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Promis über den Sinn von Weihnachten
by COCO
Bräuche und Beziehungen
TEXT MARKUS DEISENBERGER Manche brauchen Geschenke, andere eine Umarmung. Was macht Weihnachten eigentlich aus? Vision. Salzburg sprach mit prominenten Salzburgern darüber, wie sie das Fest feiern und vor allem wie sie ihm Sinn geben.
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Veronika KIRCHMAIR ist Inhaberin und Geschäftsführerin des St. Peter Stiftskulinariums. Weihnachten feiert sie einfach und im kleinen Kreise. Das Stiftskulinarium bleibt am 24.12. geschlossen, »damit alle Mitarbeiter und auch wir einen Tag für uns haben.«
© Wolfgang Lienbacher
≈ Wie war das abgelaufene Jahr für
Sie? Was waren Ihre künstlerischen, was Ihre persönlichen Höhepunkte? Persönlich und künstlerisch war 2022 ein wunderbares Jahr für mich: Ich wurde 50 und hatte ein wunderbares Geburtstagsfestkonzert in Salzburg, ich habe meinen ersten »Loge« in Wagners Rheingold gesungen, ich hatte unzählige wunderbare Konzerte, meine Inszenierung des »Barbier von Sevilla« bei den Salzburger Pfingst- und Sommerfestspielen war ein riesiger Spaß. Allerdings: Global gesehen war und ist es ein hartes Jahr. Covid, die Invasion der Ukraine, der Klimawandel, Kriege in Afrika, Naturkatastrophen, Hungersnöte, schlimmste politische Entwicklungen an vielen Orten… ich möchte nicht pessimistisch erscheinen, aber ich mache mir große Sorgen um uns alle. Wir müssen alle solidarischer miteinander umgehen.
≈ Was bedeutet Ihnen persönlich
Weihnachten?
Piñatas und
Nacimientos
Rolando Villazón, Mozartwoche
Es bedeutet mir nichts als religiöses Fest, aber als Familienritual mag ich es. Nur Geschenke finde ich stressig!
≈ Ist Weihnachten für Sie ein stilles Fest oder eine rauschende Party? Wir feiern im Kreise der engen Familie, das kann aber durchaus laut und lustig werden.
≈ Können Sie sich noch an Weihnachten in Ihrer Kindheit erinnern?
Gab es da besonders schöne Dinge, an die Sie gern zurückdenken? Weihnachten in Mexiko dauert sehr viel länger als in Österreich, nämlich vom 12. Dezember, dem »Dia de la Virgin de Guadalupe«, bis zum 6. Januar. Vom 16. bis 24. Dezember finden in Mexiko Prozessionen statt, bei denen Marias und Josefs Suche nach einer Unterkunft nachgestellt wird. Die Kinder gehen von Haus zu Haus, singen das traditionelle Las-Posadas-Lied und bitten die Hausbesitzer sie hereinzulassen. Jeden Abend enden die Prozessionen in einem anderen Haus, wo eine Fiesta mit reichlich Essen, Trinken und natürlich Piñatas gefeiert wird. Ihr wisst, was eine Piñata ist, oder? (bunt gestaltete Figuren aus Pappmaché, die mit Süßigkeiten und traditionell mit Früchten gefüllt sind, Anm.). Viele mexikanische Familien feiern die Weihnachtszeit mit aufwendigen Krippen in ihren Häusern. Diese werden Nacimientos genannt und am 16. Dezember aufgestellt.
≈ Wo und wie feiern Sie heuer Weihnachten? Wir werden in Paris sein mit meiner Familie, ganz viel essen und Villancicos singen, das sind mexikanische Weihnachtslieder.
≈ Worauf freuen Sie sich besonders im kommenden Jahr? Ist doch klar: auf die Mozartwoche im Januar!
Rolando VILLAZÓN (*1972 in Mexiko-Stadt) ist ein mexikanisch-französischer Opernsänger, Regisseur und Schriftsteller mit österreichischen Vorfahren. Seit 2019 ist er Intendant der Mozartwoche. Zu Weihnachten kombiniert er gern mexikanische Traditionen mit europäischen, besonders der schönen Weihnachtsmusik. Geschenktechnisch freut er sich am meisten über Bücher.
Besondere Sensibilität
und Wärme
Veronika Kirchmair, St. Peter Stiftskulinarium ≈ Zu Weihnachten gleicht das Stiftskulinarium einem Winter-Wonderland. Die Deko ist atemberaubend.
Gibt es auch Kritiker? Grundsätzlich kommt es gut an. Die Arbeit – und die muss man investieren – wird schon respektiert. Man kann das auch mit keiner Firma machen. Ich hab´ das einmal erfolglos versucht. Erstens ist das unbezahlbar und zweitens müssen die Ideen von Herzen kommen, sonst hat es nicht den gewünschten Effekt. Natürlich ist das ein bisschen schräg. Aber wenn es mein Herz anspricht, dann weiß ich auch: Es ist richtig. aus Porzellan. Die hatte die Größe eines kleinen Kindes und konnte, wenn man sie hinten aufzog, tatsächlich gehen. Nur leider hielt das Wunder nur so lange an, bis meine Brüder mit ihr Ball spielten. ≈ Ideale Weihnachten sind für mich, wenn... ... ich meine Familie an meiner Seite habe, wir gesund sind, und ich den Mythos von Weihnachten noch in mir spüre, auch wenn die letzte Zeit nicht einfach war. Beziehungen bewusst machen
≈ Wo kommt Ihre Begeisterung für das Thema Weihnachten her? Das begann schon im Kindesalter. Weihnachten war für mich immer eine Zeit, in der ich mich besonders wohl fühlte, weil ich spürte, dass es da so viel Wärme gibt – Wärme, die mich dann über eine weite Strecke des Jahres begleitete. Ich habe die besondere Sensibilität, die diese Zeit ausmacht, und das Zusammenkommen als Familie immer besonders gerne gehabt. Ich verbinde damit sehr schöne Kindheitserinnerungen.
≈ Welche Erinnerungen sind das? Ich komme aus Tirol, da gab es zu Weihnachten traditionell immer Skianzüge und Ski. Gleich am nächsten Tag zogen wir los, um die neuen Skier auszuprobieren und zu schauen, wer der Schnellste ist. Dadurch, dass ich in einer Hoteliersfamilie aufgewachsen bin, habe ich Weihnachten auch immer mit vielen Menschen verbracht. Wir waren nie im engen Familienkreis, sondern die Gäste haben bei uns zur Familie dazugehört. Für die Gäste hat man ein Erlebnis geschaffen. Das hat sich mir eingeprägt und ist gewachsen. In St. Peter nehmen sehr viele Menschen Anteil an dieser Weihnachtswelt, die wir kreieren. Manche Gäste reden schon im Sommer von Weihnachten. Eine alte Dame ließ uns –meinen Mann und mich – mal kommen und meinte begeistert: »So stelle ich mir den Himmel vor!« Das ist es, was wir damit bewegen wollen...
≈ Was war das schönste Geschenk, das Sie jemals bekamen? Als Kind bekam ich mal einen Teddy, der brummen konnte und eine Gehpuppe Pater Johannes, Europakloster
≈ Was bedeutet Weihnachten für Sie? Nach der christlichen Tradition beginnt Weihnachten mit der Geburt Jesu Christi. Aber für mich ist Weihnachten ganz allgemein die Versicherung, dass etwas Neues beginnt. Etwas Sinnvolles. Alle Weihnachtsbräuche zielen ja darauf ab, dass das Leben sinnvoll wird. Und das wird es, wenn wir all unsere Sinne aktivieren. Wir haben uns Weihnachten ein wenig ruiniert, indem wir die ganze »Affäre« vorverlegt haben. Weihnachten ist zu Weihnachten ja schon vorbei, deshalb wird es fad. Ich werde ununterbrochen zu Weihnachtsfeiern eingeladen. Ich verstehe das ja. Die Menschen wollen wieder zusammenkommen, aber wenn ich in der Woche vor Weihnachten drei Weihnachtsfeiern absolviere bin ich krank.
≈ Wie haben Sie als Kind gefeiert? Wir haben Weihnachten immer sehr bewusst gefeiert, weil wir Dinge gemacht haben, die die Sinne aktivieren. Zum Beispiel Barbarazweige ins Wasser stecken. Oft hat es nicht geklappt, manchmal aber schon: Dann sind sie aufgeblüht. Das war dann ein Symbol dafür, dass etwas Neues beginnt.
≈ Welchen Bräuchen huldigen Sie heute noch? Mir ist wichtig, dass ich jemanden beschenke. Und zwar nicht weil man muss, sondern weil ich jemandem eine Freude machen will. Das macht Weihnachten für mich sinnvoll.
≈ Wie feiern Sie? Indem ich sehr bewusst alte und neue Beziehungen wertschätze und lebendig werden lasse. Der Rummel verhindert oft, dass wir unsere Beziehungen wertschätzen und uns bewusst machen: Ohne Beziehungen können wir überhaupt nicht leben. Deshalb müssen wir sie pflegen, sanieren und mit neuem Sinn füllen. Und da geht es nicht darum, alten Mist aufzuwärmen, sondern Dinge zu bereinigen. Weihnachten war auch immer ein Fest, zu dem man putzt. Ich räume gerade meinen Schreibtisch auf und beantworte liegen gebliebene E-Mails.
≈ Was war Ihr schönstes Geschenk? Da kommen viele Bilder, aber eines ist besonders intensiv, weil ich etwas nicht bekam: In der Weihnachtszeit klopfte mal eine alte Frau an der Tür – ich sehe es heute noch vor mir – und bat um Brot. Das hat mich damals erschüttert, weil wir eigentlich keine Not mehr hatten. Mein Großvater nahm sofort den frischen Laib Brot, schnitt das Scherzerl ab, das normalerweise ich immer bekam, ab und gab es gemeinsam mit einem großen Stück Wurst der Frau. Mein Großvater nahm mich daraufhin zur Seite, weil er genau wusste, was ich jetzt dachte, und sagte: »Weißt du, manchmal macht man sich selbst die größte Freude, indem man das, was man am liebsten hat, herschenkt.« Eine Lehre fürs Leben.
Johannes PAUSCH (Jahrgang 1949) zählt zu den weit bekannten spirituellen Lehrern. Der Benediktinermönch und Psychotherapeut ist ehemaliger Abt des Klosters Gut Aich in St. Gilgen am Wolfgangsee. Er ist ein erfolgreicher Autor und gefragter Kursleiter. Das Kloster Gut Aich nimmt derzeit nicht nur ukrainische Flüchtlinge auf, sondern auch »Binnenflüchtlinge«, wie sie Pater Johannes nennt. Leute also, die vor Weihnachten, vor dem Stress auf der Flucht sind.