. Jesus war der Älteste unter seinen Geschwistern. Als solcher wird er schon früh seinem Vater zur Hand gegangen sein. Josef* war ein »tekton«, was meistens mit »Zimmermann« übersetzt wird. Zutreffender wäre es aber, wenn man Josef einen Bauhandwerker nennen würde, denn er hat nicht nur Holz verarbeitet, sondern auch Stein und Metall. Als Schreiner hat er Pflüge oder Dreschschlitten gefertigt oder die Dachbalken für die Häuser gehobelt. Daneben hat er auch die für die Gegend typischen, würfelförmigen Hütten gebaut, Zisternen abgedichtet oder Wohngrotten vergrößert. Als sicher gilt, dass Josef sein Handwerk an seinen Sohn Jesus weitergegeben hat. Nach jüdischem Glauben war es die Pflicht eines Vaters, dafür zu sorgen, dass die Söhne ein Handwerk erlernten. Abgesehen davon genoss ein Handwerker in der jüdischen Welt hohes Ansehen und brauchte sich nicht vor den gelehrten Schriftkennern zu verstecken. Im Gegenteil, auch für berühmte Gelehrte

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Mitten in Nazareth

IN NAZARETH

1. W ichtiger als man denkt! Arbeite aus dem Text heraus, welche Bedeutung Josef* vermutlich für Jesus hatte! 2. Stelle mithilfe von S. 56–63 und der Erzählung von A. Prinz einen »Lehrplan« für Jesu Unterricht bei seinem Vater und in der Synagoge zusammen! 3. Beschreibe das Bild (oben); achte dabei besonders auf die Beziehung der Familienmitglieder zueinander ( Kapitel 2)! Entdeckst du Hinweise darauf, dass Jesus seiner Familie Probleme bereiten wird? Trage Gedanken der Personen auf einer Kopie in Sprechblasen ein!

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KAPITEL 4


unterwegs

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INFO JESUS ALS WANDERPREDIGER

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• »Die Füchse haben Gruben und die Vögel unter dem Himmel haben Nester, aber des Menschen Sohn* hat nichts, wo er sein Haupt hinlege.« So charakterisiert Jesus sein Leben als Wanderprediger in Lk 9,38. Mit etwa 30 Jahren verlässt er die Familie und gibt seinen Beruf auf. Er schließt sich zunächst Johannes dem Täufer* an und zieht dann durch die Dörfer am See Genezareth. Er fasziniert viele Menschen durch seine Botschaft vom Reich Gottes, seine lebensnahen Auslegungen der Tora* und seine Gabe zu heilen. • Jesus bleibt nicht allein. Es heißt in den Evangelien*, dass er um sich 12 Jünger* sammelt, den engen Jüngerkreis, und dass sich viele weitere Frauen und Männer ihm anschließen, entweder indem sie mit ihm ziehen, ihn finanziell unterstützen oder ihm Unterkunft gewähren.

»Jakob, zerre nicht so zornig am Netz, du zerreißt es noch! Fische fängt man mit Geduld.« Jakob wandte den Blick ab von seinem Vater und verdrehte die Augen. Die Wut, die in ihm saß, war kaum zu bändigen. Er kannte die Reden seines Vaters: Fischerei, ein ehrbares Handwerk. Fischerei, eine hohe Kunst. Mit den Fischen verdienen wir das tägliche Brot unserer Familie. Aber diese Reden beruhigten ihn nicht mehr. »Schau über den See, Vater! Siehst du die Stadt, die Antipas* aus dem Boden gestampft hat? Als ich ein Kind war, blickten wir noch auf ein Schilfufer. Jetzt aber wohnen dort die, für die wir Fische fangen. Dorthin zahlst du deine Steuern. Dorthin zahlst du die Abgaben deiner Pacht. Für die verstehst du dein Handwerk und für die haben wir diese Schwielen an den Händen. Unsere Familie ernährst du, indem du Schulden machst. Jedes Jahr mehr! Hör auf zu träumen!« So heftig hatte Jakob noch nie gewagt auszusprechen, was ihn seit Monaten bewegte. Aber wieder war es, als hätte sein Vater nicht zugehört. Wollte er nicht hören? »Vater!« Jakob sprach nun leise und eindringlich und Tränen füllten seine Augen: »Das hier hat keine Zukunft. Es macht keinen Sinn mehr. Man hat uns das Land weggenommen.« Jetzt erst trafen sich ihre Blicke: »Und was willst du tun?«, murmelte sein Vater, »Uns im Stich lassen wie schon so viele? Zum Schwert greifen? In die Berge unter die Räuber gehen? Dich diesem Wanderprediger anschließen und von anderer Leute Arbeit leben?« »Er ist kein Zelot*. Gewalt lehnt er ab. Er ist anders. Ich muss meinen Weg gehen.« Einen Moment hielt sein Vater inne, dann wandte er sich wieder dem See zu, und seine Hände holten sachte das Netz ein.

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Mt 13,45 f.

DER SOHN DES FISCHERS

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Reich-Gottes-MERKmal: Man kann zum Außenseiter werden.

UNTERWEGS

1. I mmer unterwegs: Wäge Vor- und Nachteile ab! 2. Formuliere Gedanken der Familie und der Dorfbewohner/innen nach Jesu Auszug! 3. In dem Gleichnis* Mt 13,45 f. steckt eine Erklärung seines Verhaltens. Deute es! 4. Vergleiche die Geschichte von Jakob mit Mt 4,18– 22! Spielt ein Gespräch in Jakobs Familie nach! 5. Andere Menschen hatten andere Gründe sich Jesus anzuschließen: Lies dazu z. B. Mk 2,14 ( S. 15) oder Lk 8,2! 6. Deute die Karikatur und begründe, warum Jünger/innen etwas anderes sind als »follower«!

MITTEN UNTER EUCH

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Ohne Sorge

WORÜBER SICH KINDER UND JUGENDLICHE SORGEN:

Sorgenfalten sorglos fürsorglich jemanden umsorgen Vorsorge sich Sorgen machen besorgt ausgesorgt überbesorgt

KINDERSORGEN

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• was Altersgenossen über sie denken • Schule – Leistung – Erfolg • Familienkrisen – Eltern • Zeitnot • persönliche Zukunft • Zukunft der Welt (von einer Webseite einer Familienberatungsstelle)

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Aus Mt 6,25–34 a

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Sorgt euch nicht! Seht!

Sorgt euch nicht um euer Leben! Seht die Vögel unter dem Himmel an: Sie säen nicht, sie ernten nicht, sie sammeln nicht in die Scheunen; und euer himmlischer Vater ernährt sie doch. Wer ist aber unter euch, der seines Lebens Länge eine Spanne zusetzen könnte, wie sehr er sich auch darum sorgt? Schaut die Lilien auf dem Feld an, wie sie wachsen: Sie arbeiten nicht, auch spinnen sie nicht. Ich sage euch, dass auch Salomo in aller seiner Herrlichkeit nicht gekleidet gewesen ist wie eine von ihnen. Euer himmlischer Vater weiß, dass ihr all dessen bedürft. Sorgt nicht für morgen, denn der morgige Tag wird für das Seine sorgen.

1. M anche sagen: »Ihr Kinder habt es gut, ihr habt noch keine Sorgen!« – Formuliere eine Antwort! 2. Eine Webseite hat Kindersorgen gesammelt. Ergänzt die Liste, wenn eurer Meinung nach Gesichtspunkte fehlen! Überlegt euch in Gruppen Beispiele zu den einzelnen Sorgen und schreibt ggf. kurze Geschichten oder Szenen!

Reich-Gottes-MERKmal: Es ist gesorgt.

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KAPITEL 4

Von guten Mächten wunderbar geborgen erwarten wir getrost, was kommen mag. Gott ist mit uns am Abend und am Morgen, und ganz gewiss an jedem neuen Tag. DIETRICH BONHOEFFER

UNBEKÜMMERT 1. » Sorgen« hat verschiedene Bedeutungen: Formuliert Sätze zu der Wortreihe oben! Ergänzt die Begriff e ggf. und überlegt, welche davon zu den Sätzen aus Mt 6 (oben) passen! 2. »Sorgt euch nicht!« Diskutiert darüber, ob euch Jesu Auff orderung und die Gründe, die er dafür anführt, überzeugen! 3. In der Zeit, als Dietrich Bonhoeff er* aus dem Gefängnis seiner Verlobten das Gedicht »Von guten Mächten« schrieb, musste er um sein Leben fürchten. Entdecke das »Sorgt nicht!« darin! 4. Vögel, Lilien… Jesus malt Bilder gegen die Sorge. Fallen dir weitere Bilder ein? Gestalte eine Postkarte!


im Sturm

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Reich-Gottes-MERKmal: In Ängsten – und siehe, wir leben! (aus 2 Kor 6,3–10)

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Ludolf Backhuysen, Christus* im Sturm auf dem See Galiläas* (1695)

Ps 69,2

ANGST UND ZWEIFEL

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Zweifle nicht an dem der Dir sagt er hat Angst aber hab Angst vor dem der Dir sagt er kennt keinen Zweifel

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Gott, hilf mir! Denn das Wasser geht mir bis an die Kehle!

ERICH FRIED

Es kann nicht darum zu tun sein, die Angst zu vermeiden, es kommt darauf an, ihr ins Auge zu blicken und mit ihr zu leben. EUGEN DREWERMANN

Wenn einer keine Angst hat, hat er keine Phantasie.

EINE GESCHICHTE GEGEN DIE ANGST

1. L ass das Bild auf dich wirken! Tauscht euch darüber aus, welche Gefühle es auslöst und zu welchen Lebenssituationen es passen könnte! 2. Lies Mk 4,35–41! Beziehe Bild und Text aufeinander! 3. Gestaltet die Geschichte mit den Klängen einfacher Schlaginstrumente Musik ! Bringt dabei die Naturgewalten und die Gefühle aller beteiligten Personen zum Klingen! 4. Manchmal hilft Singen gegen die Angst. Die Psalmen in der Bibel sind solche »Lieder gegen die Angst«. Erinnere dich an Ps 23 und andere Beispiele aus der 5. Klasse; wiederholt einen Psalm, indem ihr ihn laut sprecht! 5. Angst kann man nicht einfach verbieten. Erkläre mithilfe der Geschichte und der Materialien dieser Seite, was Jesus meinen könnte, wenn er sagt: »Warum seid ihr so furchtsam?« 6. Ob Jesus jedes Wetter herbeizaubern konnte? Du hast sicher schon gemerkt, dass es in der Geschichte um etwas anderes geht. Lies dazu die Info zu »Wundern« S. 79 und wende sie auf diese Geschichte an!

ERICH KÄSTNER

MITTEN UNTER EUCH

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Mitten unter euch

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Der Himmel, der ist, ist nicht der Himmel, der kommt, wenn einst Himmel und Erde vergehen. Der Himmel, der kommt, das ist der kommende Herr, wenn die Herren der Erde gegangen. Der Himmel, der kommt, das ist die Welt ohne Leid, wo Gewalttat und Elend besiegt sind. Der Himmel, der kommt, das ist die fröhliche Stadt und der Gott mit dem Antlitz des Menschen. Der Himmel, der kommt, grüßt schon die Erde, die ist, wenn die Liebe das Leben verändert.

Marc Chagall, La vie (das Leben) (1964)

INFO

SCHON JETZT

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Als er aber von den Pharisäern* gefragt wurde: Wann kommt das Reich Gottes?, antwortete er ihnen und sprach: Das Reich Gottes kommt nicht mit äußeren Zeichen; man wird auch nicht sagen: Siehe, hier!, oder: Da! Denn sehet, das Reich Gottes ist mitten unter euch. Lk 17,12 f.

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KURT MARTI

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1. W iederhole mithilfe der Seiten 52 f. und 61, was sich die Menschen zur Zeit Jesu von Gott und seinem Messias* erwarteten und worin sich ihre Vorstellungen unterschieden! 2. Beschreibe das Bild von Chagall und formuliere mit seiner Hilfe »Reich-Gottes-Merkmale«! 3. Arbeite aus dem Gedicht von K. Marti »Kopfstandgedanken« heraus! Deute sie mithilfe der Bibelstelle Lk 17,20 f. und der Info! 4. Auf dem Bild und im Gedicht merkt man, dass sich »schon jetzt« etwas ändert: Nenne Beispiele! 5. Lass dich von den Materialien auf dieser Seite zu eigenen (gemalten) Hoff nungsbildern anregen: Wähle als Überschrift denjenigen Namen für das »Reich Gottes« (vgl. Info), der für dich passt!

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KAPITEL 4

REICH GOTTES

• Zur Zeit der Römerherrschaft hofften die Menschen im Land Jesu sehnlichst darauf, dass Gott seinen Messias* schickt und sein Friedensreich gründet. Sie schöpften dabei aus den Hoffnungsvisionen der biblischen Propheten* ( S. 61). • Diese erhoffte »neue Welt« hat in den Evangelien* unterschiedliche Namen, z. B. Reich Gottes, Herrschaft Gottes, Himmelreich. Jeder dieser Namen provoziert kritische Fragen: Ist ein bestimmter (abgegrenzter) Ort gemeint? Bedeutet »Himmel«: nicht auf der Erde? »Herrscht« Gott in dem Sinne wie ein menschlicher »Herrscher«? Und wann wird das so sein – jetzt oder im Jenseits? • Jesus antwortet auf solche Fragen oft in Bildern und Gleichnissen*(vgl. S. 77). Aber auch in der Art, wie er lebt, wie er sich anderen zuwendet, wie er feiert, gerade auch mit denen, die ausgegrenzt und normalerweise nicht »mittendrin« sind ( S. 15), will er spürbar machen, dass das Reich Gottes »mitten unter uns« ist. Er fordert die Menschen auf, jetzt schon Gott zu vertrauen, einen neuen Blick auf die Welt zu probieren und dadurch offener, mutiger und freier zu leben.


kaum wahrnehmbar

VERBORGEN, ABER STARK

1. L ies die Gleichnisse* vom Sämann und vom Senfkorn in Mk 4,3–8 und 4,30 ff .! 2. Deute die Gleichnisse mithilfe der Info und der Erzählung von A. Prinz! Erfi ndet in Gruppen Gespräche unter den Zuhörern und Zuhörerinnen! 3. Jesus spricht hier Menschen seiner Zeit an, die mit dem Landleben vertraut sind. Dichte eines der Gleichnisse so um, dass moderne Menschen, die z. B. in der Stadt leben, es verstehen! 4. Beziehe die Erfahrungen unten auf die Gleichnisse!

INFO

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Die erste Begeisterung war verebbt. Ein Zimmermann aus einem Kuhdorf in Galiläa*, der sich mit zwielichtigem Gesindel abgab, der außer ein paar Wundern nichts vorzuweisen hatte – was war von dem zu erwarten? Und wo blieb das »Reich Gottes«, von dem er dauernd redete? Als Jesus vom Boot aus zu den Leuten am Ufer spricht, will er auf diese Sorgen und Fragen eingehen. Er erzählt von einem Sämann, der aufs Feld geht und Samenkörner ausstreut. Ein Teil davon fällt auf den Weg und wird gleich von den Vögeln aufgefressen. Ein anderer Teil fällt auf felsigen Boden, geht sofort auf, wird aber von der Sonne verbrannt, weil der Saat die Wurzeln fehlen. Eine Handvoll Körner landet in den Dornen und wird überwuchert. Ein kleiner Teil fällt schließlich doch auf fruchtbaren Boden und daraus wird vielfache Frucht. Die Zuhörer am Seeufer merken natürlich, dass Jesus sie meint und auch von sich selber spricht. Er ist der Sämann, der durchs Land zieht und seine Worte vom Reich Gottes ausstreut. Was daraus wird, liegt nicht mehr in seiner Macht. Er kann nur abwarten, sonst nichts. Jesus ist der lebende Beweis dafür, dass ein »anderes«, nicht von Sorgen und Zwängen überwuchertes (!) Leben möglich ist. Aber damit seine Zuhörer das auch glauben, müssen sie aufhören, auf eine Erlö-

sung zu warten, die irgendwo in der fernen Zukunft liegt. »Siehe, das Reich Gottes ist mitten unter euch«. Dieses Reich kann winzig, verborgen und unscheinbar sein wie ein Samenkorn, aber es ist da, und es kann eine ungeheure Kraft entfalten, wenn es nur im richtigen Boden heranreift. Alois Prinz

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ZWEIFEL AM REICH GOTTES

GLEICHNISSE*

Jesus erzählt in Gleichnissen vom Reich Gottes. Er wählt dabei Vergleiche, die die Bauern, Hirten und Hausfrauen damals gut verstehen konnten. Meistens erzählen die Gleichnisse etwas so, dass die Zuhörenden einen Aha-Effekt haben. Sie sagen: »Na klar, so ist das, warum haben wir das nicht gleich gesehen?« und merken zugleich: »In der Geschichte komme ich selbst vor!« Oft hinterfragen Gleichnisse eine eingefahrene Sichtweise und eröffnen zugleich einen neuen Blick auf das eigene Leben. Mehr noch: Sie lassen etwas spüren von der Nähe Gottes. Sie bringen Gott ins Spiel.

Reich-Gottes-MERKmal: Zeit haben und vertrauen

ERFAHRUNGEN

Ein Künstler: Wenn ich ein besonderes Bild malen will, weiß ich: Ich kann es nicht erzwingen. Eine Schülerin: Wenn ich in das Mathebuch meiner großen Schwester schaue, dann denke ich: Das schaffe ich nie! Sie sagt dann zu mir: Warte ab! Eine Lehrerin: Gestern habe ich einen ehemaligen Schüler getroffen. Er hat mir erzählt, dass er immer noch an einzelne Themen denkt, über die wir im Unterricht gesprochen haben. Und ich habe damals gedacht, er passt nicht auf. Ein Schauspieler: Alle haben den Kopf geschüttelt, als ich anfing Theater zu spielen. Sie kannten mich nur als schüchtern. Wenn meine Mutter nicht an mich geglaubt hätte, stände ich heute nicht auf der Bühne. MITTEN UNTER EUCH

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Alles auf den Kopf gestellt »Oder stellt euch vor, eine Frau hat zehn Silberstücke und verliert eins davon. Zündet sie da nicht eine Lampe an, fegt das ganze Haus und sucht in allen Ecken, bis sie das Geldstück gefunden hat? Und wenn sie es gefunden hat, ruft sie ihre Freundinnen und Nachbarinnen zusammen und sagt zu ihnen: ›Freut euch mit mir, ich habe mein verlorenes Silberstück wiedergefunden!‹ Ich sage euch: Genauso freuen sich die Engel Gottes über einen einzigen Sünder, der ein neues Leben anfängt.« Lk 15,8–10 (Übersetzung Gute Nachricht Bibel) INFO BEI GOTT IST ES SO WIE …

FRAUENALLTAG

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Das Gleichnis* aus Lk 15 erzählt vom Alltag einer armen Frau in Israel. Ein »Silberstück«, d. h. eine Drachme, entsprach ungefähr dem Lohn eines Tagelöhners. Viele Menschen waren unter der Römerherrschaft verarmt und besaßen nichts, was über die nächsten Tage hinausreichte.

» » » »» » » »»

Vorhin war er noch da. Ich hab’ schon alles auf den Kopf gestellt. Ausgerechnet! Unter dem Bett ist er auch nicht. Ich finde ihn einfach nicht. Das gibt Zoff ! Was soll ich jetzt machen? Wo hast du ihn denn zuletzt gesehen? Das konnte auch nur mir passieren.

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1. S tändig verliert man etwas. Aber manchmal ist es besonders schlimm, wie auf dem Bild unten. Stellt die Zitate (rechts) pantomimisch dar! 2. In Lk 15,1f. werden unterschiedliche Zuhörer dieser Geschichte genannt. Sie werden verstanden haben, dass es hier nicht nur um eine Drachme geht. Haben sie zugestimmt? Oder sich vielleicht geärgert? Formuliere die Gedanken, die den unterschiedlichen Personen durch den Kopf gehen könnten! 3. Ergänze und erkläre die Überschrift dieses Wegweiserkastens! 4. Vergleiche das jüdische Gleichnis mit dem Gleichnis* Jesu (z. B.: Wer sucht wen? Wer fi ndet was?)!

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EIN ALTES JÜDISCHES GLEICHNIS*

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Rabbi* Baruchs Enkel Jechiel kam einmal in Tränen aufgelöst in die Lehrstube des Meisters gelaufen. »Jechiel, warum weinst du?«, fragte der Rabbi. »Mein Freund ist gemein, er hat mich allein gelassen!" - »Erzähle«, sagte der Großvater, und der Enkel klagte: »Wir haben gespielt. Ich musste mich verstecken und er war dran, mich zu suchen. Aber er konnte mich nicht finden. Da hat er einfach aufgegeben, mich zu suchen, er hat einfach aufgehört zu suchen!« Rabbi Baruch begann, Jechiels Gesicht zu streicheln. Ihm selbst traten Tränen in die Augen. »So ist es«, sagte er leise, »so ist es auch mit Gott. Stell dir seinen Schmerz vor, Jechiel, – er hat sich versteckt und die Menschen suchen ihn nicht. Verstehst du, Jechiel? Gott versteckt sich und die Menschen suchen ihn nicht einmal.« Martin Buber* 78

KAPITEL 4


Auf die Beine gekommen

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Mit meinem Gott springe ich über Mauern!

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Ps 18,30 b

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Thomas Zacharias, Radierung zu Mk 2,10–12

ÜBER MAUERN SPRINGEN …

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1. B eschreibe die Radierung von Thomas Zacharias ganz genau! Tragt zusammen, was euch an dem Bild wundert! 2. Lies die dazugehörige Geschichte (Mk 2,1–12) – auch hier ist manches merkwürdig: Formuliert Fragen an die Geschichte! 3. Geschichte und Bild erklären sich gegenseitig. Versucht in Kleingruppen die Fragen, die ihr an Text und Bild gestellt habt, in einem kurzen Text zu beantworten! Gruppen 4. Suche die »Mauern«, von denen Ps 18,30 spricht, in Bild und Erzählung! 5. Vergleiche die Geschichte mit weiteren Heilungsgeschichten, die du schon kennst, z. B. mit der Heilung eines Taubstummen (Mk 7,31–37) oder der Heilung eines Blinden (Mk 8,22–26)! 6. Arbeite aus den Geschichten Hinweise darauf heraus, dass Jesus nicht heilt, um »anzugeben«; beziehe dabei die Info ein!

Reich-Gottes-MERKmal: Mehr als gesund

INFO

HEILUNGSWUNDER

• Um die Menschen Gottes Nähe spüren zu lassen, erzählt Jesus nicht nur Gleichnisse*. Ein Zeichen für Gottes Nähe sind auch seine Heilungen. Man nimmt an, dass Jesus diese Gabe besaß. • Bestimmt gab es eine ganze Reihe Heiler zu Jesu Zeit. Häufig dienten die Heilungen zum Beweis der besonderen Kräfte des Heilers. Auffallend ist, dass in den Geschichten von Jesus dieser Aspekt oft heruntergespielt wird. Es heißt dann, der Geheilte soll nichts weitererzählen, oder: Gar nicht Jesus habe geholfen, sondern der Glaube des Geheilten. • So scheint in den Geschichten gar nicht die unerklärliche Heilung als solche im Vordergrund zu stehen. Vielmehr geht es darum, dass die Realität, die wir vor Augen haben, nie die ganze Wirklichkeit ist; dass Krankheit und Tod in unserem Leben nicht das letzte Wort haben. MITTEN UNTER EUCH

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»Da gehe ich nicht hin!« Einladung

Vertrauen? Da wird man nur ausgenützt.

Gefeiert wird: en! f Erd Der Himmel au feiert? Wann wird ge aber eigentlich Schabbat, Vor allem am auch am ... tag, Dienstag Sonntag, Mon

Wirklich jeder kann kommen? – Schreckliche Vorstellung!

Reich-Gottes-MERKmal: meine Entscheidung

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• Wie es in seiner jüdischen Religion üblich ist, vergleicht Jesus Gottes Nähe oft mit einem fröhlichen Festmahl oder einer Hochzeitsfeier. Wen er allerdings an diesem Festmahl teilnehmen lässt, das verärgert manche seiner Zeitgenossen. So lässt er im Gleichnis den Vater für seinen »verlorenen Sohn« ein Willkommensessen bereiten (Lk 15,11–32) und isst selbst mit Zöllnern* und Sündern wie z. B. mit Zachäus ( S. 39) oder mit Levi ( S. 15). Er will damit zeigen, wie sehr sich Gott über die freut, die zu ihm zurückgekehrt sind. • Es hat Jesus sicher traurig gemacht, dass viele der sogenannten »anständigen« Menschen solche Gesellschaft und damit auch Jesu Vorstellung von Gottes Liebe ablehnten. In seinem Gleichnis vom »großen Festmahl« (Lk 14,15–24) drückt sich diese Enttäuschung aus. 80

KAPITEL 4

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Realität.

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Kommt alle! lossen! sgesch Niemand ist au

Wir sind doch schon alt und gebrechlich . . .

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»Ein Fresser und Weinsäufer«, heißt es. Man kann doch nicht ständig feiern!

JESUS LÄDT EIN ZUM FEST

Kopfstandgedanken? Kann ich mir nicht leisten.

Gefunden werden? wir? Was machen vertrauen – Auf mich achtet doch – nken aushalten st Kopfstandgeda ng A – sowieso niemand! en rg cht so Zeit haben – nin vergeben – suchen und – Sünde es mehr. den – und viel gefunden wer ? Wo feiern wir Keine Angst? Keine Sorge? ll ra be Ü Er verschließt die Augen vor der

Er feiert und isst auch mit Zöllnern* und Sündern! Was denken da die Leute? Dass wir auch zu denen gehören?

INFO

Zeit haben? Schön wär’s! Man lebt schließlich nicht ewig. Da sind wichtige Aufgaben zu erledigen.

LAUTER ABSAGEN

1. D ie »Einladung zum Fest« (oben) nimmt viele Gedanken der vorigen Seiten auf: Erkläre sie mithilfe von Beispielen aus Jesusgeschichten! 2. Die Einladung stößt auf Misstrauen und Ängste. Ordnet die Sprechblasen möglichen Sprechern/ Sprecherinnen zu und diskutiert über die einzelnen Absage-Gründe! 3. »Es ist alles vorbereitet!« Lies das Gleichnis* Lk 14,15–24 vom »großen Festmahl«! Die eine oder andere Entschuldigung kann man verstehen, den Zorn des Hausherrn aber auch. Vielleicht erklären ja die Ferngebliebenen im Nachhinein noch einmal ihre Gründe? Vielleicht antwortet ihnen der Hausherr? Verfasst in Gruppen jeweils einen Briefwechsel! 4. Zwei Religionslehrkräfte im Gespräch: »Die Geschichte vom ›großen Festmahl‹ lese ich nicht in der Unterstufe, die ist zu hart!« – »Vielleicht ist das bedrohliche Gleichnis ja auch eine Form von Einladung?« Führt das Gespräch weiter!


Jesus geht mitten hinein

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Wie sie auf dem Weg – ach, dem letzten!hinauf nach Jerusalem* waren. Jesus ging ihnen voran, sehr ruhig, während die, die ihm folgten, gebannt waren von Furcht und Entsetzen. Er aber wandte sich um, rief die Zwölf zu sich und sagte: »Jetzt wird es geschehen.«

und der Menschensohn* wird in die Hände der Großen Priester* und Schriftausleger gegeben. Die werden ihn verurteilen: Er sei des Todes, und ihn Menschen, die keine Juden sind, ausliefern.

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Wir gehen hinauf nach Jerusalem,

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Aus Mk 10,32-34; Übersetzung von Walter Jens

Fotomontage aus dem Kreuzweg* der Jugend 2007; vgl. dazu S. 85

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Reich-Gottes-MERKmal: Sich treu bleiben

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Ihm stand klar vor Augen, was ihm drohte. Aber er wollte dieser Gefahr nicht ausweichen. Das heißt nicht, dass Jesus einem göttlichen Plan folgte. Er suchte auch nicht das Leid und schon gar nicht war er todessüchtig. Im Gegenteil. Er wollte an seiner lebensbejahenden und befreienden Botschaft festhalten und sein Verhalten nicht ändern. Aber wenn er das tat, brachte es ihn in tödliche Feindschaft zu seinen Gegnern. Das war ein Konflikt, der unvermeidbar und vorhersehbar war. Früher oder später musste dieser Konflikt ausgetragen werden. Und dass es für ihn kein gutes Ende geben würde, stand für Jesus fest. Wollte er eine Entscheidung herbeiführen, indem er in die Höhle des Löwen nach Jerusalem* ging? Alois Prinz

ENTSCHLOSSEN

1. B eziehe das Bild auf Jesu Worte aus Mk 10! 2. Die Jünger* haben Angst. Sie verstehen Jesu Entscheidung nicht. Formuliere ihre Gedanken! 3. A. Prinz gibt in seiner Nacherzählung eine mögliche Erklärung, warum Jesus dem Konflikt mit seinen Gegnern nicht ausgewichen ist. Suche auf den vorigen Seiten Gedanken und Geschichten, die zu dieser Erklärung passen! 4. Erkläre mithilfe von S. 56 und 60, warum Jesus ausgerechnet zum Pessachfest* nach Jerusalem reiste [5] ! 5. Seinen Weg gehen, auch wenn es schwierig wird – sammelt Beispiele aus dem eigenen Leben oder von bekannten Persönlichkeiten!

MITTEN UNTER EUCH

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Siehe, wir gehen ...

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KAPITEL 4


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… hinauf nach Jerusalem

MITTEN UNTER EUCH

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Kreuzweg INFO Das Wort Passion (lat. passio: das Leiden) bezeichnet in christlichen Zusammenhängen im Singular ganz allgemein den Leidens- und Sterbensweg Jesu in Jerusalem*. Die entsprechenden Berichte der Evangelien nennt man die Passionsgeschichten. Ihre musikalischen Vertonungen (z. B. von Heinrich Schütz oder Johann Sebastian Bach*) oder die Darstellungen der bildenden Kunst werden ebenfalls Passion genannt. In der Alltagssprache kann das Wort auch »Leidenschaft« oder »starke Vorliebe« bedeuten. VERURTEILT ZUM TOD AM KREUZ

Dass Jesus am Kreuz hingerichtet wurde, gehört zu den historisch sichersten Fakten, die man über ihn weiß. Dies geschah wahrscheinlich an einem Freitag vor Pessach* auf Anordnung des römischen Präfekten (Statthalters) Pontius Pilatus* außerhalb der westlichen Stadtmauer Jerusalems an einem Ort namens Golgatha. Die Kreuzigung war im Römischen Reich die übliche Todesstrafe für Sklaven und politische Aufrührer. Die Verurteilten starben langsam und unter unbeschreiblichen Qualen; dies sollte Beobachtende einschüchtern und abschrecken.

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1. D as Bild auf S. 82 f. erzählt eine ganze Geschichte. Bringe die einzelnen Szenen in die »richtige« Reihenfolge, indem du sie auf einer Kopie durchnummerierst! Du kannst die Bibel (Überschriften!) zu Hilfe nehmen (vgl. Info); einige Szenen stehen allerdings nicht darin. 2. Der Maler arbeitet in seinem Bild mit Kontrasten, z. B. hell – dunkel / Stadt – Landschaft / Vordergrund – Hintergrund / drinnen – draußen … Untersucht gruppenweise je ein Kontrastpaar und deutet eure Beobachtungen! 3. Stellt euch vor, es gäbe zu dem Bild auch eine Tonaufnahme: Sammelt Geräusche, Stimmen, Sätze, die man hören könnte! 4. Suche auf dem Bild Szenen, die zum Zweiten Glaubensartikel S. 16 passen! 5. Der Stifter des Bildes, ein Auslandsvertreter der im 15. Jh. mächtigen Medici-Bank, hat sich selbst mit seiner Frau auf dem Bild verewigen lassen – fi ndest du sie? Beschreibe ihre Haltung und formuliere mögliche Gedanken der beiden auf Sprechblasen!

PASSION

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HANS MEMLING, DIE PASSION CHRISTI (1475)

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DIE PASSIONSGESCHICHTE IN DEN EVANGELIEN*

Das älteste der Evangelien*, das Markusevangelium, gibt den Erzählungen von Jesu Leiden und Sterben breiten Raum (Mk 14–15). Matthäus und Lukas übernehmen und ergänzen sie (Mt 26–27; Lk 22–23). Johannes überliefert eine eigenständige Passionsgeschichte (Joh 18–19).

Mithilfe des Bildes von H. Memling kannst du dir die Passionsgeschichte, die du aus der Grundschule kennst, noch einmal überblicksweise ins Gedächtnis rufen. Auf den nächsten Seiten werden dann einige Stationen der Passionsgeschichte genauer betrachtet. Hans Memling, Die Passion Christi, Ausschnitt

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KAPITEL 4


Stationen

WER WAR SCHULD?

KREUZWEG

1. V ielleicht habt ihr Gelegenheit, einen Unterrichtsgang zu einer katholischen Kirche in eurer Nähe zu machen, die einen Kreuzweg* hat. Ihr könnt ihn fotografi eren und anschließend mit den Szenen auf dem Bild von Hans Memling und mit der biblischen Grundlage vergleichen. Oder ihr könnt euch in der Passionszeit erkundigen, ob in eurer Nähe ein (ökumenischer) Jugendkreuzweg stattfi ndet und gemeinsam daran teilnehmen. 2. Beim Jugendkreuzweg 2007 wurde der Leidensweg Christi in die heutige Zeit versetzt. Deute die beiden Bilder (oben und auf S. 81)! Fotos 3. Wenn ihr Zeit habt, versucht doch selbst einmal, Stationen des Kreuzweges* in unsere Zeit zu übertragen (z. B. als Vorbereitung einer Passionsandacht oder als Ausstellung in der Schule)!

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• Aus historischen Quellen weiß man, dass es im Römischen Reich das Vorrecht der römischen Machthaber war, die Todesstrafe zu verhängen. Die Hinrichtungsart der Kreuzigung weist darauf hin, dass Jesus als politischer Aufrührer gekreuzigt wurde. Möglicherweise befürchteten die Römer nach dem Aufruhr, den Jesus im Jerusalemer* Tempel* durch das Vertreiben der Händler und Geldwechsler verursacht hatte (Mk 11,15– 18), einen durch Jesus angeführten Aufstand. Durch diese Aktion brachte Jesus wohl auch die Mächtigen im Tempel, die um gutes Einvernehmen mit den Römern bemüht waren, gegen sich auf. Historisch unwahrscheinlich ist dagegen, dass Jesus (wie in den Evangelien* berichtet) vom jüdischen Hohen Rat* zum Tode verurteilt wurde. Dazu weisen die Schilderungen des Verhörs und der Verurteilung Jesu durch ihn zu deutliche Abweichungen von der damaligen jüdischen Rechtspraxis auf. • Aus Sicht des Glaubens geht die Frage nach der Schuld am Tod Jesu noch tiefer. Die Evangelien erzählen, dass Jesus vor der Pilgerreise nach Jerusalem mehrmals mit seinen Jüngern* darüber gesprochen hat, was ihn dort erwarten würde: »Der Menschensohn* wird überantwortet werden in die Hände der Menschen und sie werden ihn töten« (aus Mk 9,31). Jesus spricht hier nicht von einzelnen Gegnern, sondern von »den« Menschen, in deren Hände er »überantwortet«, d. h. ausgeliefert, hingegeben wird. Alle werden an ihm schuldig, selbst Jünger haben ihn verraten, verleugnet, im Stich gelassen.

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INFO

1. J esus bricht unter dem Kreuz zusammen: Diese Szene auf dem Bildausschnitt auf S. 84 fi ndet sich nicht in der Bibel. Beschreibe das Bild genau und achte dabei besonders auf die Blickrichtungen der Personen! Suche die Szene im Gesamtgemälde ( S. 82 f.) und deute die Darstellung! 2. Erkläre die Kreuzesaufschrift INRI mithilfe der Info und der Bildunterschrift! Probiere aus, ob sich die Aufschrift aus der historischen Perspektive anders liest als mit den Augen des Glaubens! 3. »In die Hände der Menschen«: Suche im MemlingBild Szenen, in denen Jesus Menschen ausgeliefert ist, von ihnen gequält wird, über sie enttäuscht ist!

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»Stationen« hieß das Motto des ökumenischen Jugendkreuzwegs 2007; dazu wurden deutschlandweit an U-Bahnstationen Fotomontagen ausgestellt, die an das Leiden Christi erinnern sollten.

»IN DIE HÄNDE DER MENSCHEN«

Teil eines Wegkreuzes. Nach den Evangelien gab eine Aufschrift am Kreuz Jesu den Grund für seine Verurteilung bekannt: Jesus Nazarenus Rex Judaeorum – Jesus von Nazareth, König der Juden.

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Jubel … Und viele breiteten ihre Kleider auf den Weg, andere aber grüne Zweige, die sie auf den Feldern abgehauen hatten. Und die vorangingen und die nachfolgten, schrien: Hosianna*! Gelobt sei, der da kommt in dem Namen des Herrn! Mk 11,8 f.

Was ist denn das für ein seltsames Schauspiel?

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Zwölf Jünger*! Zwölf – das hat etwas zu bedeuten!

Judas jubelt am meisten …

Auf einem Esel!! Jetzt weiß jedes Kind, was es mit ihm auf sich hat. Das ist eine Provokation!

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HOSIANNA*!

MERKwürdiger Gedanke: Inszeniert Jesus sich selbst?

Du, Tochter Zion*, freue dich sehr, und du, Tochter Jerusalem*, jauchze! Siehe, dein König kommt zu dir, ein Gerechter und ein Helfer, arm und reitet auf einem Esel, auf einem Füllen der Eselin.

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1. S tell dir vor, du stehst in einer Menge wie auf dem Bild unten und alle jubeln jemandem zu. Beschreibe die Situation möglichst genau (Was hörst und siehst du? Wie wirken die Gesichter um dich herum auf dich? Was fühlst du?)! 2. Erzähle, ob du selbst schon einmal jemandem zugejubelt hast oder dir zugejubelt wurde und wie du dich dabei gefühlt hast! 3. Die »Jerusalem Post« bringt am Tag nach Jesu Einzug in Jerusalem einen Bericht. Verfasse Schlagzeilen! 4. Über die Hoff nung auf den Messias* hast du auf S. 61 schon einiges erfahren. Formuliere Sätze, die die Menschen am Wegrand gedacht oder gerufen haben könnten! Beziehe dabei die Zitate auf dieser Seite ein!

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Sach 9,9


… schlägt um Da antwortete nun der Statthalter und sprach zu ihnen: Welchen wollt ihr? Wen von den beiden soll ich euch losgeben? Sie sprachen: Barabbas*! Pilatus sprach zu ihnen: Was soll ich dann machen mit Jesus, von dem gesagt wird, er sei der Christus*? Sie sprachen alle: Lass ihn kreuzigen! Mt 27,21 f.

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Den hab ich neulich zum ersten Mal live gehört – du glaubst nicht, wie schlecht der singt! Jetzt haben sie schon wieder verloren – toller Trainer!

INFO PONTIUS PILATUS

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1. » Alle sind gegen mich!« – Beschreibe, wie sich das anfühlt! 2. Begeisterung schlägt ins Gegenteil um: Sammelt Beispiele. 3. Pilatus lässt die Leute entscheiden – ein Zugeständnis an das Volk oder nur ein geschickter Schachzug? Bewerte sein Verhalten mithilfe der Infos auf dieser Seite und S. 84 f. und deute das Bild unten! 4. Jetzt braucht die »Jerusalem Post« neue Schlagzeilen! Mache Vorschläge! 5. Einzelne Personen, die sowohl Jesu Einzug in Jerusalem* als auch die Szene vor Pilatus miterlebt haben, unterhalten sich anschließend darüber. Formuliert in Gruppen solche Gespräche!

Pontius Pilatus stammte wohl aus niederem römischen Adel. Er war in den Jahren von 26 bis 36 n. Chr. Präfekt (Statthalter) des römischen Kaisers Tiberius in der Provinz* Judäa*. Die Evangelien* schildern Pilatus als einen um Gerechtigkeit bemühten Herrscher, der sich mit der Verurteilung Jesu schwer tut. Doch andere zeitgenössische Quellen schildern ihn als schonungslos und brutal. Als er z. B. für den Bau einer Wasserleitung den Tempelschatz* verwendete, gab es eine Demonstration der jüdischen Bevölkerung, die er von seinen Soldaten mit Knüppeln niederschlagen ließ. Zu seiner Absetzung führte wahrscheinlich, dass er während Pessach* in Samaria ein Blutbad anrichtete. Die Evangelien berichten vielleicht deshalb so zurückhaltend über Pilatus, weil sie die Römer von der Harmlosigkeit der Jesusbewegung überzeugen wollten.

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KREUZIGE IHN

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Szene aus dem Film »Jesus von Nazareth« (F. Zefirelli)

MITTEN UNTER EUCH

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Betrübt ...

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ist Meine Seele . an den Tod

»

Alle lästern über mich.

»

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Einfach ssen. sitzengela

Nimm diesen K

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Da verließen ihn alle und flohen.

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»

»

u? Schläfst d st du nicht eine e Vermocht n? wache Stunde zu

betrübt

Hör endlich auf!

Nur noch die Tür hinter mir zumachen!

»

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bis

Ich kann nicht meh r.

elch von mir.

» »

, ist nahe. Der mich verrät

Warum Gott , warum hilfst du nich t?

»

Das tut mir weh!

Matthew Parry, Gethsemane

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KAPITEL 4


… bis an den Tod … und fing an zu zittern und zu zagen und sprach zu ihnen: Meine Seele ist betrübt bis an den Tod; bleibt hier und wachet! Und er ging ein wenig weiter, fiel nieder auf die Erde und betete, dass, wenn es möglich wäre, die Stunde an ihm vorüberginge, und sprach: Abba*, Vater, alles ist dir möglich; nimm diesen Kelch von mir; doch nicht, was ich will, sondern was du willst! Und er kam und fand sie schlafend und sprach zu Petrus*: Simon, schläfst du? Vermochtest du nicht, eine Stunde zu wachen?

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1. B eschreibe und deute die Skulptur »Gethsemane« (  S. 88)! Überlege dabei: Welcher Moment der Geschichte Mk 14,32–42 könnte gerade eingefangen sein? Wie könnte sich die Skulptur während der Geschichte verändern? Du kannst diese Veränderung mit Worten beschreiben, malen oder du kannst versuchen, sie mit einem Draht selbst zu biegen. 2. »Doch nicht, was ich will, sondern was du willst«: Lest diesen Satz laut in verschiedenen Tonlagen und/oder drückt ihn durch unterschiedliche Gesten aus! Beschreibt die Veränderungen, die sich ergeben! 3. Jesus ist enttäuscht von seinen Jüngern*. Doch auch sie verstehen vielleicht sein Verhalten nicht. Formuliert Fragen, die sie ihm stellen könnten; greift dabei Gedanken von S. 81 auf! 4. Vergleiche die Gethsemane-Geschichte bei Markus mit der des Evangelisten* Lukas (Lk 22,39– 46)! 5. »Bleib(t) hier!« Erinnere dich an Situationen, in denen du diese Bitte gehört oder geäußert hast!

Mk 14,33 b–37

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6. W enn ihr mögt, singt das Taize*-Lied (mit mehreren Wiederholungen) und tauscht euch über seine Wirkung aus!

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BETRÜBT 1. S uche dir einen der Sätze auf S. 88 aus und notiere eine dazu passende Situation! Du kannst den Satz in deinem Heft auch mit passenden Farben und Formen gestalten. 2. Eine Musikimprovisation habt ihr vielleicht zur Geschichte von der Sturmstillung schon gemacht (  S. 75). Man kann auch die Stimmung des Bildes und der Sätze auf S. 88 in Klängen ausdrücken. Leiht euch dafür von eurer/eurem Musiklehrer/in Rhythmus- und vor allem auch Melodieinstrumente (z. B. Glockenspiele, Klangstäbe) aus. Im Hintergrund des Bildes scheint es hell zu schimmern. Möchtet ihr auch einen Lichtstrahl in eure Klänge hineinspielen? Probiert es aus! Musik

JESU GEBET IN GETHSEMANE

Reich-Gottes-MERKmal: zu Gott trotzdem »Papa« sagen

Musik: Jacques Berthier, Text: Matthäus 26,38 b, Rechte: Ateliers et Presses de Taizé, 71250 Taizé-Communauté

MITTEN UNTER EUCH

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Warum?

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Und zu der neunten Stunde rief Jesus laut: Eli, Eli, lama asabtani? Das heißt übersetzt: Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen? Und einige, die dabeistanden, als sie das hörten, sprachen sie: Siehe, er ruft den Elia. Da lief einer und füllte einen Schwamm mit Essig, steckte ihn auf ein Rohr, gab ihm zu trinken und sprach: Halt, lasst uns sehen, ob Elia komme und ihn herabnehme! Aber Jesus schrie laut und verschied. Mk 15,34–37 INFO

ELI UND ELIA

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Nach den Evangelien* des Markus und Matthäus ruft Jesus am Kreuz »Eli, Eli, lama asabtani.« Das heißt übersetzt: »Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?« und ist ein Zitat aus Psalm 22. Die Menschen, die um das Kreuz stehen, verstehen diesen Satz (absichtlich oder unabsichtlich) falsch und denken, dass Jesus den Propheten* Elia* zur Hilfe herbeirufen will. Da der wiederkommende Elia auch als Vorbote des Gottesreiches gilt, könnte man das »falsche Verständnis« der Dabeistehenden auch als Spott deuten: »Elia und mit ihm das Reich Gottes kommt nicht; Jesu Botschaft ist gescheitert!«

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KAPITEL 4

ELIA KOMMT NICHT 1. D er Clown ist zerrissen – aus ist es mit den Kopfstandgedanken. »Siehst du!«, sagen nun die Leute, »Ich habe es ja schon immer gesagt …« Schreibe diesen Satz weiter; denke dabei daran, was du in diesem Kapitel über Jesu Botschaft gelernt hast! 2. Schlage Psalm 22 nach und stelle Vermutungen an, was Jesus in dieser Situation mit dem Psalmzitat ausdrücken will! 3. Bei Lukas und Johannes fi nden sich weitere bzw. andere »letzte Worte Jesu«. Suche sie in der Bibel und vergleiche sie mit Mk bzw. Mt!


Weltumstürzend Und siehe, der Vorhang im Tempel* zerriss in zwei Stücke von oben an bis unten aus. Und die Erde erbebte und die Felsen zerrissen ... Mt 27,51

Der Hauptmann aber, der dabeistand, ihm gegenüber, und sah, dass er so verschied, sprach: Wahrlich, dieser Mensch ist Gottes Sohn* gewesen!

Thomas Zacharias, Radierung zu Mk 15,38

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Mk 15,39

INFO

DIE WELT STEHT KOPF

Die Evangelisten* erzählen von beängstigenden Naturereignissen beim Tod Jesu. Während Markus und Lukas von einer Sonnenfinsternis sprechen sowie davon, dass bei Jesu Tod der Vorhang im Tempel* zerreißt, der das Allerheiligste abtrennt, berichtet Matthäus zusätzlich noch von einem Erdbeben. Diese Schilderungen sollen vor allem deutlich machen, dass mit der Kreuzigung und dem Tod Jesu etwas Weltumstürzendes geschieht; die Schöpfung steht Kopf. Wenn Jesu Tod den Vorhang zerreißt, der das Allerheiligste im Tempel von den Menschen trennt, bedeutet das: Jeder und jede hat nun Zugang zu Gott!

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Reich-Gottes-MERKmal: Barrierefrei

PLÖTZLICH

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1. » Der Vorhang im Tempel* zerriss«: Beschreibe und deute, wie Thomas Zacharias dieses Ereignis darstellt! 2. Jesus ging es auch im Leben immer darum, Barrieren zwischen Mensch und Gott und zwischen Mensch und Mensch zu überwinden: Nennt Beispiele! 3. Wenn ihr die Gelegenheit dazu habt, hört euch gemeinsam die Sterbeszene Jesu aus der Matthäuspassion von Johann Sebastian Bach* an und nehmt wahr, wie Bach die biblischen Aussagen musikalisch gestaltet und umrahmt! Rechts siehst du ein Stück der Notenhandschrift dieser Szene. Entdeckst du das Erdbeben? Musik 4. Der römische Hauptmann, von dem die Evangelien erzählen, hat sicher schon bei zahllosen Hinrichtungen das Kommando geführt; ihn kann nichts mehr so leicht erschüttern. Doch diesmal ist alles anders. Deute Mk 15,39 und vergleiche die Stelle mit den Parallelüberlieferungen im Matthäus- und Lukasevangelium! 5. Plötzlich etwas anders sehen – plötzlich hinter die Dinge sehen – erzählt euch von eigenen Erfahrungen!

Matthäuspassion: Ausschnitt aus der Handschrift J. S. Bachs*

MITTEN UNTER EUCH

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… und ging mit ihnen Brannte nicht unser Herz in uns, als er mit uns redete auf dem Wege und uns die Schrift öffnete? Lk 24,32

MERKe: Ostern macht Karfreitag nicht ungeschehen.

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INFO JESU AUFERSTEHUNG IN DER BIBEL

EMMAUS

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1. P lötzlich ist Jesus wieder »mittendrin«: Lies die Geschichte Lk 24,13–35 in der Bibel; gliedere sie und gib den Szenen Überschriften! 2. Stellt Standbilder zu den einzelnen Szenen! 3. Das Herz und die Augen spielen eine wichtige Rolle in der Geschichte: Deute die entsprechenden Stellen! 4. A. Hrdlicka hat die Geschichte von Emmaus in eine moderne Zeit und Situation versetzt. Beschreibe und deute das Bild! 5. Beziehe das Merke auf Bild und Bibeltext! 6. Vergleiche die Ostergeschichten in den Evangelien (Mk 16, Mt 28, Lk 24 und Joh 20 f.) anhand der Überschriften! Ordne die Auferstehungsbilder im Bild von Memling S. 82 f. Bibelstellen zu und erläutere mit Hilfe der Info, warum sich eines der Bilder nicht in der Bibel fi nden lässt! 7. Thomas (vgl. S. 17) hat anders reagiert als die Emmausjünger – begründe, welche Haltung dir eher entspricht!

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KAPITEL 4

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Alfred Hrdlicka, Emmaus; der Künstler malte dieses Bild 1972 für das Gemeindezentrum in Plötzensee bei Berlin. Dort befand sich zur Zeit des Nationalsozialismus* ein Gefängnis, in dem Tausende von Menschen hingerichtet wurden.

• Auf vielen Auferstehungsbildern der Kunst sieht man Jesus siegreich aus dem Grabe steigen. Diese Szene steht so nirgends in den Evangelien* (erst spätere, apokryphe* Schriften fügen sie hinzu). Stattdessen berichten die Evangelien davon, dass einige Frauen, die Jesus nahestanden, seinen Leichnam, wie damals üblich, einbalsamieren wollten und dabei das Grab leer fanden. Die Evangelisten* erzählen – jeder ein wenig anders – von wundersamen Umständen, von ohnmächtigen Wächtern, geheimnisvollen Boten am Grab und vom großen Erschrecken der Frauen – aber was »wirklich« in der Osternacht und am nächsten Morgen geschehen ist, bleibt ein Geheimnis. • Wichtiger als das leere Grab sind die Begegnungen mit Jesus, die seine Jüngerinnen und Jünger* erleben. Mit der Kreuzigung Jesu sind für sie alle Hoffnungen zerbrochen; nun erfahren sie unabhängig voneinander, an verschiedenen Orten, jede/r auf seine/ihre Weise, dass Jesus lebt und wieder bei ihnen ist. Als frühester Auferstehungszeuge erwähnt Paulus* in 1 Kor 15, dass Jesus außer dem engen Jüngerkreis noch über 500 Personen erschienen sei. • Mit dem Glauben an die Auferstehung steht und fällt für Paulus der ganze christliche Glaube. Er spricht dabei lieber von »Auferweckung«, um auszudrücken, dass es Gott war, der Jesus lebendig gemacht hat, und dass Gottes Liebe stärker als der Tod ist: »Ich bin gewiss, dass weder Tod noch Leben (…) uns scheiden kann von der Liebe Gottes, die in Christus* Jesus ist, unserm Herrn.« (Röm 8,38 f.)


Am Ende: Lachen

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[...] Sterben muss ich aber das ist auch alles was ich für den tod tu Lachen werd ich gegen ihn geschichten erzählen wie man ihn überlistet hat und wie die Frauen ihn aus dem land trieben Singen werd ich und ihm land abgewinnen mit jedem ton Aber das ist auch alles

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AUS EINEM GEDICHT VON DOROTHEE SÖLLE

AUFERSTEHUNGSHOFFNUNG

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1. J ohannes Schreiter hat sein Fenster »Auferstehungsfenster« genannt; beschreibe und deute es! Formuliere Gedanken, die einem/einer Betrachter/in durch den Kopf gehen! 2. Jesus erklärt den beiden Jüngern* auf dem Weg nach Emmaus: »Musste nicht Jesus solches leiden, um in seine Herrlichkeit einzugehen?« Warum »musste«? Vielleicht haben die Jünger es am Ende verstanden. Formuliere ein Gespräch zwischen den beiden; beziehe dabei die Textbausteine links sowie die Reich-Gottes-Merkmale der vorigen Seiten mit ein! 3. Formuliere aus den Textbausteinen links unten ein Reich-Gottes-Merkmal, das hilft, Jesu Tod und Auferstehung zu verstehen! Schreibe es in dein Heft und gestalte es passend aus! 4. Osterlieder sind Reich-Gottes-Lieder: Entdeckt Reich-Gottes-Merkmale in Osterliedern aus dem Gesangbuch! 5. Drückt die Stimmung des Gedichts von Dorothee Sölle durch Gesten aus! 6. Dem Tod »Land abgewinnen« – verdeutliche durch Beispiele, was Dorothee Sölle damit meinen könnte!

Auferstehungsfenster von Johannes Schreiter im Altarraum des Hauses der Begegnung in Buchloe

Selig seid ihr, die ihr jetzt weint, denn ihr werdet lachen! Lk 6,21 b Bausteine für ein Oster-MERKe: Ohne Gewalt Gott leidet mit Der Tod – auf den Kopf gestellt Jesus bleibt sich treu Liebe ist stärker Weinen wird Lachen

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Also ich finde, Jesus ist …

»WER SAGT IHR, DASS ICH SEI?«

Wenn man überwältigt ist, fehlen einem manchmal die Worte. So ging es den ersten Christinnen und Christen, die ihr Leben an Jesu Botschaft orientieren wollten und die ihre Hoffnung daraus schöpften, dass Jesus den Tod besiegt hatte. Um verständlich zu machen, was an Jesus ganz besonders ist, wählten sie Namen und Titel, die sie aus ihrer Welt kannten. Sie nannten ihn »Christus«*, d. h. »Messias«*, um auszudrücken, dass er für sie der erwartete Retter Israels war (vgl. S. 61). Mit dem in der Antike bekannten Titel »Gottes Sohn«* wollten sie nicht sagen, dass Jesus biologisch von Gott abstammt, sondern dass er und Gott ganz nah zusammengehören. Das schwingt auch in der Anrede Jesu als »Herr« mit, denn in der jüdischen Tradition wurde Gott so angeredet. Keiner der Titel wird Jesus ganz gerecht, jeder kann auch missverstanden werden. Jesus selbst hat sich vermutlich als »Menschensohn«* bezeichnet, als »Menschenkind« also. Seine jüdischen Zeitgenossen nannten ihn oft Rabbi* und drückten damit aus, dass er ein angesehener Schriftgelehrter* war.

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1. W eißt du, was die Leute von dir denken; möchtest du es wissen? Schreibe Gedanken dazu auf! 2. Jesus bekommt auf seine Frage unterschiedliche Antworten. Erkläre, was die Leute und was die Jünger* über Jesus denken, indem du die genannten »Namen« und Titel mithilfe der Info und des Lexikons übersetzt! 3. Erkläre Jesu Reaktion auf Petrus’* Antwort! Beziehe das Merke ein! 4. Künstlerinnen und Künstler drücken in Bildern aus, was Jesus für sie bedeutet. Finde zu jedem Bild auf dieser Doppelseite einen passenden »Namen«: »Jesus, der ...«! Vergleiche sie mit den Bildtiteln (Quellenverzeichnis, S. 165). 5. Formuliert selbst: »Ich fi nde, Jesus ist …« oder gestaltet Bilder!

DIE NAMEN JESU

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INFO

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Jesus fragte seine Jünger* und sprach: Wer sagen die Leute, dass der Menschensohn* sei? Sie sprachen: Einige sagen, du seist Johannes der Täufer*, andere, du seist Elia*, wieder andere, du seist Jeremia* oder einer der Propheten*. Er sprach zu ihnen: Wer sagt denn ihr, dass ich sei? Da antwortete Simon Petrus und sprach: Du bist der Christus*, des lebendigen Gottes Sohn*! Und Jesus antwortete und sprach zu ihm: Selig bist du, Simon, Jonas Sohn; denn Fleisch und Blut haben dir das nicht offenbart, sondern mein Vater im Himmel. Mt 16,13 b–17

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KAPITEL 4

BeMERKenswert: So etwas glaubt man nicht von selbst.


Sprachversuche GLAUBENSBEKENNTNIS EINER SCHÜLERIN:

Ich vertraue in meine Eltern, auf die ich immer wieder zurückgreifen kann. Ich vertraue in die schützende Hand Gottes, seine Macht, über Gut und Böse zu richten, und in die Erhaltung seiner Schöpfung. Ich vertraue in meine Zukunft, die immer von Gerechtigkeit und Freiheit geprägt sein soll. Ich vertraue darauf, weil Jesus es vorgelebt hat. Kasmi Segabalusa, Wolfsburg

DAS GLAUBENSBEKENNTNIS – VERALTET?

1. A rbeite aus der Forumsdiskussion Argumente für und gegen die Beibehaltung des apostolischen Glaubensbekenntnisses* heraus. 2. Diskutiert darüber und schreibt die Diskussion in Gruppen weiter! 3. Den 2. Artikel des apostolischen Glaubensbekenntnisses hast du schon in Kapitel 1 kennengelernt. Beziehe ihn nun auf Jesu Botschaft und Leben! Entdecke Namen (Titel) Jesu darin und deute sie! Lerne ihn auswendig oder wiederhole ihn zusammen mit dem 1. Artikel! [5] 4. Vergleiche das Glaubensbekenntnis von Kasmi mit dem traditionellen Text; arbeite heraus, was ihr besonders wichtig ist! 5. Probiere selbst, den 2. Glaubensartikel in heutige Sprache zu übertragen oder ein eigenes »Bekenntnis« zu verfassen! Natürlich darf es auch Zweifel und kritische Gedanken enthalten.

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Ich stolpere in jedem Gottesdienst, den ich besuche, über das Glaubensbekenntnis mit den vielen unverständlichen und verstaubten Formulierungen und ärgere mich. Müsste dieser Text nicht endlich modernisiert werden, anstatt ihn unbesehen von Generation zu Generation weiterzureichen? Ich finde, es ist eine Zumutung, wenn Jugendliche diesen Text heute noch auswendig lernen müssen. Haben wir nichts Besseres für sie? Es gibt ja durchaus modernere Glaubensbekenntnisse. Trotzdem halte ich es für sehr wichtig, das Apostolische Glaubensbekenntnis beizubehalten. Das verbindet uns mit der ganzen Christenheit über die Jahrhunderte hinweg. Ich selbst spreche in der Regel nur das mit, was ich auch wirklich glaube. Das ist mal weniger, mal mehr. Lässt du dann immer Lücken beim Sprechen? Ich finde, es ist schon ein gutes Gefühl, wenn alle zusammen sprechen; jeder interpretiert das ja dann für sich anders. Ich habe in den letzten fünf Jahren ehrenamtlicher Konfirmandenarbeit die Erfahrung gemacht, dass man Jugendlichen das Glaubensbekenntnis in dieser Form in jedem Fall zumuten kann! Gerade ein Text, den man nicht gleich versteht, reizt zur Auseinandersetzung. Wir sollten im Religionsunterricht eigene Glaubensbekenntnisse schreiben. Wir durften auch schreiben, was wir nicht glauben. Wir hatten gute Diskussionen hinterher.

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FORUMSDISKUSSION

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Die mittelalterliche Kirche Maria Lyskirchen steht in Köln in Rheinnähe in einem Viertel, in dem früher die Schiffer und Fischer zuhause waren. Jedes Jahr wird dort im Advent die sog. »Milieukrippe« aufgestellt. Diese Krippe versetzt die biblischen Geschichten in unsere Zeit und greift dabei aktuelle gesellschaftliche Probleme auf. Die Krippenaufstellung wird im Verlauf der Weihnachtszeit stetig verändert, zudem kommen jedes Jahr neue Figuren und Szenen hinzu. Neben den biblischen Gestalten gehören dazu auch typische Personen von heute oder besondere Menschen, die im Viertel gelebt haben.

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2016 wurde die Krippe auf einem Boot aufgebaut, auf dem 100 Menschen unter Lebensgefahr aus Libyen geflohen waren.

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Mitten im Leben: die Krippe

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Zwei Kinder an der Krippe – Rosenblätter symbolisieren den Protest gegen Gewalt an Kindern und mahnen zur Einhaltung der Kinderrechte.

Maria und Josef* tragen hier den Judenstern*, den zur Zeit der Judenverfolgung im Nationalsozialismus* alle Jüdinnen und Juden tragen mussten. Frau Tiefenbach, ein »Original« aus dem Viertel, der Obdachlose, der Drogensüchtige und der Flüchtling* David bei Maria* und dem Kind

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KAPITEL 4

Seit 2015 neu in der Krippe: David, ein Flüchtling aus Äthiopien, der hier das Jesuskind hält.


Im Zusammenhang wiedergeben ++ beschreiben ++ wahrnehmen ++ deuten ++ reflektieren ++ urteilen ++ kommunizieren ++ sich ausdrücken

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Wenn ihr Zeit habt, gestaltet doch aus den Figuren, die ihr euch selbst ausgedacht habt, eure eigene Milieukrippe und stellt sie in der Schule aus!

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Im Internet findet man noch viel mehr Bilder und Informationen zur Krippe in Maria Lyskirchen. Recherchiert und erzählt euch gegenseitig von interessanten Beispielen!

Nachdem ihr euch über die Krippe informiert habt, könnt ihr eine Krippenführung vorbereiten, in der ihr Besucherinnen und Besuchern die Krippe und ihre Bedeutung erklärt.

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Formuliert Eindrücke und Gedanken von Besucherinnen und Besuchern der Kirche Maria Lyskirchen während der Advents- und Weihnachtszeit!

Die Milieukrippe handelt nicht nur von der Weihnachtsgeschichte. Deute die abgebildeten Szenen und beziehe sie (ggf. ergänzt durch weitere aus dem Internet) auf Botschaft und Leben Jesu! Findest du Elemente aus der Lebensgeschichte Jesu? Spuren seiner Reich-Gottes-Botschaft? Wundergeschichten? Erinnerungen an die Passion*? Auferstehungshoffnung?

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Sucht arbeitsteilig Bibelzitate als Bildunterschriften unter die Krippenbilder!

In der Adventszeit könnt ihr eine Andacht zu einer der Figuren aus Maria Lyskirchen oder zu einer der von euch selbst gestalteten Figuren vorbereiten.

Entwirf selbst eine Gestalt oder eine kleine Szene aus dem heutigen Leben, die – wie die Figuren aus Maria Lyskirchen – einen Bezug zu Jesusgeschichten und eine Botschaft für heute hat! Du kannst diese Figur in ein traditionelles Krippenbild, z. B. eine Weihnachtskarte, einzeichnen.

Was hast du dazugelernt, was kannst du jetzt besser als vorher (vgl. die Vorschau auf S. 67)? Was hat dir Freude gemacht, was weniger? Was war besonders wichtig? Was sollte man sich merken? Worüber möchtest du noch einmal nachdenken?

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KAPITEL 5

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Wie normal ist normal?

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ANDERS NORMAL

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Fremd? – Ich?

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Warum verstehe ich mich manchmal nicht?

Nützen Vorurteile?

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Ist anders immer besonders?

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Wann ist anders fremd?

Wie viel anders ist normal?

Lernbereiche »Anders – fremd – verschieden« und »In Beziehung« 98

KAPITEL 5


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Du denkst darüber nach, warum Menschen unterschiedlich reagieren, wenn sie Fremdem begegnen. Du beurteilst, welche Vorannahmen über andere eher problematische und welche eher positive Folgen haben dürften. Und du prüfst, ob die biblische Sicht auf den Menschen und auf den Umgang mit Fremden dir neue Perspektiven eröffnen kann.

Auf den folgenden Seiten nimmst du Situationen des Anders- und Fremdseins aus verschiedenen Perspektiven wahr. Du machst dir Vorurteile in der Gesellschaft und bei dir selbst bewusst und untersuchst, welche Gründe sie haben könnten. Du deutest biblische Erzählungen, die vom Fremdsein handeln, und beziehst sie auf Fragen unserer Zeit.

EXTRATOUR

urteilen

So wichtig das Nachdenken in der Theorie auch ist – wenn man sich unmittelbar in einer konkreten Situation befindet, kann manches anders aussehen, als man es sich vorher gedacht hat. Deshalb erprobst du auch spielerisch Situationen, in denen es um »Anderssein« oder »Fremdsein« geht, und tauschst dich mit deinen Klassenkameradinnen und -kameraden über die gemachten Erfahrungen aus.

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Sicher hast du dich schon »fremd« gefühlt oder erlebt, dass andere dir »fremd« oder »anders« erschienen sind. Du kannst davon berichten und Situationen beschreiben, in denen Menschen sich als »fremd« bzw. »anders« empfinden oder so wahrgenommen werden. Du kannst außerdem biblische Aussagen zum Umgang mit Fremden nennen und davon erzählen, welche Erfahrungen das Volk Israel in der Fremde gemacht hat.

sich ausdrücken

reflektieren

wahrnehmen deuten

wiedergeben

beschreiben

kommunizieren

EIN ANDERS-NORMAL-PORTFOLIO ERSTELLEN Ein Portfolio ist eine Art Arbeitsmappe, in der immer wieder einzelne Beiträge gesammelt werden, und die zeigt, zu welchen wichtigen Erkenntnissen und Ergebnissen du im Laufe der Zeit gekommen bist. Erstelle so eine Arbeitsmappe mit dem Titel »anders normal«! Halte darin wichtige Fragen, Überlegungen und Erkenntnisse zu den Themen fest, die dir in diesem Kapitel begegnen, also z. B. zu »fremd«, »anders«, »verschieden«, »Vorannahmen und Vorurteile« usw.! Wenn du selbst Inhalte recherchieren oder Materialien suchen sollst oder wenn dir Passendes zu den Themen im Alltag begegnet, solltest du es ebenfalls in der Mappe ablegen. Notiere bei jedem neuen Beitrag das Datum und gestalte am Ende das Titelblatt deines Portfolios! Ihr könnt eine kleine Portfolio-Ausstellung im Klassenzimmer machen oder euch gegenseitig eure Mappen vorstellen. ANDERS NORMAL

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Anders?

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KAPITEL 5


Normal? ICH, DER DURCHSCHNITTSDEUTSCHE

Es ist 6.30 Uhr. Ich stehe auf und trinke erst einmal einen Kaffee. Schwarz, mit Milch, mit Zucker. Zum Wachwerden. Zum Frühstück gibt es ein Körnerbrot mit Quark und Marmelade. Meine 1,4 Kinder und ich sitzen in der Küche unserer 90,6 Quadratmeter großen Stadt-Wohnung.

Rund 75 Prozent meines Verdienstes investiere ich in Konsum – in Essen, Kleidung und Freizeitaktivitäten. Also gehe ich nach der Arbeit einkaufen, in den Supermarkt meines Vertrauens: 55 Kilogramm Kartoffeln und 52 Kilogramm Schweinefleisch kaufe ich dort pro Jahr ein. Im Sommer wird gegrillt, im Winter gibt es Hausmannskost. Bei einer durchschnittlichen Menge von 2,5 Kilogramm Kartoffeln pro Beutel muss ich also ganze 22 Kartoffel-Netze ins Auto wuchten. Inklusive der 208 Packungen Fleisch (mit 250 Gramm je Packung). Diese Mengen an Kartoffeln und Fleisch esse ich pro Jahr. Würde ich gerade einen Familieneinkauf machen, müsste ich »mal« 3,4 rechnen. So wären es insgesamt 74,8 Beutel Kartoffeln und 707,2 Packungen Schweineschnitzel. Im Durchschnitt.

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Ich bin verheiratet. Wir, also mein Ehepartner, die 1,4 Kinder und ich, wohnen zur Miete. Wäre ich nicht ganz der Durchschnitt, würde ich in einer Eigentumswohnung leben. Ob ich weiblich oder männlich bin, ist erst einmal egal. Zumindest im Alter bis 69 Jahre. Ab 69 wäre ich wohl eine Frau.

Am Ende meines Arbeitstages klingelt die Kasse. Mein jährliches Gehalt liegt circa bei 45.500 Euro.

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Wie viele Stunden arbeitet der Deutsche durchschnittlich? Was isst er gerne? Wie viel Geld gibt er für Theaterbesuche aus? Ein Blick ins Tagebuch des deutschen Durchschnittsbürgers.

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Als Frau hätte ich mit 29 Jahren das erste Kind auf die Welt gebracht. Nach dem Frühstück gehe ich aus dem Haus und fahre mit dem Auto zur Arbeit: Ich bin Lehrer, Beamter oder Selbstständiger. Durchschnittlich muss ich zwischen zehn und 30 Minuten Zeit für den Arbeitsweg einplanen.

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Es ist 12.30 Uhr, Zeit fürs Mittagessen. Dann zurück an die Arbeit. Für gewöhnlich schufte ich länger als vertraglich festgelegt. Theoretisch wären das nämlich nur acht Stunden pro Tag. Ich mache selbstverständlich Überstunden – wie viele, das ist branchenabhängig. Aber auf mich als Durchschnitts-Deutschen mag doch nicht jede Schablone passen: Wäre ich jünger und gehörte zu den Jugendlichen, die jetzt eine Ausbildung anfangen, wäre das vermutlich im Bereich der Medizintechnik. Als Mann würde ich Kfz-Mechatroniker werden wollen. Denn diese Jobs stehen laut dem Statistischen Jahrbuch 2014 auf den ersten Plätzen der aktuellen Berufswünsche.

Draußen ist es kalt. Im November schwankt die Temperatur so bei plus fünf Grad Celsius. Nicht nur das Wetter unterscheidet sich im Vergleich mit anderen Staaten der Europäischen Union, wie Frankreich oder Spanien. Auch Konsum, Arbeitszeit und Familienverhältnisse sind anders. Jetzt ist es 18 Uhr. Im Auto rufe ich mit meinem Smartphone meinen Partner plus die ungerade Anzahl von Kindern an und sage Bescheid, dass ich nach Hause komme. Sie sollen schon mal den Fernseher anmachen. Ich muss heute schließlich noch drei Stunden und 42 Minuten Fernsehen gucken. Wäre heute Sonntag, liefe natürlich der »Tatort«. Anschließend, nach Abendbrot und während des TVMarathons, trinke ich 0,27 Liter Bier. Das macht 100 Liter Bier pro Jahr. Laura Waßermann, Handelsblatt 18.11.2014

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(Un)normal? Das 1889 hergestellte und seitdem in Paris aufbewahrte Urkilogramm dient bis heute als Normgewicht aller Kilos; es wird alle 40 Jahre aus dem gesicherten Schrank geholt, um es mit Kopien abzugleichen, von denen es weltweit 80 Stück gibt. Allerdings wurde zum Entsetzen von Physikern 2007 eine Abweichung von 0,00005 Gramm weniger Masse festgestellt.

Jesus aber sprach zu ihnen: Ein Prophet* gilt nirgends weniger als in seinem Vaterland und bei seinen Verwandten und in seinem Hause. Mk 6,4

INFO NORMAL – NICHT NORMAL

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• Menschen empfinden Begebenheiten meist dann als »normal«, wenn sie ihren Erfahrungen entsprechen: Die Situation ist so, wie man es gewohnt ist und somit erwarten konnte. • Etwas als »normal« oder »nicht normal« einzuordnen, ist für das Zusammenleben oft hilfreich und wichtig. Wenn man etwas als bekannt und erwartbar einschätzt, kann man sich sicher fühlen und muss sich nicht mit besonderem Aufwand auf die Situation konzentrieren. Man kann sich einfach so verhalten, wie man es in vergleichbaren Situationen täte. Umgekehrt kann man sich in »nicht normalen« Situationen schnell verwirrt, aufgeregt, orientierungslos oder nur einfach unwohl fühlen, was als Dauerzustand sehr unangenehm und anstrengend wäre. – Die Unterscheidung in »normal« und »nicht normal« hilft also, das Leben zu vereinfachen. • Allerdings kann eine Einteilung in »normal« und »nicht normal« auch problematisch sein. Zum einen machen Menschen unterschiedliche Erfahrungen, weshalb für jemanden etwas normal sein kann, was jemand anderes als verrückt, seltsam oder unerwünscht ansieht. Viele Missverständnisse im Alltag oder Konflikte (z. B. wegen lauten Telefonierens in der S-Bahn) entstehen so. • Oder man kann eine Situation fälschlicherweise als »normal« einschätzen, wodurch man nicht so aufmerksam ist, wie man es müsste, und dadurch z. B. in einen Unfall verwickelt wird. • Besonders die Einschätzung von Personen als »normal« oder »nicht normal« hat meist etwas Abwertendes. Man stempelt einen Menschen ab, nur weil er den eigenen Gewohnheiten oder Erwartungen nicht entspricht.

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1. Untersuche die Bilder auf S. 100 daraufhin, was hier normal ist und was nicht! Vergleiche deine Ergebnisse mit denen der anderen! 2. In manchen Zusammenhängen ist etwas nicht Normales völlig normal. Stelle dir für die Bilder, die du auf S. 100 als nicht normal eingestuft hast, einen Zusammenhang vor, wo du sie (eher) als normal empfinden würdest! 3. Sammle Situationen, Zusammenhänge oder Sätze, in denen »normal« zum Thema wird! 4. Untersuche Zeitungsschlagzeilen daraufhin, inwiefern hier die Frage nach »normal« oder »nicht-normal« eine Rolle spielt! 5. »0,00005 Gramm weniger Masse« – Suche nach Gründen, warum um Messgrößen mit einem sog. Normal (wie z. B. dem Urkilo oben, dem Urmeter oder Normalnull *) so ein Aufsehen gemacht wird! Erläutere deine Gedanken an Beispielen! 6. »Das ist doch nicht normal!« – Entwickelt dazu Szenen, z. B. aus dem Familienalltag! Rollen 7. Berichte von Situationen, in denen du selbst andere als nicht normal wahrgenommen hast oder du selbst von anderen so wahrgenommen wurdest! Sprecht über die Gefühle, die für solche Situationen (auf beiden Seiten) typisch sind. 8. Erstellt z. B. in Partnerarbeit einen vorläufigen Definitionsversuch von »normal« oder »nicht normal«! – Vergleicht eure Überlegungen mit der Info! 9. Beziehe die Aussage Jesu in Mk 6,4 auf deine Überlegungen zu »normal« und »nicht normal« und stelle Zusammenhänge zu Jesu Leben und Botschaft ( Kapitel 4) her!

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NICHT NORMAL

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KAPITEL 5


Verschieden GeMERKt? Anders ist normal, aber »verschieden« macht den Unterschied.

DURCHSCHNITTLICH?

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1. Notiere fünf Merkmale, nach denen sich Menschen unterscheiden können! – Ordne jedem Merkmal eine Situation zu, in der es von Bedeutung sein könnte, und eine, in der es gleichgültig wäre (z. B. die Größe: Für ein Basketballteam ist sie meist wichtig – für den Schulchor aber nicht)! 2. Leben braucht Vielfalt. Begründe dies mithilfe der Materialien zur Evolution auf dieser Seite! 3. »Da wimmelt's ohne Zahl.« Schreibe den Ausschnitt aus Ps 104 (unten) fort, indem du selbst einige Verse über den Menschen ergänzt! 4. Entdecke Vielfalt in Gen 1 (vielleicht musst du dazu gar nicht mehr die Bibel aufschlagen)! [5] 5. Überarbeite deine Definition von »normal« bzw. »nicht normal« ( S. 102, Impuls 8)!

Wie kommt es zur Vielfalt unter den Lebewesen einer Art? Bei der Verschmelzung von Ei- und Samenzelle wird das Erbgut der Eltern zusammengeführt. Jede Erbanlage, jedes Gen des Nachkommen kommt entweder von der Mutter oder vom Vater, die Kombinationsmöglichkeiten sind dabei schier unvorstellbar: Beim Menschen gibt es 70,4 Billionen Möglichkeiten, aus dem Erbgut der Eltern einen neuen Satz an Erbanlagen zu bilden. Es kann aber auch vorkommen, dass sich die Erbanlagen eines einzelnen Wesens zufällig verändern. Solche »Mutationen« führen dazu, dass sich die genetische Vielfalt einer Art weiter erhöht, und es zu einer Selektion (Auswahl) kommen kann, bei der sich herausstellt, welche Variante die größten Überlebenschancen hat. Zum Beispiel ist die Flugroute von Zugvögeln genetisch festgelegt. In jeder Generation werden aber einige Vögel mit einem etwas abweichenden Reiseplan geboren. So ergeben sich im Prozess der Evolution neue Wege. Und wenn die bisherige Hauptzugroute z. B. durch eine Naturkatastrophe unpassierbar wird, gibt es immer ein paar Exemplare, bei denen eine Ausweichroute programmiert ist und deren Nachkommen die Art retten.

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VIELFÄLTIG

VIELFALT UND EVOLUTION

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1. Der Artikel auf S.101 wurde mithilfe von Daten des Statistischen Bundesamtes erstellt. Lies ihn und prüfe nach, wie viele der dort genannten Dinge auf deine Familie zutreffen! Halte Stellen fest, bei denen du sagen würdest: »So sind wir nicht!« oder »So will ich nicht sein!« 2. Vergleicht eure Ergebnisse und sucht nach Erklärungen dafür, warum der Artikel nicht eins zu eins auf eure Familien zutrifft! 3. »Ich bin total normal.« »Ich bin völlig unnormal.« Gestalte zu einem der beiden Gedanken ein Profil für eine Internetcommunity , einen Artikel für die Schülerzeitung, eine Zeichnung oder eine Fotocollage!

HERR, wie sind deine Werke so groß und viel! Du hast sie alle weise geordnet, und die Erde ist voll deiner Güter. Da ist das Meer, das so groß und weit ist, da wimmelt’s ohne Zahl, große und kleine Tiere.

Vielfalt ist von Natur aus vorhanden und Verschiedenheit könnte einfach nur als schön empfunden werden. Dennoch haben Menschen oft ein Problem mit Vielfalt und Verschiedenheit, vor allem wenn es um andere Menschen geht. Welche Gründe es dafür gibt und wie diese zu beurteilen sind, wirst du auf den nächsten Seiten untersuchen. Dabei muss eine Auswahl an Themen getroffen werden.

Ps 104,24 f. Mehrere zehntausend Arten gab es von diesen fossilen Ammoniten (Kopffüßer).

ANDERS NORMAL

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Fremde KARL VALENTIN: DIE FREMDEN (AUSZUG)

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Ich erkenne dich ja gar nicht wieder!

Jetzt buchen: Faszinierende Reisen in fremde Länder! Lass dich nicht von Fremden anreden!

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Keine Ahnung, warum ich das gesagt habe.

FREMDE UND FREMDES

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1. Der Komiker Karl Valentin war berühmt für seine Kritik an gesellschaftlichen Missständen. Lest den Dialog laut und deutet seine Wortspiele! 2. Bildet Standbilder zu »Fremd-Sein« und achtet auf Körperhaltung und Abstände! – Testet, was sich ändern muss, um einen anderen Zustand zu haben, und benennt diesen! 3. »Ich war fremd …« – Erzähle von Fremdheitserfahrungen: Beschreibe die Gedanken und Gefühle, die dabei auftraten, wie in Zeitlupe! 4. Beschreibe und deute das Gemälde! Beziehe es auf deine eigenen Erfahrungen (3. Impuls) und auf das letzte Zitat oben! 5. »Fremd« kann unterschiedlich empfunden werden. Erstelle eine Mindmap zu »fremd« und versuche dabei alle Materialien dieser Seite und eure Unterrichtsergebnisse einzuarbeiten!

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Professor: Wir behandeln heute das Hemd. Wer von euch weiß zufällig einen Reim auf »Hemd«? Valentin: Auf Hemd reimt sich »fremd«. Sehr gut! Und wie heißt die Mehrzahl von »fremd«? Die Fremden. Jawohl, die Fremden. – Und aus was bestehen die Fremden? Aus »fremd« und aus »den«. Sehr gut! – – und was ist ein Fremder? Fleisch, Gemüse, Mehlspeisen – Obst usw. Nein! – Nein! – Nicht was er isst, sondern was er tut. Er reist ab! Sehr richtig! Er kommt aber auch an – und ist dann ein Fremder. – Bleibt er für immer ein Fremder? Nein! – Ein Fremder bleibt nicht immer ein Fremder. Wieso? Fremd ist der Fremde nur in der Fremde. Das ist nicht unrichtig. – Und warum fühlt sich ein Fremder nur in der Fremde fremd? Weil jeder Fremde, der sich fremd fühlt, ein Fremder ist, und zwar so lange, bis er sich nicht mehr fremd fühlt – dann ist er kein Fremder mehr. Ausgezeichnet! – Wenn aber ein Fremder schon lange in der Fremde ist, ist das dann auch ein Fremder? Das ist ein Nichtmehrfremder, aber es kann diesem Nichtmehrfremden doch noch einiges fremd sein. Was zum Beispiel? Den meisten Münchnern z. B. ist das Hofbräuhaus nicht fremd – hingegen ihnen die meisten Museen fremd sind. Sehr richtig! – Dann kann also der Einheimische zugleich ein Fremder sein. Und was sind Einheimische? Einheimische sind das Gegenteil von Fremden. Aber dem

René Magritte, Reproduktion verboten

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KAPITEL 5

Einheimischen sind die fremdesten Fremden nicht fremd, – er kennt sie zwar persönlich nicht, merkt aber sofort, dass es sich um Fremde handelt Das Gegenteil von fremd ist bekannt. Ist das klar? Eigentlich ja! Denn, wenn z. B. ein Fremder einen Bekannten hat, so muss ihm dieser Bekannte zuerst fremd gewesen sein, aber durch das gegenseitige Bekanntwerden sind sich die beiden nicht mehr fremd. Wenn aber diese beiden Bekannten zusammen in eine fremde Stadt reisen, so sind diese zwei Bekannten dort für die Einheimischen wieder Fremde geworden.


Annäherung ZU GAST

DER KLEINE PRINZ UND DER FUCHS

ÜBERNACHTUNGSBESUCH

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BeMERKenswert: xenos (griech.) heißt »Gast« und »Fremder«.

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ANNÄHERUNGSVERSUCHE 1. Hast du schon einmal ein Tier gezähmt? Vergleiche deine Erfahrungen mit der Erklärung des Fuchses! 2. Entwickle aus der Geschichte und der Info Tipps für die Begegnung mit Fremden!

Der kleine Prinz fühlt sich einsam. Er trifft einen Fuchs und möchte mit ihm spielen. Doch dieser entgegnet, dies sei nicht möglich, solange er nicht »gezähmt« sei. »Ich suche Freunde. Was bedeutet ›zähmen‹?« »Es bedeutet ›sich vertraut miteinander machen‹.« »Vertraut machen?« »Natürlich«, sagte der Fuchs. »Du bist für mich nur ein kleiner Junge, ein kleiner Junge wie hunderttausend andere auch. Ich brauche dich nicht. Und du brauchst mich auch nicht. Aber wenn du mich zähmst, dann werden wir einander brauchen. Du wirst für mich einzigartig sein. Und ich werde für dich einzigartig sein in der ganzen Welt … Wenn du einen Freund willst, dann zähme mich!« »Was muss ich machen?«, sagte der kleine Prinz. »Du musst sehr geduldig sein«, antwortete der Fuchs. »Du wirst dich zunächst mit einem kleinen Abstand zu mir in das Gras setzen. Ich werde dich aus den Augenwinkeln anschauen und du wirst schweigen. Sprache ist eine große Quelle für Missverständnisse. Aber jeden Tag setzt du dich ein wenig näher …« Antoine de Saint-Exupéry

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1. Ein ausklappbares Gästebett: Notiere deine ersten Einfälle dazu! Mache dann eine Gedankenreise: Jemand liest den Text unten mit großen (!) Pausen nach jedem Satz. Stelle dir die Szenen mit geschlossenen Augen vor. – Tauscht euch danach über Beobachtungen und Gefühle aus! 2. Sammelt, was alles helfen kann, sich woanders weniger oder gar nicht mehr fremd zu fühlen!

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Du wirst erstmals bei einer anderen Familie übernachten. Du bist seit dem Nachmittag da: Wie bekommst du mit, dass es Abendessen gibt? Wo am Tisch darfst du sitzen? Was passiert am Tisch, bevor man essen darf? Wie bekommst du mit, dass du anfangen kannst? … Und danach: Gibt es einen gemeinsamen Schluss? Räumst du mit ab? Eine Stunde später liegst du in einem dir unbekannten Bett. Wie riecht es und wie riecht das Zimmer? Wie wird dir gute Nacht gesagt? Du liegst im Dunkeln: Welche Geräusche hörst du? Gibt es etwas, das du besonders vermisst? Wo befindet sich der Lichtschalter, wenn du aufs WC musst? Wird dir die Umgebung vertrauter? Wie gelingt es dir einzuschlafen?

INFO

ZUM UMGANG MIT FREMDEN UND FREMDEM

• Wenn kleine Kinder zu »fremdeln« anfangen, ist das ein Zeichen von wachsender Intelligenz und Reife. Es kann (über)lebenswichtig sein zu unterscheiden: Wer gehört zu mir und vor wem sollte ich mich besser vorsehen? • Misstrauen kann sich jedoch zu regelrechter Ablehnung und Feindschaft entwickeln: Anstatt zu überprüfen, was der oder die Andere wirklich für ein Mensch ist, wird die Person von vornherein abgelehnt, weil sie unvertraut erscheint. Dies geschieht oft, wenn sich jemand unsicher fühlt. Denn indem man Fremde oder Fremdes schlecht macht, kann man sich selbst in einem umso besseren Licht darstellen. • Eine weitere Möglichkeit, Fremden gegenüberzutreten, ist, sie »interessant« und »exotisch« zu finden. Der oder die Andere kommt dabei aber als Person meist ebenfalls nicht in den Blick. ANDERS NORMAL

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Vorannahmen INFO VORANNAHMEN UND VORURTEILE

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• Vorurteile sind zunächst Urteile, die man fällt, bevor man sich über die betroffene Person oder Sache informiert hat. Alle Menschen haben solche »Vorurteile« im Sinne von Vorannahmen. Denn wir müssen täglich Menschen oder Dinge schnell einordnen können, um uns »richtig« zu verhalten. Dabei verknüpfen wir unbewusst flüchtige Beobachtungen mit erlernten Mustern, eigenen Erfahrungen oder typischen Merkmalen, die in unserer Kultur verbreitet sind: Straßenmusiker sind ungefährlich, Menschen mit Brille schlau. Solche »Vorurteile« sind deshalb so etwas wie Hilfsmaßnahmen des Gehirns zur Orientierung. • Zu bedenken ist aber, dass Vorannahmen zu einer positiven oder negativen Einstellung zum Gegenüber führen können. So weiß man z. B., dass Namen einen Einfluss auf den Erfolg von Bewerbungen haben. • Daneben wird von Vorurteilen gesprochen, wenn es sich um feste negative Einstellungen gegenüber einer bestimmten Personengruppe handelt. Diese entstehen z. B. dadurch, dass man diesen Menschen schlechte Eigenschaften bzw. Verhaltensweisen zuschreibt, um sich selbst überlegen zu fühlen, oder weil man frustriert ist und die Schuld dafür bei anderen sucht: »Ausländer sind faul/kriminell/lernen kein Deutsch«... Dabei werden Verhaltensweisen von Einzelpersonen als Bestätigung der eigenen Sicht, Abweichungen dagegen als »Ausnahmen« wahrgenommen. • Solche Vorurteile werden in der Regel erlernt, wenn z. B. zuhause entsprechend über andere Menschen geredet wird oder wenn man einzelne schlechte Erfahrungen verallgemeinert.

Albert Einstein MERKt an: »Es ist schwieriger, eine vorgefasste Meinung zu zertrümmern als ein Atom.«

OHNE VORANNAHMEN GEHT ES NICHT

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1. Die Fotos (oben) sind Teil eines Projekts der Künstlerin Esin Turan. Deute Fotos und Projektidee! – Diskutiert anschließend mit Blick auf die Info, ob das Projekt sich eher gegen Vorannahmen oder (echte) Vorurteile richtet! 2. Sammelt in Kleingruppen ausgeprägte negative Einstellungen, denen ihr im Alltag oder in Medien häufig begegnet! Versucht zu begründen, inwiefern es sich um Vorurteile handelt! 3. Beziehe die Info kritisch auf das Zitat und das Merke und erinnere dich an Beispiele, wo ein Vorurteil zerbrochen ist! 4. Lasst euch von der Fotoserie von Esin Turan zu eigenen Fotos anregen! 5. Was unterscheidet ein Vorurteil von einer festen Überzeugung, die jemand vertritt? Stelle Kriterien dafür auf!

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KAPITEL 5

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Gesetzt den Fall, wir würden eines Morgens aufwachen und feststellen, dass plötzlich alle Menschen die gleiche Hautfarbe und den gleichen Glauben haben, wir hätten garantiert bis Mittag neue Vorurteile. (Georg Christoph Lichtenberg)


Auswirkungen ANNAHMEN HABEN FOLGEN

DER ROSENTHAL-EFFEKT

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1. »Wenn Lehrer daran glauben …« – Stelle den »Rosenthal-Effekt« grafisch dar und halte eigene Erfahrungen fest ! – Gibt es so etwas auch außerhalb der Schule? Tauscht euch darüber aus! 2. Dann scheinen Leistungen vor allem von der Haltung der Lehrkraft abhängig zu sein? – Vergleiche dazu das Experiment des Bildungsforschers M. Latsch und fertige auch hierzu eine Grafik an! 3. Beschreibe das Foto und stelle einen Bezug zu den Äußerungen in den Sprechblasen her! 4. Untersucht und bewertet die Sprechblasen arbeitsteilig in Gruppen : Wie könnte es zu einer solchen Zuschreibung gekommen sein? Welche Folgen könnte sie haben? Wie könnten der Schüler selbst und sein Umfeld damit umgehen?

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1963 hatte der Psychologe Robert Rosenthal herausgefunden, dass sich bei Experimenten die (geheimen) Erwartungen der Wissenschaftler auf Antworten der Versuchspersonen auswirken können. Er vermutete, dass dies womöglich auch in Schulen gelte. Die Grundschuldirektorin Lenore Jacobson aus San Francisco schlug dem Wissenschaftler vor, seine These in ihrer Schule zu testen. Einige Monate später starteten sie eine Studie, die in die Geschichte einging: Sie gaben den Lehrkräften die Namen von Schülerinnen und Schülern in 18 Klassen und teilten ihnen mit, dass diese besonders begabt seien. In Wahrheit stimmte das gar nicht. Acht Monate später absolvierten alle Schülerinnen und Schüler verschiedene Intelligenztests. Kaum zu glauben: Jene angeblich Talentierten schnitten darin wesentlich besser ab: »Wenn Lehrer daran glauben, dass Schüler gut abschneiden und sich intellektuell weiterentwickeln, dann geschieht das auch. Wenn die Lehrer daran nicht glauben, geschieht es nicht«, schrieb Rosenthal. Offenbar behandelten sie die vermeintlich Begabten anders – und das wirkte sich auch auf deren tatsächliche Leistung aus. Dieser Mechanismus ist heute als Rosenthal-Effekt bekannt.

Sicher hat er Probleme zuhause.

Spiegel online: Sie haben ein Experiment gemacht. Martin Latsch: Zunächst haben wir eine Gruppe von Schülerinnen und Schülern Aufgaben aus Deutsch und Mathematik lösen lassen, um ihren Leistungsstand zu überprüfen. Dann las die Hälfte der Kinder einen (gefälschten) Artikel: Darin stand, Jungen seien langsamer, erhielten schlechtere Noten und besuchten schlechtere Schulen als Mädchen. Die andere Hälfte las einen neutralen Text. Anschließend mussten die Kinder wieder Aufgaben lösen, die gleich schwierig waren wie die zu Anfang. Mit welchem Ergebnis? Die Jungs, die den gefälschten Artikel gelesen hatten, lösten ihre Deutschaufgaben nun schlechter. Die Mädchen hingegen wurden noch besser. Die Kontrollgruppe mit dem neutralen Text zeigte gleichbleibende Leistungen. Wie ist das zu erklären? Die Jungen werden in dem Fach schlecht, in dem sie das Gefühl haben, es gäbe Vorurteile gegen sie. Hier war es Deutsch, weil dort laut Geschlechterklischee Jungen hinterherhinken sollen. In der Prüfungssituation wurde das Klischee zur selbsterfüllenden Prophezeiung*. In Mathematik haben sie weiter an sich geglaubt, dort blieben die Leistungen gleich.

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Daniel Rettig

INTERVIEW MIT EINEM BILDUNGSFORSCHER

Das Gymnasium ist einfach zu schwer für ihn. Ein Träumer.

Der will einfach nicht.

Hochbegabt! Dem ist es hier zu einfach.

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Auswanderung FLÜCHTLINGSKINDER ERZÄHLEN

• Migration (lat. migratio: Wanderung, Auswanderung, Umzug) bezeichnet Ab- und Einwanderungsbewegungen, die zu einem längeren Wechsel des Aufenthaltsortes führen. Für sie gibt es verschiedene Gründe: • Im Zeitalter der weltweiten Vernetzung und Arbeitsteilung (Globalisierung) sind in der Wirtschaft z. B. Auslandsabteilungen üblich. Hier findet Migration aus Gründen des wirtschaftlichen Erfolgs im internationalen Wettbewerb statt. • Dort, wo Arbeitslosigkeit herrscht und die Menschen unter Armut leiden, können ebenfalls wirtschaftliche Gründe die Ursache von Migration sein: Die Menschen sehen die einzige Hoffnung auf eine bessere Zukunft darin, dass z. B. jemand aus der Familie die Heimat verlässt, um dorthin zu gelangen, wo es Arbeit gibt. Allerdings hat Armut vielfältige Ursachen, wie z. B. Klimawandel, Zerstörung der heimischen Wirtschaft durch ausländische Firmen, Naturkatastrophen oder Kriege. Deshalb ist es meist eine große Vereinfachung, wenn man Migranten* z. B. als Wirtschaftsflüchtlinge bezeichnet. • Die mit Abstand häufigsten Ursachen für Migration zu Beginn des 21. Jh.s sind die Flucht vor Gewalt und Verfolgung. So drohen in manchen Ländern Verhaftung, Folter und Tod, wenn man eine abweichende politische oder religiöse Einstellung hat. Betroffene suchen dann, ebenso wie bei Krieg, Asyl*, also einen Schutz- und Zufluchtsort in einem anderen Land. • In Zukunft könnte die Klimaerwärmung zur Hauptursache für Migration werden. Bis zu einer Milliarde Menschen könnte durch sie ihre Heimat verlieren.

ANGEKOMMEN?

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Bojan, zehn Jahre: »Ich möchte gerne hier in Deutschland bleiben. In Serbien hatten wir nicht viel. Meine Eltern konnten mir für die Schule keine Hefte und Stifte kaufen. Deswegen habe ich von meinen Lehrern Ärger bekommen und wurde geschlagen. Hier habe ich alles, was wir zum Leben brauchen. Außerdem habe ich schon sehr viele Freunde gefunden. Aber irgendwann müssen wir wohl wieder zurück.«

GRÜNDE FÜR FLUCHT UND MIGRATION

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Shirin, elf Jahre: »Wir sind Christen. In der Schule im Iran musste ich immer ein Kopftuch tragen. Einmal habe ich richtig Ärger bekommen, weil mein Kopftuch verrutscht und ein Teil meiner Haare zu sehen war. Da durfte ich ein paar Tage nicht zur Schule kommen. Ich möchte später eine richtig gute Arbeit haben, vielleicht werde ich Modedesignerin.«

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Samir und Farid, zehn und zwölf Jahre: »In Afghanistan war es sehr gefährlich. Eines Tages wollte unser Vater uns nicht mehr alleine in die Schule gehen lassen, weil er Angst hatte, dass uns etwas passieren könnte. Anfangs hat er uns noch begleitet, doch nach einiger Zeit war auch das zu gefährlich und so sind wir gar nicht mehr in die Schule gegangen.«

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1. Die Heimat verlassen: Tauscht euch über Gefühle aus, die damit verbunden sein können! 2. In den Berichten der Kinder kann man verschiedene Ursachen für Migration entdecken. Arbeite sie heraus und beziehe dabei die Info mit ein! 3. Beschreibe und deute die Karikatur (oben)! 4. Suche nach einem Foto für diese Seite, das zum Thema Migration passt, aber keine Vorurteile ( S. 106) befeuert! 5. Nicht jede/r ist dafür, dass Flüchtlinge* zu uns kommen und heimisch werden. Halte mögliche Gründe für eine solche Sicht fest! Diskutiert oder stellt ggf. dar, wie man auf eine entsprechende Aussage von einer bzw. einem Gleichaltrigen reagieren könnte! Rollen

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KAPITEL 5


»denn ihr seid auch Fremdlinge gewesen«

ERFAHRUNGEN IN DER FREMDE 1. Schildere mithilfe deines Wissens aus der 5. Jahrgangsstufe die auf dem Bild unten abgebildete Situation! Gehe dabei auch darauf ein, warum diese Einstellung im Film gewählt wurde! 2. Die Israeliten haben erfahren, was Fremdheit bedeutet und daraus Konsequenzen gezogen: Erinnere dich an biblische Überlieferungen vom Auszug aus Ägypten und vom babylonischen Exil* [5] und gib einem Israeliten oder einer Israelitin eine Stimme: »Ich war fremd …«! 3. »… denn ihr seid auch Fremdlinge gewesen... « (Lev 19,34b) Prüfe, ob sich auch dein Blick ändert, wenn du an Erfahrungen denkst, wo du selbst fremd gewesen bist! S. 104 4. Befrage z. B. deine Eltern oder Großeltern, ob es in der Geschichte deiner Familie Erfahrungen mit Flucht, Vertreibung oder auch mit dem Aufnehmen von Flüchtlingen gibt!

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• Im Alten Israel wurden Fremde, die meist als Wirtschafts- oder Kriegsflüchtlinge ins Land kamen, Witwen und Waisen gleichgestellt. Diese hatten nicht das Recht, selbst vor Gericht aufzutreten, sondern brauchten israelitische Männer, die ihre Sache für sie vertraten. Damit waren sie diesen Männern oft ausgeliefert und wurden immer wieder benachteiligt. Im ganzen Alten Testament werden deswegen die Menschen wiederholt aufgefordert, sich gegenüber den Witwen, Waisen und den Fremden gerecht zu verhalten. • Fremde hatten nicht nur einen gewissen Schutz, sie hatten auch Pflichten gegenüber der Gesellschaft. So mussten sie sich an die Gesetze halten und auch religiöse Pflichten erfüllen. Dies sollte dazu dienen, sie in die israelitische Gesellschaft zu integrieren. • Andererseits wurden sie auch bei den Feiertagen, z. B. dem Schabbat* oder dem Wochenfest, mit einbezogen und sollten von diesen Festen ebenso wie die Einheimischen profitieren.

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FREMDE IM ALTEN ISRAEL

Wenn ein Fremdling bei euch wohnt in eurem Lande, den sollt ihr nicht bedrücken. Er soll bei euch wohnen wie ein Einheimischer unter euch, und du sollst ihn lieben wie dich selbst; denn ihr seid auch Fremdlinge gewesen in Ägyptenland. Ich bin der Herr, dein Gott. Lev 19,33f.

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INFO

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MERKe: Wer selbst fremd war, hat einen anderen Blick.

»NICHT BEDRÜCKEN« 1. »… den sollt ihr nicht bedrücken« (Lev 19,33): Überlege, was damit gemeint sein könnte, und suche Beispiele aus Vergangenheit und Gegenwart! 2. Ein Fremdling soll nicht nur »wie ein Einheimischer unter euch« wohnen, sondern man soll ihn »lieben wie [sich] selbst«. Stelle Fragen an Lev 19,33 f.! 3. Vergleiche die Forderungen in Lev 19,33 f. mit dem realen Umgang mit Fremden im Alten Israel (Info)! Diskutiert eure Ergebnisse! 4. Arbeite aus Lev 19,33 f. Gemeinsamkeiten mit den Zehn Geboten heraus! 5. Formuliere Wünsche aus der Sicht eines/einer Fremden, der/die nach Deutschland kommt!

aus dem Film: Der Prinz von Ägypten

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Normalerweise ...

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»An den Augen!«, kommt dann aber wieder auf den Pullover, die Hose, die Beine. Auf die Frage, was denn besonders an ihm sei, antwortet er: »Weil ich viel lache! Die Menschen können mich erkennen, weil ich viel lache, ganz viel lache.« Tipps für

IM ALLTAG

1. Mit dem Thema Behinderung hat fast jede/r Erfahrungen gemacht. Berichtet euch gegenseitig! 2. Jemand liest mit großen Pausen die folgende Situation vor. Drücke mit Buntstiften die Gefühle aus, die du im Verlauf empfindest! Sprecht danach über die Farben und Formen! Du sitzt in einem ziemlich leeren Bus. Der Bus fährt von Haltestelle zu Haltestelle. Der Bus hält. Es steigt ein Junge in deinem Alter zu. Er ist geistig behindert. Das siehst du sofort. Der Junge schaut sich im Bus um. Dann geht er direkt auf dich zu, etwas unbeholfen. Er ist nicht mehr weit von dir entfernt und schaut dich an, als ob er sich neben dich setzen möchte. 3. Versucht die Tipps (unten links) auf die Situation im Bus anzuwenden und erprobt spielerisch, ob »normal« wirklich so »einfach« ist! Rollen 4. »Was ist besonders an dir?« – Der Junge mit Tetraplegie* hat eine Lösung gefunden – nach langem Überlegen! Interpretiere die Szene! 5. Vermutlich war es nicht so einfach, das Interview zu lesen. Deute das merkwürdige Schriftbild! 6. Es gibt Redensarten, aber auch Beleidigungen, die direkt oder indirekt mit Behinderungen zu tun haben. Sammle solche Wendungen, kläre, was sie bedeuten, und begründe, welche davon problematisch sind oder es sein können! 7. Eine Puppe im Rollstuhl? Diskutiert, ob so ein Spielzeug ein geeignetes Geschenk ist!

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Die Frage, ob sich der Schüler vorstellen könnte, wir hätten uns noch nie gesehen, ob er sich das denken könnte, wird mit einem klaren: »Nein, kann ich mir nicht denken!«, beantwortet. Also frage ich ihn, woran meine Frau ihn erkennen könnte.

Er interviewt einen Schüler, der infolge einer Hirnschädigung eine spastische Lähmung an Armen und Beinen hat (Tetraplegie *, eine Form der Querschnittslähmung); seine Bewegungen unterliegen zeitweise fortdauernden Reflexen. Der Pädagoge gibt den Beginn des Interviews folgendermaßen wieder: Die Situation wird nochmals erklärt. Da eine unbekannte Person kommt, kann man sie nicht erkennen. Die Frage ist, woran man ihn erkennt. »Am Pullover, meistens gelb oder weiß!« Viele Kinder tragen Pullover. Er beschreibt sich weiter:

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Ein Förderpädagoge führt in der 6. Klasse einer Schule für körperbehinderte Menschen Interviews. Seine Frage lautet: »Stell dir vor, wir hätten uns noch nie gesehen. Ich würde dich anrufen und mich mit dir verabreden. Du würdest mich am Bahnhof abholen. Woran könnte ich dich erkennen?«

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aus einer Broschüre für Schülerinnen und Schüler


… bin ich nicht behindert

INFO WAS IST BEHINDERUNG?

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• Wenn man Menschen als »behindert« bezeichnet, meint man damit, dass sie in körperlicher, geistiger oder sozialer Hinsicht so von der Norm abweichen, dass sie das in ihrer Lebensführung beeinträchtigt. • Doch es ist nicht unproblematisch, jemanden »behindert« zu nennen: Denn diejenigen sind so wie sie sind, ja ganz normal. Sie sind sozusagen anders normal. Umgekehrt unterscheiden sich alle Menschen voneinander – aber jemand, der z. B. nicht gut in Musik oder einer Naturwissenschaft ist, wird nicht als behindert bezeichnet. Wiederum in einer Gruppe von z. B. Gebärdensprachlern wird die Person, die diese Sprache nicht beherrscht, »behindert« sein, da sie nichts versteht. Behinderung ist also letztlich davon abhängig, was die Mehrheit als »normal« ansieht.

Hat das Leben mit deinem Bruder mit Behinderung Auswirkungen auf dein Leben? Ich denke schon, dass es sonst ganz anders wäre. Ich kenne es nicht anders, dadurch bin ich vielleicht sozialer geworden oder helfe anderen. Wie reagieren deine Freundinnen und Freunde? Es ist überwiegend so, dass sie meinen Bruder ganz toll finden, sie finden ihn lustig, interessieren sich für ihn und fragen nach, z. B. geben sie ihm die Hand zur Begrüßung und fragen ihn, wie es ihm geht. Fühlst du dich gegenüber deinem Bruder mit Behinderung benachteiligt? Manchmal, weil er in der Hausarbeit nicht alles machen muss, obwohl er es könnte. Sonst wird er eigentlich nicht bevorzugt. Welches waren deine/eure Rollen in der Familie? Meine Eltern gehen z. B. in den Kirchenchor, da musste ich immer auf ihn aufpassen. Einmal bin ich mitgegangen, und als wir nach Hause kamen, ist mein Bruder alleine auf der Straße, mit seinem Stirnband in der Hand, rumgerannt. Seit mein Bruder im Heim lebt, ist meine Mutter entspannter. Wir haben gemeinsam ziemlich lange hin und her überlegt, ob wir ihn ins Heim geben, weil wir ihn ja nicht abschieben wollen. Aber es gefällt ihm ziemlich gut dort. Er hat ein neues, buntes, fröhliches Zimmer. Welche Wünsche hast du für die Zukunft? Ich wünsche mir, dass es weiterhin mit meinem Bruder gut klappt, dass er sich im Heim wohl fühlt und dass er oft nach Hause kommt. Ich möchte meinen Bruder später einmal zu mir holen, wenn meine Eltern älter sind, und die Vormundschaft übernehmen. Und ich wünsche mir, dass meine Freunde und neue Leute offen bleiben dafür, dass ich einen Bruder mit Behinderung habe, und dass keine blöden Sprüche kommen.

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1. Normalerweise sehen wir uns nicht als behindert an. Sammle Gründe dafür und beziehe anschließend die Info (unten) auf deine Überlegungen! 2. Mareika deutet im Gespräch Probleme und Herausforderungen an. Arbeite sie heraus! 3. »Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.« (aus dem Grundgesetz*) Wählt in Gruppen eines der Piktogramme unten und deutet es! Schreibt oder spielt eine kurze Szene, die sich auf die jeweilige Behinderung bezieht und die zeigt, was »nicht benachteiligen« konkret bedeuten kann! Rollen

INTERVIEW MIT MAREIKA B., 15 JAHRE

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MENSCHEN HABEN BEHINDERUNGEN

ANDERS NORMAL

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Quicklebendig Und Gott schuf den Menschen zu seinem Bilde, zum Bilde Gottes schuf er ihn; und schuf sie als Mann und Frau. Gen 1,27

AUS EINER KONFIRMANDENSTUNDE MIT JUGENDLICHEN MIT GEISTIGER BEHINDERUNG

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Birgit Meiser für den Kalender eines Lebenshilfeheims in Köln

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Eine Konfirmandin fragt: »Wenn ich mal tot bin – weckt Jesus mich dann auch?« Ich antworte: »Ja, irgendwann weckt Jesus dich dann auch.« Konfirmandin: »Soll er gleich machen!« Ich: »Du bist doch wach!« Unvermittelt legt sich die Konfirmandin auf den Fußboden und schließt die Augen. Unaufgefordert steht ein Konfirmand auf, stellt sich neben die Konfirmandin und wartet. Er stupst sie mit dem Fuß an, sagt etwas ruppig: »Los, aufstehn!« Nichts passiert. Der Konfirmand beugt sich zu ihr herab, hebt ihre Hand und sagt leise: »Aufstehn.« Sie öffnet die Augen, räkelt sich genüsslich und steht zufrieden auf. Dieses Erlebnis motiviert nun auch die anderen Gruppenmitglieder. Alle wollen sich beteiligen, diejenigen, die gut sprechen können, diejenigen, die nicht sprechen, die Beweglichen und die Konfirmandin mit Lähmungen im Rollstuhl. Sich hinlegen, Augen schließen, manche halten sogar die Luft an – wir gehen an den Rand unserer Angst. Niemand wird gezwungen. Manche probieren aus, mal bei der kleinsten Berührung aufzuspringen, mal sich lange, lange bitten zu lassen. Auch das Aufwecken wird probiert. Als wir den Unterricht beschließen, berührt mich die Konfirmandin, die sich zuerst wecken ließ, mit ihren zufriedenen, gelösten Worten. Ich möchte meinen Blick gar nicht von ihrem strahlenden Gesicht wenden. Sie sagt: »Ich freu mich auf Jesus. Aber jetzt bin ich ja wach.«

DER MENSCH – GOTTES EBENBILD

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1. Die Vorstellung vom Menschen als „Bild Gottes“ kennst du bereits [5]. Erinnere dich daran, was »Ebenbild Gottes« bedeutet und wie diese Vorstellung den Blick auf einen Menschen verändern kann! Entdecke diesen »anderen Blick« auf den Menschen, besonders auf den Menschen mit Behinderung, in den Materialien dieser Doppelseite! 2. Das Bild von Birgit Meiser vermittelt einen Eindruck, wie die geistig behinderte Künstlerin das Leben wahrnimmt. Beschreibe und deute es! 3. Diskutiert, ob man Witze über Menschen mit Behinderung komisch finden darf, und bezieht eure Überlegungen auf die Karikatur rechts! 4. In der Konfirmationsstunde* (rechts) geht es um die Geschichte von der Heilung der Tochter des Jairus (Mk 5,21–24 a.35–41). Entdecke Motive der biblischen Geschichte in den Szenen und Worten der Jugendlichen mit Behinderung und lasse dich von ihren Ideen und ihrer Lebensfreude zu eigenen Gestaltungen anregen!

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KAPITEL 5


im Kopfstand

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Welches Geräusch macht ein Sonnenuntergang? Ich bin zwar gelähmt, aber nicht behindert! Blinde haben vor dem Dunkel keine Angst.

Mir hat ein blindgeborener Schüler erzählt, dass er Ritter geträumt hat. Ich fragte ihn: Wie warst du denn als Ritter? Seine Antwort: Ich war laut und habe gescheppert.

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Eine junge Frau im Rollstuhl wird gefragt, was sie sich wünschen würde, wenn sie eine gute Fee träfe: »Dass Behinderung normal wird.«

EIN ANDERER BLICK

1. Holland statt Italien? Suche nach anderen Lebenszusammenhängen, in denen man etwas Vergleichbares findet! 2. Das Foto unten zeigt einen Jungen mit Down-Syndrom*, der für Kleidung wirbt. Diskutiert, ob man solche Werbeanzeigen veröffentlichen darf! 3. Philosophiert über die Zitate oben links, in denen es um die Wahrnehmungen von Menschen mit Behinderung geht! Lasst euch von ihnen anregen, die Welt anders wahrzunehmen! Schreibt zum Beispiel eine kurze Erzählung mit der Überschrift: So hatte ich das noch nie gesehen! 4. Erinnere dich an die Reich-Gottes-Merkmale in Kap 4 und probiere aus, welche zu den Materia­ lien dieser Seite passen!

WILLKOMMEN IN HOLLAND

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Ich werde oft gefragt, wie es ist, ein behindertes Kind großzuziehen. Es ist wie folgt: Wenn man ein Baby erwartet, ist das, wie wenn man eine wundervolle Reise nach Italien plant. Man deckt sich mit Reiseprospekten und Büchern über Italien ein und plant die wunderbare Reise. Man freut sich aufs Kolosseum, Michelangelos David, eine Gondelfahrt in Venedig und man lernt vielleicht noch ein paar nützliche ›Brocken‹ Italienisch. Es ist alles so aufregend. Nach Monaten ungeduldiger Erwartung kommt endlich der lang ersehnte Tag. Man packt die Koffer, und los geht’s. Einige Stunden später landet das Flugzeug. Die Flugbegleiterin kommt und sagt: »Willkommen in Holland«. »Holland?!? Was meinen Sie mit Holland?!? Ich habe eine Reise nach Italien gebucht! Mein ganzes Leben lang habe ich davon geträumt, nach Italien zu fahren!« Aber der Flugplan wurde geändert. Du bist in Holland gelandet, und da musst du jetzt bleiben. Jetzt brauchst du neue Bücher und Reiseprospekte, und du musst eine neue Sprache lernen und du triffst andere Menschen, welche du in Italien nie getroffen hättest. Es ist ein anderer Ort, langsamer als Italien, nicht so auffallend wie Italien. Aber nach einer gewissen Zeit an diesem Ort und wenn du dich vom Schrecken erholt hast, schaust du dich um und siehst, dass Holland Windmühlen hat … Holland hat auch Tulpen. Holland hat sogar Rembrandts. Emily Pearl Kingsley

ANDERS NORMAL

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Zu Gast

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from 14 cou ntries

Claudia, has cooked for this book together with Aishe

Mit dem Kau f dieses Koc hbuchs erm Umsetzung öglichst Du vieler weitere die r sozialer Pro mit Flüchtling jekte von und en von Über den Tellerrand kochen. With the pur chase of this book you ma to suppor t ma ke it possibl ny more soc e ial projects from refugees of Über den Tell and with errand kochen .

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KAPITEL 5

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aus 14 Länder

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Rezepte für ein besseres Wir Recipes for a better Us

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Rezept e fü r ein bess er es

36 Rezepte

von 29 Flücht

Das gab es noch nie. Erstmals kochten kambodschanische und chinesische Flüchtlingsfrauen für Wohnungslose in Herten. Mit köstlichen Gerichten aus ihrer Heimat verwöhnten Jiang Ping aus China und Nuon Chhen aus Kambodscha eine begeisterte Gruppe von Menschen während ihres Tagesaufenthalts im Haus der Diakonie an der Ewaldstraße. »Wir kochen gern für Wohnungslose, so können wir uns ein wenig bedanken, für alles, was wir in Deutschland bekommen haben.« Am 24. November wird diese Erfolgstory wiederholt, dann laden afghanische Flüchtlingsfrauen dort Wohnungslose zum gemeinsamen Essen ein. aus Lokalpass, einer Bürgercommunity

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Claudia, hat für dieses Buc h gemeinsam mit Aishe geko cht

KÖSTLICHE GESCHICHTEN: FLÜCHTLINGSFRAUEN KOCHEN FÜR WOHNUNGSLOSE IM HAUS DER DIAKONIE*

Recipes for a be tt er Us

Im Iran und später in Berlin hat sich Mahdis A. als Journalistin und Wissenschaftlerin mit dem Thema Flucht beschäftigt. Je näher Weihnachten rückte, desto leerer wurden die Straßen. In die kleine Stadt in Westdeutschland, in der ich damals lebte, kehrte Stille ein. Ich war weit weg von zu Hause. Die Weihnachtszeit erinnerte mich an alles, was ich verloren habe und vermisse. Ich war an den harten, kalten Winter noch nicht gewöhnt und fühlte mich sehr fremd in der stillen Stadt. Aber statt darüber weiter nachzudenken, beschloss Übe r den Tell err and zu koc henund ist für mein erstes deutsches ich, mein Herz michzu Beg egnöff ung mitnen and eine kul inar isch e Reis e ere n Kult ure n, mit alleFamilie Silvester zu erleben. Eine hatte mich eingelan Sinn en. den, sie lebte am Stadtrand. Als ich ankam, sah ich, wie Atina, die Mutter, Champagnergläser auf dem Das koc hbu ch Tisch verteilte und gleichzeitig versuchte, ihre sechs∙ ∙ jährigen Zwillinge davon zu überzeugen, dass sie Ja∙ cken anziehen müssten, wenn sie∙ gleich nach draußen zum Feuerwerk wollten. Ich∙ half ihrem Mann, ∙ leere Flaschen einzusammeln, für die Knaller. Seit die Kinder da sind, erzählte theStefan, coo kbook versuchen sie, zwei Traditionen zu pflegen, die von Atinas kenianiWit h ÜbeBräuche r den Tell err and scher Großmutter in Mombasa und die seiI hav e the cha nce to get koc hen to know new cul ner eigenen Großmutter aus Aachen. tures. It's a culinary jou rne y that evo kes all sen ses. Wir Nach und nach kamen die anderen Freunde. sprachen darüber, wie oft man Weihnachten weit weg von zu Hause verbringt. Naomi, eine Journalistin aus dem Sudan mit traurigen Augen und tiefen Narben an ihrem Nacken, ermutigte ihre Tochter, mit den anderen Kindern zu spielen. Atinas Tisch bog sich unter all den Speisen. Sie selbst hatte ein afrikanisches Gericht mit Fisch und Gemüse gekocht. Die anderen hatten auch Essen mitgebracht, Weihnachtsessen aus ihrer Heimat. Ein paar Minuten vor Mitternacht leuchtete der ganze Himmel, die Kinder lachten, dazu das Feuerwerk. Alle erhoben ihre Gläser, um ein gutes neues Jahr zu wünschen. Mein eigenes Heimweh und meine Einsamkeit waren fürs Erste vergessen. Chrismon

Das Kochbuch gibt Einblicke in die Küchen und Kulturen verschiedenster Länder. Der Erlös finanziert den Verein »Über den Tellerrand kochen« und dessen Integrationsprojekte für Flüchtlinge. Neben 36 spannenden Rezepten aus aller Welt bietet es viele interessante Texte, welche die Geschichten der 29 Köche und Köchinnen erzählen.


Im Zusammenhang wiedergeben ++ beschreiben ++ wahrnehmen ++ deuten ++ reflektieren ++ urteilen ++ kommunizieren ++ sich ausdrücken

In der Bibel spielen das ZuGast-Sein und das gemeinsame Essen eine besondere Rolle: Rufe dir solche Geschichten oder dazu passende Aussagen z. B. aus diesem Kapitel sowie Kapitel 1 und 4 in Erinnerung und zeige Parallelen zu den Materialien auf S. 114 auf!

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Wenn ihr eine eigene Schulküche habt: Probiert gemeinsam aus, fremdländische Gerichte zu kochen. Vielleicht kennt jemand Rezepte aus der eigenen Familie oder ihr recherchiert welche im Internet. Versucht beim gemeinsamen Kosten der Speisen, ungewöhnliche Geschmäcke zu beschreiben, und tauscht euch darüber aus, ob das gemeinsame Herrichten bzw. Kochen etwas unter euch bewirkt hat!

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Skizziere Ideen für ein eigenes Koch-Buch-Projekt, in dem es um das Überwinden von Vorurteilen und/oder um das Thema Fremdsein geht. Beziehe dabei wichtige Erkenntnisse aus dem Kapitel mit ein!

Die »Themen« Vorurteile, fremd, verschieden, Umgang mit anderen … kommen auch in vielen Büchern vor. Sammelt Beispiele und veranstaltet eine Lesestunde dazu!

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Es gibt ausgesprochen viele Koch-Projekte mit Flüchtlingen*, wie das der Diakonie* Herten ( S. 114). Recherchiere weitere, möglichst verschiedene solcher Koch-Projekte und stelle ihre Gemeinsamkeiten und Unterschiede dar! Zeige auf, inwiefern diese Projekte jeweils Integration unterstützen! Vielleicht gibt es sogar ein Projekt in eurer Nähe, das ihr besuchen könnt, z. B. in eurer Kirchengemeinde.

Was hast du dazugelernt, was kannst du jetzt besser als vorher (vgl. die Vorschau auf S. 99)? Was hat dir Freude gemacht, was weniger? Was war besonders wichtig? Was sollte man sich merken? Worüber möchtest du noch einmal nachdenken?

Beschreibe und deute das Buchcover auf S. 114! Entschlüssele dabei die Wortspiele in Titel und Vereinsnamen!

Für ein gelingendes Miteinander zwischen Menschen in all ihrer Vielfalt gibt es keine »Kochbuch-Rezepte«. Versuche trotzdem, mithilfe dieses Kapitels eine Liste zu erstellen: Was braucht man, um miteinander verschieden sein zu können? (z. B.: Interesse, Empathie …) Wähle Bibelstellen (auch aus Kapitel 4), mit denen man diese Kriterien begründen kann, und gestalte zu deinen Ergebnissen ein Plakat!

»Mein eigenes Heimweh und meine Einsamkeit waren fürs Erste vergessen.« Zeichne mithilfe von Farben nach, wie Mahdis A. ( S. 114 links) ihr erstes Weihnachten und Silvester in Deutschland erlebt! Beschrifte deinen Farbverlauf mit passenden Begriffen! Stelle anschließend Zusammenhänge zu dem her, was du in diesem Kapitel behandelt und gelernt hast!

ANDERS NORMAL

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KAPITEL 6

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PAUSEN

Warum nicht feiern, wann man will?

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Nichtstun – eine Pause?

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Muss man am Karfreitag traurig sein?

Warum feiern Religionen das Erwachsen-werden?

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Welche Feste kann man einsparen?

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Macht Gott auch mal Pause?

Feiern, obwohl man schlechte Laune hat?

Lernbereich »Feste und Auszeiten« 116

KAPITEL 6


Du nimmst wahr, wie unterschiedlich Menschen Feste feiern. Manches bleibt dabei immer gleich, manches verändert sich. Du kannst Symbole und Rituale wichtiger christlicher Feste deuten und entdeckst ihren Zusammenhang mit biblischen Geschichten und mit dem Glaubensbekenntnis*.

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Du tauschst dich darüber aus, welche Erfahrungen du mit Festen gemacht hast, was du von ihnen erwartest und was für dich persönlich wichtig ist. Du kannst auch eigene Ideen entwickeln, wie man Feste oder Andachten feiern könnte; vielleicht möchtest du etwas davon ausprobieren.

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Du denkst darüber nach, weshalb Feste für uns Menschen wichtig sind. Du setzt dich kritisch mit verschiedenen Formen des Feierns auseinander und entscheidest und begründest, welche dir angemessen erscheinen und welche nicht. Auch über den Umgang mit Auszeiten und Festen in der Schule bildest du dir eine Meinung.

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Wir feiern im Laufe unseres Lebens viele verschiedene Feste – manche jedes Jahr, andere nur einmal im Leben. In diesem Kapitel beschreibst du Situationen, in denen Menschen ihren Alltag unterbrechen, und lernst den Ablauf des Kirchenjahres sowie wichtige christliche Feste mit ihren Symbolen und Bräuchen kennen.

EXTRATOUR

urteilen

sich ausdrücken

reflektieren

wahrnehmen deuten

wiedergeben

beschreiben

kommunizieren

FÜR SPIELEENTWICKLER/INNEN In diesem Kapitel beschäftigt ihr euch mit ganz unterschiedlichen Festen. Denkt euch in Gruppen Spiele aus, in denen es um verschiedene Feste geht, aber auch darum, warum wir Menschen überhaupt feiern! Ihr könnt zum Beispiel ein Spielfeld entwerfen und Frage- und Ereigniskarten formulieren, vielleicht habt ihr aber auch ganz andere Spielideen. Legt gemeinsam die Spielregeln fest! Lasst bei euren Überlegungen Erkenntnisse und Informationen aus der Arbeit mit dem Kapitel einfließen! PAUSEN

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KAPITEL 6


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Lebensnotwendig WIE LERNE ICH AM BESTEN?

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ENDLICH PAUSE!

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1. Lasse das Bild auf S. 118 auf dich wirken und beschreibe, was es in dir auslöst! Findest du Hinweise auf eine Pause? 2. Macht eine Umfrage, wie ihr am liebsten die Pause verbringt! Je nach Zeit könnt ihr sie in der Klasse durchführen oder im größeren Rahmen! 3. »Das Beste an der Schule sind die Pausen.« Diskutiert über diese Meinung! 4. An manchen Schulen gibt es keinen Gong. Sammelt Vor- und Nachteile! 5. Eine Pause braucht man nicht nur in der Schule. Lasst euch von den Bildern auf dieser Seite anregen und tragt zusammen, wann und wo ihr Pausen macht, welche davon für euch besonders wichtig sind und was man jeweils braucht, damit solche Pausen gelingen!

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Moderne Autos besitzen oft einen »Müdigkeitsassistenten«.

Was passiert mit der Erinnerungsleistung, wenn wir lange am Stück lernen? Sie geht beständig zurück! Inhalte können nicht gespeichert werden und überlagern sich. Je länger man lernt, desto weniger bringt es! Durch eine Pause passiert etwas Erstaunliches: Die Erinnerung steigt! Warum? Es gibt einen sogenannten Nachhall-Effekt: Wenn man das Lernen unterbricht, dann bleiben die letzten Informationen im Gedächtnis und können gespeichert werden. Nach der Pause sind wir wieder frisch und aufnahmebereit. Wie heißt es so schön: »Der erste Eindruck zählt«. Wenn man sich am besten an den Beginn und das Ende einer Lerneinheit erinnern kann, wie können wir effizienter lernen? Einfach, indem wir mehr Anfänge und Enden haben – durch die Wunderwaffe des Lernens: Pausen! Aus einer Homepage zum richtigen Lernen

EINE LEHRERIN ERZÄHLT

Am Anfang des Schuljahres schaue ich immer gleich nach, welche Pausenaufsicht ich habe. Manche mache ich gerne, andere eher ungern – z. B. die in der Pausenhalle, weil es da vor allem bei Regenwetter furchtbar laut ist. Besonders anstrengend finde ich die Aufsicht in den oberen Stockwerken. Die Schüler und Schülerinnen der Unterstufe dürfen sich dort in den Pausen nicht aufhalten. Also muss ich sie ständig »runterscheuchen«. Sehr gerne bin ich dagegen im Innenhof. Dort sind Tischtennisplatten und Tischgruppen und ich genieße die fröhliche und lebendige Atmosphäre. 120

KAPITEL 6

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Mein Klavierlehrer sagt: »Pausen sind auch Musik.« MERKwürdig.

Wenn jemand ohne Punkt und Komma redet, finde ich es schwierig, ihn zu verstehen.

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Schlafentzug ist Folter!

Als Busfahrer muss ich alle 4,5 Stunden 45 Minuten Pause machen.

Mein Trainer sagt, Regeneration steigert die Leistungsfähigkeit.


Besonders MEIN TAG 1. Beschreibe das Bild auf S. 119 und stelle Vermutungen über den Anlass des Festes, der Hauptperson und die Feiernden an! 2. Klettergeburtstag oder Kuchenschlacht? Überlege dir Tipps für Eltern für die Geburtstagsfeiern ihrer Kinder in deinem Alter! Schreibe sie auf. Vielleicht mögt ihr sie in der Rubrik »Evangelischer Religionsunterricht« auf der Homepage eurer Schule veröffentlichen? 3. Erinnere dich daran, wie du früher als Kindergarten- und dann als Grundschulkind deine Geburtstage gefeiert hast. Halte fest, was sich verändert hat! Wenn ihr Zeit habt, könnt ihr auch Fotos von euren Geburtstagsfeiern mitbringen und herausarbeiten, welche Motive sich auf ihnen immer wieder finden. Denkt darüber nach, warum man beim Geburtstag fotografiert!

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Heute ist ein besonderer Tag! Heute gehen Wünsche in Erfüllung. Rund um die Uhr stehe ICH im Mittelpunkt: Ich feiere Geburtstag! Aber wieso eigentlich? Welchen Sinn hat es, dass ich, du, dass wir Geburtstag feiern? Ganz einfach – wir feiern, dass wir leben! Und außerdem geht es darum, dass jeder und jede von uns einzigartig und unverwechselbar ist. Also feiern alle Menschen schon immer ihren Geburtstag? Irrtum – und sogar ein doppelter. Erstens kennen gar nicht alle Menschen auf der Erde das Geburtstagsfest. Und zweitens handelt es sich um einen ziemlich neuen Brauch. Dass wirklich fast alle Menschen den Tag ihrer Geburt festlich begehen, diese Tradition hat sich in Europa erst um 1500 allmählich ausgebreitet. Zuerst waren es nur wenige, die es sich überhaupt leisten konnten, an ihrem Geburtstag nicht zu arbeiten, sondern ein Fest zu veranstalten. Im 18. Jh. wurde dann ein privates Familienfest daraus, das aber immer noch nicht viele Menschen feierten. Erst im 19. Jh. breitete sich der Brauch besonders in den Städten aus, während die Bauern auf dem Lande damit oft wenig anzufangen wussten. Sie übernahmen ihn so richtig erst im 20. Jh. Genau genommen ist es also noch nicht einmal hundert Jahre her, dass der Geburtstag wirklich ein Fest für alle wurde. Was uns heute selbstverständlich erscheint, ist es also gar nicht. Dieser Brauch gehört zu den Festen und Ritualen, die sich jeder Mensch angewöhnt durch die Kultur, in der er lebt. Davon abgesehen braucht es auch noch ein paar Grundvoraussetzungen, damit der Geburtstag überhaupt zu einem Festtag werden kann. Vor allem muss das Leben eines jeden Menschen als wertvoll erachtet werden. Nur so wird der Beginn seiner Existenz, der Tag seiner Geburt, zum festlichen Anlass. Und dann gibt es noch eine ganz praktische Bedingung: Der Tag der Geburt muss als Datum bekannt sein! Das hört sich jetzt vielleicht merkwürdig an, aber obwohl die Menschen seit vielen, vielen Jahrtausenden auf der Erde leben, hat man erst in den letzten Jahrhunderten angefangen, die Geburts- und Lebensdaten jedes einzelnen Menschen zu erfassen und niederzuschreiben. Katja Herzke, Friedemann Schmoll

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WARUM FEIERN WIR GEBURTSTAG?

NICHT SELBSTVERSTÄNDLICH

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1. Was uns so normal erscheint, hat sich entwickelt. Fasse den Text links als Schaubild zusammen! 2. Am Geburtstag feiert man mehr als nur ein neues Lebensjahr. Gestalte eine Geburtstagskarte, aus der deutlich wird, worum es am Geburtstag eigentlich geht! 3. Tauscht euch darüber aus, ob und wenn ja wie eure Eltern und Großeltern ihre Geburtstage feiern! Beschreibe, wie du später einmal deinen Geburtstag feiern möchtest! 4. Geburtstagsfeiern – egal ob von Kindern oder Erwachsenen – können auch schief gehen. Sammelt Beispiele!

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Jede/r … WIE DIE HEILIGE* GABE DES FESTES ZU DEN MENSCHEN KAM

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AnMERKung: Wer räumt hinterher auf?

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1. Tauscht euch über Erfahrungen mit den Festen, auf die die Bilder dieser Doppelseite anspielen, aus! 2. Entdecke den Gedanken der Pause in diesen Festen! 3. Ergänze die hier abgebildeten Feste und ordne sie nach verschiedenen Gesichtspunkten (z. B. jedes Jahr – nur einmal; in der Familie – im Freundeskreis)!

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Es war einmal eine Zeit, da die Menschen keine Freude kannten. Ihr ganzes Leben bestand aus Arbeit, Essen und Schlaf. Ein Tag verging ihnen wie der andere. Sie schliefen nach ihren Mühen ein, nur um zu neuer Anstrengung zu erwachen. In diesen Zeiten lebte ein Mann mit seiner Frau einsam in einem Dorf. Sie hatten einen Sohn mit Namen Teriaq, der gerne ein ebenso großer Jäger werden wollte wie sein Vater. Aber obwohl Teriaq gerne jagte, er seine Eltern liebte und es ihm nicht an Essen und einem Dach über dem Kopf mangelte, fühlte er, dass seinem Leben etwas fehlte. Eines Tages war er wie gewöhnlich auf Rentierjagd. Da erblickte er einen gewaltigen Adler, der senkte sich herab. Er streifte seine Kapuze vom Kopf und wurde zum Menschen. Und er sprach zum Rentierjäger: »Ich weiß, dass du mit deinem Leben unzufrieden bist. Ich verlange von dir, dass du mir versprichst, Gesangfeste zu feiern, sobald du nach Hause kommst. Teriaq verspricht Feste zu feiern. Da er aber nicht weiß, wie das geht, nimmt der Adler ihn mit zu sich nach Hause und bringt ihm bei, ein Festhaus zu bauen, Lieder zu komponieren, zu trommeln und zu tanzen. Außerdem erklärt er ihm, wie wichtig ein gutes Festmahl und viele Gäste sind. Schließlich geht Teriaq wieder zu seinen Eltern zurück und sie bereiten nun alles für ein Fest vor: Vater und Sohn setzten fröhliche Worte zusammen, schilderten liebe und ernste Erinnerungen im Gesang. Sie machten sich Trommeln und im Takt mit den Schlägen der Trommeln, bewegten sie Arme und Beine zu den Liedern in ausgelassenen Sprüngen. Und sowohl der Körper als auch die Gedanken wurden heiß; sie begannen alles ringsum in vollkommen neuer Weise zu fühlen und zu sehen. Es konnte vorkommen, dass sie manch einen Abend spaßten und lachten zu einer Zeit, wo sie sonst aus Langeweile über einen endlosen Abend geschnarcht hätten. Sobald alle Vorbereitungen getroffen waren, ging der Sohn hinaus, um die Leute zum Fest einzuladen. Zu seinem großen Erstaunen entdeckte er nun, dass er und seine Eltern nicht mehr einsam waren, wie sie es zuvor stets gewesen waren. Nach einem Märchen der Inuit 122

KAPITEL 6

ÜBER DEN ALLTAG HINAUS

1. Der Adler bringt Teriaq in dem Märchen bei, was alles zu einem Fest gehört! Schreibe die Elemente heraus! 2. Das Leben der Menschen hat sich durch das Feiern von Festen verändert. Stellt diese Veränderung durch Vorher-Nachher-Bilder oder durch Standbilder dar! 3. Bezieht eure Erkenntnisse zum Märchen auf eines der Feste, die ihr gefunden habt (3. Impuls oben). Geht dabei arbeitsteilig vor und lasst abschließend den Adler ein Statement zu eurem Fest formulieren! 4. Auch in der Info S. 123 findest du Aspekte, warum es für die Menschen wichtig ist, Feste zu feiern. Fasse sie in vier Sätzen zusammen! 5. Der Adler gilt in vielen Kulturen als göttliches Symbol. Erkläre, warum das Märchen Feste als »heilige* Gabe« bezeichnet! 6. Bei manchen Festen kann man »ganz anders« sein als sonst, kann »Pause vom Ich« machen: Prüfe, auf welche Feste das zutrifft!


... feiert anders

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Ein Leben ohne Feste ist wie ein langer Weg ohne Gasthäuser. (Demokrit) Mich deucht, das Größt’ bei einem Fest ist, wenn man sich’s wohlschmecken lässt. (Johann Wolfgang von Goethe)

MERKMALE VON FESTEN

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• Durch Feste wird Gemeinschaft gebildet und gestärkt. Im Fest stellen die Mitglieder einer Gemeinschaft dar, was ihnen wichtig ist. • Außerdem gliedern und gestalten Feste Zeit bzw. teilen sie ein. Im Lebenslauf eines Menschen werden wichtige Übergänge wie z. B. Geburt oder Heirat durch Feste begleitet. Auch das Kalenderjahr wird durch Feste strukturiert. • Viele Feste erinnern auch an historische Ereignisse. Damit wird den Feiernden die eigene Tradition bewusst und sie wird an die jüngeren Generationen weitergegeben. • Schließlich ist eine ganz wichtige Funktion von Festen, den Alltag zu unterbrechen. Schon durch Äußerlichkeiten wie z. B. festliche Kleidung und das Reinigen und evtl. Schmücken der Wohnung bzw. des Ortes der Feier wird deutlich, dass dies eine besondere Zeit ist. Auch bestimmte festgelegte Abläufe, z. B. am Heiligabend oder am Geburtstagsmorgen, vor allem aber die Fülle bzw. der Überfluss des Festes markieren den Abstand vom Alltag. Während normalerweise z. B. Zeit, Nahrung und Waren begrenzt sind, gibt es von all dem an Festen reichlich. Es gibt Geschenke, gutes Essen, man hat Zeit füreinander. Zudem geben Feste Raum dafür, Gefühle mit anderen zu teilen. Das kann Freude und Ausgelassenheit sein, aber auch gemeinsame Trauer.

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INFO

FESTE UND FEIERN 1. Bezieht die Info auf die Feste, die ihr gesammelt habt ( S. 122, 3. Impuls oben)! 2. Prüfe, ob »feiern« in deiner Umgebung so gebraucht wird, wie im Lexikonartikel (unten) dargestellt! Berichtige oder ergänze den Artikel ggf.! 3. Feste können umkippen, sie können misslingen – nenne Beispiele und suche nach Gründen dafür! 4. Erstelle ein Tafelbild zur Bedeutung von Festen, in das du die wichtigsten Erkenntnisse aus der Arbeit mit dieser Doppelseite einbeziehst!

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Man muss die Feste feiern, wie sie fallen. (Sprichwort)

Aus einem Lexikon der Jugendsprache feiern Etwas »feiern« bedeutet, dass man etwas extrem cool findet. Beispielsätze zu feiern Ich feier' dich so hart dafür! Früher hab' ich ernsthaft mal Justin Bieber gefeiert.

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Erwachsen werden

NICHT MEHR KIND

Alle Völker und Kulturen feiern bestimmte Rituale auf dem Weg zum Erwachsenwerden. So wird beispielsweise der Übergang vom Kind zum Erwachsenen in der Pubertät in verschiedenen Kulturen von ganz unterschiedlichen Initiationsriten begleitet. Dadurch werden die Heranwachsenden in die Gemeinschaft aufgenommen, sie bekommen Rechte und zugleich Pflichten. ENDLICH ERWACHSEN?

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1. Man wird erwachsen, wenn man … … das erste Mal ohne Eltern in den Urlaub fährt. … sich sein Pausenbrot selbst schmiert. … die erste Freundin/den ersten Freund hat. Diskutiert darüber und ergänzt eigene Sätze! 2. Zieht eine Linie im Klassenzimmer, an deren beiden Enden die Sätze stehen: »Ich kann es kaum erwarten, erwachsen zu sein.« – »Mit dem Erwachsenwerden kann man sich ruhig Zeit lassen.« Positioniert euch, wo es für euch jeweils passt, begründet eure Entscheidung und tauscht euch aus!

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INFO

Ein Mädchen feiert Bat Mizwa*. Der Junge ist gerade zum ersten Mal in seinem Leben zur Tora* aufgerufen worden. Ich weiß, wie nervös er ist. Ein Jahr lang hat er sich auf diesen Moment vorbereiten müssen. Er hat gelernt, hebräisch zu lesen, seinen Abschnitt in der Tora zu singen und ihn im Anschluss auszulegen. Allein geht er nun nach vorne zur Bima (Lesepult), wo die aufgerollte Tora-Rolle auf ihn wartet. Alle Blicke sind auf den Halbwüchsigen gerichtet. Er trägt eine neue schwarze Hose und ein neues weißes Hemd, dazu die Turnschuhe, in denen er sich am liebsten unter seinen Freunden bewegt. Da kommt plötzlich sein Vater, ein hochgewachsener Mann, von der Seite zur Bima und legt im letzten Moment, bevor der Junge den Segen über das ToraLesen sagt, einen Tallit, einen Gebetsschal, um die Schultern seines Sohnes. Der Tallit ist der gleiche, den der Vater trägt – ein großes weißes Stück Stoff mit blauen Steifen. Der Moment geschieht ganz schnell - der Vater hüllt seinen Sohn einmal ganz in den Tallit, als würde er sein Kind damit noch einmal ganz umarmen und küssen. Die Hände des Vaters fassen fest nach den Schultern des Knaben, als würden sie ihm jetzt alles Selbstvertrauen einflößen wollen, welches der Junge nicht nur in diesem Moment, sondern auf dem ganzen, noch vor ihm liegenden Weg, erwachsen zu werden, brauchen wird. Elisa Klapheck

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Manche Kinder bekommen auch beim Übertritt auf die weiterführende Schule eine kleine Schultüte.

EINE RABBINERIN* ERZÄHLT VON EINER BAR MIZWA

ERWACHSEN IM GLAUBEN 1. Erwachsen-Werden ist nicht einfach. Zeige das an den Bar-Mizwa-Bräuchen! 2. Formuliere mithilfe der Erzählung (oben) einen Tagebucheintrag, den der Vater am Abend des Bar-Mizwa-Festes schreibt. 3. »Das Leben geht weiter« – und doch machen Menschen zwischen einzelnen Lebensphasen »Pausen«: Sammelt und diskutiert Gründe dafür! Abschlussball eines Tanzkurses

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KAPITEL 6


Glauben lernen

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Erika bekam zu ihrer Konfirmation im Jahr 1977 von der fränkischen Dorfgemeinschaft: 7 Topfpflanzen, 15 Frotteehandtücher, 2 Garnituren Bettwäsche, 1 Besteckkasten 70-teilig, 11 Sammeltassen, 4 Tortenplatten aus Kristallglas, 4 Schachteln Briefpapier, 1 Schreibset mit Füller und Kugelschreiber, 1 Dokumentenmappe, die Bibel Simon bekam im Jahr 2016 von seinen Verwandten: Armbanduhr, 4 Bücher, Konzertkarten, Geld, Dauerkarte für den 1. FCA, Fahrrad

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KONFIRMATION

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Liebe Katja, meine Konfirmation war schön. Im Gottesdienst hat ein Gospelchor gesungen, die Lieder haben wir selbst ausgewählt. Gut fand ich auch, dass wir uns unseren Konfirmationsspruch selber aussuchen durften. Unserem Pfarrer war es wichtig, dass wir uns im Gottesdienst wohl fühlen und etwas für uns mitnehmen können. Danach sind wir zum Mittagessen in ein Restaurant gefahren und ich habe dort auch endlich meine Geschenke auspacken dürfen. Die meisten haben mir Geld geschenkt. Über das Geschenk meiner Patin habe ich mich ganz besonders gefreut: Ein Gutschein für ein gemeinsames Wochenende in Berlin! Meine Gäste waren zum größten Teil Verwandte, aber es waren auch Freunde von mir dabei. Für den Nachmittag hatten meine Eltern eine Stadtrallye mit Quiz organisiert, was ziemlich lustig war, da meine Verwandten den Weg selber finden mussten. Am Abend haben wir dann noch zu Hause weitergefeiert. Zur Feier des Tages durfte ich sogar ein Glas Prosecco trinken! Dann hat mein Vater noch Filme von mir als Baby gezeigt – einfach nur peinlich! Du weißt ja, wie Väter so sind ... Aber insgesamt war es ein toller Tag! Liebe Grüße Verena

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• Über die Taufe eines kleinen Kindes bestimmen die Eltern. Mit 14 Jahren können Jugendliche entscheiden, ob sie Mitglied in einer Religionsgemeinschaft sein wollen, oder ggf. auch ohne Einwilligung ihrer Eltern aus dieser austreten. • Im Konfirmationsunterricht beschäftigen sich die Jugendlichen mit wichtigen Inhalten des christlichen Glaubens, werden ermuntert, das Leben in ihrer Kirchengemeinde kennenzulernen, erleben Begleitung und Gemeinschaft auf »Konfifreizeiten« und prüfen dabei für sich, ob sie der Kirche angehören wollen. • In einem festlichen Gottesdienst werden sie gesegnet. Sie sagen bewusst »Ja« zu ihrer Taufe und bestätigen damit die Entscheidung der Eltern: »Confirmare« heißt im Lateinischen soviel wie »bekräftigen, bestärken«. • Die Kirche überträgt den Jugendlichen alle Rechte, die jedes Kirchenmitglied hat, und die Gemeinde verspricht, sich für sie einzusetzen.

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MERKwürdig: Erwachsene stöhnen über die Pubertät – in den Religionen wird sie gefeiert.

KONFIRMATION 1. Verena ist begeistert von ihrem Konfirmationsfest. Überlege dir, wie du diesen Tag gerne feiern würdest, und schreibe deine Vorstellungen und Wünsche auf! 2. Wertvolle Geschenke – damals und heute: Deute die Unterschiede zwischen den Geschenken 1977 und 2016 (oben rechts)! 3. Vergleiche Ablauf und Sinn der Konfirmation mit der Bar/Bat Mizwa ( S. 124)!

In der katholischen Kirche bekräftigen Jugendliche durch die Firmung ihre Taufe und werden zu Kirchenmitgliedern mit allen Rechten und Pflichten.

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Im Rhythmus … DAS KIRCHENJAHR

DER KLEINE PRINZ UND DER FUCHS

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»Es wäre besser gewesen, du wärst zur selben Stunde wiedergekommen«, sagte der Fuchs. »Wenn du zum Beispiel um vier Uhr nachmittags kommst, kann ich um drei Uhr anfangen, glücklich zu sein. Je mehr die Zeit vergeht, umso glücklicher werde ich mich fühlen. Um vier Uhr werde ich mich schon aufregen und beunruhigen. Wenn du aber irgendwann kommst, kann ich nie wissen, wann mein Herz da sein soll … Es muss feste Bräuche geben.« »Was heißt ›fester Brauch‹?«, sagte der kleine Prinz. »Auch etwas in Vergessenheit Geratenes«, sagte der Fuchs. »Es ist das, was einen Tag vom anderen unterscheidet, eine Stunde von den andern Stunden.« Antoine de Saint-Exupéry

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Auf den folgenden Seiten lernt ihr die Herkunft und Glaubensbedeutung einzelner Feste näher kennen. Ihr könnt euch natürlich auch mit anderen Festen aus dem Jahreskreis eingehender beschäftigen.

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KAPITEL 6

MERKst du was: Das Glaubensbekenntnis* – aufs Jahr verteilt

DAS KIRCHENJAHR

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1. Ein Jahr beginnt am 1. Januar? Da gibt es das Schuljahr, das Lebensjahr, für manche beginnt ihr persönliches Jahr an einem für sie besonders wichtigen Tag. Wie ist das bei dir? Trage für dich wichtige Tage in einen Kalender ein! Das können Tage sein, die dich an etwas erinnern, Familienfeste, allgemeine Festtage usw. 2. »Es muss feste Bräuche geben«, behauptet der Fuchs. Formuliere die Gründe, die er dafür nennt, in eigenen Worten und ergänze sie! Erläutere am Beispiel deines Kalenders (Impuls 1), welche Rolle »feste Bräuche« in deinem Leben spielen! Diskutiert: Sollen sie immer möglichst gleich bleiben oder ist Veränderung wichtig? 3. Auch die Kirche hat einen besonderen Kalender: das Kirchenjahr; es ist auf der gegenüberliegenden Seite als Festkreis gezeichnet. Vergleicht eure Lieblingsfeste miteinander! 4. Der Festkreis erzählt Geschichten. Identifiziere sie anhand der Zeichnungen rechts! 5. Erkläre das Merke! Auf den folgenden Seiten erfährst du Genaueres über einzelne Feste und ihre Bedeutung für den Glauben. Gestaltet mithilfe z. B. von Kopien der Zeichnungen aus dem Festkreis, von Bildern, Bibelstellen und eigenen Gedanken für jedes dieser Feste ein Plakat, auf dem eine Aussage des 2. Glaubensartikels im Mittelpunkt steht! 6. So wie die Mitglieder der Familie unter dem Jahreskreis erlebt jede und jeder Feste anders. Schreibt die einzelnen Feste auf Zettel und legt sie auf Tische! Versetzt euch in verschiedene Personengruppen hinein, z. B. Kinder, alte Menschen, Menschen, die etwas Schönes erlebt haben, Menschen, die trauern ... Stellt euch zu einem Fest, das euch in dieser Rolle besonders wichtig ist, und sprecht darüber, warum ihr dort steht!

• Neben dem mit dem Januar beginnenden Kalenderjahr gibt es z. B. auch das Schul- und das Lebensjahr. Auch die Kirche hat ein Jahr, das sog. Kirchenjahr. Das Kirchenjahr beginnt mit dem ersten Adventssonntag und endet am Samstag nach dem Ewigkeitssonntag. Es ist in drei große Festkreise gegliedert: Weihnachtskreis, Osterkreis und Trinitatiskreis*. Den großen Festen Weihnachten und Ostern geht in der christlichen Tradition jeweils eine Zeit der Besinnung und Buße (Advent und Passionszeit) voraus. • Einige Feste wie z. B. Weihnachten oder der Reformationstag werden immer am gleichen Datum gefeiert. Ostern dagegen hängt vom Mond ab, es wird immer am Sonntag nach dem ersten Vollmond nach Frühlingsanfang (20. März) gefeiert. Von Ostern abhängig, verschieben sich damit auch der Beginn der Passionszeit sowie die Feste Himmelfahrt und Pfingsten. • Den einzelnen Festen und Festzeiten sind bestimmte Farben zugeordnet. Diese Farben sind Weiß, Violett, Grün, Rot und Schwarz. Nach ihnen richtet sich die Farbe der Paramente* an Altar und Kanzel.


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… des Kirchenjahres

PAUSEN

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Wartezeit INFO ADVENT

ADVENTSZEIT GESTALTEN

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1. Warten kann unangenehm, aber auch schön sein. Entwickelt in Gruppen kleine Szenen dazu und spielt sie einander vor! Rollen 2. Gerade in der Adventszeit gibt es viele Bräuche, die das Warten auf Weihnachten zu etwas Schönem machen. Sammelt verschiedene Bräuche und informiert euch über sie im Internet! 3. Lies die Zeilen von Dietrich Bonhoeffer* und unterstreiche auf einer Kopie wichtige Begriffe; markiere, was du schwer verständlich findest! Versuche, mit eigenen Worten zu erklären, warum Warten für Bonhoeffer eine »Kunst« ist! 4. Beschreibe und deute das Plakat oben! Nimm dafür auch die Info und den Text von Dietrich Bonhoeffer* zu Hilfe! 5. Erkennt ihr das Lied links? Ihr findet es im Gesangbuch (EG 1). Singt es (oder hört euch eine Aufnahme an)! 6. Versuche den Text des Liedes (EG 1) zu deuten! Dabei kann es helfen, die sprachlichen Bilder (z. B. Tor, Licht, Herz ...) genau zu betrachten. 7. Stelle Bezüge zwischen dem Lied und der Installation der Jugendlichen auf S. 16 her. Erinnere dich dabei auch daran, was du über den Messias* gelernt hast S. 61! 8. Schmückt euer Klassenzimmer passend zur Adventszeit! Gestaltet werden könnten z. B. ein Adventskranz, Transparentbilder fürs Fenster, ein Adventskalender … 9. Überlegt euch, wie ihr den Stundenanfang im Advent gestalten wollt! Ihr könntet z. B. Adventslieder singen, die ihr im Gesangbuch findet. Ihr könnt auch mit einem Gedicht, einer Geschichte oder einem Gebet, passend zum Advent, beginnen.

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Die wörtliche Bedeutung des Wortes Advent (von lat. adventus) ist »Ankunft«. Gemeint ist damit die Geburt Jesu an Weihnachten und das Kommen Gottes in die Welt. Die Adventszeit mit ihren vier Adventssonntagen vor Weihnachten ist eine Zeit freudiger Erwartung, aber auch der Nachdenklichkeit, in der sich die Menschen auf das Weihnachtsfest vorbereiten. Mit der Christnacht, dem Gottesdienst am späten Heiligen Abend, endet die Adventszeit und es wird Weihnachten.

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ADVENT FEIERN HEISST WARTEN KÖNNEN

Warten ist eine Kunst, die unsere ungeduldige Zeit vergessen hat. Sie will die reife Frucht brechen, wenn sie kaum den Sprößling setzte; aber die gierigen Augen werden nur allzuoft betrogen, indem die scheinbar so köstliche Frucht von innen noch grün ist, und respektlose Hände werfen undankbar beiseite, was ihnen so Enttäuschung brachte. Wer nicht die herbe Seligkeit des Wartens, das heißt des Entbehrens in Hoffnung, kennt, der wird nie den ganzen Segen der Erfüllung erfahren. Auf die größten, tiefsten, zartesten Dinge in der Welt müssen wir warten, da geht‘s nicht im Sturm, sondern nach den göttlichen Gesetzen des Keimens und Wachsens und Werdens. Dietrich Bonhoeffer* 128

KAPITEL 6


Weihnachtszeit INFO WEIHNACHTEN FEIERN

FEST DES GLAUBENS

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• Seit dem 4. Jahrhundert feiert die Christenheit den 25. Dezember als Geburtsfest Jesu. An diesem Tag wurde im Römischen Reich der Geburtstag des unbesiegbaren Sonnengottes begangen. Die Christen setzten diesem heidnischen Gott nun das wahre »Licht der Welt« (Joh 8,12), die »Sonne der Gerechtigkeit« (Mal 3,20) entgegen. Gleichzeitig liegt der Termin nahe an der Wintersonnwende, mit der die Tage wieder länger werden und die Dunkelheit zurückgedrängt wird. Für Christinnen und Christen symbolisiert die Geburt Jesu an diesem Tag, dass Gott mit diesem Kind das Leben neu entstehen lässt und ein Licht im Dunkeln entzündet. • Auch im Glaubensbekenntnis* ist Weihnachten zu finden: Eine Stelle bereitet allerdings vielen Menschen Probleme. Schon in Jes 7,14 heißt es: »Siehe, eine Jungfrau ist schwanger und wird einen Sohn gebären …«. Das hebräische Wort bezeichnet einfach eine sehr junge Frau. Wenn Christen bekennen, Jesus sei »empfangen vom Heiligen Geist« und »geboren von der Jungfrau Maria*«, so drücken sie damit aus, welch unbegreifliches Geheimnis es ist, dass Gott Mensch wurde.

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1. Feste verändern sich. Vergleiche die verschiedenen Weihnachtsfeste auf den Bildern! 2. In jeder Familie treffen an Weihnachten unterschiedliche Traditionen und Erwartungen, wie man Weihnachten feiert, zusammen. Sie betreffen z. B. die Art des Essens, den Ablauf des Tages, die Frage, wer wann wie den Weihnachtsbaum schmückt. Versuche herauszufinden, woher die einzelnen Weihnachtsfesttraditionen in deiner Familie stammen! Überlege auch, an welchen du später festhalten möchtest! 3. Wenn ihr Zeit habt, führt Interviews durch zum Thema »So feiere ich Weihnachten«, z. B. mit Freundinnen oder Freunden, aber auch mit Flüchtlingen*, Menschen, die anderen Religionen angehören etc. Ihr könnt auch ältere Menschen befragen, wie sie Weihnachten früher gefeiert haben. 4. Wichtige Symbole an Weihnachten sind der Stern und die Krippe. Erkläre, auch mit Hilfe der Info, was sie verdeutlichen!

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MERKe: Ohne Weihnachten kein Ostern. Ohne Ostern kein Weihnachten.

Im 19. Jahrhundert wurde der geschmückte Weihnachtsbaum immer populärer; so wurde er allmählich zu einem unverzichtbaren Bestandteil des Weihnachtsfestes.

Im Ersten Weltkrieg kam es Weihnachten 1914 zu einem Waffenstillstand. Die Deutschen sangen »Stille Nacht, heilige Nacht« und hoben an die Front geschickte MiniaturTannenbäume mit brennenden Kerzen auf die Befestigungen der Schützengräben. Als die Briten applaudierten riefen die Deutschen: »We not shoot, you not shoot«.

In den Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg wurde Weihnachten in vielen Familien bescheiden gefeiert. Dazu gehörte oft ein kleines Nadelbäumchen, dessen Astabstände mit Lametta kaschiert wurden. Beim Abschmücken des Baumes wurde das Lametta fürs nächste Jahr sorgfältig weggepackt.

PAUSEN

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Um die neunte Stunde INFO PASSIONSZEIT

Schwarz sehen

Heute ist ein schwarzer Tag. Schwarz ist die Abwesenheit von Licht.

TAG DER TRAUER

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1. Wenn es dunkel ist, sieht man keine Farben mehr. Macht eine Blitzlichtrunde, in der jede und jeder von euch sagt, was ihm bzw. ihr zur »Farbe« Schwarz einfällt! 2. Eigentlich feiert man lieber fröhliche Feste. Überlege, warum es einen solchen »schwarzen Tag« im Kirchenjahr gibt, und formuliere dazu einen Text! 3. Nenne andere Feier- oder Gedenktage mit traurigem Inhalt! 4. An Karfreitag sind in Bayern öffentliche Tanzveranstaltungen verboten – eine Regelung, die immer wieder für Diskussionen sorgt. Nimm in einem Leserbrief (oder Forumsbeitrag) dazu Stellung! 5. Stell dir vor, du könntest alle unangenehmen Erinnerungen oder »schwarzen« Tage in deinem Leben löschen. Schreibe Gedanken dazu für dein Schließfach! 6. In der Karwoche finden in den Gemeinden Passionsandachten und Passionskonzerte statt. Informiere dich über die Veranstaltungen in deiner Kirchengemeinde! Vielleicht gibt es auch spezielle Angebote für Jugendliche?

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In ein schwarzes Loch fallen

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• Mit dem Aschermittwoch beginnt die 40-tägige Fasten- oder Passionszeit. 40 Tage dauert sie, weil nach den biblischen Geschichten Jesus selbst 40 Tage in der Wüste gefastet hat. Außerdem spielt die Zahl 40 noch an anderen Stellen der Bibel eine wichtige Rolle und hat somit symbolischen Charakter, z. B. zieht das Volk Israel 40 Jahre lang durch die Wüste, vgl. [5]. 40 Tage nach der Auferstehung feiert die Kirche Christi Himmelfahrt ( S. 132). • Immer mehr Menschen nehmen sich während dieser sieben Wochen vor Ostern Zeit für Ruhe, Besinnung und Gebet, um über ihr Leben nachzudenken und sich selbst und Gott näher zu kommen. Der freiwillige Verzicht auf liebgewordene Gewohnheiten wie gut essen, rauchen, Alkohol trinken oder Fernsehen schauen kann dabei helfen, aufmerksamer zu werden für das, was der Mensch wirklich braucht, für die Not anderer und für den Umgang mit der Schöpfung. • Die Karwoche (ahd. kara: Trauer, Klage) beginnt mit dem Palmsonntag, der an den Einzug Jesu in Jerusalem* erinnert ( S. 86). • Am Gründonnerstag (ahd. grunen: Greinen, Weinen) gedenkt man in Abendmahlsgottesdiensten des letzten Mahls Jesu mit seinen Jüngern* am Vorabend des Pessachfestes*. • Der Karfreitag ist der Tag der Kreuzigung. Er wird in Stille und Besinnlichkeit begangen; in den Kirchen stehen keine Blumen und Kerzen auf dem Altar, die Glocken schweigen ( S. 84 f.; 90 f.). Die liturgische* Farbe für Karfreitag ist Schwarz. • Der Karfreitag galt und gilt insbesondere evangelischen Christinnen und Christen als sehr hoher Feiertag. Sie denken an diesem Tag daran, dass Jesus Christus* durch seinen Tod die Menschen von Sünde und Schuld erlöst hat. In der katholischen und orthodoxen* Kirche wird traditionell die Auferstehung, der Sieg über den Tod, stärker hervorgehoben. Jedoch besteht in allen christlichen Konfessionen weitgehend Einigkeit darüber, dass Tod und Auferstehung Christi zusammengehören.

MERKe: Schwarz und Weiß sind keine Farben!

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KAPITEL 6


Nach drei Tagen

Christus* ist auferstanden! Er ist wahrhaftig auferstanden! Gruß am Ostersonntag

TAG DER FREUDE

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INFO OSTERN

deutlicht! 4. Weiß ist die liturgische* Farbe für Ostern. Doch Farben haben keine Bedeutung an sich. Tauscht euch darüber aus, was ihr mit der Farbe Weiß verbindet! 5. Finde heraus, wie Ostern auf Spanisch, Französisch und Italienisch heißt und erkläre die Herkunft der Worte! 6. Die Farbe Weiß hat auch in der Bibel eine symbolische Bedeutung. Formuliere, was die Farbe Weiß in Jes 1,18 b und Mt 28,2 f. deutlich machen soll!

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An Ostern sind die Paramente* an Altar und Kanzel weiß. (Das hier abgebildete Parament stammt von Angela Garner).

Ostern 1. Sammle ist das Bräuche Ursrpungsfest und Symbole der rund Christenheit. um das OsDer terfest, Internet heraus,vom was althochdeutsie bedeuName leitetfinde sichimwahrscheinlich ten, und sortiere ob man eine christlischen Wort ostarumsie ab,danach, das »Morgenröte« bedeutet. che Wurzel bei ihnen kann oder nicht!Jesu Christen erinnern darinerkennen an die Auferstehung 2. Als von gemeinsames S. 92könnt f.). ihr eine sogeChristi den Toten (Projekt Osterkrippe bauen. großen PlatDas nannte christliche Osterfest undAuf daseiner jüdische Pessachte wirdzeitlich z. B. mitnah Moos, Sand, Steinen eine wird Land-am fest liegen beieinander. Pessach* schaft mit Frühlingsvollmondes, dem Hügel Golgatha das gestaltet. Mit in Tag des ersten Osterfest Figuren z. B.Kirchen aus Tonam werden dernach Passiden westlichen erstenSzenen Sonntag dem ons-Frühlingsvollmond und Ostergeschichte gefeiert. dargestellt. ersten In vielen Ge3. Suchefifür dasinPlakat zu Ostern ( von S. 126, 5. Immeinden ndet der Osternacht Karsamstag Sätze aus ein demGottesdienst 2. Glaubensartikel auf puls) Ostersonntag statt.heraus, Hierbei diedas mitLicht Passion Ostern zu tun haben, und gespielt eineund große Rolle. Kerzen erhellen das stalte daraus Schwarz-Weiß-Bild, den ZuDunkel, mit dem ein Aufgang der Sonne unddas dem Läuten sammenhang zwischen Passion und Ostern verder Glocken beginnt das Osterfest.

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• Ostern ist das Ursrpungsfest der Christenheit. Der Name leitet sich wahrscheinlich vom althochdeutschen Wort ostarum ab, das »Morgenröte« bedeutet. Christen erinnern darin an die Auferstehung Jesu Christi von den Toten ( S. 92 f.). • Das christliche Osterfest und das jüdische Pessachfest liegen zeitlich nah beieinander. Pessach* wird am Tag des ersten Frühlingsvollmondes, das Osterfest in den westlichen Kirchen am ersten Sonntag nach dem ersten Frühlingsvollmond gefeiert. In vielen Gemeinden findet in der Osternacht von Karsamstag auf Ostersonntag ein Gottesdienst statt. Hierbei spielt das Licht eine große Rolle. Kerzen erhellen das Dunkel, mit dem Aufgang der Sonne und dem Läuten der Glocken beginnt das Osterfest.

Wenn eure Sünde auch blutrot ist, soll sie doch schneeweiß werden, und wenn sie rot ist wie Purpur, soll sie doch wie Wolle werden. Jes 1,18 b

Und siehe, es geschah ein großes Erdbeben. Denn ein Engel des Herrn kam vom Himmel herab, trat hinzu und wälzte den Stein weg und setzte sich darauf. Seine Erscheinung war wie der Blitz und sein Gewand weiß wie der Schnee. Mt 28,2 f. PAUSEN

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Nach vierzig Tagen INFO

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»Himmelfahrt« – Altarbild von Bad Wildungen von Conrad von Soest (1370–1422)

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• 40 Tage nach Ostern wird Christi Himmelfahrt gefeiert – immer an einem Donnerstag. • Unter Himmelfahrt stellten sich Menschen oft ein direktes Auffahren Jesu in den über uns befindlichen Himmel vor. Entsprechend finden sich auf vielen Bildern zur Himmelfahrt nur noch die Beine des Auffahrenden, die aus dem blauen Firmament herausragen. Eine solche Ansicht beruht auf der Vorstellung, dass die Welt »dreistöckig« in Himmel, Erde und Hölle eingeteilt ist, wie es im antiken Weltbild der Fall war. Heute teilen wir dieses Weltbild nicht mehr, dennoch bleibt der »Himmel« ein wichtiges religiöses Symbol. • Um es zu verstehen, hilft ein Blick in die englische Sprache: Dort gibt es zur besseren Unterscheidung für Himmel zwei Begriffe – »heaven« und »sky«. Letzteres meint einen Teil der Erdatmosphäre, während mit »heaven« Gottes Reich gemeint ist. • Die Geschichte von der Himmelfahrt macht also deutlich, dass Jesus zu Gott, seinem Vater, zurückkehrt – nachdem er nach der Auferstehung noch 40 Tage lang seinen Jüngern* und Jüngerinnen erschienen ist – und gemeinsam mit ihm die Welt regiert. Deshalb wird dieses Ereignis auch die Erhöhung Christi genannt. Sie ist somit auch eine Art »Gegengeschichte« zur Weihnachtserzählung. • In Deutschland wird in neuerer Zeit an Christi Himmelfahrt der Vatertag gefeiert. An diesem Tag gibt es Bräuche wie die sogenannte Herrenpartie (eine Kutschfahrt oder Wanderung in die Natur mit Konsum von Alkohol) oder Tagesausflüge mit der ganzen Familie.

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CHRISTI HIMMELFAHRT

ABSCHIED

1. »Heaven« oder »sky«? Arbeite diese Unterscheidung aus Bild (oben) heraus! 2. Das Glaubensbekenntnis* spricht auch davon, wie es nach der Himmelfahrt weitergeht. Deute die betreffenden Sätze; ziehe dazu Gedanken aus Kapitel 4 heran! 3. Lest das Lutherzitat und diskutiert: Himmelfahrt – ein trauriger oder ein fröhlicher Tag? 4. Auf der Homepage der Evangelischen Kirche Deutschlands (EKD) werden Feste in einfacher Sprache erklärt. Schreibe einen entsprechenden Beitrag zu Himmelfahrt!

Wenn Christus* auf Erden und sichtbar vor den Leuten geblieben wäre, dann hätt er nicht soviel schaffen können. Denn es hätten nicht alle Leute bei ihm sein und ihm gehören können. Darum hüte dich zu denken, er sei nun weit fort von uns! Im Gegenteil, als er auf Erden war, war er uns zu fern, jetzt ist er uns nah. Aber die Vernunft kann das nicht fassen, wie das zugeht. MARTIN LUTHER*

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KAPITEL 6


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Nach fünfzig Tagen

BEGEISTERT

PFINGSTEN

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Installation des Künstlers Michael Pendry zu Pfingsten in der Münchner Heilig-Geist-Kirche mit 2000 Papiertauben

1. Deute die Installation oben mithilfe der Info und erinnere dich dabei daran, was du in der 5. Klasse über die Taube gelernt hast! 2. Merkwürdig: Von allen großen christlichen Festen ist Pfingsten am wenigsten bekannt. Es gibt weder Geschenke noch allgemein bekannte Bräuche. Sucht nach möglichen Gründen und entwickelt gemeinsam Ideen, wie man das Pfingstfest angemessen feiern könnte! Wenn ihr Zeit habt, könnt ihr Einladungskarten gestalten. 3. »Unser Leben sei ein Fest« – Deute das Lied; beziehe dabei auch Gedanken aus Kapitel 1 (»Mittendrin«) ein! Begründe, warum dieses Lied gut zu Pfingsten passt! Vielleicht möchtet ihr es singen. Musik

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Pfingsten (griech. pentekoste: »der Fünfzigste«), wird 50 Tage nach Ostern gefeiert. Mit dem Pfingstmontag endet die Osterzeit. Es geht zurück auf das 50 Tage nach dem Pessachfest stattfindende jüdische Wochenfest Schawuot*, das an den Moment erinnert, als Israel am Berg Sinai* die Tora* empfing. Ursprünglich handelt es sich dabei um ein Erntefest, an dem für die ersten Früchte der neuen Ernte, besonders den Weizen, gedankt wird. Nach der biblischen Geschichte in Apg 2 hatten sich die Jünger* an diesem Tag in Jerusalem* versammelt, als ein Brausen das Haus erfüllte und Zungen wie von Feuer sich auf die Jünger niederließen. Für die ersten Christen war klar, dass die Jünger dadurch den Heiligen Geist empfingen, der sie in die Lage versetzte, zu Menschen zu sprechen, deren Sprache sie ursprünglich nicht beherrschten. Petrus* hielt seine erste öffentliche Predigt und viele Zuhörer waren so beeindruckt von dem, was er ihnen über Jesus erzählte, dass sie sich taufen ließen. Deshalb feiern Christinnen und Christen an Pfingsten den Beginn der Ausbreitung der christlichen Botschaft und den Geburtstag der Kirche.

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Musik: Peter Janssens, Text: Metternich Team/Kurt Rose, Rechte: Peter Janssens Musik Verlag, Telgte-Westfalen

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Herbst INFO

August Strindberg, Herbst

SEGEN IM HERBST

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Früchte reifen und fallen ab, Blätter erstrahlen in gelben und rotgoldenen Farben, der Wind zieht übers Land. Wir nehmen Abschied von den Freuden des Sommers, dem Schwimmen und Reisen, dem Wandern und Feiern, den Gesprächen über den Gartenzaun. Ruhe und Einsamkeit schenken uns Zeit. Wir sammeln innere Kräfte. Segen spricht zu uns aus der Fülle des Sommers, aus der Kargheit des Herbstes, aus der Stille des Winters. Wir nehmen die Zeiten an, wir gehen dem Frühling entgegen und hoffen auf den Segen der Blüten.

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• Am Ende des Kirchenjahrs, innerhalb der Trinitatiszeit*, liegen einige Feste, die wichtige Grunderfahrungen des Menschen ansprechen: • Am ersten Sonntag im Oktober wird zum Erntedankfest der Altar in der Kirche mit Feldfrüchten geschmückt. Christinnen und Christen aller Konfessionen danken Gott für alles, das er ihnen zum Leben gegeben hat. Verbunden damit sind Gebete und Aktionen für die Notleidenden in der Welt. • Das (evangelische) Reformationsfest erinnert an die Veröffentlichung der 95 Thesen durch Martin Luther* am 31.10.1517. Darin kritisierte er Missstände in der damaligen Kirche. Er rückte das Evangelium* von Jesus Christus und das Vertrauen auf Gottes bedingungslose Liebe wieder ins Zentrum des Glaubens. Dies bedeutete den Beginn der Reformation, die schließlich zum Entstehen der evangelischen Kirche führte. • Ebenfalls ein evangelischer Feiertag ist der Bußund Bettag im November. Er dient der kritischen Besinnung auf das eigene Leben: Wer will ich sein? Was möchte ich ändern? • Am letzten Sonntag des Kirchenjahrs, dem Ewigkeitssonntag (auch: Totensonntag), gedenkt man in der evangelischen Kirche der Verstorbenen und gibt der Hoffnung auf Auferstehung und ewiges Leben Ausdruck. • In der katholischen Kirche wird an Allerheiligen und Allerseelen (1. und 2. November) der Heiligen und der Verstorbenen gedacht. Zahllose Lichter erleuchten in dieser dunklen Zeit die Gräber.

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DIE SPÄTE ZEIT DES KIRCHENJAHRES

DER HERBST UND SEINE FESTE 1. Notiere Gedanken und Gefühle zum Thema Herbst; entwirf ein Bild, das für dich »typisch« für den Herbst ist! 2. Vergleiche deine Gedanken und dein Bild mit dem Bild von A. Strindberg und dem Herbstsegen! 3. Suche die in der Info genannten Feste im Jahres-

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KAPITEL 6

Hanna Strack

festkreis und deute die zugehörigen Zeichnungen S. 127! Tauscht euch über Erfahrungen mit diesen Festen aus! 4. »Diese Feste passen zur Jahreszeit.« – »Sie passen zu Jesus und dem Glaubensbekenntnis.« – »Sie spiegeln menschliche Gefühle wider.« – Prüfe, inwieweit diese Aussagen zutreffen!


– Zeit für Besinnung

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1. Hier siehst du Plakate zu kirchlichen Festen in der Trinitatiszeit. Arbeite heraus, was den Plakatgestaltern bzw. -gestalterinnen an dem jeweiligen Fest wichtig ist, und beziehe die Ergebnisse auf die Info auf S. 134! 2. Entwickelt in Gruppen eigene Ideen für Plakate zu diesen Festen! Gruppen 3. Ihr könnt mit der katholischen Lerngruppe zusammenarbeiten und euch z. B. im Umkreis der »Herbstferien« eure jeweiligen Feste gegenseitig vorstellen, ggf. auch eine gemeinsame Andacht vorbereiten!

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EINGELADEN!

»Es ist genug für alle da!«

Gottesdiensteinladung der Gemeinde Nellingen

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Thementage um Erntedank, 06.10. 2013

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Plakat einer Erntedank-Kampagne der Evangelischen Kirche Westfalen

Schaukastenaushang der Gemeinde Niendorf zum Reformationsfest

Einladung der Evangelischen Jugend Hamburg zum Buß- und Bettag

PAUSEN

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Raum für Religion RELIGIONSSTUNDE IN DER 6 A B C:

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Nachdem Herr Fröhlich die Religionsgruppe begrüßt hat, fängt er heute nicht sofort mit dem Unterrichtsthema an: »Vielleicht haben einige von euch mitbekommen, dass an unserer Schule der alte Kartenraum aufgelöst wurde. Es ist Raum 1.41 – manche von euch kennen ihn sicher. Natürlich gibt es viele Ideen, was man mit so einem leeren Raum machen könnte. Das wurde gestern auf der Schulforumssitzung besprochen, ich war auch dabei. Stellt euch vor, nach langer Diskussion wurde mehrheitlich beschlossen, dass der alte Kartenraum zu einem ›Raum für Religion‹ werden soll! Die Schulleiterin meinte, dass ein solcher Raum dem Schulklima gut tun würde. Der Elternbeiratsvorsitzende fand es gut, wenn die Schülerinnen und Schüler auch einmal Gelegenheit zu einer Auszeit haben. Wir Religionslehrkräfte sind natürlich sowieso dafür, aber auch die Lehrkräfte vieler anderer Fächer fanden die Idee spannend. Das setzt natürlich voraus, dass der Raum wirklich schön gestaltet und sinnvoll verwendet wird. Und dabei sind wir jetzt auf euch angewiesen, denn es soll ja ein Raum für euch werden. Jede Klasse darf und soll Ideen beisteuern: Wie soll dieser Raum genutzt werden? Für wen soll er offen stehen? Wie soll er eingerichtet, wie dekoriert sein? Habt ihr Lust, hier mitzudenken? Wenn ihr mögt, könnten wir gleich hinübergehen und uns den Raum einmal ansehen.«

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KAPITEL 6


Im Zusammenhang wiedergeben ++ beschreiben ++ wahrnehmen ++ deuten ++ reflektieren ++ urteilen ++ kommunizieren ++ sich ausdrücken

Jemand wendet ein: Der Raum soll nicht nur für christliche Schüler und Schülerinnen da sein! Pause machen und feiern ist doch für alle wichtig! Nimm dazu Stellung und beziehe dabei Gedanken aus diesem Kapitel mit ein!

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Der Raum ist nun fertig und ihr wollt ihn für eure Religionsgruppe mit einer Andacht einweihen, die ihr gemeinsam plant. Überlege, was für Schülerinnen und Schüler wichtig sein könnte und wie so eine Andacht in der Schule deshalb gestaltet sein sollte! Andachten folgen keinen starren Regeln, sollten aber einen sinnvollen Aufbau haben. Möglich ist z. B. nach einer Begrüßung ein Lied zu singen. Dann folgt ein inhaltlicher Impuls evtl. auch mit einer Aktion aller, Gebet / Vaterunser, Segen und Verabschiedung. Es können natürlich auch weitere Lieder gesungen werden. Erstelle einen Ablaufplan für diese kurze Andacht!

Was hast du dazugelernt, was kannst du jetzt besser als vorher (vgl. die Vorschau auf S. 117)? Was hat dir Freude gemacht, was weniger? Was war besonders wichtig? Was sollte man sich merken? Worüber möchtest du noch einmal nachdenken?

Überlegt euch in Gruppen, wie ihr den Raum z. B. durch Zwischenwände oder Holzeinbauten verändern wollt, in welcher Farbe er gestrichen werden soll, wie die Fenster gestaltet werden sollen, welche anderen Lichtquellen es gibt und wie diese wirken sollen, welche Sitzmöglichkeiten es geben soll, ob ein Tisch nötig ist, auf was sich der Blick der Anwesenden richten soll etc. Fertigt Skizzen an! Berücksichtigt bei euren Entwürfen auch die Ausgestaltung mit christlichen Symbolen! Je nachdem, ob ihr euch für einen Raum für alle Religionen oder einen christlich geprägten Raum entschieden habt, können diese auch dauerhaft im Raum angebracht werden – oder müssen leicht zu transportieren sein. Deutet die Entwürfe der anderen Gruppen und stellt dar, was euch bei eurem wichtig war!

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Schreibe eine Liste: Wofür soll der neue Raum für Religion genutzt werden dürfen, wofür nicht! Und wer darf ihn nutzen, wer nicht? Denke dabei daran, dass ganz unterschiedliche Fächer ein Interesse daran haben könnten, etwas in ihm zu machen! Lass dich dabei von der Ideensammlung links anregen!

Der Raum soll auch einen Namen bekommen. Jemand schlägt vor ihn »Mittendrin« zu nennen. Nimm dazu Stellung!

Macht einen Plan, wann ihr mit eurer Religionsgruppe im Laufe des Schuljahres in diesen Raum gehen und was ihr darin machen wollt! Bezieht dabei auch das mit ein, was ihr zum Kirchenjahr gelernt habt!

Ihr wollt den Raum jeweils passend zum Kirchenjahr gestalten. Überlege, welche Symbole zu welchem christlichen Fest passen, und wie der Raum jeweils geschmückt werden könnte!

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Alles im Zusammenhang

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Nun ist auch dein sechstes Schuljahr zu Ende und bald sind endlich Ferien! Eine gute Gelegenheit, zurückzublicken. Hast du bei jedem Kapitel die Rucksäcke ausgefüllt? Dann sieh dir doch noch einmal alle fünf gemeinsam an. An manches erinnerst du dich sicher besonders gut, bei manchem musst du nachschlagen. Gab es für dich ein Lieblingsthema? Einige der offenen Fragen haben sich sicher geklärt, andere sind womöglich noch fraglicher für dich geworden. Und alles hängt miteinander zusammen! Unten siehst du noch einmal die fünf »Titelbilder« der Kapitel (du kennst sie aus der jeweiligen Vorschau und aus wichtigen Stellen in den Kapiteln). Versuche auszudrücken, wie die einzelnen Themen miteinander zusammenhängen. Du kannst dazu Sätze formulieren oder auch ein Bild malen. Vielleicht gelingt es dir auch, Verbindungen zu Lernbereichen aus der 5. Jahrgangsstufe zu ziehen.

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ALLES IM ZUSAMMENHANG


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METHODEN


Bildbetrachtung: Fotos In manchen Kulturen darf man keine Fotos von Menschen machen! Und wenn es von Jesus ein Foto gäbe? Mit Oma schauen wir stundenlang Urlaubsfotos an.

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Fotos werden häufig hauptsächlich aufgenommen, um sich später an eine bestimmte Situation wie einen Urlaub oder eine Feier erinnern zu können – oder, wie bei Selfies ( S. 20 ff.), um anderen Menschen über digitale Medien mitzuteilen, was man gerade macht oder wie es einem geht. Meist ist auch bei solcher Alltagsfotografie nicht zufällig, was auf den Bildern zu sehen ist, aber insbesondere bei Fotos mit Kunstanspruch und professionellen Fotografien (z. B. Werbe- oder Naturfotografie und Bildjournalismus) zeigt sich, dass es sich um absichtsvoll gestaltete Werke handelt. Deshalb gilt das meiste, was du über die Betrachtung von Bildern weißt, auch für das Betrachten von kunstvollen und professionell erstellten Fotos (z. B. die Abfolge: Bildbetrachtung, -beschreibung, -deutung). Dennoch gibt es bei Fotos einige Besonderheiten: Die Menschen, die Örtlichkeit oder die Gegenstände, die auf dem Foto zu sehen sind, gibt es (normalerweise) auch »in echt«. Doch kein Foto bildet Wirklichkeit einfach ab. Wenn du dich mit fotografischen Mitteln und Bildbearbeitung ein wenig auskennst, merkst du, wie jedes Foto eine bestimmte Sicht der Wirklichkeit erzeugt und eine bestimmte Wirkung erzielen will.

ve) und die Schrägsicht. Überlege immer, was die Wahl der Kameraposition und die Wahl der Perspektive für die Deutung des Fotos austragen. Häufig ist das Licht ein wesentliches Gestaltungselement; auch Spiegelungen werden gern bewusst eingesetzt. Besonders interessant ist häufig die Lichtrichtung (z. B. Frontal-, Seiten-, Gegenlicht), die Lichtfarbe (z. B. Tages-, Kunstlicht), die Lichtquelle (z. B. Scheinwerfer oder Fotoleuchte, Blitzlicht) und das Spiel mit Licht und Schatten. Achte darauf, ob ein Foto bewegt oder »starr« (scharf) wirkt. Dafür ist vor allem die Länge der Belichtungszeit (Verschlusszeit der Kamera) entscheidend: Wirken auf einem Foto nur einzelne Elemente unscharf, spricht man von Bewegungsunschärfe. Fotos können sehr leicht technisch bearbeitet und damit auch manipuliert werden, indem man z. B. Objekte verändert oder hinzufügt. Die Farben sind übrigens besonders leicht zu verändern und können für die Gesamtstimmung eine wichtige Rolle spielen. Eine solche Manipulation ist vor allem dann problematisch, wenn das Bild etwas beweisen soll (z. B. in Zeitungen, Nachrichtensendungen oder auch in Sozialen Netzwerken). Aber nicht nur beim und nach dem Fotografieren zeigt sich, dass Fotos »Wirklichkeit« nicht einfach widerspiegeln: Nicht selten wird die Situation, in der fotografiert wird, erst geschaffen (z. B. gestellte Fotos). Um Fotos richtig deuten zu können, ist es wichtig, immer auch der Frage nachzugehen, was Anlass der ursprünglichen Aufnahme war und mit welcher Absicht sie weiterverwendet wurde (z. B. in einer Werbeanzeige, in einem Buch, auf einer Seite eines Sozialen Netzwerks*). Vielleicht habt ihr Lust, euch die Fotos in dem Kapitel »Nicht allein« einmal unter diesen Fragestellungen anzuschauen. Woran man normalerweise gar nicht denkt, ist, dass auch Kunstbilder oder Skulpturen fotografiert werden müssen, um sie in Büchern abzudrucken. Dadurch erscheint das Abgebildete in einer ganz bestimmten Weise (z. B. Änderung von Größe, Wahl von Ausschnitt und Perspektive).

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Auf Fotos bin ich mir fremd.

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Achte darauf, von welcher Position aus und unter welcher Perspektive die Welt in den Blick genommen wird. Mit Position ist das Verhältnis von Kamera zu den Bildobjekten gemeint: Wo steht die Kamera im Vergleich zu den Bildobjekten? Ist sie nahe dran oder weiter weg? Was ist zu sehen, was nicht? Die Perspektive ist der Betrachtungswinkel zu den Objekten: Es gibt die Normalsicht (auf Höhe des Objekts), die Untersicht (auch Froschperspektive), die Aufsicht (auch Vogelperspekti140

METHODEN


Bildbetrachtung: Karikaturen

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Muss ich das jetzt lustig finden?

Schutz von Personen abwägen (z. B. dass man niemanden persönlich beleidigen darf, dass die Jugend vor schädlichen Einflüssen geschützt werden soll, dass jeder seine Religion auch in der Öffentlichkeit ausüben darf).

Witze erklären – das geht doch eigentlich gar nicht!

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Bei Religion hört bei manchen der Spaß auf. Früher habe ich über ganz andere Witze gelacht als heute.

Für die Arbeit mit Cartoons und Karikaturen hat sich folgendes Vorgehen bewährt:

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1. Beschreibung: Hier gelten ähnliche Regeln wie bei der Bildbeschreibung – zunächst solltest du ganz genau wiedergeben, was du siehst; möglichst noch ohne Deutung. 2. Deutung: Überlege dann, welche Elemente der Karikatur eine zeichen- bzw. symbolhafte Bedeutung haben oder auf bekannte Werke, Personen oder Sachverhalte anspielen, und was damit zum Ausdruck gebracht werden soll. Meist ist es auch lohnend, genauer danach zu fragen, auf welche Weise der ‚Witz‘ der Karikatur hergestellt wird. So kommt etwa die lustige Wirkung des Cartoons auf S. 73 u. a. durch ein Herauslösen von Jesus aus seinem historischen Zusammenhang und durch das Spiel mit Bildzeichen (Thementasse, LaptopSymbol) zustande. Außerdem widerspricht die Darstellung eines ärgerlichen Jesus verbreiteten Vorstellungen von Jesus. Die Karikatur auf S. 108 lebt vor allem von einem Spiel mit Vorurteilen: Überlege, welches Vorurteil hier besonders kritisiert werden soll! Auch die Karikatur auf S. 112 verletzt Erwartungen, um Vorurteile deutlich zu machen: Hier lohnt es sich, darauf zu achten, welchen gängigen Klischees von »Behinderten« der blinde Mann nicht entspricht – aber auch, inwiefern sich hier Graffitis anders darstellen als gewohnt.

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Die Grenzen zwischen Cartoons und Karikaturen sind fließend. Als Cartoons gelten in der Regel Zeichnungen bzw. Grafiken, die in einem Bild eine komische Geschichte erzählen – häufig mit einer Pointe. Sie können z. B. allgemeinmenschliche oder gesellschaftliche Eigenschaften und Schwächen aufs Korn nehmen; nicht selten steht der Unterhaltungswert im Vordergrund. Unter Karikaturen im engeren Sinn versteht man häufig eine journalistische Gattung, die das politische Tages- und Zeitgeschehen kritisch kommentiert. Karikaturen wollen zum Nachdenken anregen. Dazu provozieren sie oft ihre Betrachter und verletzen gelegentlich auch Tabus, d. h. sie verstoßen gegen gesellschaftlich allgemein anerkannte Regeln. Stilmittel von Karikaturen sind insbesondere die Verdichtung, die Über- oder auch Untertreibung, Ironie (Widerspruch zwischen dem, was gesagt, und dem, was gemeint wird), Komik, Parodie (komische Nachahmung z. B. eines bekannten Werkes oder einer bekannten Person) und Witz. Häufig spielen Karikaturen mit bestimmten Klischees und Erwartungen und irritieren damit das Publikum. Da Religion in besonderer Weise an das Innere von Personen rührt, kommt es bezüglich von Cartoons und Karikaturen, die sich auf dieses Thema beziehen, immer wieder zu Auseinandersetzungen. Meist ist das Ziel von Karikaturen über religiöse Inhalte aber nicht, sich über Religion lustig zu machen oder die Gefühle religiöser Menschen zu verletzen, sondern Missstände in diesem Bereich aufzuzeigen und zu kritisieren, indem sie Probleme zuspitzen. Selbstverständlich gibt es aber auch Beispiele dafür, dass Gläubige herabgesetzt und verunglimpft werden sollen. Im Konfliktfall muss man immer die im Grundgesetz garantierte Pressefreiheit gegen andere Gesetze zum

3. Stellungnahme: Abschließend solltest du dir überlegen, ob du der Meinung bzw. der Kritik, die in der Karikatur zum Ausdruck kommt, zustimmst. Begründe deine Zustimmung oder deine Ablehnung!

METHODEN

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Friedlich mit Konflikten umgehen

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Streit gehört dazu!

ICH-BOTSCHAFTEN

Bei manchen Konflikten – wie z. B. bei Formen von Mobbing ( vgl. S. 37) – wird davon abgeraten, diese selbst lösen zu wollen. Man sollte sich hierfür an einen Erwachsenen wenden, so dass man gemeinsam weitere Schritte überlegen kann. Bei einem »normaleren« Streit gibt es aber durchaus Möglichkeiten, selbst sinnvoll damit umzugehen, so dass es z. B. nicht zu Gewalt kommt, sondern vielleicht sogar zu einer Klärung, mit der alle Beteiligten gut leben können. – Freilich hört sich manches in der Theorie einfacher an, als es dann tatsächlich ist.

Nimm erst einmal Abstand (durchatmen, vielleicht eine Nacht darüber schlafen)! Überlege, was echte Streitpunkte und was vielleicht nur Missverständnisse sind! Vermeide Worte und Aussagen, die die Situation verschlimmern können! • Dazu gehören Ausschließlichkeitsworte, wie z. B. »immer«, »niemals«, »jedes Mal«. Versuche lieber eine konkrete Situation zu nennen, wo dich etwas z. B. geärgert hat! • Mache keine negativen Aussagen zur Person des anderen (»Du bist einfach blöd!«), sondern zu bestimmten Handlungen (»Das fand ich fies!«). • Drohe nicht, weil das nur zu Gegendrohungen führt! (Außerdem: Kannst und willst du die Drohung wahr machen?) • Sei möglichst nicht schlagfertig, weil dies die andere Seite oft als Demütigung erlebt!

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Zunächst sollte man zwei typische Sichtweisen kennen, die Streit normalerweise verschärfen: 1. Oft werden Konflikte unter dem Gesichtspunkt von Siegen oder Verlieren gesehen: Ein »Gewinn« geht dann wie bei einer Balkenwaage automatisch zu Lasten einer anderen Person oder Gruppe. Das hat zur Folge, dass man zu immer »härteren« Mitteln greifen muss, um eine drohende Niederlage abzuwenden: ein (manchmal endloser) Teufelskreis! Dem kann man nur entkommen, wenn man umdenkt und eine Lösung anstrebt, bei der vielleicht beide Parteien etwas gewinnen. 2. Solange man überzeugt ist, die »Wahrheit« zu besitzen und »Recht« zu haben, kann man sich kaum verständigen: Dies würde ja bedeuten, davon, wie es »in Wirklichkeit« ist oder war, abzurücken, sich also auf etwas Unwahres einzulassen. – Möglicherweise stimmt die eigene Einschätzung ja auch. Aber es wäre wichtig, das zu prüfen, indem man versucht, sich wenigstens ein bisschen in die andere Person hineinzuversetzen: Wie würde man die Sache mit ihren Augen sehen? Vielleicht gibt es ja doch mehr als nur den einen Blickwinkel. Im Folgenden findest du einige Hilfestellungen, konstruktiv mit Konflikten umzugehen. Du kannst sie in Diskussionen oder auch in Rollenspielen einüben:

SACHLICH BLEIBEN

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Mit meiner Schwester kann man sich gar nicht zoffen, die heult immer gleich los.

Formuliere deine Aussagen so, dass deutlich wird, dass es deine Sicht der Dinge ist. Also nicht: »Du sollst« oder »Man muss«, »Du hast«, sondern: »Mir wäre es lieber«, »Ich würde mir wünschen«, »Ich sehe das so«, »Mich ärgert das« etc.

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In der Bibel gibt es auch ziemlich viele Konflikte.

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METHODEN

ZIELE, DIE DIE ANDERE SEITE MITBERÜCKSICHTIGEN

Überlege dir, was die optimale Lösung für dich wäre, aber auch welche Lösungen du ebenfalls akzeptieren könntest. Wenn du etwas von anderen erwartest: Was würdest du deinerseits »geben« können? Wenn die optimale Lösung nicht zu erreichen ist, strebe die kleineren Lösungen an! Macht euch gemeinsam auf die Suche! EINE NEUTRALE DRITTE PERSON

Eine Auseinandersetzung kann festgefahren sein oder als sehr schwierig oder ungleichgewichtig erscheinen. Ziehe dann möglichst eine/n Unparteiische/n dazu; am besten natürlich jemanden, der/ die sich damit auskennt, wie z. B. eine/n Streitschlichter/in.


Gruppenarbeit Bei der Gruppenarbeit können wir einander besser kennenlernen!

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Wenn einer immer bestimmen will, funktioniert es nicht. Aber wenn jemand gar nichts macht und nachher die gute Note einstreicht, das ist auch blöd!

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Manchmal ist es chaotisch! Da wird einem was zugetraut!

Gruppenarbeit passt gut zu Religion!

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Viele der Aufgaben in diesem Buch kann man in Gruppen bearbeiten. In der Gruppenarbeit kann man praktisch umsetzen, worum es in diesem Jahr im Religionsunterricht immer wieder geht: sich mit seinen Stärken und Schwächen kennenzulernen und mit anderen gut auszukommen.

es sinnvoll sein, dass jedes Gruppenmitglied zusätzlich zur gestellten Aufgabe eine Funktion übernimmt, die dazu beiträgt, den Arbeitsablauf sinnvoll zu organisieren. Folgende Aufgaben sind möglich: Der/die Zeitwächter/in achtet darauf, dass die Gruppe in der zur Verfügung stehenden Zeit fertig wird, und erstellt dafür evtl. auch einen Zeitplan. Der/die Schreiber/in notiert alle Ergebnisse. Der/die Gruppenleiter/in strukturiert und moderiert die Arbeit in der Gruppe, teilt evtl. Aufgaben zu und achtet darauf, dass alle aktiv und konzentriert an ihren Aufgaben arbeiten. Der/die Präsentator/in bereitet sich darauf vor, die Ergebnisse der Gruppe zu präsentieren. Der/die Lautstärkenwächter/in achtet darauf, dass die Gruppe andere nicht stört. Der/die Materialbeschaffer/in besorgt die benötigten Materialien und räumt sie hinterher wieder auf. Der/die Vermittler/in klärt Fragen mit der Lehrkraft oder anderen Gruppen.

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GRUPPENEINTEILUNG

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Wenn ihr die Gruppe selbst bilden dürft, entscheidet ihr häufig danach, mit wem ihr befreundet seid. Eine Alternative wäre, dass ihr euch überlegt, mit wem ihr gut zusammenarbeiten könnt, wer z. B. die eigenen Stärken und Schwächen sinnvoll ergänzt. Es ist sinnvoll, Gruppen immer wieder auch nach dem Zufallsprinzip zusammenzustellen oder dass eure Lehrkraft die Gruppen nach bestimmten Kriterien (z. B. Jungen und Mädchen gemischt) anordnet. Wenn ihr mit jemandem zusammenarbeiten müsst, den/die ihr euch selbst nicht ausgesucht hättet, lernt ihr andere aus eurer Gruppe besser kennen. Als Erwachsene werdet ihr, z. B. im Beruf, meistens mit Menschen zusammenarbeiten müssen, die ihr euch nicht aussuchen könnt und mit denen ihr trotzdem ein gutes Ergebnis (z. B. ein Produkt) abliefern müsst. Es gibt verschiedene Methoden, Gruppen zufällig zusammenzustellen, z.  B. durch Abzählen, durch Anordnen nach bestimmten Kriterien oder durch Auslosen (z. B. verschiedenfarbige Gummibärchen, Spielkarten o. Ä.). Für eine Zusammenarbeit ideal sind drei bis fünf Gruppenmitglieder. ORGANISATION DER GRUPPENARBEIT

Damit die Zusammenarbeit gut funktioniert, kann

REGELN FÜR DIE GRUPPENARBEIT

Setzt euch so hin, dass ihr euch gut sehen und hören könnt! Schaut euch die Aufgabe genau an! Worum geht es? Was sollt ihr tun? Wie viel Zeit habt ihr? Wo könnte es schwierig werden? Vereinbart miteinander, wie ihr vorgehen wollt! Jede/r soll zu Wort kommen: Wenn eine/r spricht, hören die anderen zu und unterbrechen nicht. Achtet die Meinungen aller Gruppenmitglieder! Arbeitet und diskutiert zielstrebig! Sprecht Probleme, die bei der Arbeit auftreten, offen und sachlich an! Haltet euch wenn möglich an das Vorgehen, das ihr zu Beginn gemeinsam vereinbart habt! Wenn Gruppenmitglieder verschiedene Funktionen haben: Hört darauf, was euch z. B. euer Zeitwächter oder eure Gruppenleiterin sagt! Wenn ihr, egal ob bei Problemen oder in Bezug auf das Thema, alleine nicht weiterkommt, fragt die Lehrkraft! Versucht aber immer zunächst euer Problem selbständig zu lösen! METHODEN

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Musik machen …

Peinlich, wenn sich keiner traut.

Ich mag eher moderne Lieder – aber die alten gehören auch dazu.

Mit Musik kann ich meine Gefühle besser ausdrücken als mit Worten.

Die Musik ist die beste Gottesgabe und dem Satan sehr verhasst. (Martin Luther *)

SINGEN

Im Religionsunterricht gibt es immer wieder Gelegenheit zu singen: am Anfang einer Stunde, zu bestimmten Festzeiten, zu bestimmten Themen des Unterrichts. Im Gesangbuch, aber auch in Jugendliederbüchern findet ihr alte und neue Lieder für alle diese Gelegenheiten.

Beim gemeinsamen Improvisieren ist es eine Kunst, zugleich zu spielen und auf die anderen zu hören, so dass alles gut zusammenpasst. Zur Klangimprovisation eignen sich Orff-Instrumente (Schlagzeug, Rasseln, Klangstäbe, Glockenspiel, Melodieinstrumente u. v. m.). Jede/r wählt zunächst ein Instrument und probiert, was sich damit ausdrücken lässt. Wie klingt zum Beispiel Trauer, wie Freude, wie Angst, wie Erleichterung? Mit welchen Instrumentengruppen könnte man diskutieren oder streiten? Ihr könnt zum Beispiel versuchen, die Geschichte auf S. 75 musikalisch zu gestalten. • Gliedert zunächst die Geschichte in Sinnabschnitte. Ordnet diesen Sinnabschnitten passende Instrumente zu. • Versucht, mit den Instrumenten hörbar zu machen, wie sich die Gefühle der Jünger verändern! Oder untermalt das Bild auf S. 88 mit Klängen! Schön klingt es auch, wenn man mit einem Melodieinstrument ein Lied über einem Klangteppich spielt ( S. 88 ff. zum Beispiel EG 95: »Seht, er ist allein im Garten« oder das abgedruckte TaizéLied).

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Ein altes Lied, das ihr zur Passionsgeschichte singen könnt, ist »O Haupt voll Blut und Wunden« mit dem Text von Paul Gerhardt (EG 85). Vergleicht es einmal mit einem neuen Lied, zum Beispiel »Korn, das in die Erde …« (EG 98)! Um ein Lied zu lernen, summt man am besten zuerst einmal die Melodie (der Lehrer/die Lehrerin oder ein musikalischer Schüler/eine Schülerin summt vor oder spielt die Melodie auf einer Flöte o. Ä. vor; manche Lieder gibt es auch digital). Danach wird der Text laut gesprochen, vielleicht der Rhythmus geklopft. Schließlich kann man abschnittweise versuchen, Text und Melodie zu verbinden. Am schönsten klingt es natürlich mit Gitarren- oder KeyboardBegleitung. Übrigens: »Ich kann nicht singen«, gibt es nicht! Trau dich ruhig!

dern im Moment des Spielens die Melodie und die Klänge selbst erfindet. Jede Improvisation ist einmalig!

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Unser Pfarrer hat immer eine Gitarre dabei.

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MIT KLÄNGEN IMPROVISIEREN

Mit Melodien und Klängen kann man unterschiedliche Gefühle und Stimmungen ausdrücken. So kann man auch Geschichten, Gedichte oder Bilder mit Klängen untermalen. »Improvisieren« bedeutet, dass man keine »fertige« Musik (nach Noten) spielt, son144

METHODEN


… und hören

Manchmal lässt man sich gern mit Musik berieseln. Aber bei guter, kunstvoll komponierter Musik lohnt es sich, aufmerksam hinzuhören. Ihr könnt im Unterricht vielleicht einmal eure Lieblingsmusik mitbringen und den anderen vorstellen: Was verbindet ihr mit dieser Musik? Warum ist sie euch wichtig? Was Menschen sehr wichtig ist, hat auch meist mit Religion zu tun!

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Weil man mit Musik mehr sagen kann als mit gewöhnlicher Sprache, haben Komponisten aller Zeiten ihren Glauben mit Musik auszudrücken versucht; sie haben Gott zu Ehren komponiert und Stücke für den Gottesdienst geschrieben. Einer der größten Komponisten von Kirchenmusik war Johann Sebastian Bach *. Er hat u. a. auch die Passionsgeschichten des Matthäus und Johannes vertont. Diese »Oratorien« sind ein bisschen wie Theater, aber ohne Schauspiel. Es gibt einen Evangelisten, der die biblische Erzählung vorträgt. Die einzelnen Personen, z. B. Jesus, Petrus, die Magd, werden von Solisten gesungen. Die Sätze der Jünger oder des Volkes werden von einem mehrstimmigen Chor gestaltet. Dazwischen gibt es Arien (Solo-Gesangsstücke mit freiem Text), in denen über das Gehörte nachgedacht wird, und Choräle (Kirchenlieder), die der Chor (stellvertretend für die ganze Christengemeinde) singt.

Merkt man, dass Jesus etwas Besonderes ist? Warum erklingt nach Jesu Tod ein Choral? Erkennst du die Melodie von »O Haupt voll Blut und Wunden« wieder? (Es handelt sich um die neunte Strophe dieses Liedes.) Hörst du das Erdbeben? Warum singt der ganze Chor den Satz des Hauptmanns? Interessant für die Mathematiker/innen unter euch: Bach hat in seinem Werk ganz viele geheime Botschaften in Zahlenspiele verschlüsselt. Das kann man allerdings nicht hören, sondern nur am Notentext sehen. Zum Beispiel spielt die Zahl 22 eine wichtige Rolle: 22-mal kommt Jesus im ganzen Werk zu Wort. Die längsten Arien im 1. Teil haben zusammen 484 Takte (22 x 22), die längste Arie im zweiten Teil hat 154 (7 x 22) Takte. Das hat wohl damit zu tun, dass Jesu letzte Worte, die er am Kreuz schreit, Worte aus Psalm 22 sind: »Mein Gott, warum hast du mich verlassen!« Die 22 Stellen, in denen Jesus spricht, haben übrigens insgesamt 365 Takte – ein Hinweis darauf, dass Jesus jeden Tag des Jahres bei uns ist? Fragt eure/n Musiklehrer/in nach weiteren Beispielen!

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MUSIK HÖREN – ZUM BEISPIEL DIE MATTHÄUSPASSION

Hört euch doch einmal (vielleicht in Zusammenarbeit mit dem Musikunterricht) einen Ausschnitt aus der Matthäuspassion auf CD an. Besonders eindrucksvoll ist die Szene, in der Bach den Tod Jesu gestaltet (Nr. 61 a bis 63 b). Lest sie euch vor dem Hören in der Bibel durch (Mt 27,45–54) und überlegt, wie ihr den Text musikalisch gestalten würdet: Welche Rollen würdet ihr mit hohen, welche mit tiefen Stimmen besetzen? Hört euch die Szene mindestens zweimal an! Untersucht, wie der Gesang des Evangelisten auf euch wirkt und wie die Rolle Jesu gestaltet ist! METHODEN

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Prüfungsaufgaben lösen Auch wenn ich gelernt habe – ich bin immer aufgeregt.

Im Unterricht bin ich eher still – aber meine schriftlichen Noten sind gut. Alle Lehrer stöhnen über meine Schrift. Ich werde manchmal nicht fertig.

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Du kennst das ja schon: In gewissen Abständen wird geprüft, was du in den Stunden zuvor gelernt hast. Das dient der Selbsteinschätzung (Lehrkräfte können den Erfolg ihres Unterrichts, Schülerinnen und Schüler ihren Lernfortschritt testen), aber auch der Bewertung und Benotung der einzelnen Schülerleistung im Blick auf das Zeugnis. Neben den mündlichen gibt es auch schriftliche Leistungserhebungen; welche Form sie haben (z. B. Stegreifaufgaben, Kurzarbeiten), wird an der einzelnen Schule festgelegt und euch von eurer Lehrkraft mitgeteilt. Voraussetzung, um eine solche Prüfung mit Bravour zu bestehen, ist natürlich, das im Unterricht Erarbeitete regelmäßig zu wiederholen und vor allem: in Gebrauch zu nehmen. Das heißt: Auswendig lernen reicht nicht, du solltest vielmehr schon im Unterricht versuchen, mit dem Gelernten umzugehen, es auf eigene Erfahrungen und neue Zusammenhänge zu beziehen, darüber zu sprechen, es kritisch zu befragen. Hierzu können dir die Aufgaben im Buch vielfältige Anregungen geben. Wenn du nun das Aufgabenblatt vor dir liegen hast, kommt es darauf an, die Aufgabenstellung klar zu erfassen. Bestimmte, immer wiederkehrende Verben (»Operatoren«) beschreiben ganz genau, was von dir erwartet wird. Nehmen wir zum Beispiel an, ihr habt im Unterricht die jüdischen Gruppierungen zur Zeit Jesu durchgenommen ( Seite 52 f.). Dazu sind verschiedene Aufgaben unterschiedlichen Schwierigkeitsgrads denkbar:

2. Anders, wenn die Aufgabe lautet: »Erläutere oder erkläre zwei Gruppen im Judentum zur Zeit Jesu!« Hier solltest du in ganzen Sätzen und in eigenen Worten beschreiben, was für diese Gruppen wichtig ist, was ihre Anliegen sind usw. (etwa wie auf Seite 53 in der Info beschrieben). 3. Nun könnte aber auch verlangt sein: »Vergleiche die Messiaserwartung von Pharisäern und Zeloten!« In diesem Fall solltest du nicht alles schreiben, was du über diese beiden Gruppen weißt, sondern dich auf Gemeinsamkeiten und Unterschiede in Bezug auf die Messiaserwartung konzentrieren, z. B.: Beide Gruppen hoffen auf einen Messias *, der von Gott geschickt wird und Frieden und Erlösung bringt. Allerdings verstehen die Zeloten darunter vor allem eine politische Erlösung und hoffen auf einen Retter, der die Römer mit Gewalt vertreibt. Die Pharisäer hingegen lehnen Gewalt ab. Sie glauben, dass der Messias kommt, wenn die Menschen Gottes Gebote möglichst gewissenhaft einhalten. 4. Schließlich gibt es Aufgaben, die Kreativität verlangen, z. B.: »Entwirf ein Streitgespräch zwischen einem Pharisäer und einem Zeloten!«. Inhaltlich steckt in dieser Aufgabe all das Wissen, das auch in den zuvor beschriebenen Aufgaben verlangt wird, aber zusätzlich sollst du dich nun noch in die Personen hineinversetzen und sie ihre Position in einem passenden Sprachstil selbst vertreten lassen. 5. Es gibt noch weitere Operatoren. Z. B. kannst du auch aufgefordert werden, einen Sachverhalt zu beurteilen; da reicht natürlich ein »Ich finde das gut« nicht aus – hier braucht es Begründungen! Besprecht mit eurer Lehrkraft, welche Operatoren für eure Jahrgangsstufe und Lerngruppe die wichtigsten sind.

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Ich zeige gern, was ich kann!

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1. Am einfachsten wäre die Aufgabe: »Nenne zwei Gruppen im Judentum zur Zeit Jesu.« Hier sind nur die Namen von zwei Gruppen verlangt (z. B. Zeloten*, Pharisäer*). 146

METHODEN

An den Bewertungseinheiten (BEs), die auf dem Aufgabenblatt vermerkt sind, kannst du die Gewichtung der einzelnen Aufgaben ablesen. Sie werden nicht nur für inhaltlich »richtige« Aspekte vergeben, sondern auch für die Qualität der Argumentation. Auch die Form kann in die Bewertung einfließen. Und nun viel Erfolg!


Rollenspiel Hoffentlich lacht niemand!

MÖGLICHER ABLAUF VON ROLLENSPIELEN

Ausgeführte Rollenspiele lohnen sich besonders da, wo es um Kommunikationsprozesse und Entscheidungen geht. Sie laufen etwa so ab:

Endlich darf ich mal wütend und gemein sein!

Wie soll ich eine Meinung vertreten, die ich komplett ablehne?

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Schade, wenn beim Vorspielen nicht alle drankommen.

2. Zu Beginn des Rollenspiels muss die Situation anhand der Vorgaben geklärt werden: Z. B. könnt ihr sie auf S. 38 aus einem Foto erschließen, auf S. 34 f. aus den Schilderungen von Manu und Lisa; manchmal werden von der Lehrkraft auch Rollenkarten vorgegeben. Klärt in Gruppen, um welche Problematik es geht, wie die Handlung in groben Zügen aussehen soll und was euch wichtig ist. Verteilt die Rollen: Jede/r versetzt sich so gut wie möglich in die zu spielende Person hinein. Arbeitet die Szene aber nicht zu genau aus, damit noch Raum für spontanes Spiel bleibt.

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Vielleicht kennst du die Indianerweisheit: »Urteile nie über einen anderen, bevor du nicht einen Mond lang in seinen Mokassins gelaufen bist.« Sich in andere Menschen hineinzuversetzen, erweitert den eigenen Horizont; ein Perspektivwechsel kann zum Beispiel helfen, Konflikte zu lösen; im Spiel kann man neue Seiten an sich selbst entdecken. In diesem Buch findest du öfters die Anregung, Meinungen und Gedanken aus der Sicht anderer (z. B. historischer bzw. biblischer) Personen zu formulieren oder Kommunikationsprozesse im Rollenspiel zu erproben. Zum Beispiel könntest du dir die Kennzeichen der jüdischen Gruppierungen zur Zeit Jesu (   S. 50 ff.) natürlich einfach als Wissensstoff aneignen. Besser verstehen wirst du sie aber, wenn du probierst, dich spielerisch in die unterschiedlichen Positionen hineinzuversetzen, etwa indem du kleine Szenen erfindest. Plötzlich merkst du, dass hinter den politischen und religiösen Differenzen lebendige Menschen mit ihren persönlichen Geschichten und Sorgen stehen und dass jede der Meinungen auf ihre Weise plausibel und vielleicht sogar heute noch aktuell ist. Für die Aufgabe auf S. 50 könntet ihr z. B. nach einer Vorbereitung in Gruppen den Pharisäer * Simon, die Bäuerin Hannah, den Widerstandkämpfer Mosche und den Zöllner * Levi miteinander über ihre Einschätzung der Römerherrschaft und ihre Hoffnung auf den Messias diskutieren lassen. Ihr könnt dafür vier Stühle, evtl. auch einfache Requisiten (z. B. Hüte, Tücher) bereitstellen, das erleichtert die Rollenübernahme. Vereinbart, ob die Spielenden durch andere Mitglieder ihrer Gruppe abgelöst werden können.

1. Manchmal hilft es, sich vor dem Spielen »aufzuwärmen«, um in Spiellaune zu kommen und Vertrauen zueinander zu gewinnen. Dann empfiehlt es sich, mit leichteren Formen wie Pantomimen oder Standbildern oder mit Aufwärmspielen zu beginnen.

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3. Richtet einen Teil des Klassenzimmers als Bühne her; legt ggf. Gegenstände bereit, die ihr braucht. 4. Spielt nun eure Szene der Klasse vor; die anderen sind Beobachtende (einige können auch als Anwälte den Spielenden zur Seite treten). Wie viele Gruppen vorspielen können, hängt von der Zeit und der Größe der Klasse ab. 5. Schließt eine Reflexion an, in der sowohl die Spielenden als auch die Beobachtenden ihre Eindrücke während des Spiels schildern (z. B.: Wie ging es mir in der Rolle? Hat mich etwas überrascht?). Diskutiert über den Spielverlauf und fragt nach Erkenntnisgewinnen zum Thema Konflikte. 6. Wichtig ist, nach dem Spiel aus der Rolle zu gehen: Alles »nur« gespielt!

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Standbild Als ich das Foto von unserem Standbild gesehen habe, habe ich gedacht: Typisch für mich! Man muss nicht toll Theater spielen können!

Es ist gar nicht leicht, still zu halten. In Religion geht es immer auch darum, wie Menschen zueinander stehen.

FRAGEN ZUR AUSWERTUNG (FÜR DIE BEOBACHTENDEN BZW. DIE BETEILIGTEN)

Was sehe ich? Wie stehen die Personen zueinander? Wie wirkt das Standbild auf mich? Wie fühlen sie sich/fühle ich mich in dieser Position oder in dieser Rolle? Was für Gedanken kommen mir in dieser Position oder Rolle? Eventuell: Welche Gemeinsamkeiten und Unterschiede gibt es zu den anderen Standbildern? Eventuell: Was könnte in der jeweiligen Situation geändert werden, zum Beispiel um sie zu entschärfen oder zu verschlimmern?

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Standbilder sind bewusst gestaltete, eingefrorene Szenen, in denen ohne Worte z. B. ein Thema, eine Situation oder eine Beziehung dargestellt wird. Durch Standbilder kann man die Gefühle und Verhaltensweisen von Personen besser verstehen und ggf. Lösungen für Konflikte ausprobieren. Zum Beispiel kann man Freundschaft darstellen ( S. 40) oder auch Konfliktsituationen: Wie sieht zum Beispiel der Streit zwischen Manu und Lisa aus ( S. 34)? Bei der Gestaltung des Standbildes wird man z. B. entscheiden müssen: Welcher Abstand besteht zwischen ihnen? Nehmen sie eher eine bedrohliche Körperhaltung ein oder wenden sie sich voneinander ab? (Und was wäre schlimmer?) Welche Gefühle spiegeln sich in der Mimik der Personen? Gibt es »Höhenunterschiede« (die man z. B. mit Hilfe von Boden – Stuhl – Tisch darstellen könnte)? Was könnte man an der Szene verändern und welche Folgen hätte dies? Man kann auch Bilder nachstellen, z. B. die Skulptur von Giacometti ( S. 42) oder Szenen aus (biblischen) Geschichten verkörpern, z. B. den Gang nach Emmaus ( S. 92): Durch Variation eines Standbildes könnte man hier verdeutlichen, ob und wie sich die Körperhaltung der beiden Jünger durch das Hinzutreten des (unbekannten) Dritten ändert.

haben. Wenn mehrere Gruppen zugleich Standbilder erarbeiten, ist es günstig, diese digital aufzunehmen. Mithilfe eines Beamers kann man dann die einzelnen Standbilder gut miteinander vergleichen.

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Endlich dürfen wir einmal aufstehen!

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Beim Vorgehen gibt es zwei Möglichkeiten: Entweder überlegen alle, die mitmachen, gemeinsam, wie sie sich am besten platzieren, und stellen das Bild. Man kann aber auch eine/n »Bildhauer/in« bestimmen, der oder die den anderen die Positionen zuweist. Wenn das Bild fertig ist, bleiben die »Spielenden« eine Weile ruhig stehen, während die anderen genau beobachten, was die »Spielenden« dargestellt 148

METHODEN


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LEXIKON


Lexikon

Antipas Herodes Antipas apokryph: Bücher, die den biblischen Schriften nahe stehen, aber nicht zum verbindlichen Bestand der Bibel gehören. Die apokryphen Schriften Judit, Weisheit Salomos, Tobit, Jesus Sirach, Baruch, 1. und 2. Makkabäerbuch sowie Zusätze zu Ester und Daniel werden in katholischen und orthodoxen Bibeln zum Alten Testament gezählt, in lutherischen Bibelausgaben sind sie manchmal mit abgedruckt ( Luther hielt die Apokryphen für gut und nützlich zu lesen). Darüber hinaus gibt es auch neutestamentliche Apokryphen, z. B. das Thomasevangelium, das eine Sammlung von Aussprüchen Jesu enthält. Glaubensbekenntnis

Bar Mizwa/Bat Mizwa (hebr. Sohn bzw. Tochter des göttlichen Gebotes): Feier der Aufnahme in die jüdische Kultgemeinde. Ein jüdischer Junge wird mit dreizehn Jahren religionsmündig, ein jüdisches Mädchen bereits mit zwölf. Für einen Jungen bedeutet dies, dass er von nun an als vollwertiges Mitglied seiner jüdischen Gemeinde angesehen und zu der für die Durchführung eines Gottesdienstes erforderlichen Mindestzahl von zehn Männern hinzugezählt wird. Im nächsten Synagogengottesdienst nach seinem 13. Geburtstag wird er erstmals zum Lesen der Tora aufgerufen. Oft werden noch kleine Reden von den Jugendlichen gehalten, in denen sie auf den gelesenen Toraabschnitt eingehen und Dankesworte an Eltern und Lehrer richten. Ob Frauen und Mädchen zur Toralesung aufgerufen werden dürfen, ist in den verschiedenen Richtungen des Judentums umstritten. Im Anschluss an den Gottesdienst wird ein Familienfest mit Festessen, Musik und Tanz und natürlich mit Geschenken gefeiert.

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apostolisch

Leipzig und komponierte eine Fülle von Kantaten, Chorälen und Oratorien sowie Orgel- und Instrumentalmusik. Besonders bekannt sind seine Oratorien Matthäuspassion, Johannespassion und das Weihnachtsoratorium. Darin vertonte er die biblischen Passions- bzw. Weihnachtsüberlieferungen für Chor, Orchester und Sologesang und gestaltete und deutete sie durch hinzugefügte Arien und Choräle.

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Aramäischen (der Sprache Jesu, einer Form des Hebräischen) eine zärtliche, liebevolle Bezeichnung für »Vater« (»Papa«).

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Aramäisch: Das Aramäische ist als semitische Sprache eng mit dem Hebräischen verwandt; es ist seit dem 9. Jh. v. Chr. nachweisbar und war zur Zeit Jesu die Volkssprache in dem Land, in dem Jesus lebte. Hebräisch war den kultischen (religiösen) Zusammenhängen vorbehalten.

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Area 51 ist eine lange Zeit streng geheim gehaltene militärische Forschungs- und Entwicklungseinrichtung des US-Militärs, die sich in einer Sperrzone in Nevada befindet. Um sie ranken sich viele Verschwörungstheorien über angebliche geheime Tests mit Außerirdischen und deren Ufos. Asyl (lat. asylum: Zufluchtsort) ist ein Ort, an dem man Schutz vor Gewalt, Krieg, Terror und Verfolgung findet. Das Recht auf Asyl ist in Deutschland grundlegend von der Verfassung (Art. 16 a Grundgesetz) geschützt.

Bach, Johann Sebastian (1685–1750) ist einer der

bedeutendsten deutschen Komponisten, der in der Kirchenmusik bis heute eine zentrale Rolle spielt. Er wirkte viele Jahre als Kantor in der Thomaskirche in

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LEXIKON

Barabbas: Die Evangelien erzählen, dass sich zur Zeit der Verurteilung Jesu ein Gefangener mit diesem Namen, der vermutlich des gewaltsamen Aufruhrs angeklagt war, in Haft befand. Pontius Pilatus habe dem Volk die Wahl gelassen, Barabbas oder Jesus freizulassen, woraufhin sich das Volk für Barabbas entschied. Allerdings ist der Brauch, am Pessachfest einen Gefangenen freizulassen, außerhalb der Evangelien nirgends historisch bezeugt. Bethlehem, 7 km von Jerusalem entfernt, ist nach alttestamentlicher Überlieferung die Heimatstadt König Davids. Obwohl es historisch nicht sicher ist, ob Jesus wirklich dort geboren ist, hat sich Bethlehem in der christlichen Tradition untrennbar mit dem Weih-


Lexikon

Bonhoeffer, Dietrich (* 4. Februar 1906 in Breslau; † 9. April 1945 im KZ Flossenbürg) war ein evangelischer Theologe, der sich im »Dritten Reich« aktiv am Widerstand gegen Adolf Hitler und dessen Diktatur (   Nationalsozialismus) beteiligte. Am 5. April 1943 wurde er deshalb verhaftet und kurz vor Kriegsende im Konzentrationslager Flossenbürg hingerichtet. Viele Menschen kennen sein Gedicht »Von guten Mächten wunderbar geborgen« (EG 65 und 637), das er im Gefängnis für seine Verlobte schrieb.

Down-Syndrom ist die Bezeichnung für eine durch einen genetischen Zufall entstehende Chromosomenveränderung: Bei Menschen mit Down-Syndrom ist das 21. Chromosom in der Körperzelle dreifach, statt wie sonst zweifach vorhanden. Deshalb spricht man auch von einer Trisomie 21. Der Begriff Down-Syndrom geht auf den Namen des englischen Arztes John Langdon Down zurück, der das Erscheinungsbild als Erster 1866 beschrieb. Allerdings sprach er, wegen der mandelförmigen Augenform, die ihn an Angehörige eines asiatischen Volkes erinnerten, noch von »Mongolismus«. Dies wird heute als völlig irreführend abgelehnt. Die geistigen Fähigkeiten der Menschen mit Down-Syndrom können sehr unterschiedlich ausgeprägt sein: Die Spanne reicht von einer schweren geistigen Entwicklungsverzögerung bzw. Behinderung bis zu fast durchschnittlicher Intelligenz. Allerdings hängt hier viel auch davon ab, inwieweit das Kind gefördert wird.

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Brecht, Bertolt (1898–1956) war ein deutscher Schriftsteller, der besonders für seine kritischen Theaterstücke und Gedichte bekannt ist

Diakonie (wörtlich: Dienst) bezeichnet alle Formen der Hilfe für Bedürftige im Rahmen der Kirche. Darüber hinaus ist »Diakonie« auch die Kurzbezeichnung für das Diakonische Werk der Evangelischen Kirche Deutschlands, das Sozialhilfe-, Kranken-, Pflege- und andere Einrichtungen betreibt.

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nachtsfest verbunden. Wenn die   Evangelisten Lukas und Matthäus von Jesu Geburt in Bethlehem erzählen, wollen sie damit ausdrücken: Dieses neugeborene Kind ist der verheißene Nachkomme   Davids, der   Messias.

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Buber, Martin, * 1878 in Wien, † 1965 in   Jerusalem, war ein bedeutender jüdischer Religionsphilosoph, der sich in seinen Schriften mit der Religion und Geschichte des Judentums befasste und zusammen mit Franz Rosenzweig eine moderne Übersetzung der hebräischen Bibel verfasste. Er trat für ein friedliches Zusammenleben in   Palästina ein.

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Christus bedeutet der »Gesalbte« und ist die griechi-

sche Übersetzung von   Messias. Das Wort ist also kein Nachname, sondern bedeutet, dass Jesus der Messias ist, der im Alten Testament verheißen wird.

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avid regierte von ca. 1004–965 v. Chr. als König über Israel. In der Erinnerung der Juden und Christen ist er der wichtigste König Israels, einerseits, weil er das Großreich Israel mit dem politischen und religiösen Zentrum   Jerusalem geschaffen hat, vor allem aber auch deshalb, weil nach   prophetischer Verheißung aus seinem Stammbaum der   Messias hervorgehen soll. Die biblischen Schriftsteller berichten aber auch davon, dass er seine Macht missbraucht hat.

Elia ist einer der frühesten und wichtigsten

Propheten des Alten Testaments (1 Kön 17–2 Kön 2); er leistet Widerstand gegen die Verehrung fremder Götter und kritisiert den Machtmissbrauch der Königsfamilie, die ihn darum verfolgt. Wie Mose erlebt auch Elia eine Gotteserscheinung am Horeb. Am Ende seines Lebens fährt Elia nach biblischer Tradition im feurigen Wagen in den Himmel auf – von dort wird er (nach Mal 3,23 f.) als Vorbote des   Messias wiederkommen. Am   Pessachfest wird für ihn ein überzähliges Gedeck aufgelegt und die Tür einen Spalt offen gelassen – ein Zeichen der Hoffnung auf eine bessere Welt! Erzelterngeschichten sind eine neuere Bezeichnung für die (Erz-)Vätergeschichten, die in Gen 12–36 stehen. Die Vorsilbe »Erz-« (von griech: arche) bedeutet: Erste/r, Führende/r. Zu den Erzeltern des Volkes Israel werden klassisch Abraham und seine Frau Sara, ihr LEXIKON

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Exil, babylonisches (auch: babylonische Gefangenschaft) bezeichnet die Zeit des Aufenthalts der judäischen Oberschicht in Babylon nach der Eroberung und Zerstörung Jerusalems durch Nebukadnezar II. Die Zeitspanne umfasst vermutlich die Jahre 587 bis 537 v. Chr. Die Rückkehr nach Jerusalem erfolgte mit der Erlaubnis des gegen die Babylonier siegreichen Perserkönigs Kyros II.

Flüchtling: Ein Flüchtling ist eine Person, die wegen

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Essener: Eine zur Zeit Jesu lebende Gemeinschaft überwiegend von Männern, die sich unter Führung eines »Lehrers der Gerechtigkeit« vom übrigen Judentum absonderten, um ein ganz und gar reines und gottgefälliges Leben zu führen – was ihrer Ansicht nach in einer von den Römern beherrschten Gesellschaft nicht mehr möglich war. Sie hielten eigene Gottesdienste und Rituale ab, befolgten strenge Lebensregeln und erhofften den Sieg der »Söhne des Lichts« über die »Kinder der Finsternis«, wie sie die Welt außerhalb ihrer Gemeinschaft nannten. Möglicherweise hatte Jesus über Johannes den Täufer Kontakt zu den Essenern. Wahrscheinlich war Qumran ein oder vielleicht auch das Zentrum der Essener. Qumran wurde bekannt durch den Fund vieler wichtiger Schriftrollen mit Texten der Tora sowie von Schriften, die auf die Essener zurückgehen.

ben Jesu erzählen. Im Neuen Testament gibt es vier Evangelien: Matthäus, Markus, Lukas und Johannes. Matthäus und Lukas hatten Markus als Vorlage, kannten sich aber gegenseitig nicht und fügten jeweils andere Geschichten und Worte in die Markusvorlage ein. Johannes ist später entstanden und stellt ein sehr eigenständiges Evangelium dar. Einen Vergleich der Evangelien nennt man »Synopse« (Zusammenschau). Manchmal werden auch das gesamte Neue Testament bzw. seine Botschaft als Evangelium bezeichnet.

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Sohn Isaak mit seiner Frau Rebekka sowie deren Sohn Jakob mit seinen beiden Frauen Lea und Rachel gezählt. In den Erzählungen spielen aber auch noch weitere Verwandte eine wichtige Rolle. Wegen der großen Bedeutung der vier Erzmütter hat sich in der neueren Forschung der Begriff Erzeltern durchgesetzt.

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Evangelist (nach gr. euangelion: gute Nachricht) bezeichnet den Autor eines Evangeliums, also Matthäus, Markus, Lukas und Johannes. Das älteste Evangelium hat Markus ca. 70 n. Chr. aus überlieferten Geschichten oder Worten Jesu zusammengestellt. Matthäus und Lukas haben vermutlich ca. 80/90 n. Chr. ihre Evangelien aus Teilen des Markus sowie aus anderen Quellen (v. a. einer Quelle mit Worten Jesu) zusammengestellt. Das Johannesevangelium entstand wohl ca. 100 n. Chr. und ist in seinen Worten und Gedanken sehr eigenständig. Den Evangelisten sind Symbole zugeordnet: Zu Matthäus gehört ein Engel, zu Markus ein Löwe, zu Lukas ein Stier und zu Johannes ein Adler. Evangelium (gr. euangelion: gute Nachricht) bezeichnete zunächst jede gute Botschaft, z. B. die, dass ein Kaiser die Steuern erlässt. Dann wurde der Ausdruck übertragen auf die Kunde von Jesus Christus und schließlich verwendet für die Schriften, die vom Le152 LEXIKON

einer Notlage aus ihrem Heimatland geflohen ist. Die Gründe dafür können z. B. Gewalt und Krieg, politische oder religiöse Verfolgung, eine fehlende Lebensgrundlage (Hunger, Armut) oder/und Naturkatastrophen sein.

Galiläa war die Heimat Jesu. Viele Geschichten und

Gleichnisse der Evangelien spielen hier. Galiläa ist ein fruchtbares, wasserreiches Land, in dem Früchte, Getreide und Oliven gedeihen. Im Osten wird es vom See Genezareth begrenzt. In neutestamentlicher Zeit war es römische Provinz, regiert von Herodes Antipas. gelber Stern (auch Judenstern): Seit Beginn des Zweiten Weltkriegs (1939) wurden (zunächst im besetzten Polen, dann im ganzen Deutschen Reich) die Jüdinnen und Juden gezwungen, einen gelben Davidsstern auf ihrer Kleidung zu tragen. Damit waren sie öffentlich als jüdisch erkennbar und mussten mit Misshandlungen rechnen. Wer das Zeichen nicht trug oder verdeckte, wurde verhaftet. Seit 1941 wurden die Träger/innen des gelben Sterns in die Vernichtungslager in Osteuropa deportiert.


Lexikon

Grundgesetz: Das Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland beinhaltet die rechtliche und politische Grundordnung des deutschen Staates: Niemand darf in Deutschland etwas tun oder sagen, was ihm widerspricht. Auch jeder Politiker und Richter muss sich am Grundgesetz orientieren. Der erste Teil des Grundgesetzes enthält die Grundrechte (Art. 1–19). Der 1. Artikel beginnt mit dem wichtigsten Satz des Grundgesetzes: »Die Würde des Menschen ist unantastbar.«

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Glaubensbekenntnis (auch Credo): In einem Glaubensbekenntnis wird zusammengefasst, welche Inhalte für eine ganze Glaubensgemeinschaft besonders wichtig sind. Das bedeutendste Bekenntnis für evangelische und katholische Christinnen und Christen ist das sogenannte apostolische Glaubensbekenntnis. Es enthält drei Abschnitte (»Artikel«): In ihnen geht es um Gott den Vater, Jesus Christus und den Heiligen Geist. Katholische und evangelische Christinnen und Christen können mit diesem Bekenntnis ihren Glauben gemeinsam zum Ausdruck bringen. Nach dem ersten Wort der lateinischen Fassung nennt man das Glaubensbekenntnis auch »Credo« (credo heißt übersetzt: »Ich glaube«).

der Titel von den Christinnen und Christen exklusiv auf ihn bezogen. Im Zuge der Ausbreitung des Christentums in der griechisch-römischen Welt (wo man Göttersöhne von alters her kannte, vgl. die Geschichten von Zeus) wurde Jesu Gottessohnschaft mehr und mehr im Sinne einer besonderen Abstammung (Jungfrauengeburt) verstanden.

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Giacometti, Alberto (1901–1966) war einbedeutender Schweizer Künstler, der vor allem als Bildhauer weltberühmt wurde, aber auch als Maler und Grafiker tätig war.

Haggada nennt man die nachbiblischen erzählerischen Überlieferungen des   Judentums, meist auf Grundlage der Bibel.

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Gleichnis: Im Gleichnis wird etwas mit Hilfe eines sprachlichen Bildes beschrieben, verständlich gemacht oder ausgedrückt. Jesus beschreibt das Wirken Gottes bildhaft zum Beispiel mit den Erfahrungen eines Bauern und seiner Saat (Mk 4,26 ff.). Dabei erklärt er nicht nur das Reich Gottes, sondern lässt es für seine Zuhörer/innen auch anschaulich und lebendig werden. Was Gleichnisse aussagen wollen, steht nicht einfach fest. Sie müssen immer wieder neu gedeutet werden. Als Gleichnis im engeren Sinne bezeichnet man einen ausgeführten Vergleich (z. B. Mk 4,30–32); wenn dieser Vergleich zur exemplarischen Geschichte ausgeweitet ist, spricht man von einer Parabel (z. B. Lk 15,11–32).

Gottes Sohn: Mit dieser aus dem   Glaubensbekenntnis vertrauten Bezeichnung Jesu ist zunächst nicht eine biologische Abstammung gemeint, sondern im Sinne der jüdischen Tradition eher eine besonders enge Zugehörigkeit: Gott und Jesus gehören zusammen. Jesus selbst hat diesen Titel für sich nicht beansprucht, wenn auch die Anrede »Abba« (Papa) seine vertrauensvolle Beziehung zu Gott zeigt. Er wollte jedoch alle Menschen einladen, sich als Kinder Gottes zu verstehen (»Vater unser«). Erst nach Ostern wurde

Halacha (hebr.: Weg) nennt man die gesetzlichen Bestimmungen des   Judentums; ihre Grundlage ist die Offenbarung der   Tora am Berg   Sinai. Die Halacha regelt das ganze Leben der Jüdinnen und Juden und wird immer wieder neu interpretiert und auf den Alltag bezogen. Der Glaube an Gott soll sich daran zeigen, wie man miteinander umgeht und wie man sein Leben gestaltet. heilig bezeichnet etwas Verehrungswürdiges, das in einen religiösen, göttlichen Bereich verweist. Dadurch besitzt es eine besondere Würde. Herodes »der Große«, ca. 73 v. Chr. geboren, von 40–4 v.Chr. von den Römern eingesetzter jüdischer König von   Judäa, Vater des   Herodes Antipas. Er ist der König, der in der Geschichte von den »drei Weisen aus dem Morgenland« (den sogenannten »Heiligen Drei Königen«) erwähnt wird (Mt 2). Herodes Antipas, Sohn   Herodes’»des Großen«,war im Auftrag der Römer Herrscher der   Provinzen GaliLEXIKON

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Lexikon

Jeremia: einer der großen alttestamentlichen

Pro-

pheten, der ca. 627–586 v. Chr. wirkte.

Jerusalem: Seine Bedeutung erhielt die Stadt durch den Aufstieg König Davids, der sie zur Hauptstadt und zum religiösen Zentrum Israels machte, sowie durch seinen Sohn Salomo, der dort den ersten Tempel auf dem Zion bauen ließ. Jerusalem und der Tempel wurden 587 v. Chr. von den Babyloniern zerstört; ein großer Teil der Bevölkerung wurde nach Babylon ins Exil verschleppt. An den großen Wallfahrtsfesten pilgerten die Israeliten nach Jerusalem. Auch Jesus ging zum Pessachfest nach Jerusalem. Dort wurde er gekreuzigt und begraben. Im Jahr 70 n. Chr. wurden Stadt und Tempel von den Römern zerstört. Nur die westliche Seite des Tempels, die berühmte Klagemauer, blieb dabei erhalten und stellt nun den heiligsten Ort des Judentums dar. Heute ist Jerusalem heilige Stadt von Juden, Christen und Muslimen. (Palästinenser und Juden beanspruchen sie als ihre Hauptstadt.)

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Hoherpriester: Oberhaupt der Priesterschaft des Jerusalemer Tempels; nur der Hohepriester durfte einmal im Jahr das Allerheiligste des Tempels betreten. Daneben hatte er durch den Vorsitz im Hohen Rat auch große politische Macht. In der Zeit von 18–37 n. Chr. war dies Kaiphas, der von den Römern eingesetzt worden war und sich in seiner langen Amtszeit offenbar gut mit der römischen Besatzung vertrug.

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Herr (als Hoheitstitel Jesu): In jüdischer Tradition tritt dieser Titel häufig an die Stelle des unaussprechlichen Gottesnamens Jahwe. Im griechisch-römischen Kulturkreis gilt »Herr« (kyrios) als Herrschertitel. Von allen Namen und Titeln, die man Jesus gegeben hat, drückt dieser also am stärksten aus, dass Jesus als Gott verehrt wird. »Herr« ist Jesus Christus allerdings in dem Sinne, dass er auf seine Macht verzichtet und sich nach »ganz unten« begeben hat (Phil 2).

Initiation ist die Einführung eines Anwärters oder einer Anwärterin in eine Gemeinschaft oder in einen neuen Lebensstand, oftmals in Verbindung mit einem Übergang von einer Lebensphase in eine andere. Sie wird in Form eines festgelegten Ritus (zeremonielle Handlung mit fest vorgegebener Ordnung) vollzogen. Christliche Initiationsriten sind beispielsweise Taufe und Konfirmation. Es gibt auch nicht-religiöse Initiationsriten, z. B. Mutproben für die Aufnahme in eine Jugendbande.

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läa und Peräa. Er machte Sepphoris zu seiner Hauptstadt und gründete Tiberias am See Genezareth. Zunächst war er mit einer nabatäischen Prinzessin verheiratet. Er verstieß diese, um Herodias zu heiraten, die Frau seines Halbbruders (und zugleich Antipas’ Nichte). Damit handelte er gegen jüdische Gesetze, was Johannes der Täufer scharf anprangerte.

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Hoher Rat (auch: Synhedrium oder Sanhedrin): oberste religiöse, gerichtliche und politische Behörde des Judentums in der Zeit der römischen Besatzung. Er bestand aus dem sadduzäisch gesinnten Hohepriester, den Pharisäern und den Vertreter des (Laien-)Adels. Hosianna: Diesen in den Psalmen oft vorkommenden hebräischen Gebetsruf (»Hilf doch!«) rufen die Menschen Jesus bei seinem Einzug in Jerusalem zu. Er hat auch Eingang in den christlichen Gottesdienst gefunden.

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ndiaca ist eine Art Mischung aus Federball und Volleyball: ein Spielgerät, an dem Federn befestigt sind, wird mit der flachen Hand hin und her geschlagen.

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Johannes der Täufer, der Sohn der Elisabeth und des Zacharias, wurde nach biblischer Überlieferung (Lk 1) ein halbes Jahr vor Jesus geboren. Er kündigte als Prediger der Umkehr das herbeikommende Gericht Gottes als eine Art großes Vernichtungsfeuer an und forderte die Menschen auf, sich von ihm taufen zu lassen und ihr Leben radikal zu ändern. Auf den Neuanfang weist auch sein Wirkungsort hin: das östliche Jordanufer. Hier, an der angrenzenden Wüste, wo einst die Israeliten nach der Flucht aus Ägypten das gelobte Land betreten haben sollen, lebte er als Asket. Herodes Antipas ließ ihn gefangen nehmen und hinrich-


Lexikon ten, weil Johannes ihn wegen seiner Ehe mit Herodias immer wieder öffentlich kritisierte.

te, Revolutionäre,   Schriftgelehrte und   Pharisäer.

Josef, der Vater Jesu, nach neutestamentlicher Überlieferung ein Nachkomme König   Davids aus   Bethlehem, lebte mit seiner Familie als Bauhandwerker in   Nazareth. Angesichts der Städtegründungen des   Herodes Antipas wird es genug Arbeit für ihn gegeben haben. Vermutlich hat Jesus, wie damals üblich, das Handwerk seines Vaters gelernt. Außerhalb der Kindheitsgeschichten Jesu spielt Josef in der Bibel keine Rolle. Matthäus beschreibt Josef als einen »Gerechten« (Mt 1,19), d. h. einen guten, anständigen Menschen, der die Gebote Gottes ernst nimmt. Als er von der Schwangerschaft seiner Verlobten Maria erfährt, will er sie heimlich verlassen, um sie nicht bloßzustellen oder gar ihren Tod zu riskieren. Auf Geheiß eines Engels ändert er seinen Entschluss und bleibt an der Seite Marias und ihres Kindes.

tigung): Über die Taufe eines kleinen Kindes entscheiden meist die Eltern gemeinsam mit den Patinnen oder Paten. Mit der Konfirmation (meist im Alter von 14 Jahren) sagen die Konfirmandinnen und Konfirmanden selbst bewusst »Ja« zu ihrer Taufe. Im Konfirmandenunterricht beschäftigen sich die Jugendlichen mit dem christlichen Glauben, bereiten Gottesdienste vor und prüfen dabei für sich, ob sie der Kirche angehören wollen. In einem festlichen Konfirmationsgottesdienst werden die Konfirmandinnen und Konfirmanden eingesegnet. Die Kirche überträgt den Jugendlichen alle Rechte, die jedes Kirchenmitglied hat, und die Gemeinde verspricht, sich für die Interessen der Jugendlichen einzusetzen.

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Konfirmation (lat. confirmatio: Befestigung, Bekräf-

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Josephus: Flavius Josephus, eigentlich Joseph ben Matithiahu (ca. 37–100 n. Chr.) war ein jüdischer Feldherr und Geschichtsschreiber. Ihm verdanken wir viele Informationen über Land und Geschichte Israels, besonders über den jüdischen Aufstand (66–70 n. Chr.); er erlebte die Zerstörung   Jerusalems und des   Tempels mit.

koscher (hebr.) bedeutet »rein« nach der   Halacha. In der jüdischen Küche werden koschere und unreine (trefe) Speisen unterschieden. So darf man nach Lev 11 und 47 und Dtn 14,3–21 bestimmte Tiere, z. B. Schweine, Hasen, Schalentiere, Tintenfische u. a. nicht essen; man darf kein Blut (als Sitz des Lebens) verzehren, daher werden Tiere geschächtet (so geschlachtet, dass sie völlig ausbluten). Man darf nach Dtn 14,21 »das Böcklein nicht in der Milch seiner Mutter kochen«, d. h. man trennt milchige und fleischige Speisen, benutzt in religiösen Haushalten sogar unterschiedliches Geschirr für beides. Es gibt auch neutrale Lebensmittel, z. B. Eier und Gemüse, die mit beidem kombiniert werden können. Die Beachtung der Speiseregeln ist für Juden in einem nicht-jüdischen Umfeld oft schwierig. Bei einem Essen im Gasthaus oder beim Kauf von Fertigprodukten weiß man meist nicht, welche Zutaten verwendet wurden. In Deutschland gibt es in allen größeren Städten Läden mit koscheren Lebensmitteln.

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Judäa: Gebirgslandschaft mit der Hauptstadt   Jerusalem als Mittelpunkt, war in römischer Zeit zunächst Königreich   Herodes’ des Großen, später römische   Provinz, die direkt vom römischen  Präfekten verwaltet wurde. Jüngerinnen und Jünger Jesu: Um Jesus sammelte sich ein Kreis von Anhängern, unter denen auch viele Frauen waren (Lk 8,1–3), zum Beispiel Maria Magdalena. Alle vier   Evangelien berichten aber noch von einem engeren Jüngerkreis, zwölf Männern, die Jesus ausgewählt hatte (Mk 3,13–19). Die Zwölfzahl erinnert an die zwölf Stämme Israels. Bemerkenswert ist, dass die Anhängerinnen und Anhänger Jesu aus sehr unterschiedlichen Bevölkerungsschichten und -gruppen kamen. Es gab wahrscheinlich Arbeiter, Handwerker und Gelehrte unter ihnen,   Zöllner, Prostituier-

Kreuzweg: Im 14. Jahrhundert führten in   Jerusalem Franziskanermönche Pilger an Leidensstätten Jesu. Nach ihrer Heimkehr bildeten die Pilger diese Kreuzweg-Stationen nach, wobei die Zahl der Stationen zunächst verschieden war. Erst im 16. Jahrhundert setzten sich die auch heute noch üblichen 14 StaLEXIKON

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mutlich sehr jung mit dem Bauhandwerker Josef verlobt. Zusammen mit Jesus und seinen jüngeren Geschwistern führte sie in Nazareth ein einfaches Leben. Nachdem Jesus das Haus verlassen hatte, um Wanderprediger zu werden, gab es offenbar Konflikte zwischen Mutter und Sohn. Erst unter dem Kreuz (so Joh 19,25 ff.) konnte sie seinen Weg akzeptieren. Besonders in der katholischen Kirche wird Maria voller Andacht verehrt. Doch auch Martin Luther sprach voller Hochachtung von ihr: An dieser armen jungen Frau, so meinte er, die ganz ohne eigene Vorleistung von Gott zur Mutter des Erlösers erwählt wurde, könne man die Gnade Gottes sehen. Mendelssohn, Moses (* 1729 in Dessau, † 1786 in Berlin) ist ein berühmter jüdischer Philosoph. Er versuchte, die jüdischen Traditionen mit dem christlichtheologischen und philosophischen Denken seiner Zeit zu vermitteln. Er übersetzte die Fünf Bücher Mose und die Psalmen für seine jüdischen Zeitgenossen und -genossinnen ins Deutsche und wurde deshalb »der jüdische Luther« genannt. Aus seiner Familie gingen zahlreiche berühmte Künstler, Gelehrte, Bankiers und Industrielle hervor, z. B. die Schriftstellerin Dorothea Schlegel, der Komponist Felix Mendelssohn-Bartholdy und dessen Sohn Paul, der Firmengründer von AGFA.

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evit: einfacher Tempelpriester ( Priester), der Hilfsdienste verrichten und als Chorsänger oder Musikant am Opfer teilnehmen durfte. Der Name leitete sich vom Stammvater Levi ab.

Maria, hebräisch Miriam, Jesu Mutter, wurde ver-

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tionen von Jesu Leidensweg durch (fünf davon ohne Entsprechung im Text der Evangelien): 1. Verurteilung zum Tode, 2. Aufnahme des Kreuzes, 3. der erste Fall unter dem Kreuz, 4. Begegnung mit seiner Mutter, 5. Simon von Cyrenes Hilfe beim Tragen des Kreuzes, 6. Veronika reicht Jesus das Schweißtuch, 7. der zweite Fall unter dem Kreuz, 8. Begegnung mit den weinenden Frauen, 9. der dritte Zusammenbruch unter dem Kreuz, 10. Raub der Kleider Jesu, 11. Jesus wird ans Kreuz genagelt, 12. Tod am Kreuz, 13. Abnahme vom Kreuz und Bettung in den Schoß seiner Mutter, 14. Grablegung des Leichnams Jesu. In der Passionszeit beten vor allem Katholiken Kreuzwegandachten, indem sie die dargestellten Stationen gemeinsam abgehen, an ihnen beten und sich mit dem Leiden Jesu auseinander setzen. In diesem Leiden sehen sie aber auch die Not aller Menschen und nehmen diese in ihr Gebet auf.

Lithosphäre: bezeichnet in der Geologie den Gesteinsmantel der Erde.

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liturgisch: meint, zur Liturgie, d. h. zur Feier des Gottesdienstes gehörend (von griech. leiturgia, Dienst für die Öffentlichkeit).

Luther, Martin (* 10. November 1483, † 18. Februar 1546 jeweils in Eisleben) ist der wichtigste Mitbegründer der Reformation und damit der evangelischen Kirche. Luther hatte ursprünglich nicht vor, eine eigene Kirche zu gründen. Es ging ihm vor allem darum, Missstände zu überwinden, zum Beispiel den sogenannten Ablasshandel. Dabei dachten Menschen, sie könnten sich die Gnade Gottes mit Geld oder guten Taten erkaufen. Luther lehrte dagegen, dass man Gottes Liebe einfach vertrauen darf. Damit sich jeder Christ und jede Christin selbst von dieser frohen Botschaft überzeugen könne, hat Luther die Bibel in die deutsche Sprache übersetzt.

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Menschensohn bezeichnet im Aramäischen, der Sprache Jesu, zunächst einfach einen Menschen. Jesus hat vermutlich von sich selbst als »Menschensohn« gesprochen und damit seine Menschlichkeit betont. Der Titel kommt aber auch in einigen jüdischen Visionen des Weltendes (Apokalypsen) vor; erstmals in Dan 7,13 wird ein himmlischer »Menschensohn« als Weltenrichter erwähnt. Auch diese Bedeutung scheint in der Verwendung des Menschensohn-Titels für Jesus durch. Messias (hebr. maschiach) bedeutet »der gesalbte (König)«. Im alten Israel wurden Könige durch eine Salbung mit Öl in ihr Amt berufen. Zur Zeit Jesu erhofften sich Jüdinnen und Juden, dass Gott den von den Propheten verheißenen Messias schicken mö-


Lexikon Nationalsozialismus bezeichnet die Weltanschauung Adolf Hitlers und seiner Partei, der NSDAP (Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei), die in Deutschland um 1920 entstand und mit der Adolf Hitler 1933 an die Regierungsmacht kam. Die Vertreter des Nationalsozialismus dachten totalitär (sie beanspruchten alle Macht für sich), rassistisch (Herabsetzung anderer Menschen wegen ihrer Hautfarbe, Herkunft oder Religion) und antisemitisch (feindlich gegenüber Juden). Sie führten Deutschland in die Katastrophe des Zweiten Weltkriegs und verschuldeten in ihrem Rassenwahn die Tötung von Millionen Männern und Frauen sowie 1,5 Millionen Kindern.

Migrant/in: Migranten und Migrantinnen (von lat. migrare: auswandern, wandern, wegziehen) werden Menschen bzw. Menschengruppen genannt, die ihren Aufenthaltsort bzw. Lebensmittelpunkt über einen längeren Zeitraum in eine neue Region verlagern. Wenn von Menschen mit einem Migrationshintergrund gesprochen wird, meint man damit, dass eine Person oder auch nur die Vorfahren dieser Person früher in einem anderen Land gelebt haben.

Nazareth in   Galiläa ist als Heimatort Jesu und seiner Familie überliefert. Dafür, dass Jesus tatsächlich aus diesem Dorf kam, spricht u. a., dass »Nazareth« fast so etwas wie ein »Nachname« Jesu ist: »Jesus von Nazareth«. Vielleicht hat seine Familie in einer der in den Fels gehauenen Wohnungen gewohnt, die Archäologen entdeckt haben.

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ge, der die Römer aus ihrem Land vertreiben und immerwährenden Frieden bringen würde. Es gab ganz unterschiedliche Vorstellungen vom Kommen des Messias: Die   Zeloten wollten durch ihren eigenen Einsatz im Kampf gegen die Römer bei der Errichtung des Friedensreichs mithelfen. Die   Pharisäer waren der Ansicht, dass man nur durch das Halten der   Tora, nicht aber durch Gewalt das Kommen des Messias bewirken könne. Christinnen und Christen sehen im gekreuzigten und auferstandenen Jesus   Christus den erhofften Retter. Das griechische Wort christos bedeutet ebenfalls »der Gesalbte«. Der Name Jesus Christus ist also ein Bekenntnis: Jesus ist der Messias.

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Moderator/in (lateinisch von moderare: mäßigen, steuern, lenken) nennt man eine Person, die ein Gespräch oder auch eine Veranstaltung leitet. Im Fall von Internet Communitys sind es freiwillige oder von den Betreibern angestellte Personen, die die Aufgabe haben, auf die Einhaltung der Richtlinien zu achten und den Mitgliedern bei Problemen zu helfen.

Narzisstisch

von Narzissmus: Selbstliebe oder Auf-Sich-Selbst-Bezogensein. Selbstliebe ist zunächst lebensnotwendig, sie kann aber auch problematische Gestalt annehmen, etwa wenn man nicht aus Interesse an anderen mit ihnen Kontakt aufnimmt, sondern v.  a. um von ihnen bewundert zu werden. Der Begriff geht auf die Sage vom schönen Jüngling Narziss zurück, der sich in der griechischen Mythologie zur Strafe, weil er die Nymphe Echo abgewiesen hat, in sein eigenes Spiegelbild verliebt. Er stirbt bei dem Versuch, sich mit dem Spiegelbild im Wasser zu vereinigen.

Normalnull wird oft für die Höhe des Meeresspiegels gehalten. Tatsächlich meint es einen festgelegten Punkt, in Bezug auf den die amtliche Höhenmessung erfolgt ist, um von dort aus die Höhe über dem Meeresspiegel zu ermitteln. Seit 1993 wird dieser Normalhöhennull (NHN) genannt.

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rthodox: (griech.: rechtgläubig) kann ganz allgemein strenggläubig meinen. Im Judentum bezeichnet man als orthodox diejenige Gruppe von   Juden und Jüdinnen, die die schriftliche und mündliche  Tora als verbindlich für ihre Lebensführung ansehen und sie konsequent im Alltag umsetzen. Der Begriff steht aber auch für eine der drei großen christlichen Hauptkonfessionen – »die« orthodoxe Kirche, die wiederum in viele Teilkirchen untergliedert ist, wie z. B. in die griechisch-orthodoxe oder die russischorthodoxe Kirche.

Palästina: Aus geografischer Sicht bezeichnet der

Begriff in etwa die Region zwischen Mittelmeer und Jordan bzw. Totem Meer (vgl. die Karte auf   S. 47). Diese gehörte in alttestamentlicher Zeit zum KönigLEXIKON

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Paulus wurde in Tarsus in der heutigen Türkei geboren. Ursprünglich Zeltmacher studierte er später die jüdische Überlieferung bei seinem Lehrer Gamaliel in Jerusalem und rechnete sich zu den Pharisäern. Im aufkommenden Christentum sah er eine Bedrohung für die alte Ordnung und verfolgte deshalb die Christengemeinde. Auf dem Weg nach Damaskus, wo er ebenfalls gegen die Christinnen und Christen vorgehen wollte, hatte er um 33 n. Chr. ein Berufungserlebnis, das sein Leben von Grund auf änderte. Er begann als Apostel auf Missionsreisen zu gehen, um die christliche Botschaft zu verkünden, und gründete dabei zahlreiche Gemeinden, denen er Briefe schrieb, die im Neuen Testament überliefert sind. Auf einer Reise nach Jerusalem wurde er inhaftiert und nach Rom überführt, wo er wahrscheinlich etwa 60 n. Chr. den Märtyrertod starb.

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Paramente: Textilien, die der Gestaltung von Gottesdiensträumen und dem Gebrauch im Gottesdienst dienen, werden Paramente genannt. Der Begriff stammt aus dem Lateinischen und ist zusammengesetzt aus den Wörtern pare: bereiten und mensa: Tisch. Dazu gehören vor allem die Altar- und Kanzelbehänge, auch Antependien (lat.: ante: vor/vorn; pendere: hängen) genannt. Sie unterstreichen durch unterschiedliche Farben und Gestaltung die Zeiten und Feste im Kirchenjahr.

gesetzte Familien. Konkret sind damit meist Familien gemeint, in denen mindestens ein Elternteil mindestens ein Kind aus einer anderen Beziehung mitbringt. Der Begriff kann aber auch Pflege- bzw. Adoptivfamilien und gleichgeschlechtliche Partnerschaften mit Kindern umfassen.

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reich Israel ( David). Historisch entstanden ist der Begriff »Palästina« nach der Niederschlagung des letzten jüdischen Aufstands 135 n. Chr. Der siegreiche römische Kaiser Hadrian benannte die Provinz Judäa in Palästina um (ein Name, der ursprünglich »Philisterland« bedeutet). Heute befinden sich in der Region Palästina sowohl der Staat Israel als auch die seit 1967 von Israel besetzten Gebiete (Ostjerusalem, Westjordanland, Gazastreifen). Es ist umstritten, ob man das Land, in dem Jesus lebte, »Palästina« oder »Israel« nennt.

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Passion (von lat. passio: Leiden) bezeichnet in christlichen Zusammenhängen den Leidens- und Sterbensweg Jesu in Jerusalem. Die entsprechenden Berichte der Evangelien nennt man die Passionsgeschichten. Ihre musikalischen Vertonungen (z. B. von Heinrich Schütz oder Johann Sebastian Bach) werden ebenfalls Passion genannt. In der Alltagssprache kann das Wort auch »Leidenschaft« oder »starke Vorliebe« bedeuten.

Passionszeit: Mit dem Aschermittwoch beginnt die 40-tägige Fasten- oder Passionszeit zur Vorbereitung auf das Osterfest. Die Zahl 40 hat dabei symbolischen Charakter. Viele Menschen nehmen sich während dieser sieben Wochen vor Ostern Zeit für Ruhe, Besinnung und Gebet und/oder verzichten freiwillig auf Gewohnheiten wie Süßigkeiten, Alkohol oder Fernsehen. Patchworkfamilie (von engl. patchwork: Flickwerk oder Stückwerk) ist eine moderne Bezeichnung für (gleichsam wie ein bunter Flickenteppich) zusammen158

LEXIKON

Pessach (auch: Passa): jüdisches Fest zur Erinnerung an die Befreiung aus Ägypten. Es beginnt mit dem Sederabend. Auf die Frage des jüngsten Kindes »Warum ist diese Nacht ganz anders als andere Nächte?« antwortet der Vater mit der Erzählung ( Haggada) vom Auszug aus Ägypten. Verschiedene Speisen auf dem Tisch erinnern an die Gefangenschaft und die Befreiung. Es heißt im Judentum: »Jeder soll sich so verstehen, als sei er selbst aus Ägypten befreit worden.« Das Pessachfest war zur Zeit Jesu eines der drei großen Wallfahrtsfeste und war für Jesus der Anlass, nach Jerusalem zu gehen, wo er gekreuzigt wurde. So ist Pessach auch der Ursprung der christlichen Kartage und des Osterfestes. Petrus, der ursprünglich Simon hieß, war einer der ersten Jünger Jesu. Er stammte aus Galiläa, vermutlich aus Kapernaum am See Genezareth, wo auch Jesus sich öfters aufhielt. Seinen Namen Petrus, griech: der Fels, bekam er nach Mt 16,16 aufgrund sei-


Lexikon

Pflugschar bezeichnet die Schneide eines Pfluges. Mit ihrer Hilfe wird der Ackerboden zerteilt.

Präfekt   Pontius Pilatus

Priester: Die Aufgaben der Priester waren vor allem an den   Tempel und die dortigen Opfer gebunden. Zweimal im Jahr kamen sie dorthin und verrichteten ihren Dienst. In ihren Heimatorten waren sie als Richter, Schreiber oder   Toralehrer tätig. Wie die   Leviten gehen auch die Priester auf den Stamm Levi zurück, sie sahen sich aber als direkte Nachfahren Aarons (Moses älterem Bruder, der der erste   Hohepriester war). Neben dem Tempelgottesdienst und den Opferriten kam ihnen auch die Unterscheidung zwischen rein und unrein zu (   Reinheitsvorschriften). Den einmaligen Höhepunkt im Leben eines Priesters stellte die Auslosung zum Rauchopfer dar, da der Priester hierbei den Bezirk des   Heiligen hinter dem Tempelvorhang betreten durfte.

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Pharisäer: Die Bezeichnung kommt vermutlich von hebr. paroschim und bedeutet »die genau Unterscheidenden«; ihnen war wichtig, die   Tora ganz genau einzuhalten, etwa was den   Schabbat oder die Speisegebote betraf, und alles Unreine zu vermeiden (   Reinheitsvorschriften). Das bedeutete, dass sie sich auch von der römischen Besatzungsmacht und ihrer Kultur konsequent fernhielten; jedoch lehnten sie den gewaltsamen Widerstand ab. Die Pharisäer betonten die Wichtigkeit des Tora-Lernens und des Streitgesprächs – viele unter ihnen waren ausgezeichnete   Schriftgelehrte, die kritisch miteinander umgingen, wenn es um die Frage ging, welche Art von Lebensführung am ehesten dem Willen Gottes entspreche. Obwohl die Pharisäer im Neuen Testament vielfach sehr negativ dargestellt werden (zum Beispiel Mt 23,13 ff.), stehen sie in vielerlei Hinsicht den Lehren Jesu nahe und werden auch an einigen Stellen positiv erwähnt (z. B. Lk 13,31: Joh 3,1 ff.). Gerade die kritische Auseinandersetzung um Glaubensfragen zeigt, dass Jesus sie als ernsthafte Gesprächspartner geschätzt hat. Auf der Grundlage der Lehren der Pharisäer beruht noch heute das gesetzestreue Judentum.

beliebte Führerpersönlichkeit, die von einigen Nachfolgern als »König der Juden« bezeichnet wurde. Nur er als Präfekt durfte ein Todesurteil aussprechen. Obwohl er also die letzte Verantwortung für die Kreuzigung Jesu trug, wurde er später in den   Evangelien zunehmend sympathisch dargestellt und es wurden die   Juden für Jesu Tod verantwortlich gemacht – einer der Gründe für die jahrhundertelange Verfolgung der Juden.

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nes »felsenfesten« Glaubens an Jesus als   Messias. Doch die   Evangelien berichten auch von der anderen Seite des Petrus in der Nacht vor Jesu Kreuzigung, als er aus Angst leugnete, Jesus zu kennen. Nach Jesu Tod und Auferstehung wurde Petrus zu einer führenden Persönlichkeit der ersten Christengemeinde. Möglicherweise starb er in Rom den Märtyrertod. Die katholische Kirche sieht in ihm nach Mt 16,18 f. den Stellvertreter Christi auf Erden und in dem jeweiligen Papst den direkten Nachfolger des Petrus.

Pontius Pilatus stammte wohl aus niederem römischen Adel. Er war in den Jahren von 26 bis 36 n.Chr. Präfekt (Statthalter) des römischen Kaisers Tiberius in der   Provinz   Judäa und hatte unter seinen Zeitgenossen den Ruf, schonungslos und brutal zu sein. Er sah in Jesus vermutlich eine beim einfachen Volk

Propagandamittel dienen auf kämpferische Weise der Durchsetzung von politischen Zielen und Machtinteressen. Sie haben den Zweck, die Gefühle und Gedanken und damit auch das Handeln von Menschen gezielt zu beeinflussen. Propheten und Prophetinnen: Menschen, die Gottes Wort übermitteln, kennt man im gesamten Alten Orient. Sie wirkten bei Hof oder am Tempel, in Gruppen oder einzeln. Auch Frauen waren dabei (im AT z. B. Mirjam, Debora, Hulda). In den alttestamentlichen Königserzählungen erfahren wir von Propheten wie   Elia oder Nathan, die der Macht des Königs entgegentreten. In den Prophetenbüchern werden Sprüche der sog. »Schriftpropheten« (Jesaja, Jeremia, Hesekiel, Daniel und die zwölf »kleinen« Propheten) überliefert und fortgeschrieben. Diese Propheten treten in LEXIKON

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Schriftgelehrter, der die Tora studiert hat und diese seinen Schülern erklärt. Daraus wurde später der Rabbiner, der Geistliche in der jüdischen Gemeinde. In manchen Gemeinden gibt es auch Rabbinerinnen. Dass Jesus von seinen Jüngern und Jüngerinnen »Rabbi« genannt wird, zeigt, dass sie ihn als ihren Lehrer und Meister verehren, der ihnen die Schriften auslegt und Gottes Willen erklärt.

Reinheitsvorschriften: Das Gebot der Reinheit im Judentum hat nichts mit (hygienischer) Sauberkeit zu tun, sondern bezieht sich darauf, dass der Zustand eines Menschen so sein soll, dass er Gott nahe kommen kann. In der Antike galt dies vor allem für die Teilnahme am Gottesdienst im Tempel; doch bis heute prägt die Unterscheidung von Rein und Unrein, die sich auf bestimmte Dinge, Handlungen oder Zustände beziehen kann, den Alltag gesetzestreuer Jüdinnen und Juden. Kein Bereich ist unwichtig, das ganze Leben soll heilig sein und Gottes Willen entsprechen. Eine wichtige Rolle spielen dabei die Speisegesetze ( koscher). Die Reinheitsvorschriften sind in der Halacha niedergelegt.

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Psalmen: Das Psalmenbuch (Psalter) ist das biblische Gebet- und Gesangbuch der jüdischen und christlichen Gemeinde. Es stellt eine Sammlung unterschiedlicher Lieder dar – unter anderem von Hymnen, Dankliedern, Bittpsalmen und Klagepsalmen. In Hymnen und Dankliedern wird Gott als Schöpfer der Welt und als Retter aus der Not gepriesen. Klagepsalmen bestehen in der Regel aus dem Anruf Gottes, der eigentlichen Klage – einer Schilderung der eigenen Not wie z. B. Krankheit und Anfeindungen durch andere Menschen, und einer Bitte an Gott. Viele Klagepsalmen geben der Gewissheit Ausdruck, dass das Gebet von Gott erhört werden wird. Bekannte Beispiele sind etwa Ps 3, Ps 22 und Ps 69. Nach der Überlieferung von Markus und Matthäus hat Jesus am Kreuz aus Ps 22 zitiert.

Rabbi: Jüdischer

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Provinz: Palästina war zur Zeit Jesu eingeteilt in die Bezirke Judäa, Samaria, Gaulanitis, Trachonitis, Batanäa, Galiläa und Peräa. Diese Landesteile waren mit Erlaubnis Roms unter den Söhnen Herodes' des Großen aufgeteilt worden. Sie behielten also jüdische Herrscher, die allerdings weitgehend von Rom abhängig waren. Nur Judäa mit der Hauptstadt Jerusalem wurde direkt der römischen Verwaltung unterstellt und erhielt einen Präfekten. Zur Zeit des Todes Jesu war das Pontius Pilatus.

gen, in benachbarten Höhlen vor den Römern in Sicherheit. Diese Schriftrollen vom Toten Meer wurden 1947 zufällig von einem Beduinenjungen entdeckt [5]. Sie enthalten u. a. die ältesten bekannten Handschriften alttestamentlicher Texte und werden seitdem von Wissenschaftlern erforscht.

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den großen Krisen Israels auf, deuten die politische Entwicklung, üben Gesellschaftskritik, erinnern an die Tora, stören und verstören mit schlimmen Voraussagen und trösten mit Visionen von einem dauerhaften Frieden. Sie reden dabei nicht im eigenen Namen, sondern wissen sich berufen, ja oft »gezwungen« und weisen sich mit der Botenformel »So spricht der Herr« als »Mund Gottes« aus.

Qumran heißt eine antike Siedlung in der Wüste am

Toten Meer, die heute als Ruine zugänglich ist. Ihre Bewohner gehörten wohl zur Gruppe der Essener und hatten sich hier in die Wüste zurückgezogen, um ein gottgefälliges Leben nach ihren eigenen Regeln zu führen. Beim jüdischen Aufstand 66–70 n. Chr. wurde die Siedlung von den Römern zerstört. Damals brachte man zahlreiche Schriftrollen, verwahrt in Tonkrü-

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Sadduzäer: eine religiös-politische Gruppe im

Judentum, die sich um 200 v. Chr. herausbildete und vor allem einflussreiche und wohlhabende Kreise der Bevölkerung umfasste: reiche Landbesitzer, Kaufleute, Tempelpriester ( Priester) und Leviten. Sie waren im Hohen Rat (Staatsrat) vertreten und glaubten z. B. im Gegensatz zu den Pharisäern nicht an die Auferstehung der Toten. Außerdem sahen sie sich als Bewahrer der alten Ordnung, waren also nicht sonderlich an Veränderungen interessiert. Zur Zeit Jesu hatten sie relativ viel Macht, die sie allerdings nur dadurch erhalten konnten, dass sie der römischen Besatzungsmacht hinreichend entgegenkamen.


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Simchat Tora ist das Fest der Torafreude, das am letzten Tag des Laubhüttenfestes (  Sukkot) gefeiert wird. An ihm geht der jährliche   Tora-Lesezyklus zu Ende und beginnt nahtlos wieder. Um der Freude Ausdruck zu verleihen, findet singend und tanzend eine Prozession mit sämtlichen vorhandenen Torarollen der   Synagoge in den Armen statt, bei der siebenmal die Lesekanzel umrundet wird. Die Tora wird dabei berührt und geküsst. Kinder basteln Fähnchen, die mit in die Synagoge genommen werden.

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Schalom (hebräisch) wird meist mit Friede übersetzt, bedeutet aber mehr als das, was wir normalerweise unter Friede verstehen. Schalom wird als eine Gabe Gottes an die Menschen angesehen und umfasst neben Frieden zum Beispiel auch Gerechtigkeit, Freiheit und Glück. Schalom bezeichnet also ein rundum gutes und gelingendes Leben. Dies wünscht man auch, wenn man jemanden mit »Schalom« grüßt.

oder nicht kann, das eigene Verhalten so beeinflussen, dass das Erwartete tatsächlich geschieht, selbst wenn man von einer eigentlich falschen Tatsache ausgegangen ist. Ebenso können Annahmen über andere Menschen unbewusst mein Verhalten gegenüber ihnen so beeinflussen, so dass sie sich schließlich auch so verhalten, wie ich es ursprünglich vermutet habe.

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Schabbat (auch: Sabbat): Zur Erinnerung an Gottes Ruhe am siebten Schöpfungstag und an die Befreiung aus Ägypten feiern Juden den siebten Tag als Ruheund Freudentag. An diesem Tag soll nicht »gearbeitet«, d. h. in Gottes Schöpfung eingegriffen werden, sondern es soll ein Tag des Gebets, der Gemeinschaft und der Freiheit sein – ein Vorgeschmack auf das Reich Gottes.

Sinai oder auch Horeb heißt in der Bibel der Berg der Gottesbegegnung: Hier offenbarte sich Gott Mose am brennenden Dornbusch, hier übergab er ihm die   Zehn Gebote. Heute bezeichnet man mit »Sinai« sowohl die Halbinsel am Roten Meer als auch die dort gelegene Wüste als auch den Berg Dschebel Musa (»Mosesberg«) im heutigen Ägypten, an dessen Fuß das berühmte Katharinenkloster liegt.

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Schawuot (Wochenfest) ist im Judentum das »Fest der ersten Feldfrüchte«. Vor allem aber erinnert man sich an diesem Tag an die Offenbarung der   Zehn Gebote auf dem Berg   Sinai. Zusammen mit   Pessach und   Sukkot (dem Laubhüttenfest) gehört es zu den Wallfahrtsfesten, also zu den Festen, die zur Zeit der beiden   Tempel mit einer Pilgerfahrt nach   Jerusalem und Opfern im   Tempel begangen wurden.

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Schriftgelehrte sind in neutestamentlicher Zeit eine einflussreiche Gruppierung, die als Schriftkundige, -forscher und Kommentatoren der jüdischen Überlieferung zu den Lehrern des Volkes werden. Wer selbst ein Schriftgelehrter werden wollte, musste lange und gründlich studieren (   Priester wurde man durch Geburt). Zur Zeit Jesu sind Hillel und Schammai die beiden wichtigsten Schuloberhäupter unter ihnen. Da das jüdische Gesetz für alle Lebensbereiche wichtig ist, haben die Schriftgelehrten auch richterliche Befugnisse. Viele Schriftgelehrte sind   Pharisäer.

selbsterfüllende Prophezeiung (engl. self-fulfilling prophecy) bezeichnet den Effekt, dass die Vorannahmen einer Person unbewusst dazu führen, dass ein bestimmtes Verhalten oder Ergebnis bei einem selbst oder bei anderen auch wirklich eintritt. So kann z. B. die Vorannahme, dass man etwas Bestimmtes kann

Soziale Netzwerke (Internet Communitys) ermöglichen es Menschen, sich im Internet miteinander auszutauschen. Auf den dafür eingerichteten Plattformen gibt es z. B. Foren, in denen man die Beiträge anderer lesen oder selbst welche erstellen kann. Durch einen Nachrichtensofortversand (Instant Messaging) kann man anderen Mitgliedern kleine private Mails schicken und sich so in Echtzeit mit ihnen unterhalten. In einem Chat-Bereich können mehrere Personen gleichzeitig miteinander »reden«. Um an einer Netzgemeinschaft aktiv teilzunehmen, muss man angemeldet sein. Dadurch erhält man ein sog. Profil. Dieses besteht meist aus einer Eröffnungsseite, die die freigegebenen Daten des Benutzers – z. B. die Namen der mit ihm befreundeten Mitglieder – enthält und Möglichkeiten bietet, sich selbst z. B. mit Fotos, Videos oder Texten darzustellen. Außerdem gibt es LEXIKON

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Tempel: Der Tempel in Jerusalem bildete über ein Jahrtausend das Zentrum jüdischen Lebens und Glaubens: Er war der Lebensmittelpunkt des Volkes, diente der Versammlung zum Gottesdienst und wurde für die täglichen Opfergaben genutzt. Er galt als sichtbares Zeichen für Gottes Gegenwart, da dieser nach jüdischer Vorstellung im Allerheiligsten wohnt. Der erste Tempel wurde von König Salomo vermutlich im Jahr 961 v. Chr. erbaut, 587 v. Chr. von den Babyloniern zerstört, ab 520 v. Chr. als zweiter Tempel wieder aufgebaut, bis ihn 70 n. Chr. die Römer endgültig zerstörten. Nur ein Teil der westlichen Stützmauer steht heute noch und ist unter dem Namen »Klagemauer« bekannt. Sie gilt heute als der heiligste Ort des Judentums. Die Weitergabe der Tora und die Möglichkeit, Gottesdienste zu feiern, wurden nach der Zerstörung des zweiten Tempels ganz auf die Synagogen übertragen. Jesus hat sich, wie vor ihm manche Propheten, sehr kritisch mit dem Tempelkult auseinandergesetzt und mit seiner »Tempelreinigung« (Mk 11,15–18) die Priesterschaft provoziert.

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Sukkot (Laubhüttenfest): Das Laubhüttenfest, bei dem Juden in selbstgebauten provisorischen Hütten wohnen, durch deren Dach man den Himmel sieht – zur Erinnerung an die Zeit der Wüstenwanderung und als Zeichen dafür, dass das Leben unsicher und »in Bewegung« ist und dass die Menschen auf Gottes Güte angewiesen sind. Das Fest ist zugleich Erntedankfest (v. a. Obst und Wein). Am letzten Tag wird Simchat Tora, das Fest der Torafreude, gefeiert.

Talmud: (hebr., wörtl.: Lehre, Studium, Lernen) ist neben den Fünf Büchern Mose das bedeutendste Schriftwerk des Judentums. Er stellt eine Sammlung von Ausführungen, Diskussionen und Kommentaren zur mündlichen Tora dar.

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Möglichkeiten, dem Profilinhaber Nachrichten zu hinterlassen, die für Freunde oder auch für alle einsehbar sind. In manchen Communitys wird dieser Bereich Gästebuch genannt. – Da es sich nicht um einen rechtsfreien Raum handelt, muss eine solche Plattform von den Betreibern überwacht werden. Sog. Moderatoren achten z. B. darauf, dass die vereinbarten Regeln (die Netiquette) eingehalten werden. – Programme, die sich nur auf den Nachrichtensofortversand auf dem Handy spezialisiert haben, nennt man Messenger-Apps.

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Synagogen, d. h. »Versammlungshäuser«, gab es schon in neutestamentlicher Zeit. Jesus hat in Synagogen gepredigt. Doch erst nach der Zerstörung des Tempels bekamen sie ihre große Bedeutung als Gebets- und Lehrhäuser der Juden bis heute. In der Synagoge wird die Tora gelesen und ausgelegt, wird gebetet und gesungen und werden die großen Feste gefeiert.

Taizé: An die 200.000 junge Menschen aller Konfes-

sionen und Nationalitäten kommen alljährlich zu Jugendtreffen nach Taizé in Frankreich. Sie werden von der ökumenischen Ordensgemeinschaft von Taizé eingeladen, mit ihnen zusammen zu beten und zu singen, sich Zeit für Stille und persönliches Nachdenken zu nehmen, sich mit biblischen Texten auseinanderzusetzen und darüber nachzudenken, wie christliche Lebensgestaltung konkret im Alltag aussehen kann. Andachten mit meditativen Gesängen aus Taizé werden mittlerweile in vielen Gemeinden in Deutschland gefeiert.

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Tempelschatz: Er enthielt die heiligen Gerätschaften, die zum Teil aus Gold und Silber waren, die Tempelsteuer, die jeder über 20-jährige Jude jährlich entrichtete, und wertvolle Geschenke. Der Tempelschatz wurde im Laufe der Geschichte immer wieder geplündert. Tetraplegie (von griech. tetra: vier; plege Schlag, Lähmung) bezeichnet die Lähmung von Armen und Beinen, also der vier Gliedmaßen, als Folge einer Halswirbelverletzung. Tora: Das Wort bedeutet wörtlich Lehre, Wegweisung, Lebensorientierung und meint vor allem die Fünf Bücher Mose. Diese enthalten die verbindliche Gesetzesüberlieferung, wobei es neben dieser »schriftlichen« auch eine »mündliche« Tora (Mischna) gibt.


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Trinitatiskreis: Am Sonntag nach Pfingsten, dem Trinitatisfest (Fest der Dreieinigkeit oder Dreifaltigkeit) ist das Gottesbild des Christentums Thema: Gott ist einer und zugleich drei Personen: Vater, Sohn und Heiliger Geist. Mit dem Trinitatisfest beginnt der Trinitatiskreis. Die Sonntage nach Trinitatis (maximal 26) überspannen die Zeit des Sommers bis zum Ende des Kirchenjahres im Herbst.

Vater und Mutter ehren: Das 4. Gebot wird oft so

Zeloten: Der Name bedeutet wörtlich Eiferer und bezeichnet eine Gruppierung, die zur Zeit der römischen Herrschaft gewaltsamen Widerstand leistet, weil sie die   Tora als einzige Grundlage für das Leben des Volkes ansieht und somit fremde Gesetze bzw. den Versuch, diese den Juden aufzuzwingen, strikt ablehnt. Weil Gott seinem Volk ein eigenes, freies Land versprochen hat, müssen die Römer aus   Palästina vertrieben werden. Den   Messias stellen sie sich als gewaltigen Kriegsmann vor, mit dessen Hilfe es dem Volk gelingen wird, die Römer endgültig zu besiegen.

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verstanden, dass man seinen Eltern gehorchen müsse. Doch auch dieses Gebot dient dem Schutz der Schwachen: Es hat die alten Eltern im Blick, die nicht mehr selbstständig leben können. (Hebr. »ehren« heißt eigentlich: »schwer machen«, d. h. jemanden mit dem Lebensnotwendigen versorgen.) Es richtet sich an Familienmitglieder, aber auch an die Gesellschaft, die für die soziale Sicherung der alten Menschen verantwortlich ist. Der zweite Teil »auf dass dir’s wohlgehe« beschreibt weniger eine »Belohnung« für gutes Verhalten, als seine Folge:   Schalom kann in Familie und Gesellschaft nur herrschen, wenn Alt und Jung, Starke und Schwache füreinander sorgen.

Ägyptenland geführt hat« gestrichen als auch das ursprüngliche zweite Gebot, das Bilderverbot. Dieses ist auch in der katholischen Zählung der Zehn Gebote nicht dabei. Stattdessen wurde das letzte Gebot aufgeteilt.

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Juden betrachten das Gesetz nicht als Zwang, sondern als Lebenshilfe, als Geschenk Gottes, der sein Volk aus Ägypten befreit hat und der die Freiheit aller Menschen will.

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Zion ist der Name eines Hügels, der sich im Südwesten der Altstadt   Jerusalems befindet. Der Begriff wird oft symbolisch für Jerusalem als Stadt Gottes oder auch für ganz Israel als das von Gott gegebene, gelobte Land gebraucht. Dies hängt vor allem damit zusammen, dass auf ihm der erste und zweite   Tempel errichtet wurden. Zion kann auch das himmlische Jerusalem meinen, also die Stadt, wo das endzeitliche Paradies anbricht. In dichterischer Sprache steht Tochter Zion für die Stadt Jerusalem, während die Töchter Zions die Einwohnerinnen von Jerusalem bezeichnen. Auf dem Zion befinden sich heute wichtige   heilige Orte für die jüdische, christliche und muslimische Religion (Klagemauer, die Grabeskirche, der Felsendom und die Al-Aqsa-Moschee).

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Versöhnungstag (Jom Kippur): Hoher jüdischer Feiertag, der mit Fasten, Beten und feierlichem Sündenbekenntnis begangen wird. Im Alten Israel war es der Tag, an dem der   Hohepriester das Allerheiligste betreten durfte, um das Volk und sich selbst mit Gott zu versöhnen (Lev 16,1).

Zehn Gebote kann man an den Fingern abzählen.

Das ist wahrscheinlich der Grund dafür, dass es ausgerechnet zehn sind! Obwohl es viele andere Gesetze und Regeln in der Bibel gibt, haben diese zehn Sätze die christliche Kultur geprägt. Im Buch Exodus wird erzählt, dass Mose sie auf zwei Steintafeln von Gott selbst empfangen hat. Martin   Luther hat später einiges verändert und gekürzt. Er hat sowohl die »Überschrift« der Gebote »Ich bin dein Gott, der dich aus

Zöllner: Um die Staatskasse zu füllen, hatten die Römer ein großes Zollwesen aufgebaut, so dass z. B. bei Grenzüberschreitungen Abgaben als Wegbenutzungsgebühren zu leisten waren. Das Recht hierzu wurde auch an Privatpersonen verpachtet, was nicht selten zu maßlos überteuerten Tarifen führte, weil diese möglichst hohe Gewinne erzielen wollten. Zöllner waren deshalb so verachtet, dass es sogar verboten war, aus ihren Einnahmen Spenden für die Armenkasse entgegenzunehmen, aus denen die Armen mit täglich zwei Mahlzeiten versorgt wurden. LEXIKON

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Register Auferstehung 16 f., 53, 67, 92 f., 97, 130–132 Außenseiter 15, 38 f. 65

Ostern 48, 92 f., 126 f., 129–133 Passion/Passionszeit 48, 84 f., 91, 97, 126, 130 f., 145 Pessach 57, 60, 81, 84, 87, 131 Pfingsten 126 f., 133

Bar (Bat) Mizwa 59, 124 Behinderung 18, 110–113 Christus 16, 18 f., 44, 61, 67, 75, 87, 94, 131 f.

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Himmelfahrt 126 f., 130, 132

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Internet 9, 13, 15, 17, 19, 37, 41, 49, 58, 63, 97, 103, 115, 128, 131 Jerusalem 48 f., 50 f., 56 ff., 72, 81, 84 f., 86 f., 130, 133 Josef (von Nazareth) 16, 66, 72, 96 Jüdisch / Juden(tum) 26, 45, 51–54., 56-63, 65, 72, 78, 80, 85, 87, 94, 96, 109, 131, 133 Jünger/innen 15, 54, 73, 81, 85 f., 92–94, 130, 132 f. Kirchenjahr 117, 126 ff., 130, 137 Konfirmation 112, 125 Konflikt 20f., 28f., 34 ff., 40, 43, 81, 102, 142 Krippe 16, 48, 96 f., 129, 131 Maria (Mutter Jesu) 16, 55, 66, 96, 129 Messias 52 f., 57, 60 f., 71, 76, 94, 128 164

REGISTER

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Schabbat 52 f., 59, 62 f., 72, 80, 109 Segen 25, 29, 124, 128, 137 Tora 53, 58 ff., 63, 124, 133

Weihnachten 114 f., 126–129 Wunder 39, 61, 67, 75, 77, 79, 97, 112

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Galiläa 48, 51, 54 f., 75, 77, Glaubensbekenntnis 9, 16, 67, 95, 117, 126, 129, 132 Gleichnis 67, 73, 76–80 Gruppen 9, 12 f., 15, 19, 21, 24, 31-35, 37–40, 43, 45, 48 f., 51 ff., 71, 74, 77, 79, 84, 87, 95, 102, 106 f., 111f., 114, 117, 123, 126, 128, 137, 143

Reich Gottes 57, 63, 66–81, 89 ff., 93, 97 Römer 47, 50–53, 56 f., 61, 76, 78, 85, 87

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Familie 20 f., 26-31, 33, 43, 50, 52, 56, 63, 72 f., 74, 101 ff., 105, 108, 111, 126, 129, 132 Fest 15, 56–60, 62 f., 80, 109, 116–137 Freiheit 18, 30, 51, 60, 63, 71, 95 Fremd 13, 29, 38, 47, 51, 53, 63, 98 f., 104 f., 108 f., 115 Freund(in)/Freundschaft 11 ff., 17, 20 f, 31 f., 34 ff., 40 f., 43, 45, 48, 55, 63, 78, 105, 108, 111, 114, 122, 124 f., 129


Quellenverzeichnis

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BILDER

QUELLENVERZEICHNIS

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Korb: Chamberi/Wikipedia, u.r.: Carole Raddato/ Wikipedia S. 56 l.: © Homedesmarc/Dreamstime.com, r.: © L. Bormann/R.Paluszkiewicz, Universität Bayreuth S. 57 o.: © Lilyz/Dreamstime.com, M.: © Rafael Ben-ari/Dreamstime.com S. 58 l.: © Rafael Ben-ari/Dreamstime.com S. 59 l.: akg-images/Bildarchiv Steffen, M.: Bee Jewish Books, r.: Heidrun Böger, Leipzig S. 60: Gesche-M. Cordes, Hamburg, www.geschecordes.de S. 61 l.: © phadungsakphoto/Fotolia.com, r.: akgimages/album S. 62: © VG-Bildkunst, Bonn 2017, Foto: RMN, Paris/Vertrieb bpk, Berlin S. 64 o.: Besitz der Staatlichen Tretyakov Galerie Moskau S. 67, S. 69, S. 90, S. 138: Foto: Michael Steiner, Aichtal S. 68: ZDF/Corporate Design S. 70 u.: picture-alliance/dpa-infografik S. 71: Peter Samhammer, Eurasburg S. 72: The Yorck Project/Wikipedia S. 73 o.: © Neyro/Fotolia.com, u.: Michael Marks, Bonn S. 74: © Mfcboy/Dreamstime.com S. 76: Marc Chagall, La vie. © VG Bild-Kunst, Bonn 2017 S. 77: Jutta Hollick/Roland Kreutzfeldt S. 78: © Daniel Moor, Berlin S. 79: © VG Bild-Kunst, Bonn 2017 S. 80: © Sharply-done/Dreamstime.com S. 81, S. 85 o.: Verlag Haus Altenberg GmbH S. 82-84: Hans Memlin, Turiner Passion © 1992 Photo Scala, Florenz S. 85 u.: Kaesler Media/shutterstock.com S. 86: © Madrabothair/Dreamstime.com S. 87 o.: Sebastian Görnitz-Rückert, München, u.: © Granada International, London S. 88: © Matthew Parry, Australien S. 91 o.: © VG Bild-Kunst, Bonn 2017, u.: akg-images S. 92: Tafeln »Emmaus-Abendmahl-Ostern« des Plötzenseer Totentanzes von Alfred Hrdlicka in der Ev. Gedenkkirche Plötzensee, Berlin. © Ev. 166

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Quellenverzeichnis

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TEXTE S. 12 und 14 aus: Delphine de Vigan, No und ich. Übersetzt von Doris Heinemann. Droemer Knaur Verlag, 2009 S. 18: Ingo Traub, München S. 24: Oliver Bierhoff, www.focus.de, Focus Online Group S. 25 aus: Hans Frör, Ich will von Gott erzählen. Gütersloher Verlag in der Verlagsgruppe Random House GmbH, München S. 30: Benjamin Lebert, Das Wichtigste im Leben? DIE ZEIT 23.12.2008. DIE ZEIT Verlagsgruppe, Hamburg S. 31: Daniel Münter, WDR Quarks S. 32, S. 34-36: Sebastian Görnitz-Rückert, München S. 37: ServiceBureau Jugendinformation S. 40 Text: Hanan Hamdi/ Fabian Roemer/Beatgees/ Konrad Sommermeyer, Copyright: ACE Magnets Edition und Guerilla Entertainment Edition bei Universal Music Publishing GmbH, Berlin, Beatgees Publishing bei EMI Music Publishing Germany GmbH, Berlin, BMG Rights Management GmbH, Berlin S. 48, S. 52: Ingrid Grill-Ahollinger, München S. 61 aus: Manes Sperber, Die Wasserträger Gottes. Europa Verlag, Berlin, München und Wien S. 70 aus: Bertolt Brecht, Gesammelte Werke, Band 8. Suhrkamp Verlag, Berlin S. 71 Song der Musikband Höhner, Text: Carl Friedrich Ingenmey, Rechte: Vogelsang Musikverlag GmbH, Köln S. 72 aus: Alois Prinz, Jesus von Nazaret. Der sanfte Rebell, S. 53-57, gekürzt. Insel Verlag, Berlin S. 73 »Der Sohn des Fischers«: Peter Samhammer, Eurasburg S. 75 aus: Erich Fried, Gegengift. Verlag Klaus Wagenbach, Berlin, aus: Eugen Drewermann, Glauben in Freiheit I, S. 340. Walter Verlag in der Verlagsgruppe Patmos in der Schwabenverlag AG, Ostfildern S. 76 aus Kurt Marti, geduld und revolte, S. 22. Radius Verlag, Stuttgart 1984 S. 77 aus: Alois Prinz, Jesus von Nazaret. Der sanfte Rebell, S. 151–154, gekürzt. Insel Verlag, Berlin

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S. 122 o: Andrea Rückert, München, u.: © Lydia Geissler/Fotolia.com S. 123 o: Linke Pressedienst, M.l.: © Arina P. Habich/shutterstock.com, M.r.: Kenneth Brown, München, u.: © kvv-i/picture box/shotshop.com S. 124 o.l.: Andrea Rückert, München, o.r.: Jüdische Gemeinde, Hameln, u.: © Katja El Sol/shutterstock.com S. 125 o.: © epd-bild/ Jens Schulze, u. © Günter Vahlkampf/KNA S. 127: © Claudia Kreile, Gröbenzell S. 128: EKD S. 129 l.: Wikipedia, M.: akg-images, r.: Nikolas/ Timeline Images/Süddeutsche Zeitung S. 130: © Ulrich Knapp, Fürth S. 131 o.: Angela Garner, © VG-Bildkunst, Bonn 2017, Foto: Stefanie de Buhr, Backnang, u.: © epd-bild/ Meike Böschemeyer S. 132: Foto-Design Hahn, Edertal S. 133: bild-schoen medienproduktion, Axel Mölkner-Kappl, Neuburg an der Donau S. 134: akg-images S. 135: o.l.: Christoph Püschner/Brot für die Welt, o.r.: Barbara Bock/Ev. Kirchengemeinde Nellingen, u.l.: Kim Jennifer Mahlmann/Evangelische Jugend Hamburg, u.r. Ev.-Luth. Kirchengemeinde Niendorf, Lütcke/Ziemann Kommunikationsdesign, Hamburg S. 136 o.: Kenneth Brown, München, u. Andrea Rückert, München S. 139: © whitestorm/Fotolia.com S. 151: © sankphotoo/Fotolia.com

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Quellenverzeichnis

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as Heuwinkel, Normal bin ich nicht behindert. Verlag Borgmann, Dortmund 2000, grafische Umsetzung: Sebastian Görnitz-Rückert, München S. 111 aus: Anders sein. Bausteine für den Unterricht in der Realschule und im Gymnasium. Hrsg. vom Diakonischen Werk Bayern, e.V., Nürnberg S. 112 »Konfirmandenstunde« von Hanna Löhmannsröben. Aus: Der Mensch lebt nicht vom Brot allein. Forum für Heil- und Religionspädagogik Band 1. Hrsg. von Stephan Leimgruber, Annabelle Pithan und Martin Spieckermann. Comenius Institut, Münster 2001 S. 113: Emily Pearl Kingsley, Übersetzung von Andrea Kühne. www.down-syndrom.ch S 114: Amiri Magdis.Chrismon, Hansisches Druckund Verlagshaus GmbH S. 120 »Wie lerne ich am besten«: www.studienstrategie.de/lernen/wie-lerne-ich-am-besten S. 121 aus: Katja Herzke/Friedermann Schmoll, Warum feiern wir Geburtstag? DVA Verlag in der Verlagsgruppe Random House GmbH, München S. 124: Elisa Klapshek, www.aviva-berlin.de

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S. 78: aus Martin Buber, Die Erzählungen der Chassidim. Manesse Verlag in der Verlagsgruppe Random House GmbH, München S. 81 aus: Alois Prinz, Jesus von Nazaret. Der sanfte Rebell, S. 167. Insel Verlag, Berlin S. 93 aus: Dorothee Sölle, zivil und ungehorsam, S. 49. Verlag Wolfgang Fietkau, Kleinmachnow, 1990 S. 95: Kasmi Segabalusa, Wolfsburg, Rechte beim Autor S. 101: Laura Waßermann, Ich der Durchschnittsdeutsche. www.handelsblatt.com, Handelsblatt GmbH, Düsseldorf S. 103: eMagazine wissen.de S. 104 aus: Karl Valentin, Sämtliche Werke, Band 4. Piper Verlag, München S. 105 und S. 126 aus: Antoine de Saint-Exupéry, Der Kleine Prinz. Übersetzt von Herbert Marion. Karl Rauch Verlag, Düsseldorf S. 107: Daniel Rettig, www.alltagsforschung.de, Martin Latsch, www.spiegel.de, SPIEGEL ONLINE S. 110 Interviews aus: Winfried Palmowski/Matthi-

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Evangelisches Religionsbuch für Gymnasien 6


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