Masterarbeit im Studiengang Nachhaltigkeitswissenschaften
Neue Formen des Denkens, Lebens und Handelns: Gestaltung des Miteinanders jenseits der Geldlogik
Eine explorative Analyse der Bewegung „Verantwortung ERDE“ in Villach
New forms of thinking, living and acting: Creating togetherness beyond monetary logic
An explorative analysis of the movement „Verantwortung ERDE“ in Villach
Bearbeitet von: Lisa Theresa Oehler
Immatrikulationsnummer: 3032513
Studiengang: lisa.oehler@stud.leuphana.de
Erstprüfer: Prof. Dr. Roberto Nigro
Zweitprüferin: Apl. Prof. Dr. Ulli Vilsmaier Abgabe: 9.7.2021
II
Vorwort
Abb. 1: Ein Grundsatz der Verantwortung ERDE; Quelle: Webseite Verantwortung ERDE
Noch am Bahnsteig spüre ich die Aufregung, das Erwarten. Und dann: zwei Hände in der Luft und gleich darauf ein Willkommen Heißen wie ich es lange nicht erlebt habe. Es ist herzlich, offen und vor allem: so gemeint. Ich fühle mich sofort zugehörig, mein Herzschlag verlangsamt sich. Das Gefühl, sich ausbreiten zu können nach Stunden im Zug sein und bloß niemanden berühren; Körper, die sich aneinander vorbeischieben, sich am liebsten auflösen würden. Und jetzt berührbar werden, eingeladen, da zu sein. Mir fällt auf, wie oft ich das gegenteilige Gefühl habe, an Bahnhöfen, in Vorlesungssälen, beim Bäcker. Ein sich aus dem Weg gehen, geduldet sein vielleicht, aber nicht willkommen. Es ist genau diese Qualität, die ich in den ersten Minuten erfahre, die diesen Ort ausmachen. Diese Unmittelbarkeit, die auf eine Bedingungslosigkeit verweist, die hier gelebt wird.
Diese Zeilen schrieb ich kurz nachdem ich die Bewegung Verantwortung ERDE zum ersten Mal in Villach kennenlernte Zu meinem ersten Eindruck kamen viele weitere, die hier verdichtet als meine Masterarbeit vorliegen. Liebe Erdlinge, ich danke Euch von ganzem Herzen für das Teilen von Speisen und Gedanken, Vision und Tatendrang. Heidi Lehner und meiner Familie danke ich für ihre Art, die Welt zu sehen und ihre Unterstützung. Dank gilt auch meinen unterstützenden Freund*innen und den Betreuenden für ihr ermutigendes Interesse an dieser Arbeit
„Frieden kann man nicht gegeneinander gewinnen, sondern nur miteinander“
Richard von Weizsäcker
III
Kurzzusammenfassung
Die hier vorliegende Arbeit interessiert sich für Bedingungen, unter denen ein grundlegender nachhaltiger Wandel möglich wird. Anhand des empirischen Feldzugangs der Bewegung „Verantwortung ERDE“ in Villach wird nach den Grundsätzen der „Constructive Grounded Theory“ (Charmaz, 2006) analysiert, wie diese eine auf Verantwortungsübernahme für Mensch und Natur ausgerichtete Lebensweise anstreben Es wurden sechs Interviews mit Menschen aus der Bewegung geführt. Durch die Etablierung einer geldlogikfreien Schenkkultur, die auf tauschlogikfreien Kreisläufen basiert, wird das vorherrschende Paradigma der Geldlogik vor Ort zu Gunsten vielfältiger Möglichkeitsräume aufgebrochen. Dies ermöglicht neue Formen des Denkens und Handelns. Auf diese Weise wird eine selbstbestimmte Gestaltung des Lebensraums und der Lebensbedingungen möglich. Dieser Prozess bedarf sowohl des reflexiven Erkennens und Verstehens bestehender geldlogischer Strukturen, als auch des Machens veränderter Erfahrungen im Umgang miteinander und kann als konstruktiver Aktivismus bezeichnet werden.
Abstract
The work presented here is interested in conditions under which fundamental sustainable change becomes possible. Based on the empirical fieldwork of the movement „Verantwortung ERDE“ in Villach, it is analyzed according to the principles of the „Constructive Grounded Theory“ (Charmaz, 2006) how they strive for a way of life oriented towards taking responsibility for people and nature. Six interviews were conducted with people from the movement. By establishing a gift culture based on exchange logic free cycles beyond the monetary logic, the prevailing paradigm of the monetary logic is locally abrogated in favor of diverse spaces of possibility. This enables new forms of thinking and acting. In this way, a self determined design of the living space and living conditions becomes possible. This process requires both the reflexive recognition and understanding of existing structures and changed experiences in dealing with each other and can be described as constructive activism.
IV
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung 1
1.1
Forschungsinteresse und Abgrenzung 2
1.2 Aufbau 3
2 Verortung der Forschungsarbeit.......................................................................................... 4
2.1
Transformationsforschung und transformative Forschung ........................................ 4
2.2 Transformative Wirtschaftswissenschaft .................................................................... 6
2.3 Geld und Tausch 8
3 Methodologie 12
3.1
3.2
Constructive Grounded Theory 12
Forschungsfeld: Die Bewegung Verantwortung ERDE
3.2.1 Der Freiraum ERDE
13
14
3.2.2
Der Garten ERDE ein Garten für ALLE
15 3.2.3 Politische Fraktion 16
3.3 Datenerhebung 16
3.4 Datenanalyse 17
3.4.1 Initial Coding 18 3.4.2 Focused Coding ................................................................................................ 18
4 Ergebnisdarstellung
4.1
Das Menschliche Miteinander
4.1.1 Willkommen heißen und geheißen werden
22
22
24
4.1.2 Fürsorge tragend 25
4.1.3 Überzeugt engagiert 25
4.1.4 Organische Funktionsweise der Verantwortung ERDE 27
4.2
Erfahrungen in der Geldlogik 28
4.2.1 Omnipräsenz
4.2.2 Vorteile von geldbasiertem Tausch
28
29
V
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....................................................................................................
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5
4.2.3 Ergebnisorientiertheit 30
4.2.4 Funktionalität 31
4.2.5 Isolierung und Individualisierung 31
4.2.6 Konkurrenz 32
4.2.7 Schuld
4.2.8 Veränderungsimpuls
4.3 Geldlogikfreie Schenkkultur
4.4 Schöpferisches Tun
6
33
34
35
40
4.5 Politisches Tun 44
4.6 Praxis der Vielheit 47
4.7 Leben und Wirken in zwei Welten 49
4.8 Schlussfolgerungen Ergebnisdarstellung
Ergebnisdiskussion
5.1
Anerkennen und Verstehen bestehender Strukturen
52
53
53
5.2 Neue Formen des Denkens 56
5.3 Neue Formen des Handelns 59
5.4 Neue Formen des Lebens 62
5.5 Möglichkeiten struktureller Einordnung des Neuen
5.6 Reflektionen
Zusammenfassung und Ausblick
6.1
Weiterer Forschungsbedarf
Anhang
Leitfragen
Codes
Kategoriensystem
Transkription der Interviews
65
67
71
72
127
131
VI
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7 Literaturverzeichnis 74 8
80 8.1 Interview
80 8.2 Initiale
81 8.3
...................................................................................................
8.4
...................................................................................
Abbildungsverzeichnis
Abb. 1 Ein Grundsatz der Verantwortung ERDE II
Abb. 2 Logo der Verantwortung ERDE 13
Abb. 3 Außenansicht Freiraum ERDE 15
Abb. 4 Clustering 20
VII
Einleitung
Wie entsteht das Neue? Während in der Natur Blüten und Knospen zu sprießen beginnen, kommt durch die Corona Pandemie 2020/2021 beinahe alles gesellschaftliche Leben aus Ansteckungsgründen zum Erliegen und bildet damit einen starken Kontrast zu dem dominanten neoliberalen Wachstums Narrativ des Immer Mehr und Immer Weiter So. Die Corona Pandemie stürzt die Welt nicht nur in eine fundamentale Krise, sondern macht ein ökonomisches Grundproblem deutlich: die „Zombifizierung der Wirtschaft“ (Stelter, 2020, S. 9). Gemeint ist ein anhaltender Trend zur Verschuldung auf allen Ebenen vom Finanzsektor bis hin zur Realwirt schaft mit dem Ziel, die Illusion der Solvenz aufrechtzuerhalten. Allerdings wächst so nur die Krisenanfälligkeit des Systems (ebd.). Dass die Wirtschaft stimuliert, ja am Laufen gehalten werden muss, ist nicht erst seit der Corona Pandemie 2021 bekannt wurde hier aber nochmals besonders deutlich. Dies ist selbst der Fall, wenn es auf Kosten von anderen Menschen und der Natur geht und sich somit ausbeuterisch gestaltet (Göpel, 2020). Da beinahe alles Lebensnotwendige an Geld geknüpft und meist alternativlos nur darüber zu erreichen ist, durchdringt dessen Logik alle Bereiche des Lebens (Eisenstein, 2011). Graupe (2014) spricht hier von einem unsere Zeitepoche bestimmenden neoklassischen Paradigma1, welches zu einer „Erkenntnismonokultur“ (Graupe, 2020, S. 1) des neoklassischen Denkens führte Ein Verständnis dieses grundlegenden dominanten Operationsmodus und der dadurch verinnerlichte Denkweise scheint daher zentral, um die oft postulierte Unvereinbarkeit von Wirtschaftswachstum und Nachhaltigkeitsbestrebungen2 besser einordnen zu können (siehe Göpel, 2020). Aus der Kritik an dem derzeitigen kapitalistisch geldbasierten System ergibt sich somit der Forschungsbedarf an Räumen und Praktiken, die grundlegend anderen als den dominanten Mustern folgen und ihr Wirken so solidarisch statt ausbeuterisch zu gestalten. Im
1 Der Neoliberalismus „deutete die kapitalistischen Krisenprozesse als Resultate übermäßiger sozialer Regulierung und Umverteilung und behauptete die grundsätzliche Überlegenheit von Marktsteuerung und Privateigentum“ (Krämer, 2015, S. 144). Paradigma wird hier mit Graupe (2014) als vorherrschende Denkausrichtung verstanden, welche stillschweigend vorausgesetzt wird (vgl. ebd., S. 5): „Paradigmen liegen jeder Setzung von Regeln der Forschung voraus, die eindeutig von ihnen abstrahiert werden können, und sie wirken vollständiger und bindender als jene“ (Kuhn, 1996, S. 46). „Solange Paradigmen unangetastet bleiben, wirken sie, ohne dass eine Übereinstimmung über ihre Erklärung herrschte, oder eine solche Erklärung überhaupt auch nur versucht würde“ (ebd., S. 49). In dieser Arbeit werden die Begriffe Erkenntnisparadigma, Narrativ, Muster, Operationsmodus, Handlungsgrundlage und etwaige Variationen synonym verwendet.
2 Der hier verwendeten Definition von Nachhaltigkeit liegt der Brundtland Bericht von 1987 zu Grunde, der den Anspruch formuliert die Erde sowohl für die derzeitige als auch für zukünftige Generationen als lebenswerten Ort zu erhalten (Stirling, 2009, S. 194). Dies tangiert sowohl ökologische, soziale, ökonomische, kulturelle und die individuelle Lebensweise betreffende Aspekte: „Sustainability is defined substantively as a set of publicly deliberated goals, normatively as a social process and instrumentally as a means to discursively support and justify narrow sectional interests“ (ebd., S. 193).
1 1
Sinne der Transformations und transformativen Forschung analysiert diese Arbeit anhand des konkreten empirischen Beispiels der Bewegung „Verantwortung ERDE“3 in Villach, wie ein solcher Möglichkeitsraum (Pfriem, 2017) zur Erreichung lokaler Nachhaltigkeit (Wagner & Gunwald, 2015) aufgespannt und belebt werden kann. Die Bewegung Verantwortung ERDE wird dabei als Nische verstanden, in der neue Formen des „sozialen Lebens, der Selbstorganisation und der Befriedigung von Bedürfnissen“ (Helfrich; Bollier, 2019, S. 90) erprobt und etabliert werden. Um dem experimentellen Charakter einer solchen Nische gerecht zu werden, folgt diese Arbeiti den Grundzügen der Constructive Grounded Theory (Charmaz, 2006). Diese er möglicht ein ergebnisoffenes Vorgehen, welches keine Vorannahmen als selbstverständlich voraussetzt. So können die Sichtweisen der befragten Erdlinge4 begriffen und gegebenenfalls aufbrechende Suchbewegungen auf dem Weg zu veränderten und somit neuen Lebensweisen nachvollzogen werden.
1.1
Forschungsinteresse und Abgrenzung
Diese Arbeit untersucht die durch den Analyseprozess nach den Grundsätzen der Constructive Grounded Theory (Charmaz, 2006) entstanden theoretischen Zusammenhänge, die sich ausgehend von der Frage wie grundlegender Wandel stattfinden kann im Forschungsprozess zur folgenden Forschungsfrage verdichtet haben:
„Inwiefern entstehen neue Formen des Denkens, Lebens und Handelns durch eine Gestaltung des Miteinanders jenseits der Geldlogik?“
Die Frage ist reziprok zu verstehen, das heißt, es geht in dieser Arbeit nicht darum etwaige Kausalitäten aufzumachen, sondern sich gegenseitig bedingende Zusammenhänge aufzuzeigen.
Ganz im Sinne der Erforschung von Wandelprozessen, die sich per se für die Entstehung von Neuem interessieren, geht diese Arbeit ins Feld und untersucht dort in einer Nische qualitativ und erfahrungsgebunden, wie sich dieses „Neue“ als eine Form unter vielen gestalten könnte. Somit wurde mit dieser Frage auch nicht von Vorneherein ins Feld gegangen, sondern sie repräsentiert entsprechend des gewählten hypothesefreien Vorgehens bereits zu einem gewissen Zeitpunkt des Forschungsprozesses aus den Daten heraus gearbeitete
3 Im Folgenden wird die „Verantwortung ERDE“ teilweise auch als „ERDE“ bezeichnet, in Anlehnung an den Sprachgebrauch der Befragten. E.R.D.E. steht im Kontext des Freiraums der Bewegung auch für „Ein Raum der Entfaltung“.
4 Sich in der Bewegung Verantwortung ERDE engagierende Menschen bezeichnen sich selbst als "Erdlinge". Der Begriff wird in dieser Arbeit übernommen.
2
Zusammenhänge Aufgrund dieses Vorgehens und der kleinen Stichprobe von sechs Befragten erhebt die Arbeit keinen repräsentativen Vergleich zwischen etwaigen „alten“ und „neuen“ Formen des Denkens und Handelns. Vielmehr zeigt sie auf, wie die vorherrschende Geldlogik als verinnerlichte omnipräsente Handlungsgrundlage dient und wie daraus ausbrechende und somit neue Umgangsformen und Lebensweisen jenseits davon aussehen könnten Durch die enge Verknüpfung mit dem erhobenen Material, welches auf den konkreten Erfahrungen der befragten „Erdlinge“ (siehe Abschnitt 3.2) basiert, stellt diese Arbeit keinen allgemeingültigen Anspruch an die herausgearbeiteten Zusammenhänge. Vielmehr versucht sie die lernende Kultur der Nachhaltigkeit (Wagner & Grunwald, 2015) der ERDE zu begreifen und durch eine dynamische Form des Denkens und der Wissensgenerierung adäquat darzustellen. Dieser Arbeit liegt daher ein holistisches Verständnis von Wissensschaffung zu Grunde, welches dem ergebnisoffenen Forschungsinteresse gerecht wird und dieses in der Transformationsforschung und der transformativen (Wirtschafts ) Wissenschaft einbettet
1.2 Aufbau
Nach der einführenden Einleitung folgt eine Verortung der Forschungsarbeit im Forschungsfeld der Transformationsforschung und der transformativen Wissenschaft. Hier wird insbesondere auf die transformative Wirtschaftswissenschaft eingegangen und die Grundzüge der derzeitigen, auf äquivalentem Tausch basierenden, Geldlogik mit Verweis auf den historischen Umgang mit traditionellen Zahlungsmitteln vorgestellt. Aufgrund des Vorgehens nach den Grundzügen der Constructive Grounded Theory (Charmaz, 2006), welche eine Theoriegewinnung aus den erhobenen Daten selbst vorsieht, bleibt dieses Kapitel eine orientierungsgebende kontextuelle Verortung für die daraufhin folgende empirische Forschung Es folgt die Vorstellung der Methodologie der Constructive Grounded Theory (ebd.) und dem darauf ausgerichteten analytischen Vorgehen. Dieses besteht aus dem Führen von sechs „intensiven Interviews“ mit einem groben Leitfaden und deren Auswertung durch „initiales“ und „fokussiertes Codieren“ und dem begleitenden Verfassen von analytischen Notizen, sogenannten „Memos“ (ebd.). Die dadurch gewonnenen Erkenntnisse werden in der Ergebnisdarstellung wiedergegeben, in der daran anschließenden Ergebnisdiskussion reflektiert und in bestehende Forschungsliteratur eingeordnet. Abschließend folgen eine Zusammenfassung der Ergebnisse und das Aufzeigen weiteren Forschungsbedarfs.
3
2
Verortung der Forschungsarbeit
Diese Arbeit ist in das Feld der Transformationsforschung und dem Verständnis der transforma tiven Wissenschaft (Schneidewind & Priem et al., 2017) einzuordnen und positioniert sich dabei insbesondere in der Forschungsperspektive der transformativen Wirtschaftswissenschaft als „Möglichkeitswissenschaft“ (Hochmann & Graupe & Korbun & Panther & Schneidewind, 2019) Abschließend wird kurz auf die vorherrschende Geldlogik als geldbasiertem äquivalenten Tausch (Graupe & Schwaetzer, 2017) und auf den historischen Umgang mit traditionellen Zahlungsmitteln (Znoj, 1995) eingegangen.
2.1 Transformationsforschung und transformative Forschung
Das 2011 erstellte Hauptgutachten des Wissenschaftlichen Beirats der Bundesregierung Globale Umweltveränderung (WBGU) mit dem Titel „große Transformation“5 fordert einen neuen Ge sellschaftsvertrag zwischen Wissenschaft und Gesellschaft6 und damit ein verändertes Selbstverständnis des Wissenschaftssystems (Schneidewind & Singer Brodowski, 2013). Der WBGU differenziert dabei zwischen einer „Transformationsforschung“, die Transformationspro zesse besser versteht und erklärt und einer „transformativen Forschung“, die durch ihre Ergeb nisse selbst konkrete Änderungsimpulse auslösen kann (Pfriem et al., 2017). Unter „Transformation“ werden in der kritischen Transformationsforschung (s. Rosa Luxemburg Stiftung)7 gesellschaftliche Wandlungsprozesse verstanden, „bei denen Akteure versuchen, die Grundstrukturen der Gesellschaft durch bewusstes Eingreifen in ihrem Wesen zu verändern“ (ebd.). Ein dadurch angeregter mehrdimensionaler Transformationsprozess von einem stabilen System verlinkter Konfigurationen in ein neues (Schot & Geels, 2008) lässt sich dann anhand von diskursiven Veränderungen in Lebens und Produktionsweisen beobachten (Decker, 2020, S. 292).
Die Transformationsforschung untersucht dabei diejenigen Prozesse, die einen solchen Wandel hin zu einer nachhaltigeren Gesellschaft, welche innerhalb der ökologischen Belastungsgrenzen
5 Die geforderte Transformation wird hinsichtlich ihrer Eingriffstiefe mit den fundamentalen Transforma tionen der Weltgeschichte der neolithischen sowie der industriellen Revolution verglichen (siehe Hochmann et al. 2019, S. 111).
6 Dieser soll eine „Neudefinition der Werte und institutionellen Ordnung unseres Zusammenlebens“ (Schneidewind; Singer Brodowski 2013, S. 22) herbeiführen.
7 Siehe Webseite: https://ifg.rosalux.de/kritische transformationsforschung/
4
lebt und somit die Normen Ökologische Tragfähigkeit und Soziale Gerechtigkeit8 umsetzt, befä higen (WBGU, 2011; Geels, 2002; Grin & Schot, 2010; Geels & Raven, 2006). So sollen „die Über windung von Profitdominanz und Vorherrschaft der Kapitalverwertung über Wirtschaft und Gesellschaft“ (Rosa Luxemburg Stiftung) herbeigeführt und stattdessen solidarische Verhältnis se, ein neues Naturverständnis und eine emanzipatorische Lebensweise etabliert werden (ebd.).
Das Selbstverständnis der transformativen Forschung ist dabei eines, welches Wissenschaft nicht als objektives Analyseinstrumentarium, sondern als aktiv eingreifendes und somit gesell schaftsgestaltendes Mittel zur Erreichung einer solchen nachhaltigen Entwicklung versteht: “this specific type of science (...) does not only observe and describe societal transformation proces ses, but rather initiates and catalyzes them” (Decker, 2020, S. 288). Romme und Euler (2019) betonen, dass jeder Wissenschaft stets eine normative Komponente zugrunde liegt, diese jedoch im Mainstream Wissenschaftssystem lange verschleiert und nicht, wie es die transformative Forschung fordert, aktiv anerkannt und expliziert wurde (ebd., S. 178). Die transformative Wissenschaft basiert daher explizit auf pluralen wissenschaftlichen Leitbildern und einer reflexiven Wissens Kultur (Barth; Rommel, 2020, S. 298). Diese lockern enges disziplinäres Vorgehen auf (Schneidewind; Singer Brodowski, 2013, S. 67).
Da die angestrebte Transformation zur Nachhaltigkeit keinen Erfolg haben kann, „wenn sie nicht von einem neuen Bewusstsein und einer Kultur getragen ist, die völlig verschieden ist von den Vorstellungen, die von den neoliberalen Kräften propagiert werden“ (Thomasberger, 2019, S. 129), ist eine Einbettung der Wirtschaftswissenschaften in diese Forschungsausrichtung unab dingbar. Eine solche transformative Wirtschaftswissenschaft, um die es im nächsten Abschnitt gehen soll, hat hierbei zwei grundlegende Aufgaben: Erstens, Lücken und Fehlschlüsse des derzeitigen, alternativlos erscheinenden Theoriegebäudes der Wirtschaftswissenschaften aufzuzeigen (Ist Wissen) und zweitens eine Analyse gesellschaftlicher Bedingungen und Möglichkeiten vorzunehmen, die eine Transformation ermöglichen (Ziel Wissen) (ebd., S.130).
8 Die beiden genannten Normen werden hier als praktische Ausrichtung menschlicher Eingriffe an pla netaren Grenzen und als Verständigung auf als sozial gerecht empfundene Regeln bezüglich des Zugangs und der Verteilung von Ressourcen verstanden (Antoni Komar & Rommel & Vosse, 2017, S.440).
5
2.2 Transformative Wirtschaftswissenschaft
Ökonomischer Forschung ist es „bislang nicht gelungen (...), wirkliche Lösungen für drän gende Probleme unserer Zeit zu erarbeiten“ (Antoni Komar et al., 2017, S. 458)
Die Transformative Wirtschaftswissenschaft erkennt den normativen Einfluss der „Idee und Wirklichkeit der kapitalistischen Marktwirtschaften9 als verselbstständigtem ökonomischen System“ (Schneidewind et al., 2017, S. 24) auf sozio politische Prozesse und Lebenswelten explizit an. Die moderne Ökonomik bildete sich im Ausgang des 18. Jahrhunderts mit der Trans formation der europäischen und nordamerikanischen Wirtschaft in Richtung Kapitalismus heraus. Das Zusammenwirken politisch und ökonomisch Mächtiger stellt für Pfriem (2017) dabei keinen Zufall, sondern von Anfang an ein logisches Prägemerkmal des Kapitalismus dar (ebd., S. 241). Die Wirtschaftswissenschaft ist demnach eine historisch gewordene, performativ wirkende Perspektive, die eng in die Generierung von Handlungsoptionen und Legitimierungsprozessen für Politik und Gesellschaft einbezogen wird (Schneidewind et al., 2017, S. 28) Performativ bedeutet, dass „die Wirtschaftswissenschaft selbst dazu beiträgt, den Gegenstand der ‚Wirtschaft‘ erst zu konstituieren, den sie dann vermeintlich objektiv be schreibt“ (Hermann Pillath, 2019, S. 214). Dieser „Gegenstand“ bildet jedoch keinesfalls objektiv die Realität ab, sondern folgt gewissen quantifizierbaren ökonomischen Annahmen über nut zenmaximierendes menschliches Verhalten und einen gewinnmaximierenden, objektivierenden Umgang mit der Welt. Pfriem (2017) betont jedoch, dass im „ökonomischen Mainstream immer noch die Behauptung aufrechterhalten wird, die Wissenschaft, die sich mit dem Schaffen von Werten beschäftigt, sei eine wertfreie Wissenschaft“ (ebd., S. 246). Durch die Verschleierung werden Handeln und Entscheidungen von Menschen unbewusst entsprechend dieser vorherrschenden Denkrichtung gesteuert (Schneidewind & Singer Brodowski, 2013, S. 69). Dies führt zu einer Ökonomisierung des Lebens, welche nicht mehr als offensichtlich und damit potentiell veränderbar wahrgenommen wird, sondern sich durch verinnerlichte mentale Infrastrukturen (Welzer, 2011)10 kontinuierlich reproduziert. Eingebettet ist diese rein methodisch definierte und als quasi Naturwissenschaft verstandene Auffassung von Wirtschaftswissenschaft in das vorherrschende naturwissenschaftlich technokratische
9 Der Begriff „Marktwirtschaft“ beschreibt das Vorhandensein eines Marktes, der durch Angebot und Nachfrage bestimmt wird und so die Steuerung von Produktion und Konsum regelt. Die derzeit vorherr schende Wirtschaftsordnung des „Kapitalismus“ stellt eine Form der Marktwirtschaft dar (Krämer, 2015).
10 Welzer (2011) bezeichnet hiermit Denkprozesse, die sich in Bahnen bewegen, die nur noch schwer zu verlassen sind. Dies liegt daran, dass diese Art zu Denken unbewusst geworden ist und sich daher nicht mehr im kognitiven Bereich verorten lässt (ebd., S. 12).
6
Wissenschaftsverständnis, welches „eine von Gesellschaft und überhaupt äußeren Einflüssen unabhängige Wissenschaft für möglich und wünschenswert erklärt“ (Pfriem, 2017, S. 243).
Da in den quantifizierbaren Modellen der Mainstream Wirtschaftswissenschaft eben jene öko logischen und sozialen Realitäten außer Acht gelassen werden, die es für eine nachhaltige Ent wicklung bräuchte, ist ein Hinterfragen der Wurzeln des ökonomischen Denkens und der ange nommenen Strukturen von Nöten (Pfriem et al., 2017). Angestrebt wird ein grundlegender Wan del von vorherrschenden Paradigmen, um so einen „grundsätzlichen Sinneswandels (...) der (…) Bildung des ganzen Menschen“ (Graupe & Schwaetzer, 2017, S. 511) zu erreichen. Dies soll durch die Berücksichtigung folgender programmatischer Punkte einer transformativen Wirt schaftswissenschaft geschehen: Transparenz, Reflexivität11, Wertebezug, Partizipation12 und eine Umgestaltung von Forschung und Lehre (siehe ausführlicher Schneidewind et al., 2017, S. 29f). Auf diese Weise soll Verantwortung für die intendierte Performativität der transformativen Wirtschaftswissenschaft Richtung nachhaltiger Entwicklung übernommen und Ziel Wissen für konkrete Veränderungspfade erarbeitet werden. Dies führt dazu, dass die Beziehung zwischen einer solchen Wirtschaftswissenschaft und ihrem Gegenstand wieder kontingent wird und sich somit zahlreiche Konstellationen von Denken und Gegenstand statt der bisherigen „Erkenntnismonokultur“ (Graupe, 2020, S. 1) umsetzen lassen (Hochmann et al., 2019).
Gerade da Zukunft keine Tatsache ist, die sich einstellt, sondern imaginiert, ermöglicht und durchgesetzt wird (ebd.), braucht das Ringen um eine lebenswerte Zukunft unbedingt jene lebendige Pluralität (Barth & Rommel, 2020, S. 300). Eine solche durch moralische und praktische Fähigkeiten erweiterte Untersuchungsperspektive kann dazu beitragen, einen „visionären und reflektierten Boden für ein lebenswertes Zusammenleben“ (Hochmann et al., 2019) zu schaffen. Pfriem (2019) bezeichnet eine solche sich mit Möglichkeiten befassende Wis senschaft als Möglichkeitswissenschaft. Diese bringt in ihrem Kern einen „prinzipiellen Charak ter der Offenheit möglicher Zukünfte“ (Pfriem, 2017, S. 239) mit sich. Ziel ist es „die Möglich keitsräume der Menschen zu erweitern, Menschen also zu ermöglichen, ihnen fremde Zwecke zu erkennen, sich dieser bewusst anzunehmen oder eigenen Zwecken nachzustreben“ (Rommel & Euler, 2019, S. 192). Indem herausgefunden wird, was unter welchen (vorausgesetzten) Bedin
11
Da die Relativität von Erkenntnis unumgänglich ist, besteht Wissenschaftlichkeit gerade in der aktiven Reflektion der konkreten Bezüge zum Untersuchungsgegenstand und der gewählten Perspektivität (Rommel; Schneidewind 2017, S. 22).
12 Es wird eine Koproduktion von Wissen angestrebt, die auf kollaborativen Forschungszugängen mit anderen zivilen und politischen Akteuren basiert (Antoni Komar et al., 2017, S. 443)
7
gungen möglich ist, sollen Menschen sich so wieder als Gestalter*innen13 erfahren und ent sprechende (infra )strukturelle Veränderungen vornehmen (Pfriem, 2017, S. 253f). Dies ermög licht potentiell ein Denken auf anderen als den gewohnten Bahnen und somit eine Erweiterung von Denk , Wahrnehmungs und Gestaltungsräumen. Bevor nun auf eine Ausgestaltung einer solchen „möglichen Zukunft“ (ebd., S. 239) anhand des konkreten Fallbeispiels der Bewegung Verantwortung ERDE eingegangen wird, erfolgt eine kur ze Erläuterung des Status Quo einer geldbasierten Gesellschaft. Denn um etwaige, neue Formen des Denkens, Lebens und Handelns besser erkennen und einordnen zu können, ist ein genaueres Verständnis der vorherrschenden Geldlogik als dem ökonomischen Daseinszusammenhang, in welchem Menschen als Geldsubjekte miteinander agieren, notwendig.
2.3 Geld und Tausch
Die derzeitige Gesellschaft ist global auf äquivalente Tauschvorgänge mit Geld ausgerichtet und in ein kapitalistisches System eingebunden. Im Einverständnis mit der eben dargelegten For schungsperspektive wird Kapitalismus hier als eine Reihe situierter, kontingenter und daher veränderbarer sozio ökonomischer Praktiken verstanden (Gibson Graham, 1997, 2006; Byrne & Healy, 2006). Diese bedingen seit der Industrialisierung eine Wirtschaftsordnung, die auf Privat eigentum, Marktwirtschaft, Kapitalakkumulation, abhängiger Lohnarbeit und individuellen Ge winnbestrebungen beruht (Krämer, 2015). Diese Sichtweise auf den Kapitalismus wirkt der Tendenz, alle wirtschaftlichen Aktivitäten mit einem scheinbar verdinglichten, unvermeidlichen und allumfassenden kapitalistischen System gleichzusetzen, entgegen und öffnet stattdessen in Übereinstimmung mit Pfriems (2017) Verständnis einer Möglichkeitswissenschaft Räume für Veränderung: „This performative and contingent redefinition of capitalist practices within the broader compass of ‚diverse economies‘ literally makes ‚other worlds possible‘“ (Simandan, 2019, S.11)14. So kann die derzeitig vorherrschende Geldlogik, die sich im geldbasierten Tausch vollzieht, als eine Möglichkeit der narrativen Organisation menschlichen Zusammenlebens und gesellschaftlicher Institutionen (Polanyi, 1995) 15 begriffen werden16
13 Die strikte Trennung zwischen Wissen und Erfahrung innerhalb der Forschung wird hier zugunsten der Fokussierung menschlicher Praktiken in Analyse Prozessen aufgehoben (Pfriem, 2017, S.254).
14 Siehe auch Roelvink & St. Kevin & Gibson Graham, 2015
15 Polanyi (1995) versteht hierunter die „Verkörperung menschlicher Sinngebung und Zielsetzung“ (ebd., S. 336)
16 Deswegen meinen die Begriffe „geldbasierte Tauschlogik“ und „Geldlogik“ das Selbe. Die Begriffe „geldbasierter Tausch“ und „geldbasierte Tauschlogik“ werden daher in dieser Arbeit synonym mit dem Begriff „Geldlogik“ verwendet. Eine abschließende Definition der Geldlogik erfolgt an dieser Stelle nicht, da der Begriff aus den empirischen Daten stammt und daher in der Ergebnisdarstellung (siehe Abschnitt
8
Gerade die unbewusste Verinnerlichung gewisser mentaler Infrastrukturen (Welzer, 2011) erschwert nun jedoch das Erkennen anderer Möglichkeiten. Graupe und Schwaetzer (2017) sprechen an dieser Stelle von „beeinflusster Erkenntnis“, verstanden als „Erkenntnisvollzüge, die die kollektive Vorstellungskraft von Menschen prägen können, ohne dass diese sich dessen bewusst wären“ (ebd., S. 513). Das vorherrschende Narrativ der Geldlogik lässt sich als eine solche beeinflusste Erkenntnis fassen, welche als gedanklicher Deutungsrahmen nicht nur das Denken, sondern auch das Fühlen und die moralische Wertung der Menschen beeinflusst (ebd., S. 513f).
Die Voraussetzung für unsere alltäglichen geldbasierten Tauschhandlungen ist dabei eine ver innerlichte Denkbewegung, die auf einer starken Form der Abstraktion beruht. Diese Realab straktion17 besteht darin, aus Tauschhandlungen alle Formen von Gebrauchshandlungen auszu schließen: „Zu tauschen meint, von allen Merkmalen des möglichen tätigen Gebrauchs zu ab strahieren, d.h. abzusehen“ (Graupe, 2016, S. 17). In der heutigen Marktwirtschaft gelten im Tausch lediglich reine gegenseitig anerkannte Besitzverhältnisse, es gilt im Tausch nur, ob etwas „mein also nicht dein; dein also nicht mein“ (Sohn Rethel, 1972, S. 66) ist. Für einen derartigen Warentausch müssen Waren somit aktiv gleichgesetzt werden, das heißt die zum Tausch stehen den Warenmengen werden auf rein abstrakte Quantitäten reduziert, indem sie auf einen rein quantitativen Maßstab Geld bezogen werden. Beim Äquivalenz Tausch mit Geld findet somit eine Transaktion statt, bei der offiziell gleiche Werte ausgetauscht werden (Habermann, 2018, S. 9), was zu einer Verinnerlichung der Tauschwertorientierung führt und ein Aufrechterhalten einer völlig vom jeweiligen Kontext und konkreten Umständen gelösten Scheinwelt nach sich zieht18: „Das rein quantitative Maßnehmen fordert von uns allen einheitlich alles inhaltlich qua litative Denken zum Verschwinden zu bringen. Aber an die Stelle dieses Denkens vermag, im wahrsten Wortsinn, nichts zu treten. Vielmehr gerät uns dieses blinde und inhaltsleere Maßneh men selbst zur Quelle allen Denkens, ohne selbst je gedacht zu werden“ (Graupe, 2016, S 20).
Preise werden folglich zum einzigen Kommunikationssignal, wir denken in Geld, aber nicht mehr über es nach.
Graupe (2016) spricht daher von Geld als Denkzwang, der verinnerlicht unbewusst von statten geht und so dazu führt, dass wir von den „Quellen unserer eigenen Erkenntnis nichts (mehr)
4) aus Sichtweise der Befragten dargelegt und in der Ergebnisdiskussion aufgegriffen und mit bestehender Forschungsliteratur abgeglichen wird (siehe Abschnitt 5).
17 Gemeint ist hier ein Vorgang, welcher Alles berechnend vergleicht (Graupe, 2016).
18 Die Herstellung dieser Scheinwelt erfolgt kollektiv und nicht individuell. Die Folgen davon können je doch bis ins eigene innerste Unbewusste reichen (Lippmann 1922; Graupe & Schwaetzer, 2017).
9
ahnen; wir sollen uns über unsere eigenen wirtschaftlichen Erfahrungen nicht aufklären können. Vor diesem Hintergrund muss uns die Welt nur noch als von Sachzwängen beherrscht erschei nen“ (ebd. S 9). Die Tauschabstraktion wird zwar täglich handelnd von uns vollzogen, ist aber denkend nicht einzuholen und entspricht damit der oben in aller Kürze dargelegten Form einer „beeinflussten Erkenntnis“ (Graupe & Schwaetzer, 2017, S. 514f). Dies hat Folgen, denn Geld beziehungsweise dessen Vorhandensein, ermöglicht Zugang, versperrt ihn aber auch, indem es alternativlos gesetzt wird. Durch die Verinnerlichung der Geldlogik ins Unbewusste werden so Macht und Gerechtigkeitsfragen, die durch die Schrankenfunktion von Geld zwangsläufig auf kommen rasch unsichtbar (siehe ausführlicher Abschnitt 4.2.1; Abschnitt 5.1). Denn die Sprache Geld (Graupe, 2021) wird und dies systematisch nicht von allen gesprochen19. Würde sie es, verlöre Geld seine ver bzw. ermöglichende Funktion und wäre, was es eigentlich ist: Nichts, als eine reine Zahl. Diese wäre außerhalb eines entsprechenden gesellschaftlichen Zusammenhangs zu nichts zu gebrauchen (Thomasberger, 2019, S. 116). Es lohnt daher ein kurzer Blick in andere gesellschaftliche Zusammenhänge und damit in die Vergangenheit.
Znoj (1995) zeigt durch seine Feldstudien in Zentralsumatra auf, dass der Einsatz traditioneller Zahlungsmittel einer gänzlich anderen Logik als der eben geschilderten rein abstrakten Geldlogik folgte. Der Einsatz von traditionellen Zahlungsmitteln, wie etwa den Kaurimuscheln20 , diente der Organisation des menschlichen Zusammenlebens, indem durch ihren Einsatz Ausgeglichenheit innerhalb der Gemeinschaft hergestellt, für etwaigen Schaden aufgekommen21 und wichtige ri tuelle Ereignisse wie Hochzeiten oder Todesfälle zelebriert wurden. Den traditionellen Zahlungs mitteln kamen somit verschiedene Funktion zu, die übergeordnet der Beziehungspflege dienten. Denn das (Über )Leben wurde durch das Eingebundensein in die jeweilige Gemeinschaft abge sichert. So wurde Subsistenzwirtschaft betrieben und sich aus einer notwendigen Fürsorge und einer wohlwollenden Gefälligkeit heraus stets gegenseitig bedacht. Das Überleben war somit nicht an Tausch gebunden, Geld und individuelles Eigentum gab es nicht. Nur am Rande der Gemeinschaften wurden Dinge, die selbst nicht hergestellt werden konnten, mit jenen Zahlungs mitteln auch getauscht. Allerdings gab es hierfür keine festgelegten Preise. Stattdessen kam es zwischen den jeweils Tauschenden zu kontextsensitiven Schätzungen, bei denen es ebenfalls um
19So wird die Sprache Geld beispielsweise nicht von den Armen, zukünftigen Generationen und anderen, nicht menschlichen Lebewesen gesprochen (Graupe, 2021).
20 Bei der Kaurimuschel handelt es sich um eine Meeresschnecke, die um 1500 v. Chr. in Asien, Afrika und Ozeanien über 3500 Jahre hinweg als Zahlungsmittel diente (Money Museum, Webseite).
21 Dies meint die sogenannte Sühne Zahlung, die zur Wiedergutmachung eines Schadens vollzogen wurde und dafür sorgte, dass wieder Ausgeglichenheit und letztlich Frieden innerhalb der Gemeinschaft herrschte (Znoj, 1995).
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das Herstellen eines Gefühls der Ausgeglichenheit ging22. Durch das stete Zirkulieren der tradi tionellen Zahlungsmittel im Fluss des gemeinsam geteilten Lebens entstand eine von Znoj (1995) als „soziale Zeit“ (ebd., S. 125)23 benannte Zeitlichkeit, die ein völlig anderes als das heutige Schuldverständnis mit sich brachte. Das nicht vollständige Tilgen von gegenseitigen Schuldver hältnissen war somit erwünscht24, da es das gegenseitig Sich verpflichtetsein und sich etwas Angehen innerhalb der Gemeinschaft verstärkte Geben und Empfangen wurden daher schlicht als soziale Kompetenz vorausgesetzt und bildeten die Basis des Zusammen und damit des Überlebens.
Heute wird Geld, das reine Quantum, durch Kredit „geschöpft“ und geltend festgelegt, dass die Dinge des (Über )Lebens beinahe ausschließlich über festgelegte Geld Preise ihre Besitzverhält nisse ändern. Schuldverhältnissen werden dabei zu vermeiden versucht. Somit trägt das Vor handensein von Geld und das Bedienen seiner Logik maßgeblich zur Gestaltung und Absicherung des Lebens bei Jedoch gibt es immer auch Nischen, die anderen Logiken folgen (Rommel & Euler, 2019, S. 185). Durch die Verortung in der transformativen Wirtschaftswissenschaft lassen sich derartige Freiräume und Praktiken analysieren (Antoni Komar et al., 2017, S. 456)
25
22 Znoj (1995) bezeichnete dies als singuläre Gleichsetzung. Hierbei spielte unter anderem auch der Status der jeweils Tauschenden eine Rolle (ebd.).
23 Znoj (1995) versteht unter sozialer Zeit die Zeit, die zwischen den Ereignissen Geben und Nehmen liegt und eine besondere Qualität von aufrechterhaltender Verpflichtung mit sich bringt. Diese ist nicht mit dem europäischen Zeitbegriff erfassbar. Znoj (1995) hebt damit das Interesse daran, wie ein solcher ge meinsamer Rhythmus innerhalb einer Gemeinschaft überhaupt entstehen konnte, in den Vordergrund.
24 Sich gegenseitig in der Schuld zu stehen war somit nicht negativ konnotiert (Zonj, 1995).
25 Diese können von der traditionellen ökonomsichen Forschung tendenziell nicht identifiziert werden, da sie sich nicht deren Gesetzmäßigkeiten, wie etwa den Annahmen über rationales menschliches Verhalten oder der quantifizierenden Ausrichtungen auf Wirtschaftswachstum, zuordnen lassen (Anotni Komar et al., 2017, S. 456).
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3 Methodologie
Die hier vorliegende Arbeit folgt den Grundzügen der Constructive Grounded Theory (Charmaz, 2006). Diese wird sowohl als übergeordnete Forschungshaltung angesehen, als auch als hilf reiches Werkzeug zur Auswertung der im Feld gewonnen Daten verwendet Nach der Einführung in die Prinzipien der Constructive Grounded Theory folgen die Vorstellung des Forschungsfeldes und anschließend die genaue Darlegung des Analyseprozesses. Die Prinzipien der Constructive Grounded Theory wurden durch den gesamten Forschungsprozess hinweg befolgt.
3.1 Constructive Grounded Theory
Bei der Constructive Grounded Theory (Charmaz, 2006) handelt es sich um einen induktiven Ansatz. Dieser stellt auf explorative Weise aus den im Feld erhobenen Daten abstraktere Zusammenhänge her und verdichtet diese zu einer in den Daten begründeten Theorie: „Making ‚discoveries‘ about the worlds you study and pursuing these discoveries to construct an analysis is what grounded theory is about“ (ebd., S. 48). Diese Herangehensweise entspricht dem transformativen Forschungsinteresse dieser Arbeit, welches nach Bedingungen für grund legenden Wandel fragt und sich daher für jene Prozesse interessiert, die den Status Quo ver lassen und somit nicht nur innerhalb dessen Bedeutungsrahmen verstanden und eingeordnet werden sollten. Um das etwaig Neue zu erforschen bedarf es daher einer gewissen Offenheit im Forschungsprozess. Dieser wird die gewählte Methodologie gerecht, da sie nicht auf bereits vor geformten Annahmen über die Welt fußt, sondern stets nach neuen Erkenntnissen fragt und diese dann in Beziehung zu bisherigen Annahmen setzt.
Der in den Daten gestützte Erkenntnisgewinn wird bei der Constructive Grounded Theory durch die Angabe systematischer Schritte wie dem Sammeln der Daten durch intensive Interviews, dem anschließenden Kodieren des Materials und dem Schreiben von Memos ermöglicht und sichergestellt. Die daran anschließende Durchführung einer theoretischen Sättigung (en.: „theoretical sampling“, Charmaz, 2006, S. 96)26 konnte aufgrund des beschränkten Formates dieser Arbeit nur angeschnitten werden und sollte bei Fortführung der Forschung breiter ausgeführt werden (siehe Abschnitt 6.1).
26
„Theoretical Sampling“ (Charmaz, 2006) meint unter anderem den Prozess des erneuten ins Feld Gehens nach einiger Zeit des Analysierens der bereits erhobenen Daten. Auf diese Weise können die bis dahin gewonnene Erkenntnisse durch die Erhebung neuer Daten überprüft und gegebenenfalls weiter entwickelt werden (siehe ebd., S. 96; S. 13 dieser Arbeit)
12
Charmazs (2006) konstruktive Auslegung der Grounded Theorie kommt der normativ nachhalti gen Ausrichtung der Transformations und transformativen Wissenschaft (Blaikie, 2009) entge gen, da tiefgreifende Selbstreflexivität und Transparenz fest im Forschungsprozess verankert sind. So wird weder das normativ Performative einer Forschungsperspektive noch das eigene Involviert Sein in den Analyseprozess negiert. Vielmehr unterstützt dieser Ansatz die stete Kon textualisierung der sich entwickelnden Bedeutungskonzepte (Blaikie, 2009) und erkennt somit die Konzeptualisierung der Realität durch mich als Forscherin als eine mögliche Sichtweise und damit als konstruiert an (Bryman, 2004) (siehe ausführlicher Abschnitt 5.6).
3.2
Forschungsfeld: Die Bewegung Verantwortung ERDE
Abb. 2: Logo der Verantwortung ERDE; Quelle: Webseite Verantwortung ERDE27
Die Verantwortung ERDE28 ist nach Eigendefinition eine Bewegung in Villach, Österreich, die die bestehenden Krisen zum Anlass nimmt, ihren Lebensraum und ihre Lebensbedingungen selbst zu gestalten:
„Wir haben erkannt, dass auf unserem Planeten so einiges schiefläuft, und das in allen Berei chen. Wir sehen nicht nur Herausforderungen im momentanen Wirtschaftssystem und im Le bensstil, der auf Kosten anderer geführt wird, sondern wir erkennen auch ökologische und menschliche Krisen“ (Webseite).
Um dies zu verändern, bedarf es für die Erdlinge einer Übernahme von Verantwortung für die eigene Lebensweise und entsprechende Strukturen, die diese ermöglichen:
„Wir tragen Verantwortung. Und wir tragen sie gerne. Diese Erde und alles Leben auf ihr ist kostbar und zu behüten. Denn wir sind ein Teil davon. Wir wollen an einer Welt mitwirken, die fair ist. Die lebenswert ist. Für die Menschen und die Natur. In der man sich auf Augenhöhe begegnet. Einer Welt, in der all das selbstverständlich ist“ (ERDE Blatt, 2021).
Webseite: https://www.verantwortung erde.org/
13
27 Siehe
Aus diesem Wunsch nach Veränderung ist 2015 eine dezentrale wirtschafts und politkritische Bewegung entstanden Diese hat das Potential und nicht das Versäumnis im Fokus: „Was wir uns wünschen, versuchen wir umzusetzen (…) indem wir mit unserem Denken und unseren Handlungen Schritte setzen, deren Richtung wir selbst bestimmen“ (ERDE Blatt, 2021, S.5). Übergeordnetes Ziel ist stets das Erreichen einer möglichst großen Unabhängigkeit von Struk turen, die auf Kosten anderer Menschen und der Natur etabliert wurden und sich daher ausbeu terisch gestalten. Dieses Bestreben setzen die Erdlinge auf vielfältige Weise und auf verschie denen Ebenen um: Durch die Etablierung eines offenen Freiraums, die Bewirtschaftung eines auf Selbstversorgung ausgerichteten Gemeinschaftsgartens und das Vertretensein im Villacher Gemeinderat (siehe Abschnitt 3.2.3).
Die ERDE nimmt dabei bewusst keine konkretere (rechtliche) Form an. Dementsprechend gibt es keine Mitgliedschaften oder andere Voraussetzungsbedingungen, um partizipieren zu kön nen29 Vielmehr ist das Sein und Wirken der Erdlinge in eine dezentrale und hierarchiefreie Orga nisationsform eingebettet
3.2.1 Der Freiraum ERDE
Eine wichtige Rolle beim Etablieren alternativer Strukturen spielt für die Erdlinge das Schaffen von Freiräumen, in denen sich mit Gleichgesinnten getroffen und gemeinsam ausprobiert wer den kann: „Ein großer Bereich des Wandels betrifft die Gestaltung von Lebensräumen die Räume, in denen man gerne sein Leben verbringt, sich wohl fühlt und mit anderen Menschen in Beziehung treten kann. Bei der aktiven Gestaltung geht es darum, dass Orte der Begegnung und Plätze der Kommunikation entwickelt werden, wo Menschen zusammentreffen, wo Austausch stattfindet und neue Ideen entstehen können“ (Webseite).
29 Daher lässt sich auch nicht festmachen, wie viele Menschen genau Teil der Bewegung Verantwortung ERDE sind. Eine Befragte äußerte hierzu: „Man könnte jetzt vielleicht schätzen, dass in unserem engeren Kreis vielleicht 100 Menschen sind und in unseren weiteren Kreisen ein paar Hundert, aber das schätzt auch jeder anders, deswegen sind diese Schätzungen eh völlig egal eigentlich“ (M., S.15).
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Einen solchen Ort stellt der Freiraum der ERDE als ein „Büro/Gemeinschafts /Frei Raum, so flexibel wie der Name“ (ebd.) dar. Dort findet außerhalb der Bürozeiten ein buntes Programm statt, welches von wöchentlichen allgemeinen Treffen, diversen Arbeitsgemeinschaften (AGs), Workshops und Vorträgen bis hin zu veganem Mittagessen für Alle reicht. Der Freiraum der ERDE ist dabei Treffpunkt für Interessierte, Engagierte und zufällige Besucher*innen. Inhaltlich reichen die Angebote von Sprachkursen, über eine Wandelbibliothek für Wissensaustausch bis hin zu einem Kältetelefon für Villacher Obdachlose. Finanziert wird dieser Raum durch die „Förderung der demokratischen Arbeit der Gemeinderatsparteien“ (ebd.), die die Erdlinge aufgrund ihrer Positionen im Gemeinderat erhalten (siehe Abschnitt 3.2.3). Somit kann der Freiraum der ERDE geldfrei bleiben, das heißt alle Angebote stehen Allen kostenfrei zu Verfügung. Um ein möglichst geldlogikfreies Leben zu ermöglichen, setzt die ERDE neben der Etablierung einer Schenkkultur in Villach auf den Anbau eigener Lebensmittel und die Selbstversorgung der hierfür benötigten Ressourcen.
3.2.2
Der Garten ERDE – ein Garten für ALLE
Der Garten ERDE befindet sich sowohl direkt vor dem Freiraum der ERDE in Form von Hoch beeten, als auch auf einer 1400 m2 großen Ackerfläche, die den Erdlingen geldfrei zur Verfügung steht30. Dort werden unter Berücksichtigung eines permakulturellen Ansatzes31 neben Bienen und Wildkräuterkästen diverse Obst und Gemüsesorten in möglichst großer Artenvielfalt ange
30 700 m2 dieses Ackers werden von den Erdlingen bepflanzt, die andere Hälfte ist derzeit noch frei und soll mit Bienenweiden und/oder Sonnenblumen versehen werden (Stand Mai, 2021).
31 Unter "Permakultur" wird ein holistischer Ansatz verstanden, der unter anderem beim Anbauen von Pflanzen und Gemüse berücksichtigt wird. Vorkommende Synergien zwischen Pflanzen finden hier eine zentrale Berücksichtigung, um so möglichst vielfältige statt monokultureller Gärten anzulegen.
Abb. 3 Außenansicht Freiraum ERDE; Quelle: Webseite Verantwortung ERDE
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baut und generelle Bodenfürsorge32 betrieben Auf diese Weise wird eine Ernährungs souveränität umgesetzt, die eine von globalen Marktstrukturen unabhängige, lokale Befriedigung der Bedürfnisse erlaubt (ebd.). Zusätzlich wird eine Energieunabhängigkeit durch eine kleinstrukturierte, möglichst autarke Energieversorgung für die Region angestrebt (ERDE Blatt 2021, S. 37). Da der öffentliche Raum von den Erdlingen als lebendiges Gemeingut begriffen wird, ist der Garten der ERDE für Alle rund um die Uhr zugänglich und kann stets mitgestaltet und beerntet werden (ERDE Blatt 2021, S. 12). Dies entspricht der Idee, Villach zur essbaren Stadt zu machen33 .
3.2.3 Politische Fraktion
Fest im praktischen Tun der Veränderung des lokalen Lebensraums verankert, bringt die Verant wortung ERDE ihre Perspektive auch in der politischen Sphäre und somit in einem größeren Zu sammenhang der Gesellschaftsgestaltung ein. Derzeit ist sie mit fünf Sitzen (Stand April 2021) im Villacher Gemeinderat vertreten. Die gewählten Erdlinge bilden dabei bewusst keine Partei. Sie vertreten die Themen, die sie in ihrem praktischen Tun bereits umsetzen und stehen für die Etablierung von Strukturen, die dies strukturell und somit großflächiger ermöglichen. Auf diese Weise soll eine solidarische Verantwortungsübernahme anderen Menschen und der Natur ge genüber strukturell erleichtert und ausbeuterische Strukturen nicht länger reproduziert werden (siehe Abschnitt 4.5; Webseite).34
3.3 Datenerhebung
Die Bewegung Verantwortung ERDE lernte ich durch meine Arbeit bei der Sunflower Foundation (Zürich)35 kennen, die sich im Rahmen ihrer Netzwerktätigkeit für die Bewegung interessiert. Um Daten im Feld zu gewinnen, wurden sechs intensive Interviews im Zeitraum von Dezember 2019 bis November 2020 geführt (Charmaz, 2006, S. 25).
Ein intensives Interview stellt ein gelenktes Gespräch und somit eine konstruierte und kontext abhängige Situation dar, in welcher die Befragten eingeladen und geführt werden, ihre Er
32 Gemeint sind hier Entsiegelungsmaßnahmen für Böden und über den Garten der ERDE hinaus ein Einsetzen für die Begrenzung großflächiger Bebauungen im städtischen Raum (siehe ausführlich ERDE Blatt, 2021, S. 31).
33 Die Idee der essbaren Stadt schlägt vor den öffentlichen Raum mit essbaren Pflanzen statt ausschließlich mit Ziergewächsen zu versehen (ERDE Blatt, 2021, S.12).
34
Die politischen Aktivitäten werden teilweise finanziell abgegolten, was der Verantwortung ERDE die Finanzierung externer Kosten ermöglicht.
35 Siehe Webseite: https://www.sunflower.foundation/
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fahrungen tiefgehend zu schildern und zu reflektieren (ebd. S. 27). Die ersten zwei Interviews wurden vor Ort im Wohnhaus der Familie Kravanja geführt. Aufgrund der Coronapandemie (2020/2021) wurden die weiteren vier Interviews im verbleibenden Zeitraum online abgehalten.
Die Interviews dauerten zwischen vierzig Minuten und eineinhalb Stunden, folgten einem gro ben Leitfaden (siehe Anhang 8.1) und wurden aufgezeichnet und anschließend wörtlich tran skribiert (s. Anhang 8.4). Bei den Fragen handelte es sich um sieben relativ breite und ergebnisoffene Fragen, die als Anhaltspunkte dienten und stets ein vertiefendes Nachfragen erlaubten. Auf diese Weise wurde erforscht, was die Bewegung Verantwortung ERDE für die jeweiligen Befragten ausmacht, wie sie dazu gekommen sind, was sie dort tun und wie sie sich organisieren, was Möglichkeiten, Herausforderungen und zukünftige Visionen sind. Es wurde auf ein ausgeglichenes Geschlechterverhältnis der Befragten geachtet und zu verschiedenen Graden involvierte Erdlinge und eine externe Person36 im Alter zwischen 25 und 65 Jahren interviewt. Die Menschen, die mit mir ihre Erfahrungen, Einschätzungen und Gefühle geteilt haben, werden hier zur Vereinfachung als die „Befragten“ bezeichnet, begegnet bin ich ihnen jedoch als Co Schaffende eines gemeinsamen „sozial robusten Wissens“ (Schneidewind & Scheck, 2013, S. 232) auf Augenhöhe37 Um reichhaltige Daten (en.: „rich data“, Charmaz, 2006, S.13) zu gewinnen, ist es dabei wichtig, offen für verschiedene Deutungen zu bleiben und so das implizit und explizit Gesagte nicht zugleich in vorgefertigte Kategorien einzuordnen (Glaser, 1978) Charmaz (2006) fügt hinzu: „A constructivist would emphasize eliciting the participant's definitions of terms, situations, and events and try to tap his or her assumptions, implicit meanings, and tacit rules” (ebd., S. 32).
3.4 Datenanalyse
Die Datenanalyse wurde anhand der von Charmaz (2006) vorgeschlagenen Analyseschritte „initial Coding“ und „focused Coding“ mit Hilfe der Software MAXQDA und dem begleitenden Schreiben von „Memos“ durchgeführt. Qualitatives Kodieren meint den Prozess des Definierens, um was es in den erhobenen reichhaltigen Daten geht. Die einzelnen, am empirischen Material vollzogenen Schritte, werden im Folgenden vorgestellt.
36
Die interviewten Menschen wurden entweder durch das Schildern meines Anliegens vor Ort mit mir bekannt gemacht oder meldeten sich später per E Mail bei mir.
37 Die Befragten werden nach Rücksprache mit ihnen mit dem jeweiligen Anfangsbuchstaben ihres Vornamens und der entsprechenden Seitenzahl des jeweiligen Interviewtranskripts zitiert.
17
3.4.1
Initial Coding
Während des initialen Kodierens werden ausgewählte Fragmente der Daten, hier jede Zeile des transkribierten Interviewmaterials, auf ihre analytische Wichtigkeit hin untersucht (Charmaz, 2006, S. 42). Dabei wird jede Zeile mit einer Bezeichnung versehen, welche diese zusam menfasst, kategorisiert und das explizit Geäußerte und implizit Geschehene darin repräsentiert (ebd., S. 43): „we create our codes by defining what we see in the data“ (ebd. S. 46). Die Codes sollen dabei möglichst nah an den Daten erhoben werden. Dies erlaubt einen frischen, ausgangsoffenen Blick auf die erhobenen Daten: „Initial codes help you to separate data into categories and to see processes. Line by line coding frees you from becoming so immersed in your respondents' worldviews that you accept them without question” (ebd., S. 51). Auf der anderen Seite kann durch den Sprachgebrauch bei der Bezeichnung der Codes wiederum die eigene Forscherinnen Perspektive einfließen. Durch das Verwenden von sogenannten in vivo Codes38 kann daher an bedeutsamen Stellen die Sprache der Befragten selbst in die Codes über nommen werden. Dass Forscher*innen jedoch stets bereits existierende Ideen und Fähigkeiten in den Forschungsprozess mitbringen, erkennt Charmaz (2006) explizit an und betont: „There is a difference between an open mind and an empty head“ (ebd. S. 48). Durch das initiale Kodieren konnte Signifikantes aus den Daten herausgearbeitet und so die Basis für die weiteren Analyseschritte gelegt werden (Liste der initialen Codes siehe Anhang 8.2).
3.4.2 Focused Coding
An das sorgfältige initiale Zeile um Zeile Kodieren schließt sich das fokussierte Kodieren an, mit welchem größere Segmente der Daten synthetisiert und erläutert werden können. Hierfür wer den die am bedeutsamsten erscheinenden initialen Codes ausgewählt und am vollständigen Interviewmaterial auf ihre Aussagekraft hin überprüft (Charmaz, 2006, S. 42): „Foused coding requires decisions about which initial codes make the most analytic sense to categorize your data incisively and completely“ (ebd., S. 57f.). Der Prozess des Herausbildens der fokussierten Codes erfordert das Bewegen und Vergleichen der Daten und erstellten Codes untereinander. So werden die Erfahrungen der befragten Erdlinge in Beziehung zueinander gesetzt und in pro zesshafte Zusammenhänge gebracht.
38 Chamraz (2006) führt hierzu aus: „Grounded theorists generally refer to codes of participants' special terms as in vivo codes“ (ebd., S. 55).
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Zu fokussierten Codes ernannte ich folgende der initialen Codes:
• Das Menschliche Miteinander
• Erfahrungen in der Geldlogik
• Geldlogikfreie Schenkkultur
• Schöpferisches Tun
• Politisches Tun
• Praxis der Vielheit
• Leben und Wirken in zwei Welten
Durch den aktiven Umgang mit den Daten wird ein gegenseitiges Bezogensein der Codes und schließlich theoretischen Zusammenhänge deutlich, die daher niemals als rein objektive Kriterien für sich selbst stehen (ebd., S. 66). Hierbei spielt das Verfassen von sogenannten Memos eine zentrale Rolle.
Unter Memos werden informelle analytische Notizen verstanden, die während des gesamten Datenanalyseprozesses von und an einen selbst verfasst werden. Durch den informellen Charakter der Memos wird das rasche Niederschreiben von Impulsen angeregt und dem Ent decken der Daten und Erforschen des eigenen Denkens darüber systematisch Raum geschaffen. Gleichzeitig werden die Grundsätze der Selbst Reflexivität und der Transparenz im Forschungs prozess vereinfacht und sichergestellt. Inhaltlich reichen die Memos von ganz konkreten Aus führungen zum Bestand einzelner Codes und deren Beziehungen untereinander bis hin zu ab strakten Überlegungen zu den sich herausbildenden theoretischen Zusammenhängen39 . Hierbei helfen Memos Vergleiche zwischen den Daten und zwischen Daten und den erstellten Codes besser festzuhalten und relational einzuordnen. Somit kann aus der vorherigen Vielzahl an nebeneinanderstehenden Codes eine immer klarer werdende Struktur herausgearbeitet werden, die analytisch wichtige fokussierte Codes zu konzeptuellen Kategorien erhebt und andere wiederum als Untercodes festlegt. Hierfür habe ich unter anderem die Technik des Clustering (ebd., S. 86) verwendet, die vorschlägt mögliche konzeptuelle Kategorien in der Mitte eines Papiers zu umranden und die anderen Codes relational darum herum anzuordnen (siehe Abbildung 4, S.21).
39 Unter Theorie versteht Charmaz (2006) konsequenterweise nichts in sich Abgeschlossenes und extern an die Forschung Herangetragenes, sondern etwas, das aus dem analytischen Umgang mit den Daten entsteht und damit stets in ihnen begründet bleibt (ebd. S. 123).
19
Abb. 4 Clustering; Quelle: Eigene Darstellung.
Dieser Prozess führte zum Eingrenzen des Forschungsinteresses40 und zu der Ernennung der zwei folgenden zentralen konzeptionellen Kategorien:
• Das Menschliche Miteinander
• Geldlogikfreie Schenkkultur Erstere meint die Gestaltung des Miteinanders der Erdlinge und letzteres die geldlogikfreie Umgangs , und Organisationsweise der Verantwortung ERDE So wurde im Analyseprozess deutlich, dass die Gestaltung des Miteinanders der Erdlinge erst durch ein in Bezugsetzen mit der geldlogikfreien Ausrichtung der Bewegung in seinem besonderen Charakter plötzlich greifbar wurde. Die anderen fokussierten Codes und Untercodes helfen, diese Kategorien zu verstehen und schlüssig einzubetten. So wurde zum besseren Verständnis dieser Verknüpfung der fokussierte Code „Erfahrungen in der Geldlogik“ vorangestellt, um so aus dem Feld heraus überhaupt ersteinmal deutlich zu machen, was mit Geldlogik und im Umkehrschluss dann mit „geldlogikfreier Schenkkultur“ gemeint wird. Die fokussierten Codes „schöpferisches Tun“ und „politisches Tun“ erläutern daraufhin, wie sich die Umgangs und Organisationsformen der Erdlinge in ihrem konkreten Tun und in ihren Erfahrungen zeigen, um so die analytischen Überlegungen dingfest zu machen. Was daraus wiederum folgt, wird in den letzten beiden fo kussierten Codes „Praxis der Vielheit“ und „Leben und Wirken in zwei Welten“ aufbereitet stets verknüpft zu den kernkonzeptionellen Kategorien „Das Menschliche Miteinander“ und „Geldlogikfreie Schenkkultur“ (siehe ausführlich Abschnitt 4). Auf diese Weise entstand ein
40 Dieser Stand der Forschung findet sich in der Forschungsfrage und dem Titel dieser Arbeit wieder.
20
vierseitiges Kategoriensystem (siehe Anhang 8.3), mit dem das gesamte Material erneut durchkodiert und somit die herausgearbeiteten Kategorien und Codes überprüft wurden
Nach dem Prozess des fokussierten Kodierens folgt in der Constructive Grounded Theory der Analyseschritt des „theoretical Sampling“ (ebd. S.96), welcher die bis dahin erstellten theo retischen Zusammenhänge unter anderem durch das Erheben neuer Daten überprüft und gege benenfalls anpassend erweitert. Die Datenerhebung kann dabei sowohl in dem bereits vertrauten, als auch in einem gänzlich neuen Feldzugang durchgeführt werden. So habe ich an diesem Punkt des Forschungsprozesses beschlossen, ein weiteres Interview mit einer externen Person zu führen, welche die Bewegung Verantwortung ERDE zwar kennt, sich jedoch nicht als Erdling identifiziert. Dies war für die Überprüfung des sich herausbildenden theoretischen Zusammenhangs zwischen der Gestaltung des Miteinanders der Erdlinge und ihrer geld logikfreien Organisationsweise wichtig. Im Rahmen dieser Arbeit erfolgt keine weitere Sättigung (siehe auch Anfang dieses Kapitels 3.1, S. 12).
Der hier vorgestellte Analyseprozess sorgte dafür, dass ein theoretischer Zusammenhang aus den Daten erstellt werden konnte. Die beiden oben genannten konzeptionellen Kategorien „das Menschliche Miteinander“ und „Geldlogikfreie Schenkkultur“41 und ihre Beziehung zueinander stellen somit die Essenz meiner theoretischen Zusammenhänge dar
41
In Abbildung vier heißt die zweite konzeptionelle Kategorie noch „Geldlogikfrei“; diese wurde im Verlauf des Forschungsprozesses in "Geldlogikfreie Schenkkultur" umbenannt, da das miteinander Sein und Wirken der Erdlinge mehr ausmacht, als die reine Absenz der Geldlogik. Dem wird durch das Hereinnehmen des Begriffs "Schenkkultur" in die Kategorie gerecht zu werden versucht.
21
Ergebnisdarstellung
In der folgenden Ergebnisdarstellung werden die konzeptionellen Kategorien und die für das Verständnis relevanten fokussierten Untercodes ausführlich erläutert und die so entstandenen theoretischen Zusammenhänge vorgestellt. Begonnen wird mit der Darstellung der ersten konzeptionellen Kategorie der Gestaltung des Miteinanders der Erdlinge, welches vor Ort zugleich in seiner Besonderheit spürbar wird. Daher wird das charakteristische dieses Miteinanders vorerst dargestellt und im weiteren Verlauf dann in Zusammenhang mit der geldlogikfreien Organisationsweise der Verantwortung ERDE gebracht.
4.1 Das Menschliche Miteinander
Das Miteinander in der Verantwortung ERDE zeichnet sich durch einen hohen Grad an Offenheit aus. Gemeint ist, dass der Freiraum Verantwortung ERDE prinzipiell jedem/jeder offensteht und man als Mensch einfach Teil sein und haben kann, ohne dass eine Partizipation an Bedingungen gebunden ist. Die Offenheit bezieht sich dabei nicht nur auf den ersten Kennenlernprozess, sondern durchzieht generell das Miteinander der Erdlinge, da Menschen, die sich bei der Bewegung engagieren nicht funktional in fixe Rollen gesteckt werden oder wiederholend dieselbe Aufgabe erledigen (müssen): „Du bist nicht so festgeschrieben (...) nur weil du einmal gekocht hast bist du nicht für immer die, die kocht und nur weil du heute diese Ansichten vertreten hast, musst du sie morgen nicht mehr vertreten“ (M., S. 2).
Diesem Umgang liegen die erlebte Erfahrung und Überzeugung zugrunde, dass Menschen mehrdimensionale Wesen sind, die, wie alles Lebendige, dem steten Wandel unterworfen sind: „Der Sinn des Lebens ist, dem Leben einen Sinn geben. Jeden Tag, jeder Moment ist ein anderer Sinn. Da zergrübel ich mir in einem Moment über mich selbst den Kopf und im anderen gehe ich wieder lachend und beschwingt zur Türe hinaus“ (J., S. 2)
Menschen, wie im Arbeitsumfeld üblich, in bestimmten Rollen anzustellen und sie häufig die immer gleichen Aufgaben ( Bereiche) erledigen zu lassen, schafft und hält für die Befragten eine künstliche Starrheit aufrecht. Diese mag Übersichtlichkeit und Kontrolle über das Getane ermöglichen, erschwert aber auch das schlichte (da) Sein, dass immer auch spontan und zu einem gewissen Grad unvorhersehbar ist. Da wir bereits von klein auf in bestimmten Funktionen wie Schüler*in; Student*in und/oder Arbeiter*in in die Welt treten und in diesen Rollen wahrgenommen, eingenordet und bewertet werden, kann ein Raum, der Menschen nicht in einer Funktion, sondern als Mensch willkommen heißt, erst einmal überfordernd sein. Es gibt in
22 4
der ERDE keine Position, die von vorneherein eingenommen werden könnte und keinen Titel, der Auskunft über scheinbare Wichtigkeit oder einen Bedeutungsrang gäbe Dass dies zu Herausforderungen führen kann, überrascht nicht Die ERDE ist viel organischer gewachsen und "demnach ist es auch viel schwieriger für eine außenstehende Person einfach reinzugehen, denn du musst hier vielmehr auf einer menschlichen Ebene hineingehen als du es in unserer Welt gewöhnt bist, und das war am Anfang auch sehr unübersichtlich oder ist es wahrscheinlich für Außenstehende immer noch (...), weil dadurch die Systeme und Netzwerke sehr verzweigt sind“ (M, S. 1).
Diese „menschliche Ebene“ in der ERDE, die sich durch ihre Offenheit charakterisiert, erfordert Toleranz und somit auch das Aushalten von Ambivalenzen. Eine Befragte äußerte hierzu: „wir sind nicht eindimensionale Wesen und deswegen glaub ich, dass (...) Widersprüche für uns eigentlich kein Problem darstellen“ (ebd. S. 4) und bietet somit einen erfrischenden Blick auf Ambivalenz, der diese nicht als negativ bewertet, sondern einfach anerkennt und da sein lässt. Dieser offene Umgang ermöglicht ein authentisches Da sein, gerade weil Widersprüchlichkeiten zugelassen und Menschen so in ihrer Ganzheit bedingungslos da sein können ohne Angst, den Job oder ihr Ansehen zu verlieren, wenn sie wirklich äußern was sie denken oder wie es ihnen eigentlich geht: „Für mich ist die ERDE ein Ort wo ich gerne hingehe, weil ich dort auf Menschen treffe, die ehrlich sind, authentisch (...) Da nehmen die Menschen was mit, weil da keine Taktik, keine Geschäftsidee, keine List, kein ‚Ich bin freundlich damit ich etwas Erreiche‘ dahinter ist“ (J., S. 1ff). Authentisch sein geht hier mit ehrlich sein (können) einher und zwar zu sich selbst und zu anderen. Dies wird zum einen durch die Bedingungslosigkeit des Raumes ermöglicht, erfordert zum anderen jedoch auch ein individuelles sich verletzlich machen. Die Befragten schildern eine Kultur des Nicht Verurteilens, welche an dieser Stelle zentral ist. So steht ein zulassender und bejahender Umgang mit Emotionen im Zentrum des Miteinanders der Erdlinge. Zu Konflikten kommt es auch in der ERDE, wie überall wo Menschen mit Menschen sind oder wie eine Befragte es formulieren würde: „Menschliches Zusammenleben ist eine Herausforderung, das ist einfach so“ (M., S. 16). Konflikte stellen hier jedoch keine existentielle Bedrohung dar, da die Erdlinge sich bedingungslos als Teil dieses Gefüges wissen auch oder gerade, wenn sie anderer Meinung sind, sich oder ihren Standpunkt geändert haben, ehrlich, emotional, kurz: menschlich sind. Der Umgang mit Konflikten ist ein offener, es wird „sich ausgeredet“: „Ausreden bedeutet solange zusammensitzen, bis man fertig geredet hat“ (M., S. 14). Der bewusste Umgang mit Konflikten braucht Zeit, mehr Zeit und daher Priorisierung, als
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meist vorhanden ist, wenn Menschen den Großteil ihrer Zeit in Lohnarbeitsverhältnisse eingespannt sind.
Neben dem offenen Umgang mit Konflikten und damit auch mit Emotionen wird die Bedeutung von (Lebens ) Freude in dem Miteinander der Erdlinge deutlich: „Dieses Zufriedenheits Gefühl in der ERDE, dass nichts mehr von Geld Verdienen abhängt. Dass ich wer bin, dass ich wer sein darf, dass ich gebraucht werde, dass ich eine Berechtigung habe zum Leben“ (J., S. 2). Hier wird der Rückschluss zur Bedingungslosigkeit des Miteinanders der Erdlinge deutlich, die mit ihrem Miteinander ein „zu Hause“ Gefühl assoziieren:
„Wir sind hereingekommen, weil ich beim Kochen mal mithelfen wollte und mein Hund hat sich voll zufrieden hingelegt und war ruhig. Ich habe die Leute eigentlich gar nicht gekannt und war dennoch wie daheim (...) Es hat eine Liebe, Ästhetik und Wärme für mich, die mir von Zuhause vertraut ist“ (A., S. 1).
Dieses Gefühl wird nicht an einen konkreten Ort wie den Freiraum der Verantwortung ERDE festgemacht, sondern an einer Qualität des miteinander Seins: „Es ist mit Liebe gegartelt, mit Liebe gekocht, mit Liebe in den Dialog gegangen. Das gefällt mir, da bin ich daheim (J., S. 2)
Das Miteinander der Erdlinge kann anhand der drei Kerncharakteristika „Willkommend“, „Fürsorge tragend“ und „Überzeugt engagiert“ näher erläutert werden.
4.1.1 Willkommen heißen und geheißen werden
Dadurch, dass Menschen nicht in einer spezifischen Funktion oder einer konkreten Aufgabe folgend in die ERDE kommen, ist die ERDE eine sehr inkludierende Bewegung. Willkommen werden und willkommen heißen stellt daher ein zentrales Merkmal dar, welches mit der oben beschriebenen Offenheit zusammenhängt. Diese zeigt sich auch in der Vielfältigkeit der Erdlinge, denn diese werden nicht durch das Erfüllen gewisser Bedingungen zu Erdlingen, sondern konsequenterweise dem Prinzip der Offenheit folgend einfach durch ihr da sein. Daher gibt es auch keine Mitgliedschaft und keine festlegende rechtliche Form. Die Erdlinge bezeichnen sich und ihr Tun als Bewegung im Gegensatz zu etwas Festgeschriebenem und klar Definiertem.
In Bezug auf das inkludierende Potential der Bewegung wurde in dieser Arbeit nicht explizit die vorhandene sozio ökonomische und kulturelle Diversität der Erdlinge analysiert. Festgehalten werden kann jedoch, dass in der Verantwortung ERDE durch die Bedingungslosigkeit ihrer
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offenen Partizipationsmöglichkeiten Menschen unabhängig ihrer individuellen Fähigkeiten, ihrer sozialen und kulturellen Herkunft, ihres Geschlechts, möglicher individueller Beeinträchtigungen, ihres Alters, ihrer Weltanschauung oder ihrer sexuellen Orientierung teilhaben , und sein können. Hier spielt sicherlich auch das nicht Vorhandensein müssen von Geld eine Rolle. Denn die Teilhabe ist gerade dadurch so bedingungslos, dass in der ERDE kein Eintrittsgeld (auch nicht in Form von einer Spendenbox) oder falls Geld nicht vorhanden sein sollte ein Aufwiegen der „kostenlosen“ Teilhabemöglichkeit durch (mehr) Engagement und somit Zeit, erwartet oder gar vorausgesetzt wird.
4.1.2 Fürsorge tragend
„Ich möchte eine Welt, in der ich genommen werde, wie ich bin, und ich nehmen kann, wer mir gegenübersitzt. Ich will wahrnehmen wie es meinem Gegenüber geht und auch andersherum wahrgenommen werden. Es wird also erkannt, ob es mir gut geht oder ob ich unglücklich bin.
Nur wenn ich achtsam mit der Umwelt umgehe, geht auch die Umwelt so mit mir um“ (A., S. 2)
Die hier beschriebene Qualität des Fürsorge Tragens meint ein Anerkennen des Anderen, ein sich gegenseitig etwas Angehen oder wie eine Befragte es in Bezug auf die Teilhabe ihres beeinträchtigten Sohns in der ERDE äußert: „Die Menschen haben sich Gedanken gemacht, er war nicht egal. Es braucht also Räume in einer Gruppe, wo man aufeinandertreffen kann, aber auch Räume, wo man sich zurückziehen kann“ (J., S. 3). Es geht also um die Ausgeglichenheit sowohl des Aufeinander zu , und Voneinander weggehen könnens als auch des Gebens und Nehmens von Aufmerksamkeit und Fürsorge wenn auch in einer nicht aufrechnenden Form (siehe Abschnitt 4.3).
4.1.3 Überzeugt engagiert
Obwohl die Befragten verschiedene demographische Hintergründe haben und zu verschiedenen Graden in der Bewegung involviert sind, sind alle Befragten von der Wirkweise der Verantwortung ERDE überzeugt. Auch dies lässt sich in Zusammenhang mit der Offenheit ihres Miteinanders bringen, da dieses das Finden eines ganz eigenen, stimmigen Zugangs und Engagements zulässt. Somit wird ein Ausprobieren eigener eventuell bisher unentdeckter Fähigkeiten ermöglicht, was in der Arbeitswelt durch vorgeschriebene Aufgaben häufig erschwert wird:
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„Wie wir heute Arbeit verstehen nehmen wir uns viel von menschlicher emotionaler Arbeit ab beziehungsweise nehmen sie uns weg, denn ich muss mir keine Gedanken über meine soziale Rolle machen, ich bin ja als Assistent auf XY angestellt, (...) wenn ich jetzt aber wo hinein komme, wo ich keine fixe Rolle zugeschrieben bekomme, dann muss ich (...) erst noch eine Rolle finden in dem Gefüge, ich muss einen Platz finden“ (M., S. 2)
Das Teil sein und haben in der Bewegung erfolgt freiwillig und nicht aus einem irgendwie gearteten Zwang heraus, was eine Mühe , und Zwanglosigkeit mit sich bringt, die das Engagement der Erdlinge auszeichnet:
„Es funktioniert (...) deswegen vor allem, weil es ist mühelos, die sozialen Kontakte zu pflegen, die du gerne pflegst und es ist irrsinnig anstrengend die sozialen Kontakte zu pflegen, die du pflegen musst; und deswegen ist es für mich mühelos zu schauen, ob die Andrea wenn sie krank ist alles hat was sie braucht, weil ich die Andrea einfach lieb hab und das so machen würde; wäre es meine Aufgabe, dass ich auf die Andrea aufpassen muss, dann wäre das wahrscheinlich ganz anders. Und für die Andrea ist es mühelos, wenn sie weiß morgen ist ein ERDE Fest geschwind drei, vier Kilo Brot am Abend zu backen (...) das ist für sie das logischste der Welt. Würdest du mich verpflichten am Abend Brot zu backen (...), dann müsste ich mir einen Algorithmus schreiben wo jedes Mal, wenn eine ERDE Veranstaltung ist ich eine kleine Nachricht am Handy bekomme, damit ich dann Mehl kaufe, damit ich dann Brot backe das wäre so mühsam!“ (M., S. 17)
Der Zusammenhang zu der Vorstellung, Menschen würden, wenn sie kein Geld oder etwas anderes zum äquivalent Tauschen erhalten, nichts mehr tun oder sich weniger einbringen, erweist sich hier als spannend. Genau das Gegenteil scheint der Fall zu sein, denn gerade durch die Freiwilligkeit ist ein hohes Committment und eine starke Verbindlichkeit vorzufinden. Es wird deutlich, dass das menschliche Miteinander bei den Erdlingen im Fokus steht und sich durch das Knüpfen bedeutungsvoller Beziehungen äußert. Dieses Beziehungsgeflecht ermöglicht das Herausbilden von Infrastrukturen des Vertrauens, die wiederum auf dem gegenseitigen, intrinsisch motivierten Engagement basieren:
„So baut sich Vertrauen auf (...). Weil man sieht, man kann mit Menschen, die nicht im Familienverbund sind, wirklich offen über Dinge reden, die einen beschäftigen, man kann seine Ideen einbringen und alle Ideen werden als wertvoll anerkannt und man kann offen ansprechen, wenn etwas auch mal nicht so gut geht“ (G., S. 5)
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Dieser offene, vertrauensvolle Umgang miteinander ist zentral für die Bewegung und erfordert das Erlernen von Fähigkeiten, die „man eben nicht in der Schule lernt“ (ebd., S. 6). Dabei handelt es sich um einen „Lernprozess und nicht etwas wo man sagt, ich spaziere kurz rein und dann kann ich das alles, aber es geht dann sehr schnell, weil es etwas ist was sich sehr natürlich anfühlt, was glaube ich einfach in uns drin ist“ (ebd ).
4.1.4
Organische Funktionsweise der Verantwortung ERDE
Die Funktionsweise der Bewegung Verantwortung ERDE und ihres Freiraums lässt sich nach den oben dargelegten Grundzügen der Offenheit als eine organische bezeichnen42 . In der ERDE wird sich in Selbstorganisation hierarchiefrei und dezentral organisiert (siehe auch Abschnitt 3.2): „Viele Menschen kommen und fragen: ‚Wo ist der Chef?‘ und auch wenn wir ihnen erklären, dass es hier keinen Chef gibt, denken sie, wir haben ihn irgendwo versteckt [lacht] (G., S. 6). Konkret bedeutet dies, dass es offene AGs zu verschiedenen Themengebieten von pflanzlichem Kochen, über politisches Engagement bis hin zu der Auseinandersetzung mit der Geldlogik gibt. Die jeweiligen AGs können ihre konkrete Vorgehensweise selbst festlegen und folgen meist ebenfalls dem Prinzip des „sich Ausredens“. Das heißt, der jeweilige Arbeitskreis trifft sich und nimmt sich so lange Zeit sich auszutauschen und auszusprechen, bis es für alle Anwesenden stimmig ist und somit Konsens über das weitere Vorgehen herrscht. Alle AGs sind für sich entscheidungsmächtig und somit handlungsfähig43. Generell gilt, dass Entscheidungen bei Bedarf auch neu getroffen werden können. Generell gibt es keine festgeschriebenen Regeln in der ERDE, es wird mit dem umgegangen was kommt und zwar gemeinsam. Konsequenterweise ist daher auch die organische Funktionsweise der ERDE keine festgeschriebene Regel. Vielmehr hat sie sich aus der Praxis heraus etabliert und wird umgesetzt, weil sie funktioniert.
Aus der Sicht aller Befragten funktioniert diese Gestaltung ihres Miteinanders, auch oder gerade weil sie sich von dem unterscheidet, was die Befragten außerhalb der Verantwortung ERDE erlebt haben. Um die Umgangsweise und Organisationsform der Bewegung besser einordnen zu können, erscheint daher eine Kontrastierung mit den diesbezüglichen Erfahrungen der Befragten sinnvoll. Mit diesem Verständnis kann dann im darauf folgenden Abschnitt auf die geldlogikfreie Organisationsweise der Bewegung eingegangen werden.
42 Der Begriff wurde in Kontrast zu einer funktionalen Umgangsweise gewählt.
43 Dies gilt nicht, wenn sich ein*e Teilnehmer*in einer AG extra entschuldigt hat, dann werden Entscheidungen ggf. vertagt oder die Person auf anderem Kommunikationswege miteinbezogen.
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4.2
Erfahrungen in der Geldlogik
Im folgenden Abschnitt werden die persönlichen Erfahrungen und Einschätzungen der befragten Erdlinge aufgegriffen, um die Charakteristika und Auswirkungen der Geldlogik44 herauszuarbeiten.
4.2.1 Omnipräsenz
„Es schwingt so viel mit, dass muss man gar nicht immer aussprechen, es ist immer da, es steht immer im Raum“ (J., S. 4). Gemeint ist hier, dass in unserer Gesellschaft beinahe alles im Tausch gegen Geld zu erwerben ist oder eher erworben werden muss. Damit dieser äquivalente Tausch mit Geld funktioniert, wird Materiellem und Immateriellem ein Geldwert angehangen. Dieser geldbasierte äquivalente Tausch, von den Befragten als Geldlogik bezeichnet, beschränkt sich nicht etwa auf ein Handelsumfeld, sondern ist die Grundlage beinahe allen Tuns, aller Abwägungen und Ausrichtungen geworden und steht somit „immer im Raum“ (ebd.). Es gibt eine Abhängigkeit vom Geld, die konstant reproduziert wird. Allerdings stellt das derzeitige Geld kein neutrales Tauschmittel dar, sondern folgt einer gewissen Logik: „Sobald wir kein Wirtschaftswachstum mehr haben, kollabiert unser gesamtes Wirtschafts , Sozial , Gesundheits und Pensionssystem, es ist nicht anders möglich. Es funktioniert nur dadurch, dass die Geld Menge die darin zirkuliert, immer weiterwächst“ (G., S. 11)
Durch die Abhängigkeit vom Geld, dem einen reinen Tauschmittel (M., S. 8), besteht die Notwendigkeit meist durch bezahlte Arbeitsverhältnisse irgendetwas zu oder für Geld zu machen, um mit diesem Geld wiederum an alles andere selbst das Lebensnotwendigste kommen zu können: „Ich habe mir Räume gesucht, wo ich ohne Geld klarkomme, aber ich habe gemerkt, dass das überhaupt nicht möglich ist. Denn dein Auto fährt nicht ohne Benzin und das Haus musst du zahlen, und den, den du am liebsten hast, der ist nicht bei dir, denn der muss den ganzen Tag arbeiten und das herbeischaffen“ (J., S. 4f).
Geld fungiert somit als Schranke, die Zugriff erlaubt oder verweigert und somit sowohl individuelle als auch kollektive Handlungsfähigkeit maßgeblich bestimmt. Um diese zu wahren, wird Geldgewinnung und Maximierung tendenziell über Menschen und ihre Bedürfnisse gestellt. So auch häufig in ihrer Funktion als Angestellte in bezahlten Arbeitsverhältnissen: „Die
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Der Begriff wurde von den Befragten selbst verwendet.
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sind dann meistens beinhart und schauen weniger auf (...) die Bediensteten“ (F., S. 5). So wird der Mensch oft Nebensache, selbst in einer Arbeit, wo er die Hauptsache sein sollte (A., S. 1).
Dabei handelt es sich für die Befragten nicht um einen willentlichen Akt der Unterwerfung, sondern um einen sich verselbständigten Zusammenhang, den es nun zu bedienen gilt. Dieser erscheint gerade aufgrund seiner Omnipräsenz als so gegeben und damit tendenziell unveränderbar. Dadurch äußern sich die Auswirkungen der Geldlogik auch häufig als abstraktes und kaum zu greifendes Unbehagen, was wiederum verständlicherweise zu vagen und verallgemeinernden Aussagen wie das obige „die“ vor dem „beinhart“ (F., S .5) führt und zu personalisieren versucht, was systemisch angelegt ist. Doch gerade durch die systemische Verankerung bringt ein Handeln innerhalb der Geldlogik auch zahlreiche Vorteile mit sich, auf die im nächsten Abschnitt kurz eingegangen werden soll.
4.2.2
Vorteile von geldbasiertem Tausch
Der Umgang mit Geld in einer geldvermittelten Gesellschaft ist vor allem komfortabel und einfach. Er wurde verinnerlicht und erscheint daher in seiner Omnipräsenz als selbstverständlich.
Ein Befragter betont zusätzlich die Verpflichtung, die er darin sieht, weiterhin zu einem gewissen Grad mit Geld umzugehen, da er beispielsweise geldförmige Alimente an seine Tochter zahlen muss: „Es ist nicht nur Faulheit, ich darf in meinem Leben nicht nur egoistisch sein. Und meine Verlobte, die würde den Schritt auch nicht mitmachen (...). Wir beide stehen mit unseren finanziellen Mitteln gut da und das möchte sie nicht aufgeben. Das verstehe ich“ (S., S. 4).
Warum also überhaupt den Umgang mit Geld infrage stellen?
Den Erdlingen war es wichtig, den Zugang zu der Bewegung und ihrem Freiraum nicht potentiell exkludierend über das Vorhandensein von Geld zu regeln. Geld sollte nicht bestimmen, wer wie miteinander umgeht:
„Bei uns treffen wir uns und lernen uns kennen. Wir öffnen uns zu verschiedensten Zeitpunkten, der Mensch muss ankommen dürfen in seinem Tempo (J., S. 3). „Denn wenn wir (...) einen neuen Raum betreten können wir nicht erwarten, dass wir 50 Euro hinlegen und (…) einen Workshop
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4.2.3
konsumieren, verinnerlichen und (…) mit einem Zertifikat nach Hause gehen, das bestätigt, wir haben das alles gemacht“ (J., S. 3).
Ergebnisorientiertheit
Innerhalb der Geldlogik wird das Generieren von Ergebnissen meist dem ergebnisoffenen Prozess vorgezogen, da am Ende vom Tag ein konkretes Produkt abgeliefert werden muss (ebd). „Dieser Druck erzeugt dann ‚Ich brauche ein Ergebnis‘ und wenn man jetzt kein Ergebnis sieht, dann findet man eines und man liefert ein Ergebnis, auch wenn das bei weitem nicht das ideale ist; so, der Schritt ist getan und wir gehen zum nächsten und (...) vielleicht in eine ganz falsche Richtung“ (F., S. 5). In diesem Zusammenhang ist die Betrachtung der Komponente Zeit spannend, denn das Prozesshafte eines organischen Entstehungsprozesses braucht seine Zeit und garantiert kein spezifisches, von vorneherein festgelegtes Ergebnis. Hier wird bereits deutlich, dass die oben beschriebene Offenheit für das Sosein und Sich entwickeln lassen der Dinge und die Freiwilligkeit im Tun der Erdlinge sich entgegengesetzt zu der Ergebnisorientiertheit der Geldlogik verhält. Allerdings lassen sich auf diese Weise keine Arbeitsplätze schaffen, die ein ganz wichtiges Argument in der politischen Debatte darstellen, das alle anderen aussticht:
„Abgesehen davon, dass es ökonomisch fragwürdig ist, ob diese projizierten Arbeitsplätze in der Realität wirklich entstehen und welche Qualität diese dann haben würden, ist es ein Synonym für Geld. In der politischen Diskussion wird dann nicht gesagt ‚dafür bekommen wir Geld‘, sondern ‚dafür bekommen wir Arbeitsplätze‘. Was aus meiner Sicht dafür verwendet wird, dass die Menschen, die am wenigsten davon profitieren, mit ins Boot geholt werden. Denn die brauchen ja diese Arbeitsplätze ganz dringend, zumindest ist das in unserem Kopf so drin“ (G., S. 2).
In der ERDE herrscht eine Vielheit an persönlichen Umgangsformen und Lebensgestaltungen vor. Diese reichen von einem bewussten Eingebundensein in bezahlte Arbeitsverhältnisse außerhalb der ERDE bis hin zu einem Leben ohne Geld Gerade aufgrund der gelebten Offenheit gibt es in der Bewegung somit nicht den einen, verpflichtenden Umgang mit beziehungsweise ohne Geld. Dasselbe gilt für das Engagement, welches von gelegentlichem Mitmachen bis hin zu einem täglichen Einbringen für die Bewegung reicht und sich jederzeit auch ändern kann.
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Funktionalität
Das Eingebundensein des Individuums in einen Arbeitskontext erfordert indes eine gewisse Funktionalität, die Menschen je nach Bereich spezifische Aufgaben vollbringen und in spezifischen Rollen miteinander in Beziehung treten lässt. Dies führt zu einer relativen Starrheit ganz nach dem Motto: „Du musst jetzt in einem Raum drinnen sitzen, dein Pensum bringen oder das machen, was du zu arbeiten hast“ (J., S. 3) Das Individuum wird so zu einem Geldsubjekt unter vielen. Dabei wäre es um eine Befragte sprechen zu lassen außerhalb der Arbeitswelt „total idiotisch einen Menschen für immer das gleich tun zu lassen, da würde nie jemand darauf kommen, total verständlich (...) wenn einer sagt, er mag das nicht mehr machen; (...) würde das in der Arbeitswelt passieren, würden wir uns alle fragen, warum der sich jetzt so aufregt oder was der sich rausnimmt, dabei ist es auf menschlicher Ebene total normal“ (M., S. 2). Diese Funktionalität erfordert somit tendenziell ein Funktionieren müssen, hinter dem das jeweilige Individuum mit seiner/ihrer Lebensgeschichte, der aktuellen Stimmung und den individuellen Fähigkeiten und Ängsten, zu verschwinden droht und vor allem ersetzbar wird. Dies kann ein sich maskieren (müssen) nach sich ziehen, welches professionell erscheinen mag, das Menschliche jedoch tendenziell verkümmern lässt: „Wenn man außerhalb der ERDE ist, dann ist es, als ob man sich verkleidet, man stellt irgendetwas dar“ (J., S. 1). „Das schätze ich an der ERDE, deswegen bin ich dort gerne“ (ebd.), „weil man nicht von Vornherein sagt, dass etwas funktional sein muss, damit es dann verkauft wird, (...) millionenfach vervielfältigt“ (ebd., S. 2). Hier wird die gegenseitige Bedingtheit zwischen Ergebnisorientierung und Funktionalität deutlich. Als Mensch dieser Funktionalität unterstellt zu sein, hat laut den Befragten Folgen.
4.2.5
Isolierung und Individualisierung
„Aus der Realität weiß ich: Wenn man 10 Stunden jeden Tag bei einem Konzern arbeitet, wie ich es getan habe, es schwer ist, das nicht zu einem zentralen Bestandteil der eigenen Identität werden zu lassen“ (G., S. 4). So sind wir beispielsweise „psychologisch konditioniert, in kleine Konkurrenzkämpfe eine irrsinnige Bedeutung hinein zu interpretieren, (...) weil sie auf der großen Skala unser Überleben bedeuten und wenn du das mal prinzipiell gelernt hast, dann tust du das glaube ich mit allen Sachen“ (M., S. 5). Die Gedanken und Schlussfolgerungen, die einem innerhalb der Geldlogik kommen, erscheinen daher „ganz natürlich“ (ebd., S. 9) und sind somit zur „Denkrealität“ (G., S. 4) geworden:
31 4.2.4
„Ich war im Magistrat tätig und sehr verhaftet im Bestehenden; ich habe alles wegargumentiert (...) warum das so sein muss, warum das nicht anders sein kann... Man muss ja, wenn man im Magistrat arbeitet, etwas anders denken, damit man das aushält, (...) das weiß ich heute, dass man sich gedanklich anpassen muss an diese Maschinerie, um dort bestehen zu können“ (A., S. 1).
Innerhalb dieser Denkrealität erscheint die vorherrschende Ordnung der globalen geldvermittelten Organisationsweise daher als gegebene Voraussetzung. Dieser Denkrealität liegt das Menschenbild des Homo oeconomicus als einem Menschen, der rational handelt indem er in jeder Situation für sich den maximalen Nutzen zieht, zugrunde: „In der Wissenschaft gehen wir davon aus, dass unser menschliches soziales Handeln (...) nur eine Verschleierung von ökonomischen Denken ist“ (M., S. 9). Innerhalb dieser Logik findet somit eine negative Identifizierung statt:
„im Sinne von ich ziehe hier eine Grenze und die dort sind anders als ich (...); ich glaube nicht, dass Menschen sich nur durch negative Abgrenzung identifizieren können (...) aber (...) der Gedanke, dass nur negative Abgrenzungsidentifizierung Identifizierung beinhalten kann, passt so gut in die Geldlogik, dass ich wirklich der Meinung bin, dass kann nur aus dieser Logik kommen“ (M., S. 4).
Durch die systemisch geschaffene Notwendigkeit zum permanenten Konkurrieren der Menschen untereinander, auf die im nächsten Abschnitt näher eingegangen werden soll, trägt die negative Identifizierung zur Isolierung und Individualisierung von Menschen bei, da innerhalb dieser Logik das Unterscheidende und nicht das Verbindende zum zentralen identifizierenden Merkmal erhoben wird.
4.2.6 Konkurrenz
„Wenn meine Existenzberechtigung davon abhängt, dass ich besser bin wie du, damit ich mich in einem Wirtschaftssystem durchsetze“ (M., S. 5) gelangen wir in einer global geldbasierten Gesellschaft zu einer „von Konkurrenz getriebenen Welt“ (ebd., S. 4). Dies führt dazu, dass Menschen dazu angehalten werden im Vergleich besser als etwaige Konkurrent*innen zu sein sei es um an Ausbildungs und Arbeitsplätze, an Wohnraum oder an Geld durch Kredite für die Verwirklichung eigener Ideen zu kommen. Dadurch, dass das Konkurrieren müssen sich nicht auf einen konkreten Bereich bezieht, sondern durch die Omnipräsenz der Geldlogik alle Sphären des Lebens betrifft, wird es verinnerlicht: „Es ist sehr schwer diesen eigenen Bias abzulegen,
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dieses Konkurrenzdenken, dieses Streben in einer gewissen Form nach Selbstbereicherung. Das man nicht im Mittelpunkt steht, sich selbst nicht bereichert, keinen Ruhm erntet. Diese Dinge nicht im Fokus zu haben das ist ein recht großer Schritt“ (G., S. 6). Denn: „Ich glaube nicht, dass unser menschliches Gehirn (...) zu Hause (...) auf einmal ein privates Gehirn ist und kein öffentliches (...) mehr, das funktionieren muss in der Arbeitswelt und sagt: ‚ne, ne aber jetzt ist Konkurrenz ja egal‘; du gehst mit dem gleichen Gehirn überall hin“ (M., S. 5).
Innerhalb eines direkt oder indirekt auf Konkurrenz basierenden Miteinanders schleichen sich nun schnell Misstrauen um etwaige Bereicherungsabsichten der anderen Menschen ein. Hinzu kommt ein Hang zum eigenen Perfektionsstreben, um sich „positiv“ abzusetzen. Je nachdem wie gut dies gelingt, gestaltet sich der „verdiente“ Erfolg eines Individuums. Der Wert eines Menschen wird so allzu leicht an Geld ( wert) geknüpft und dieser maßgeblich für das eigene Selbstwertgefühl gesetzt. Gerade zu „alle unsere Gefühle beruhen auf diesem Zettel, auf diesen Papierscheinen dass du etwas Wertvolles bist, dass du etwas kannst“ (J., S. 4). Hier wird ein Zusammenhang zu potentiell aufkommenden Existenzängsten hergestellt: „Und ich kenn ja diese ganzen Gefühle, die man hat, wenn man in Situationen steckt, wo man nicht mehr ein noch aus weiß, weil das Geld drinsteckt“ (A., S. 2). An dieser Stelle lohnt es, auf den Zusam menhang mit Schuld näher einzugehen
4.2.7 Schuld
„Ich hatte einen Freund, der Schwierigkeiten hatte, und habe ihm 500 Euro gegeben. Kein Stress, wann immer es dir passt, kannst du es mir ja zurückgeben. Doch danach hat er nicht mehr mit mir gesprochen. Das ist der Moment wo etwas passiert ist zwischen uns“ (A., S. 2). Geld zu leihen oder geliehen zu bekommen, verändert somit Beziehungen. Das was „passiert ist zwischen uns“ (ebd.) kann am ehesten als eine Veränderung der wahrgenommenen Augenhöhe zwischen den Beteiligten aufgefasst werden. Die „Schuld“ rückt in den Vordergrund, andere Dinge wie die zuvor beschriebene Nähe und das Gefühl der stimmigen Ausgeglichenheit, treten in den Hintergrund: „Wenn wir uns heute treffen, sagt er als erstes: ‚Ah ja, du kriegst noch Geld von mir‘. Ich freue mich, den Menschen zu sehen und die erste Assoziation, die er hat, ist Geld. Geld verändert etwas zwischen uns Menschen. Es ist eigentlich total traurig, denn es ist ja eigentlich nichts“ (ebd.). Warum wird Geld, dieses reine Quantum, dann zur maßgeblichen Bezugsgröße?
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„In dem Moment wo Geld (...) als Denkleistung (...) im Raum ist, ist jegliches in Anführungszeichen natürliches, organisches, menschliches Handeln nicht mehr möglich, es geht einfach nicht. Weil wir haben ja eine andere Größe, auf die sich alles beziehen lässt und auf einmal wird der Teller Suppe, den ich dir einschenke nicht mehr als Handlung zwischen dir und mir gesehen sondern wird auf die Größe des Geldes bezogen“ (M., S. 8f)
Der abstrakte Geldwert wird somit zu der einen wesentlichen und universalen Bezugsgröße, zum häufigen Mittler über Ausgeglichenheit und Fairness. Jemandem etwas zu leihen oder selbst etwas zu schulden, gefährdet die wahrgenommene Augenhöhe und Handlungspotenz und wird meist als individuelle Angelegenheit oder gar persönliches Versagen eingestuft. So konkurrieren Menschen nun mit oder eher gegen Menschen, indem sie ihre (Daseins ) Berechtigung erst im Wettstreit gegeneinander „verdienen“ müssen und nicht einfach bedingungslos für sie gesorgt wird. Auf diese Weise werden konstant Gewinner und Verlierer (J., S. 4) produziert und ein systematischer Nährboden für konstantes gegenseitiges Vergleichen, Bereichern und potentiell Verurteilen gebildet: „Das sind oft keine Freunde, sondern das sind Nutz Nießer Beziehungen. Sobald etwas zu Nutzen ist von dir sind alle da, sobald nichts da ist, ist auch niemand mehr da“ (S., S. 8).
Gerade durch das abstrakte der Geldlogik, bleibt im Versuch mit dem vagen Unbehagen umzugehen, oft nur die Tendenz sich oder anderen die Schuld daran zu geben: „Ich bin viele Nächte wach gelegen und hab geweint, weil ich mir gedacht hab, ich bin schuld daran, dass die Welt so ist, wie sie ist“ (M., S. 22f). Derartige Erfahrungen können zu dem Gefühl führen, als Mensch versagt zu haben und deuten darauf hin, dass die Geldlogik den Anspruch bedient, stets etwas leisten zu müssen, bei gleichzeitigem inhärentem und systematischem Fokus auf den Mangel.
4.2.8
Veränderungsimpuls
Die bis hier genannte Funktionsweise der Geldlogik führte für die Befragten auf ganz unterschiedliche Weise dazu, dass sie entweder keine Antworten auf die von ihnen gestellten Fragen zu dem Zustand der Welt in Bezug auf soziale Gerechtigkeit, Ausbeutung und Klimawandel bekamen; feststellten, dass Geld soziale Beziehungen korrumpiert oder die Anforderungen des (unreflektierten) Funktionieren müssen in einem Arbeitsverhältnis nicht mehr aushielten. Stets war eine Dissonanz vorhanden zwischen dem, was sich die Befragten
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wünschten und dem, was sie tatsächlich vorfanden und beispielsweise in ihrem Arbeitsverhältnis zu verrichten hatten:
„Mein doch plakatives Beispiel ist ein Baggerfahrer, der doch eigentlich nichts gegen einen Baum hat, der hat vielleicht auch ein Kind zu Hause und denkt sich, vielleicht würde das Kind gerne mal in dem Wald spielen. Aber er hinterfragt es nicht und er hinterfragt auch seinen Chef nicht und der Chef hinterfragt es auch nicht niemand hinterfragt sich gegenseitig denn das muss man halt tun, um Geld zu verdienen“ (G., S. 1f)
Bei allen befragten Erdlingen führte ein starkes Gefühl der Unstimmigkeit irgendwann zu einem Veränderungsimpuls, der sich in einem Schlüsselmoment zum Vornehmen einer tatsächlichen Veränderung verdichtete: Eine Kündigung, das Aufhören bezahlter, angestellter Arbeit, der Entschluss, Geld keine zentrale Rolle mehr im eigenen Leben zu geben oder ein Leben ganz ohne Geld zu führen Begleitet wurden diese Impulse von einer tiefen Entschlossenheit, etwas zu verändern An dieser Stelle war das Treffen Gleichgesinnter entscheidend gerade da die Geldlogik wie eben dargelegt isolierend und individualisierend wirkt. Hierbei spielte der Freiraum der Bewegung eine zentrale Rolle:
„Menschen, die auf der Suche sind nach genauso einem Ort, finden ihn hier (...); es ist ein bisschen wie so ein Rettungsboot für (....) Menschen, die nicht wissen wo sie ihre Kritik am System denn anbringen sollen (...), weil sie nur ein Gefühl ist. In der ERDE wird dann erlaubt, dass es keine definierte Kritik ist“ (M., S. 3)
Auf diese Weise kann ein Austausch auf menschlicher Ebene stattfinden, offen und bedingungslos. Hierfür ist die geldlogikfreie Organisationsweise der Bewegung, welche im Kontrast zu den eben geschilderten Merkmalen der Geldlogik steht, entscheidend.
4.3 Geldlogikfreie Schenkkultur
Im Folgenden wird die Entstehung einer geldlogikfreien Schenkkultur in der ERDE geschildert. Ausgangslage hierfür waren die Erkenntnisse, dass durch die oben beschriebene abstrakte und omnipräsente Geldlogik eine gewisse Funktionalität gefordert wird, die das „menschliche Fühlen, Denken und Empfinden“ (M., S. 9) tendenziell erschwert bis verhindert:
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„Das waren lauter so kleine Schlüsselmomente, wo ich gemerkt habe, irgendwas funktioniert nicht in dieser Welt, irgendwas läuft falsch. So kann man doch eigentlich nicht sein, so möchte Ich nicht sein und solche Menschen möchte ich eigentlich auch nicht um mich haben. Und dann habe ich angefangen zu schauen, welche Welt ich denn haben will“ (A., S. 2)
Der Wunsch, nicht länger auf Kosten anderer zu leben und somit ausbeuterisch miteinander umzugehen, verbindet die Erdlinge. Aus diesem Wunsch heraus entstanden nach und nach konkrete Praktiken wie etwa das Aufstellen einer Schenkbox oder das Bewirtschaften einer Ackerfläche. Ziel war es, Räume ohne Konsumzwang aufzuspannen: „Es wurde viel gemacht aber es wurde nicht verstanden, warum manches funktioniert, manches nicht und warum man manches überhaupt macht“ (M., S. 8). Dann wurde durch einen neu dazugekommenen Erdling theoretisches Wissen über den Aufbau des Kapitalismus und der Rolle der Geldlogik darin eingebracht und „in der ganzen ERDE durchgesprochen“ (ebd., S. 8). Durch dieses hinzugekommene Wissen bekam der anfängliche Impuls Strukturen ohne Konsumzwang zu etablieren, theoretische Griffigkeit. Aus der Praxis heraus wurde so eine geldlogikfreie Vermittlung zur bewussten Zielausrichtung der Bewegung und die kleinen, praktischen Lösungsansätze der ERDE „auf einmal Teil eines großen Ganzen" (M., S. 8)
Konkret bedeutet dies, dass die Verantwortung ERDE eine geldlogikfreie Schenkkultur etablierte, die aus Kreisläufen und Umgangsformen besteht, die Geben und Nehmen als aufrechnenden Akt entkoppeln und somit nicht länger der geldbasierten äquivalenten Tauschlogik folgen: „Wie schön das ist, dass wir einfach Sachen bringen und Sachen nehmen. Und wir müssen nicht darüber nachdenken, es ist eh da. Und wenn ich was brauche, komme ich halt, und nehme es. Und wenn ich etwas habe, gebe ich es (...) dann hat alles kein Geldwert mehr, aber einen unglaublichen anderen Wert“ (A., S. 2f). So gibt es „das Aufrechnen nicht und auch den Tausch nicht“ (G., S. 4) und damit auch keine Erwartungshaltungen, die man sich in Geld aufrechnet (J., S. 2). Diese Ausrichtung bedeutet somit eine Abkehr sowohl vom Geld als Tauschmittel, als auch vom Tausch an sich, und damit von der oben beschrieben Geldlogik insgesamt
Dadurch, dass die hereingebrachten Überlegungen zur Geldlogik auf ein sich bereits praktisch herausbildendes Fundament trafen, handelte es sich von Anfang an um eine gelebte und keine rein abstrakte Theorie: „Jedes einzelne Mitglied der Gruppe verarbeitet das ja dann irgendwie und ab dann ist es so, dass diese Theorie anfängt in jedem zu leben“ (M., S. 7) Ein Beispiel ist die Koch AG der ERDE, die ab diesem Punkt beschloss, das Essen für Alle konsequent zu
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verschenken. Denn die hinzugekommene theoretische Ebene hatte einen Reflexionsprozess darüber angeregt, dass selbst das Aufstellen einer Spendenbox für das wöchentliche Mittagessen bereits die Geldlogik aktivieren würde. So würde eine Spendenbox den äquivalenten Tauschvorgang in Gang setzen, indem der Teller frischer Tomatensuppe mit einem Geldwert und folgenden Überlegungen verknüpft werden würde:
„‚In der Zeit, wo ich für alle Suppe einschenke, könnte ich eigentlich auch noch eine extra Stunde arbeiten und dann hätte ich mehr Geld‘ oder ‚Wenn ich diese Suppe jetzt hier esse, muss ich nichts oder weniger dafür bezahlen, wie wenn ich wo anders eine Suppe esse‘ oder ‚ich muss hier mehr bezahlen wie woanders, also esse ich hier keine Suppe‘ das sind jetzt nur plakative Gedanken, aber es gibt noch ganz viele andere Gedanken, die so unterschwellig sind“ (M., S. 9).
Gemeint ist hier, dass in dem Moment, wo Geld in einen Raum hineinspielt das darin stattfindende Miteinander tendenziell entsprechend der Geldlogik verändert wird Aufrechnen und Abwägen lösen dann potentiell unmittelbares, spontanes Verhalten und Zwangslosigkeit ab. Geld bringt somit etwas Drittes in eine Beziehung, das uns vertraut ist und in unserer Welt absolut logisch und berechtigt erscheint, „nur mit solchen Gedanken hängt Zusammensein immer an einem seidenen Faden, ist irgendwie abhängig vom guten Willen des Geldes“ (ebd.).
Im Umkehrschluss bedeutet das Zulassen und Fördern von unmittelbaren und bedingungslosen Möglichkeiten des Zusammenkommens und Daseins, ein Brechen der subtilen Reproduktion der verinnerlichten Geldlogik: „Wir brauchen (...) Orte, an denen wir da sein können ohne Bedingung. Wir brauchen Umstände, in denen wir leben dürfen ohne uns gegen jemanden beweisen zu müssen“ (ebd., S. 5)45. Ist dies wie in der ERDE der Fall, kann die gesamte Lebensrealität (G., S. 8) reflektiert, Denkrealitäten aufgebrochen und Formen des Umgangs verändert werden: „Ich bin davon überzeugt, dass unser ‚anders‘ miteinander umgehen und uns organisieren im direkten Zusammenhang mit der Geldlogikfreiheit steht“ (ebd., S.7).
„Der Umstand, dass wir geldfrei organisiert sind hilft, dass die Frage, ob sich jemand bereichern könnte an der Gruppe, gar nicht erst aufkommt (...). Es gibt keine Konten im Hintergrund, niemand wird bezahlt und so bekommt auch niemand mehr wie der andere. Wenn das nicht existiert, dann gibt es auch den Gedanken nicht“ (G., S. 5). Ein Gefühl für Gerechtigkeit und Ausgeglichenheit wird somit nicht länger an Geld geknüpft. Alle bürokratischen Vorgänge fallen so auch weg und ermöglichen es, die dadurch freigewordene Zeit und Kapazität in die unmittelbare geldlogikfreie Gestaltung des Miteinanders zu stecken. Dies hat wiederum einen
45 Dies ist innerhalb der Geldlogik aufgrund der Schrankenfunktion des Geldes nicht möglich.
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selbstverstärkenden Effekt: „Ich brauche nicht das Geld, sondern das Vertrauen in mich, in die Menschen rund herum und darin, dass es läuft. Denn wenn es läuft, dann ist das Geld zweitrangig. Wenn es nicht läuft, dann ist das Geld erstrangig dann kann ich alles bezahlen“ (S., S. 5). An dieser Stelle wird deutlich, dass ihre „Welt“ (ebd., S. 8) ohne Geld und seine Logik, eine Welt des Miteinanders ist und sein muss Dadurch findet eine Identifizierung nicht in abgrenzender Weise, sondern über das übergeordnete Gemeinsame und damit Verbindende statt. Miteinander leben aus der Perspektive eines Erdlings bedeutet somit „dass ein Problem alle betrifft! Und wenn einer (...) hier in unserem Haus ein Problem hat, dann schwingt das im ganzen Haus mit. Es ist nie etwas, was nur für einen allein ist“ (J., S. 4).
Eine derart veränderte Gestaltung des Miteinanders, welches nicht der ankonditionierten Logik entspricht, ist dabei kein einmaliger Entschluss, sondern ein kontinuierlicher Prozess des Erprobens und Reflektierens: „Das ist so ein großer Schritt im Leben und auch ein langfristiger und großer Prozess, überhaupt den Gedanken zuzulassen, dass zwischenmenschliche Beziehungen mit Menschen, die nicht in der eigenen Familie sind, geldfrei funktionieren können“ (G., S. 4). Konsequenterweise schleicht sich die Geldlogik auch immer wieder in das Miteinander der Erdlinge ein, was sich von eben jener Logik unterscheidet, ist ihr Umgang damit: „Wir haben (...) immer wieder darüber reden und feststellen können, das ist nichts, was wir uns vorwerfen wollen, sondern einfach etwas, wo wir bonden46 wollen darüber“ (M., S. 20). Dies bedeutet „einfach mal nehmen und sacken lassen“ (A., S. 4) wie die andere Person oder man selbst sich gerade verhält, mit dem Wissen um die ankonditionierten Mechanismen aus der Geldlogik im Hinterkopf. Dies erfordert eine gewisse Selbstauseinandersetzung und Bereitschaft zur persönlichen Reflektion und Entwicklung. Wobei eine derartige Entwicklung sich hier stark von einer Selbstoptimierung unterscheidet, bei der es durch Anstrengung stets etwas zu erreichen gilt, was jetzt noch nicht da ist. Stattdessen ist hier eher ein Rückbesinnen, in gewisser Hinsicht ein Verlernen der Konditionierung einer Leistungsgesellschaft und ein fundiertes Neu ausrichten gemeint:
„Ich habe mich müssen mit mir auseinandersetzen (...) weil man verliert sich im Laufe der Zeit. Als Kind bist du neugierig und probierst dich aus (...). Irgendwann kommt der Punkt, wo du vom System vereinnahmt wirst (...). Dann musst du immer mehr irgendjemand sein. Dann ziehst du dir viele Gewänder an, die du später, beim Erkennen, wenn du gut mit dir kannst, wieder auf mühsamste Art und Weise ausziehst“ (J., S. 7).
46 Anmerkung Verfasserin: Meint hier ein miteinander darüber in Verbindung treten wollen.
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Gänzlich geldlogikfrei kann die Gestaltung und Organisationsweise für jemanden, der in ihr aufgewachsen ist, jedoch erst mal nicht sein und dies ist auch nicht das Ziel der Bewegung. Vielmehr geht es um das tatsächliche Herausbilden von Strukturen und Lebensweisen, die die geldlogikfreie Organisation möglichst vieler Lebensbereiche ermöglichen, denn „mit der Gruppe fällt es mir leichter, einige Bereiche in meinem Leben geldfrei zu organisieren“ (G., S. 4). Daher wird „geld(logik)frei“ auch nicht bewusst nach Außen thematisiert, sondern fließt einfach als Grundausrichtung in das Tun der Erdlinge ein und wird dort, auf verschiedenen Ebenen, spürbar.
„Ich habe mir ganz schnell abgewöhnt das Wort ‚geldfrei ‘ zu benutzen, weil das immer auf die Frage hinausläuft ‚Ja, wie wollt ihr dann den Strom zahlen?‘ Ich habe ihnen erklärt, dass ich einen Platz zum Schlafen brauche und etwas zu essen. Mehr brauche ich nicht. Die Frage ‚Wie viel Gwand schmeißt du denn weg, jedes Jahr?‘ hat jeder beantworten können. Dann habe ich gesagt ‚Siehst du, ich ziehe einfach an, was du nicht mehr brauchst. Ich will nichts mehr Neues kaufen, ich kann das nehmen. Und das, was ich essen muss, das kann ich mir anbauen. Das funktioniert‘ So haben sie es dann teilweise verstanden“ (A., S. 4 )
Diesen Zusammenhang zu verstehen ist „zu einem gewissen Grad einfach und irgendwo wird es halt schwieriger“ (G., S. 7). Denn tendenziell ist ein Leben ohne Geld schwer vorstellbar (S., S.
3). An dieser Stelle zeigt die ERDE anhand ihrer bereits existierenden Schenkkultur auf, was es an Möglichkeiten zur Veränderung gibt:
„Denn auch wenn Nixon einmal gesagt hat: ‚There is no such thing as a free lunch‘ möchten wir aufzeigen, dass es das aber trotzdem gibt. Das Menschen nicht alles bezahlt haben müssen, sondern dass ein Mensch einfach etwas für den Anderen tut. Oder was ich viel mehr noch sehe in der ERDE ist, dass Menschen etwas für die Gemeinschaft tun. Da wird es dann komplett egal, wie viel man selbst draus bekommt oder wie viel der andere bekommt“ (G., S. 4)
Durch diese Haltung entsteht in der ERDE ein Netzwerk, welches sich gegenseitig aushilft mit Wissen und Ressourcen geldlogikfrei im Rahmen der etablierten Schenkkultur. Im nächsten Abschnitt soll es darum gehen, was innerhalb dieser Schenkkultur entsteht und diese dadurch wiederum ermöglicht und aufrechterhält.
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Schöpferisches Tun
Die Etablierung von geldlogikfreien Strukturen macht eine Abkehr von Konsum und damit einem tendenziell ausbeuterischen und klimaschädlichen System möglich. Eine eigenverantwortliche Haltung zu übernehmen bedeutet daher in diesem Kontext, ins schöpferische Tun und damit über das Kritisieren hinaus in die konkrete Veränderung sowohl der eigenen Lebensweise als auch systemischer Strukturen (siehe Abschnitt 4.5) zu kommen. Übergeordnetes Ziel der Erdlinge ist es dabei, sich möglichst unabhängig von globalen Marktstrukturen zu machen:
„Ich glaube, dass es ganz wichtig ist, dass wir wieder die Eigenverantwortung in den Blickpunkt bekommen. Nicht nur drüber reden, was wir als Westen in der Welt tun und dass wir Verantwortung übernehmen müssen und keine Waffen mehr exportieren dürfen, sondern einfach wirklich so anfangen zu leben, dass wir für unser Leben zum Beispiel kein Öl mehr brauchen. Das wir uns so organisieren, dass wenn wir wo von A nach B müssen mit dem Auto, wir das auf ein Minimum reduzieren“ (G., S. 8).
Nicht reden, sondern Tun lautet daher die Devise der Erdlinge. Der Fokus des praktischen Tuns liegt dabei darauf „sich lokal um unseren Lebensraum in Villach zu kümmern“ (G., S. 1) und dort beispielsweise Energieunabhängigkeit und Ernährungssouveranität umzusetzen (siehe Abschnitt 3.2.2). So hat die Verantwortung ERDE den Slogan: „Global denken, lokal handeln“ (S., S.1). Die Art, wie diese Maxime von den Erdlingen umgesetzt wird ist ebenfalls eine schöpferische. Denn durch die geldlogikfreie Herangehensweise können Aufgaben zu schöpferischen Tätigkeiten werden, die keine Erwartungen zu erfüllen haben: „Einfach tätig sein, etwas sehen, das man aufbaut, etwas beim Wachsen zuzusehen. Es ist egal, ob man in einer Gartengruppe ist, wo man etwas ansetzt, ob man beim Basteln etwas herstellt oder beim Kochen gemeinsam isst. Es geht darum mit dem Menschen und für den Menschen gemeinsam ans Werk gehen“ (J., S. 1).
Konkret bedeutet dies, dass im Rahmen der Schenkkultur Lebensmittel auf einem geldfrei zur Verfügung stehenden Acker selbst angebaut und anderweitig Benötigtes über das Netzwerk geteilt, repariert oder verschenkt wird. So lassen sich beispielsweise Kleidung, Geschirr, Elektronische Geräte, Bücher, Spielsachen etc. in einem Schenkregal vor dem Freiraum der ERDE finden oder über das Netzwerk organisieren Bald ablaufende Lebensmittel werden von Supermärkten unentgeltlich abgeholt und für das Kochen für alle verwendet. Wissen über das Herstellen von eigenen Kosmetika oder Waschmittel, über die Fermentation von Gemüse bis hin zu dem Bau eines eigenen, ressourcenschonenden Tiny House‘s oder einer open Software
40 4.4
werden geteilt. Geistige und materielle Ressourcen fließen somit dahin, wo sie gebraucht werden. Die Vermittlung geschieht dabei ebenfalls organisch, das heißt es gibt nicht unbedingt konkret darauf festgelegte Ansprechpersonen47, wohl aber sich organisch ergebende Kompetenzhierachien So können Menschen mit gewissem Wissen und Vorkenntnissen diese einbringen und (temporär) für Aufgaben die Verantwortung übernehmen Ferner gibt es fest wiederkehrende Formate wie das allgemeine wöchentliche Treffen und das gemeinsame Kochen und Essen. Meist wird der Zugang zur ERDE daher auch über das Mitmachen, das gemeinsame Tun gefunden: „So richtig zur ERDE dazugekommen bin ich dann nach 1,5 Jahren und zwar übers Kochen. Da dachte ich, da kann ich mir vorstellen, regelmäßig mitzumachen“ (A., S. 1). Die Erdlinge tun viel, nur eben in einem anderen, nicht geldvermittelten Kontext: „Wenn alles nur Arbeit ist, für was ich Geld bekomme, wäre hier nichts Arbeit. Trotzdem sind überall Dinge in diesem Raum, die wir gemacht haben und die getan wurden und jeder ist den ganzen Tag tätig. Ich habe dann so viel getan. Am Ende gibt es halt keinen Lohnzettel, auf dem dann steht, wie viel ich dafür netto bekomme, beispielsweise 850 Euro. Aber dafür diese tiefe Zufriedenheit“ (J., S. 7).
Beim Aussäen, Pflegen, Bestaunen und Ernten von Kräutern, Obst und Gemüse und dem anschließenden Verkochen und Menschen mit Zeit und Muße zum gemeinsamen Essen Einladen, handelt es sich um sinnliche Tätigkeiten. Dadurch werden die Interdependenz, die Gleichzeitigkeit aber auch der stete Wandel von allem Lebendigen spür , und erlebbar. Die natürlichen Zyklen und Endlichkeiten werden hier nicht länger zu überwinden versucht, sondern sie anerkannt und bilden eine sinnliche und sinnstiftende Handlungsgrundlage:
„Ich weiß nicht, ob du je einen Sellerie Samen gesehen hast. Der ist ungefähr zwei Millimeter groß und kriegt dann eine Wurzel von eineinhalb Kilo. Diese Entwicklung beobachten zu können und dann noch auf den Teller legen zu können, das ist für mich ein erhebendes Gefühl. Das ist so schön! Das will ich tun, denn das macht mich glücklich. Es ist Arbeit. Gartenarbeit ist Arbeit, Kochen ist auch Arbeit. Aber es stellt mich so zufrieden und dafür brauche ich kein Geld“ (A., S. 3).
Diese intrinsische Motivation, die sich nicht bezahlen lässt, drückt sich in einem tiefen menschlichen Bedürfnis aus etwas „schöpferisches“ tun zu wollen und gebraucht zu werden:
47 Abgesprochen wird sich bei den Erdlingen persönlich oder über den Nachrichtendienst "Signal"
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„Um herauszufinden, ob ich etwas wirklich gerne mache, habe ich es dann ohne Geld gemacht. Das hat alle Beteiligten verwirrt. (...) Ich habe alles noch ernster genommen, denn ich konnte mich noch viel freier bewegen ohne Geld“ (J., S. 6). „Heute könnte ich keinen Posten mehr machen egal wie viel ich verdienen würde der mir das geben könnte, was ich durch meine schöpferische Tätigkeit bekomme“ (ebd.).
Denn: „jeden Tag, wenn ich ins Bett gehe, bin ich satt vom Werkeln, jeden Tag ist etwas weiter gegangen, etwas ein bisschen gewachsen und das geht bis ins hohe Alter (...). Bis zum Schluss gibt es etwas zu tun“ (ebd., S. 2) So gesehen, gibt es auch kein Nichtstun, keine künstliche Aufteilung in Arbeit und Freizeit mehr: „Es sind so viele Dinge, da wird man gar nicht fertig. Da sind überall Tätigkeiten, die man umsetzen könnte; Ich suche mir heute aus, was ich tue und was ich auch nicht tue. Alles was aussieht, wie nichts tun, ist eigentlich tun, denn ich habe es mir aktiv ausgesucht“ (ebd., S. 7).
Die Möglichkeit sich freiwillig und bewusst für das eigene Tätigsein entscheiden zu können führt dazu, dass „die Dinge, die dann entstehen (...) ungleich hochwertiger von der Qualität her [sind], weil sie nur von Menschen gemacht werden, die das so tun wollen und zwar nicht auf die Weise wie ihnen gesagt wurde wie sie es tun müssen, sondern wie sie es für richtig halten“ (G., S. 5).
Das ist spürbar und Teil des Verständnisses des schöpferischen Tuns: „Du merkst, dass da Liebe drinsteckt und das ist ein Geschenk für die Leute und das spürt man auch. Und das ist das Außergewöhnliche. Etwas was nicht in die Norm passt, wird willkommen geheißen und es wird gefeiert. Jeder sieht den anderen dabei, was der tut, wie er experimentiert“ (J., S. 1f). Dieses veränderte Verständnis von Arbeit als schöpferischem Tun und eine von den Befragten wahrgenommene Veränderung ihrer Bedürfnisse bedingen sich dabei gegenseitig:
„So wie wir das da tun, haben wir keine Notwendigkeit alles kaputt zu machen; weil anscheinend wenn wir wirklich die Bedürfnisse erfüllen, die uns ermöglichen, dass es uns gut geht wir (...) einen wesentlich kleineren Fußabdruck hinterlassen, aber nicht weil wir uns kaputt sparen oder verzichten müssen, sondern weil wir offensichtlich nicht mehr brauchen, damit es uns wirklich gut geht“ (G., S. 11).
An dieser Stelle wird die Verbindung des eigenen schöpferischen Tuns zu der Position der Eigenverantwortlichkeit und dem Veränderungsanspruch deutlich. So wird dieses Tun sowohl als individuell sinnstiftend als auch auf kollektiver Ebene, durch die Etablierung geldlogikfreier Strukturen, die ein weniger ausbeuterisches Erfüllen von Bedürfnissen ermöglichen als
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bedeutsam angesehen. Auf diese Weise bleiben die Erdlinge nicht im Kritisieren des Bestehenden verhaftet, erkennen dessen systemische Grundlage aber sehr wohl an und richten ihr Tun dadurch nicht unbewusst danach aus. Vielmehr erfolgt ihr Handeln aus einer Perspektive der Fülle und Freiwilligkeit heraus.
Auch außerhalb der ERDE stellten die Befragten so Veränderungen in ihrem Konsumverhalten fest: „Ich getraue es mich zu sagen, dass ich nicht mehr konsumiere, ich kaufe nur noch ein was ich wirklich brauche (...); das Konsumieren, das haben wir komplett aufgehört“ (S., S. 4). Auch der Befragte, der sich selbst nicht als Erdling identifiziert und somit eine relative Außenper spektive einnimmt, stellt bei sich einen Perspektivwechsel fest. Dieser wurde durch das Abholen von abgelaufenen Lebensmitteln im Freiraum der ERDE angeregt:
„Zum Beispiel dieses Foodsharing: Da war ich bis vor kurzem eigentlich noch sehr skeptisch eingestellt...warum sollen wir jetzt diese alten Lebensmittel abholen... aber mittlerweile bin ich eigentlich auch dazu bereit, dass wir ab und zu wieder etwas holen und retten (...) und man merkt, wenn man etwas tiefer hineinkommt, dass man sich auch beim wirklichen Einkaufen ganz anders verhält und nachschaut, wo kommt das her oder brauche ich das jetzt wirklich? Die ERDE schafft Bewusstsein“ (F., S. 2)
Dieses Bewusstsein wird somit vor allem durch das konkrete Tun geschaffen und ist daher für Außenstehende nicht immer nachvollziehbar: „Ich bin mit meinen Erklärungen immer wieder daran gescheitert, dass ich Dinge nicht haben will. Das versteht kaum einer. Dass du Dinge nicht haben willst, die du dir einfach kaufen könntest, das kann sich kaum einer vorstellen“ (A., S. 4). Reichtum wird daher bei den Erdlingen durch die Erfahrungen vor Ort nicht länger an Geld fest gemacht, sondern richtet sich nach anderen Kriterien: „So reich wie ich heute bin, war ich mein Leben noch nicht. Ich habe alle Leute, die ich gerne habe, um mich und das kann mir keiner nehmen, (...) man kriegt vom Leben gegenseitig etwas mit, man ist interessiert an dem was die anderen tun, es ist so ein Reichtum. Ich werde gesehen bei dem was ich tue und was ich tue macht Sinn. Weil alles nicht für mich ist, sondern immer für Viele“ (J., S. 5)
Diese Ausrichtung steht den als isolierend und individualisierend wahrgenommenen Erfahrun gen in der Geldlogik diametral gegenüber. Denn die Dinge und Erfahrungen in der ERDE sind nicht konsumierbar, das heißt sie sind nicht beliebig verkäuflich an diejenigen, die den ent sprechenden Geldbetrag dafür zahlen und somit der Sache oder Erfahrung einen Geldwert bei
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messen (müssen). Stattdessen sind Suppe und Software, Beistand und Porzellan direkt und un mittelbar an den Kontext und somit an andere Menschen und die dazugehörigen Erfahrungen gebunden. Diese wiederum haben einen anderen Wert, einen der für sich steht: „Ich sage ganz oft am Tag ‚Danke‘, das habe ich früher nicht gemacht“ (ebd., S. 2) „Es ist ein Geschenk keine Erwartungshaltung zu haben und am Ende des Tages bedankst du dich ständig für alles, was erschaffen wurde, weil du bist nie im Minus, du bist immer im Plus“ (ebd., S. 7)
Die Erdlinge zeigen somit praktisch erprobt auf, dass durch das Wegfallen der meist zeitin tensiven Lohnarbeit und durch ihr schöpferisches Tun die dann noch bestehenden Bedürfnisse regional abgedeckt werden können. Darum, diese Perspektive über die Villacher Stadtgrenze hinaus einmal anzusprechen (G., S. 1) und so systemische Veränderungen anzuregen, soll es im nächsten Abschnitt gehen.
4.5
Politisches Tun
„Es gibt politische Positionen, die wir von Anfang an vertreten haben und zwar, dass wir überall da dabei sind wo wir das Gefühl haben, da geht es darum für Mensch, Umwelt und Erde etwas Gutes zu tun, Verantwortung zu übernehmen, verantwortungsvoll zu handeln“ (M., S. 13). Das Thema Verantwortung spielt somit auch in der politischen Position der Verantwortung ERDE, die derzeit durch fünf Sitze im Villacher Gemeinderat vertreten ist (Stand Frühjahr 2021), eine zentrale Rolle:
„Wir müssen aussprechen, dass es nicht unsere Verantwortung ist, wie es auf dieser Welt ausschaut, dass wir trotzdem Eigenverantwortung übernehmen werden, aber dass die Schuld glasklar im System liegt und an keinen einzelnen Menschen (...), das ist ein System, das uns in Positionen bringt, wo wir nicht anders handeln können, wie wir es tun und das gilt es zu überwinden!“ (M., S. 23)
Daher stellen die Abgeordneten der Verantwortung ERDE, die bewusst keine Partei darstellen, grundlegend die Ebene und die Kriterien politischer Entscheidungsfindung in Frage, ohne dabei die Antwort oder den Lösungsweg zu kennen: „Wir fahren meistens bei jeder inhaltlichen Frage eine Ebene darunter (...), wir wollen das jeweilige Problem (...) auf systemischer Ebene lösen“ (ebd., S. 15). Ein Beispiel: In politischen Fragekatalogen nicht nur gefragt zu werden, wie und wo es mehr Parkplätze für Autos geben kann, sondern dafür zu sorgen, dass es kostenlosen öffent lichen Verkehr für alle gibt sodass sich die ursprüngliche Frage gar nicht mehr stellt (ebd).
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Daraus ergibt sich gerade in Bezug auf die Geldlogik ein tiefgreifendes Infragestellen politischer Prozesse:
„Es war für mich immer wieder schockierend der Einzige zu sein, der in all diesen Diskussionen vor den Landtagswahlen in denen du mit zehn Parteien an einem Tisch sitzt überhaupt sagt, das kann sich alles nicht ganz ausgehen, wie wir das machen. Auch die kommunistische Richtung äußerte nicht, dass der Kapitalismus weg soll, sondern die forderten nur ein Grundeinkommen im Kapitalismus. Da dachte ich mir dann auch, dass wenn es sowieso nur noch neun verschiedene Geschmacksrichtungen von der gleichen Ansicht sind, dann ist es umso wichtiger, dass wir auch dasitzen und einmal eine neue Perspektive einbringen, was (...) bereits die Diskussion verändern kann“ (G., S. 1)
„In was für einer Welt möchte ich leben? “ ist die grundlegende Frage, die dem politischen Tun der Verantwortung ERDE dabei zu Grunde liegt und sich ehrlich gestellt wird.
„Ich finde die CO2 Steuer oder bedingungsloses Grundeinkommen an sich gut, aber ich möchte meine Zeit dort hineingeben, wo ich wirklich will, dass die Welt so aussieht. Also wenn ich mir erträumen kann, wie die Welt aussieht, ist es nicht diese Welt mit einer CO2 Steuer. Und das soll nicht heißen, dass die nicht gut wäre oder ich jemandem jetzt zu nahetreten möchte. Aber man muss sich mal die Frage stellen: Was will ich denn wirklich und dann, wie kommen wir dahin? Aber wenn ich jetzt 20 Jahre für etwas kämpfe, dann möchte ich nicht, dass das dann zum Schluss drei Prozent Vermögensteuer ist. Dann frage ich mich, ‚Leute, was tun wir da?‘“ (ebd., S. 9). Sich zu trauen, scheinbar Gegebenes wie die Geldlogik auch öffentlich in einer politischen Sphä re zu hinterfragen, kommt aus der tatsächlichen Erfahrung, dass es anders gehen kann: „Deswe gen bin ich dabei bei der ERDE, weil nicht nur geredet wird. Beim Politischen habe ich sonst immer die Angst, dass gerade wenn nichts weitergeht, du aber willst, dass was weitergeht, du resignierst und dann aufhörst und sagst: ‚Lassen wir das Ganze‘(...) und das wollen wir ja alle nicht“ (S., S. 1). Durch die Verknüpfung mit ihrem eigenverantwortlichen praktischen Tun bleibt die politische Position der ERDE keine reine Theorie und wünschenswerte Utopie, sondern wird dingfest und erfahrbar:
„Wenn wir beim Saatgutfestival Saatgut verschenken, das mindestens zwanzig Leute (...) einfach so bereitgestellt haben, und es selbstgebackenes Brot, Musik und die Verschenkbox gibt, da kann ich jedem der sagt, das geht nicht ohne Geld, sagen: ‚Ja schau dich mal ein bisschen um in der
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Welt und schau auch, was du selbst gratis tust am Tag, ohne etwas dafür zu wollen‘ das kann man inzwischen schon gut durch unsere gelebte Realität entkräften“ (G., S. 8).
„Denn wir haben schon so viele Dinge gemacht, wo Menschen gesagt haben, dass die unmöglich sind“ (ebd., S. 7)
Zum einen hat diese starke Verbindung zur Praxis innerhalb der ERDE zu einem veränderten Verständnis von politischem Tun und Vorgehen und somit zu mehr Akzeptanz des politischen Engagements geführt. Zum anderen sind das Stellen von Fragen und das (Vor )leben von Möglichkeiten gute Positionen, um mit Menschen außerhalb der ERDE auf Augenhöhe in Kontakt und ins Gespräch zu kommen:
„Die meisten Probleme sind bekannt. Man braucht nicht auf die Straße gehen und den Menschen erzählen, dass wir Klimaprobleme haben, die Landwirtschaft nicht gut läuft oder dass wir mit unserem Finanzsystem Probleme haben. Was fehlt und was wir geben möchten ist, wie es anders gehen könnte. Was könnte eine Lösung sein, also der erste Schritt? Das ist ein wichtiger Unter schied, denn müssten wir die Menschen erst überzeugen, dass es ein Problem gibt, dann wäre es echt mühsam. So kann man mit vielen Menschen gleich ins Gespräch kommen statt zu polarisieren“ (ebd., S. 2)
Eine gute Anlaufstelle, um ins Gespräch zu kommen und Einblicke in die bereits gelebten Al ternativen der Erdlinge zu erhalten, bietet dabei der Freiraum der ERDE. Dieser ist geldfrei für Alle zugänglich, da die Fixkosten durch die Fördergelder der politischen Arbeit finanziert wer den:
„Durch die politische Position haben wir die finanziellen und räumlichen Rahmen dafür, dass wir quasi einen Raum schaffen, indem das möglich wird (...). Hätten wir das jetzt nicht, müssten wir eine Spendenbox aufstellen und hätten wir eine Spendenbox, würde die Geldlogik schon wieder greifen und wir könnten es vergessen, dass wir etwas verändern wollten“ (M., S. 11).
Dies hebt zumindest lokal die auf Subjektebene ablaufenden Privilegien in Bezug auf das Vor handensein (müssen) von Geld als dominanter Handlungs und Zutrittsbefähigung auf. Ziel ist es geldlogikfreie Strukturen möglichst vielen zugänglich zu machen, um menschliche Daseins fürsorge und Absicherung nicht mehr an Geld als zentralem Mittel zum Leben zu koppeln:
„In Villach (...) kann man den Menschen vermitteln, dass wir zusammen etwas tun, denn wir wollen nicht, dass hier jemand obdachlos ist, kein Wasser, kein Strom etc. hat also dass man
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hier eine geldfreie Versorgung aufbauen könnte“ (G., S. 5). „Was wir (...) immer sagen ist, dass wir über niemanden herrschen wollen und sagen wollen es MUSS jetzt so und so sein. Aber es wäre uns wichtig, dass es die Möglichkeit gibt, so existieren zu dürfen“ (ebd , S. 4)
Die politische Position verleiht diesem Bestreben eine öffentliche Repräsentation.
4.6 Praxis der Vielheit
Die ERDE zeichnet sich durch ihren hohen Grad an Offenheit aus, den sie beibehält, auch wenn sie sich bewusst in Bereichen wie der politischen Sphäre bewegt Diese Offenheit sorgt dafür, dass die Bewegung nicht dogmatisch wird, auch wenn sie durchaus radikal scheinbar Grundlegendes und Omnipräsentes wie die Geldlogik als Handlungsgrundlage menschlicher Organisation in Frage stellt. Stattdessen stellt sie Zusammenhänge her: „Wir haben ja nichts erfunden, was wir als Ideen einbringen. Meistens gibt’s das schon wo auf der Welt und wir fügen es mit anderen Ideen zusammen“ (G., S. 3). Die daraus resultierenden Lösungsansätze sind viel und nicht einfältig, was einer potentiellen Instrumentalisierung entgegenwirkt: „Es wird (...) nicht dieses Gefühl der Unsicherheit benutzt um es populistisch zu instrumentalisieren, sondern es darf einfach sein und das ist der Unterschied, (...) du musst weder etwas tun noch etwas glauben, noch sonst irgendwas beweisen um in der ERDE zu sein“ (M, S. 3). Denn gerade das zu Beginn beschriebene anfänglich vage Unbehagen und der daraus resultierende Wunsch nach Veränderung, kann die entsprechenden Menschen anfällig für Verschwörungstheorien als ver einfachende und gleichzeitig verallgemeinernde Wahrheits und Lösungsauslegungen machen. Dies kann Abhängigkeiten und Manipulation nach sich ziehen. Denn in dem Moment, wo etwas als die Ursache oder Lösung propagiert wird, werden alle anderen Ansätze zwangsläufig be und schließlich abgewertet und negative Identifizierungsmuster beginnen zu greifen (M, S.4). Gibt es hingegen keine fixe Position, sondern ein stetes Anerkennen von Komplexität und Vielheit, kann nur schwer Macht über jemanden ausgeübt werden. Dies wird durch die dezentrale und hierarchiefreie Organisationsform der ERDE sichergestellt. Denn „es geht auch nicht darum jemanden zu bekehren“ (G., S. 6). So ist auch die geldlogikfreie Ausrichtung der Bewegung nicht dogmatisch:
„Wenn du jetzt morgen in den Supermarkt einkaufen gehst, wird das nächste Mal, wenn du in der ERDE bist nicht mit dem Finger auf dich gezeigt: ‚Du warst einkaufen! Du warst nicht geldfrei!‘ So was gibt es nicht. Daher bekomme ich auch in der Gruppe keinerlei negatives Feedback für die Art und Weise wie ich lebe. Und ich selbst bin der Meinung, aber das mögen dann andere
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beurteilen, dass ich genauso wie ich gerade lebe in dem Kontext der ERDE den bestmöglichen Beitrag leiste“ (G., S. 8).
Der Zugang über die tatsächliche Erfahrung eines solchen Miteinanders vor Ort ist hierbei ent scheidend, „denn man muss es zuerst erleben, bevor man aus dem ausbrechen kann, was man geglaubt und gelernt hat“ (ebd., S. 4). Dies wiederum erfordert es, den Dingen ihre Zeit zum Entwickeln zu lassen (F., S. 5). „Es ist ein ständiger Prozess nicht nur Außen, auch Innen, damit diese Gruppe von so vielen verschiedenen Menschen, mit so vielen verschiedenen Erlebnissen und Lebenssituationen und Bedürfnissen trotzdem (…) funktioniert“ (A., S. 6). Dieser Prozess ist nicht immer konkret fassbar, muss dies aber nach Einschätzung der Befragten auch gar nicht sein:
„Ich finde, dass man es nicht unbedingt nachvollziehbar machen muss (...) das wird eh niemand nachahmen können und Dinge wachsen einfach organisch, wenn etwas wachsen darf, (...) dann ist das nicht so stringent dass man sagt ‚Ah, wir hatten von Anfang an eine Forschungsfrage und ein Forschungsziel‘, sondern wir wissen halt, wir wollen alle was verändern“ (M., S. 13)
Hier wird deutlich, dass die Verantwortung ERDE sich weder selbst ein Stempel verpasst, noch sich einen von außen aufprägen lassen möchte. Ihre Vorgehensweise funktioniert für sie, und dies vor allem durch ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Erfahrung und theoretischer Reflektion:
„Was ich (...) gelernt habe ist, es braucht beides es braucht die Praxis der menschlichen Verbundenheit, das Erleben, das Spüren und es braucht eine Ebene, die das theoretisch erfasst, damit wir diese Emotionen auch immer wieder bestätigen können. Weil wenn wir uns nur von Intuition leiten lassen (...) in dieser Welt, (...) wo unsere Emotionen (...) nicht ausgelebt werden durften (...) würden wir alles nicht tun, was sich negativ anfühlt. Dann würde es die ERDE nicht geben, weil (...) teilen fühlt sich für jemanden negativ an, der teilen nicht gewöhnt ist und deswegen (...) braucht es auch eine theoretische Ebene die immer wieder sagt‚ das, was du da fühlst ist richtig, das darf so und es kommt aus dem und dem... ‘ . Es darf aber auch nicht nur eine theoretische Ebene geben, die sagt ‚so gehört´s gemacht‘, ohne Gefühl, weil dann sind wir da wo wir jetzt eh schon sind“ (M., S. 6)
Dieses Herstellen von Verständnis wird somit immer wieder aufs Neue durch gemeinsame Erfahrungen aber auch durch das theoretische Reflektieren darüber erreicht. Innerhalb der ERDE erfolgt dies beispielsweise durch das Verstehen statt Beschuldigen darüber, was zu einer
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Konfliktsituation geführt hat und wie diese gegebenenfalls mit angelernten Mechanismen aus der Geldlogik zusammenhängt Nach Außen wird ebenfalls Verständnis für Positionen aufge bracht, die innerhalb der Geldlogik als logisch und rational erscheinen. Zum einen „darum, weil ich mich so klar erinnern kann, wie ich dringesteckt bin und alles weg argumentieren konnte, warum gewisse Dinge nicht funktionieren. Vielleicht wissen sie eigentlich auch schon, dass sie sich das alles ein bisschen schönreden, so wie ich es ja auch gemacht habe“ (A., S. 5). Zum anderen, weil die Kritik den systemischen Zusammenhängen und nicht den Menschen gilt, die häufig durch eben jene zu gewissen Positionen gezwungen werden. So werden neue Räume für ein Mit statt ein Gegeneinander geschaffen.
Auf diese nicht verurteilende Weise kann eine grundlegende Veränderung der Handlungs grundlage geschehen, die das Entwickeln neuer Denk , und Lebensrealitäten zulässt. Dabei han delt es sich nicht um das einmalige Auflösen eines „alten“ zugunsten eines „neuen“ Stand punkts, sondern um einen organischen Prozess und somit eine Bewegung. Dies zeigen die ge schilderten Erfahrungen vom „Leben und Wirken in zwei Welten“, um die es im nächsten Abschnitt gehen soll.
4.7 Leben und Wirken in zwei Welten
„Ich bin zu dem Schluss gekommen, dass wir versuchen müssen auf verschiedensten Ebenen im System klarzumachen, dass wir strukturelle Veränderungen brauchen und da macht die ERDE alles richtig weil sie geht eben in die Politik, ist im System und grenzt sich nicht davon ab, ver sucht nicht besser zu wirken wie andere“ (M.,S. 10f) Aufgrund der herausgearbeiteten Unter schiede der Erfahrungen in einem geldvermittelten und in einem geldlogikfreien Kontext, be deutet das Sich nicht abschotten der Bewegung für die Befragten häufig ein Leben in zwei Wel ten. Diese ergeben sich somit aus der tatsächlichen Erfahrung einer veränderten Umgangsweise mit sich und der Welt und nicht aus einer theoretischen oder praktischen Abgrenzung heraus
Genauso unterschiedlich wie die Lebensgestaltungen der Erdlinge mit und ohne Geld, sind auch ihre Erfahrungen mit dem Bauen von Brücken zwischen diesen wahrgenommenen Welten. Die se reichen von der bewusst getroffenen Entscheidung in bezahlten Arbeitsverhältnissen zu bleiben: „Persönlich für mich, möchte ich gerne meiner Arbeit weiterhin nachgehen, weil es mir Freude macht. Aber ich möchte, dass die geldlogikfreien Gedanken in die Welt kommen“ (G., S. 4) über die Notwendigkeit noch an Geld zu kommen, aber bereits gerne ohne leben zu wollen:
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„Wir machen ja teilweise wirklich einen Spagat, indem wir versuchen das geldfreie Leben aufzubauen und auf der anderen Seite auch dort funktionieren müssen, weil es eben im Haus Kravanja48 keine Zimmer mehr gibt. So lange diese Situation ist, muss ich meine Miete bezahlen (...) und solange muss ich schauen, wo ich das Geld irgendwo herkriege“ (A., S. 6)
Spannungsfelder ergeben sich daher automatisch, stellen durch das Zulassen von Ambivalenzen und dem toleranten proaktiven Umgang damit jedoch kein existentielles Problem dar49 Dadurch werden transformative Prozesse ermöglicht, die ankonditionierte Denkmuster aufbrechen: „Gedanklich bin ich voll beim Leben ohne Geld, ich gehe gerne ganz bewusst ohne Geld aus dem Haus, aber ich lebe voll und ganz noch mit Geld, alles andere wäre gelogen“ (S., S. 3). Diese Prozesse erlauben einen tiefgreifenden Perspektivwechsel statt eher kurzzeitige Verhaltens änderungen, die abhängig vom Kontext bleiben. Tiefgreifend daher, da in der ERDE sowohl ein Bewusstsein über (systemische) Zusammenhänge hergestellt und gleichzeitig davon abweich ende Erfahrungen gemacht werden können. Das so gewonnene Verständnis für das Wirken der vorherrschenden Geldlogik ist ein grundlegendes, während der tatsächliche Umgang mit Geld als Tauschmittel sich auch immer wieder verändern kann. Eine Befragte, die einige Zeit gänzlich ohne Geld lebte, kam so zu dem Entschluss ihren Fokus nicht länger auf ihr individuelles Leben als Vorzeigeprojekt zu legen, sondern lieber systemische Veränderung in Bildung und Politik an zuregen (M., S. 20f). Inzwischen lebt sie daher wieder mit Geld, ihr Beziehungen haben sich je doch nachhaltig verändert und gestalten sich weiterhin möglichst geldlogikfrei, das heißt sie folgen und priorisieren bewusst andere, nicht aufrechnende Selbstverständlichkeiten (siehe Ab schnitt 4.3)
Somit variieren Einschätzungen bezüglich der Wirkmächtigkeit von Veränderung in der eigenen Lebenswelt und/oder auf systemischer Ebene und dürfen nebeneinander existieren. Dass die Verantwortung ERDE einen Impact hat, davon sind alle Befragten überzeugt. Dieser soll sich „parallel zu den anderen Menschen, nicht im Gegensatz zu den anderen Menschen“ (S., S. 9) entfalten und so Schritt für Schritt Veränderung(en) herbeiführen und zwar auf eine Weise, die niemanden strukturell zurücklässt oder exkludiert. Gerade durch das Hochhalten von Viel heit als Grundsatz, dem Einbringen ganz unterschiedlichen (Vor )Wissens und dem repräsen tativen Vertreten sein im Gemeinderat, besitzt die ERDE eine relativ breite Anschlussfähigkeit.
48 Anmerkung: Im Haus der Familie Kravanja lebte ein Teil des Kernteams der Verantwortung ERDE geld logikfrei zusammen.
49 In Bezug auf potentielle Verausgabung ist hiermit allerdings noch nichts gesagt, denn diese kann selbst redend auch in nicht geldbasierten Kontexten stattfinden.
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Konkrete Kooperationen gelingen aufgrund des tiefgreifenden Infragestellens der scheinbar al ternativlosen Geldlogik jedoch nicht immer:
„Wir haben das mit einer Gruppe gesehen mit der die Kooperation nicht so gut funktioniert hat, weil unterschiedliche linke Ideen vorhanden waren und auch Diskussionen, ob wir ein Verein sein sollen, damit wir Spenden annehmen können usw., weil man ‚muss‘ sich ja irgendwie finanzieren da haben wir echt viel Zeit rein investiert um zu sagen, nein, wir brauchen kein Geld! Wir können die Sachen auch ohne Geld machen aber es hat nicht funktioniert“ (G., S. 7)
Das Verhaftet sein im Bestehenden kann es erschweren überhaupt die Möglichkeit zuzulassen, dass es eine andere als die vertraute, geldbasierte Welt geben könnte: „In der ERDE sprechen wir jetzt so locker und leicht über diese Themen, aber Menschen in der Arbeitswelt fühlen sich gerne angegriffen. Die meinen, dass ich nur so tue, als ob alles eben locker läuft. Für sie ist es eben gar nicht so“ (S., S. 7)
Genau das zeigt die Verantwortung ERDE auf dass trotz der Omnipräsenz der Geldlogik andere Formen der Gestaltung des Miteinanders jenseits davon etabliert werden können und dies aus einer Leichtigkeit und Fülle heraus: „So kann man die Welt verändern am Anfang habe ich immer gedacht, das kann man sich nur denken, das wird aber nie stattfinden und heute sitze ich da und kann sagen (...) das würde mir fehlen!“ (J., S. 2).
Die Bewegung Verantwortung ERDE nimmt somit eine Vorreiterrolle ein, mit allen Chancen und Schwierigkeiten die sich daraus ergeben: „Ich glaube, dass Villach der perfekte Ort ist, um diesen Wandel auch weiterzutragen und zur Pionier Region zu werden; das liegt zum einen an der richtigen Größe und zum anderen daran, dass es sehr begünstigt liegt was klimatische Bedin gungen angeht“ (G., S. 9). Die Stadt Villach mit ihren 60.000 Einwohner*innen wird als gute (Ober ) Größe für derartige transformative Prozesse genannt. Denn das Hinzukommen vieler neuer Menschen stellt eine Herausforderung dar, gerade weil die Funktionsweise der ERDE erleb und nicht konsumierbar ist. Ein sich darauf einlassen braucht Zeit. Ganz im Sinne der dezentralen und hierarchiefreien Organisationsweise der ERDE kann die Bewegung jedoch in dem Sinne an wachsen, dass zum einen immer mehr Orte in und um Villach bespielt werden, und sie zum anderen überregional als Inspiration dient, Teile daraus auf je ganz eigene Weise umzusetzen:
51
4.8
„Also ich glaube, egal ob es die ERDE ist oder ob das dann einen anderen Namen hat oder überhaupt nicht mehr heißt, es wurde in Villach jetzt etwas angestoßen, was nicht aufhaltbar ist (...), einfach weil wenn man etwas weiß, dann (...) kann man nicht mehr hinter dieses Wissen zurück steigen Ich glaube die Menschen werden neue Wege gehen, wie die genau ausschauen weiß ich nicht, aber ich glaube, dass das ein Dominoeffekt wird“ (M., S. 23)
Schlussfolgerungen Ergebnisdarstellung
Wie bis hierhin aufgezeigt wurde, stellen die Abschnitte der Ergebnisdarstellung keine analytisch voneinander getrennten Einheiten da. Vielmehr bedingen sie sich prozesshaft gegenseitig und verdeutlichen damit, dass die beiden konzeptionellen Kategorien „das menschliche Miteinander“ und „geldlogikfreie Schenkkultur“ sich nicht getrennt voneinander fassen lassen.
So ist die anfangs vorgestellte Gestaltung des Miteinanders der Erdlinge zentral für eine geldlogikfreie Schenkkultur und andersherum. Das Vorgehen der ERDE stellt damit eine Heran gehensweise dar, die vorherrschende Geldlogik zu Gunsten neuer Möglichkeitsräume aufzu brechen Welches Potential dies für einen grundlegenden Wandel und das transformative For schungsinteresse dieser Arbeit hat (siehe Abschnitt 2), wird in der nun folgenden Diskussion durch eine Einbindung der Erkenntnisse in bestehende Forschungsliteratur erläutert.
52
Ergebnisdiskussion
Aufgrund des Forschungsinteresses und des gewählten Vorgehens, stellt die Diskussion eine fließende, prozesshafte Einbettung der gewonnenen Erkenntnisse dar. Die Überschriften orientieren sich dabei an der in dem Forschungsprozess entstandenen und als Titel verwendeten Forschungsfrage50. Darunter folgt eine entsprechende Kernaussage aus den empirischen Daten, die dann in bestehende Forschungsliteratur eingeordnet wird. Es werden auch hier Möglichkeiten der Einordnung aufgemacht und daher kein Anspruch auf Kausalität erhoben.
5.1
Anerkennen und Verstehen bestehender Strukturen
Die Erdlinge kritisieren explizit das Geld und seine Logik. Diese wollen sie aus ihren Beziehungen heraushalten, sogar das Aufstellen einer Spendenbox vermeiden sie
Die Sichtweise der Erdlinge, dass es sich bei der Geldlogik um einen systemischen Zusam menhang handelt, der gewisses Verhalten und Umgangsweisen mit der Welt verlangt und fördert, deckt sich mit Bockelmanns (2020) theoretischen Ausführungen zu Geld und dessen Wirkweise. Bockelmann (2020) betont, dass der Wachstumszwang der Wirtschaft im Geld selbst begründet liegt und fordert, dieses in den Fokus systemischer Analysen und Kapitalismus Kritiken zu nehmen. Seine Analyse bettet im Folgenden theoretisch ein, was die Erdlinge erlebt und in ihren Erfahrungen geschildert haben und ergänzt so die in der Verortung geschilderten Ausführungen über geldbasierten Tausch.
Bockelmann (2020) beschreibt Geld, wie in der Verortung bereits ausgeführt (siehe Abschnitt 2.3), als ein universales Tauschmittel, also ein reines Mittel zum Zweck, das in sich aus nichts besteht (Bockelmann, 2020, S. 196). Gerade dadurch muss es mit den Waren, gegen die es getauscht wird, stets in Beziehung gesetzt werden. Es handelt sich bei der dadurch stattfindenden Gleichsetzung somit um zwei völlig unterschiedliche Gegebenheiten: Auf der einen Seite die Dinge, die für sich bestehen und vorübergehend innerhalb der Geldlogik einen Tauschwert tragen und auf der anderen Seite dem Geld als künstlichem, inhaltsleeren
50 Siehe Titel: „Neue Formen des Denkens, Lebens und Handelns: Gestaltung des Miteinanders jenseits der Geldlogik“. Die Begriffe „Denken“, „Handeln“ und „Leben“ werden hier bewusst nicht auf eine konkrete Definition festgelegt, sondern aus dem Feld heraus in ihren vielfältigen Bedeutungs möglichkeiten belassen und als solche in Bezug zu bestehender Forschungsliteratur gesetzt.
53 5
Bezugssystem51. Bockelmann (2020) geht insbesondere auf die sich daraus ergebenden Folgen ein.
Aus den äquivalenten Tauschakten ergibt sich, dass Geld zwar stets für etwas, jedoch immer an jemanden gezahlt wird und somit etwas künstliches Drittes in die jeweilige zwischen menschliche Beziehung bringt. Innerhalb dieser Logik müssen Menschen somit entweder über Geld oder über Waren verfügen, um sich dann als Eigentümer*in in einer spezifischen Kauf/Verkaufsituation gegenüber treten zu können. Der Impuls der Befragten, die Bewegung und ihren Freiraum möglichst frei von Geld halten zu wollen, da sonst automatisch exkludierende Mechanismen greifen würden, wird hier von Bockelmann (2020) bestätigt: Geld fungiert immer als Schranke und muss dies tun, sonst wäre es kein Geld mehr. Damit Geld seine Funktion ausüben kann, müssen Menschen zuvor von dem was sie brauchen oder sich wünschen ausgeschlossen werden. Geld verwehrt somit den Zugang zu allen Gütern, damit nur Geld ihn verschaffen kann (siehe auch Abschnitt 2.3). So kommt es, dass Dinge zwar ohne Geld sehr wohl existieren, jedoch nicht verfügbar sind. Dies geht so weit, dass Waren, die keine*n Käufer*in gefunden haben, eher vernichtet als geldfrei verteilt werden. Auf diese Weise wird entweder ein Mangel oder ein Überfluss erzeugt. Der substanzlosen Bezugslogik des Geldes ist dies egal Menschen, die unter prekärsten Bedingungen leben müssen und der Welt mit ihren endlichen Ressourcen jedoch nicht. Dies funktioniert aufgrund der durchgesetzten Abhängigkeit vom Geld52 , die Menschen zwingt, diese Logik zu bedienen. Um an Geld zu kommen, müssen sie nun andere über sich und ihre Arbeit verfügen lassen, um mit dem Geld dann wiederum über andere und deren Arbeit zu verfügen. Dieser Tausch muss allerdings so ausfallen, dass am Ende einer Transaktion oder des Monats ein Mehr an Geld da ist, von dem dann wiederum alles Lebensnotwendige gekauft werden kann (siehe Abschnitt 4.2.1). So kommt es zu einer systematischen Verankerung von Konkurrenz, denn auf dem sogenannten „Markt“ müssen Käufer und Verkäufer hierfür nun ihre entgegengesetzten Interessen durchsetzen: Die Käuferin versucht die Ware für möglichst wenig Geld zu bekommen, während die Verkäuferin möglichst viel Geld dafür erhalten möchte. Denn, wo Geschäfte keine Gewinne erbringen, müssen sie unterbleiben. So ist Geld nie ein für alle Mal Geld, sondern muss sich stets neu als Geld bewähren, indem es so eingesetzt wird, dass es mehr Geld abwirft53. Je größer die Geldmenge
51 Geld fungiert somit allein als Tauschwert, der sich nicht verbraucht und somit auch nach einem Kauf als solcher bestehen bleibt und als Geld in weitere Kaufhandlungen einfließen kann (Bockelmann, 2020).
52 So haben Instanzen wie die Nationalstaaten die Verwendung von Geld innerhalb ihres Machtbereiches festgelegt und sorgen dafür, dass sich möglichst alle Menschen daranhalten.
53 Die Vermehrung von Geld gelingt unter anderem durch die aktive Ausweitung des Raumes, in dem Menschen gezwungen werden von Geld zu leben und dadurch, dass immer mehr Dinge zu Waren gemacht
54
wird, umso größer ist jeweils die gewachsene Menge Wert, die sich wiederum in etwas materialisieren muss, die Kette an Kaufhandlungen darf somit nie abbrechen. Folglich ist in einer Wirtschaft, die über Geld läuft, Wachstum nicht ein Ergebnis von Gier, sondern eine Notwendigkeit (Bockelmann, 2020; siehe auch Abschnitt 4.2.1)54
Um innerhalb dieser Logik bestehen zu können, müssen Menschen nun tendenziell einen Kampf gegeneinander führen, der den jeweiligen Individuen entsprechende Verhaltensmerkmale eines Homo oeconomicus nahelegt. Daher werden die von den Befragten als isolierend, individu alisierend, funktional und konkurrierend beschriebenen Verhaltensmerkmale, tendenziell über alle anderen Kriterien sozialer Interaktion gestellt. Das Geld löst somit alles abstrahierend aus dem jeweiligen Kontext und lässt die unmittelbaren Bedürfnisse der Menschen in den Hinter grund treten (ebd.). Haesler (2011) spricht an dieser Stelle von fragilen Geldbeziehungen, an denen die Menschen innerhalb der Geldlogik noch miteinander zusammenhängen. Fragil, da sie nur bestehen, solange eine spezifische Funktion im Austausch gegen Geld ausgeübt wird (ebd.)
So lassen sich auch die von den Befragten geschilderten Dissonanzen (siehe Abschnitt 4.2.8) verstehen, die sie in geldbasierten Kontexten wahrgenommen haben. Dort konnten sie aus Angst eine Anstellung oder das Ansehen zu verlieren häufig nicht ihrem eigentlichen Empfinden nach handeln, da sich dieses konträr zu den von ihnen erwarteten funktionalen Rollen verhielt. Haesler (2011) unterstreicht und konkretisiert somit die von den Erdlingen geschilderten Er fahrungen, dass sobald Geld im Raum ist, dieses zur dominanten Bezugsgröße wird und folglich das Miteinander an einem seidenen Faden hängt55. Wie in der Verortung bereits dargelegt, ist der Ursprung des dahinterliegenden aufrechnenden Denkzwangs jedoch nicht mehr ohne wei teres zugänglich und wird nur noch durch zahlreiche Tauschhandlungen unhinterfragt reprodu ziert (Graupe, 2016). So greift die Geldlogik selbst dann, wenn es sich nur um eine Spendenbox und somit eine immerhin relativ variable Schranke handelt da ihr der gleiche abstrakt gleich setzende Denkzwang zu Grunde liegt.
Für Haesler (2011) führt die Geldlogik durch den systemischen Zwang miteinander konkurrieren zu müssen zur sozialen Isolation als einem Grundphänomen unserer Zeit. Der Einsamkeit und und durch verschiedene Strategien wie dem Wecken künstlicher Bedürfnisse durch gezieltes Marketing oder geplanter Obsoleszenz unaufhaltsam unter die Menschen gebracht beziehungsweise verkauft werden (Bockelmann, 2020).
54 So kommt es, dass sich sogar zu einem späteren Zeitpunkt erwartete Geldgewinne als Waren in Form von Wertpapieren vorwegnehmen lassen. Diese Wertpapiere sind dabei schlicht dadurch Geld wert, dass von ihnen ein Geldgewinn erwartet wird. Fällt jedoch die Einlösung der ursprünglichen Gewinnerwartung weg, löst sich der potenzierte Wert in Luft auf. Dies verdeutlicht, wie inhärent krisenanfällig dieses geldbasierte System ist.
55 Da der Geldwert bei der eigentlich zwischenmenschlichen Handlung des Gebens und Nehmens zur dominanten Bezugsgröße wird und somit die Geldlogik in die Beziehung hereinspielt.
55
Unsicherheit wird dann wiederum tendenziell mit Geld, statt mit stabilen Beziehungen56, zu begegnen versucht. Geld in seinem substanzlosen Charakter kann menschliche Beziehungen jedoch nicht ersetzten, was zu einem Angstkreislauf führen kann, der andererseits in dem Be streben noch mehr Geld anzuhäufen, resultiert (ebd). Den Menschen erscheint diese geldver mittelte Umgangsweise dabei als die natürliche, dabei ist sie es eigentlich, die künstlich eine Scheinwelt aufrechterhält (siehe Abschnitt 2.3). Verschärft wird diese Tendenz durch die struk turelle Schrankenfunktion des Geldes, die wie oben beschrieben, systematisch zu sozialen Exklusionen führt. Dies führt auf der einen Seite zu dadurch bedingter (Handlungs )Macht und Privilegien und auf der anderen zu strukturellen Unterdrückungs , und Marginalisations tendenzen. Ausbeutungstendenzen und folglich das Vorkommen sozialer Ungleichheit sind so mit strukturell in der vorherrschenden Geldlogik verankert (Bockelmann, 2020).
Deswegen stellen die Erdlinge in der Verantwortung ERDE keine Spendenbox auf und halten was sie anbieten und geben wollen nicht künstlich zurück, um es dann nur über Geld zugänglich zu machen. So bekommt nichts was in der ERDE geschieht einen Geldwert und wird dadurch nicht entkontextualisiert und konsumierbar. So ist auch nichts in der Bewegung darauf angewiesen und ausgerichtet, ein Mehr an Geld zu generieren, damit es weiter gehen kann.
Es kann festgehalten werden, dass ein Anerkennen57 und Verstehen der Strukturen der derzeit vorherrschenden Geldlogik wesentlich für deren Veränderung ist. Denn gerade dadurch, dass diese Zusammenhänge nicht negiert, sondern durchdrungen und von dort aus wo möglich durch veränderte Umgangs und Organisationsweisen prozesshaft transformiert werden, findet eine Öffnung für neue Möglichkeitsräume statt.
5.2 Neue Formen des Denkens
Die Erdlinge streben aus einem Veränderungsimpuls heraus Strukturen an, die anderen als den vorherrschenden Selbstverständlichkeiten folgen.
Der Prozess des Begreifens und Wandels durch die Geldlogik geprägter (mentaler) Infra strukturen (Welzer, 2011) entspricht der eingangs aufgeführten Transformationswissenschaft.
Die Herangehensweise der Erdlinge lässt sich dabei als „working in, and identifying with, the gap“ (Byrne & Healy, 2006, S. 241) bezeichnen und strebt einen expliziten (mentalen) Per
56 Haesler (2011; 2019) spricht hier von sogenannten „strong ties“.
57 Unter Anerkennen wird hier ein Anerkennen der Tatsachen und nicht deren Wertschätzung gemeint.
56
spektivwechsel an. Für Simandan (2019) kann von diesem Ort aus ein Bemühen um soziale Gerechtigkeit, verstanden als „fighting to ‚open up‘ the world of the oppressed, so as to provide more choices, options, or desirable possible worlds for them“ (ebd., S. 7), stattfinden. Dass ein Arbeiten in und mit der Kluft und somit im Dazwischen auch verunsichernd ist, zeigen die Schil derungen der Erdlinge über ihre jeweils ganz unterschiedlichen Wege aus einer vorherrschend geldvermittelten Welt heraus. So bricht das, was in dieser Welt in Form von Geld bisher Sicherheit gegeben hat, plötzlich weg und kommt nicht mehr zurück. Etwas Neues wird ange strebt, ist jedoch noch nicht unbedingt da und entsteht prozesshaft und ergebnisoffen, indem auf anderen Bahnen gedacht und neue Erfahrungen gemacht werden. An dieser Stelle macht eine Einordnung der Erfahrungen der Erdlinge in Graupes (2020) „neue Geologie des Erkennens“ (ebd., S. 9) Sinn, die sich mit verschiedenen Formen des Erkennens und deren Beitrag zu mög lichen Veränderungen befasst.
Die Erdlinge schilderten alle einen Veränderungsimpuls, der mit Graupe (2020) als gemeinsinn lich bezeichnet werden kann. Unter Gemeinsinn versteht Graupe (2020) die Fähigkeit, mit den Sinnen die Welt in ihrer Dynamik wahrnehmen zu können und aus der unmittelbaren Erfahrung heraus zu schließen, was zu tun ist (Graupe, 2021). So können spontan neue Zugänge zur Welt eröffnet werden, die ein Wahrnehmen der Lebenswelt vor dem Greifen von mentalen Stereotypen und berechnenden Kalkülen erlauben. Der Gemeinsinn kann daher als spontanes Erkennen verstanden werden: „Dafür spürt der Gemeinsinn jenseits der Wirkmächtigkeit des begrifflichen Verstandes neue potenziell sinnhafte Strukturen in konkreten Erfahrungswelten auf und stabilisiert sie anfänglich in improvisierendem Handeln“ (ebd., S. 14). Damit sich daraus neue kreative Normalitäten (Horn, 2020) herausbilden und Gewohnheiten erneuert werden können, bedarf es eines hinzukommenden „sinnstiftenden Erkennens“ (Graupe, 2021, S. 14). Diese Form des Erkennens ermöglicht ein Beurteilen des Geschehenen und ein imaginatives Neuausrichten. So können Menschen gestalterisch neue Strukturen etablieren. Hierfür sind Freiräume sowohl des Denkens als auch des Handelns notwendig. Andernfalls fällt der gemeinsinnliche Veränderungsimpuls rasch ins Bestehende zurück und vermag es nicht, ein neues Fundament zu schaffen58 Bei den Erdlingen kam der Gemeinsinn in dem Moment zum Tragen, als sie sich aus ihren jeweiligen individuellen Veränderungsimpulsen heraus fragten: „In was für einer Welt möchte ich leben?“ (S. 46) und daraufhin mit anderen Gleichgesinnten improvisierend zu Handeln begannen (siehe Abschnitt 4.3). Durch das Hinterfragen der für
58 Graupe (2020) verweist darauf, dass der Gemeinsinn häufig in Krisenzeiten zum Tragen kommt, sich jedoch beim Fehlen eines Bewusstseins und eines reflexiven Freiraums mit einsetzenden Stabilisierungs und Normalisierungstendenzen wieder zu Gunsten des bestehenden Fundaments verflüchtigt.
57
selbstverständlich gehaltenen Geldlogik und der darin stattfindenden Denkzwänge und ein bewusstes Neuausrichten begannen die Erdlinge dann „sinnhaft“ in und von ihrem Freiraum aus neue Strukturen zu etablieren59 Wie in der Ergebnisdarstellung aufgezeigt sind diese nicht länger auf den äquivalenten geldbasierten Tausch (Geldlogik) ausgerichtet, das heißt das Auf rechnen von Geben und Nehmen wird komplett entkoppelt. Die Entstehung des Selbstver ständnisses einer geldlogikfreien Schenkkultur in der ERDE entspricht somit Graupes (2020) Ausführungen über eine neue Geologie des Erkennens.
Die sich in der ERDE herausbildenden neuen Strukturen basieren dabei auf der Praxis der Vielheit und Offenheit und erkennen so ein vielfältiges Bezugnehmen an, statt in irgendeine Richtung dogmatisch zugespitzt zu sein. Dementsprechend erheben die Erdlinge auch keinen Wahrheitsanspruch oder postulieren den Lösungsansatz gefunden zu haben. In Überein stimmung damit, möchte diese Arbeit ebenfalls keine Monokausalität herstellen. Sie möchte dazu anregen, ein Bewusstsein für etablierte Denkmuster zu schaffen, die durch ihre Verinner lichung manche Denk und Handlungsmuster näher legen als andere, ebenfalls mögliche. Denn aus einem solchen Bewusstsein heraus können verinnerlichte Muster wieder zur Sprache ge bracht, Fragen gestellt und Zusammenhänge neu gedacht, verworfen oder bewusst vertieft werden. Göpels (2020) Aufforderung die Welt neu zu denken60 wird somit als wichtige Voraus setzung für eine Transformation geteilt, jedoch durch die in dieser Arbeit hergestellten Zusam menhänge um die zentrale Bedeutung sie ebenfalls sinnhaft neu zu erfahren erweitert (siehe ausführlich auch nächster Abschnitt). Diese Erkenntnis stellt bereits ein Gegengewicht zu der alles abstrahierenden Geldlogik dar, die somit eine Unterbrechung in ihrem Denkzwang findet. Die Grundlage hierfür wird in der Verantwortung ERDE durch das Öffnen eines tatsächlichen Freiraums geschaffen, in dem die Grenzen des Möglichen ausgelotet und unmittelbar auf Basis des Gemeinsinns gehandelt werden können. Dies kann von der Nische aus potentiell auf die Gestaltung von Wirtschaft und Gesellschaft einwirken. Ganz im Sinne der transformativen Wirt schaftswissenschaft, könnte so ihre Performativität nicht nur anerkannt, sondern aktiv in eine gemeinsinnliche Richtung hin ausgerichtet werden.
59 So wurde das Sicherheitsgefühl nicht mehr an Geld gekoppelt, sondern durch ein zwischenmenschliches Eingebunden sein in ein Netzwerk sichergestellt
60 Göpel (2020) plädiert hier für eine grundlegende Änderung der Lebens und Wirtschaftsweise, um mehr Nachhaltigkeit zu erreichen.
58
5.3
Neue Formen des Handelns
Das offene und auf Vielheit basierende praktische Tun der Erdlinge ermöglicht einen konstruktiven Aktivismus. Hierfür ist sowohl theoretisches als auch erfahrungsbasiertes Wissen notwendig.
Die Erdlinge zeigen, dass eine andere, als die dominante geldbasierte Organisationsweise, nicht nur in der Utopie möglich ist, sondern tatsächlich umgesetzt werden kann. Das Handeln der Erdlinge kann dabei als konstruktiver Aktivismus bezeichnet werden. Denn dadurch, dass die Erdlinge nicht im Kritisieren des Status Quo verharren, sondern konkrete Möglichkeitsräume veränderter Denk und Handlungsweisen aufzeigen, bietet die ERDE zahlreiche niedrigschwel lige Möglichkeiten zum sich Einbringen, Entfalten und Mitmachen an. So können die Einzel interessen verschiedenster Menschen getroffen werden, was einen potentiell breiten Anschluss zu den Villacher Bürger*innen herstellt Kern dieser konstruktiven Praxis ist folglich die gelebte Umsetzung ihres auf Offenheit basierenden Miteinanders, welches nicht den durch die Geldlogik verinnerlichten Tendenzen des Konkurrierens und gegenseitigen Bewertens folgt (siehe Ab schnitt 4.2.6). Diese geldlogikfreie Herangehensweise ist wichtig, da die Geldlogik aufgrund ihrer Omnipräsenz sonst auch unbewusst in aktivistische Räume vordringt, die den dann potentiell aufkommenden Widersprüchen nicht immer standhalten können (Oehler, 2016). So kann bei spielsweise eine Vermischung von Selbstorganisation und Geldlogik zu einer Trennung zwischen Angestellten und „Freiwilligen“ innerhalb einer Initiative führen. Das Hereinspielen des Geldes bedingt so eine künstliche Aufteilung von Zuständigkeiten und Verantwortung, was das intrin sische Engagement der Bewegung korrumpieren kann61. In der ERDE hingegen wird nichts nach Leistung beurteilt und daher jede Form des sich Einbringens in die Schenkkultur wertgeschätzt.
Da Menschen, die etwas Grundlegendes verändern wollen, sich meist zwischen bestehenden und erwünschten Strukturen bewegen (müssen), ist die Frage nach einem gemeinsamen Um gang mit daraus resultierenden Erfahrungen zentral. Die Erdlinge verkörpern hier eine zu hörende Kultur des Nichtverurteilens. Auf diese Weise schaffen sie einen Raum, in welchem Emotionen der Ohnmacht, Wut und Überforderung ebenso da sein können wie potentiell auf kommende Ambivalenzen. Diese müssen in der ERDE nicht in den Hintergrund gedrängt werden, um als aktivistische Gruppe funktionieren zu können. Denn statt bereits feste Antworten zu kennen, wird in der ERDE das Aushalten von Nicht Wissen auf dem Weg zum Neuen eingeladen
61
So regelt das Geld eine verbindlich funktionale Verantwortungsübernahme, die dadurch an die Person gebunden wird, die dafür bezahlt wird und nicht einfach von der Person gemacht wird, die gerade Kapazi täten oder Lust dazu hat etc.
59
und dabei das schöpferische Tun fokussiert. Diese Kultur deckt sich mit dem, was Brown (2019) als „pleasure activism“ bezeichnet. „Pleasure“ wird hierbei als „measure of freedom“ (ebd., S. 3) aufgefasst und stellt sich durch das bewusste Fokussieren auf das Verkörperte und somit Sinnliche aktivistischer Praktiken gegen unterdrückende Strukturen jeglicher Art. Denn es sind immer auch Körper mit komplexen Vorerfahrungen, die unterdrückt werden, wenn Menschen tendenziell trennenden und entfremdenden Strukturen unterworfen sind. Das Integrieren von Emotionen, Lebendigkeit und Sinnlichkeit gerade in transformierender Arbeit wirkt dem selbstermächtigend entgegen und wird von Brown als „politics of wholeness in movements“ (ebd.) bezeichnet: „Create more room für joy, wholeness, and aliveness and less room for oppression, repression, self denial (...) to begin to understand the liberation possible when we collectively orient around pleasure and longing“ (ebd., S. 3). Dies geschieht in der ERDE dadurch, dass es Raum für sowohl theoretisches als auch erfahrungsbasiertes Wissen gibt. Ein persön liches Beispiel hierfür aus dem Forschungsprozess:
Ich wurde täglich eingeladen, mich an dem reich und mit verschiedenen veganen Speisen be stückten, schön angerichteten Buffet im Wohnhaus der Familie Kravanja zu bedienen. Ich durfte mir nehmen was und wieviel ich wollte und bekam ausschließlich ein herzliches „Lass es Dir schmecken!“ zu hören. Nach ein paar Tagen wuchs mein Unwohlsein und ich begann mich schlecht zu fühlen, einfach so viel zu nehmen beziehungsweise zu bekommen und nichts dafür zu geben. Ich fühlte mich schuldig. Irgendwann nahm ich eine der an diesem Tag Kochenden zur Seite und fragte sie, ob ich nicht „etwas“ geben könnte. Unbewusst meinte ich damit Geld für das Essen und wog damit das Essen in meinem Kopf mit einem entsprechenden Geldwert auf. Ich hatte gar kein Geld dabei, der Impuls fand ausschließlich in meinem Kopf statt. Sie lachte und sagte:
„Das ist eine Automatik. Denn weißt du, das was du gibst, ist diese Freude beim Essen, dieses Lachen, wenn du dir einfach das Essen aus dem Topf holen darfst. Das ist viel mehr wert als alles, was du sonst auf den Tisch legen könntest. Das ist genau das, was ich meine. Darum koche ich hier so gerne. Ich koche sowieso gerne, aber das Schönste ist, wenn hier die Menschen kommen und essen. Du siehst, wie sie alle zugreifen, dann hörst du dieses ‚Mmmh‘. Sie essen und sind zufrieden. Das ist das Allerbeste, dass du mit Essen Menschen zusammenführst und zufrieden machen kannst. Das ist so unbezahlbar“ (A., S. 3)62
62 Zitat ist Teil eines Memos an mich.
60
Da verstand ich, dass ich einfach herzlich eingeladen war, mir zu nehmen und zu genießen. Und nicht aufrechnend etwas dafür geben musste. Wie ungewohnt dies war, wie neu. Es brauchte also die theoretische Reflektion, um mein Unwohlsein aus der verinnerlichten Geldlogik heraus zu verstehen und die neue sinnliche Erfahrung, einfach eingeladen zu sein. Gerade da das Hinter fragen und prozesshafte Verlassen von etwas derart Verinnerlichtem wie der Geldlogik zwangs läufig Ausgrenzungserfahrungen mit sich bringt (siehe Abschnitt 4.7), bedarf es hierfür einer Sensibilität in aktivistischen Räumen. Bergman und Montgomery (2017) schlagen hier ihr Kon zept des „joyful militancy“ (ebd.) vor, welches sich durch das Bilden bedeutungsvoller Freund schaften und das Verlernen von Radikalismus im Aktivismus auszeichnet. Ersteres findet in der ERDE durch ihre offene Kultur des menschlichen Miteinanders statt. Diese fördert ein be dingungsloses Miteinander, indem nicht etwas geleistet und sich profiliert werden muss, um teil zu sein und entspricht damit Browns (2019) Überlegungen zu „wholeness“ in Bewegungen. Wie in dem Abschnitt „Praxis der Vielheit“ (Abschnitt 4.6) erläutert und im eben beschriebenen offenen Umgang der Erdlinge mit Ambivalenzen ersichtlich, lässt sich zudem ein grundlegendes Vermeiden von Radikalisierungstendenzen in der ERDE feststellen. So ist beispielsweise ein geld freies Leben keine Voraussetzung, um in der ERDE zu partizipieren und jede Form des persön lichen Umgangs damit wird toleriert. Im Fokus stehen somit keine individuellen Verhaltens änderungen, sondern eine grundlege geldlogikfreie Ausrichtung von Strukturen. Dies macht Sinn, denn eine kostenlose (geldfreie) Teilnahme an etwas impliziert noch nicht automatisch eine geldlogikfreie Ausrichtung. Diese verlangt eine tiefere Auseinandersetzung und gewisser maßen ein Aufbrechen des ankonditionierten Denkzwangs und der sich daraus ergebenden Verhaltensmuster63 . Hierbei handelt es sich um einen längerfristigen, nicht linearen Verän derungsprozess, der immer wieder von den Erdlingen begriffen, angesprochen und durch veränderte Umgangs und Handlungsformen vollzogen wird64 .
Dieses Bestreben deckt sich mit Habermanns (2018) Schlussfolgerung, dass das gute Leben für Alle nur tauschlogikfrei sein kann. Begründet ist ihre Überlegung ebenfalls in der systematischen Verankerung von Ausbeutung und Ungleichheit in der geldbasierten Tauschlogik (ebd.). Diese Einstellung teilen die Erdlinge, die sich nicht in einer wie auch immer geartete hedonistische Blase zurückziehen, in der nur noch das eigene gute Leben zu zählen scheint. Vielmehr scheuen sie sich nicht komplexe globale Strukturen anzuerkennen und sich in ihrem politischen Handeln
63 Auf diese Weise kann bewirkt werden, dass die Geldlogik nicht mehr vollständig als „beeinflusste Er kenntnis“ (Graupe & Schwaetzer, 2017, S. 514f; siehe Abschnitt 2.3) greift
64 So wird das in der Verortung dargelegte Verständnis von Kapitalismus als einer Reihe situierter, kontin genter und daher veränderbarer sozio ökonomischer Praktiken bestätigt (siehe Abschnitt 2.3).
61
für die lokale Etablierung von Strukturen einzusetzen, die die geldlogikfreie Organisation mög lichst vieler Lebensbereiche für möglichst viele Menschen erlauben.
5.4 Neue Formen des Lebens
Die Erdlinge etablieren eine nachhaltige, auf Verbindung basierende Lebensweise
Das Bestreben der Erdlinge nach unabhängigen lokalen Versorgungsstrukturen folgt dem klaren Wunsch nach einer nachhaltigeren Lebensweise, welche die eigene Versorgung nicht (länger) auf Kosten anderer sicherstellt und damit im globalen Vergleich einen überproportional großen ökologischen Fußabdruck65 hinterlässt. Dies steht im Kontrast zu der von Brand und Wissen (2017) ausgeführten „imperialen Lebensweise“. Dieser Begriff meint das alltägliche systema tische Zurückgreifen auf billige Arbeitskräfte und die Natur durch vor allem Menschen des glo balen Nordens, die das Ziel verfolgen, sich selbst zu reproduzieren. Die imperiale Lebensweise basiert dabei auf Exklusivität, da nicht alle an ihrer bestimmten Art und Weise sich fort zubewegen, zu kommunizieren, zu essen und sich zu kleiden, teilhaben können. Dicht verwoben mit dem geldlogischen Narrativ ist das Funktionieren der imperialen Lebensweise Teil eines neo kolonialen Weltsystems, welches konstitutiv mit ausdifferenzierten Klassen , Race und Ge schlechter Verhältnissen verbunden ist (Brand, 2018, S. 6f). Laut Brand (2018) handelt es sich bei der imperialen Lebensweise ebenfalls um einen „Zwang, denn die Menschen können in der Regel nicht frei entscheiden, unter welchen Bedingungen sie leben“ (ebd., S. 7), da diese durch die stete Reproduktion verinnerlichter alltäglicher Verhaltensmuster aufrechterhalten werden (Pantzar & Shove, 2006). Der imperialen Lebensweise kann das Geld als Denkzwang (Graupe, 2016) zu Grunde gelegt werden.
Dem gegenüber steht die Art und Weise der Natur sich zu organisieren. Die Natur kennt keinen aufrechnenden Umgang, sie verschenkt sich gewissermaßen und kann sich daher auch nicht in der dominanten Sprache Geld (Graupe, 2021) vertreten. Sie kennt keine Dienstleistungen, sie verlangt nichts für das Filtern der Atemluft, das Bestäuben der Blüten, das Vorhandensein von fruchtbaren Böden, das Bereitstellen von Sauerstoff durch die Weltmeere. Kurz: Sie kennt kein Geld und funktioniert in ihren zyklischen Funktionsweisen, denen alles Lebendige unterliegt.
65 Der ökologische Fußabdruck ist ein „time slice indicator of a human community’s metabolic relationship with the goods and services provided by its natural environment“ (Dobson 2003, S.12). Somit stellt er den ökologischen Raum dar, den wir (ver )brauchen, wenn wir unserem alltäglichen Leben nachgehen. Da dies in unterschiedlicher Weise geschieht, variiert die Größe der ökologischen Fußabdrücke (ebd., S.281).
62
Dadurch zeigt sie uns die Unmöglichkeit eines Für sich alleine existierens auf. Wird die Geldlogik nun allerdings als dominantes Erkenntnis und Handlungsnarrativ über alles gestülpt, stehen sich zwei Logiken eine rein abstrakte auf Wachstum gepolte und eine natürlich zyklische gegen über, die unterschiedlicher nicht sein könnten. Da die dominante Geldlogik etwas nur wert schätzt, wenn es einen Geldwert hat und damit vergleichend in Geld aufgerechnet werden kann, wird so auch die Natur mit einem Geldwert versehen und in Konzepte wie das der „Ökosystem dienstleistungen“ (Grunewald & Bastian, 2012) eingeordnet. Dieses vermittelt Menschen auf rechnerische Weise, dass es Sinn ergibt, ihren Lebensraum zu schützen, da sie sonst einen Nach teil davontragen. Die Vereinnahmung des Lebendigen durch die Geldlogik wird durch zuneh mende Umweltverschmutzung und der daraus folgenden Schäden ersichtlich, die wissentlich in Kauf genommen werden, da sich alles andere als nicht wirtschaftlich erwiese (Bockelmann, 2020). Eisenstein (2011) bezeichnet das dazugehörige, derzeit vorherrschende Weltbild als „story of separation“ (ebd., S. 12). Dieses steht für die Betrachtung der Welt als eine Maschine ohne Körper und Seele, die damit etwas vom Menschen Getrenntes, tendenziell Bezugsloses, darstellt. So kann „etwas“, das eigentlich gemeinsamer Lebensraum für alles Lebendige ist, eher zu Eigen gemacht, unterworfen, ausgebeutet und potentiell zerstört werden. Dies erscheint rational nachvollziehbar, allerdings, und das zeigen die Erdlinge kontingent auf, nur innerhalb der Geldlogik. Das heißt konsequenterweise, dass solange Geld in einem System bestehen bleibt, es die äquivalente Tauschlogik mit ihrem aufrechnenden und gleichsetzenden Charakter und den daraus resultierenden Folgen geben wird66 .
Die von den Erdlingen angestrebte Lebensweise, die auf Fürsorge, Mitgefühl und Solidarität als Kerncharakteristika basiert, erkennt hingegen die Welt aus sich heraus als schützens und erhaltenswert an67. Sie ist demnach eine, die nicht der Geldlogik folgt und kann mit Weber (2014) als lebendige bezeichnet werden. Unter Lebendigkeit versteht Weber (2014) das Aner kennen der Interdependenz alles Lebendigen, was in einem Verständnis der Welt als Mitwelt statt als Umwelt des Menschen resultiert (Witzany, 2006). Denn Leben und Überleben bedeutet für alle lebendigen Organismen ein aufeinander Angewiesen sein. Die Art, wie die Erdlinge leben ist eine Möglichkeit, Verantwortung für die gemeinsame Welt zu übernehmen, und zwar auf eine selbstorganisierte, lebendige Art. Dies erfolgt zum einen durch ihre Bewirtschaftung eines Gartens und zum anderen durch die tauschlogikfreien Kreisläufe, die sich zusammen als
66 Dies gilt ebenfalls für die wertvollen Ansätze der Pluralen Ökonomik und kritischen Wirtschaftstheorie, auf die in dieser Arbeit nicht ausführlicher eingegangen werden kann.
67 Diese Sichtweise ist wie eben aufgezeigt wurde, innerhalb der Geldlogik nicht möglich.
63
Subsistenz und Suffizienzbestrebungen68 einordnen lassen (Paech, 2012)69 Die ERDE weist daher lokale Nachhaltigkeitsbestrebungen auf (siehe Abschnitt 1), indem sie sich möglichst unab hängig von globalen auf Ausbeutung basierenden Strukturen macht. Ziel ist dabei nicht eine lo kale Abschottung, sondern im Gegenteil ein ermöglichtes In Verbindung treten mit Menschen aus anderen Teilen der Welt, welches sich nicht länger systematisch ausbeuterisch gestaltet und somit auf Augenhöhe stattfinden kann. So entsteht eine neue Beziehungsweise (Adamczak, 2017; siehe auch Ambach et al. 201970), deren soziale Dynamiken nicht durch Geld bestimmt werden (Helfrich & Bollier, 2019, S. 147) und die ein Gegenstück zu der oben beschriebenen imperialen Lebensweise (Brand & Wissen, 2017) darstellt. Die geldlogikfreie Beziehungsweise der ERDE erlaubt nun die Übernahme von (unmittelbarer) Verantwortung, die innerhalb der Geldlogik aufgrund der Vielzahl an abstrakten Beziehungen, die durch die globalisierten Wertschöpfungsketten entweder erst gar nicht sichtbar oder routiniert auf die Abhandlung kurzer geldbasierter Tauschakte reduziert werden, erschwert bis verunmöglicht wird71 Diese Verschiebung des Fokus von geldvermittelten Beziehungen auf die unmittelbare Bezieh ungspflege und ein damit einhergehendes verändertes Verständnis von „sozialer Zeit“ (Znoj, 1995, siehe Abschnitt 2.3) weist Ähnlichkeiten mit den anfangs dargelegten Schilderungen zu historisch anderen, nicht geldbasierten Formen des Zusammenlebens in traditionellen Gemein schaften auf (ebd.). Da es jedoch nicht darum gehen soll, zurück in geographisch eingegrenzte, relativ voneinander unabhängige Dorfgemeinschaften zu gehen oder darin oft qua Geburt defi nierte und somit statusabhängige Positionen romantisierend zu verklären, stellt der nächste Ab schnitt einen Versuch dar, die Lebensweise der Erdlinge strukturell einzuordnen und auch etwa ige Grenzen aufzuzeigen.
68
Subsistenz meint eine Neujustierung der Balance zwischen Selbst und Fremdversorgung; Suffizienz hingegen eine genügsame Anpassung von Ansprüchen an die Fähigkeiten zur Selbstversorgung (Paech, 2012).
69 Im Unterschied zu Paechs (2012) Ausführungen einer Postwachstumsökonomie, gehen die Erdlinge aufgrund der oben aufgeführten Zusammenhänge noch einen Schritt weiter, indem sie das Geld und seine Logik als wesentlichen Treiber der vorherrschenden sozio politischen und ökologischen Zustände auf dieser Welt identifizieren und verantwortlich machen.
70 Siehe auch die Ausführungen zur solidarischen Lebensweise von Ambach et al. (2019).
71 Denn innerhalb der Geldlogik werden nicht funktionale zwischenmenschliche Beziehungen als mühsam und unsicher und stattdessen der Umgang mit Geld als leicht und zwanglos angesehen.
64
Möglichkeiten struktureller Einordnung des Neuen
Die Bewegung Verantwortung ERDE zeigt auf, wie Lebensraum und Bedingungen kollektiv selbst gestaltet werden können
Das Aufbrechen von Denk und Handlungsmustern hin zu einer anderen Lebensweise stellt eine oszillierende Bewegung zwischen Erkennen und Erweitern der bestehenden Strukturen dar. Die se Bewegung wird, wie in dem Abschnitt „Leben und Wirken in zwei Welten“ (Abschnitt 4.7) dargelegt, auch von den Erdlingen vollzogen und entspricht Barth und Rommels (2020) Ein schätzung bezüglich potentiell gelingender systemischer Veränderung: „the most promising way of changing economics from within is by complementing existing (...) institutions with new ones instead of aiming at their complete substitution in the short run“ (ebd., S. 301). Dies gelingt der ERDE aufgrund ihrer organischen Funktionsweise, die sich durch eine radikale Ergebnisoffenheit auszeichnet. Das Verändern von verinnerlichten Strukturen stellt somit stets etwas Prozess haftes dar und geht, wie in den Befragungen der Erdlinge ersichtlich wurde, mit persönlichen transformativen Prozessen einher. Doch gerade damit es sich dabei nicht wieder um die Repro duktion etwas Imperialen und somit Privilegierten und Exkludierenden handelt, ist das Finden struktureller Antworten auf die Suchbewegung von Menschen nach der gemeinsamen Gestal tung ihres Zusammenlebens essentiell.
An dieser Stelle lohnt sich ein Blick auf die Struktur der „Commons“ (Helfrich & Bollier, 2019), die Menschen in lokalen, regionalen oder Aufgabenbezogenen Bereichen befähigt, kollektiv eigene Lebensbedingungen herzustellen und Probleme zu lösen. Unter Commons werden daher gemeinsam hergestellte, gepflegte und genutzte Ressourcen verstanden (Commons Institut)72 . So können Menschen sich wieder als Gestalter*innen erfahren und ihre Commons je nach vor handenen Bedürfnissen gestalten73. Dieses Prinzip lässt sich in der Umgangs und Organi sationsweise der ERDE wiederfinden, die kollektiv und selbstorgansiert ihre Lebensbedingungen und ihren Lebensraum jenseits der Geldlogik gestalten74 . Die Bewegung stellt dabei kein best practice Beispiel dar, das es zu replizieren gälte, sondern regt vielmehr dazu an, wieder dyna misch zu werden denkend im Handeln und handelnd im Denken.
72
Siehe Webseite: https://commons institut.org/was sind commons.
73 Dieser Prozess wird dann als „commoning“ (Commons Institut, Webseite) bezeichnet.
74 Die ERDE kann somit als ein commons auf geldlogikfreier Basis bezeichnet werden. Denn Commoning und eine geldlogikfreie Organisationsweise gehen nicht automatisch Hand in Hand.
65 5.5
Dies entspricht den Überlegungen zu einer „befreiten Gesellschaft“ von Sutterlütti und Meretz (2018), die sich nicht genau definieren lassen, jedoch auf kategorialer Ebene an Grunddyna miken ausgerichtet werden können: „Wir werden weniger »auspinselnd« Details beschreiben, sondern uns mit grundsätzlichen Dynamiken in der Gesellschaft beschäftigen. Wir werden we niger fertige Bilder der Zukunft bilden, als rahmensetzende Überlegungen vertiefen“ (ebd., S. 108). Diese rahmensetzenden Überlegungen basieren unter anderem auf den folgenden Fragen:
1: Unter welchen Bedingungen geht die individuelle Entfaltung nicht zu Lasten der indivi duellen Entfaltung anderer Menschen? (ebd., S. 155)
2: Unter welchen Bedingungen wird die individuelle Entfaltung zur Voraussetzung für die individuelle Entfaltung aller anderen Menschen? (ebd.)
Freiheit wird hier nicht als isolierter Begriff, sondern stets als etwas gesellschaftlich Eingebun denes verstanden und passt zu dem gelebten Verantwortungsverständnis der Verantwortung ERDE. Durch die strukturelle Etablierung einer menschlichen Organisationsweise ohne mone täres Verteilungssystem weist die ERDE „Aufhebungstendenzen“ (ebd., S. 81ff) des bestehenden kapitalistischen Systems auf und entspricht somit den Merkmalen einer „befreiten Gesellschaft“ (ebd., S. 81ff).
Selbstredend ist die Verantwortung ERDE eine Nische, es lässt sich daher nicht von ihr auf eine gesamte Gesellschaft(sform) schließen. Solche Verallgemeinerungen würden auch der For schungshaltung dieser Arbeit widersprechen, die insbesondere dem von Simandan (2019) als „possible versus realized worlds“ bezeichneten Bias in unserer Wahrnehmung entgegen wirken möchte: „Our bias of focusing only on the realized world and of overlooking how that realized world is situated in a stochastic universe of many possible worlds“ (ebd., S. 4). Das auch Mög liche entsteht dabei in Zwischenräumen und zeigt sich möglicherweise in Nischen wie sie die Verantwortung ERDE eine darstellt. Innerhalb solcher kann ein Bewusstsein und ein gewisser Entscheidungsspielraum geschaffen werden, welcher nicht vom Geld bestimmt ist, sondern wie aufgezeigt, anderen Beziehungsweisen folgt75
Die Erforschung sowohl etwaiger Limitierungen als auch des Potentials der ERDE, die in Haber manns (2018) Worten an dieser Stelle passend als „Halbinsel gegen den Strom“ bezeichnet
75 Dies ist sicherlich nicht unter allen, beispielsweise prekären, Umständen möglich.
66
werden kann, von der Nische in den Mainstream aufzugehen, wäre bei Fortführung der For schung interessant und wichtig. Die hier vorliegende Arbeit hat sich auf das Aufzeigen möglicher grundlegender Zusammenhänge und die prozesshafte (Um ) Gestaltung entsprechender Denk und Lebensrealitäten in der Experimentalkultur der Bewegung Verantwortung ERDE konzen triert.
5.6 Reflektionen
„Und wie immer, wenn sich jemand auf eine solche Reise begibt, wird er als ein anderer zurückkehren, mit neuem Wissen und neuen inneren Bildern“ (Hüther, 2011, S. 18).
Mit Horton und Horton (2019) wird Wissen als zentral für den Wandel angesehen: „An age of enlightenment is based upon knowledge. Knowledge creates awareness that underpins changes in attitude and lifestyle and provides the evidence for new policies“ (ebd., S. 90). Wissen ent steht dabei nicht in einem von der Forscherin abgetrennten Raum oder von einer objektiven Außenperspektive betrachtet, deren versuchte Einnahme Haraway (1988) als „godtrick“76 (ebd., S. 582) bezeichnet. Die Positionierung von Wissen im Forschungsprozess wird daher unter an derem durch subjektiv kontextuelle Faktoren wie meine Lebenserfahrungen geprägt (Qin, 2016, S.1) und stellt stets nur eine limitierte Teilperspektive dar: „positionality is about how people view the world from different embodied locations“ (ebd., S. 1). Haraway (1988) betont: „I am arguing for the view from a body, always a complex, contradictory, structuring, and structured body“ (ebd., S. 589). Als Forscherin bin ich somit stets ein verkörperter, sichtbarer Teil des For schungsprozess.
Darüber hinaus wird das Erforschte Teil eines größeren gesellschaftlichen Diskurses, in den die Forschende die Forschung hineingibt und über den sie keine vollständige Kontrolle hat (Rose, 1997). Dies geht in Übereinstimmung mit Pfriems (2017) Anforderungen an eine Möglichkeits wissenschaft, die Möglichkeiten schafft, und dabei aktiv Verantwortung für ihre Performativität übernimmt. Die herausgearbeiteten Werte der Erdlinge bezüglich einer Verantwortungs übernahme für eine Gesellschaft, die nicht auf Ausbeutung und sozialer Ungleichheit basiert, treten dabei in Übereinstimmung mit meinen persönlichen Werten.
Gelernt habe ich durch sowohl die theoretische Beschäftigung mit der Geldlogik, als auch die Beobachtung der konkreten „Praxis der Vielheit“ (Abschnitt 4.6) der Erdlinge, nicht Menschen
76 Darunter fasst Haraway (1988) einen „conquering gaze from nowhere” (ebd., S. 581).
67
zu verurteilen, sondern den etwaigen systematischen Zusammenhang hinter ihrem Verhalten zu erkennen. Dies war Voraussetzung, um eine neue Vielzahl an Möglichkeiten zugänglich zu machen77. Diese Haltung deckt sich mit meinem persönlichen, durchaus transformativen Pro zess, der durch eine parallel zum Forschungsprozess laufende Köpertherapieausbildung ange regt wurde. Kern dieser Praxis ist das Einlassen auf etwaige Antworten, die in einem Prozess aus den Klient*innen selbst kommen und vorher für keinen von uns ersichtlich waren78 . Dieses Vor wissen erleichterte bei der Datenerhebung das Schaffen eines sicheren, urteilfreien Raumes auf Augenhöhe, in dem sich das Sosein der Erdlinge überhaupt erst greifen ließ. Zentrale Qualitäten stellten hierbei das Zeigen von echtem Interesse, emphatisches Zuhören und eine Offenheit be züglich des Fortgangs der Interviews dar. So konnten die befragten Erdlinge Einschätzungen und hergestellte Zusammenhänge mit mir teilen, die sonst eventuell aus Angst vor Unverständnis oder gar Ausgrenzung zurückgehalten worden wären.
Im weiteren Verlauf des Forschungsprozesses wurde für mich als Forscherin ein Spannungsfeld deutlich: Einerseits der Anspruch wissenschaftlich durchdringend zu arbeiten und andererseits dem spontanen und herzlichen Umgang der Erdlinge gerecht zu werden, der vor allem fühlbar und somit nicht immer rational (be )greifbar ist. Hier nicht in ein trennendes, funktionales Den ken zu kommen, welches die Dinge klar fassen und einordnen möchte, war ungewohnt. Die Ver wendung der weitgefassten Begriffe „Denken“, „Handeln“ und „Leben“ wirkten diesem ent gegen und entsprachen so dem Forschungsinteresse, welches bewusst nach dem „Neuen“, An deren, noch nicht unbedingt gänzlich in Worte Gefassten aber eventuell bereits Spürbaren fragte. Hierfür war es hilfreich dicht an den Erfahrungen und den hierfür verwendenden Worten der befragten Erdlinge zu bleiben. So wurde versucht sowohl der Gefahr, dass die weitgefassten Überbegriffe zu vage bleiben, als auch einer Vereinnahmung des Neuen durch seine Interpre tation mit bereits festgelegten Begriffen, entgegenzuwirken. Während des reflexiven For schungsprozesses veränderte sich meine Haltung zunehmend und es öffneten sich mir gedank liche Möglichkeitsräume, die weniger bisherigen Bewertungsmuster unterlagen. Es fand also ganz im Sinne der transformativen Forschung eine Verschiebung der eigenen Position durch den Erkenntnisprozess statt: Ich traute mich Dinge anzufangen zu denken, ohne sie zugleich in un /wissenschaftlich zu selektieren und diesem Filter dann zu überlassen, was zur Sprache gebracht wird und was nicht. Das enge und intensive Arbeiten mit den Daten verhinderte dabei den von
77
Somit wurde ganz im Sinne der transformativen Wirtschaftswissenschaft in dieser Arbeit sowohl Ist Wissen (Analyse bestehender Strukturen) als auch Ziel Wissen (Ausrichtung auf eine geldlogikfreie Schenkkultur) generiert (siehe Abschnitt 4.6).
78 Dies deckt sich mit der „zuhörenden, nichtverurteilenden Kultur“ (Abschnitt 4.6), die die Erdlinge in der Gestaltung ihres Miteinanders untereinander pflegen.
68
Eibach et al. (2003) formulierten Bias, eigene innere Veränderungen als Veränderung in der Welt wahrzunehmen. Wobei sich diese klare Trennung in Innen und Außen bei fortschreitendem For schungsprozess in Übereinstimmung mit Rose (1997) nicht unbedingt aufrechterhalten ließ und zugunsten eines Anerkennens von Unkontrollierbarkeit und Interdependenz aufgegeben wurde: „Instead we glance uncertainly“ (ebd., S. 316).
Dies galt auch für mein Nähe/Distanzverhältnis, welches sich durch den Forschungsprozess im mer wieder veränderte. Charmaz (2006) betont: „Achieving intimate familiarity with the studied phenomenon is a prerequisite. Such familiarity not only includes an in depth knowledge of people who contend with the phenomenon, but also a level of understanding that pierces their experience“ (ebd., S. 68). Eine Befragte antwortet auf meine Frage, wieviele Erdlinge es in der Bewegung gibt: „Ich bin ein Erdling, du kannst für dich entscheiden, ob du ein Erdling bist; Ich finde schon, dass du ein Erdling bist, du kommst mir sehr erdling mäßig vor“ (M., S. 14). Ich fühlte mich als Forscherin im Dazwischen, einem angenehmen Ort, der mir eine Bewegung zwi schen „Teil bilden“ und „Distanz schaffen“ (Vilsmaier, 2013, S. 284) ermöglichte So wurde vor erst beim präzisen initialen Kodieren eine große Anzahl an Codes generiert und dann in einer konstanten oszillierenden Suchbewegung zwischen Annähern und Ausweiten größere Bedeu tungszusammenhänge hergestellt. Auf diese Weise wurde versucht, die Erdlinge nah an ihren Erfahrungen in ihrer Subjektivität und Lebendigkeit nachzuvollziehen (ebd., S. 288). So konnten die vielfältigen neuen Formen des Denkens, Lebens und Handelns durch die Gestaltung des Mit einanders der Erdlinge jenseits der Geldlogik erforscht und somit die Forschungsfrage beant wortet werden (siehe Forschungsfrage, Abschnitt 1.1).
Die herausgearbeiteten Zusammenhänge stellen dabei eine mögliche Auslegung dar und mögen gerne in Frage gestellt, ergänzt oder aufgegeben werden. Bedeutsam ist die Bewegung dahinter, das ermöglichte Aufbrechen von als selbstverständlich hingenommenen Denk und Handlungs grundlagen. Durch die Aussagen der Erdlinge und die reflexive Praxis der Constructive Grounded Theory (Charmaz, 2006) wurde ferner deutlich, dass es lohnt, die so entstehende Offenheit aus zuhalten und sie nicht gleich wieder durch das Absolutsetzen eines neuen Erkenntnisparadigmas zu schließen. Dies entspricht der von der transformativen Wirtschaftswissenschaft angestrebten lebendigen Pluralität (siehe Abschnitt 2.2)79 .
79 Ein Beispiel für diese lebendige Pluralität stellt das Aufzeigen einer Möglichkeit der Einbeziehung derjenigen ökologischen und sozialen Realitäten, die sonst in den Modellen und Ansichten der Main stream Wirtschaftswissenschaften außeracht gelassen werden, in eine konkrete Organisationsweise dar.
69
Aufgrund des beschränkten Formats dieser Arbeit bleibt es bei dem hier vorliegenden Erkennt nisstand, der bei Fortführung der Forschung ganz im Sinne der Constructive Grounded Theory durch das Durchführen von „theoretical sampling“ (Charmaz, 2006, S. 96ff) weiter überprüft werden würde (siehe Abschnitt 6.1). Gerade da hier auf Grundlage eines sehr kleinen Feldzu gangs weite, abstraktere Zusammenhänge angesprochen wurden, wäre eine Fortführung der Forschung wichtig.
Die Arbeitsweise hielt sich an die in der Verortung angesprochenen Programmatik der trans formativen Wissenschaft (siehe Abschnitt 2.1). So wurde das Vorgehen transparent gemacht, Reflexivität durch das ergebnisoffene Vorgehen der Constructive Grounded Theory (Charmaz, 2006) sichergestellt, übereinstimmende Normativität der Befragten und mir als Forscherin transparent dargelegt und Wissen partizipativ auf Augenhöhe gewonnen. Schließlich werden die Erkenntnisse in Form der hier vorliegenden Arbeit wieder zurück in die Bewegung Verant wortung ERDE fließen und einen weiteren Austausch anregen Dieses Vorgehen stellt sich so wohl einer Weltflucht in eine rein abstrakte Wissenschaft, als auch einer Vereinnahmung der Welt durch die Wissenschaft, entgegen (Graupe, 2020). Stattdessen wurde der Forschungsfokus in Übereinstimmung mit Rommel und Euler (2019) auf „die Wirklichkeit, das Lebendige, dessen Entfaltungsmöglichkeiten und die dafür erforderlichen Freiheiten gerichtet“ (ebd., S. 179)80
80So hofft diese Arbeit einem „Epistemizid“, verstanden als willentliche Auslöschung von Wissensformen, Erkenntnisweisen und Weltsichten (Sousa Santos, 2009, S.8), durch das Aufmachen neuer Perspektiven entgegenzuwirken.
70
6
Zusammenfassung und Ausblick
Die hier vorliegende, nach den Grundsätzen der Constructive Grounded Theory durchgeführte Arbeit zeigt empirisch auf, dass es wesentlich ist, Kritik am bestehenden kapitalistischen System mit Geld und seiner Logik in Verbindung zu bringen. Denn die Geldlogik stellt einen systema tischen Nährboden für gewisses (zwischen )menschliches Verhalten dar, welches auf Konkur renz und Individualisierungstendenzen beruht, und damit ein Funktionieren innerhalb der Geld logik sicherstellt.
Aufgrund der Omnipräsenz der Geldlogik betrifft dies auch aktivistische Räume und Praktiken. Um verantwortungsvoll und solidarisch leben zu können, braucht es jedoch Nähe, Verbindung und Empathie. Da diese Seins Qualitäten wie oben dargestellt innerhalb der Geldlogik syste matisch erschwert werden, erlaubt gerade deren Infragestellung und aktive Aufhebung (erst) neue Formen des Handelns, miteinander Umgehens und Lebens. Dieser Prozess erfordert das Begreifen bestehender Strukturen und das Machen veränderter praktischer Erfahrungen. Durch ihren konstruktiven Aktivismus zeigt die Bewegung Verantwortung ERDE auf, dass ein Per spektivwechsel möglich ist und lotet in einer gemeinsamen Suchbewegung die Grenzen des Möglichen aus. So können Menschen strukturelle Antworten schaffen, um ihre Lebensbedin gungen und ihren Lebensraum gemeinsam nach ihren Bedürfnissen gestalten zu können. Durch ihre geldlogikfreie Schenkkultur begegnen sich die Erdlinge dabei in schöpferischer Weise, statt als Geldsubjekte in abstrahierenden, quantifizierenden Tauschakten miteinander zu agieren. So wird die Geldlogik zugunsten neuer, vielfältiger Selbstverständlichkeiten auf Basis des Gemein sinns (Graupe, 2020) aufgebrochen. Die Herangehensweise der Erdlinge gestaltet sich dabei als undogmatisch und lässt verschiedene Arten sich einzubringen und zu leben zu.
Die hier vorliegende Arbeit zeigt somit ein gelingendes Beispiel der Etablierung einer nachhal tigen Lebensweise auf Grundlage veränderter Denk und Handlungsformen auf und entspricht damit sowohl der Transformations , als auch der transformativen Forschung. Auf diese Weise zeigt die Bewegung Verantwortung ERDE auf ihre einzigartige Weise auf, wie ein grundlegender Wandel stattfinden kann.
71
6.1
Weiterer Forschungsbedarf
Der Stand dieser Arbeit eröffnet mehr Möglichkeitsräume zum weiteren Erforschen der hier dargestellten Zusammenhänge, als er schließt. Es könnte daher auf jeden der in der Ergebnis darstellung abschnittsweise erläuterten Codes vertiefend eingegangen werden.
Im Rahmen der nach den Grundzügen der Constructive Grounded Theory weiterauszuführenden „theoretischen Sättigung“ (siehe Abschnitt 3 4 2) wäre der nächste Schritt im Forschungsprozess ein erneutes ins Feld gehen. Dort könnte der aus den Daten hergestellte Zusammenhang zwi schen der vorherrschenden Geldlogik und der Gestaltung des Miteinanders der Erdlinge oder eines anderen Kollektivs näher untersucht werden. Darüber hinaus wäre eine vergleichende Analyse verschiedener bereits geldlogikfreier Initiativen interessant, um so ein tiefergreifendes Verständnis für die etwaige Etablierung neuer Handlungsgrundlagen zu erhalten. So könnte er forscht werden, wie sich mentale Infrastrukturen gegebenenfalls aufbrechen lassen und welche Rolle verkörpertes Wissen und imaginative Praktiken beim Herausbilden neuer Narrative spie len.
In Bezug auf die konkrete Umsetzung eines neuen Narrativs, der geldlogikfreien Schenkkultur der Bewegung Verantwortung ERDE, könnten fördernde und hindernde Faktoren in Bezug auf deren Ausbreitungspotential von der Nische in den Mainstream untersucht werden81 Inwiefern Verändern sich Bedürfnisse in einer geldlogikfreien Organisationsweise auf diesem Weg grund legend? Was sind Bedingungen, dass gemeinsinnliches Handeln ein Fundament werden kann? wären Fragen, denen hier nachgegangen werden könnte. Empirische Untersuchungen von weiteren Initiativen und Bewegungen, die bereits mögliche Aufhebungstendenzen des Kapi talismus aufweisen und/oder sich in Commons Strukturen kollektiv selbst organisieren, wären hier hilfreich.
Schließlich ist das Gewinnen von inter und transdisziplinären Erkenntnissen und die Gestaltung der Wissensverbreitung ein wichtiger Punkt der Transformations und transformativen For schung82. Dies könnte durch eine Erweiterung der wirtschaftlichen Forschungsperspektive in Forschung und Lehre erfolgen, die sich intensiver mit geldlogischen Zusammenhängen be schäftigen könnte. Mit dem Wissen um diese Zusammenhänge könnten der Wirtschafts
81 Dieser Aspekt könnte insbesondere auf die Schwierigkeiten des von Habermann (2018) als „Halbinsel gegen den Strom“ (ebd.) bezeichneten Daseins einer Nische eingehen, die sich grundlegend anders als der Mainstream ausrichtet und organisiert.
82 Konkret ist hier die Neugestaltung der Wissensverbreitung im Rahmen der Anforderungen an eine transformative Wirtschaftswissenschaft gemeint (siehe Abschnitt 2.2).
72
wissenschaft dann beispielsweise andere soziale Selbstverständlichkeiten als dem derzeitig vor herrschenden Menschenbild des homo oeconomicus zugrunde gelegt werden. Eine ganzheit liche Begleitung durch transformative Forschung wäre hier vielversprechend und würde durch ihre Praxisverbundenheit wiederum dazu beitragen, aktivistische Praktiken und sich daraus et waig ergebende neue Formen des Denkens, Handelns und Lebens besser zu verstehen und zu unterstützen.
73
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8
Anhang
8.1
Interview Leitfragen
Die Leitfragen dienen als grobe Orientierung. Die Gespräche wurden frei geführt (s. Trans kription der Interviews in Abschnitt 8.4).
Einstieg, wie bist du zur ERDE gekommen?
Es geht um die ERDE und um dich, was du da tust und warum du das tust. Wie bist du dazu gekommen, dass du dich bei der ERDE engagierst? Kannst du dich erinnern ans allererste Mal?
Was geschieht da?
Was hast du am Anfang bei der ERDE gemacht?
Wo betätigst du dich am liebsten?
Wie geht ihr miteinander um, wie organisiert ihr euch?
Läuft das einfach wie von alleine? Oder gibt es manchmal Situationen, die nicht so leicht und einfach sind?
Geldfrei:
Ein paar Worte zu "geldfrei", erinnerst du dich noch, wie das war, als du das erste Mal davon gehört hast?
Es gibt bei der ERDE die Gruppe geldfrei. Wie stehst du dazu?
Herausforderungen und Stolpersteine:
Gibt es Herausforderungen, diesen Weg zu gehen?
Veränderungen:
Wie hat sich dein Leben verändert, seit du mit Verantwortung ERDE unterwegs bist?
Ausblick:
Was würdest du dir wünschen? Wie siehst du die ERDE in den kommenden drei bis fünf Jahren?
80
8.2 Initiale Codes
Es folgt die aus MAXQDA exportierte Liste der initialen Codes.
Liste der Codes Codesystem
Unbedingte Entscheidung für Lebensfreude
wichtig ist, dass egal was davon stattfindet man mich irgendwo Veränderungen abrupt möglich Jeglicher Zeitrahmen vorstellbar Adaption
Keine Änderung und zu Grunde gehen vorstellbar
Corona hat Möglichkeit zur Veränderungen aufgezeigt Schlagartige Systemveränderung
Alle systemischen Zukunftsveränderungen vorstellbar
Dominoeffekt bzgl. Gehen neuer Wege Unklar wie Wege aussehen werden Daher neue Wege gehen
Unmöglichkeit hinter Wissen zurück zu steigen Unaufhaltbar
Anstoss unabhängig von weiterer Entwicklung Reiche nicht besonders bösartig Prägung
Alles andere Polarisierung/Symptombekämpfung System zwingt uns so zu handeln das gilt es zu überwinden Niemand ist schuld
Keine Menschen sind schuld Aber Schuld liegt am System Trotzdem Übernehmen von Eigenverantwortung
Gegenseitiges Aussprechen der eigenen Verantwortung Entgegenwirken durch Klartext reden Dagegen entschieden
Emotionaler Leidensdruck
Gedankenvorgang ähnlich dem Folgen einer Sekten Ideologie Einordnung von Psychologinnen Freunden
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Gute Freundesgruppe
Lange Überzeugung: schuld am So Sein der Welt Konditionierung von Frauen sich Schuld zu geben Vorwürfe treffen einen Unterschied Zeitpunkt "Geldfrei" leben Spezielle Postion
Keine Anhäufung eigenen Besitzes Persönlicher Konflikt mit Amazon Paketen Vergleichs Kultur in Alternativen Szene Kombination
Angebrachtes Schuldgefühl gegenüber nächster Generation Studien zu anderem Verhalten von Kindern
Einziger Ausweg uns selbst Schuld geben Tendenz
Konsumten*innen sind die Schuldigen Verschiebung der Verantwortlichkeit Handel möchte kein Verkaufsverbot
Keine Verschwörungstheoretikerin Perfektionsdruck in Gesellschaft
Verabschieden ständiger Schuldgedanke
Kein Kippen ins Gegenteil deswegen
Es gibt wichtigere Fragen Relativierung eigene Bemühung Schlüsselmoment
Ohne Schuld konsumieren unvorstellbar Über Jahre kein Konsum Erkennen des eigenen ständigen Schuldgefühls
Perplex über Schuldfrage
Eigene logische Schlussfolgerung ich finde es wirklich beeindruckend, dass du dich nicht schuldig
Merken eines Unterschieds im Denken & Beurteilen
Durch selbst Abgrenzung
Ausgelöst durch Leidensdruck Momentane Position
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Energie stattdessen in Systemveränderung stecken
Geldfrei kein Hauptfokus mehr Nachhaltige Alltagsgestaltung
Aus Gewohnheit nachhaltig leben Integriert sein im System
Da andere Beziehungsgestaltung
Heute geldlogikfrei aber nicht geldfrei leben
Da stets Kontextabhängig
Kein Vorzeigeprojekt sein Zu viel Druck
Keine Veränderung durch individuell geldfrei Erkenntnis: lohnt sich nicht
Low budget tiny Hausbau
Nur Strom + Wasser bezogen
Fast komplette Unabhängigkeit vom Geld
Geldfrei leben war lange Ziel Großer sozialer Prozess
Individuelle Entscheidungen respektieren Gegenseitiges zur Sprache bringen Veränderung durch Ausreden
Sondern zum verbinden nutzen
Entschluss sich das nicht vorzuwerfen
Darüber Sprechen verändert
Durch Behauptungskonfrontation in der Welt draußen
Hat sich ins Zwischenmesnchliche eingeschlichen Zerfleischung in allen Projekten erlebt
Aufreibende Kompetition
Brückenschlagen für andere anspruchsvoller
Zerfleischung durch Anspruch nie geldfrei genug zu sein
Kein Zerfleischen dadurch
Dinge gegen die eigene Einstellung tun Anders bei anderem Job
Da Beschäftigung mit gleichem Thema Brückenschlagen nicht schwierig
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Je nach Kontext andere Ich Teile
Nicht 100% authentisch
Sich erlauben können authentisch zu sein Erschwerung authentisch sein möglich Möglichkeit zum authentisch sein bekommen Keine Beweihräucherung für Authentisch sein Auch im Unikontext authentisch Nicht authentischer als sonst Starker Fokus auf Thematik
Bleibendes Interesse für geldfrei Robert geldfrei reingebracht
Schwarmintelligenz über theoretisches Kopfzerbrechen
Geldfrei leben ist kein Konsens Geldlogikfrei ist Konsens und Zielausrichtung
Kein Durchsickern = nicht standgehalten Konsens aus der Praxis heraus Heterogene Gruppe
Falls nicht: Gesellschaftsuntauglich Gute Überprüfung
Durchsickerung
Anregung andere AGs auch barrierefrei
Anregung Geldfrei übers Essen Kochgruppe Untergruppe geldfrei`
Überschwappen Geldfrei in andere Gruppen Natürliches Überschwappen statt bürokratischer Weg Interdependenz der Arbeitsgruppen Entstehen neuer Konsense Abfärben der AGs untereinander Geldfrei ist ein Projekt/Arbeitsgruppe der Erde
Beitrag der Erde zur Entwicklung
In prägnantem Alter dazugestossen
Persönlich Verändert durch Erde Präziser
Optimistischer & Kritischer zu gleich
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Ruhiger durch Wissen um echte menschliche Beziehungen
Selbstbewusster geworden Sich ausprobieren möglich Ihr Exfreund
Über Partner*in Dazugekommene Viele Trennungen
Aktuelle Situation ungewiss
Trotz unterschiedlicher Pärchenformation kein Rausdrängen
Trotz Liebesdrama erstaunlich stabil Immer Liebesdrama
Verschiedene Richtungsvorstellungen
Kaum Fluktuation aus innerem Anlass
Mühsamer Kampf gegen Windmühlen System reißt Menschen weg Abschiebung
Zwang wieder zu arbeiten/keine Zeit mehr Fluktuation = Systemfrage
Mühelosigkeit ermöglicht Nachgehen eigener Fähigkeiten Intrinsisch natürliche Motivation statt Aufgabe Anstrengung bei Müssen
Durch Freiwilligkeit die Leichtigkeit bringt Völlig andere Umgangsweise
Hängenbleiben der Arbeit an gleichen Personen Menschen funktionieren anders als vorgestellt Nicht alles zerdenken
Dinge funktionieren einfach Funktioniert gut Reflektieren & Fühlen verändert sich stets Ständiger Aushandlungsprozess
Herausforderung menschliches Zusammenleben
Schwierige Antworten
Alles ist eine Herausforderung
Jede*r tut einfach
Freiwillige Arbeit: Projektleiterin Verantwortung Erde
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Politische Themen junger Menschen zur Sprache bringen
Ernährungssouveranität & Vegan Info Mittwoch & Kochgruppe
Zuvor AG Alternatives Wohnen
Theoretisch philosophisch involviert Graduelles Entfernen
Keine große Verantwortungsübernahme mehr Distanzierung durch baldigen Umzug
Keine fixe Erfassung der AGs Menschen des Kernteams
Selbst nicht Kernteam
Erweiterter Kreis paar 100
Kernteam schätzungsweise 100 Unabhängig von Kommunikationstechnik teil sein Keine Mitgliedschaft
Keine Aufnahmerituale
Selbstentscheiden ob Erdling Schätzungen über Anzahl Erdlinge Grundsätzliches Infragestellen des pol. Geschehens Angehen auf systemischer Ebene statt im Kleinklein Fragen als sinnlos empfunden Anspruch Probleme darunter zu lö
Pol. Fragen werden inhaltlich eine Ebene drunter angegangen Umgang hat einfach Sinn ergeben Entstehung unklar Konsens nicht festgeschrieben Konsens über Eigenverantwortung & keine Hierarchien Eigenverantwortung als Grundprinzip Schafft Bürokratie ab Zuständig fühlen soll zu zuständig sein führen Selbständigkeit
Keine Pflicht zum Austausch der Arbeitsgruppen Gleichberechtigung in Arbeitsgruppen Fragen können immer wieder aufgeworfen werden Entscheidungen können immer wieder getroffen werden
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Falls nicht entschuldigt, keine Einflussnahme
Grundprinzip: Entscheidung liegt bei den Anwesenden Solange reden bis fertig Def. Ausreden
Im Unterschied zu anderen profess. begleiteten Initiativen Wurde nicht darüber nachgedacht sondern einfach gemacht
Funktionsweise: Sich ausreden
Jede*r kann sich aufstellen lassen Offene Politikgruppe
Noch top secret
Da Umzug
Kritik dass nur zwei Männer
Und Abgeordnete im Gemeinderat Über politisches Vorgehen
Menschen in Politikgruppe entscheiden Politikgruppe für alle Interessenten offen Unwissen wer gerade im Gemeinderat ist Verantwortungsübernahme auf allen Ebenen
Umwelttouch kam erst in letzter Zeit dazu Positionieren wenn Verantwortung für Erde übernommen wird Vorschläge in diese Richtung werden angenommen Verantwortungsvoll zu handeln
Politische Postion von Anfang an Keine fertig gedachte Idee über gute Veränderung Genug konkret leicht umsetzbares
Kritik am Bestehenden & Alternative schaffen An sich Wirstchafts , Establishment & politkritische Bewegung
Nachhaltigkeit kam durch konkrete Projekte/Themenbereiche hinzu Nachhaltigkeit kam erst durch die Fridays hinzu Politisch aktiv zu werden
Kein konkretes Ziel, aber Veränderungswille Erlaubnis zum organischen Wachsen Nachahmung nicht möglich Muss nicht nachvollziehbar gemacht werden
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Verschmelzung der Interessen
Treffen auf Friedensmahnwache
Einfach tun
Durchringen Antreten Gemeinderatswahl S & R
Von FPÖ über freiem zu wildem Gemeinderat Politisch engagierter Sascha & Renee Andere Gründungsgeschichte
Erdlinge waren dabei Komisches Projekt der Eltern Skeptisch zu Beginn Wöchentliche treffen
Dazustellen von Menschen die ebenfalls Weltfrieden wollten Friedensmahnwachse Weltfrieden
Lieblings Gründungsgeschichte Begrüßen dass keine Niedergeschrieben wird
Alle Geschichten wären wahr 1000 Verschiedene Anfangsgeschichten Erde möglich Begreifen was Kultur ist
Schätzt kulturwissenschaftlichen Blick
Ohne Standbein kein Rahmen und keine Veränderung darin Sonst auch hier Beschäftigt sein mit konkurrenzkampf
Pol. Sitz: auch Repräsentation + Sichtbarkeit
Vergessen des Veränderungswunsches wenn involviert Umgreifen der Geldlogik
Sonst Angewiesensein auf Spendenbox Förderung pol. Arbeit zahlt Fixkosten Schaffung eines Möglichkeitsraums
Politische Position ermöglicht räumlichen Rahmen Gemeinsamer Aufruf zur Veränderung
Pol. Position verhindert gegenseitiges sich beweisen müssen Erde unterscheidet sich durch Urteilsfreiheit
Gegenseitige Verurteilung aufhören Position im Bestehenden als Sprachrohr nutzen Bringt nichts
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Gegenseitiges Tadeln aufhören
In Politik, Medien & Bildung mitreden (können)
Im System besser System ändern möglich Infragestellen wissenschaftlicher Regeln Wunsch in die Wissenschaft zu gehen Identifizierung ohne negative Angrenzung etablieren
Erzeugt Spaltung & Verharren in Geldlogik Negative Abgrenzung durch Drüberstellen
Berlin´s Alternative Szene
Nicht besser als andere Macht alles richtig
Erde ist im System
Auf versch. Ebenen systemische Veränderung klar machen
Was tue ich mit meinem Leben?
Kostet Zeit die wir nicht haben
Bringt vergleichen & Konkurrenz mit sich Geldlogik in alternative Szene gepackt Nicht schuld sein am so sein der Welt Konzept individuelle Schuld
Ansonsten ständige gegenseitige Beschuldigung Nicht individuelle Veränderung im Fokus Persönliche Workshops nur fürs eigene Wohlergehen
Nur aus psychologischer Sicht sinnvoll Veränderung erfolgt nicht auf individueller Ebene Privilegiensdiskussion auf gesell. Ebene notwendig Involviert sein nicht Privilegienabhängig Unklar wie in Zukunft
Momentan ihre Lösung
Nicht verallgemeinerbar
Politischer Hintergrund als einzigartige Lösung
Repräsentation in Gesellschaft
Finanzierung Ort
Schafft Freiraum
Pol. Stellung hebt für Einzelnen Frage der Machbarkeit auf
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Aufhebung der Privilegien durch Sitz in Gemeinderat Alleinstellungsmerkmal Einzigartiges Glück
Nicht privilegierte Perspektive nachvollziehen Funktionieren= Privilegienfrage
Bei Problemen zerspringt Projekt daher Vernichten sozialer Beziehung Spendenbox ruft Geld Gedanken Verhindert Fühlen, freies Denken & Empfinden
Andersherum: Ökonomisches Denken verschleiert menschliches Han Soziales Verhalten Verschleierung ökonomischen Denkens Bachelorarbeit
Weil alles menschliche wegfällt Durch sofortiges Greifen der Geldlogik Ohne Privilegien zerfällt Projekt sofort Spendenbox erfordert privilegiert sein Selbsttäuschung der Privilegierten Torpedieren Zusammensein + machen es vom Geld abhängig Inzwischen Absurdität erkannt Abwägungsgedanken machen Sinn (im System)
Zieht plakative & subtile Gedankenabwägungen nach sich Aufrechnungsgedanken kommen Keine rein zwischenmeschl. Handlung mehr Weil sich alles auf andere Größe bezieht Verhindert menschliches Handeln
Geld als Denkleistung
Geld verändert Raum
Spendenbox kann nicht funktionieren Kein Rätsel mehr warum manches nicht funktioniert Fing an Sinn zu ergeben Kleinen praktischen Lösungsansätze wurden Teil eines gr. Ganzen Verbreitung Auseinandersetzung
Austausch Robert & Sascha Äquivalente Tauschlogik als Reflex
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Reinbringen Eske´s Theorie
Reinrutschen über unzufriedenes Gefühl
Keine Anfälligkeit Verschwörung
Ausprobieren ohne zu verstehen
Kein Verständnis über größeren Zusammenhang Konkrete Lösungsvorschläge umgesetzt
Konsens Unmut über Welt Stellvertretend Sascha
Keine beschreibende sondern gelebte Theorie
Theoretische Analyse des tatsächlich Erfahrenen Beispiel r Gartengrenze
Theorie wird ergänz & wieder eingebracht Daher keine Abhandlung
Angereichert durch Erlebtes & Gefühltes
Bei Konfikt jede*r zu gewissen Grad Theoretiker*in Theorie beginnt in einem zu leben Jede*r verarbeitet das auf eigene Weise Geldfrei erklärt
Über geldfrei nachgedacht + mitgebracht
Denken gerne nach Wir sind alle alles Selbst nicht so Praktikern Einzelne haben Theorie mitgebracht Entwicklung gegenseitiges Verständnis Konditionierung durch Aufwachsen im System
Kein Zuspielen von Schuld Hinführung zu Konfliktpunkt verstehen Anderen & die Situation verstehen (wollen) Respektvolles Streiten
Mensch sein in den Vordergrund stellen
Bei Konfliktsituationen Fehlen eine der Ebenen Funktioniert
Aber nicht nur theoretische Ebene ohne Gefühl
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Braucht theoretische Ebene zur Bestätigung
Da keine Gewöhnung in diese Richtung
Fühlt sich alles negativ an Viele negative Gefühle involviert
Da kein erlernter offener Umgang mit Emotionen Überforderung bei reinem intuitivem leiten lassen
+ Ebene die das theoretisch umfasst Erfahrbare Praxis der menschlichen Verbundenheit
Es braucht Theorie & Praxis
Passieren aus der Praxis heraus Schon vor Theorie waren Dinge aus Praxis vorhanden Reinbringen von Feminismus
Braucht Denken & Erfahrung hierfür Versuch einer Überwindung
Bezeichnend für unsere Kultur Inakkzeptanz von allem Dazwischen Männlich & Weiblich Bedeutung geben Ständige Spaltung für Identifizierung
Imperativ des Besten verunmöglicht Aushalten Widersprüchlichkeit
Abfinden damit Nicht hinnehmbar
Gender stellt große Widersprüchlichkeit dar Rückschritt in unserer Gesellschaft
Keine Widersprüchlichkeiten
Unterschiedliche kulturelle Aufarbeitung Menschen mit speziellen Fähigkeiten Im alten Griechenland
Einfach Daseinsberechtigung
Kulturabhängiger Umgang mit Genderfrage Exkurs
Grundlage für Umgang mit Wiedersprüchen Bedingungslose Daseinsberechtigung
Lebensumstände ohne sich beweisen zu müssen
Für Veränderung braucht es Räume ohne Bedingung
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Keine Unterscheidung privates & öffentliches Gehirn
Prinzipielles Erlernen auf allen Ebenen Psychologische Konditionierung auf Konkurrenzkämpfe
Überleben im Wirtschaftssystem von besser sein abhängig Beispiel Schönheit
Auf Gefühlsebene
Sonst unbewusstes ablaufen Bewusstheit darüber Identifizierung mit Vielen möglichen
Keine Schubladen mehr Einfach
Aushalten von Unterschiedlichkeit möglich Definition auf Kosten anderer Konkurrenz getriebene Welt
Heutige Aufassung der Dinge eig. unfassbar Keine indimensionale Wesen Menschen fühlen mehrdimensional Keine Anstrengung passiert natürlich Selbsterfahrung mit Widersprüchlichkeit Menschen können Widersprüche vereinbaren Abregnzungsidentifizierung kommt aus Geldlogik Passt perfekt in Geldlogik Gefühl
Nicht Uneinigkeit macht uns aus Keine Identifizierung durch negative Abgrenzung Verbindet sogar über Erde hinaus Zusammenkommen um das zu erreichen verbindet
Im Kern das Gleiche wollen verbindet Handlungsgrundlage action knowledge gap Alle wollen das Gleiche Weiß jede*r
Wissen um Stand der Welt Veränderungswille verbindet Scheinbare Banalitäten verbinden
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Beweist Anti Populismus
Dach: Erdlinge sein Als Feministin mit Anti Feministen Kein Beweis nötig um Teil zu sein Unterschied zu Rechtsradikalen Strömungen Unsicherheit darf sein Keine Instrumentalisierung Unsicherheitsgefühl
Erlaubt undefinierte Kritik aus Gefühl heraus Ort für die undefinierte Kritik am System
Nicht wertend
Rettungsboot für Ertrinkende
Fündig werden von suchenden Menschen Menschen werden aufgesammelt
Platzhalter Veränderung auf allen Ebenen Schaffung eines Raumes für Veränderung
Keine Bewertung der Veränderung Es geschieht Veränderung Gleichzeitigkeit von Geschehnissen Unterschied Arbeitswelt & Menschlich Festschreibung sehr künstlich Starrheit nur in Arbeitswelt sinnvoll Rollenzuschreibung fixiert
Zulassen sich verändernder Interessen Besondere an Erde Zulassung Veränderungen
Keine Festschreibung
Ermöglicht ständige neu Erfindung
Platz & Aufgabe müssen gefunden werden Durchs Tun sich teil fühlen
Keine Berechtigung sondern Sinn finden Sinn finden
Eigener Platz muss gefunden werden
Keine Rollenzuschreibung Da fixe Rollenvorschreibung
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Ausklammerung menschlich emotionale Arbeit
Gründung in Gemeinderatswahl 2014 Hohe Fluktuationsrate Angewachsen
Zu Beginn sehr klein Heute Aktive später dazugekommen Gründungsmenschen Erde Resilienter
Organisch menschlicher Funktionsweise Aufzeigen anderer Möglichkeiten
Hinterfragen funktionierender Organisation
Kulturwissenschaftlich ethnografischer Blick
Unübersichtliche Netzwerke für Außenstehende Mehr menschliche Ebene als sonst Schwierigere Eintrittsbarriere Unterschied: organischer Entwicklungsprozess Bilden von Arbeitsgruppe
Freiwilligkeit im Zusammenkommen
Da natürliche statt Arbeitsbeziehungen Andocken nicht leicht Schwer Erreichbarkeit für Außenstehende
Schwierige Integration in bestehendes Gefüge
Bereits Gebäude & Schenkbox
Landtagswahlfrieden als zeitlicher Marker Erde bereits im Gemeinderat
Über Eltern praktische Auseinandersetzung
Zuvor politische Auseinandersetzung mit Erde Über Familie zur Erde gekommen
Erfüllend, aber braucht Zeit Gartenarbeit braucht konstant Zeit
Gerne mehr Zeit für schöpferische Tätigkeiten Brotbacken scheitert an Zeit
Vertiefung über Lebensmittelbereich vorstellbar Unsicher ob persönlicher Zukunft in Erde
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Zeit beschränkt Auseinandersetzung mit Ideen
Evtl. involvierter wenn mehr Zeit Schaden kann Anwachsen nicht Evlt. Entwicklung über Mitteleuropa hinaus Erde sollte größer werden
Braucht immer zwei für Austausch Interesse für Auseinandersetzung nicht bei allen da Globale Kooperation nicht vorstellbar Es müssten alle mitmachen
Weiß keinen Umgang Skeptisch ob eintretende Veränderung Egoistische Perspektive auf Veränderung Unterstellen eines Nichterkennens des Umweltproblems China will nachholen Kampf
Mögliche Nachteile durch Klimakonformität Eurozentrische Perspektive Nicht alle im Boot haben Niemand kann lead übernehmen Bräuchte globale Anstrengung Unbewältigbares Problem
Heldendeklaration von überarbeiteten Menschen Veränderung Volk von weise zu hektisch Gewollte Aufopferung in Asiatischer Wirtschaft Menschen werden Nebensache Hauptsache Ergebnisse
Stark verbreitete Ergebnisorientiertheit Unhinterfragbare Religion
Verinnerlichung "time is money" Konzern Kreislauf
Klarer Zusammenhang mit Geld Eventuell in falsche Richtung
Immer weiter... Selbstläufer Ergebnisgenerierung
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Zusammenhang Geldlogik & Druck Ergebnis zu liefern Entschleunigung
Bewusstes Handeln & Meinungen einholen Kein Ergebnisliefer Druck
Sich Zeit nehmen & Entwicklung zu lassen Geld abschaffen wäre Leben neu erfinden: utopisch Wirtschaft wird es immer geben Wichtigkeit der Wirtschaft allgemein Breite Themenvielfalt im Blick behalten
Unklar welches System s. durchsetzen wird
Prognose schwierig bzgl. zukünftige Akzeptanz der Parteien
Bei Politikversagen Hinwendung zu Alternativen Auseinandersetzung der Politik mit Klimathemen Wird sich vergrößern
Prognose: Relevanz & Anhänger steigend Schon viel dahingehend erreicht Erde als Nische
Haltung in Gesellschaft verloren gegangen Willkommen & Angenommen
In anderen Bereichen nicht mehr vorhanden Das Menschliche steht im Mittelpunkt
Geldfrei keine Basis sondern eine Forderung Geht nicht anderes Geld für Miete & Veranstaltungen nötig Relativierung Erde geldfrei Keine intensive Beschäftigung damit Es bräuchte einen Geld Ersatz
Angewiesen sein auf eigene Arbeitsleistung
Fragwürdig ob Geldfrei für Alle Was wenn man nichts zu bieten hat?
Geldlogikfrei leben unvorstellbar Geldlogikfreiheit ist ein Prozess Konfrontation mit Thematik
Beschäftigung Geldlogik durch Tochter
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Noch weit entfernt
Leichte Spielregelveränderung
Alternative gibt es noch nicht Allgemeine andere Form des "Abgeltens" nicht vorstellbar
Direkte Tauschformen am Rande evlt. möglich Bräuchte grundlegende Veränderung Skeptisch
Vielleicht langsame Veränderung
Fortbestehen des auf Geld aufgebauten Systems
Schwierige Rolle des Vorreiters
Bubble im bestehenden System funktioniert nicht wirklich Geldlogikfreiheit schwieriges Thema
Holistische Bewusstseinsentwicklung
Achtsameres Einkaufsverhalten
Anregen tiefer Reflektion im eigenen Alltag Aktiv werden um Teil zu sein Durch Überzeugung leichter Anhänger finden Überzeugen statt Überreden
Überzeugt von Gruppe durch Nicht Radikalität
Offenheit auch für andere praktische Ideen Wechsel Skepsis zu Involviertsein
Beispiel Foodsharing
Bei zeitlicher Kapazität unterstützend dabei Gefallen an Ideen
Fühlt sich nicht als Teil
Keine Konkretisierung was Erde tut möglich Breiter Ansatz
Veränderung gesellschaftliches Bewusstsein
Verantwortungsthemen in Politik hineintragen Antworten anbieten
Bessere Alternative vorleben
Aufmerksam machen durch Aktionen Bewusstsein schaffen Erde Grundlage für alles Leben + Etwaige Lösungsvorschläge
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Aufzeigen von anthropozänen Problemen Gefallen an Bewusstseinsschaffung der Erde Bewusstheitsschaffung wichtig Erde greift Themen auf Ausgelasteter Alltag Nebenher Ehrenamt Feuerwehr Ausgebucht mit Arbeit Beamter bei Landesregierung Gemeinsam Essen = Sich begegnen Zeit und Raum zum gemeinsames Essen Zuversicht dass Menschen sich darauf besinnen Es braucht tiefes Gefühl der Lebendigkeit Vorstellung von Besitz ohne Gemeinschaft = leblos Menschen sind das wertvollste was wir haben
Vor allem braucht es Menschen Beim Erkennen des Selbst Häutung nötig Vereinnahmung durch System zwingt zum irgendjemand sein Kindliches neugieriges Ausprobieren
Alleinesein als Herausfinden wer man wirklich ist= essentiell Dennoch Leben ohne Menschen unvorstellbar Sinnliche Tätigkeit nur für sich Lädt ein auch so zu leben
Kein bestätigender Lohnzettel sondern tiefe Zufriedenheit Arbeit gegen Geld vs. den ganzen Tag tätig sein Erfrischende Überlegungen ohne Wahrheitsanspruch Tiefgreifende Überlegungen & Infragestellen
Anderes Verständnis von Arbeit Statt und müde davon Alltägliche Achtsamkeit Achtsames Wahrnehmen der jeweiligen Tätigkeit Es gibt kein Nichtstun! Bewusst entscheiden was zu tun Fülle an Möglichkeiten Mit offenen Augen umsehen
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Ehrliches nach innen fragen
Aushalten der Leere durch selbst Auseinandersetzung Starkes Füllegefühl
Geschenk Menschen ohne Erwartungshaltung zu begegnen Richtiger Entschluss
Da sein dürfen ohne sich beweisen zu müssen Durch Freiwilligkeit
Vertrauen in Fluss des Lebens Offene Räume finden passende Menschen
Menschen lieben bedeutet sie so sein zu lassen Heute tief verankertes Wissen um gebraucht sein Als Folge Leere & Angst nicht mehr gebraucht zu werden
Aufhören und Entschluss nur noch auf eigene Weise tätig werden Kein eigenes Tempo zugelassen Menschen lieben und nehmen für was sie sind
System erfordert funktionale Problem Lösung Stieß anderen vor den Kopf Antwort in Liebe oder Geldlogik?
Ohne Geldverdienen viel ehrlicher Tun viel ernster genommen ohne Geld Mache ich das auch ohne Geld? Teufelskreis
Geld & Druck
Arbeit im Kindergarten war "Reperaturarbeit" Erfüllt durch schöpferisch Tätigsein Nie wieder einen Job Wir sind nicht getrennt
Nicht bestimmen, sondern anbieten Finden wahren Kerns durch Liebe und auf ihn Eingehen Außergewöhnliche achievments mit Manuel Bestärkt werden auf eigenem Weg Beginn Welt anders zu sehen Umkehrung negative Konnotation hin zu Geschenk Schuld sein
100
Selbstvorwürfe kein Geld beizusteuern
Über Selbstmord nachgedacht
Starke Kraft weiterzumachen & ihren Werten treu zu bleiben
Großer Unterschied zwischen innerer & äußerer Welt Vollzeitbetreuung
Kein Geld für externe Therapie
Gegenseitiges Vermissen Leben in zwei Kosmen Nichts wie üblich
Kluft zwischen arbeitendem Robert und ihr mit dem Kind Verdrehte Sensorik
Übernehmen Manuels Betreuung Erwachsen werden Brauche Lebendigkeit
Funktionalität schafft Isolierung Nicht alleine sein Tun für andere Sinnhaftes Tun und darin gesehen werden Ehrlich miteinander am Leben teilnehmen Das kann mir keiner nehmen!
So reich wie noch nie durch geliebte Menschen um sich Existenzängste
Vereinzelung
Hoher Preis
Im Alltag angewiesen sein auf Geld Geld ist keine gute Lösung
Unmöglich ohne Geld klarzukommen Anerkennung Interdependenz
Eigentlich betrifft ein Problem alle Omnipresente subtile Erwartungen Erwartungen an Männer dass sie Familie ernähren Schlechtes Spiel das nur Verlierer kennt Alles (Wert )Gefühle basieren auf einem Papierschein Doch nur flüchtiger Moment
101
Glaube dass Geld nur geteilt werden muss Erstes Geld für Geschenke ausgegeben Raum des Zusammenseins
Räumliche Abhängigkeit als Kind
Raum wo Menschen in Frieden miteinader leben können
Tiefer Wunsch Menschen zu beschützen
Verzweiflung über nicht genug Geld angeschafft Kein geschützter Ort
Zu Hause keine Frieden & Sicherheit
Geld als bedeutungsloses Wort Schaukel als Freiheit
Vorwurf und Verzweiflung bzgl. Geld Vater Alkoholiker Älteste Kind
Man wird willkommen geheißen!
Einen Schritt ins Unbekannte machen Ehrlich zu sich sein Reise erst zu sich & dann in die Welt
Das Neue ist wunderbar
Mut & Neugier zahlen sich aus
Das Gewohnte zu verlassen macht Angst In Unsicherheit wohlfühlen
Führt zu Spagat und erfordert Entscheidung
Wahre Reflektion erfordert eigenes Hinterfragen
Türen öffnen zum anders denken
Akzeptanz des so seins & unterschiedlicher Arten zu wirken Offenheit
Nicht möglich in Geldwelt
Raum für Aufeinandertreffen & Zurückziehen Niemand ist egal
Unterschiedliche Reaktionen auf Manuel
Den Raum zum Ankommen geben Ankommen & sich öffnen
Kein Konsumieren dieser Fähigkeiten
102
Sich auf Kennenlernen einlassen Ehrlicher Umgang ist Arbeit
Sich Zeit nehmen können Gruppe ist Ausnahme Inspiriert zu Gefühlen zu stehen Rohheit
Radikale Authentizität statt Strategie Manuel verändert Menschen
Kein Gefühl ist mehr an Geld gebunden
Den richtigen Zeitpunkt abspüren
Nicht beurteilend sich selbst gegenüber Dankbarkeit
Gefühlsbetont
Erfüllende Zufriedenheit
Nichts erwarten und reich beschenkt werden
Nicht Erwartungshaltungen & Zeit in Geld aufrechnen Fülleperspektive
Alle suchen Liebe, Aufmerksamkeit und erfüllende Tätigkeit Holistische Perspektive
Satt sein vom Tun Konstante Veränderung zulassen Leben Sinn geben Gebraucht werden
Berechtigung zum leben haben
Kein Abhängigsein vom Geldverdienen mehr Bedingungsloser Platz
In seter Entwicklung sein dürfem Durch Geldfreiheit keine Angst vor Alter Zuvor Umsetzung nicht vorstellbar
Reale Weltveränderung!
Erleben wird allen gewünscht
Keine räumliche Begrenzung durch Seinsqualität Wohin sonst?
Ganze Familie hat Platz
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Lebendiger Raum
Starkes emotionales Involviertsein
Daheim sein Es ist das, was es ist Liebevolle Einzigartigkeit statt stumpfe Vervielfältigung
Kein Kriterium der Funktionalität
Auszuprobieren möglich da anschließend kein Verkauf Feiern von nicht Norm entsprechendem Außergewöhnlich durch die reingesteckte Liebe
Es entsteht etwas unvorhersehbares Generationsübergreifende Inspiration
Verwobene Vielfalt
Erfordert mehrfaches hinschauen & Entdecken Andere Gartengestaltung
Andere wunderbare Dinge kommen dabei heraus Chaotisch von Aussehen Gemeinsamer Prozess
Keine vorfertigte Aufgabe Freiraum für Gestaltung
Vielfältige Möglichkeiten des Eintretens Kennenlernen im eigenen Tempo Wichtigkeit des Raums
Erkennen wie viel uns ausmacht Erleben der Vielfältigkeit von Menschen Menschen im Kern begegnen
Sich verkleidet fühlen außerhalb der Erde Gemeinsames Tun Diverse Tätigkeitsfelder
Tätig sein mit den Händen Gleichgesinnt Denkende Freiwilligkeit
Erde Ort authentischer Begegnung Persönliche Einladung
Spirituelle Unangreifbarkeit und Wunsch weiterzuwachsen
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Fortschreitende Konkretisierung
Parallel zu anderen und nicht im Gegensatz Wunsch von und damit leben zu können Gehört in die Welt hinausgetragen
Corona zeigt Wichtigkeit des Projekts Wunsch sich mehr einzubringen
Positive Zukunfts Prognose
Politische Arbeit wieder vorstellbar Gartenarbeit
Geistig nicht so weit Geld ist anonym
Keine ideale Lösung gefunden
Dinge als Gegenleistung
Selbst nichts gratis annehmen wollen Unentgeldliche Arbeit überforderte Arbeitgeber Unwohlfühlen mit Nicht Fair Eindruck
Hat sich nie aufgerechnet
Gefühl der Unausgelichenheit Tauscherfahrung in Naturalien
Gläubig an sich selbst sein Verstehen von Seitenhieben als Hinweis
Glaube an Karma
Selbstvertrauen durch Tun Bestes Wohlempfinden
Ich sein kostet Mut
Selbst Bewusstsein kreiiert anderen Umgang Erklärung für Welt im mangelden Vertrauen Freiwilligkeit als entscheidender Faktor
Freiwilligkeit in Beziehungen
Sich nicht wegen eines Besitzes brauchen
Kein einander brauchen sondern sich freuen Leben bereits unsere Vision
Egoistisches Beziehungserleben
Zuvor Freundschaften: Nutznießerbeziehungen
105
Verschiebung "Normale Welt"
Gefühl davor nie gehabt
Recht hier sein zu dürfen muss nicht erwirkt werden Miteinander zeichnet sich durch Zwangslosigkeit aus Sich schlecht fühlen vor Ort Wahrhaftigkeit hält nicht jeder aus Unpassende Menschen gehen von alleine wieder Selbsteinsicht: wir sind der Rus für die Gesellschaft Angst vor Gesindel
Selbst Bestätigung
Selbst Tun ohne andere für ihr Nichtstun zu verurteilen Kein Aufrechnen mehr
Mehr Menschen beim Essen als beim Arbeiten Wichtigkeit von Gleichgesinnte um sich Das eigene Leben allen wünschen
Nur reden = schlecht fühlen Gleichgesinnte durchs Tun Veränderung dieser Sichtweise Abtun als Schmarotzer
Mein Leben als vermeintlicher Angriff Potentielle aggressive Projektionsfläche Verwenden der Ich Perspektive Glauben Leichtigkeit nicht Andere fühlen sich angegriffen Ziel erreicht durch Tun Zufriedenheit als Tagesziel Strukturlosigkeit als Herausforderung
Alleine sein will gelernt sein Angewiesen sein auf Gesundheit Körper als Kapital Entschluss Kündigung
Stimmungsveränderung durch Fremdbestimmung Unvorstellbarkeit
106
Angst vor Dominoeffekt
Keine Flexibilität im Arbeitsalltag Stellen der Sinnfrage
Veränderte Arbeitserfahrung
Grundsicherung nötig für geistige Freiheit Arbeitslosengeld wie Grundeinkommen Wunsch Weiterbildung / Geldilemma
Daseinsgrund gefunden Dennoch Unzufriedenheit
Alles schon erreicht
Keine mehr Ausrichtung
Keine zu erklimmenden Stufen mehr
Gefühl des Stillstands
Außerhalb der Lohnarbeit: Problem mit mir selbst Erfüllt mit Stolz
Authentisch durch tun Zugehört statt abgestempelt
Kein Auslachen mehr Aufgehört zu arbeiten Wahrhaftig Sein als stetes Ziel Bewusstheit wichtig Reflektion eigenes Verhalten
Wichtigkeit des Tuns
Gemocht werden durch Ich sein Keine künstliche Bescheidenheit Wunscherfüllung
Vertrauen in Weg
Unabhängig werden von äußeren Umständen Kennenlernen neuer Menschen
Ohne Erde: Abgrund Eigene Abwägung
Erst und Zweitrangigkeit von Geld Vertrauen macht Geld obsolet
Bestärkung durch positives Beispiel
107
Bestätigung durch Erde
Mehr Gleichgesinnte heute Mehraufwand leben ohne Geld Leben ohne Geld ist viel Arbeit Erfahrung mit geldfrei arbeiten Zusammenhang Geldfrei & Arbeiten Leben im Vertrauen
Vor nichts mehr Angst Zusammenhang mit Angst
Kampf kann zu radikaleren Schritten führen Nicht alleine `geldfrei`` Verlobte nicht dabei
Auch Verantworungsgefühl anderen Gegenüber Hineinversetzen in geldfrei schwierig Genießen der Leichtigkeit
Kein nächster Schritt
Bedingungsloses abgesichtert sein Leben noch nie so locker & leicht Aus Gemütlichkeit & Faulheit bei Geld bleiben
Blick für Kleinigkeiten wichtig Persönliches Spannungsverhältnis
Ärger über Kleinigkeiten
Selbtgemachtes Spannungsfeld
Ein gutes Gewissen habend Unternehmungen kosten Geld Konsum Stop
Nur Lebensnotwendiges kaufen
Weiterhin Einkaufen
Gedanklich bereits gelodloser als gelebt Andere Logik innerhalb der Erde Schwierigkeit anzunehmen
Erfahrung mit geldlosem Arbeiten Gutes Gefühl durch Tun
Dennoch intrinsischer Wunsch etwas zu tun
108
Fixkosten abgedeckt durch Arbeitslosengeld
Leichtigkeit durch Geld Funktionieren der Erde Abwägung Geld Geld ermöglicht Gemütlichkeit Vergleich mit anderen Dennoch weit gekommen Kein Absprung
Nicht vollständig involviert Kernteam Geldfrei Wunsch größer zu werden Eventuelle Unvereinbarkeit
Koexsistenz mit anderen Welt schwierig "Unsere Welt funktioniert"
Lokales Handeln global machen geht nicht Muss klein bleiben Essen in verschiedener Regelmäßigkeit Anwachsen
Regelmäßiges Koch Treffen
Wichtigkeit des Gemeint Seins Übers Reden ins Tun kommen Stufenweises Anwachsen "Geldlos" Eingeladen zum Mittagessen
Wichtigkeit persönlichen Ansprechens
Projekt wo Menschen tun
Gewonnen durch Friedensmahnwache
Zusammen Ziel erreicht
Ziel der Aufmerksamkeitsgenerierung nicht pers. erreicht
Eigene Welt zum schönen verändert
Eigene Welt geändert äußere nicht Heute: Nicht mehr auf die Straße gehen Gewisses Level in Erde Gleichgesinnte getroffen
Alleine nicht mehr geschafft
109
Wunsch nach Besänftigung
Auf die Straße
Willkommensbürger vs. Rassisten Flüchtlingswelle
Einschränkung durch Arbeit
Unvereinbarkeit Reisen und Arbeit
"Klick" Erlebnis durch Reisen Steigendes Geld und Machtgefühl
Gefallen an diverser Arbeit & Weiterentwicklung
Diverse Arbeitserfahrung
Aber auch Stop sagen können
Ein guter Mensch sein
Neues Paradigma: Geben und Helfen
Wegweisendende Freunden Sackgasse
Gefühl für Unstimmigkeit Gerechtigkeit
Gewissen Offenheit
"Es muss so sein" Denken Wahrnehmungssensibel
Anfang Auseinandersetzung Politik
Gefühl der Hilflosigkeit seit Jugend Lebenslange Suche Überzeugt
Rettung vor Resignation
Grund bei Erde zu sein Freiwilligkeit
Mitmachen statt nur diskutieren
Politik nur Theorie
Global denken, lokal Handeln
Bestes versucht im Bestehenden
Kein konkreter Handlungsimpuls
Friedensmahnwache als Hilferuf Engagement zeitabhängig
110
Bewusst & mit Herz dabei
Vorzeigen im Vordergrund
Geht ums Tun nicht ums Reden Akkzeptanz politische Bewegung Graduelle Akkzeptanz
Nein zu Erde als politischer Bewegung Rückzug wegen politischer Ausrichtung Entstehung Erde Friedensmahnwache als Hilfeschrei
Alles nicht richtig Nicht weiter gewusst Schicksal
Keine einfachere Lösung vorhanden Relativierung
Logische Schlussfolgerung
Tiefgreifendes Infragestellen
Wegfallen des mehr haben wollens Ohne Gewinnprinzip = kein Geld mehr Gängiges Paradigma des Gewinns Degrowth nur ohne Geld
Inherenter Wachstumszwang im Geld?
Degwoth nicht möglich im Wirtschaftssystem Zeitfrage wann Dynamik scheitert
Logisches Zusammenbruchsszenario
Unabhängig von Importen werden Rohstoffvorrat vorhanden
Implikationen von Recycling
Veränderung impliziert Verlust Arbeitsplätze Wachstum
Modelle
Funktionsweise bestehendes System
Kein Wirtschaftswachstum Kollabieren aller Sytsme Wachstumszwang
Kritik an Cradle to Cradle
111
Cradle to Cradle
Degrowth nicht umsetzbar
Am nächsten zu Degrowth
Kein Einverständnis mit Argumentation
Keine Veränderung bei hoher Konsumquote
Argumentation Grundeinkommen Degrowth & Kommunismus
Geringerer Fußabdruck
Anderes Paradigma zum ökologischeren Leben
Wirkliche Bedürfniserfüllung
Keine Notwendigkeit zur Zerstörung mehr Natürlicheres Miteinander
Keine Lösung
Hinterfragen des scheinbaren Rechts zur Planetenzerstörung Egoistische Betrachtungsart Ökozid
Kein Modell Lösung Ungleichheit & ökologisches Problem
Außerachtlassen der Naturgesetzmäßigkeiten in BWL
Kein Einbezug ökologischer Realitäten
Lehre wird zur Realität später
Keine holistsische BWL Lehre
Infragestellen ökonomischer Modellen
Aufzeigen Beschränktheit der Modelle
Fragen wurden nicht beantwortet
Eigene Erfahrung mit Prekarität
Ungleichheit wichtiges Thema
Verstehen warum es nicht gut funktioniert Volkswissenschaftliches Studium Gewohnheit
Vorteil Vorbildung
Selbstgestaltend satt nur repräsentativ sein Zusammen ist Lebensraum & Realität veränderbar Zeichen setzen
Beharrliches Begegnen & Besprechen hat Impact
112
Wir begenen uns
Feedback wichtig
Eigenes Handeln oft nicht sichtbar Schon viel erreicht
Lohnender Zeitaufwand
Glaube an Skalierbarkeit
Geohprahisches Merkmal
Veränderte Wahrnehmung "Fremder"
Beste Bedingungen für Pionier Region
Überzeugung Pioneerhaftigkeit
Lernen aus Schwieirigkeiten
Aufzeigen und Funktionieren wichtig
Nur Gedankenrealität kann zur richtigen Realität werden
Theoretische Ebene
Geldfrei auf versch. Ebenen
Überzeugte Wirkmächtigkeit
Mediale Berichterstattung
Reproduktion einzelner Ideen Beitrag geleistet
Jetzt Erde als best Practice Beispiel Früher Unmöglichkeitsargument
Skalierbar
Infragestellen vieler Vorgehensweise
Nicht kämpfen um zu kämpfen
Tiefgehende Fragen stellen
Keine böse gemeinte Kritik
Tiefgreifende Träume
Zeit in wirkliche Vision der Welt stecken!
Einschätzung CO2 Steuer & Grundeinkommen
Geld aus regionalen Tätigkeiten raushalten
Regionale Abdeckung wirklicher Bedürfnisse
Herauskristallisieren wirklicher Bedürfnisse
Großer Schritt in Geldfreiheit
Keine Verbesserung Menschlichkeit
113
Trotz Wachstum nicht mehr Zeit
Unverständnis für gägnigen Fokus Sozialpolitischer Stillstand Ziele stecken wichtig No blaming, so shaming Sehr gute Umsetzung
Anderes Leben ermöglichen für nächste Generation Lernen durch dekonstruierendes Tun Geistige Heilsamkeit von geldfreier Lebensrealität
Größere Ermöglichung von Geldfrei Strukurveränderung unterstützen
Freiheit ermöglicht bestes Beitragen
Kein negatives Feedback für eigenen Lebensstil Auch Geldfrei Gruppe nicht dogmatisch Große Freiheit
Keine Mitgliederliste & Kontrolle über Anwesenheit Kein Dogmatismus! Erschreckend einfach Gemeinsam Lösungen finden Konkret das leben was wir fordern Keine Rede/Tun Diskrepanz mehr Nicht nur über Verantwortungsübernahme reden Fokus auf Eigenverantworung
Anderes Verhältnis zwischen Idee und Tun Tun in Erde ebenfalls zeitaufwendig Aufreibende Diskussionen energieverschwenderisch Veränderung durch Erkennen der Möglichkeiten Grundlegende Veränderung geht von Menschen aus Umgang mit Verantwortlichkeit Gelebt satt nur abstrakte Idee Gelebte Realität entkräftet Fokus ändern Kreative Imputs
Geldfreies Engagment sichtbar machen
114
Teilnahme an Events
Verweisen auf etwas konkret Gelebtes Zuhören und dann darüber sprechen Teilen von Gedanken & Lösungsansätzen Menschen von sich aus kommen lassen Aktion ermöglicht leichten Austausch Besipiel Umgang mit Rechtsradikalen Festhalten an bestehenden Überzeugen Weniger offen für Kritik
Hängen an Idee nach intensiver Beschäftigung
Verteidigung eigener Ideen macht Gespräch schwierig Vermögenssteuer gegen soziale Ungleichheit
Vereinfachte Lösungen Toleranz wichtig & keine Überredungen Vorhandene Überzeugungen
Erfahrungen auf Degrowth Konferenz Begreiflich machen dieses Zusammenhangs Übermittlung Zusammenhangs zeitintensiv Zusammenhang Geldlogikfrei & anderer Umgang Erst tun dann reflektieren über un möglichkeit Diksussionsmüde über das Mögliche Gelingende Umsetzung von "Unmöglichen" Stolz auf Aufzeigen der Möglichkeit Auch hier Unmöglichkeit als Totschlagargument Zu diskutierender Degrowth Kontext Lokales Umsetzen daher wichtig Große Herausforderung
Erfahrung zeigt Schwierigkeit der Vermittlung Auch ohne Geld möglich Dagegen positionieren zeit intensiv Diksussion um Form Unetrschiedlichkeit linker Ideen Nicht gelingende Kooperation
Realitätsverständnis schwer aufbrechbar
115
Geglaubte Unmöglichkeit
Erklärung durch eigene Praxis
Geht nicht um Bekehrung
Aufbrechen braucht Zeit
Schneinbar natürliche Annahmen der Ökonomik Umprogrammierung sozialer Verhaltensweisen Fokus Änderung
Herausforderung kein Mittelpunkt sein Schwierig eigenes Konkurrendenken abzulegen
Prozesshaftigkeit des Ver/Er lernens neuer Umgangsformen
Großer Zuwachs problematisch
Zuwachs von einzelnen funktioniert gut Geistig weiter Schritt
Themen sehr weit weg von Bestehendem Ungläubigkeit Funktionsweise
Nicht Hierarchische Organisationsform nicht vortsellbar Neue Menschen = große Herausforderung In Menschen angelegt Natürlichkeit
Prozesshaftigkeit im sozialen Umgang Raum in dem man sich selbst sein kann das verbindende Menschliche & die Einzigartikeit des Einzelnen Schnelles Erlernen der Umgangsformen Erlernen von nicht konventionellen Fähigkeiten Menschliches Miteinander im Vordergrund Gutdünken wichtiger Anker bei Turbulenzen Gutdünken in Vordergrund stellen
Reflektion bei Konfliktsituationen
Vertauensvoller Umgang
Keine ausformulierten Regeln
Impliziete Umgehensweise
Produktiver Zugang
Handeln über Tadeln!
Konflikte in Gruppe ausdiskutieren
116
Konflike persönliche Aussprechen
Gute Konflikvermeidungsherangehensweise Vertrauen in Grundausrichtung
Gemeinsamer Strang = reduziert Konflikt
II: Veränderungswille
I: Kritik an Ist Zustand
Wissen um gemeinsamen Daseins Grund Konflikt = stimmungsabhängig Definition & Grund Konflikt
Unfreiwilligkeit im Beruf als Regel
Verändertes Gefühl durch geldfreie Motivation Intrinsische Motivation
Veränderte Realität verändert Gedanken Grundsatz der Gleichheit durch kein Geld Kein Bereicherungsmisstrauen
Durch Erhlichkeit wissen woran man ist Berücksichtigung aller Ideen Gehört werden
Weltbild Veränderung möglich Miterleben transformativer Prozesse
Aufbau Welt & Gruppenvertrauen
Holistischer Umgang Schonender Umgang in Küche Keine Verschwendung
Sich im Tun wiederfinden
Höhere Qualität durch Freiwilligkeit & Freiheit bei Umsetzung
Improvisieren mit Gegebenem Braucht kein gr. Marketingkonzept Braucht keine Zeitkonten
Kein Aufrechnen spart Buchhaltung
Ständig aufrechnen anstrengend Aufrechnen führt zu Mangelperspektive
Kein Aufzuwiegen = effizienter
Ihr Umgang natürlicher als geldvermitelter
117
Verdrängen der Beschränktheit
Schwer in Großstadt umsetzbar Erde nicht in Größe Skalierbar Größere Gruppe: schwieriger Lebensweltlicher Bezug zur geldfreien V ersorgung
Gewährleistung Grundbedürfnisse Absicherung überzeugt 60.000 Einwohner Villach geeigent Engagment füreinander abhängig von Gruppengröße Gruppenangehörigkeit überlebenswichtig Nur gute Erfahrungen gemacht Die Anderen vorschieben Ausbrechen nur durch Erfahrung möglich Selbst im Degrowth Kontext Verständnis für die Denkunmöglichkeit Konzernumgebung macht eng Früher überzeugt von Unmöglichkeit Kein Aufrechnen & kein Tausch Handeln unabhängig vom eigenen Gewinn Etwas für die Gemeinschaft tun Aufzeigen von Geben ohne Aufrechnung Trotz erklärter Unmöglichkeit Alternativen Aufzeigen Umwälzung scheinbarer Selbstverständlichkeiten Alltägliches & Denkrealität
Gruppe ermöglicht geldfreie Bereich Großes Anliegen Möglichkeit zum anders leben anbieten Über niemanden herrschen wollen Geldlogikfreiheit in die Welt bringen Weiterhin arbeiten gehen Gruppe steht im Fokus Anderer Fokus
Keine emotionale Bindung zur Arbeit Heute unterschiedliche Projekte Nicht mehr abschalten können
118
Arbeit wird zentraler Bestandteil der Identität Arbeit nicht als zentraler Lebensbestandteil Mitarbeit hängt von Zeitkapazität ab Dadurch Mitarbeit Erde möglich Flexibilität durch Selbständigkeit Selbständigkeit auf der einen Seite Bewusstheit beim Arbeiten Freude an Arbeit
Wunsch weniger zu arbeiten
Weniger Arbeitsplätze durch Digitalisierung Digitaisierung It Beratung
Hingeführt zur Selbständigkeit Leichtigkeit im Brückenschlagen Brückenschlager
Verbindung Realität und BWL
Als oberflächlich wahrgenommen werden Erfahungsbasiertes, inkludierendes Vorleben Schätzen relativer Außenseiter Perspektive Berufliche selbständig Sarkastischer Umgang mit Dissonanz Glaubhaftigkeit in Disskusionen Volkswirtschaftliche Perspektive Zusammenführender Blick
Verschiedene Stärken Verdichten zu einem Konzept Weiter Horizont Bestehendes erweitern Nicht neues erfunden Eigenes Tun schwer sichtbar Einbringen konkreter Ideen Kennt eigene Stärken Konzeption & Ideenfindung Bezug zum Studium
Kommunikation nach außen
119
Pragmatisches Tun
Kein praktischer Experte
Gern angewiesen werden Lösungsorientiert
Über Welt beschwerend Nicht politisch aktiv früher Starke Motivation
Auf Gemeinsamkeit setzen
Dialog statt Spaltung
Vorhandenes Problembewusstsein Handlungsstrategie
Aufzeigen von Alternativen Bezüglich großer Weltprobleme Kein fehlendes Wissen Dissonanz
Keine Gegner bei guten Lebensmitteln für alle Ernährungssouveranität
Veränderung nicht gegen Menschen machbar Inkludierende Teilhabe Holistischer Ansatz
Konsequentes Durchdenken als neue Perspektive Sozialisation: Arbeitsplätz
Verhindertes Sympathisieren dagegen Arbeitsplätze Synonym für Geld
Reflektion dieses Arguments
Schaffen von Arbeitsplätzen als dominantes Argument
Politische Entscheidung auch geldfrei getroffen? Meilenstein
Gedanklicher Prozess hin zu `Geldfrei`
Große Dissonanz
Macht Job gerne (Ausnahme)
Geld verdienen verhindert gegenseitiges Hinterfragen Dissonanz zw. innerer Haltung & äußerer Handlung
1 Beispiel Supermarktverkäuferin
120
2 Beispiel Heizkostenzuschuss
Und was sie im Job für Geld tun Dissonanz was Menschen wollen Keinen Wahrheitsanspruch stellen Verändert bereits Diskussion
Aussprechen neuer Perspektive Wichtigkeit neue Perspektive einzubringen Kritik am Immergleichen in der Politik Kapitalismus als gegeben angenommen
Konformität aller politischen Richtungen Zweifel äußernd in politischen Diskussion Radikal?
Verstärkung Postwachstumsperspektive durch geldfrei Anfang
Anspruch etwas sinnerfüllendes zu tun Umzug
Aufstellen als Spitzenkanidat Erreichung von Öffentlichkeit
Auf Liste setzen lassen Entschluss: Perspektive verbreiten Bewegung fokussuiert lokalen Lebensraum Entschluss gegen Landtagswahl
Komfortables Leben früher Schlüsselmoment
In Frage stellen theoretischer Ergebnisse
Absurdität der Welt
Experten Ansprechpartner Austausch Ideen Sascha Vergleich mit Ausland Horizonterweiterung Studium BWL/VWL
Zur Erde über Freund Bereicherung durch Geben Nicht nur nehmen
121
Lostreten einer Welle
Sicher Zukunftsvision
Liebe als wichtigste Grundlage Reflektieren über Bedürfnisse Bedürfnisbefriedigung mit Liebe Aufzeigen anders leben geht Bidlhafte Vorstellung Vision Mit Rückzugsmöglichkeit
Traum: Platz für alle Erweiterte Arbeitsdefinition Trotz Diversität
Gegenseitig unterstützen funktioniert
Feste Gruppe erfordert aktiven Umgang Ansteckende Klarheit von anderen Erlernen offener emotionaler Umgang Beziehungsarbeit
"Es is im Prinzip Friede, Freude, Eierkuchen, wo zwischendurch Funktionieren sicherstellen Ständiger Prozess innen und außen Unbewusstes bewusst machen Offener Umgang braucht Mut Gespräch über zu wenig Austausch Bewusst miteinander reden verändert Durch alles Geben in beiden Welten Nichtmitbekommen Aufreibung der Anderen Notwendigkeit an Geld zu kommen Mietzahlung da kein Platz im Haus Aufbau geldfreies Leben + Funkionieren Teilweise Spagat Gratwanderung in zwei Welten Oft kein gegenseitiges Abholen Kein wirkliches Kennen in Gruppe Nur so Umsetzung möglich Braucht eigene Überzeugung
122
Niemanden reinziehen
Muss von Innen kommen Eigener Schritt notwendig Offener Empfang Schön reden Früher alles wegargumentierend Verständnis durch Vergangenheit Allgemeines Prinzip der Offenheit Anderen so Mut machen Sonst gedeckelt Offener Umgang mit Depressionen Aufgeschlossenheit
Gläsern sein steckt an Unwissen ob des guten Gelingens Als Inspiration dienen
So sein lassen der anderen Fokus Veränderung eigene Welt Guter Umgang gefunden Angstauslösenden Konstruktionen erkennen Herausfinden warum Ablehnung Anderen Zugang zu Person finden Annhemen + sacken lassen Anregung mit Bewerten aufzuhören Dennoch: größte Schwierigkeit Gelingendes Auflösen von Gelddenken Lang antrainierte Mechanismen Mit Gleichgesinnten darüber sprechen Bewusstmachen als Umgang damit Bewerten als persönliche Schwierigkeit Äußerung in Aufrechnung
Reinrutschen in Geldgedanken bei Umgang mit `Normalen` Unvorstellbarkeit
Unverständnis bzgl. dem Nichtwollen Sonst andere Erklärung
123
Teilweise Verständnis
Gebraucht statt Neu Wenig brauchen Gegenfrage
Erklärung meiner Bedürfnisse Einengende Frage
Abgewöhnung Verwendung "geldfrei" Erklären von was ich lebe Schockierte Reaktionen
Nichts tun als Zukunftsperspektive Job in Klostergaren Erklär und Überzeugungsrolle
Herausforderung Kontakt mit Außenwelt Fügung hier zu sein Glück gehabt im Leben Funktionieren müssen verhindert Eigenes Liebe zur Tätigkeit ungleich Arbeit Strahlendes Inneres Nicht mehr Definition über Äußeres Funktioniert geldfrei Stellt zufrieden
Anderes Verständnis von Arbeit Erhabenes Gefühl beim Tätig sein Wissen über Pflanzen
Begeisterung (Entwicklung Pflanzen) Bescheidenheit
Zubereiten + Herstellen von Speisen Kochen und Anpflanzen als Tätigkeitsfelder
Bestätigung + Wertschätzung durch Freude der Anderen Unbezahlbar
Zufriedenheit + Zusammenkommen der Anderen als Motivation Freude über genießende Menschen Kocht gerne Menschliche Reaktion = viel mehr Wert
124
Beruhigter Hund
Freude zurück geben Zurückkippen in Gelddenken Ertappt Dinge in Geldlogik einzuordnen Frage vergessen Geld kein Wert mehr beimessen Mehr Geld seit unabhängig davon Geldfrei als Lösung
Kein Verlust mehr wegen Geld Notwendigkeit von Geldfrei Leichtigkeit durch keinen Geldwert mehr Einfachheit des Geben + Nehmen Schönheit des Bringens & Nehmens Geldbezogene Auswegslosigkeit Statt Gefühl der Schuld oder des Ungenügens Geld zum Problemlösen Geld keine Rolle geben Traurigkeit Veränderung Beziehung durch Geld Geld verändert Menschen Fokus nur auf Geldschein Obowohl Verbindung zuvor Kein Kontakt da "Schuldner" Veränderte Beziehung durch Geldleihen Geld macht immer was Nie zufriedenstellend Jede Form von Geld erlebt Angenommen sein Wunsch dass es überall so wäre Vereinender Wunsch sein zu dürfen Große Unterschiedlichkeit Glaube daran Achtsamkeit Wahrnehmen und wahrgenommen werden Annehmen und angenommen werden
125
Visionieren
Das möchte ich nicht! („Veränderungswunsch“)
Etwas läuft falsch in der Welt (Neuer Code: Gefühltes Erkennen)
Schlüsselmoment (Neuer Code: Schlüsselmoment)
Enttäuschung über falsche Freunde („weak ties“)
Krankenstand + Kündigung („Unaushaltbarkeit“)
Unauffangbare Depressionen („Unaushaltbarkeit“)
Mensch dort Nebensache statt Hauptsache („Anders sozial“)
Jetzt Gegenteil von geldbezogenem Arbeitsleben (Neuer Code: Grundlegende Änderung (des Lebens))
Ständige äußerliche Beurteilung (Neuer Code: „Bewertung“)
Zu sozial eingestellt (Code: „Anders sozial“)
Anders sozial (Neuer Code: „Anders sozial“)
Nicht einfach hinnehmend („Veränderungwswunsch“ à oder eher Drang?)
Kein selbständiges Denken auf Arbeit („Verhaftet im Bestehenden“ bestehendes dann so definieren, dass nicht selbst denken
Anpassen an Maschinerie („Druck maskiert zu sein“ à Code noch ändern?)
Regelmäßiges mitmachen vorstellbar
Einstieg übers Kochen („Erfahrungsbasiert“)
Kündigung (Veränderungswunsch)
Ausgehende Argumente („Ausgehende Argumente“)
Anders denken um Arbeit auszuhalten („Verhaftet im Bestehenden“)
`Es kann nicht anders sein Überzeugung („Verhaftet im Bestehenden“)
Verhaftet im Bestehenden durch Job („Arbeitserfahrung“ à macht das Verhaftet im Bestehenden noch nicht ausreichend deutlich
Mutter andere Weltsicht
Erde als Fixpunkt („Zu Hause Gefühl“)
Es vermissen
Schwer in Worte zu fassen („erfahrungsbasiert“ à oder eher Gefühlsbasiert (ergänzen?))
Offenheit & Herzlichkeit („Offenheit“ à klingt so neutral, schauen, dass das Herzliche auch noch unterkommt)
Abgespürte Bedürfnisse (unter „lässt Wandel zu“ ordnen oder noch eigenen Code?)
Erinnert an zu Hause („Zu Hause Gefühl“)
Ganz angenommen sein („Authentizität“ (?))
Sofortiges zu Hause Gefühl („Zu Hause Gefühl“)
Einstieg übers kochen (Code „erfahrungsbasiert“ ist eig. bei „politischem Miteinander“ àsollte noch wo anders hin, oder?)
Ängstlicher Hund
Erstes mal vor Ort
126
8.3
Kategoriensystem
1 Das Menschliche Miteinander
• Offenheit
o Bedingungslosigkeit (àu.a. keine Erwartungen haben)
§ Toleranz
§ Herausforderungen à Authentizität
o Ehrlichkeit à No shaming
o Zulassen von Emotionen (àOffener Umgang damit)
§ Ambivalenzen
§ Konflikte
§ (Lebens ) Freude
• Charakteristika des Miteinanders
o „Zu Hause“
o Willkomend
o Caring
o Comitted
§ Durch finden eigener Rolle + Fähigkeiten
o Ausprobieren
• Freiwilligkeit
o Mühelosigkeit
o Zwangslosigkeit
o Keine Mitgliedschaft à Vielfalt
• Inkludierend (àniemand ist egal)
o Knüpfen bedeutungsvoller Beziehungen (à Zusammensein)
• Vertrauen
o Durch sich verletzlichen machen
o Selbstauseinandersetzung (àmeint u.a. alleine sein können)
o Persönliche Entwicklung
• Braucht Zeit
• Organische Funktionsweise
o Sich Aussprechen
§ Keine festgeschriebenen Regeln
o AGs
• Funktioniert
§ Keine Hierarchien
§ Entscheidungsmächtig
127
2
Erfahrungen in der Geldlogik
o Funktionsweise Geldlogik
o Omnipräsenz
§ Zwang an Geld zu kommen
• Abhängigkeit
§ Geld über Menschen
§ Alles wird konsumierbar
o Outcome orientiert (àDruck)
o Arbeitsplätze = Synonym für Geld (àArgument)
o Funktionalität
§ Starrheit
§ Bürokratie
o Schlechtes Spiel (à es gibt nur Verlierer)
• Isolierung & Individualisierung
o Konditionierung
• (Negativ) Identifizierung
§ Verhaftet im Bestehenden
o Konkurrenz
§ Vergleichen
§ Bereicherung (à Misstrauen)
§ Perfektionsdrang
§ Gefühle mit Geld verlinkt
• Selbst ) Wert mit Geld verknüpft (ànicht (gut) genug sein)
• Existenzängste
o Schuld (àu.a. Selbstschuld)
§ Sich gegenseitig verurteilen
§ Beispiel: Alternative Szene
o Aufrechnen/Bewerten
§ Nutz Nießer Beziehungen
§ Erwirken müssen einer Daseinsberichtigung
o Privilegien & Herrschaftsanspruch
o Vorteile von Geld (àGemütlichkeit; Verpflichtung; Faulheit; Leichtigkeit)
• Unzufriedenheit/Unaushaltbarkeit/Unstimmigkeit
o Auf verschiedenen Ebenen
§ Arbeitserfahrung
• Dissonanz
§ Sozialer Ebene/Beziehungen
§ Erklärungsversuche (VWL Modelle)
à als Veränderungsimpuls
§ Schlüsselmoment
• Entschlossenheit
§ Rettungsanker
• Treffen Gleichgesinnter
o Austausch
128
Geldlogikfrei
o Wie es in Erde kam
o Trickeld down Effekt
o Was es ist
o Tauschlogikfreiheit (keine Spendenbox)
o Sinnstiftender größerer Rahmen
o Geldlogikfrei als Lösung
o Erfahrung geldlogikfrei frei leben
4 Schöpferisches Tun
§ Eigenverantwortung übernehmen (àu.a. „Verantwortungsübernahme“)
o Nicht reden, tun
§ Fokus lokaler Lebensraum
• Sinnliche Tätigkeit (àGemeinsam Essen; Ernährungssouveranität)
o Interdependenz (àu.a. Gleichzeitigkeit von Dingen)
• Geben & Nehmen ohne Geld
o Veränderte Bedürfnisse
o Verändertes Konsumverhalten
§ Erfüllend (àtiefe Zufriedenheit)
o Intrinsische Motivation
§ Sinnvolles Tun (àauch Sinn suchen um dann sinnvolles Tun zu können)
§ Anderes Verständnis von Arbeit & Reichtum (àu.a. Fülleperspektive (ist schon alles da)
• Gibt kein Nichts Tun (àAchtsamkeit)
§ Liebe reinstecken
o Dankbarkeit
o Spiritualität
5 Politisches Tun
• Politischs Tun (àu.a. Vertreten sein im Gemeinderat; auch Politik Verständnis)
• Politische Position: Verantwortung übernehmen (u.a. systemische Verantwortung aufzeigen)
o Tiefgreifende Fragen stellen (àda tiefgreifende Veränderung wollen)
o Bewusstsein schaffen
o Probleme & Lösungsvorschläge aufzeigen
§ Neue Perspektiven aufzeigen
§ Gelebte Alternativen aufzeigen
• Unmögliche möglich gemacht
o Geldfreie Strukturen etablieren
§ Gelder ermöglichen Raum etc. (àangewiesen ein auf Geld)
§ Repräsentation & Legitimation nach Außen
o Nachhaltigkeitsbezug
129 3
6 Kein Dogma/nicht radikal
o Einzigartigkeit (àMischung aus Eigenverantwortung und Aufzeigen Systemische Verantwortlichkeiten = es gibt nicht die Lösung)
o Das übergeordnete Gemeinsame als verbindendes Element (Verständnis für Erfahrungen in der GL (àsiehe kein Verurteilen)
o Prozess ( haftigkeit)
o Nicht konkret (meint hier auch keine konkrete Position, was Erde tut)
o Nicht unbedingt nachvollziehbar
o Erfahrung & Theorie
o Theorie lebt in jedem/r weiter
7 Leben& Wirken in zwei Welten
o Erfahrungen (= Umgang damit; u.a. braucht Mut das Gewohnte zu verlassen)
o Brückenschlagen
o Spannungsfelder (àu.a. Stillstand; Schwierig zu vermitteln
o Transformative Prozesse
o Perspektivenwechsel (àBeschriebene Perspektivwechsel; aber auch implizit von mir festgestellte sind hierunter vermerkt)
o Welt(bild) Veränderung
o Weltveränderung (àtatsächliche Veränderung, die passiert àerlebte Wirkmächtigkeit
o Impact
o Ambivalenzen (àimplizit von mir festgestellte Ambivalenzen der Befragten
o Einschätzung der Befragten (àG(L)F)
o Individuelle/strukturelle Ebene (àKeine gemeinsame Einschätzung)
o Theoretische Bezüge (à(ua.) PW)
o Vorreiterrolle
o Scale/Vision (bei Bedarf evtl. auseinandernehmen)
o Sonstiges
o Irrelevant
130
8.4 Transkription der Interviews
Es folgen die transkripierten Interviews mit Seitenzahlen, welche die Anfangsbuchstaben der Interviewten enthalten.
131
Interview mit Andrea, 4.12.2019
Lisa (L): Kannst du diesen Ort (Haus von Jutta und Robert, da wo sich die Kerngruppe der ERDE zum Essen und gemeinsamen Austausch trifft) beschreiben?
Andrea (A): Ich werde mal beschreiben, wie ich das erste mal hier her gekommen bin. Mein Hund ist ein ängstliches Wesen und hat immer mit anderen Hunden gekämpft, also echt nur Krawall. Wir sind hereingekommen, weil ich beim Kochen mal mithelfen wollte und mein Hund hat sich voll zufrieden hingelegt und war ruhig. Ich habe die Leute eigentlich gar nicht gekannt und war dennoch wie daheim. Hier kannst du so sein, wie du bist. Du fühlst dich einfach sofort auf und angenommen. Das habe ich beim ersten Mal gefühlt. Es hat eine Liebe, Aesthetik und Wärme für mich, die mir von Zuhause vertraut ist. Es ist wie daheim, es ist daheim. Robert und Jutta sind so herzlich, sie spüren, was man braucht und sind so offen für einen. Man kann sich echt nur glücklich schätzen, wenn man da dabei sein kann. Ich empfinde das als so eine Bereicherung, ich finde, dass die Sprache fast zu wenig aussagt, für das, was ich immer wieder hier fühle. Ich vermisse es schrecklich, wenn ich eine Weile nicht da bin. Ich merke es, wenn ich zurückkomme: Ah, das ist es, was mir gefehlt hat!
Die ERDE kenne ich, seit Mama dabei ist. Die Mama hat mir mit einer Begeisterung eine andere Sicht der Welt vermittelt. Ich war im Magistrat tätig und sehr verhaftet im Bestehenden; ich habe alles wegargumentiert, was sie gesagt hat warum das so sein muss, warum das nicht anders sein kann... Man muss ja, wenn man im Magistrat arbeitet, etwas anders denken, damit man das aushält, damit man bestehen kann; das weiß ich heute, dass man sich gedanklich anpassen muss an diese Maschinerie, um dort bestehen zu können. Irgendwann haben meine eigenen Argumente, warum das alles super funktioniert, nicht mehr gegriffen, und ich habe gekündigt. Irgendwann ging es einfach nicht mehr. So richtig zur Erde dazugekommen bin ich dann nach 1,5 Jahren und zwar übers Kochen. Da dachte ich, da kann ich mir vorstellen, regelmäßig mitzumachen.
L: Kannst du das „anders denken“ beschreiben?
A: Wenn man am Amt arbeitet, soll man generell nicht viel selbstständig denken und einfach hinnehmen, wie es ist. Ich bin aber keiner, der Sachen einfach so hinnehmen kann. Ich habe im sozialen Bereich gearbeitet und der ist anders sozial, als ich mir das Soziale vorstelle. Weil es einfach Gesetze gibt, die befolgt werden müssen, und der Menschen dann manchmal sogar in den Hintergrund rückt. Ich bin zu sozial eingestellt, um das einfach so nehmen zu können. Zusätzlich gibt es viele unausgesprochene Erwartungen bspw. hübsch auszusehen und gut gekleidet zu sein, ja, man wird ständig beurteilt. Eigentlich habe ich mein ganzes Arbeitsleben alles gemacht, was mit Geld zu tun hat völlig das Gegenteil von dem, was ich jetzt habe und mache (lacht). Dabei war der Mensch oft Nebensache in einer Arbeit, wo er die Hauptsache sein sollte. Ich wurde richtig, richtig unglücklich damit und habe Depressionen gekriegt, so dass ich weinend vor dem Computer gesessen bin und mich zum ersten mal nicht mehr auffangen konnte. Danach war dann schnell entschieden und ich bin gegangen, habe gekündigt. Ich bin im
A 1
Krankenstand ausgeschieden. Menschen, die ich eigentlich als Freund*innen empfunden habe bei der Arbeit, haben mir noch Vorwürfe gemacht und da habe ich gemerkt, wenn du nicht mehr funktionierst, bist du weg. Das waren lauter so kleine Schlüsselmomente, wo ich gemerkt habe, Irgendwas funktioniert nicht in dieser Welt, irgendwas läuft falsch. So kann man doch eigentlich nicht sein, so möchte Ich nicht sein und solche Menschen möchte ich eigentlich auch nicht um mich haben. So eine Welt möchte ich nicht haben. Und dann habe ich angefangen zu schauen, welche Welt ich denn haben will.
Ich möchte eine Welt, in der ich genommen werde, wie ich bin, und ich nehmen kann, wer mir gegenübersitzt. Ich will wahrnehmen wie es meinem Gegenüber geht und auch andersherum wahrgenommen werden. Es wird also erkannt, ob es mir gut geht oder ob ich unglücklich bin. Nur wenn ich achtsam mit der Umwelt umgehe, geht auch die Umwelt so mit mir um. Nur so kann ich Berge versetzten. Ich glaube, dass das geht. Hier haben wir uns ja auch gefunden, obwohl wir so unterschiedlich sind alte, junge, mit Kindern, ohne Kinder, studierte, nicht studierte etc. Es gibt so wenig, was wir gemeinsam haben. Trotzdem haben wir alle diesen Wunsch, dass wir wahrgenommen werden und sein dürfen, wie wir sind. So eine Welt wünsche ich mir. Und ich hätte so gern, dass man in jedes Haus hinein gehen kann und sagen: das ist wie daheim, da sind Menschen, die nehmen mich einfach so wie ich bin.
L: Wie ist der Zusammenhang zu geldfrei leben?
A: Ich habe jede Form von "Geld haben" durchlebt: Viel, wenig, nichts haben, Schulden haben bis oben hin. Nichts von dem war super. Es war nicht super, als ich Schulden hatte. Es war nicht super, als ich wenig hatte. Es war nicht super, als ich viel hatte. Nichts davon war super. Das macht immer irgendwas, das Geld. Ein Schlüsselmoment war beispielsweise:
Ich hatte einen Freund, der Schwierigkeiten hatte, und habe ihm 500 Euro gegeben. Kein Stress, wann immer es dir passt, kannst du es mir ja zurückgeben. Doch danach hat er nicht mehr mit mir gesprochen. Das ist der Moment wo etwas passiert ist zwischen uns. Obwohl etwas Verbindendes zwischen uns war. Wegen einem blöden lila Schein haben wir dann nicht mehr miteinander geredet. Wenn wir uns heute treffen, sagt er als erstes: "Ah ja, du kriegst noch Geld von mir." Ich freue mich, den Menschen zu sehen und die erste Assoziation die er hat, ist Geld. Geld verändert etwas zwischen uns Menschen. Es ist eigentlich total traurig, denn es ist ja eigentlich nichts. Daher will ihm keine Rolle in meinem Leben mehr geben. Es ist mir bewusst, dass wir es für bestimmte Dinge brauchen werden, eine gewisse Zeit lang noch, aber ich will es keine Rolle spielen lassen in meinem Leben. Ich wünschte mir, dass jeder das einfach nehmen könnte und sagen, super, ein Problem was ich damit lösen kann und mein Leben somit schön halten, und nicht, dass es das Gefühl auslöst, dass man dem anderen etwas schuldet oder das man nicht genügt, weil man das selber nicht auf die Reihe gekriegt hat. Und ich kenn ja diese ganzen Gefühle die man hat, wenn man in Situationen steckt, wo man nicht mehr ein noch aus weiß, weil das Geld drinsteckt. Deswegen will es aus meinem Leben raus lassen. Und wie schön das ist, dass wir einfach Sachen bringen und Sachen nehmen. Und wir müssen nicht darüber nachdenken, es ist eh da. Und wenn ich was brauche, komme
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ich halt, und nehme es. Und wenn ich etwas habe, gebe ich es. Und so muss es ja funktionieren, nur so kann ich locker flockig durch die Gegenlaufen, denn dann hat alles kein Geldwert mehr, aber einen unglaublichen Wert. Darum ist geldfrei notwendig, weil ich nie mehr irgendjemanden aus meinem Leben verlieren will, den ich eigentlich mag und mit dem ich gerne Zeit verbracht habe, weil so was Banales, ein Blatt Papier zwischen uns steht. Das ist der Grund, warum geldfrei für mich die Lösung ist.
L: Was hat sich in deinem Leben verändert?
A: Was lustig ist, ich habe seitdem immer zu viel Geld. Seit ich vom Geld (fast) nicht mehr abhängig bin, ist es einfach immer da. Darüber stolpere ich immer wieder, seitdem ich dem Geld keinen Wert mehr beimesse in meinem Leben. Jetzt habe ich deine Frage vergessen, siehst.
L: Du hast sie schon beantwortet. Mich interessiert der Übergang von deinem früheren Leben, in dem es viel um Geld ging und es von ihm abhängig war, zu deinem Leben jetzt. Ich habe mich vorher selber ertappt, dass ich Heidi fragen wollte, ob wir den Kravanjas was geben sollten, weil wir hier so viel gegessen haben. Ich ess hier den ganzen Tag und fühl mich irgendwie schlecht, wenn ...
A: Das ist eine Automatik. Denn weißt du, dass was du gibst, ist diese Freude beim Essen, dieses Lachen, wenn du dir einfach das Essen aus dem Topf holen darfst. Das ist viel mehr wert als alles, was du sonst auf den Tisch legen könntest. Das ist genau das, was ich meine. Darum koche ich hier so gerne. Ich koche sowieso gerne, aber das Schönste ist, wenn hier die Menschen kommen und essen. Du siehst, wie sie alle zugreifen, dann hörst du dieses "Mmmh". Sie essen und sind zufrieden. Das ist das Allerbeste, dass du mit Essen Menschen zusammenführst und zufrieden machen kannst. Das ist so unbezahlbar, das ist unbezahlbar.
L: Das ist voll schön. Ich wollte dich eh fragen, warum kochen?
A: Für mich ist es so eine Bestätigung und Wertschätzung, wenn ich sehe, wie die Leute Freude haben an dem, was ich mache. Ähnlich befriedigend ist es für mich nur, wenn ich Pflanzen beim Wachsen zuschauen kann. Das sind meine zwei Säulen, die ich hier habe. Dieses Zubereiten der Speisen auf der einen Seite und auf der anderen das "Herstellen". Ich meine jetzt nicht, dass ich tatsächlich herstelle, die Pflanzen wachsen Gott sei Dank ganz allein, aber dieser Entwicklungsprozess von diesen winzig kleinen Samen ... Ich weiß nicht, ob du je einen Sellerie Samen gesehen hast. Der ist ungefähr zwei Millimeter groß und kriegt dann eine Wurzel von eineinhalb Kilo. Diese Entwicklung beobachten zu können und dann noch auf den Teller legen zu können, das ist für mich ein erhebendes Gefühl. Das ist so schön! Das will ich tun, denn das macht mich glücklich. Es ist Arbeit. Gartenarbeit ist Arbeit, Kochen ist auch Arbeit. Aber es stellt mich so zufrieden und dafür brauche ich kein Geld. Mir taugt es, dass ich dabei dreckig werden kann. Ich will mich nicht definieren über das, was ich anziehe und wie ich aussehe, das hat alles keinen Wert, das ist nicht das, was uns ausmacht. Ich kann den größten Sackl anhaben, wenn ein strahlender Mensch drinsteckt, ist es das schönste, was du sehen kann.
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Wenn du das liebst, was du tust, hast du keine Arbeit. Und das wissen wir alle nicht mehr, weil wir gar nicht die Möglichkeit haben, herauszufinden was uns gefällt. Weil wir so im Funktionieren drin sind, dass wir gar keine Chance haben, zu schauen was uns zufrieden macht. Ich habe wirklich viel Glück gehabt, dass es sich in meinem Leben gefügt hat, dass ich hier so sein kann.
L: Was würdest du sagen, sind die Herausforderungen, denen du begegnest?
A: Was ist keine Herausforderung? Jedes Gespräch mit der Außenwelt ist eine Herausforderung. Du musst immer überzeugen. Du bist in einer Rolle, in der du dich dauernd erklären musst. Im Kloster, dort habe ich gearbeitet, haben sie mich immer gefragt, was ich nachher (nach der Gartensaison im Klostergarten) tun werde. Ich habe dann immer gesagt: "nichts." Denn was ich tun möchte, kann ich nicht als eine Arbeit bezeichnen, so wie es die meisten machen. Schockierte Gesichter. "Du kannst ja nicht nichts tun, wovon wirst du denn leben?" Ich habe ihnen so einfach wie möglich erklärt, was wir hier tun: Dass wir von selbst angebauten und geretteten Lebensmitteln leben und dass wir es in einer Gruppe tun. Ich habe mir ganz schnell abgewöhnt das Wort "geldfrei" zu benutzen, weil das immer auf die Frage hinausläuft "ja, wie wollt ihr dann den Strom zahlen?"
Mein Zugang ist einfach das Essen. Ich habe ihnen erklärt, dass ich einen Platz zum Schlafen brauche und etwas zu essen. Mehr brauche ich nicht. Die Frage „wie viel Gwand schmeißt du denn weg, jedes Jahr?“ hat jeder beantworten können. Dann habe ich gesagt „Siehst du, ich ziehe einfach an, was du nicht mehr brauchst. Ich will nichts mehr Neues kaufen, ich kann das nehmen. Und das, was ich essen muss, das kann ich mir anbauen. Das funktioniert.“ So haben sie es dann teilweise verstanden. Denen, die nicht verstehen konnten, habe ich erklärt, dass ich bei einer Bio Bäuerin arbeiten werde. Ich bin mit meinen Erklärungen immer wieder daran gescheitert, dass ich Dinge nicht haben will. Das versteht kaum einer. Dass du Dinge nicht haben willst, die du dir einfach kaufen könntest, das kann sich kaum einer vorstellen. Das ist wirklich schwierig. Und dass ich selber immer wieder in diese Geldgedanken komme. Wenn man immer wieder mit "Normalen" sag ich jetzt mal zu tun hat, rutscht man da einfach hinein in dieses `ja wer wird mir denn jetzt meine Zeit bezahlen?` oder `das ist jetzt aber billig hergegeben`, in dieses Bewerten also. Das sind meine persönlichen Schwierigkeiten, die ich habe.
L: Was machst du dann?
A: Ich mach's mir bewusst. Ich habe gemerkt, wenn so ein Thema in mir arbeitet und immer wieder kommt, dann muss ich mit jemandem ganz laut darüber sprechen, der versteht. Dann erinnere ich mich wieder, dass es an den Mechanismen liegt, die wir uns ein ganzes Leben lang antrainiert haben mit dem Geld und was das wert ist usw. Und dann kann ich's für mich wieder auflösen und mich selbst beruhigen. Aber man kippt da immer wieder hinein in das Gelddenken. Das sind die grössten Schwierigkeiten: Mit der Umwelt und sich selbst zu kämpfen mit der Thematik, das ist echt schon viel.
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L: Wie geht man persönlich damit um, wenn man merkt, so will ich leben und eigentlich wäre es auch gut für die Welt und dann aber sieht, es passiert zwar im Kleinen, aber ... ?
A: Jutta sagt, dieses Bewerten sollten wir einfach aufhören, dieses Werten, von dem was der andere sagt. Wir sollten es einfach mal nehmen und sacken lassen und darüber nachdenken und dann sehen, ob wir nicht selber einen anderen Zugang zu der Person finden. So mach ich das. Das ist in manchen Fällen leichter, in manchen ist es schwerer. Dann versuche ich zu schauen, warum der keinen Funken Zugang findet zu dem, wovon ich spreche. Denn du weißt ja nie, in welchen Konstruktionen er drinsteckt, dass schon der Gedanke alleine ohne Geld zu leben ihn so abschotten lässt. Und so kann ich es fast immer gut händeln. Wenn es Menschen sind, die ich gerne mag, die in Abwehr gehen, fällt es mir schwerer. Aber ich versuche, sie so zu lassen, sie sein zu lassen. Ich kann die Welt der anderen nicht verändern, ich kann nur meine Welt verändern. Wenn sie sehen, dass es bei mir geht, können sie vielleicht mit mir mitgehen. Aber es ist schwierig.
L: Was ich mich gerade frage: Eigentlich braucht man manchmal eine dicke Haut nach Außen und nach Innen meintest du ja, ist die Haut viel dünner geworden, weil man einfach so ist, wie man ist. Was ja auch bedeutet, dass man sich verletzlich zeigt. Wie macht man das mit einer dünnen und einer dicken Haut gleichzeitig?
A: Ich weiß es nicht. Ich weiß auch nicht, warum ich es jetzt gerade so gut kann. Ich glaube, dass wenn ich mich so gläsern mache, sich die Menschen mir gegenüber auch ein wenig öffnen. Und wenn ich sie nicht beurteile, sind sie mir gegenüber auch aufgeschlossener. Das sind Erfahrungen, die ich gemacht habe. Damit macht man sich natürlich angreifbarer. Ich gehe zum Beispiel auch mit meinen Depressionen offen um, sage, dass ich in Therapie gehe. Depressionen sind inzwischen eine anerkannte Krankheit und doch wird immer noch nicht darüber geredet. Ich will, dass die Leute wissen, wie es in mir ausschaut, weil sie dann vielleicht den Mut finden auch mit jemandem zu reden. Ich finde es einfach wichtig und versuche es mit allem so zu machen. Ich komme gut damit zurecht, auch wenn manche dagegen arbeiten. Vielleicht auch darum, weil ich mich so klar erinnern kann, wie ich drin gesteckt bin und alles weg argumentieren konnte, warum gewisse Dinge nicht funktionieren. Vielleicht wissen sie eigentlich auch schon, dass sie sich das alles ein bisschen schön reden, so wie ich es ja auch gemacht habe. Ich kann nicht mehr tun, als die Hände aufmachen und sagen, ich bin eh da, komm her. Den Schritt aber, den muss jeder selber tun. Du musst von innen wissen, dass es so richtig ist. Den Schritt kann ich keinem abnehmen, und will ich auch nicht sonst würde ich ja jemanden da hineinziehen, aber man braucht die Überzeugung schon selbst, so leben zu wollen. Das musst du von innen heraus wissen, dass das richtig ist, um es dann auch so umsetzen zu können.
L: Wenn jeder sich selber ist, wie funktioniert das in der Gruppe?
A: Wir stellen immer wieder fest, dass wir uns zwar schon lang kennen, aber doch nicht wirklich kennen. Das wir uns schon wahrnehmen, aber oft nicht gegenseitig abholen können, weil wir immer ein bisschen balancieren in beiden Welten unserer schönen hier und der da draußen. Es ist oft eine Gratwanderung und oft kriegen wir gar nicht mit,
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wie wir uns aufarbeiten aufgrund der zwei Füße auf denen wir stehen. Wir machen ja teilweise wirklich einen Spagat, indem wir versuchen das geldfreie Leben aufzubauen und auf der anderen Seite auch dort funktionieren müssen, weil es eben im Haus Kravanja keine Zimmer mehr gibt. So lange diese Situation ist, muss ich meine Miete bezahlen, das ist halt einfach so und solange muss ich schauen, wo ich das Geld irgendwo herkriege. So lange bin ich immer noch in zwei Welten drinnen. Und dann kriegst du oft gar nicht mit, dass andere die schon viel mehr sich losgelöst haben von der Geldwelt, dass die sich aufreiben oder das man sich selbst auch aufreibt, weil man in beiden Welten alles gibt. Und wenn wir dann länger nicht miteinander reden und uns wirklich bewusst sagen, Ok wir reden jetzt miteinander, dann macht das viel mit uns. Vor kurzem hatten wir auch ein längeres Gespräch wo wir festgestellt haben, dass wir uns über uns immer noch viel zu wenig austauschen. Wir reden dann einfach drüber, das braucht aber den Mut mitzuteilen, was mit uns los ist, was wir fühlen oder auch wie es uns mit bisher unbewussten Dingen geht, die uns auslaugen und was wir anders machen können. Es ist ein ständiger Prozess nicht nur Außen, auch Innen, damit diese Gruppe von so vielen verschiedenen Menschen, mit so vielen verschiedenen Erlebnissen und Lebenssituationen und Bedürfnissen trotzdem homogen funktioniert. "Es is im Prinzip Friede, Freude, Eierkuchen, wo zwischendurch a bissel Friede, a bissel Freude amol heraussen is." Das ist so. Das ist auch Arbeit. Das ist Beziehungsarbeit. Sascha schmeißt am ehesten seine Emotionen raus. Dann kann ich es auch. Wenn einer anfängt über sich zu reden, was ihn belastet, was ihm nicht gut tut, dann kann ich es auch. Dann wird es bei mir erst so richtig klar, wie das auch bei mir brennt und was anders g'macht ghört. Wenn man viel mit den gleichen Menschen zu tun hat, muss man dran arbeiten, dass man sich versteht und das man miteinander redet, um zu wissen,, wie es dem andern geht, und dann kann man schauen wie kann man sich da gegenseitig wieder heraus holen, unterstützen und wieder helfen. Und es funktioniert, es funktioniert ganz gut, muss ich sagen (lacht) so viele Menschen, die kaum Gemeinsamkeiten haben und kaum Vorgeschichten miteinander, aber es geht. Auch das ist Arbeit, schöne Arbeit.
L: Was ist deine Vision?
A: Ich habe einen klaren Traum. Ich will einen Platz haben, wo wir alle sein können. Und zwar miteinander, aber nicht aneinander geklebt. Ich wünsche mir, dass ich mein eigenes kleines Häusel bauen kann und habe eine ganz genaue Vorstellung eigentlich, wie das um mich herum ausschauen soll. Ich will mit den Menschen um mich herum einen Platz aufbauen wo wir zeigen können, dass das geht, dass man mit Liebe eigentlich alles haben kann, was man braucht. Man muss nur ein bisschen nachdenken, was man wirklich braucht. Und ich glaube viel mehr wie Liebe braucht eigentlich keiner. Ich habe meinen Platz ganz genau im Kopf. Und ich bin mir sicher, dass wir unseren Platz finden werden, wo wir das dann auch so umsetzen können. Und ich glaube, dass wir eine kleine Welle lostreten können, die den Menschen zeigt, Ok passt, man muss nicht nur nehmen, nehmen und schauen, dass man mehr kriegt, sondern man kriegt viel mehr, wenn man es einfach gibt. Das ist so meine Welt.
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Interview mit Franz, 3.11.2020
Lisa (L): Einleitung; Vorstellung meines Vorhabens, Wunsch nach Außenperspektive Magst du dich vorstellen?
Franz (F): Ich bin eben 58 Jahre alt und bin Beamter bei der Kerntner Landesregierung im Straßenbau, bin dort im mittleren Management tätig und bin eigentlich recht ausgebucht mit meiner Arbeit, hab aber nebenbei auch noch ehrenamtliche Tätigkeiten, ich bin bei der Freiwilligen Feuerwehr dort schon seit über über 40 Jahren, mittlerweile schon seit über 25 Jahre Feuerwehrkommandant hier bei uns in der Ortschaft und ja mir wird nicht langweilig
L: Und wie stehst du zur Verantwortung Erde?
F: Ja ich finde das gut, diese Themen die sie aufgreifen, die ich glaub das wird immer mehr von den Menschen auch erkannt, wie wichtig das man dieses Bewusstsein immer mehr schafft nun deshalb gefällt mir diese Idee die sich auf diese Ideen besser verfolgen war sehr gut und solange sie Ideen die sie verfolgen sehr gut.
L: Was würdest du sagen, was für Ideen verfolgen sie? Was geschieht in der VE?
F: Das Aufzeigen welche Probleme wir zurzeit auf der Erde haben, was wir falsch machen, was wir Menschen falsch machen und wie wir das eben vielleicht wieder in den Griff bekommen. Also das denke ich, sind die vorrangige Sachen das Bewusstsein unter den unteren Leuten zu schaffen wie wichtig es ist auf die die Erde zu achten und das das die Grundlage ist für unser Leben und für alles weitere.
L: Und wie findest du versuchen die dieses Bewusstsein zu schaffen? Wie würdest du das beschreiben für jemanden wie mich, wo ich jetzt nicht vor Ort bin und dass nicht so mitbekomme. Wie gehen die miteinander um, wie organisieren die sich?
F: Einfach mit da Aktionen immer wieder aufzutreten und darauf aufmerksam zu machen und auch selbst vorleben wie man's machen könnte, vorzeigen was besser wäre in gewissen Situationen und nun ja, immer wieder mit Antworten dazu sein und Themen auch bis in die Politik hinein zu tragen, die dann auch immer mehr oder immer besser von den etablierten Parteien dann auch schon aufgenommen werden, umgesetzt werden, weil sie auch merken, dass das eben nicht nur irgendwelche Hirngespinste sind, sondern doch wichtige Sachen sind, auf die man schauen sollte.
L: Also machen sie eigentlich aufmerksam auf Missstände und schlagen durch ihre Existenz zumindest auf, das es Handlungsbedarf gibt verstehe ich dich da richtig?
F: ja natürlicher, auch.
L: Weil sie haben ja nicht einen konkreten Vorschlag, es ist eher eine breitere Gruppe, oder wie kann man das gut fassen?
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F: Konkreter, also ich würde sagen, die Themen die sie angreifen sind sehr vielfältig, alles was eben zum Bereich „Erde“ im globalen dazugehört. Also so ein Schlagwort, ein gewisses, das ich jetzt mit der Erde verbinde könnte ich eigentlich jetzt nicht nennen.
L: Ja, spannend. Und würdest du dich als Teil davon beschreiben oder eher nicht?
F: Naja, dazu kenne ich sie vielleicht zu wenig, als Teil, aber es sind immer wieder Ideen die mir auch gefallen und die die wir die ich ohne weiteres auch gerne unterstütze oder auch mitmache wenn´s möglich ist.
L: Hast du ein Beispiel?
F: Ja, zum Beispiel dieses Foodsharing da war ich bis vor kurzem eigentlich noch sehr skeptisch eingestellt…warum sollen wir jetzt diese alten Lebensmittel abholen...aber mittlerweile bin ich eigentlich auch dazu bereit, dass wir ab und zu wieder etwas holen und retten so wie die Julia sagt (lachen) das ist ein kleiner Teil, aber auch andere Ideen, die mir immer wieder gut gefallen und es ist auch wie soll ich sagen die Gruppe an sich, dadurch dass sie nicht radikal auftreten sondern wirklich mit Themen unter die Leute bringen möchten und mit, mit Themen aufzeigen wo die Problem sind.
L: den Eindruck habe ich auch, es geht nicht so sehr darum eine Position zu vertreten sondern wirklich mit Themen, die sie für sinnvoll halten an die Menschen heranzutreten und ich glaube das ist ganz wichtig..
F: Genau, sie versuchen eben zu überzeugen nicht zu überreden, sondern zu überzeugen und überzeugen kann dann hat man findet Anhänger denk ich automatisch, dann geht es viel leichter.
L: Und was hat dich denn überzeugt um bei diesem kleinen Beispiel zu bleiben hin von oh warum sollten wir jetzt alte Lebensmittel abholen hin zu das jetzt zu tun kannst du das beschreiben, was da vielleicht Faktoren waren?
F: Naja, um da auch ein Teil davon zu sein und irgendwo mitzumachen auch etwas zu machen und und man merkt, wenn man etwas tieferen hineinkommt dass man sich auch beim wirklichen Einkaufen ganz anders er sich verhält und nachschaut, wo kommt das her oder brauche ich das jetzt wirklich? Die ERDE schafft Bewusstsein. Es ist ein Teil von dem Ganzen, dass Bewusstsein schafft und es entwickelt sich schön langsam, glaube ich.
I: Inwiefern hängt für dich das was in der Erde geschieht mit dem Thema Geld Logik oder Geld Logik frei oder Leben ohne Geld zusammen? Gibt es für da einen Zusammenhang oder eher nicht?
F: Das ist glaube ich ein schwieriges Thema. Natürlich gibt es verschiedene Ansätze dafür, aber zur Zeit haben wir dieses System noch nicht und wenn jetzt einige wenige versuchen, das schon für sich einzuführen, funktioniert das nicht wirklich, es ist schwer da jetzt natürlich Vorreiter zu sein, die habens immer schwer, aber unser System ist so auf das Geld jetzt aufgebaut, dass wir denk ich einige Zeit damit werden noch verbringen
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müssen, vielleicht wird es dann dann schön langsam Stück für Stück irgendwie Einzug halten, aber dem stehe ich ein bisschen skeptisch entgegen, wie das funktionieren soll nach den jetzigen Vorzeichen.
L: Einfach weil die Vorzeichen in der Gesellschaft gerade genau umgekehrt sind denkst du es ist schwierig in einem Raum eine andere Logik zu etablieren während draußen eine ganz andere Logik erfolgt? Oder was sind genau die Vorzeichen?
F: Ja, es müsste sich so viel ändern, es geht jetzt nicht um irgendeine Dienstleistung die ich für jemanden mache und er macht etwas für mich, das ist das einfache, aber wenn ich jetzt irgendwo berufstätig bin und für jemanden arbeite so zum Beispiel im öffentlichen Dienst sowie ich – wie soll der mir das sonst abgelten in welcher Form, was sollte ich vom Land Kärnten bekommen für meine Arbeit, die ich zur Zeit dort mache, die Alternative gibt's noch nicht oder vielleicht würde ich weniger Steuern zahlen oder ich weiß nicht...aber es ist noch so weit entfernt irgendwo
L: Stimmt. Und dass die Erde sich mit dem Thema Geld sich auseinandersetzt, hast du das als relativ außenstehende Person mitbekommen oder ist das gar nicht so Thema?
F: Ich denk schon, durch meine Tochter die uns immer wieder eigentlich vorbringen, dass es einmal so kommen wird oder so kommen muss weil und weil und so und so, haben wir das schon mitbekommen und ich hab natürlich auch schon festgestellt, dass es doch schon einige sind die sich damit befassen und dass es wissenschaftliche Abhandlungen gibt und auf Youtube zum Beispiel Diskussionen zu dem Thema, also es ist schon nicht mehr ganz am Anfang aber es wird trotzdem nicht so einfach werden..
L: Und wie stehst du persönlich zu dem Thema geldfrei leben, könntest du dir das vorstellen? Du meintest eben schon, dass es dann nichts zum Abgelten gäbe, also ist es eher ein theoretischer Gedanke für dich?
F: zurzeit schon noch irgendwo für mich, weil die ja, ich sehe die Möglichkeiten oder nicht gegeben für alle Bereiche oder...schwierig.. (stottert) oder was machen solche, die eigentlich nichts können oder nichts bieten können? Es ist noch sehr viel offen, ob da jeder mitkann mit diesem System. Weil Geld kann man heute auch einem jeden der nicht arbeiten kann zur Zeit Geld geben, und dann kann er leben davon aber wenn der jetzt aufgrund seiner eigenen Verfassung nicht arbeiten kann oder keine Leistungen erbringen kann, wird’s schwierig. Irgend ein Ersatz Geld oder wie soll ich das bezeichnen muss es geben dafür, ich habe auch noch nicht so intensiv damit befasst, ich weiß, dass es diese Diskussionen gibt aber ich habe mich noch nicht so intensiv damit befasst.
L: Und denkst aber die Erde würde es so auch geben, wenn sie nach der Geldlogik funktionieren würden? Weil also mein Einblick von außen ist aber du kannst gerne sagen, wie du das siehst dass das schon eine zentrale Rolle spielt, dass sie zumindest diese Logik hinterfragen und teilweise auch versuchen ohne sie zu leben, also denkst du das das rein spielt in wie die Erde miteinander umgeht und ihre Arbeit oder denkst du das wäre auch gleich, wenn dieser Aspekt eine andere Rolle spielen würde?
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F: naja, wie jede Bewegung oder jede Organisation brauchen sie zurzeit jetzt Geld, sie brauchen ja jetzt auch Geld um etwa Veranstaltungen zu machen oder sich wo ein zu mieten oder wie auch immer, sie müssen auch mit dem System noch mit leben, es geht zurzeit noch nicht anders und ich denke schon, also ich habe noch nicht gehört, dass das irgendeine Hauptbewegung ist, eine Ausrichtung auf die sich alles aufbaut, schon dass es eine Forderung ist, aber dass das so essenziell ist, das ist mir eigentlich nicht bekannt.
L: Spannend. Und wo siehst du Herausforderung für die Verantwortung Erde oder in der Verantwortung Erde so von deiner Außenperspektive?
F: Ich glaube was sehr wichtig ist und was auch die Erde ausmacht ist dass das Menschliche, das hat man sonst in vielen Bereichen schon irgendwo wieder verloren, das man wirklich dort, dass jeder im Prinzip willkommen ist, jeder irgendwie aufgenommen wird wenn er möchtet, jeder seinen seinen Platz findet, wenn er will und das ist in der heutigen Gesellschaft etwas verloren gegangen und ich glaub diese, in dieser Nische da, hat man eigentlich recht viel schon geleistet und das würde ich auch sehen, dass das vielleicht in der Zukunft auch immer wichtiger wird und in der Zukunft auch mehr Anhänger finden wird
L: also denkst du eher, dass es sich vergrößern wird oder das es auf jeden Fall weiter gut funktioniert?
F: Naja, das kommt drauf an. Vergrößern, ja natürlich, wenn ich sag so, es spielt ja auch viel oder alles in die Politik hinein die Klimakrise, die wir jetzt zu bewältigen habenmit unterschiedlichsten Zielen wie unsere etablierten Politiker das jetzt bewerkstelligen werden darauf was sie machen werden in den nächsten Jahren und danach werden sich auch die Menschen richten, sie werden sich dann mehr zu denen hinwenden von denen sie glauben naja von denen kann ich mehr erwarten war. Und es mag sein, dass etablierte Parteien das immer ganz gut hinbringen und und die Bevölkerung sagt na jetzt haben wir gerade nochmal die Kurve angenommen und die haben das eh gut gemacht, das ist schwer zu sagen wer das wirklich, wird sich da die Wirtschaft durchsetzen oder wird das eine Mischform geben oder und und aber auf der anderen Seite sollte die Erde auch auf den anderen Bereich auch nicht ganz vergessen, nur mit den Themen Umwelt usw. es ist schon die Wirtschaft nicht so wie sie heute funktioniert aber doch in einem gewissen war Ausmaß etwas etwas wichtiges, ein wichtiger Bereich in unserem Leben oder wichtige Bereiche in unserer Gesellschaft, vielleicht in veränderter Form aber doch wird’s das immer irgendwie geben glaube ich, also dass man jetzt sagt wir werden das ganze Leben neue erfinden, es wird das Geld abgeschafft werden, das wahr ist klingt für mich schon etwas ja noch etwas utopisch
L: Ich finde schön was du gesagt hast, dass da das menschliche wieder eine Rolle spielt und sich Menschen dadurch willkommen fühlen. Was denkst du wie wird das kreiert so eine Art von Atmosphäre und eine Kultur wo das Menschliche sein kann im Unterschied zu in der Gesellschaft, wo wie du gesagt hast dies immer mehr verloren geht?
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F: Ich denke weil man sich vielleicht noch Zeit nimmt für Themen und gewisse Sachen oder gewisse Dinge entwickeln lässt und nicht mit Druck sagt bis nächste Woche brauchen wir da ein Ergebnis und dann müssen wir weiter sondern ja, man lässt Dinge entwickeln, man lässt sie sich teilweise selbst entwickeln was auch gar nicht schlecht ist denn unter diesem Druck dem sich Organisationen oft selbst ausliefern, da kommt nicht immer was gutes raus dabei. Dieses bewusste Handeln das Zeit lassen, das Nachdenken, das breit gefächerte Meinungen einholen und und nicht sofort ein Ergebnis wollen und und und sonst kommen wir nicht weiter, sondern bisschen zurück sich das entwickeln lassen und einer bisschen weniger Geschwindigkeit, Entschleunigung..
L: Absolut. Das finde ich interessant, schon den Zusammenhang sich bewusst Zeit lassen und nicht sofort zu einem Ergebnis kommen müssen und einfach den Dingen auch ihren Prozess lassen…Da habe ich schon gedachte wie das mit der Geld Logik zusammenhängt, denn wenn ich angestellt bin als Projektleiterin und ich muss dann dann diesen Vorschlag machen und werde danach bewertet und bezahlt also indirekt und auch direkt, wird ja vielleicht genau diese Qualität verhindert, das man einfach sein kann.
F: Genau. Dieser Druck erzeugt dann ich brauche ein Ergebnis und auch wenn man jetzt kein Ergebnis sieht, dann findet man eines und man liefert ein Ergebnis, auch wenn das bei weitem nicht das ideale ist, so, der Schritt ist getan und wir gehen zum nächsten und wir gehen vielleicht in eine ganz falsche Richtung
L: Und hängt das mit dem Geld zusammen?
F: Klar, natürlich hängt das mit dem Geld zusammen, mit dem Druck den Konzerne zum Beispiel aufbauen auf auf auf natürlich ist das, das ist ein Kreislauf, auch mit dem Geld. „Time is money“ und diese Wirtschafts Schlagworte sind in jedem so drinnen, das man einfach glaubt, dass ist Religion, das stimmt, das muss so sein, man muss schnell ein Ergebnis haben weil obs jetzt ganz richtig ist OK, aber ein Ergebnis brauchen wir. Also das ist schon sehr verbreitet in unserer Gesellschaft und auch, ich denke auch die Führungsschicht in den großen Konzernen die wissen das genau und die wissen auch, dass nicht alles richtig gemacht wird von ihren Angestellten oder von ihren angestellten Leuten aber trotzdem wird eben ein gewisser Druck erzeugt, weil es gibt immer wieder welche drunter, die schaffen auch in der kurze Zeit relativ gute Ergebnisse und das passt dann schon. Die setzten ich dann eben durch. Die sind dann meistens beinhart und schauen weniger auf die geht auf die Bediensteten und es gibt natürlich auch andere Erfolgsgeschichten, aber im großen Ganzen funktioniert es leider so, wenn man jetzt die asiatische Wirtschaft anschaut, wie beinhart da vorgegangen wird wie die Menschen da wie in einer Religion sich in ihre Arbeit vertiefen und alles andere auch die jungen Menschen und alles andere ist Nebensache, das hat man schon von oben so gewollt und das ist schon so gerichtet. Gerade das asiatische Volk, dem man über Jahrtausende nachgesagt hat weise zu sein und die Ruhe in sich zu haben, die sind plötzlich die größten Hektiker der Welt
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L: Ja, das stimmt. Es gibt in Japan sogar ein eigenes Wort für Tod durch Überarbeitung, also wirklich Menschen die daran sterben weil sie sich überarbeiten und Firmen die da zu schließen und Menschen verbieten nach einer gewissen Zeit am Abend weiter zu arbeiten und manche gehen dann heimlich mit Taschenlampen zurück um weiterzuarbeiten..
F: Ja, und die sind dann fast Helden.
L: Und was wäre dein persönlicher Wunsch wie sich das verändern kann, das System, oder unser Umgang mit der Wirtschaft oder mit diesem Druck, hast du da eine Vision oder eine Einschätzung?
F: Also Einschätzungen, ich glaub dass das ein gewaltiges Problem wird, dass wir wahrscheinlich nicht hinbringen werden, denk ich für mich, weil um da wirklich was zu ändern bedarf es global einer riesigen Anstrengung und ich sehe da momentan weit und breit niemanden der das in die Hand nehmen kann, sodass global alle Nationen mit ziehn. Das wird so nicht gehen, dass wir auf Klimakonferenzen unseres Ziele festlegen und und und dann aber trotzdem viele Nationen da nicht mitmachen und und und, es wird eher vielleicht das Gegenteil noch eintreten, dass wir vielleicht in Europa versuchen werden schön brav dort hinzukommen, aber das uns dabei möglicherweise andere noch mehr überrunden und noch mehr..das uns dadurch vielleicht noch schlechter geht, wie es uns jetzt geht..und es ist ein Kampf. Die Asiaten haben das ganze 19 das ganze 20. Jahrhundert hindurch eigentlich noch hinterm Mond gelebt und die wollen jetzt nachholen, die wollen konsumieren, die wollen sich was leisten können und die müssen das zuerst, wahrscheinlich müssen die das ausleben, auskosten bevor es wieder oder oder selbst das Problem bekommen mit ihrer eigenen Umwelt was ja schon haben aber noch nicht begreifen, dass sie selbst spüren, dass sie eigentlich ihre Umwelt da nur zerstören und da gar nicht leben können dort, dann könnte es vielleicht schneller gehen, dass man auch in diesen Ländern umdenkt, aber solange der Mensch nicht will oder nicht selbst spürt am eigenen Leib, ist er ja nicht so gerne bereit etwas zu ändern weil es immer noch weit weg und, ja, schwierig ich weiß nicht ob das in der Form wie wir es uns wünschen schaffbar ist in den nächsten 20,30 Jahren, schwierig
L: Und wenn nicht, was können wir dann tun?
F: Was können wir da tun? (Überlegt) Wenn ich das wüsste, wäre es einfach (lacht) Man müsste alle dazu bringen, mitzumachen, und wie man das machen soll muss ich ehrlich sagen, habe ich keine Ahnung, ich kann mir auch nicht vorstellen, wie das wie das gehen sollte zurzeit.
L: Also was mir gerade noch kommt, weil du vorhin von dem menschlichen gesprochen hast, wenn man alle dazu bringen möchte mitzumachen, müsste man sich ja auch begegnen können und sich überhaupt wieder begegnen zu können wär glaub ich ein erster Schritt, eine Haltung und ein Bewusstsein zu entwickeln um anderen Menschen mit anderen Meinungen oder wie du auch geschildert hast Menschen, die an anderen Punkten in ihrer jeweiligen menschlichen Entwicklung oder ihrer persönlichen Entwicklung stehen, also dass man sich überhaupt begegnen kann, weil es ist ja nun mal
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ein globales Phänomen und wenn ich natürlich eine Haltung habe, dass ich mich gar nicht mehr mit jemandem austauschen will, der nicht meine Haltung hat, stelle ich es mir gerade sehr schwierig vor
F: Es ist auch die Frage, will sich der anderen mit diesen Themen beschäftigen? Will sich der austauschen über das Thema? Es müssen sich immer zwei finden zum Austauschen, und wenn der andere gar nicht will…
L: Ja. Und meinst du es wäre sinnvoll, dass es mehr Ort gibt wie die Erde oder das die Erde größer wird oder denkst du das ist eher ein wichtiges und schönes Projekt, aber es ist jetzt einfach ein Projekt was Menschen machen und was da existiert...
F: Nein, es sollte größer werden. Es ist es wichtig was gemacht wird und vielleicht gehen diese Entwicklung dann auch von Mitteleuropa Europa weiter hinaus, schaden kann es auf keinen Fall. Da mache ich mir über andere die größer werden mehr Sorgen (lacht).
L: Und würdest du gerne noch mehr Teil sein oder bist du ganz zufrieden, wie es gerade ist?
F: Ach, zurzeit, äh, vielleicht macht einmal, kann doch sein, wenn ich mehr Zeit habe, vielleicht dann wenn ich in Pension bin, mehr Zeit habe, möglich, zurzeit zurzeit nicht.
L: Und wo wärst du wenn du mehr Zeit hättest gerne noch mehr Teil?
F: Wenn ich mehr Zeit hätte würde ich vielleicht gerne mehr von den Ideen umsetzen die sie haben, also das würde mich schon interessieren, ob ich dann da auch teilnehme kann sein, dass es dann auch soweit kommt, ja.
L: Und mit Ideen meinst du jetzt ganz bunt oder hast du was Konkretes vor Augen?
F: Vom Garten, bis selbst Lebensmittel herstellen, Brotbacken, es ist ich hab zwar einen kleinen Backofen, einen Holzbackofen, aber das Brotbacken ist auch immer eine Zeitfrage, man braucht doch fast mit dem Vorbereiten einen ganzen Tag bis das wieder abgeschlossen ist, da braucht man Zeit dafür.
L: Und hättest du gerne mehr Zeit dafür oder ist es auch Ok, wie es gerade ist?
F: Ja hätt ich schon lieber, hätte ich gern mehr Zeit dafür, ja. Da wo wir wohnen, wir haben eine Garten rund ums Haus, einen Obstgarten und ich bin so aufgewachsen, ich bin hier geboren in diesem Haus und das war immer so, ich bin das so gewohnt, es ist schon Arbeit auch von Rasenmähen, über die Bäume schneiden über das Obst ernten, was macht man mit den Äpfeln? Man muss Saft pressen, es ist das ganze Jahr Arbeit und das obwohl es nur ein kleiner Fleck ist eigentlich. Man braucht Zeit, wenn man da was machen möchte. Es ist schön, aber man braucht Zeit.
L: Und das machst du dann neben dem Arbeiten her und deinem Ehrenamt?
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F: Ja, freilich.
L: Vielen Dank für das Interview.
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Interview mit Gerald, 6.7.2020
Lisa (L): Wie bist du denn eigentlich zur ERDE gekommen?
Gerald (G): Ich kenne den Sascha schon ewig. Ich habe eine lange Zeit in Wien und im Ausland gewohnt. Wir sind aber immer im Kontakt geblieben. Nachdem ich Betriebswirtschaft und Volkswirtschaft studiert habe und auch die Möglichkeit hatte zu sehen, wie Dinge wo anders aussehen können finde ich es hilfreich zu sehen, dass man Mobilitätsbedürfnisse auch anders lösen kann, als wir es hier tun, das habe ich vor allem auch in Holland gemerkt. Wir haben uns immer wieder ausgetauscht und Ideen hin und her gewälzt und theoretisiert. Den Sascha hat es auch immer gefreut, jemanden der ganz tief drin ist in dieser VWL Welt seine Fragen stellen zu können, da vieles auch sehr absurd ist, was in dieser Welt passiert. Sprich die tatsächlichen Ergebnisse sind nicht immer so positiv, wie die angeblichen Ziele, die wir in der Theorie verfolgen. Und dann hat sich eigentlich im Sommerurlaub 2017 für mich etwas verändert. Eigentlich habe ich in Wien gewohnt, mit meiner Freundin, hatte einen recht netten Job und es hat eigentlich alles gut gepasst. Im Sommer haben wir schon zum zehnten Mal festgestellt, dass wir nicht zur Landtagswahl antreten wollen, denn in der Bewegung geht es ja darum, sich lokal um unseren Lebensraum in Villach zu kümmern. Aber wir sind dann draufgekommen, es wäre blöd es nicht zu machen, denn die Perspektiven, die wir haben, könnten wir über die Stadtgrenzen hinaus einfach mal aussprechen und verbreiten. Denn wenn man mal auf der Liste steht, dann hat man die Möglichkeit in Zeitungen und Radios etc. diese Dinge anzusprechen. Nach langem Untereden habe ich mich dann bereiterklärt mich als Spitzenkandidat zur Verfügung zu stellen. Mittlerweile wohnen ich und meine Freundin beide in Kärnten, denn in Wien haben wir zwar Jobs gemacht, die Geld brachten, aber das allein fanden wir auch nicht tagesfüllend. Das war der Anfang, wie wir da zusammengekommen sind. Das war auch sehr sinnvoll, denn wie ich finde, haben wir eine post wachstums Perspektive durch das geldfrei noch etwas verstärkt; ich möchte es nicht radikal nennen aussprechen können. Es war für mich immer wieder schockierend der Einzige zu sein, in all diesen Diskussionen vor den Landtagswahlen, in denen du mit 10 Parteien an einem Tisch sitzt, der überhaupt sagt, dass kann sich alles nicht ganz ausgehen, wie wir das machen. Auch die kommunistische Richtung war nicht, dass der Kapitalismus weg soll, sondern die forderten nur ein Grundeinkommen im Kapitalismus. Da dachte ich mir dann auch, dass wenn es sowieso nur noch 9 verschiedene Geschmacksrichtungen von der gleichen Ansicht sind, dann ist es umso wichtiger, dass wir auch dasitzen und einmal eine neue Perspektive einbringen, was wir auch in den letzten Jahren gesehen haben ist, das ein Aussprechen von der neuen Perspektive bereits die Diskussion verändern kann.
L: Und wie würdest du die neue Perspektive beschreiben?
G: Ich möchte das so erklären, für mich persönlich ich möchte keinen Wahrheitsanspruch stellen: Es gibt eine große Dissonanz zwischen den Dingen, die wir Menschen wollen und als gut empfinden, und den Dingen, die wir den ganzen Tag tun in einem Kontext mit Geld. Das ist auf der einen Seite alles was wir in einem Job tun. Mein doch plakatives Beispiel ist ein Baggerfahrer, der doch eigentlich nichts gegen einen Baum hat, der hat vielleicht auch ein Kind zu Hause und denkt sich, vielleicht
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würde das Kind gerne mal in dem Wald spielen. Aber er hinterfragt es nicht und er hinterfragt auch seinen Chef nicht und der Chef hinterfragt es auch nicht niemand hinterfragt sich gegenseitig denn das muss man halt tun, um Geld zu verdienen. Es ist aber auch die Supermarktkassiererin, die darauf aufpassen muss, dass obwohl offensichtlich genug da wäre, ja niemand mit der Ware hinausspaziert, der es sich nicht leisten könnte. Das liegt auch nicht an der Supermarktverkäuferin, das ist nicht ihr innerer Antrieb. Ein ähnliches Beispiel ist auch beim Heizkostenzuschuss, in Kärnten bekommt man da einen Zuschuss wenn man sehr wenig verdient. Es ist nicht der Antrieb des Magistratsbeamten, wenn jemand letztes Jahr 5 Euro zu viel verdient hat, dem jetzt nicht seinen Heizkostenzuschuss zu geben. Weil der weiß, dass es der andere brauchen kann und gönnt es ihm auch, aber er sitzt da und muss den Daumen runter machen und es ablehnen. Ich persönlich habe einen Job, den ich sehr gerne mag, aber ich weiß, dass ist die ganz ganz ganz große Ausnahme. Diese Dissonanz zwischen dem, was wir in der Welt wollen und dem was wir dort sehen wollen und dem was wir tun, die ist so groß. Wir haben es auch geschafft, bevor wir uns zu dem Thema „Geld Frei“ Gedanken gemacht haben, einen Grundsatz zu definieren im Denken, der eigentlich ein Meilenstein war. Würden wir eine politische Entscheidung, zum Beispiel im Gemeinderat, auch dann wollen, wenn es dabei nicht um Geld gehen würde? Ein ganz wichtiges Argument in der politischen Debatte, dass alle anderen aussticht, das sind immer Arbeitsplätze. Etwas schafft Arbeitsplätze. Abgesehen davon, dass es ökonomisch fragwürdig ist, ob diese projizierten Arbeitsplätze in der Realität wirklich entstehen und welche Qualität diese dann haben würden, ist es ein Synonym für Geld. In der politischen Diskussion wird dann nicht gesagt „Dafür bekommen wir Geld.“, sondern „Dafür bekommen wir Arbeitsplätze.“. Was aus meiner Sicht dafür verwendet wird, dass die Menschen, die am wenigsten davon profitieren, mit ins Boot geholt werden. Denn die brauchen ja diese Arbeitsplätze ganz dringend, zumindest ist das in unserem Kopf so drin. Das ist im Kern das, wo unsere neue Perspektive beginnt. Wenn man das konsequent durchdenkt, dann schlägt sich das natürlich auf alle Bereiche nieder. Da geht’s um: wo bekommen wir unsere Energie her, wie bekommen wir unser Essen zusammen, wie verarbeiten wir es. … Wir versuchen immer alle mit ins Boot zu holen, denn wir glauben, dass Veränderung nicht gegen Menschen gemacht werden kann, sondern, dass diese nur gemeinsam mit allen gehen wird. Ein Beispiel ist da die Ernährungssouveränität. Dort haben wir nie eine Gegenwehr. Denn wenn wir fragen: „Wer will regionales, biologisches und saisonales Essen haben?“, da gibt es dann keinen Gegner. Und trotzdem sehen wir in der Welt, das ist nicht unbedingt die Realität, dass unser Essen so wäre. Das ist nur ein Beispiel für den Zugang, den wir versuchen zu wählen.
Die meisten Probleme sind bekannt. Man braucht nicht auf die Straße gehen und den Menschen erzählen, dass wir Klimaprobleme haben, die Landwirtschaft nicht gut läuft oder dass wir mit unserem Finanzsystem Probleme haben. Was fehlt und was wir geben möchten ist, wie es anders gehen könnte. Was könnte eine Lösung sein, also der erste Schritt? Das ist ein wichtiger Unterschied, denn müssten wir die Menschen erst überzeugen, dass es ein Problem gibt, dann wäre es echt mühsam. So kann man mit vielen Menschen gleich ins Gespräch kommen statt zu polarisieren, man hat da jetzt keine Polarisierung, wie in Österreich mit der starken rechts/links Spaltung, oder auch in den USA. Wir
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Hingegen wollen niemanden schaden und wir haben überall gemeinsame Ziele. Das ist eine wichtige und strake Motivation.
L: Woher kennst du den Sascha?
G: Wir sind schon ganz lange befreundet. Politisch engagiert war ich nie, so wie Sascha aber das muss er dir selbst erzählen. Ich war immer der, der sich über die Welt beschwert hat und in der Erde da auch ein Ventil gefunden hat, dies zu tun und somit zu schauen, was am Ende Bestand hat
L: Was machst du in der Erde?
G: In der ERDE mache ich am liebsten die Dinge, wo mir jemand sagt was zu tun ist [lacht]. Ich bin ja der geringste der Experten, wenn es darum geht zu wissen, was auf einem Acker zu tun wäre oder wie man ein Regal zusammenbaut. Aber ich tu das gern, wenn man mir sagt was zu tun ist und ich mein Hirn ausschalten kann. Ansonsten bin ich eher in der Kommunikation nach Außen und ein bisschen auch in der Konzeptionierung und Ideenfindung der Themen. Also die Dinge, die ich aus meinen Studien und den Themen in denen ich unterwegs war, gut ableiten kann, also Logistik und Volkswirtschaft. Da liegen meine Stärken, da versuche ich so viel wie möglich konkrete Ideen einzubringen.
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Es ist schwer für einen selbst zu sehen was man tut. Es ist schwer greifbar. Wir haben ja nichts erfunden, was wir als Ideen einbringen. Meistens gibt’s das schon wo auf der Welt und wir fügen es mit anderen Ideen zusammen oder machen daraus ein Konzept oder sonst irgendwas. Und da mach ich sicher viel mit. Jeder hat halt so seine Stärken und dadurch seine verschiedenen Bereiche. Da tue ich mir leichter mit dem Blick einfach diese Dinge ein bisschen zusammenzufügen. Mit meiner Volkswirtschaftlichen Perspektive. … Ich glaube, dass es in politischen Diskussionen hilft, da man mich schwer als unglaubhaft darstellen kann in wirtschaftlichen Bereichen. Im Gegensatz zu den Politikern, mit denen man diskutiert, habe ich halt wirklich eine Ausbildung in diesem Bereich [lacht].
Zweitens bin ich auch selbstständig in diesem Bereich. … Trotzdem hat zum Beispiel Sascha, der das geldfrei schon eher lebt und dadurch manchmal auch eher in eine Ecke gestellt wird, genauso tolle und fundierte Gedanken in diesem Bereich. Wir versuchen das dann auch so zu leben, dass jeder mitreden kann. Nur die Gesellschaft nimmt das halt oberflächlicher wahr. … Was in der Realität diskutiert wird, was die gängige Wirtschaftslehre ist, und dem was wir gerne hätten, da schlage ich die Brücke.
L: Wie schlägst du diese Brücke persönlich?
G: Für mich ist das Gott sei Dank super einfach. Ich bin von Menschen, die ich aus dem Arbeitskontext flüchtig kannte, dazu verleitet worden mich selbstständig zu machen. Ich bin in der IT Beratung. Thema Digitalisierung: Da geht’s ja oft darum, dass wir weniger Arbeitsplätze haben am Ende des Tages. Wobei ich persönlich auf eine Welt zuarbeiten will, wo man den Tag genießen kann, weil wir weniger Arbeiten [lacht]. Die meisten Dinge, die ich mach, richten gottseidank wenig Schaden an und ich habe selbst auch eine
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ziemliche Freude daran. Das ist einmal das Berufliche. Und durch die Selbstständigkeit sitze ich jetzt nicht 40 50 Stunden in einem Büro, sondern habe die Möglichkeit gefunden sehr flexibel zu sein. Ich kann dadurch Zeit in die ERDE und in die ganzen Projekte einbringen. Mit unsrer neugeborener Tochter, jetzt ein bisschen weniger, aber trotzdem. Ich sehe Arbeiten jetzt nicht als Hobby, aber nicht als zentralsten Bestandteil meines Lebens. Aus der Realität weiß ich: Wenn man 10 Stunden jeden Tag bei einem Konzern arbeitet, wie ich es getan habe, es schwer ist, dass nicht zu einem zentralen Bestandteil der eigenen Identität werden zu lassen… Gerade wenn man nicht nur eine ausführende Tätigkeit, sondern eine größere Verantwortung inne hat. Selbst im Urlaub ist es mir nicht gelungen, nicht an die Arbeit zu denken. … Da tue ich mir jetzt leichter, weil ich einfach unterschiedlichste Projekte habe und da nicht so emotional drin hänge. Jetzt kann ich meine Emotionen und Zeit auf die ERDE und die Dinge, die ich der Welt gerne ändern würde und auf meine Familie lenken. …
L: Wie stehst du zu der Geldfrei Gruppe? Wie sieht das in deinem Alltag aus?
G: Ich persönlich versuch alles dazu beizutragen, um es der Gruppe zu ermöglichen, möglichst gut und weit zu kommen. Persönlich für mich, möchte ich gerne meiner Arbeit weiterhin nachgehen, weil es mir Freude macht. Aber ich möchte, dass die geldlogikfreien Gedanken in die Welt kommen. Was wir auch immer sagen, ist dass wir über niemanden herrschen wollen und sagen wollen es MUSS jetzt so und so sein. Aber es wäre uns wichtig, dass es die Möglichkeit gibt, so existieren zu dürfen. Das ist mir ein großes Anliegen, dass das in die Welt kommt. Mit der Gruppe fällt es mir leichter, einige Bereiche in meinem Leben geldfrei zu organisieren. Da geht’s um Ernährung, Deos und auch die Denkrealität. Das ist so ein großer Schritt im Leben und auch ein langfristiger und großer Prozess, überhaupt den Gedanken zuzulassen, dass zwischenmenschliche Beziehungen mit Menschen, die nicht in der einigen Familie sind, Geldfrei funktionieren können. Denn auch wenn Nixon einmal gesagt hat: „There is no such thing as free lunch.“ möchten wir aufzeigen, dass es das aber trotzdem gibt. Das Menschen nicht alles bezahlt haben müssen, sondern dass ein Mensch einfach etwas für den Anderen tut. Oder was ich viel mehr noch sehe in der Erde ist, dass Menschen etwas für die Gemeinschaft tun. Da wird es dann komplett egal, wie viel man selbst draus bekommt oder wie viel der andere bekommt. Man tut das was man kann und gibt was man geben will und es gibt das Aufrechnen nicht und auch den Tausch nicht. Ich weiß noch beim Wahlfrieden, als ich zur ERDE dazugestoßen bin, habe ich dem Sascha erklärt, dass es unmöglich ist irgendetwas ohne Geld zu machen. Absolut absurd dachte ich früher, als ich aus der Konzern Umgebung kam. Und ich verstehe heute auch noch jeden, der das nicht glauben und nicht verstehen kann, auch aus dem Degrowth Kontext. Denn man muss es zuerst erleben, bevor man aus dem ausbrechen kann, was man geglaubt und gelernt hat. Es ist witzig, wenn man mit Menschen redet, sie selbst können sich das schon vorstellen, aber mit den anderen geht das natürlich nicht. Bis jetzt haben wir es nicht geschafft einen der „anderen“ zu treffen. [lacht] Wir freuen uns darauf, wenn das irgendwann mal noch passieren sollte [lacht].
L: Wie funktioniert das als Gemeinschaft? Wie geht ihr miteinander um?
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G: Wenn wir es uns anthropologisch ansehen, hat der Mensch ohne Gruppe selten überlebt. Bis zu einer gewissen Gruppengröße kann man den Menschen motivieren, etwas füreinander zu tun. In Villach, wir haben hier 60.000 Einwohner, glaube ich, kann man den Menschen vermitteln, dass wir zusammen etwas tun, denn wir wollen nicht, dass hier jemand obdachlos ist, kein Wasser, kein Strom etc hat, also das man hier eine geldfreie Versorgung aufbauen könnte; ich glaube aber, dass es ungleich schwieriger wird bei größeren Gruppen. Also ich glaube das 60.000 Einwohner fast schon die Obergrenze ist, wo so etwas möglich ist. Ich glaube in einer Großstadt wäre das nur sehr sehr schwer möglich. Das das aber etwas ist, wo wir uns nicht trauen, hinzusehen. Ich habe gemerkt, wie man in der ERDE miteinander umgeht, wertschätzend, offen für neue Ideen, zuhörend verständnisvoll und einfach etwas für die Gruppe zu tun, das ist für mich, obwohl ich es vorher in der Form nie gemacht habe und es für mich daher auch komplett neu war, die viel natürlichere Form mit Menschen umzugehen als die tausch basierte, die geldvermittelte, ich der ich automatisch in meinem Kopf ständig aufwiege. Aus meiner Sicht ist es auch der wesentlich effizientere Weg miteinander umzugehen, denn dieses ständige Aufrechnen und sich Sorgen machen, ob man genug herausbekommt, für das was man rein gibt, ist zum einen nicht ressourcenschonend für die geistigen Kapazitäten. Und zum anderem ersparen uns eine Buchhaltung, die es in der ERDE nicht gibt. Wir brauchen keine Zeitkonten führen und auch bei den Wahlen haben wir gemerkt, dass wir kein großes Marketing Konzept brauchen. Denn wir tun das mit den Dingen, die da sind, die Dinge die dann entstehen sind ungleich hochwertiger von der Qualität her, weil sie nur von Menschen gemacht werden, die das so tun wollen und zwar nicht auf die Weise wie ihnen gesagt wurde wie sie es tun müssen, sondern wie sie es für richtig halten. So kann man immer ein kleines Stückchen von sich selbst in das was man tut hineingeben. Und es kommt so keine Verschwendung dabei heraus. Das merken wir auch in der Küche, Speiseabfälle reduzieren sich bei uns auf ein Minimum und das landet am Kompost. Also auch da ist der Umgang, den wir mit den Dingen haben, gleichzeitig ein menschlicher Umgang. So baut sich Vertrauen auf. Auf der einen Seite in die Gruppe, aber auch in die Welt. Da habe ich schon viele transformative Prozesse miterlebt. Wie man von einer großen Angst vor der Welt über längere Zeit ein komplett anderes Weltbild bekommen kann. Weil man sieht, man kann mit Menschen, die nicht im Familienverbund sind, wirklich offen über Dinge reden, die einen beschäftigen, man kann seine Ideen einbringen und alle Ideen werden als wertvoll anerkannt und man kann offen ansprechen, wenn etwas auch mal nicht so gut geht. So weiß man auch immer, woran man ist. Der Umstand, dass wir Geld Frei organisiert sind, hilft, dass die Frage, ob sich jemand bereichern könnte an der Gruppe, gar nicht erst aufkommt. Denn niemand kann etwas nehmen, was nicht am Tisch liegt. Es gibt keine Konten im Hintergrund, niemand wird bezahlt und so bekommt auch niemand mehr wie der andere. Wenn das nicht existiert, dann gibt es auch den Gedanken nicht. Ein Beispiel: Beim Wahlfrieden sind wir um 8 Uhr jeden Tag draußen in der Kälte gestanden und du weißt, jeder ist da, weil er es will. Niemand bekommt auch nur einen Cent dafür, dass er da steht und wenn er das nicht echt wollen würde, dann würde er das sicher nicht machen, dann wäre er eher zu Hause im warmen Bett [lacht]. Dadurch ist es dann ein ganz anderes Gefühl. Im Beruf ist das umgekehrt, da habe ich nicht das Gefühl, dass jeder dasitzt, weil er dasitzen will, das kommt im Büro eher selten auf. Gibt es auch, aber ist nicht die Regel.
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L: Wie wird mit Konflikten und Herausforderungen umgegangen?
G: Die Frage ist, was ist ein Konflikt und warum kommt er auf. Wenn ich nicht in schlechter Stimmung bin, kommt eh meistens kein Konflikt auf. Darüber hinaus wissen wir alle, dass wir alle aus einem Grund da sind. A: so wie es in der Welt ist finden wir es nicht sonderlich cool und B: wollen wir das gemeinsam verändern. Damit sind 90 Prozent der Konflikte vorbei, denn damit ziehen wir am selben Strang. Denn selbst wenn etwas nicht 100% meine Idee ist, bin ich froh, dass sich die 95% ändern und umgesetzt werden. Das ist schon mal zur Konfliktvermeidung eine super Herangehensweise, glaube ich. Und bei den Konflikten, die es dann noch gibt, werden die Dinge im persönlichen Gespräch angesprochen und in der Gruppe ausdiskutiert. … Mir ist es tausendmal lieber, dass irgendwas passiert, auch wenn es nicht 100% meine Idee ist, als das wir noch 5 Stunden wo sitzen und uns sagen, dass wir die Welt so wie sie ist, nicht cool finden. … Das ist glaube ich der wesentlich produktivere Zugang. Sehr viel von dem was ich jetzt sage ist implizit, es ist nicht so, dass diese Regeln irgendwo an der Wand stehen. Aber es ist halt das, was passiert, wenn die Menschen miteinander in einem gewissen Vertrauensverhältnis agieren. Ich kann dann in Konfliktsituationen immer wieder zurück zu dem Punkt in meinem Kopf kommen wo ich weiß, dass der andere mir oder der Gruppe nichts Böses will. Das ist ein wichtiger Anker, auf den man sich immer wieder rückbesinnen kann, wenn es mal turbulenter wird. In einer Gruppe, in der das menschliche Miteinander im Mittelpunkt steht, lernt man schnell die Fähigkeiten, die man eben nicht in der Schule lernt, die hierfür aber unbedingt notwendig sind. Wie man eben miteinander umgeht. Das sind aber Dinge, die man in so einer Gruppe wo das Menschliche aber auch der Einzelne mit seiner Einzigartigkeit in Fokus steht, schnell lernt. Dadurch, dass ein Raum da ist, wo man man selbst sein kann. Es ist ein Lernprozess und nicht etwas wo man sagt, ich spazier kurz rein und dann kann ich das alles, aber es geht dann sehr schnell, weil es etwas ist was sich sehr natürlich anfühlt, was glaube ich einfach in uns drin ist. Eine große Herausforderung ist, wenn viele neue Leute zur ERDE hinzukommen. Erstens können sich die Menschen schwer vorstellen, dass wir ohne hierarchische Organisationsform funktionieren. Viele Menschen kommen und fragen: „Wo ist der Chef?“. Und auch wenn wir ihnen erklären, dass es hier keinen Chef gibt, denken sie, wir haben ihn irgendwo versteckt [lacht]. Zweitens sind unsre Themen sehr weit weg davon, wie wir die Welt heute strukturieren und organisieren. Bis hin zu den konkreten Ideen, wie wir uns vorstellen, dass die Welt funktionieren könnte, ist das ein geistig sehr weiter Schritt. Wenn einzelne Personen im Laufe der Zeit hinzukommen, funktioniert das meist gut. Wenn in kurzer Zeit viele Personen hinzukommen, ist es oft sehr schwer, dass alles zu vermitteln. Weil das auch nicht in einem Gespräch getan ist, sondern das ist ein Prozess. Damit man versteht, dass es hier nicht um Konkurrenz geht. Es ist sehr schwer diesen eigenen Bias abzulegen, dieses Konkurrenzdenken, dieses Streben in einer gewissen Form nach Selbstbereicherung. Das man nicht im Mittelpunkt steht, sich selbst nicht bereichert, keinen Ruhm erntet. Diese Dinge nicht im Fokus haben das ist ein recht großer Schritt, diese sozialen Dinge, die wir einprogrammiert haben, aber auch diese Ökonomischen, wo halt erklärt wird, die Welt ist so. Und das ist schwer und geht nicht damit, dass man sich mal zwei Stunden mit jemandem zusammensetzt. Und es geht auch nicht darum jemanden zu bekehren. Aber dass man jemandem wirklich glaubwürdig erklärt, dass wir hier so seit sechs Jahren wirklich funktionieren, weil die
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meisten Menschen glauben, dass das nicht einmal mehr möglich wäre...Und dann jemandem glaubwürdig zu machen, das ist aber so also du kannst ruhig glauben, dass das nicht funktioniert, aber es ist halt so, es ist hier Realität, das ist schon sehr, sehr schwer. Also was man auch oft sieht, also wir haben das mit einer Gruppe gesehen mit der die Kooperation nicht so gut funktioniert hat, weil unterschiedliche linke Ideen vorhanden waren und auch die Diskussion, ob wir ein Verein sein sollen, damit wir Spenden annehmen können usw., weil man „muss“ sich ja irgendwie finanzieren da haben wir echt viel Zeit rein investiert um zu sagen, nein, wir brauchen kein Geld! Wir können die Sachen auch ohne Geld machen aber es hat nicht funktioniert. Da haben wir gesehen, wenn man da nicht wirklich jede Woche vor Ort ist und das klar macht, dann ist das ganz schwer vermittelbar. Das sind schon große Herausforderungen. Umso wichtiger, dass wir es vielleicht in Villach mal schaffen, einige Dinge einmal in die Welt zu bekommen. Was wir auch in der Degrowth Konferenz vor kurzem mal hatten, das war die Diskussion „Ja, das ist ja alles ganz nett und für zehn Leute geht das sicher, aber für einen größeren Scale ist das unmöglich". Daher finde ich es gut, dass wir uns die Möglichkeit uns erarbeiten, das auf einer etwas größeren Fläche zu zeigen, was möglich ist. Denn wir haben schon so viele Dinge gemacht, wo Menschen gesagt haben, dass die unmöglich sind, dass ich auch müde geworden bin, mit Menschen zu diskutieren, was alles möglich ist. Besser wir packen das jetzt einmal an und schauen dann was möglich war, und was nicht. Ich bin davon überzeugt, dass unser `anders` miteinander umgehen und uns organisieren im direkten Zusammenhang mit der Geldlogikfreiheit steht. Aber es ist sehr schwer, dass jemandem zu übermitteln, der sich die Zeit dafür nicht nehmen kann oder will.
L: Kann man diesen Zusammenhang überhaupt erklären, oder muss er nicht erlebt werden?
G: Es ist auf der einen Seite bis zu einem gewissen Grad einfach und irgendwo wird es halt schwieriger. Wir haben auf der Degrowth Konferenz mit Menschen gesprochen wo ich das Gefühl hatte bis auf wenige Ausnahmen das die meisten da schon irgendwie ihre Idee gehabt haben wie wir das jetzt machen mit der Welt, und das ist es. Ist auch voll Ok, ich will da eh keinen überreden. Und ich hatte selbst schon die verrücktesten Ideen, wo ich dachte, das ist die Lösung (bspw. Vermögenssteuer um die soziale Ungleichheit zu beheben) und dann wird die Welt super. Und da wird’s schwierig, weil dann im Gespräch doch jeder anfängt, seine Idee zu verteidigen. Es wird ganz arg schwierig und das verstehe ich auch wenn Menschen sich intensiv mit einer Idee beschäftigt haben und viel Energie darein stecken und dann kommt jemand und sagt, ich glaub dass das nicht funktionieren wird...statt zu sagen: Yay, endlich erzählst du uns das! Ähnliches habe ich bspw. erlebt, wenn jemand etwas rechtradikales gesagt hat und ich ihm am liebsten ins Gesicht geschrien hätte „das kannst du nicht sagen“ , aber noch nie erlebt habe, dass die Reaktion dann war: „ Ach so, endlich sagst du mir das dann lasse ich das und komme am besten mit dir zu deiner Gruppe mit.“ Also das ist das ganz schwierig. Und mit den Wahlfriedensituationen war es eher leicht, weil man einfach mit Menschen darüber sprechen kann, wobei sie meistens eh selbst anfangen damit, was alles an der Welt schlecht ist, also wo ihre Themen liegen, und wir seit geraumer Zeit überlegen, unsere ich zu durchdenken, und in vielen Bereichen auch auf Lösungsansätze
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gekommen sind. Dann kann man über die Dinge sprechen. Und was sehr hilfreich ist, wir können inzwischen immer auf etwas verweisen. Wenn wir beim Staatgutfestival Saatgut verschenken, dass mindestens 20 Leute in acht Stunden Vorbereitung einfach so bereitgestellt haben, und es selbstgebackenes Brot, Musik und die Verschenkbox gibt, da kann ich jedem der sagt, das geht nicht ohne Geld, sagen „ ja schau dich mal ein bisschen um in der Welt und schau auch, was du selbstf gratis tust am Tag, ohne etwas dafür zu wollen.“ Das kann man inzwischen schon gut durch unsere gelebte Realität entkräften. Weil wenn man etwas gar nicht sieht und es nicht in irgendeiner Form greifbar ist, sondern nur eine Idee wie wir die Welt gestalten sollten...Sagen wirs so, ich tu mich schwer mit Poilitiker*innen die sagen Veränderung muss von der Basis, vom Konsumenten, ausgehen, das finde ich eine perfide Zurückweisung der eigenen Verantwortlichkeit. Aber ich glaube schon, das eine richtige Veränderung wirklich von den Menschen ausgehen muss, aber in der Form, dass wir selbst erkennen, was denn auch unsere Möglichkeiten sind in unserer Welt. Ich glaube, dass massiv viele sehr intelligente Menschen auch Energie damit verschwenden, dass sie sich gegenseitig erklären, was man nicht tun müsste, anstatt es zu tun. Also das was wir bei der Erde tun ist auch zeitaufwendig, aber wenn ich mir in einem Internetforum durchlese, was da alles bspw. zu erneuerbarer Energie diskutiert wird, dann ist das was wir in der Erde an einem Tag machen locker zehnmal abgedeckt.
Ich glaube, dass es ganz wichtig ist, dass wir auch wieder die Eigenverantwortung in den Blickpunkt bekommen. Nicht nur drüber reden, was wir als Westen in der Welt tun und dass wir Verantwortung übernehmen müssen und keine Waffen mehr exportieren dürfen, sondern einfach wirklich so anfangen zu leben, dass wir für unser Leben zum Beispiel kein Öl mehr brauchen. Das wir uns so organisieren, dass wenn wir wo von A nach B müssen mit dem Auto, wir das auf ein Minimum reduzieren und es selbst nicht mehr befeuern. Eigentlich ist es erschreckend einfach, dafür dass es fast keiner tut.
L: Würdest du dir persönlich wünschen Geld Freier zu leben, als du es heute tust? Oder ist der Eindruck richtig, dass du dich gerne sowohl in der Erde als auch beim Arbeiten für Geld bewegst? Weil ich persönlich finde das Erkennen dieser Zusammenhänge und dann das mich zurechtfinden in der Außenwelt, wo ich noch keine Alternative habe, eher aufreibend...
G: Es ist sicher wichtig, dass die ERDE nicht dogmatisch ist. Wir haben keine Mitgliedsliste und es wird bei einem Wochentreffen nicht abgezählt, wer da ist und wer nicht. Und wenn du nach 1,5 Jahren wieder in die ERDE kommst, dann freuen sich einfach alle, dass du wieder da bist. So verhält es sich auch mit der Geld Frei Gruppe. Also wenn jetzt morgen in den Supermarkt einkaufen gehst, wird das nächste Mal wenn du in der ERDE bist, nicht mit dem Finger auf dich gezeigt: Du warst einkaufen! Du warst nicht geldfrei! So was gibt es nicht. Daher bekomme ich auch in der Gruppe keinerlei negatives Feedback, für die Art und Weise wie ich lebe. Und ich selbst bin der Meinung, aber das mögen dann andere beurteilen, dass ich genauso wie ich gerade lebe in dem Kontext der Erde den best möglichen Beitrag leiste.
Also ich möchte helfen, die Strukturen in die Richtung zu bringen, dass möglichst viele Menschen Geld Frei leben können. Weil das merke ich schon, dass da wo in der eigenen Lebensrealität das Geld aufhört zu existieren, dass das für den Geist auch sehr heilsam ist, sodass ich da auch selbst immer weiter hineinkomme oder umgekehrt, wenn meine
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Tochter mit 20 Jahren irgendeinen sinnlos Job macht, dann haben wir als Generation versagt. Ich finde das wir das sehr gut machen ich glaube Extinction Rebellion hat diesen Ansatz no blaming, no shaming auch als Grundsatz, aber ich glaube man muss sich schon die Frage stellen, was man bis zu einem gewissen Zeitpunkt als Generation erreichen sollte. Und ich finde, dass wir da in den letzten zehn Jahren sozialpolitisch ziemlich stehen geblieben sind. Es ist ja nicht so, dass es nicht mehr würde also aus ökonomischer Sicht haben wir uns mindestens verdreifacht seit den 60iger Jahren, aber es ist jetzt nicht so, dass die Menschen zwingend mehr Zeit hätten und weniger arbeiten müssten oder das sich die Menschlichkeit, die Zeit mit der eigenen Familie, dadurch irgendwie verbessert hätte. Und da sehe ich in der Geldfreiheit möglichst vieler Lebensbereiche einen rießen großen Schritt, ich glaube, dass wir einen großen Teil an wirklichen Bedürfnissen, die wenn wir dann mehr Zeit hätten an Bedürfnissen noch bleiben würden, regional lösen und abdecken kann. Sollte am Ende das Geld für überregionale Tätigkeiten übrigbleiben, dann wäre trotzdem schon ein großer Schritt getan. … Ich finde die CO2 Steuer oder bedingungsloses Grundeinkommen an sich gut, aber ich möchte meine Zeit dort hineingeben, wo ich wirklich will, dass die Welt so aussieht. Also wenn ich mir erträumen kann, wie die Welt aussieht, ist es nicht diese Welt mit einer CO2 Steuer. Und das soll nicht heißen, dass die nicht gut wäre oder ich jemandem jetzt zu nahe treten möchte. Aber man muss sich mal die Frage stellen: was will ich denn wirklich und dann wie kommen wir dahin? Aber wenn ich jetzt 20 Jahre für etwas kämpfe, dann möchte ich nicht, dass das dann zum Schluss 3 Prozent Vermögensteuer ist. Dann frage ich mich, Leute, was tun wir da?
L: Kannst du dir vorstellen, dass das was ihr in der ERDE tut skalierbar ist?
G: Aus verschiedenen Gründen: Ja, ja und ja. Erstens, wenn wir in Österreich unterwegs sind und Vorträge etc halten, bekommen wir oft das Feedback, dass das in Österreich leider nirgendswo so funktioniert. Und jetzt fragen uns die Menschen, warum es so funktioniert und stellen Fragen und ich glaube das deswegen auch Menschen schon angefangen haben, dass eine oder andere zu reproduzieren. Also dazu haben wir schon einen Beitrag geleistet. Dann gibt es Dinge die wir tun so wie Verschenkboxen wo uns jetzt Menschen aus Salzburg gefragt haben, wie war das machen und das dann auch umsetzen; dann treten wir auch politische Diskussionen los, die durch Fernsehberichterstattung dann in andere Teile Österreichs gelangen. Das was wir machen, das wirkt auf jeden Fall, davon bin ich überzeugt. Ich glaube es ist ganz wichtig diese Geld Frei Thematik auf verschiedenen Ebenen zu führen. So wie Eske es zum Beispiel macht auf einer sehr theoretischen Ebene. … Umso mehr Menschen etwas besprechen, auch wenn sie dagegen argumentieren, umso eher kann es zu einer Gedankenrealität werden und so erst kann es zu einer richtigen Realität werden. Da ist es erstens wichtig zu zeigen, dass es bereits existiert und das es funktioniert. Und zweitens, das man lernen kann, was denn nicht so gut funktioniert, und was sind denn die Schwierigkeiten und die Probleme, die es ja bei allem was man tut auf der Welt gibt. Ich glaube das Villach der perfekte Ort ist, um diesen Wandel auch weiterzutragen und zur Pionier Region zu werden; das liegt zum einen an der richtigen Größe und zum anderen daran, dass es sehr begünstigt liegt, was klimatische Bedingungen angeht Trinkwasserversorgung usw, aber auch die Grenznähe Richtung Balkan und Italien. Und
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in Kärnten kommt auch geistig immer mehr an, dass Menschen hinter der Grenze vielleicht keine Kärtner im engeren Sinn sind, aber keine andere Menschen, Gegner, Feinde sondern Freunde sind. Und das ist auch eine gute Lage um das zu veranschaulichen. Ich glaube also, dass das skalierbar ist und dass wir für die Zeit, die wir hineingegeben haben, auch wenn es viel Zeit ist, auch schon unglaublich viel erreicht und bewegt haben; auch wenn das oft selbst schwer zu sehen ist. Aber wir bekommen oft Feedback wo wir dann denken, ist ja gar nicht so schlecht was wir da machen, auch wenn es doch ab und zu darauf hinausläuft, dass wir am Ende in einem Kreis sitzen und Dinge besprechen, hat aber anscheinend trotzdem wenn man es beharrlich tut und das auch was macht mit dem was man bespricht, einen Impact in die Welt. Und das ist ganz ein wichtiges Zeichen. Also nicht, der Konsument entscheidet wie die Welt aussieht, sondern wenn man will und sich zusammentut man in seinem Lebensraum die Lebensrealität verändern kann. Also schon der Kosument, der Bürger hat die Macht aber nicht so, dass er seine Stimme jetzt alle vier Jahre abgibt, sondern dass er selbstgestaltend und wirkend sein kann. Ich habe ja an der größten Wirtschaftsuni in Europa immerhin Volkswissenschaften studiert und warum studiere ich das Ganze? Weil ich immer Antworten auf ein paar Fragen wollte, wobei sich auch die Fragen mit der Zeit geändert haben und komplexer wurden, aber prinzipiell wollte ich wissen, was ist denn jetzt der ganze große Plan, weil irgendwie scheint das ja nicht so gut zu funktionieren. Die Ungleichheit war für mich immer ein großes Thema, weil ich so wie ich aufgewachsen bin mitbekommen habe was es für einen Menschen bedeutet, wenn er sich da schwer tut und was es heißt was es bedeutet, wenn man die Miete nicht bezahlen kann. Auf jeden Fall wurden mir meine Fragen nicht beantwortet. Und ich habe mit anderen Forscher*innen auf der Welt aufgezeigt, dass die Empirie in Bezug auf Ungleichheit nicht das liefern konnte, was die Modelle glauben vorhersagen oder liefern zu können. Also das wir nach Modellen unsere Wirtschaft ausrichten, die ganz offensichtlich nicht zu den Ergebnissen kommen, die sie sie selbst sagen, dass sie eintreten werden. Das zweite Thema: Bei allen Themen, nehmen wir Vermögenssteuer, oder allgemein Kommunismus also das alle Dinge verstaatlicht werden oder das Grundeinkommen das ist alles schön und lieb, die haben aber alle irgendwie, also nie hat ein Modell das ernsthaft diskutiert worden wäre oder in der Lehre gewesen wäre, und das Problem ist, dass was in der Lehre in der Volkswirtschaft heute ist, das dominiert die Köpfe der wirtschaftlich Entscheidenden in den nächsten 20 30 Jahren; und da ist nichts vorhanden, das in irgendeiner Form die ökologischen Realitäten unserer Welt in Betracht zieht und da haben wir ein kleine Problem, denn es ist echt super wenn ich cool mathematische Modelle mache und es ist auch echt super wenn ich einen Computer habe, das mit Daten generieren kann, nur wenn ich diese Komponente außer acht lasse, die auf anderen Gesetzmäßigkeiten beruht auf Naturgesetzmäßigkeiten die wir egal wie viel nette Gleichungen wir aufschreiben, nicht dadurch ändern werden, dann habe ich einfach einen rießen Teil, den wir außer Acht lassen. Und es gibt kein Modell, das in irgendeiner Form glaubwürdig vermitteln hat können a.) wie wir der Ungleichheit und dem Herrschaftskonstrukt im Kapitalismus aber auch im Staats Kommunismus begegnen können und b) wie wir diese ökologischen Probleme in den Griff bekommen und da geht es nicht nur um den Klimawandel, deswegen nenne ich den meistens explizit nicht, sondern es geht darum, dass die Ozeane fertig sind, das wir ein Ökozid in sofern haben, dass Arten wirklich schon ausradiert haben, dass das alles auf uns wieder Auswirkungen hat wobei ich finde, das
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ist eine sehr menschliche oder unmenschliche Betrachtungsart, weil wir dann nur wieder darüber rede, was heißt das denn für uns? Ganz so, als hätten wir das Recht, alles auf dem Planeten zu zerstören, was ich auch nicht so sehe und was noch zu hinterfragen wäre.
Und da ist mir keine Lösung angeboten worden. Und da waren dann zwei Dinge: Das eine, wie ich schon gesagt habe, dass sich unser Miteinander viel natürlicher anfühlt als alles andere was ich sonst gesehen habe und das zweite, so wie wir das da tun, haben wir keine Notwendigkeit alles kaputt zu machen; weil anscheinend wenn wir wirklich die Bedürfnisse erfüllen, die uns ermöglichen dass es uns gut geht wir nicht die Notwendigkeit haben, alles kaputt zu machen. Das wir einen wesentlich kleineren Fußabdruck hinterlassen, aber nicht weil wir uns kaputt sparen oder verzichten müssen, sondern weil wir offensichtlich nicht mehr brauchen damit es uns wirklich gut geht. Kommen wir nochmal zurück zu den Kommunisten und dem Grundeinkommen, weil das ist ein wichtiger Punkt: Das wird hoffentlich so funktionieren, dass wenn die Menschen erst ein Grundeinkommen haben, sie nicht mehr arbeiten gehen müssen in Jobs, die sie nicht mögen und dann die Zeit haben darüber nachzudenken, dass sie ja ganz andere Bedürfnisse haben und dadurch, dass sie ja andere Bedürfnisse haben, dieses Konsumieren nicht mehr machen. Das Hauptproblem was ich sehe ist, dass Menschen mit einer hohen Konsumquote, also Menschen die einen hohen Prozentsatz von ihrem Einkommen gleich wieder für Konsum ausgeben, wenn man denen mehr Geld in die Hand drückt, wird uns das ökologisch nicht sonderlich viel helfen. Das zweite ist: diese Argumentation, das ist echt ein ziemlicher long shot, ich verstehe, dass ihr das glaubt, aber da sind so viele Ifs dazwischen, dass das aus meiner Sicht nicht funktionieren kann. Und ich muss sagen, dass für mich das Grundeinkommensthema von allen anderen Themen die ich kenne, noch am nähesten dran ist und das möglich wäre und funktionieren könnte.
Zurück zu den Degrowth da geht es immer darum, dass wir ökonomisch nicht mehr wachsen, es gibt so viele Studien die ganz klar zeigen, dass wir es nicht schaffen, unser Wirtschaftswachstum von unserem Ressourcenhunger zu entkoppeln, ich kenne keine einzige Studie, die das Gegenteil behauptet, dh. da gibt es wirklich so viel empirisches Material.
Also mal angenommen wir kriegen das hin und machen dann Cradle to Cradle, was alles super und sinnvoll ist und ich will ja das wir das machen, aber wir müssen einfach auch erkennen und da will ich jetzt gar nicht darauf eingehen ob das so ist oder nicht ist wie Eske Bockelmann das behauptet das allein im Geld in seiner Existenz ein Wachstumszwang inhärent ist oder nicht, sondern sobald wir kein Wirtschaftswachstum mehr haben, kollabiert unser gesamtes Wirtschafts , Sozial , Gesundheits und Pensionssystem, es ist nicht anders möglich. Es funktioniert nur dadurch, dass die Menge die darin zirkuliert, immer weiterwächst. Und wenn mir jemand das vorrechnen kann, und das witzige ist ja wir haben ja die Modelle und in soweit sind sie schon vertrauenswürde, und in jedem Modell kannst du dir anschauen, was passiert wenn das Wachstum nicht da ist. Und das ist bei einem geringen Wachstum schon einmal echt unschön, und bei einem schrumpfen ist das echt für den Arsch. Nehmen wir die geplante Obsoleszenz, jetzt bauen wir Waschmaschinen in Zukunft so, dass sie lange halten, dass sie einfach zu reparieren sind und dass die Reperaturteile noch aus dem Drei D Drucker kommt, wer wird denn noch einen Job haben, wie wird das denn funktionieren, wenn wir 2/3 weniger Waschmaschinen verkaufen? Wer würde denn noch ein Geschäft
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machen, dass Minen vertreibt am anderen Ende der Welt, wo wir Erze oder sonst irgendwas abbauen, wenn wir das ganze Zeug recyclen? Wir müssen mal ausrechnen was wir seit dem zweiten Weltkrieg an Rohstoffen generiert haben und jetzt haben wir nicht alles durch den Kamin geheizt wie das Öl, sondern es gibt genug Minerale und Metalle, die, wenn wir die recycelt kriegen, wir nichts mehr importieren müssten wahrscheinlich. Also das ganze Business kollabiert, die ganzen Arbeitslosen müssten wir über den Steuertopf versorgen, die Krankenkassenbeiträge sinken, die Pensionskassenbeiträge sinken da ist es morgen vorbei. Man kann das zwar so schleppend machen wie wir das gerade machen, die ganzen Insolvenzen, Geld neu drucken etc , aber dann ist es halt übermorgen vorbei. Die Wahrheit ist, eine Degrowth ist in unserem Wirtschaftssystem nicht möglich, was nicht heißt, dass eine Degrwoth nicht möglich wäre. Wenn wir dann zu der Frage kommen, ob der Wachstumszwang im Geld inhärent ist? Ja dann, wird Degrwoth mit Geld nicht funktionieren. Und wenn wir beim Geld, es ist schwierig und es gehört elaboriert aber was schon anschaulich ist, dass wenn wir eine Transaktion, einen Geldtausch, machen, ist es schon so dass wir am Ende gerne mehr raushaben wollen, als wir reingesteckt haben. Und dieses Prinzip, und wen wir diesem Prinzip nicht mehr folgen, ist es nicht mehr Geld und dann ist halt echt die Frage, warum würden wir das überhaupt noch machen; das ist ja dann sehr kontraproduktiv, wenn wir immer weniger haben und umso mehr wir haben, umso weniger haben wir zum leben also ich weiß nicht wie das dann funktionieren soll. Aber eben, wenn wir sagen Degworth funktioniert mit Geld nicht, dann kann es eigentlich nur ohne Geld funktionieren.
Aber das ist nur eine Theorie, ich kenne keine bessere. Ich würde voll gerne eine einfachere Lösung glauben, gar kein Problem, dann machen wir das und dann sind alle happy.
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Interview mit Jutta, 13.7.2020
Lisa (L): Was ist denn die ERDE für dich? Wie würdest du sie beschreiben? Jutta (J): Für mich ist die ERDE ein Ort wo ich gerne hingehe, weil ich dort auf Menschen treffe, die ehrlich sind, authentisch. Die deswegen gerne dort sind, weil sie spontan sein können, das tun können, was sie gerne tun. Wo wir einen Raum haben, wo wir verschiedenste Dinge machen. Wo wir auf Menschen treffen, die ähnlich denken, die etwas schaffen wollen, was sie mit den Händen machen wollen. Einfach tätig sein, etwas sehen, das man aufbaut, etwas beim Wachsen zuzusehen. Es ist egal, ob man in einer Gartengruppe ist, wo man etwas ansetzt, ob man beim Basteln etwas herstellt oder beim Kochen gemeinsam isst. Mit dem Menschen und für den Menschen gemeinsam ans Werk gehen. Dabei spürt man sich selbst, das ist authentisch und ehrlich. Das schätze ich an der ERDE, deswegen bin ich dort gerne. Wenn man außerhalb der ERDE ist, dann ist es, als ob man sich verkleidet, man stellt irgendetwas dar und in der ERDE ist der Raum, wo du den Menschen so begegnest, wie er wirklich ist. … Dadurch, dass wir uns gut kennenlernen, … merkst du, dass wir Menschen eigentlich und das finde ich wunderschön so vielfältig sind, so bunt sind. Das ist wunderschön, das so zu erleben. Zu erleben, dass wir bunte Wesen sind, dass uns viel ausmacht, nicht nur der Beruf zum Beispiel. Deswegen bin ich gerne bei der ERDE.
L: Wie schafft die ERDE das? Wie du gesagt hast, dass man „Man selbst sein Kann“?
J: Das ist eine wunderschöne Frage, danke dafür! … Die ERDE stellt erstens einen Raum zur Verfügung, der zu allererst einfach einmal nur der Raum ist. Die Menschen, die den Raum betreten, dürfen sich in ihrem eigenen Tempo kennenlernen. Es gibt vielfältigste Möglichkeiten, die angeboten werden, wo man sich auf unterschiedliche Arten kennenlernen kann. Wo es nicht heißt, man muss etwas machen oder das muss so ausschauen. Es ist einfach Platz da, damit etwas gestaltet werden kann. Es ist nicht alles vorgefertigt. Und nicht die Aufgabe: „Zeichnet alle einen Schneemann.“ und wir wollen eigentlich nur, dass alle gleich ausschauen dann hängen im Kindergarten dreihundert Bilder von Schneemännern, die alle gleich aussehen. Bei der ERDE wird miteinander gesprochen und dann geht es in einen Prozess, wo sich jeder einbringt. Für einen Außenstehenden möchte das ziemlich chaotisch ausschauen, aber es kommen dabei wunderbare Dinge heraus. Auch wenn sie nicht für jeden auf den ersten Blick erkennbar sind. Bei zwei dreimal Hinsehen, erkennt man die Schönheit, weil es anders ausschaut und sich anders anfühlt. Unser Garten sieht anders aus, als Gärten, die sonst wo anders angelegt sind. Wenn du dann mitten in dem Garten stehst, merkst du, wie vielfältig es ist. Mitten in dem Chaos…, ergibt das einen bunten unglaublich schönen Ort. Wenn du nochmal hinschaust, überrascht es dich…. Es wundert einen, dass im Garten die Dinge so geschwisterlich nebeneinanderstehen. Dass sie sich gegenseitig beschützen. Sich Schatten spenden, beim Wachsen helfen, oder auch hindern, wenn es so gewollt ist. Das sieht man da, in dieser Vielfalt. Wenn du beim Basteln in der ERDE bist, dann siehst du, wie Jung und Alt nicht getrennt voneinander sind, sondern wie sie sich gegenseitig inspirieren. … Zum Schluss sieht es dann so aus, dass man sich denkt „so hätte ich mir gar nicht gedacht, dass es aussehen kann“. … Du merkst, dass da Liebe drinsteckt und das ist ein Geschenk für die Leute und das spürt man auch. Und das ist das Außergewöhnliche. Etwas was nicht in die Norm passt, wird willkommen geheißen und
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es wird gefeiert. Jeder sieht den anderen dabei, was der tut, wie er experimentiert. … Und man traut es sich, weil zum Schluss nichts herauskommen muss, was verkauft wird, weil man nicht von Vornherein sagt, dass etwas funktional sein muss, damit es dann verkauft wird, in der gleichen Qualität, millionenfach vervielfältigt. Sondern es ist das, was es ist. Es ist mit Liebe gegartelt, mit Liebe gekocht, mit liebe in den Dialog gegangen. Das gefällt mir, da bin ich daheim. [lacht]
L: Vielleicht magst du auf das bunte Miteinander noch näher eingehen, das du beschreibst?
J: Mir kommen gerade die Tränen, mir fallen zu gewissen Zeiten auf, wie lebendig der Raum ist, da überkommen einen oft ganz viele Gefühle. Ich finde es so schön, dass unsere ganze Familie in der ERDE Platz hat. Wir sind oft so eine bunte Truppe, die oft gar nicht zum Aushalten ist [lacht] dadurch, dass wir alle so komisch sind [lacht], wo sonst hätten wir Platz. Die ERDE ist nicht räumlich begrenzt, egal wo wir sind, da ist der Platz der ERDE. Dadurch, dass die ganze Familie einfließen kann, so wie wir sind, ist es der Beweis, dass das überall stattfinden kann. Ich wünsche es allen Menschen auf dieser Welt, dass sie sich so erleben können. … Das ist so real, das ist so wirklich, so kann man die Welt verändern am Anfang habe ich immer gedacht, dass kann man sich nur denken, das wird aber nie stattfinden und heute sitze ich da und kann sagen, mir würde der Ort wirklich abgehen, das würde mir fehlen! Ich verdiene nichts dabei und es geht nicht um Geld und das ist wunderbar! Ich muss nie Angst haben, dass wenn ich einmal alt bin, mich nirgendwo mehr einbringen kann, weil ich in Pension gehen muss, weil ich dann meinen Zweck oder Sinn verwirkt habe. Weil mit irgendeinem Datum wirst du dann nicht mehr gebraucht. Ich darf immer die sein, die ich bin und darf mich jeden Tag weiterentwickeln. Und wenn ich morgen eine andere bin, dann habe ich trotzdem meinen Platz in der ERDE. Und das ist so schön! Dieses Zufriedenheits Gefühl in der ERDE, dass nichts mehr von Geld Verdienen abhängt. Dass ich wer bin, dass ich wer sein darf, dass ich gebraucht werde, dass ich eine Berechtigung habe zum Leben. Man sucht immer nach dem Sinn des Lebens und heute kann ich das so schön beantworten: „Der Sinn des Lebens ist, dem Leben einen Sinn geben.“ Jeden Tag, jeder Moment ist ein anderer Sinn. …Da zergrübel ich mir in einem Moment über mich selbst den Kopf und im anderen gehe ich wieder lachend und beschwingt zur Türe hinaus…Jeden Tag, wenn ich ins Bett gehe, bin ich satt vom Werkeln, jeden Tag ist etwas weiter gegangen, etwas ein bisschen gewachsen und das geht bis ins hohe Alter. Und mit dem werde ich Sterben und das ist einfach schön. Bis zum Schluss gibt es etwas zu tun. Wenn wir es auf den Kern reduzieren, dann suchen wir alle nach Liebe und Aufmerksamkeit und Tätigkeiten, die wir gern machen. Und das findet man, es liegt alles da, man braucht es nur aufgreifen und nehmen, nur nicht die Zeit in Geld rechnen. Nicht Erwartungshaltungen haben, die man sich in Geld aufrechnet. Einfach rausgeben und sich nichts erwarten. Du wirst gar nicht fertig, mit dem was da zurückkommt. Das ist ja so ein Geschenk. Wo auch immer ich hinschaue, habe ich eine tiefe Zufriedenheit, es macht einfach satt, man ist so selig irgendwie. Wenn ich den Dingen beim Wachsen zu sehe oder den Menschen in der Erde bei ihrem Tun, dass das die Kleinigkeiten sind, die einen so freuen. Da sind ja immer Gefühle drin. Ich sage ganz oft am Tag: „Danke“, das habe ich früher nicht gemacht. … Wenn es sich nicht richtig anfühlt, dann ist das da, damit wir wissen, wie wichtig es uns ist und wie intensiv ich wahrnehme, wenn man zum Beispiel helfen will aber das gar
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nicht erwünscht ist sich also in der Mütterlichkeit etwas zurücknehmen muss, auch das muss man lernen. Also es sind alle Gefühle da drin, aber sie sind sehr intensiv und wunderschön und keins ist mehr mit Geld verbunden. Der Manuel hat noch nie in seinem Leben Geld verdient. Hat kein Zertifikat, keine Ausbildung, nichts. Trotzdem verändert er in der ERDE die Menschen, mit klaren Aussagen, seiner erschreckenden Ehrlichkeit und da passiert dann Veränderung. Da nehmen die Menschen was mit, weil da keine Taktik, keine Geschäftsidee, keine List, kein „Ich bin freundlich damit ich etwas Erreiche“ dahinter ist. Wenn er emotional ist, ist er emotional, egal wer vor ihm steht. Das muss man aushalten, er muss sich nicht verkleiden. Er ist in dem Moment, das was er ist. Das feiern die Menschen, denn es erinnert uns daran und zeigt uns, das sind wir und das sollten wir sein. Zu unsren Gefühlen stehen. Jetzt weinen, jetzt lachen, jetzt aufstehen und gehen wenn einem danach ist. Wenn das die Gruppe zulässt, dann ist es ein Geschenk, weil woanders hat es kein Platz. Weil wo anders muss man am Ende vom Tag ein Produkt abliefern und das haben wir nicht, wir haben Zeit, wir nehmen uns die Zeit. …
L: Kann die ERDE Gruppe mit dieser Ehrlichkeit umgehen?
J: Natürlich ist es Arbeit, am Anfang, wenn man jemanden kennenlernt, da ist man auch oft verwirrt. Man muss sich auf einen Menschen erst einlassen, ihn erst mal kennen lernen. Denn wenn wir wo hingehen und einen neuen Raum betreten können wir nicht erwarten, dass wir 50 Euro hinlegen und dann können wir einen Workshop konsumieren, verinnerlichen und speichern das alles ab und gehen mit einem Zertifikat nach Hause, das bestätigt, wir haben das alles gemacht. Bei uns treffen wir uns und lernen uns kennen. Wir öffnen uns zu verschiedensten Zeitpunkten, der Mensch muss ankommen in seinem Tempo. Das muss er dürfen. Den Raum braucht jeder Mensch, dass wenn er wo hinkommt, sich erst einmal hinsetzt und sich anschaut wie der Raum auf ihn wirkt und dann unterschiedlichste Menschen trifft. Und bei den wöchentlichen Erdetreffen war halt der Manuel immer da und die Menschen haben ihn kennengelernt, was zu unterschiedlichsten Reaktionen geführt hat....Summa sumarum: Die Menschen haben sich Gedanken gemacht, er war nicht egal. Es braucht also Räume in einer Gruppe wo man aufeinander treffen kann, aber auch Räume, wo man sich zurück ziehen kann. Das ist in einer Welt ohne Geld nicht möglich, weil du musst jetzt in einem Raum drinnen sitzen, dein Pensum bringen oder das machen, was du zu arbeiten hast. Das kannst du in der Erde anders machen. Es gibt ganz verschiedene Möglichkeiten aufeinanderzutreffen hier. Und so nehmen sich die Menschen meistens so, wie sie sind. Wir haben eine sehr bunte Gruppe und sehen, dass ein Mensch auf unterschiedlichste Art wirken kann. Würden wir uns nur mal hinsetzen und beobachten und uns trauen, die Türen aufzumachen zum anders Denken, dann würde sich unglaublich vieles auch draußen in der Welt verändern. Ich verstehe aber auch, dass wenn ich das einmal zu lasse, die Veränderung dann muss ich mich auch fragen, was tue ich hier eigentlich? Und dann fange ich an ein Spagat zu machen und dann muss ich mich entscheiden. Und in der Unsicherheit muss ich mich derweil mal wohlfühlen. Dann ist die Frage, mache ich da weiter? Am wenn ich einmal da bin in diesem Raum, ist es wunderbar, aber es macht sicher Angst den gewohnten Raum zu verlassen und in diesen neuen Raum zu treten, aber ich kann nur sagen, es ist wunderschön, also wer da mutig ist, oder neugierig, das zahlt sich aus. Das ist eine wunderschöne Reise zu sich und dann in die Welt. Du gehst
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immer zuerst in Dich und dann gehst du ins Außen. Ich glaube da musst du ganz ehrlich deine Gefühle hinlegen und dann musst du sagen: das fühlt sich so an und das fühlt sich so an und wenn man dann ehrlich ist, dann wäre es ein Schritt, den man machen könnte und ich kann nur einladen, da sind lauter Menschen, die einen begrüßen, willkommen heißen.
L: Erinnerst du dich, als du diesen Spagat Moment hattest? Was passiert ist, dass du dich für diesen Raum entschieden hast?
J: … Ich bin von drei Kindern, das Älteste. Zu Hause habe ich immer mitbekommen, wie es um das Thema Geld gegangen ist. Es war bei uns nur ein Verdiener und wenn er sich seine Sorgen mit Alkohol ertränkt hat, sagte er immer, dass Kinder viel Geld kosten und das wir ihm die Haare vom Kopf essen. Dass er nicht weiß, wie er das ganze Geld herbeischaffen sollte. Das war eine volle Verzweiflung. Dann bin ich immer im Park auf der Schaukel gesessen, wenn sie frei war, dann hat die Welt mir gehört und ich bin auf meiner großen Schaukel gesessen und habe über dieses Geld nachgedacht. Das war so ein Wort: „Geld“. Das hat für mich überhaupt keine Bedeutung gehabt, ich habe nichts gespürt dabei. Ich habe nur mitbekommen, dass zu Hause kein Frieden und keine Sicherheit herrscht. Es ist kein geschützter Ort, denn wenn dieser Zustand von Verzweiflung wiederkommt, dann ist der Ort nicht mehr sicher. Verzweifelt sein, weil man nicht genug von diesem Mittel herbeischaffen kann. Ich habe mich gefragt, wie man eigentlich friedvoll mit Menschen leben kann. Ich wollte schon immer alle Menschen beschützen. Das ist ganz tief aus mir rausgekommen und ich hätte gerne einen Raum gehabt [weint] ich hätte gerne einen Raum gehabt, wo man Menschen die Möglichkeit geben kann, dass sie einfach in Frieden miteinander leben können. Als Kind kannst du ja nicht die Wohnung verlassen, wenn der Frieden nicht da ist. Und es war mir so ein großes Bedürfnis, einen Raum zu schaffen, wo man einfach zusammen sein kann, im Miteinander. Wo jeder so sein darf, wie er ist. Ich kann mich noch erinnern, wie ich gelernt habe und mein erstes Geld bekommen habe, bin ich sofort mit meinen Geschwistern Gewand kaufen gegangen. Weil wir mussten immer Gewandt nachtragen und es war sowieso zu wenig Geld da. Dann habe ich mir gedacht: „Endlich, kann ich auch von der Substanz etwas hergeben. Jetzt habe ich es, jetzt gebe ich es und verteile es.“ Ich bin schnell draufgekommen, dass es nicht lange hält. Es ist nur ein Moment, wo man jemanden etwas kaufen kann, es ist nicht unendlich zur Verfügung. Alle unsere Gefühle beruhen auf diesem Zettel, auf diesen Papierscheinen dass du etwas Wertvolles bist, dass du etwas kannst, dass du Freude bereiten kannst, dass du Sicherheit geben kannst, dass du jemanden eine Last abnimmst. Alles Gefühle, die auf diese Zettel aufbauen. Es hat mich erdrückt, wenn ich heute zurückschaue, wie ein schlechtes Spiel. Du gehst immer als Verlierer weg, du bist nie ein Gewinner. Frauen erwarten von Männern, dass sie eine Familie ernähren können, dass sie die Therapie zahlen für die Kinder. Dass sie auf Urlaub fahren können. Es schwingt so viel mit, dass muss man gar nicht immer aussprechen, es ist immer da, es steht immer im Raum. Der ganze Selbstwert baut sich zum großen darauf auf, das ist so verkehrt, das passt gar nicht. Im Miteinander leben heißt, dass ein Problem alle betrifft! Und wenn einer von den sechs Leuten hier in unserem Haus ein Problem hat, dann schwingt das im ganzen Haus mit. Es ist nie etwas, was nur für einen allein ist. Das mit dem Geld, das ist keine gute Lösung. Ich habe mir Räume gesucht, wo ich ohne Geld klarkomme, aber ich habe
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gemerkt, dass das überhaupt nicht möglich ist. Denn dein Auto fährt nicht ohne Benzin und das Haus musst du zahlen, und den, den du am liebsten hast, der ist nicht bei dir, denn der muss den ganzen Tag arbeiten und das herbeischaffen. Die Kinder haben ihren Papa nicht, weil er rund um die Uhr arbeitet, ich habe meinen Mann nicht. Er selbst ist voller Existenzängste und ist allein. Und jeder ist allein irgendwo. Es ist kein gutes Spiel. Kein guter Plan. So reich wie ich heute bin, war ich mein Leben noch nicht. Ich habe alle Leute, die ich gerne habe, um mich und das kann mir keiner nehmen, und egal mit wem ich reden mag, die Leute sind einfach ehrlich und sagen sie haben Zeit oder sie haben keine, sie müssen sich gar nicht erklären, weil man kriegt vom Leben gegenseitig etwas mit, man ist interessiert an dem was die anderen tun, es ist so ein Reichtum. Ich werde gesehen bei dem was ich tue und was ich tue macht Sinn. Weil alles nicht für mich ist, sondern immer für Viele. Nicht alleine sein zu müssen, also wenn ich Lust habe, dann schon. Aber ich brauche nur rauszugehen aus der Türe und habe liebevolle Menschen um mich herum. Das ist der Unterschied zu den Menschen, die immer in der Isolierung leben. Die haben alles und haben nicht die Möglichkeit Menschen zu treffen, weil sie so funktional sind, dass sie keine Leute mehr um sich haben. … Ich brauche die Menschen und die Tiere und die Pflanzen um mich, ich brauche einfach Lebendiges, ich glaube das macht mich aus. …
L: … Dieser Moment, wo du beschlossen hast, ohne Geld zu leben? Wann war das oder gab es da ein Schlüsselerlebnis?
J: … Naja, irgendwann wird man erwachsen, man heiratet und Robert hat sich selbständig gemacht mit einem Unternehmen zum Pizza ausliefern, weil ich so gerne Pizza gegessen habe ; ) Aber das war seins, ich habe dieses Kind nicht geboren. Und dann war da der Manuel, bei dem nichts aber auch gar nichts in die Norm gepasst hat, außer dass er aussah, wie ein Mensch. Seine ganze Sensorik war einfach auf den Kopf gestellt. Es war mir ein Bedürfnis dem Kind einen Namen zu geben was es ist und was ich tun kann. Und dann diese Kluft zwischen der Robert hat gearbeitet rund um die Uhr und ich war mit unserem Kind in Therapie und meine Welt war auf den Kopf gestellt, weil ich über alles nachdenken musste, weil nichts so war wie üblich. Ich musste ihn beschützen vor ihm selbst, ich musste ihn beschützen wie ein Tier vor der Umwelt, ich musste ihn anleinen, damit er nicht weglief das war so mein Kosmos und der Robert war der Firmenkosmos und dazwischen war diese ewige Kluft. Und dieses Vermissen gegenseitig, es kostet Geld, weil Geld in Zeit umgerechnet wird und es ist unmöglich zu bezahlen, wenn man das alles in Therapieform ummünzen würde. Deswegen bin ich daheim geblieben und habe nicht mehr gearbeitet und habe mich 24 Stunden Jahr für Jahr mit Manuel beschäftigt. Das war das, was ich geatmet habe. Das was da draußen passiert, hat überhaupt nicht mit dem zusammengepasst, was bei uns Drinnen abging. Der Hoffnung und der Wille hat mich immer vorwärts getrieben, immer menschlich und liebevoll und beschützend zu sein. Ich habe sehr viel gelernt durch Manuel, auch wenn es sehr schwer war, ich habe über Selbstmord nachgedacht, das war wichtig, dass ich meine Verzweiflung damals bei Robert kund tun konnte. Immer wieder hat es in mir gearbeitet, dass ich aktiv bei den Erhaltungskosten für die Familie einfach nichts mitwirken konnte, dadurch dass ich ja nicht mehr gearbeitet habe. Ich bin nur für meinen Sohn abgestellt. Das Kind kommt von mir, jetzt bin ich auch irgendwie schuld, also bin ich jetzt nur für die Therapie da. Das war lange negativ konnotiert. Irgendwann
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habe ich dann gemerkt, dass es eigentlich ein totales Geschenk ist. Weil ich die Welt anders anfing zu sehen. Das hat mich gefestigt. Dadurch, dass ich merkte, dieser Weg fühlt sich immer besser an, dass ich dadurch ein gutes Fundament baue, wo später irgendwann mal ein Dach draufkommt. Manuel ist immer menschlicher geworden, er konnte mit anderen Menschen in Kontakt treten was sehr außergewöhnlich ist für einen Autisten. Mit viel Liebe und Kontinuität und Eingehen auf ihm, habe ich den wahren Kern bei ihm gefunden nicht ich bestimme, sondern ich biete an. Heute gibt es für mich keine schlimmen Kinder, die Frage ist dann viel mehr: Wie trete ich mit ihnen in Kontakt? … Wenn er einen Schritt gemacht hat, haben wir das gefeiert, denn es war ein Schritt für uns alle. … Geht’s den Schwächsten nicht gut, geht es uns allen nicht gut. … Um auf das Geld zurück zu kommen: Heute könnte ich keinen Posten mehr machen, egal wie viel ich verdienen würde. Der mir das geben könnte, was ich durch meine schöpferische Tätigkeit heute bekomme. … Ich habe mit Kindern gearbeitet, das hat gut funktioniert. Die haben mich alle geliebt und wir haben schöne Zeiten verbracht. … Ich habe aber gemerkt, dass ich die Kinder nur reparieren soll, dafür kriege ich Geld. Die Institution Schule oder was auch immer gibt den Eltern Druck, die geben den Kindern Druck und ich soll das dann reparieren. Dann schicke ich das wertvolle Reparierte wieder hinaus, damit es dort wieder hingeht, wo es kaputt gemacht wird. Um herauszufinden, ob ich das wirklich gerne mach, habe ich es dann ohne Geld gemacht. Das hat alle Beteiligten verwirrt. Ich habe es dann ohne Geld gemacht, es hat mir Spaß gemacht. Aber ich habe alles noch ernster genommen, denn ich konnte mich noch viel freier bewegen ohne Geld und den Eltern noch viel ehrlicher antworten, wenn sie mich fragten, was denn mit ihrem Kind sei. Ich fragte sie darauf immer, ob sie die Antwort in der Liebe oder in der Geld Logik haben wollten. Das hat sie meistens ziemlich vor den Kopf gestoßen. Ich habe gesagt, dass wenn man für das System redet, da muss was Funktionales her, denn wenn 25 Kinder in einem Raum sitzen, dann brauchen wir eine Problem Lösung. Aber wenn wir in der Liebe reden und dem Menschen akzeptieren, für was er ist und von ihm nehmen und geben, was er zu geben hat… Dann geben wir ihn doch einfach die Zeit, die er braucht, doch kaum habe ich was gelernt, muss ich schon was Neues lernen, ich darf mich nie ausprobieren in einem Thema. Da habe ich dann gesagt, dass mache ich nicht mehr. Ich mach das nur noch, wenn ich auf einen Menschen treffe wo das passend ist, wo ich meine Fähigkeiten einfliessen lassen kann, wo das erwünscht wird, wenn das gefeiert wird aber nicht in Form von Therapie, sondern als Dialog, als Spiel...Als ich meine Arbeit aufgegeben habe, war da diese Leere, die mich fast erschlagen hat, weil ich Angst hatte, ich kann nichts mehr geben, ich wird nicht mehr gebraucht. Aber heute weiß ich, ich werde immer gebraucht. Ich brauche davor keine Angst zu haben, dass ist Wissen, was nicht mehr verloren geht. Wenn man Menschen liebt, dann braucht man keine Therapie, keinen pädagogischen Plan. Ich muss nicht 25 Menschen unterschiedlichster Wesensnatur in einen Raum stecken und sagen, die müssen jetzt alle Ruhe geben. Und da sind wir jetzt wieder bei der Erde, dass in Räumen, die man aufmacht, finden sich Menschen die miteinander können und die die nicht miteinander können, die können weiter weg gehen und dann fließen sie anders ein. Und das ist ein Fluss, das ist niemals etwas Starres. Wenn jemand in Freiwilligkeit kommt und weiß, er kann auch wieder gehen, dann ist es eine andere Basis, wie wenn jemand eine Eintrittskarte kauft für etwas, oder eine Berechtigung oder irgendetwas an dir etwas signalisieren muss, dass du eine Befähigung hast für das was du tust, das fällt dann weg. Deswegen war mein Entschluss der einzige richtige Entschluss für mich, dass ich
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Menschen begegne, weil ich ihnen begegnen will und das ich mir nichts davon erwarte. Es ist ein Geschenk keine Erwartungshaltung zu haben und am Ende des Tages bedankst du dich ständig für alles, was erschaffen wurde, weil du bist nie im Minus, du bist immer im Plus (lacht). Das ist so mein Gefühl, ein ganz ein starkes Gefühl.
L: Und wie hast du die Leere ausgehalten? J: … (Pferd gestorben) Ich habe mich müssen mit mir auseinandersetzen. Das war der Kern der Übung. … Zurück zum Ursprung. Wer bin ich eigentlich wirklich? Wie habe ich mir das vorgestellt als ich ein Kind war? Was war mir wichtig? … Ehrlich sein zu mir selbst und dann bin ich mit offenen Augen durch den Tag gegangen und habe geschaut, was um mich herum alles passiert. Da kam ich drauf, das sind so viele Dinge, da wird man gar nicht fertig. Da sind überall Tätigkeiten, die man umsetzen könnte, Ich suche mir heute aus, was ich tue und was ich auch nicht tue. Alles was aussieht, wie nichts tun, ist eigentlich tun, denn ich habe es mir aktiv ausgesucht. Es gibt kein nicht aktiv sein, das ist unmöglich. Wie ich mir das bewusst gemacht habe, was wir alles tun oft denken wir wir tun nichts und sind müde, dabei hast du ja irrsinnig viel getan! Das was ich tue, habe ich dann versucht noch intensiver zu machen, also wahrzunehmen. Jedes Gespräch mit jemandem, oder wenn ich über mich nachgedacht habe, dass richtig auszumalen, mir Zeit zu nehmen wirklich tief zu tauchen, auch wenn ich dann weinen muss, meine Spaziergänge. Ich bin dann darauf gekommen, dass ich erstens satt davon werde und zweitens unglaublich müd und das ist echt schön. Ich kann mich noch erinnern, dass meine Freundin meinte, als Hausfrau muss dir ja unglaublich langweilig sein, du hast ja nichts, wenn du keiner Arbeit nachgehst… Es ist ein Wahnsinn was es ausmacht, wenn du keiner regelmäßigen Arbeit nachgehst. Und wann ist jemand gesund, und wann ist jemand krank? Das mit der Depression. So herrliche Beobachtungen, so erfrischend keine Wahrheiten, sondern einfach nur Dinge, über die du dir Gedanken machen kannst. Wenn alles nur Arbeit ist, für was ich Geld bekomme, wäre hier nichts Arbeit. Trotzdem sind überall Dinge in diesem Raum, die wir gemacht haben und die getan wurden und jeder ist den ganzen Tag tätig. Ich habe dann so viel getan. Am Ende gibt es halt keinen Lohnzettel, auf dem dann steht, wie viel ich dafür netto bekomme, bspw. 850 Euro. Aber dafür diese tiefe Zufriedenheit, dazu kann ich echt nur einladen.
L: Braucht es dafür die anderen Menschen? Du meintest vorhin, es sei erst ein nach innen gehen und das ist mir in den Gesprächen mit euch auch aufgefallen, dass ihr euch persönlich mit euch auseinandergesetzt habt und gleichzeitig ist da Erde als größere Raum...
J: Das ist etwas was ich total feiere. Man kann mit sich allein was tun und es macht satt und zufrieden. Diese SINNvolle Tätigkeit. Alles mit Begreifen und sinnlich und so. Aber es braucht unbedingt Menschen. Ein Leben ohne Menschen könnte ich mir nicht vorstellen. … Ich allein kann alles gut machen, ewig lang. Aber ich brauche einfach Menschen um mich. … Heute ist mit allein sein gemeint, sich mit sich selbst auseinandersetzten damit du weißt, wer du bist. Und das braucht es unbedingt. Zu wissen wer man ist. Weil man verliert sich im Laufe der Zeit. Als Kind bist du neugierig und probierst dich aus und hast ein Bild von dir. Irgendwann kommt der Punkt, wo du vom System vereinnahmt wirst und wo du weg musst von dem vertrauten Punkt. Dann musst du immer mehr irgendjemand sein. Dann ziehst du dir viele Gewänder an, die du
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später, beim Erkennen, wenn du gut mit dir kannst, wieder auf mühsamste Art und Weise ausziehst. Wenn das mit alleine sein gemeint ist, finde ich das ganz arg wichtig. Aber in meinem ganzen Tun und Sein und für mein Wohlbefinden, braucht es einfach Menschen. Menschen sind eigentlich das wertvollste was wir haben auf dieser Welt und alles was lebendig ist, die Natur und alles, aber es braucht die Menschen. Und die Vorstellung das du alles haben könntest und dann sitzt du da in deinem Turm, also die wäre für mich leblos, die bringt mir gar nichts. Also das beste Essen schmeckt nicht, wenn du es nicht mit jemandem teilen kannst, das hat überhaupt keinen Sinn, da fehlt alles was irgendwie ein tiefes Gefühl hat und das braucht es unbedingt. Deswegen bin ich auch zuversichtlich und hoffe, dass Menschen auch auf diese Erkenntnisse stoßen, es gibt ja auch ganz viele die sagen, ich will nicht mehr alleine daheim sitzen, ich will eigentlich gerne in der Gruppe, in der Gemeinschaft essen. Es schmeckt einfach nicht alleine, für nichts ist Zeit gerade der Essensakt ist Raum für Begegnung und für Gespräch wo du das einfach hinlegen kannst, was du erlebt hast wo du dich mitteilen kannst ... für uns was das Essen immer sehr kommunikativ, es braucht Menschen, ich hätt dich lieber gerne da als im Kastel drin.
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Interview mit Maria, 31.10.2020
Lisa (L): Also es geht um die Erde, um was ihr da macht und vor allem deine Perspektive darauf und die erste Frage ist, wie bist du denn zur Erde gekommen?
Maria (M): Ich bin zur Erde gekommen mit siebzehn glaub. Ich bin nicht alleine zu Erde gekommen sondern mit meiner Familie, ich habe mich politisch anfangen für die Erde Villach zu interessieren aber nur Perspektive einer Wählerinnen die sich informieren möchte wen man denn so wählen kann, als dann meine Eltern begannen sich auch privat für die Erde zu interessieren, also selbst mit wirkend dort zu werden habe ich auch angefangen mir die Strukturen dort anzuschauen und Menschen dort kennen zu lernen und so habe ich eigentlich die Erde kennengelernt, genau.
L: Die Erde gab es also schon, als du sie kennenlerntest?
M: Genau, die Erde gab's schon länger, die ist auch bereits im Gemeinderat eingezogen und wo ich zur Erde gekommen bin, das war ich glaube ein Jahr vor dem Landtagswahl Frieden und da war das Gebäude, also der Freiraum der war schon da, die Schenksbox war schon da, es haben sich schon Gruppen gebildet gehabt, es war eigentlich schon ein funktionierendes Gefüge, das heißt ich habe mich in ein bereits bestehendes Gefüge integriert, was auch sehr schwierig war. Am Anfang war meine Lieblingsaufgabe die Erde darauf zu reflektieren wie schwierig war zu erreichen sind für Außenstehende, weil das war gar nicht so einfach da anzudocken, weil die Beziehungen sind ja alle auch natürlich gewachsen, das sind keine Arbeitsbeziehungen wo eine Firma beschließt sie macht ein Projekt und in diesem Projekt müssen halt Menschen arbeiten und diese Menschen werden werden random zusammengeschmissen sondern da geht es wirklich darum, dass Menschen aus sich heraus den Wunsch entwickelt haben diese das zu machen und alle die den gleichen Wunsch haben treffen sich und formen eine Arbeitsgruppe und genau das ist der Unterschied und deswegen ist das viel organischer gewachsen und demnach auch viel schwieriger für eine außenstehende Person einfach reinzugehen und da musst du vielmehr auf einer menschlichen Ebene hineingehen als du es in unserer Welt gewöhnt bist, und das war am Anfang auch sehr unübersichtlich oder ist es wahrscheinlich für Außenstehende immer noch unübersichtlich weil dadurch die Systeme und Netzwerke sehr verzweigt sind. Ich studiere Kulturwissenschaften und mir fällt da immer ein, wenn ein Ethnograph wo hinkommt und versucht eine fremde Kultur zu beschreiben, kommt ihm das alles immer sehr unsinnig vor und undurchschaubar und als gäbe es kein wirkliches System und die Tatsache ist aber nur weil wir eine Idee haben wir System ausschauen muss damit es funktioniert heißt es nicht, dass es keine andere Möglichkeit gibt wie sich Menschen organisieren und das war ein gutes Beispiel in der Erde, weil wir kommen alle aus einem typischen System wo wir wissen wie eine Ordnung zu sein hat und trotzdem haben wir sehr schnell gemerkt, dieses organisch menschlicher was wir da kreiert haben funktioniert eigentlich viel besser und viel auch wenn niemand richtig versteht am Ende es funktioniert und es wesentliche resilienter auch.
L: Wer hat denn die Erde dann gegründet?
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M: Die Erde wurde gegründet. Also Sascha und Vanessa waren dabei, Rene war dabei und dann war noch ein Pärchen dabei, die Menschen die jetzt aktiv in der Erde sind, da sind viele erst später dazu gestoßen und die Erde war am Anfang sehr klein, ich glaube Gernot war auch von Angang an dabei, der Papa von Vanessa und Astrid wahrscheinlich dann auch, die Mama von Sascha, aber der Rest ist eigentlich so gewachsen und viele Menschen sind gegangen und gekommen auch in der Zeit in der ich jetzt da war, also es ist eine ziemlich hohe Fluktuationsrate
L: Und wann war das, dass sie gegründet wurde?
M: In der Gemeinderatswahl vor sechs Jahren hatte, 2014a also. Und das steht auch alles auf der Webseite der Erde, falls du es nochmal nachlesen möchtest.
L: Du hast gesagt, dass man sehr viel menschlicher da reingehen muss, um Teil davon zu werden was meinst du damit?
M: Wie wir heute Arbeit verstehen nehmen uns viel von menschlicher emotionaler Arbeit ab bzw. nehmen sie uns weg, denn ich muss mir keine Gedanken über meine soziale Rolle machen, ich bin ja als Assistent auf XY angestellt, also ist meine Rolle assistent of XY und wenn ich jetzt aber wo hinein komme, wo ich keine fixe Rolle zugeschrieben bekomme, dann muss ich mich dann muss ich erst noch eine Rolle finden in dem Gefüge, ich muss einen Platz finden, ich muss Sinn finden, und da geht es nicht darum, dass meine keine Berechtigung hat, wenn man nichts tut, sondern dass man selbst einen Sinn haben möchte warum man da ist und ein Teil, und man fühlt sich erst das Teilen dieses Gefüges wenn man etwas macht, wenn man einen Platz und eine Aufgabe hat und wenn man die nicht von Anfang an zugeschrieben bekommt, muss man die erst finden.
L: Spannend. Einerseits kann ich mir das auch überfordert vorstellen, was du ja auch geschildert hast und andererseits führt es dann auch dazu dass ich vielleicht oder sicher einen Platz finde, der mir viel mehr entspricht, wie wenn er bevor ich da bin eigentlich schon festgelegt wird und so gar nicht viel mit mir zu tun haben muss
M: Was viele Menschen in diesem Zusammenhang beschrieben habe ist, dass sie die Gelegenheit haben sich ständig neu zu erfinden, du bist nicht so festgeschrieben auf dieses du bist nicht nur weil du einmal gekocht hast, bist du nicht für immer die, die kocht und nur weil du heute diese Ansichten vertreten hast, musst du sie morgen nicht mehr vertreten und das habe ich von allen Ecken und Enden gehört, dass das etwas sehr besonderes sein soll an der Erde, das wir zulassen, dass Menschen sich verändern, dass sie heute andere Interessen haben wir gestern und dass sie vielleicht auch andere Ansichten haben sich dadurch nicht so eine Rolle zwängen lassen, das macht überhaupt keinen Sinn wenn man nicht in Arbeitswelt ist, in der Arbeitswelt denkt man: Hä, was geht jetzt ab? Aber wenn man nicht in der Arbeitswelt ist, dann wäre es total idiotisch einen Menschen für immer das gleich tun zu lassen, da würde nie jemand darauf kommen, total verständlich und normal wenn einer sagt, er mag das nicht mehr machen und würde das in der Arbeitswelt passieren, würden wir uns alle fragen, warum der sich
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jetzt so aufregt oder was der sich rausnimmt, dabei ist es auf menschlicher Ebene total normal und verständlich
L: Stimmt. Und was würdest du sagen, geschieht in der Erde als du das erstemal hingekommen bist, aber auch gerne aus deiner jetzigen Perspektive
M: Also es passieren mehrere Sachen gleichzeitig und die gehen vielleicht auch Hand in Hand miteinander, zuerst einmal geschieht tatsächliche Veränderungen in der Erde, Veränderung aber nicht im Sinne von das ist der einzige Ort auf der Erde wo Veränderung passiert und auch nicht dass jede Veränderung die die Erde anstrebt gut ist, sondern einfach nur das Raum geschaffen wird für Veränderung; es ist wie ein Platzhalter den dieser Raum und das Konstrukt Erde und auch die politische Berechtigung der Erde also das wir im Gemeinderat vertreten sind das ist wie so ein Platzhalter dafür, dass in diesem Rahmen drin Veränderung passieren darf und was auch passiert ist, dass Menschen aufgesammelt werden eigentlich, also Menschen die auf der Suche sind nach genauso einem Ort, finden ihn hier und dadurch es ist ein bisschen wie so ein Rettungsboot für ein Haufen ertrinkender Menschen, alle die nicht mehr so richtig wissen und das hat totale, das klingt total und es ist es aber wirklich nicht, es fühlt sich zumindest nicht so an, es ist ein bisschen wie so ein Rettungsboot für ertrinkende Menschen, die nicht wissen wo sie ihre Kritik am System denn anbringen sollen oder wo sie hin sollen mit ihrer total undefinierten Kritik, weil es nur ein Gefühl ist. In der Erde wird dann dann erlaubt, dass es keine definierte Kritik ist, sondern ein Gefühl und es wird auch nicht dann dieses Gefühl der Unsicherheit benutzt um es populistisch zu instrumentalisieren, sondern es darf einfach sein. Es gibt sicher andere Strömungen, die so etwas auch machen, aber die instrumentalisieren diese Unsicherheitsgefühle und benutzten sie für etwas und genau das passiert in Erde nicht, denn du musst weder etwas tun noch etwas glauben, noch sonst irgendwas beweisen um in der Erde zu sein ich persönlich bin eine ziemlich überzeugte Feministin und bin mit vielen Menschen in der Erde gesessen, die total unfeministisch sind und die sich auch aktiv gegen den Feminismus aussprechen aus verschiedensten Gründen und beide sitzen in der Erde und sind Erdlinge und das beweist einfach, dass das nicht im Dienst des Populismus funktioniert, das ist schön.
L: und was verbindet die dann oder euch?
M: Manchmal so wenig wie einfach nur die Tatsache, dass jeder gerne Mittag isst (lacht) aber im Idealfall wenn man dann wirklich drüber redet und nachdenkt, dann verbindet einen tatsächlich die Tatsache, dass wir alle etwas verändern möchten und in der Erde haben das in verschiedensten Kontexten alle gesagt, also wir haben das schon im Wahl Frieden gesagt, für uns, in Ansprachen und Texten und Posts und es wurde immer wieder verwendet und zwar: das jeder Mensch weiß, dass es auf der Welt gerade nicht gut, jeder weiß das, also ich habe noch niemanden getroffen der sagt: alles super und wir sind uns auch alle einig, was sie wollen, wir alle wollen Frieden und Freiheit und Toleranz und Liebe und Essen für alle und soll hungern und keiner soll leiden. Wenn 7 Milliarden Menschen auf der Welt das alles wissen, dann ist es eine echt interessante Tatsache, dass es nicht so ist und das verbindet die Menschen in der Erde zu wissen, dass wir alle das gleiche wollen und das wir uns endlich zusammensetzen müssen und
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das erreichen müssen, das ist ein sehr verbindender Gedanken ich glaube tatsächlich der so verbindend ist, dass es egal ist ob wir jetzt die Erde haben oder nicht, sondern das der Gedanke uns vielleicht auch wirklich im größeren Rahmen verbinden könnte.
L: Ich finde das spannend, denn Offenheit die du schilderst, die kann ich auch spüren und die habe ich noch nirgends sonst wo erlebt so eine ernstgemeinte Offenheit nicht entweder Du passt jetzt zu uns oder nicht, entweder du machst dich passend oder du versteckst vor dir selber, dass es eigentlich nicht passt, also irgendwie musst du etwas abspalten um Teil zu sein; genau das Gefühl habe ich bei der Erde nicht und dennoch habe ich zumindest bei den Menschen mit denen ich gesprochen habe das Gefühl, sie identifizieren sich damit. Wie kann das passieren? Braucht es nicht um sich identifizieren zu können, es immer eine Art von Schließung? Aber genau die, erlebe ich nicht. Wie geht das dann?
M: In den Kulturwissenschaften geht man auch oft davon aus dass Identifizierung nur durch negative Abgrenzung passiert, also negative Abgrenzung im Sinne von ich ziehe hier eine Grenze und die dort sind anders als ich und das glaub ich deswegen nicht, das ist wirklich nur mein Gefühl und Ich würde das nicht in meinem Paper schreiben, weil ich nicht nur über mein Gefühl schreiben, sondern müsste das jetzt belegen, aber ich bin froh, dass ich das jetzt bei dir einfach sagen darf wie ich es fühle; ich glaube nicht, dass Menschen sich nur durch negative Abgrenzung identifizieren können, das würde bedeuten, dass nur Uneinigkeit uns zu Menschen macht und das ist ein Schluss, denn ich einfach von Herzen nicht glauben kann; ich habe keine Ahnung woher kommt, es gibt 1000 Theorien und vielleicht fragst mich mit 60 noch mal und ich kann dir mehr darüber sagen, schauen wir mal (lacht) aber das es so ist; es passt so sehr in die Geldlogik über die wir immer wieder reden, der Gedanke, dass nur negative Abgrenzungsidentifizierung Identifizierung beinhalten kann, passt so gut in die Geldlogik, dass ich wirklich der Meinung bin, dass kann nur aus dieser Logik kommen, ansonsten würde das nicht so gut zusammen passen. Und ich glaube tatsächlich, dass Menschen Widersprüche ganz ohne Probleme in sich vereinbaren können, Ich fühle das an mir selbst ständig, ich habe einen beeinträchtigten Bruder und kann ihn abgrundtief hassen und gleichzeitig ihn abgrundtief lieben. Und es nicht mal mehr in Anstrengung für mich, ich muss mich dazu nicht überreden, es passiert von ganz automatisch und Menschen fühlen mehrdimensional, wir sind nicht eindimensionale Wesen und deswegen glaub ich, dass solche Widersprüche für uns eigentlich kein Problem darstellen. Und wie dann trotzdem Identifizierung stattfinden kann? Es ist unfassbar! In 500 Jahren werden sich Menschen fragen, warum wir das überhaupt aussprechen mussten, weil es doch eigentlich so auf der Hand liegt. Wenn ich zu Dir sage `Du bist schön`heisst das noch lange nicht, dass Ich nicht schön bin und das macht in einer Konkurrenz, in einer von Konkurrenz getriebenen Welt hat man das Gefühl wenn man jemanden anderem sagt, er ist schön man selbst dann nicht mehr schön ist aber das ist doch... Ich kann mich total als schön identifizieren und anerkennen, dass du auch total schön bist das ist nicht schwierig! Und an ich kann in der Erde sitzen und anerkennen, dass jemand Feminismus nicht verstanden hat aus meiner Perspektive und trotzdem sehen dass dieser Mensch das gleiche will wie ich nämlich eigentlich Frieden auf dieser Welt und das ist auch gar nicht schwer zu verstehen wenn ich aufhören Menschen immer nur in eindimensionale Schubladen zu stecken und dann kann ich
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zumindest mich ganz leicht mit so vielen Menschen identifizieren; ob das jetzt bei anderen Menschen so abläuft weiß ich nicht, wahrscheinlich ähnlich aber mit unbewussteren Gefühlen, ich bin jemand, der das meistens sehr verbal im eigenen Kopf durchspielen muss, aber ich denke, dass ähnliche Gefühle auch bei den anderen stattfindende, nur vielleicht etwas weniger ausgesprochen, sondern mehr auf einer Gefühlsebene.
L: Ich finde interessant, dass du sagst, dass Menschen eigentlich Widersprüchlichkeit aushalten können was braucht es, damit das wieder möglich wird? Also was an der Erde ermöglicht dieses Zulassen von Widersprüchlichkeit und dadurch auch von Vielfältigkeit?
M: Das ist eigentlich total einfach (lacht). Wir haben ja vorhin das Beispiel mit ` schön` gesagt, wenn meine Existenzberechtigung davon abhängt, dass ich besser bin wie du damit ich mich in eine, Wirtschaftssystem durchsetze, damit ich überleben darf, dann ist es tatsächlich auch wenn auf einer kleineren Skala aber dann sind wir tatsächlich darauf psychologisch konditioniert, in kleine Konkurrenzkämpfe eine irrsinnige Bedeutung hinein zu interpretieren, hinein zu geben, weil sie auf der großen Skala unser Überleben bedeuten und wenn du das mal prinzipiell gelernt hast, dann tust du das glaube ich mit allen Sachen; ich glaube nicht, dass unser menschliches Gehirn frag die Psychologen, ich kenn mich ja nicht aus aber so rein logisch nachgedacht, dass unser Gehirn es schafft den ganzen Tag und zu überzeugen, dass alles was wir tun, wir tun damit wir Geld verdienen und nicht verhungern und dann aber wenn wir in einer Situation sind, die passiert sondern zu Hause, unser Gehirn auf einmal ein privates Gehirn ist und kein öffentliches Gehirn mehr, das funktionieren muss in der Arbeitswelt und sagt: „ne, ne aber jetzt ist Konkurrenz ja egal“; du gehst mit dem gleichen Gehirn überall hin und deswegen glaub ich, dass das ein.. Du hast gefragt, was brauchts, damit sich das verändern kann? Wir brauchen dafür Ort, an denen wir da sein können ohne Bedingung. Wir brauchen Umstände, in denen wir leben dürfen ohne uns gegen jemanden beweisen zu müssen. Wir brauchen eine Daseinsberechtigung ohne Bedingungen und erst dann können wir so einfach mit Widersprüchen umgehen
L: Vielleicht ist es gleichzeitig auch genau das, was euch verbindet also quasi, dass die Erde ein Ort ist, wenn ich dich richtig verstanden habe, wo diese Bedingungen nicht gestellt werden, was sehr anders ist zu allem was ich sonst in der Welt erlebe, und was es erstmal ermöglicht, dass ich als Mensch hier sein kann um dann vielleicht auch diese Menschlichkeit, die du vorhin als ein eigentlich uns alles Menschen verbindendes Element bezeichnet hast, überhaupt wieder zu spüren und als Grundelement anzuerkennen, aus diesem Gefühl heraus.
M: Genau, ja total. Und wir sehen das auch also das ist jetzt unrelated zur Erde ich hau es jetzt trotzdem raus, du musst es ja nicht transkribieren und zwar die Frage, mit mehr Geschlechtern zum Beispiel war in total vielen Kulturen überhaupt keine Frage, also es hat einfach Menschen geben, die hat ein anderes Geschlecht und Punkt. Das wurde immer verschieden kulturell aufgearbeitet, manche haben sich gesagt die antiken Griechen zum Beispiel haben gesagt, dass passiert, wenn der und der Gott
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bisschen viel Wein getrunken hat, dann passiert das, andere haben gesagt, dass sind Menschen mit speziellen Fähigkeiten, dass sie alle menschlichen Aspekte in sich vereinen, jeder hat es kulturell anders aufgearbeitet aber an sich waren diese Widersprüchlichkeiten; also es waren keine Widersprüchlichkeiten da, es war einfach das, was es ist. Und in unserer Gesellschaft haben wir meiner Meinung nach einen riesen Rückschritt erlebt was zum Beispiel diese Frage betrifft, weil es für uns eine so große Widersprüchlichkeit darstellt, dass wir das einfach nicht hinnehmen können, wir können es höchstens tolerieren und tolerieren heißt nur, wir sehen, da ist etwas falsch aber wir sagen nichts dagegen; und das passiert glaube ich genau, wenn wir uns solche Räume geschaffen haben, Orte an denen wir nur bestehen können, wenn wir die Besten sind, wenn wir uns durchsetzen gegen XYZ, und dadurch können wir Widersprüchlichkeit nicht aushalten, wir müssen uns ständig spalten um uns zu identifizieren, wir müssen männlich und weiblich die Bedeutung geben, die es heute hat und können deswegen Menschen, die sich weder als das eine noch das andere sehen, nicht akzeptieren; und das ist schon ziemlich bezeichnet für unsere Kultur und das überwinden wir in der Erde oder versuchen es zu überwinden im der Erde.
L: Also aus der Erfahrung heraus oder irgendwie gelebt und nicht gedacht; Wenn man nun vom Denken her einen solchen Raum kreieren würde, würde das wahrscheinlich gar nicht funktionieren oder was denkst du?
M: Ich glaube es braucht beides, erstens mal mit der Erfahrung stimmt das, weil wir haben auch in der Erde, ohne dass ich in der Erde war und ich habe glaub ich so das Thema queer studies und feminism und gender studies in die Erde gebracht, und ohne das ich da war hat es in der Erde schon eine all gender Toilette gegeben, also es ist tatsächlich viel; weil es einfach aus der Praxis Sinn gemacht hat, es war nur eine Toilette da, also ist es eine all gender toilette und dann wurde da auch ein Pissour errichtet in der Toilette und dann haben da Männer am Pissoir gestanden und Frauen sind in die Kabine gegangen und es hat überhaupt kein Problem gegeben, und das ohne irgendwelche gender studies oder Theorien, da passiert also aus der Praxis, aber was ich bei vielen Projekten auch begabten Projekten gelernt habe ist, es braucht beides, es braucht die Praxis der menschlichen Verbundenheit, das Erleben, das Spüren und es braucht eine Ebene, die das theoretisch erfasst, damit wir diese Emotionen auch immer wieder bestätigen können, weil wenn wir uns nur von Intuition leiten lassen dann kommen wir sehr oft ..weil wir in dieser Welt aufgewachsen wo unsere Emotionen so verändert wurden, nicht ausgelebt werden durften und unterdrückt sind, dass wenn wir jetzt spüren dürfen, dass es einfach nur...Also wir spüren so viel; würden wir alles nicht tun, was sich negativ anfühlt, dann würde es die Erde nicht geben, weil es fühlt sich alles mal negativ an, teilen fühlt sich für jemanden negativ an, der teilen nicht gewöhnt ist und deswegen dürfen wir uns nicht nur auf unsere Intuition und Gefühle verlassen, sondern es braucht auch eine theoretische Ebene die immer wieder sagt, ne, das was du da fühlst ist richtig, das darf so und es kommt aus dem und es darf aber auch nicht nur eine theoretische Ebene geben, die sagt, so gehörts gemacht, ohne Gefühl, weil dann sind wir da wo wir jetzt eh schon sind; deswegen braucht es einfach beides, und es funktioniert tatsächlich, wir haben so viele Konfliktsituationen gehabt, wir haben so viele Hürden gehabt wo wir gemerkt haben, es fehlt einfach eine der beiden Seiten.
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L: Was habt ihr dann gemacht um die wieder reinzuholen? Wie funktioniert dieses Zusammenspiel? Wer bringt die theoretische Ebene herein, weil die muss ja dann irgendwas umfassen und wie ist hier der Zusammenhang um geldfrei?
M: Also erstens, was wir gemacht haben: gestritten, gelacht, getrunken, geweint, also einfach mal Menschen sein, wenn übrigens immer sehr gepflegt gestritten, muss man auch sagen, wir haben sehr respektvoll miteinander gestritten, wir haben uns verstanden, also wir haben wirklich aktiv versucht uns zu verstehen in den jeweiligen Situationen und auch zu verstehen, warum wir jetzt überhaupt an dem Punkt hier sind; also was uns hierher geführt hat, wir haben versucht uns nicht gegenseitig die Schuld zu geben und zu verstehen, was uns überhaupt jetzt zu der Konfliktsituation bringt und das war halt oft weil wir alle in so einem System aufgewachsen sind und es nicht besser kennen, zum Beispiel. Dadurch wird auch viel Verständnis vermittelt, genau war die erste Frage. Und dann hast du was gefragt?
L: Genau, wie ihr das zusammengebracht habt und woher die Theorie kam, weil eine Theorie muss ja schon auch irgendeine Theorie sein, die irgend welche Menschen reinbringen und ob es da einen Zusammenhang zum Geldfreien gibt.
M: Also ich würde behaupten, dass Robert viel Theorie mit eingebracht hat; das der Sascha auch durch viele Konzepte und Ideen eben auch schon sehr viel Theorie mitgebracht hat, ich würde behaupten, dass ich viel Theorie mitbringe weil ich auch wirklich nicht, ich bin eigentlich gar nicht so die Praktikerin muss ich dazu sagen (lacht), also wir sind alle alles aber, aber ich bin schon auch viel Theoretiker, genau verschiedene Menschen, aber es haben auch und das ist das schöne; es sind unsere Steckenpferde sicher theoretisch, es ist einfach das was wir gerne tun: nachdenken, aber wenn man über Theorie mal nachgedacht hat so wie geldfrei, das ist etwas was wir eben mitgebracht haben und was wir da mal erklärt haben, und wenn das mal erklärt ist, dann verarbeitet es ja jedes einzelne Mitglied der Gruppe verarbeitet das ja dann irgendwie und ab dann ist es so, dass diese Theorie anfängt in jedem zu leben und jeder fühlt die anders und immer wenn es ein mal eine Konfliktsituation gibt, ist jeder bis zum gewissen Grad Theoretiker und kann ein Stück seiner und ihrer Theorie mit einbringen, schon ergänzt mit Erlebtem und Gefühltem und dann wird Theorie auf einmal nicht mehr so `jetzt setzen wir uns hin, und schreiben eine Abhandlung darüber , sondern dann wird es auf einmal etwas Gelebtes, was immer wieder um Erfahrung ergänzt wird und dann bringt auf einmal jeder diese Theorie ein. Und ich weiß noch, Sille und Sascha haben einmal geredet da ist es um den Garten gegangen, es wurde nämlich eine Grenze im Garten gezogen um einen Teil, der allen der Erde gehört und einen Teil, der von den Veistens bewirtschaftet wird, und am Ende der Saison haben alle gesagt, wie die Grenze auf sie gewirkt hat und wie furchtbar das eigentlich war, wie viele wirklich negative Emotionen da rein geflossen sind und Situationen, die da entstanden sind, die nicht schön waren, die sich für alle Beteiligten blöd angefühlt haben und dann haben Sille und Sascha erkannt: Wir haben ja eigentlich hier gerade eine Grenze gezogen, also wir haben tatsächlich und dann haben sie das theoretisch angefangen das zu analysieren, aber anhand von dem was sie Erfahren haben und so ist dann Theorie nicht mehr irgendein Buch, das sie beschreibt, sondern es wird tatsächlich gelebt.
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L: Also nicht als etwas Abstraktes, sondern als etwas, was sehr viel mit mir zu tun hat.
M: Genau.
L: Magst du mir mal den Zusammenhang zu dem Geldlogikfreien beschreiben, wenn ich dich richtig verstanden habe, war das ehe ihr in die Erde kamt, gar kein Thema dort, oder?
M: Ich beschreibe das jetzt mal anhand von Saschas Geschichte, weil ich glaub die ist ziemlich stellvertretend für die Erde in diesem Aspekt; Sascha hat den Konsens mit allen gehabt, dass es auf dieser Welt scheiße zugeht aber und es war auch klar, dass es praktische Lösungsversuche gibt, es gibt Essbare Städte, es gibt Permakultur, es gib dies es gibt jenes, was inhaltlich total viel Sinn macht und das haben sie umsetzen angefangen. Er sagt aber immer wieder, für ihn hat es im großen ganzen keinen Sinn gemacht, warum das so ist, warum diese Lösungen besser sind und warum andere Lösungen nicht funktionieren, die auch gut ausgeschaut haben und genau damit.. Es wurde viel gemacht aber es wurde nicht verstanden, warum manches funktioniert, manches nicht und warum man manches überhaupt macht, das war so das Gefühl in der Erde davor. Und interessant ist, dass es Sascha auch schon gesagt hat, wäre er dann nicht in Kontakt mit uns gekommen und hätte diese ganze Theorie nicht kennengelernt, dann wäre er, und ich glaube das ist auch bei vielen Menschen der Fall, sehr viel anfälliger für wie zum Beispiel auch jetzt solche Verschwörungstheorien während Corona gewesen; weil man eben...man weiß selbst nicht genau was passiert und dann sagt wer was und es klingt irgendwie logisch und man hat ja selber ein unzufriedenes Gefühl mit allem und dann rutscht man in so was rein. Auf jeden Fall war es dann so, dass Sascha und Robert sich kennengelernt haben und Robert hat Eske Bockelmann gekannt und diese Theorie, die Eske Bockelmann entwickelt hat, nach der äquivalente Tauschlogik als Reflex im Menschen funktioniert, die hat er Sascha erklärt und das Wirken von Geld hat Robert auch vorher schon erforscht, er hat auch ein Buch geschrieben, eine mathematische Erklärung wie Grenzen des Kapitalismus funktionieren und wie Kapitalismus an sich funktioniert und das alles hat er mit Sascha durchgesprochen und was passiert ist, das natürlich nicht nur mit Sascha sondern dann wurde das in der ganzen Erde durchgesprochen haben, aber was passiert ist, dass diese kleinen Lösungsansätze, diese praktischen Dinge auf einmal Teil eines großen Ganzen wurden und genau deswegen Sinn zu ergeben anfingen genau und auf einmal war es auch nicht mehr das große Rätsel warum funktioniert das eine und warum funktioniert das andere nicht, also es funktionieren auch immer noch manchmal Sachen nicht, so ist es ja nicht, aber heute ist es für uns kein Rätsel mehr, warum es nicht funktioniert, ein Mittagessen zu machen wenn man eine freiwillige Spendenbox aufstellt, dass wissen wir schon von vorneherein, das brauchen wir gar nicht tun, weil es nicht funktionieren kann.
L: Warum?
M: Weil in dem Moment wo Geld im Raum ist...Dadurch dass Geld ja nichts ist, ich mein jetzt nicht Geld als Schein sondern Geld als diese Denkleistung, in dem Moment wo diese Art von Geld im Raum ist, ist jegliches in Anführungszeichen natürliches, organisches,
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menschliches Handeln nicht mehr möglich, es geht einfach nicht. Weil wir haben ja eine andere Größe, auf die sich alles beziehen lässt und auf einmal wird der Teller Suppe, den ich dir einschenke nicht mehr als Handlung zwischen dir und mir gesehen sondern wird auf die Größe des Geldes bezogen und dann kommen Gedanken wie `in der Zeit, wo ich für alle Suppe einschenke, könnte ich auch eigentlich noch eine extra Stunde arbeiten und dann hätte ich mehr Geld`oder `Wenn ich diese Suppe jetzt hier esse, muss ich nichts oder weniger dafür bezahlen wie wenn ich wo anders eine Suppe esse; oder` ich muss hier mehr bezahlen wie woanders, also esse ich hier keine Suppe` das sind jetzt nur plakative Gedanken, aber es gibt noch ganz viele andere Gedanken, die so unterschwellig sind teilweise und die machen auch so viel Sinn, die sind nicht absurd, die machen wirklich Sinn. Wir neigen in der Erde mittlerweile dazu, diese Gedanken als absurd abzutun, sie sind es nicht, denn in unserer Welt machen sie; sind sie absolut logisch und berechtigt, nur mit solchen Gedanken ist Zusammensein immer einen seidenen Faden, ist irgendwie abhängig vom guten Willen des Geldes heute und ob alle noch privilegiert genug sind um so tun zu können, als ob das hier alles in Ordnung wäre.
L: Meinst du außerhalt?
M: Nein, also wenn man jetzt Spendenbox aufstellt, muss man privilegiert genug sein, um das Projekt am Laufen zu halten und in dem Moment, wo man nicht privilegiert genug ist, faktisch mit Zeit zu Beispiel, mit Geld als Spende, wenn man das nicht mehr hat, dann funktioniert das Projekt nicht mehr wenn man diese ganzen Dinge nicht mehr hat und auch nur die kleinste Kleinigkeit dazwischen kommt, dann zerfällt das Projekt, weil sofort die andere Logik des Geldes greift und alles menschliche was aufgebaut wurde als falsch enttarnt wird und das ist übrigens das, worüber ich gerne meine Bachelorarbeit drüber schreiben würde, ich liebe dieses Thema (lacht), das ist es genau, in der Wissenschaft gehen wir davon aus, dass unser menschliches soziales Handeln, unsere Kultur nur eine Verschleierung von ökonomischen Denken ist, das ist aber nicht so, sondern aber ökonomisches Denken ist eine Verschleierung von unseren tatsächlich menschlichen Handeln, es verhindert unser verhindert unser menschliches Fühlen, Denken und Empfinden und deswegen wenn wir so eine Scheißspendenbox wo aufstellen, sind die Gedanken in der Logik zwar ganz natürlich die uns da kommen, aber sie vernichten jegliche tatsächliche soziale Beziehung die entstehen könnte und dadurch, wenn irgendein Problem in so einem Projekt aufkommt, zerspringt das in tausend Teile und deswegen funktioniert das nur dann, wenn man privilegiert genug ist sich das alles noch zu leisten, dann ist es wieder eine Geldfrage, eine Privilegs Frage und das ist auch der Grund warum sich Mittelklasse Menschen nicht erklären können, warum arme Menschen sich manchmal prügeln, naja, wenn du nicht privilegiert genug bist zu essen, dann prügelst du dich halt manchmal, Entschuldigung (ist sichtlich bewegt).
L: Interessant. Ich dachte mir bei meinen persönlichen Überlegungen zum Thema Geld und das ich möglichst wenig davon nutzen und der Geldlogik entsprechend handeln möchte: `Oha, ich bin auch so privilegiert, das entscheiden zu können, das zu tun weil ich das Geld eigentlich hätte oder meine Eltern fragen könnte, dh. mein ganzes Ersinnen kommt nicht aus der Prekarität, einer anderen Prekarität emotionaler Natur vielleicht, aber die will ich nicht vergleichen mit anders existentiell bedrohlicher Prekatiät. Daher
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ist es mir wichtig, diesen Aspekt reinzubringen, den du jetzt genau andersherum angesprochen hast, damit es eben nicht wieder nur wieder ein Projekt der weißen Mittelklasse wird, die sagen das System ist scheiße und wir machen etwas ´anders`, was andere vielleicht schon lange anders machen müssen. Was du gerade geschildert hast ist, dass es wichtig ist von dieser Logik weg zu kommen, weil diese immer auf Privilegien aufbaut und es somit gar nicht geht, keine Verlier*in oder Gewinner*in in irgend einem Ausmaß zu sein. Was würdest du sagen, ist die Erde tatsächlich kein Privilgierten Ort oder eben doch?
M: Wir haben das einzigartige Glück, also ich habe das bis jetzt noch nirgends gefunden, bei keinen anderen alternativen Projekten, wir haben das einzigartige Glück, dass wir diese auf Subjektebene passierenden Privilege, die können wir deswegen aufheben und unwichtig machen, weil wir das Privileg haben, im Gemeinderat zu sein und diese politische Stellung hebt für den Einzelnen diese Frage auf ob man jetzt... also es schafft, und das habe ich vorher gemeint mit es schafft einen Raum und in diesem Raum kann man eben Veränderungen bewirken, weil dadurch das wir im Gemeinderat sind haben wir diesen finanziellen Raum, dass wir uns diesen Ort leisten können und wir auch die Repräsentation in der Gesellschaft haben, dass wir sprechen können, da haben wir eben eine einzigartige Lösung gefunden, wie das funktionieren kann, so ein Projekt; nämlich mit einem politischen Hintergrund. Das kann nicht die Lösung für jedes Projekt auf dieser Welt werden werden, es muss momentan unsere Lösung sein weil was anderes haben wir einfach nicht, wer weiß was in zwei Jahren ist, aber momentan haben wir keine andere Lösung, aber deswegen spielt das jetzt in unserem Fall nicht in die Frage ob der Einzelne sich das leisten kann, ob er privilegiert genug ist; Tatsächlich auf einer großen gesellschaftlichen Ebene ist es eine Frage, ob man privilegiert genug ist, deswegen bin ich auch keine Vertreterin der Meinung, dass wir auf einer individuellen Ebene versuchen sollten Änderung herbeizuführen, ich ermutige jeden auch aus psychischer Sicht, damit keiner verzweifeln muss, deswegen mache ich auch all die Sachen, die ich mache, deswegen beschäftige ich mich mit alternativen Wohnen und deswegen bin ich vegan, und deswegen gebe ich Workshops und halte Vorträge und blablabla und ich mache ganz viele Sachen aus dieser Überzeugung heraus, aber das mache ich ausschließlich damit gut geht und damit emotional in der Lage bin nicht zu verzweifeln in dieser Welt, tatsächlich verändern tut es nichts und das muss man so klar aussprechen wie es ist, weil ansonsten werden wir uns gegenseitig ständig beschuldigen nicht genug zu machen und das es unsere individuelle Schuld ist, dass die Welt so aus ausschaut, wie sie ausschaut und das ist nicht der Fall und das müssen wir gerade in dieser alternativen Szene anfangen zu erklären weil was wir momentan tun ist, wie nehmen Geldlogik und packen sie in die alternative Szene, wir messen jetzt besser und schlechter daran wer alternativer ist und es bringt uns nicht einen einzigen Schritt weiter, das wird uns nur sehr viel Zeit kosten, die wir momentan nicht haben.
L: und was kann mensch stattdessen tun?
M: Das ist eine gute Frage. Da wären wir bei dem Punkt, was mache ich mit meinem Leben?, die stelle ich mir auch oft, meistens um drei Uhr morgen im Bett (lacht), ich bin zu dem Schluss gekommen, dass wir versuchen müssen auf verschiedensten Ebenen im
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System klarzumachen dass wir strukturelle Veränderungen brauchen und da macht die Erde alles richtig weil sie geht eben in die Politik, ist im System, grenzt sich nicht davon ab, versucht nicht besser zu wirken wie andere, versucht sich nicht...Weil wir vorhin über Berlin geredet haben, das ist genau was in Berlin passiert in alternativen Szene: `Also wir sind ja viel besser, als das Establishment` und dadurch passiert wieder negative Abgrenzung, dadurch passiert wieder Spaltung, dadurch kommen wir keinen Schritt aus der Geldlogik raus, die ja darauf basierend müsste, dass wir uns identifizieren können ohne uns negativ abzugrenzen und deswegen müssen wir... also ich zum Beispiel werde hoffentlich in die Wissenschaft gehen, tatsächlich in die Forschung gehen und ich werde mich an komische Richtlinien halten die vier teilweise sehr fragwürdig halte, weil ich der Meinung bin, dass ich so mehr am System ändern kann wie wenn ich das System verlasse und wir müssen in die Politik gehen und dort mitreden und wir müssen in die Bildung gehen und dort mitreden und wir müssen in die Medien gehen und dort mitreden, wir müssen..und vor allem damit wir das können müssen wir aufhören uns gegenseitig zusagen, dass wir noch nicht genügend aus der Geldlogik herausen sind, es bringt nichts wenn wir uns sagen, du bist jetzt in der Geldlogik weil du hast ja einen Job, es ist toll, dass du diesen Job hast, denn dadurch konntest in deinem Job die Dinge sagen, die schon lange einmal gesagt gehören. Und natürlich bin jemand der Vergangenheit Zahnbürste verwendet aber würde ich eine Plastikzahnbürste verwenden, dann wäre es total legitim wäre. Und die dieses ständige verurteilen das ist das wie sich die Erde von anderen Dingen unterscheidet, weil wir ihm im System agieren, weil wir diese politische Repräsentation haben müssen wir uns nicht gegenseitig anfeinden wie wir uns mehr vom Establishment abheben könnten, sondern können tatsächlich mit dem Establishment sagen `hey Leute, vielleicht machen wir mal was anders.`
L: Ich möchte noch einmal nachfragen: Was ist der Zusammenhang dafür, dass ihr eine politische Funktion habt und dass ihr dieses Verurteilen nicht tut?
M: Weil durch die politische Position haben wir die finanziellen und räumlichen Rahmen dafür, dass wir quasi einen Raum schaffen, indem das möglich wird. Wären wir nicht im Gemeinderat, dann hätten wir nicht die Förderung der politischen Arbeit, die Förderung der politischen Arbeit, ist eine Summe an Geld, die wir dafür aufwenden den Freiraum zu bezahlen, die Miete, Heizkosten, Elektrizität etc. Hätten wir das jetzt nicht, müssten wir eine Spendenbox aufstellen und hätten wir eine Spendenbox, würde die Geldlogik schon wieder greifen und wir könnten es vergessen, dass wir etwas verändern wollten.
Aber nicht nur finanziell, auch den repräsentativen Rahmen, hätten wir nicht diese Repräsentation, hätten wir keine Stimme in der Presse, könnte keine Pressemitteilungen heraus geben, müssten darum kämpfen mit anderen Initiativen, wer jetzt die Presse kommt und wer nicht, wer jetzt einen Zeitungsartikel geschrieben bekommt, und wer nicht, dann wir wieder so beschäftigen mit diesem Konkurrenzkampf, dass das schon wieder umsonst wäre. Und kann man jetzt mit allen Ebenen durchspielen, ohne dieses Standbein hätten wir den Rahmen nicht, der die Veränderung darin dann ermöglicht.
L: Ich verstehe das Zusammenspiel dieser Offenheit auf der einen Seite und auf der anderen Seite das Innehaben einer politischen Situation noch nicht so genau was ist denn die politische Position?
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Ich fasse nochmal zusammen, wie ich es bisher verstanden habe: die Erde hat keine rechtliche Form und verstehst sich als Bewegung. Sie ist entstanden aus dem Wille nachhaltiges zu tun, das mit der essbaren Stadt, oder aus einer politischen Motivation heraus, das verstehe ich noch nicht ganz, sie muss ja bei der Gründung Menschen zusammengebracht haben mit irgend einer Art von Gemeinsamkeit. Dann kamt igrendwann ihr als Familie Kravanja dazu, die ihr euch mit der Geldlogik beschäftigt und dann ist es ineinander übergeflossen also ihr kamt nicht und sagtet: Leute, dass muss geldlogik frei sein, sondern es hat der Erde wie du so schön sagtest wie einen größeren Rahmen gegeben um zu verstehen, warum manches im kleinen funktioniert aber auch nicht funktioniert hat und dann wurde es theoretisch eingebracht und seit dem spielt es ja schon eine große Rolle; spielt es auch eine große Rolle für die politische Position, die ihr habt?
M: Also, die Erde hat sich gegründet ach, ich muss sagen, ich studiere wirklich gerne Kulturwissenschaften, ich finde mein Institut total scheiße, aber Kulturwissenschaften finde ich total toll, weil da merkt man wieder was Kultur so ist, weil es gibt 1000 Anfangs Geschichten der Erde, man könnte die Gründungsgeschichte auf hundert verschiedene Arten erzählen und sie wären alle korrekt und der Wahrheit entsprechend und ich finds voll schön, dass wir keine davon niderschreiben, weil wenn wir keine niederschreiben wird nicht die eine richtig und die andere falsch. Meine lieblings Gründungsgeschichte der Erde, die auch so passiert ist, ist folgendes, dass der Stefan auf den Hauptplatz gegangen ist und ein Schild geschrieben hat auf dem stand „für den Ausbruch des Ersten Weltfriedens“ und er hat quasi demonstriert für den ersten Ausbruch des Weltfriedens und der hat das quasi eine Friedensmahnwache gehalten und das haben alle total irre gefunden, weil was macht denn der da? Und einige Menschen haben es nicht irre gefunden sondern sich gedacht, wir fänden es auch cool, wenn Weltfrieden wäre und dann haben sie sich dazugestellt und daraus ist dann die Erde geworden und diese Menschen haben sich dann auch öfters, einmal in der Woche, bei meinen Eltern getroffen und ich hab mir halt gedacht, naja, das ist mal wieder so ein komisches Projekt von meinen Eltern, die haben nämlich öfters so komische Projekte, aber dieses Mal war es tatsächlich so, dass Komponente dazu gekommen ist, dass die Menschen die da dabei waren Erdlinge waren, eben davor schon, also der Sascha hatte ja die Erde gegründet gehabt, das war ja dem sein Ding. Also das ist auch eine Gründungsgeschichte der Erde: Der Rene und der Sascha sind zusammen aufgewachsen, im gleichen Block, im gleichen Haus und René war schon immer super politisch interessiert und hat immer zum Sascha gesagt, der Sascha war ja wegen seinem Opa, der ja bei der FPÖ war, war der Sascha immer schon politisch, und der war schon Schulsprecher, dann ist er gleich in den Gemeinderat gekommen, nach dem er 18 war und der war ja für die FPÖ, was ja total irre ist, weil das sind ja unsere Faschos, war der im Gemeinderat (vielleicht schreiben wir nicht ùnsere Faschos`), dann wurde er aber zum freien Gemeinderat, weil er das doof gefunden hat, was die FPÖ macht um es freundlich auszudrücken, und war dann wilder Gemeinderat und dann hat der Rene zu ihm gesagt, Sascha, wir müssen doch irgendwas machen und politisch, lass und doch zur Gemeinderatswahl antreten und der Sascha hat gesagt, nein, das ist so viel Arbeit, das machen wir auf keinen Fall, ich weiß gar nicht was dann dazwischen gekommen ist, weil irgendwann hat der Sascha dann doch gesagt, scheiß drauf, machen wirs und dann haben die sich
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spontanen mit einem Haufen Menschen im Café getroffen und gesagt: `so, wir treten jetzt zur Gemeinderatswahld an. Wir wissen nicht wer wir sind, wir wissen nicht was wir machen, wir machen das jetzt`. Und dann sind die quasi auf diese Friedensmahnwache getroffen und die Gruppe hat sich dann auch bei meinen Eltern getroffen und so ist das quasi passiert, dass diese ganzen Interessen zusammen verschmolzen sind, und ich finde es ist nicht unbedingt nachvollziehbar, ich finde, dass man es nicht unbedingt nachvollziehbar machen muss also für uns ist es schön, dass zu wissen aber das wird eh niemand nachahmen können und Dinge wachsen einfach organisch , wenn etwas wachsen darf, man es dem erlaubt, dann ist das nicht so stringent dass man sagt `Ah, wir hatten von Anfang an eine Forschungsfrage und ein Forschungsziel`, sondern wir wissen halt, wir wollen alle was verändern und wir würden auch gerne etwas politisch machen und es war auch nicht von Sascha die Motivation, etwas nachhaltiges zu machen, also das ist erst mit der Fridays for Future Bewegung gekommen, und damit, dass wir ohnehin viele Menschen gehabt haben, die sich viel mit Permakultur und essbaren Städten beschäftigt haben aber an sich war das eine sehr Wirtschaft kritisch und Establishment kritische und politikkritische Bewegung.
L: Also war der Anfang Kritik am bestehenden System, und noch gar keine Alternative, sondern Menschen sind dort hingegangen um zu sagen: `Hej, irgendwas läuft doch komisch` kann mensch das so sagen?
M: Ich würde schon sagen. Und natürlich wollte man eine Alternative schaffen und es hat genug Dinge gegeben, wie die essbare Stadt, die man leicht umsetzen konnte; aber es war keine fertig gedachte Idee, wie man das verändern könnte, damit es gut wird.
L: Und es gab auch keine wirklich feste politische Position?
M: Es gibt politische Positionen, die wir von Anfang an vertreten haben und zwar, dass wir überall da dabei sind wo wir das Gefühl haben, da geht es darum für Mensch, Umwelt und Erde etwas Gutes zu tun, Verantwortung zu übernehmen, verantwortungsvoll zu handeln. Und wenn die FPÖ einen Vorschlag macht, der dem entspricht, dann werden wir den annehmen und haben wir auch schon angenommen, wir haben auch schon mit Kirchen kooperiert, wo viele von uns keine großen Kirchen Freunde sind, wir positionieren uns überall da, wo wir das Gefühl haben, da wird Verantwortung für unsere Erde übernommen und zwar auf allen Ebenen, völlig egal ob das eine Umweltebene ist, diesen touch hat es eben erst in letzter Zeit bekommen, das das durch die sei es Fridays for Future und Extinction Rebellion, das ist halt gerade irgendwie mode aber vor allem meint die Verantwortung Erde, dass auf allen Ebenen Verantwortung übernommen wird.
L Wer ist denn heute für die Verantwortung Erde im Gemeinderat und wie kann man sicherstellen, dass die Person dann doch repräsentativ für euch spricht und wer seit überhaupt ihr?
M: Wir wissen es alle nicht (lacht). Und wenn die jemand in einem Interview erzählt, dass sie es wissen, dann lügen sie, dann lügen sie sich zumindest selber an, also wir haben all keine Ahnung, wir haben eine Politikgruppe, und jeder der sich für Politik
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interessiert, darf da rein bei uns ist eh jede Arbeitsgruppe total offen. Und die Menschen in der Politikgruppe entscheiden dann eben, was politisch so bei uns passiert. Die entscheiden auch, wer ind den Gemeinderat geht etc und was einfach am sinnvollsten ist und es waren schon zwei Menschen für uns im Gemeinderat, einmal der Sascha und einmal der Rene ich finde berechtigte Kritik des bis jetzt nur zwei Männer im Gemeinderat waren, da knabbern wir auch hart dran und ich zum Beispiel würde es ja machen, aber ich zieh ja weg, by the way, Saruj, mit so nen Sachen kannst du mit niemanden reden, erst wenn das alles offiziell passiert ist weil ich glaub, es ist nicht einmal mehr bekannt gegeben, dass die antreten, weil der Sascha ist da immer sehr nervös (...ausgelassen; Min 00:59:02). Auf jeden Fall, genauso wird das dann entschieden in der Gruppe, und da darf auch jeder reingehen, es gibt weder Altersbeschränkung, also es gibt überhaupt keine Beschränkungen, wenn du in der Erde bist, kannst du in die Politik Gruppe kommen, und die trifft sich und bespricht alle Themen und wenn du dich aufstellen lassen willst, dann wirst du aufgestellt, also es wird auch niemand abgehalten sich aufzustellen, bei uns funktioniert alles und crazy concept indem man es sich ausredet, da hat noch nie einer drüber nachgedacht, also ich finde das nämlich so cool wie in verschiedenen Gruppen verschiedenen soziokratische Modelle und wie man auch abstimmen könnte und wie man Blabla und keiner ist bisher auf die Idee gekommen, es sich auszureden, das finde ich auch echt witzig, weil wir reden es uns einfach aus, das ist unsere Methode
L: Was bedeutet ausreden?
M: Ausreden bedeutet solange zusammen sitzen, bis man fertig geredet hat.
L: Spannend, weil das ist auch eine Frage: Wie geht ihr miteinander um, wie organisiert ihr euch? Das hast du ja gerade schon angedeutet, es gibt also Arbeitskreise, die sind aber auch fluide, man könnte also auch einen neunen gründen?
M: Ja genau, und egal wer dazu kommt, wir reden uns dann aus. Die Entscheidung liegt immer beim Menschen anwesend sind, das ist bei uns ein Grundprinzip, also wer nicht anwesend ist, hat Pech gehabt, natürlich wenn jemand sagt ich kann nicht anwesend sein, werden alle darauf Rücksicht nehmen und beispielsweise gewisse Entscheidungen erst dann treffen, wenn diese Person dann wieder da ist, aber an sich, die oder der da ist, treffen die Entscheidungen, die heute anstehen und es können Entscheidungen auch immer wieder getroffenen werden, es gibt auch kein Verbot irgend eine Frage nicht mehr aufzuwerfen, aber an sich ist es völlig offen und wenn du, also genau, thats it. Also wenn man mal drin ist in so einem Arbeitsgruppe oder Arbeitskreis, dann kannst du genauso mitreden, wie jeder andere. Wir erzählen es uns dann auch nicht gegenseitig als Arbeitsgruppe, also es gibt keine Pflicht, dass erst wenn man das dem Wochen Treffen erzählt hat, das dann Gültigkeit hat, sondern wenn die Medien Kommunikationsgruppe beschließt, ab jetzt ändern wir unser Logo, teilt sie dies vielleicht freundlicherweise mit wenn Zeit dafür ist, aber an sich ist das Logo dann geändert, weil wir wollen, dass diejenigen, die sich für etwas zuständig fühlen, die sollen auch für etwas zuständig sein, dann braucht es keine Bürokratie dahinter
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L: das ist ja dann auch eine Einladung, Verantwortung zu übernehmen..
M: Ja, genau
L: Auch wenn ich noch nicht ganz verstehe, was die politische Position ist, dann würde ich einfach in die Gruppe gehen und sagen, Hey Leue was macht ihr eigentlich? Mir liegt übrigens Klimaschutz voll am Herzen etc.
M: Ja genau, das Prinzip der Eigenverantwortung ist ein Grundprinzip in der Erde , also es gibt so ein paar Sachen auf die haben wir Konsens, dass wir eigen verantwortlich arbeiten und so weiter und so fort, das wir keine Hierarchien haben, aber dass haben wir auch alles nicht festgeschrieben, sondern das ist einfach Konsens
L: Aber wie ist das entstanden?
M: Das kann ich dir wirklich nicht sagen, ich bin dazu gekommen, und das hat Sinn für mich ergeben deswegen habe ich das nie angefochten, weil flache Hierarchien und Eigenverantwortung haben für mich immer schon logisch geklungen. Und was ich noch sagen kann, unsere politische Position ist halt meistens unter, also wir fahren meistens bei jeder inhaltlichen Frage eine Ebene darunter also wir fragen uns halt immer; also das war bei der Landtagswahl schwierig, weil wir haben da so Fragekataloge gekriegt, wie stehen Sie zum Thema bla, wie schnell darf ich mit dem Auto dort fahren? Welche Regelung würden sie wo machen? und dann haben wir halt immer sagen müssen `es ist uns scheiß egal also gesagt haben wir das nicht, aber gedacht es ist uns scheißegal wie schnell da jemand vorbei fährt, wir wollen nicht mehr, dass Menschen da vorbei fahren müssen, weil wir gerne öffentlichen Verkehr hätten, damit diese Frage sich gar nicht mehr stellt und so haben wir es fast mit allen Sachen gehabt, weil wir diese Fragen als sinnlos empfunden haben teilweise, weil uns das nicht tangiert, wir wollen das jeweilige Problem drunter lösen, wir wollen wirklich das auf systematischen Ebene lösen, wie es wird immer schwierig wenn man sich da mit so kleinkariertem Schmafu beschäftigen muss
L: Also beschäftigt ihr euch eigentlich damit, grundsätzlich die Fragen der Politik oder des politischen Geschehens in Frage zu stellen?
M: Ja, genau!
L: Was würdest du sagen, wie viele Menschen sind in der Erde?
M: Also es gibt Schätzungen, ich halt vom schätzen nichts, also ich bin ein Erdling, du kannst für dich entscheiden, ob du ein Erdling bist, ich finde schon, dass du ein Erdling bist, du kommst mir sehr erdling mäßig vor; aber an sich es gibt keine Rituale zum Aufnehmen, es gibt keine Zeremonien, es gibt keine Mitgliedschaft, es gibt keine Listen es gibt viele Erdlinge, die haben auch keine sozialen Medien und keine Smartphones und dh. sie sind noch nicht einmal in den Arbeitsgruppen, die bei uns über Signal vertreten sind und trotzdem sind die jedes mal dabei, also das sind auch voll Erdlinge.
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Man könnte jetzt vielleicht schätzen, dass in unserem engeren Kreis vielleicht 100 Menschen sind und in unseren weiteren Kreisen ein paar 100, aber das schätzt auch jeder anders, deswegen sind diese Schätzungen eh völlig egal eigentlich
L: Und wen würdest du als Kernteam bezeichnen?
M: Also ich würde mich definitiv nicht als Kernteam bezeichnen, Sascha und Vanessa sind definitiv Kernteam, wobei momentan auch mehr Vanessa, also der Sascha macht gerade mehr Politik, und in der Erde sind vor allem die Gernots, die mir ganz präsent einfallen, Rudi, Robert, die Andrea war lange Kernteam, die Montagscrew ist definitiv Kernteam, das sind die die immer am Montag gekocht haben..
L: Wie viele Arbeitskreise gibt es denn? Und wo bringst du dich ein?
M: Die Julia hat schon 1000 Versuche unternommen, das so in Diagrammen zu fassen, rede mal mit ihr, das erklärt sie dir sicher gern, sie hat oft versucht das für Eigenelaborationen zu erfassen, hat eh nie funktioniert, aber es sind spannende Versuche gewesen, auf jeden Fall. Ich würde mich momentan weil ich mich ja doch distanziere, weil ich will ja bald nach Berlin ziehen und daher nicht, krasse Aufgaben übernehmen und dann alle hängen lassen, sondern ich entferne mich so graduell gerade, deswegen bin ich so etwas weiter herausen und momentan ordne ich mich vor allem theoretische ein, dass ich viel am philosophieren bin für die Erde, aber davor habe ich die Arbeitsgruppe Tiny Haus mehr oder weniger, also ich war sicher ein Kernteam oder Mitglied in der Arbeitsgruppe Tiny House, Alternativ Wohnen, Info Mittwoch habe ich gestaltet, dann war in der Kochgruppe definitiv auch im Kern drin, in der Ernährungssouveränität bzw. pflanzlichen Ernährung Gruppe bin ich sicher diejenige, die am meisten..also ich bringe sicherlich sehr viele politische Themen zur Sprache die vor allem junge Menschen betreffen und mit dem sich junge Menschen beschäftigen und das waren so meine Aufgaben in der Erde. In meinem Lebenslauf habe ich jetzt mal geschrieben: Freiwillige Arbeit: Projektleiterin in der Verantwortung Erde, weil jeder einzelne von uns...in in der Geld Welt wäre es wahrscheinlich eine Projektleitung. Jeder macht es einfach.
L: Und wie läuft das? Was sind vielleicht auch Herausfoderungen?
M: Alles ist eine Herausforderung, Saruj, ich versuch dich echt nicht auf den Arm zu nehmen, es sind einfach irrsinnig schwierige Antworten, weil es ist alles eine Herausforderung. Menschliches Zusammenleben ist eine Herausforderung, das ist einfach so, und das ist nicht defaul. Man muss alles neu ausmachen und neu verhandeln und neu abstecken und neu nachdenken was ich heute über das fühle wenn ich mir darüber Gedanken mache, ich würde sagen, dass funktioniert ausgesprochen gut und ich möchte auch gar nicht, dass es anders funktioniert, weil...es ist so anders...Dinge funktionieren einfach, man muss über manche Dinge manchmal auch einfach nicht nachdenken, weil Zusammenleben und Menschen funktionieren ganz anders, als wir uns das vorstellen. Wenn du in einem Haushalt bist zum Beispiel, also einem Haushalt jetzt im Sinne vom Erde Raum jetzt, wenn du im Erderaum bist, es gibt total viele Herausforderungen, und oft bleiben die gleichen Arbeiten an den gleichen Menschen
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hängen und das ist nervig und blabla aber an sich funktioniert es auf so eine andere Art und Weise wie das man einfach einen Putzplan macht, das, so geht das einfach nicht, es geht einfach nicht so. Aber prinzipiell finde ich dass es so auf jeden Fall funktioniert und es funktioniert auch deswegen vor allem, weil es ist mühelos, die sozialen Kontakte zu pflegen die du gerne pflegst und es ist irrsinnig anstrengend die sozialen Kontakte zu pflegen, die du pflegen musst; und deswegen ist es für mich mühelos zu schauen, ob die Andrea wenn sie krank ist alles hat was sie braucht, weil ich die Andrea einfach lieb hab und das so machen würde, wäre es meine Aufgabe, dass ich auf die Andrea aufpassen muss, dann wäre das wahrscheinlich ganz anders. Und für die Andrea ist es mühelos, wenn sie weiß morgen ist ein Erde Fest, geschwind drei, vier Kilo Brot am Abend zu backen, weil sie das einfach..das ist für sie das logischte der Welt. Würdest du mich verpflichten am Abend Bort zu backen jedes mal, dann müsste ich mir einen Algorithmus schreiben wo jedes mal wenn eine Erde Veranstaltung ist ich eine kleine Nachricht am Handy bekomme, damit ich dann Mehl kaufe, damit ich dann Brot backe das wäre so mühsam! Und für sie ist es einfach: Ah, morgen ist ja ...Dann backe ich noch schnell ein paar Kilo Brot
L: Eigenverantwortung scheint das Wort dafür zu sein, wie ihr euch organisiert und wonach ihr handelt, oder?
M: Ja. Ich hoffe mein Gestotterte hilft dir da überhaupt weiter
L: Du hast in meinen Augen einfach sehr ehrlich geantwortet, was man weiß und was man auch nicht weiß und was trotzdem funktioniert, ohne dass man jetzt genau verstehen muss, warum das so ist. Und auch das ist eine Antwort, die es wichtig ist zu haben.
: Du hast vorhin gesagt, dass viele Menschen auch gehen woran liegt diese Fluktuation oder ist das einfach so ein kommen und gehen?
M: Das ist schon definitiv eine Systemfrage, also teilweise gehen auch viele Menschen, weil sie gezwungen werden wieder in Jobs zu sein und weil sie dann die Zeit nicht mehr haben und, also ganz oft reist uns das System Erdlinge weg, viele Flüchtlinge, die dann abgeschoben werden, wo wir jedes Mal versuchen jeden einzelnen also der Aman hat jetzt gerade einen positiven Bescheid gekriegt, das hat ewig gedauert, bis wir das geschafft haben. Das System reißt uns Erdlinge weg, geflohene Menschen, Menschen die wieder arbeiten müssen, Menschen die zu Sache verpflichtet werden, das ist ein Kampf gegen Windmühlen, das wird nicht mehr aufhören, das ist einfach so, sehr mühsam.
L: Also tatsächlich eher äußere Faktoren und nicht dass man sich innen überwirft, dass man nicht gut mit Konflikten umgehen kann..
M: Also in meiner gesamten Erde Zeit, wo ich jetzt bei der Erde bin, ist das zweimal passiert, also wie ich es beobachtet habe. Und das ist für die Fluktuation die wir haben lächerlich, also es ist wirklich nicht viel. Zwei Menschen, das war damals eine Mutter und eine Tochter, die sich dann nicht mehr bei uns gemeldet haben, weil wir so unteren Zwists gehabt haben von wegen das jemand wollte, dass das Projekt in die Richtung geht
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und jemand wollte, dass es in die Richtung geht und dann hat das nicht mehr funktioniert, aber wie gesagt zweimal. Und ich finde es auch interessant, weil eigentlich ist immer voll viel Liebesdrama, ist ja logisch, wo Menschen sind, wird rumgeschmust und trotz des ganzen Liebesdramas ist das alles erstaunlich stabil finde ich, also da sind schon die witzigsten Pärchen entstanden in der Erde, aber es hat nie, also ich habe nicht das Gefühl dass das jemals dazu geführt hat, dass sich da jemand rausgedrängt gefühlt hat war schon zulässig.
L: Und weil das einfach da sein konnte und Thema sein konnte oder warum? Denn ich habe schon öfter miterlebt, dass Initiativen mit sogar hohem visionären comittment an zwischenmenschlichen Beziehungen gescheitert sind..
M: Wobei schauen wir jetzt mal, weil ich weiß nicht was momentan ab geht im Hause Kravanja, aber bis jetzt hat es das eigentlich noch nicht gegeben. Also ich habe auch total viele Trennung, also die Julia ist schon oft bei uns auf der Couch gesessen und hat geplärrt, weil sie sich von irgendwem mal wieder getrennt hat oder der sich von ihr; natürlich sind manche Menschen bei der Erde gewesen wegen ihren Partnern und sind dann nicht mehr bei der Erde gewesen, wenn sie mit dem nicht mehr zusammen waren, aber das sind sowieso keine Erde Mitglieder in dem Sinne jetzt. Der Mohamed ist es zum Beispiel auch nicht mehr der Erde seit wir Schluss gemacht haben, aber der Mohamed war auch nie so richtig involviert bei der Erde, und das empfinde ich dann nicht als dass jemand weg gegangen ist sozusagen
L: Wie hat dein Leben sich verändert, seit dem du Erdling bist?
M: Ich habe mich sehr viel ausprobieren dürfen, deswegen bin ich sehr viel selbstbewusster geworden, ich bin sehr viel beruhigter, weil ich weiß echte menschliche Beziehungen sind noch da und die gibt's noch, ich bin sehr viel optimistischer und ich bin aber auch sehr viel kritischer, weil ich weiß, es ist nicht alles Gold was glänzt, und nicht jeder alternative Gedanke ist etwas, was ich vertreten möchte. Insofern hat sich sehr viel verändert, ich muss sagen ich bin auch in einer sehr prägenden Zeit von 17 22 in der Erde gewesen, das ist halt auch eine Zeit, wo viel passiert, würde ich mal behaupten, wenn es überhaupt eine Zeit gibt, wo nicht viel passiert, aber da hat die Erde schon definitiven einen Teil dazu beigetragen, auf jeden Fall
L: Du wurdest ja nun in eine Familie hineingeboren, die sich schon zuvor geldkritisch bzw Geldlogik hinterfragend verhalten hat. Ist das zur maßgeblichen Einfärbung bei der Erde geworden?
M: Es ist auf jeden Fall ein Projekt in der Erde, eine Arbeitsgruppe quasi. Jede Arbeitsgruppe färbt natürlich auf andere ab, zum Beispiel ich hab viel über pflanzliche Ernährung geredet in der Kochgruppe und natürlich hat es auf alle anderen Gruppen abgefärbt und das war dann auf einmal Konsens, dass bei allen Treffen nur noch pflanzliches Essen ist; und natürlich wenn man zum Beispiel für; also jede Gruppe hat auf jede Gruppe immer abgefärbt, wenn auch politische Entscheidungen getroffen wurden wie wir zu etwas stehen, dann haben natürlich alle anderen Gruppen über das Nachdenken anfangen, wie sie das verarbeiten könnten und das mein ich mit es braucht
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keinen bürokratischen Weg, wie das jeder macht, sondern das gemacht schwappt automatisch auf einander über und das passiert ganz „natürlich“, würde ich jetzt einmal sagen. Und genau so ist das natürlich auch beim Geld, also dadurch dass das so ein großes Projekt war und auch viele beteiligt waren, ist es automatisch in die anderen Gruppen mit hinein gezogen worden. Also zum Beispiel die Koch Gruppe war eine, die war in der Geldfrei Gruppe und das Kochprojekt war ja ein geldfrei Porjekt, also ein Unterprojekt davon und natürlich alle die beim Essen waren haben dann auf einmal anfangen sich mit Geld zu beschäftigen und dadurch; und auch alle mit der Kochcrew geredet und dadurch haben dann die, die gegessen haben gedacht naja dann sollten aber das und das bei unseren Gruppen auch gratis sein, also so einfach wurde am Anfang noch gedacht, weil stimmt eigentlich, wir sollten keine Barrieren schaffen um das und das für Menschen zu ermöglichen und so greift das dann um sich und irgendwann auf einmal ist es dann durchgesickert und das ist aber auch eine gute Überprüfung, ob etwas standhalten kann mit so einem Prozess, wenn du mit einem Projekt kommst, das dem Prozess nicht statthält, dann weißt du ziemlich klar, dass es das nicht ist für die Gesellschaft, und dadurch, dass wir so eine heterogenen Guppe in der Erde sind, muss es durch alle möglichen Schichten sickern, und wenn nicht jeder das übernimmt und wenn nicht jeder das verarbeitet auf seine Art und Weise und das für gut empfindet, dann wird es nicht angenommen von der gesamten Erde und dann ist es offensichtlich kein Konsens; denn wenn du was reinschmeisst und das sickert nicht durch, dann ist es das einfach nicht, dann hat es dem nicht standgehalten quasi .
L: Und würdest du sagen, dass es geldlogik frei bzw gelockert Konsens ist in der Erde oder nicht?
M: Es ist definitiv Konsens, dass es Sinn macht das Ziel zu verfolgen, es ist definitiv kein Konsens, dass jeder geldfrei leben sollte. Und genau so bin ich aber ja theoretisch zu genau dem Schluss gekommen, deswegen fasziniert mich das so, dass der Konsens zu diesem Schluss gekommen ist, ohne davor groß drüber nachzudenken; man kann sich theoretisch über viele Dinge den Kopf zerbrechen, die Schwarmintelligenz macht das irgendwie geiler
L: Das heißt aber schon, dass deine Familie diese Geldthematik ausgeprochen in die Erde reingebracht hat oder?
M: Ja. Also eigentlich kann man das mal konkreter sagen, also eigentlich mein Papa, der Robert, und ich glaube dass mich geldfrei interessiert, das werde ich nicht mehr los, weil wenn du damit einmal anfängst, dann ist es schwierig sich für was anderes zu interessieren, aber das war definitiv mein Papa.
L: Du bewegst dich ja in verschiedenen Kontexten. In der Erde hast du vorhin geschildert, kann man leicht man selbst sein, weil man keine künstliche Rolle einnehmen kann, wie geht es dir außerhalb der Erde mit der Erde?
M: Also ich würde nicht voraussetzen, dass ich in der Erde mehr ich selbst bin, wie woanders, ich finde nämlich auch, dass ich in der Uni sehr ich selbst bin. Ich würde jetzt mal behaupten und ich will damit nicht sagen: oh, ich bin so authentisch, ich bin so toll!
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gar nicht, ich hab tatsächlich einfach die Möglichkeit bekommen, sehr authentisch zu sein, es wird ja auch manchmal einfach von Außen erschwert, aber ich habe eigentlich von Außen, also ich meine meine Uni ist auf Studierende angewiesen, weil mein Institut sonst zusperrt, also kann man sich erlauben auch dort sehr authentisch zu sein und ich finde auch in der Erde bin ich nicht zu hundert Prozent authentisch, weil natürlich sagt man manche Sachen nicht, um jetzt nicht jeden gleich zu verletzen, also logisch, das finde ich auch gar nicht unauthentisch, sondern das ist einfach so und das heißt ich würde mal behaupten, dass ich in der Erde so viel Ich sein kann, wie auch mit meinen Freunden, wie auch an der Uni, es sind halt jeweils andere Aspekte und ich empfinde diese Brückenschlagen deswegen momentan nicht krass, weil meine Arbeit an der Uni sich damit beschäftigt, wie könnten wir dieses Geldsystem verändern, und wenn es das ist worauf du dich bei deiner Arbeit konzentrierst ist es nicht so ein Unterschied zur Erde, ich verstehe aber, wenn du einen nine to five Job hast, das ganze anders ist und ich arbeite ja auch als Studienassistentin und da ist es natürlich auch anders, da bin ich damit konfrontiert, dass ich Zahlen auswerten muss, die zur Steigerung der blabliblup beitragen und dann nach dem Bologna System, egal, irgendein Schmarrn zu machen der total durchkapitalisiert ist und da merke ich, dass das mir nicht entspricht, aber es zerfleischt mich gottseidank nicht. Was mich sehr viel mehr zerfleischt hat ist dieser Anspruch, nicht genug geldfrei zu sein, der war für mich wesentlich schlimmer, dieses Grenzgäner Ding ist bestimmt für andere Menschen in der Gruppe sehr viel heftiger, aber für mich war es mehr dieses wie absolut kann man alternativ sein?
L: wo hast du das erlebt?
M: Im Geldprojekt zum Beispiel, Essensprojekt, in jedem Projekt. Im Zwischenmenschlichen in der Erde, es hat sich immer wieder eingeschlichen, weil wir ja alle mit der Welt konfrontiert sind und uns behaupten müssen und dann nehmen wir einfach so eine Energie mit, wir haben aber immer wieder darüber reden können und feststellen können, das ist nichts, was wir uns vorwerfen wollen, sondern einfach etwas, wo wir bonden wollen darüber
L: Und hat sich das dann verändert?
M: Defintiv. Also so was redet man sich dann aus, da redet man fertig einfach. Also ich habe das ganz oft schon zur Sprache gebracht, es wurde auch von anderen oft zur Sprache gebracht und meine Amazon Päckchen werden mittlerweile respektiert und meine Gesichtsmasken auch. Aber es ist ein großer sozialer Prozess.
L: Wie geldlogikfrei lebst du denn in deinem Leben, oder wie würdest du das sagen oder würdest du dir gar nicht diese Frage stellen?
M: Also ich habe lange das als Ziel verfolgt und ich glaube ausgesprochen gut auch erreicht, also ich war an dem Punkt wo ich fast überhaupt gar kein Geld mehr gebraucht habe, bis auf Strom und Wasser habe ich bezogen, ansonsten war da eigentlich nichts. Und mein Haus habe ich eigentlich fast ohne Geld gebaut, ich habe mein Haus um 3500 Euro gebaut, was irre ist, wirklich irre, das ist so weit entfernt von lowbudget Projekten, weil da ist niemand unter 10 Tausend Euro, deswegen ist es schon eine irre Leistung,
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aber ich bin drauf gekommen, es ist überhaupt, es lohnt sich nicht, weil wenn ich jetzt völlig geldfrei wohn und leb und alles, dann hat sich noch nichts verändert und ich persönlich, dass habe ich für mich entschlossen, dass können gerne anderen Menschen machen, ich will kein Vorzeigeprojekt sein, also das ist echt zu viel Druck, dem bin ich auch echt nicht gewachsen und ich glaub auch nicht, dass es Vorzeige Projekte braucht, ich glaib das sowieso jede Region anders reagieren muss, deswegen brauchen wir nicht ein Ding `so kann es funktioniere`, sondern es sind eh unterschiedliche Sachen und deswegen lebe ich haute überhaupt nicht geldlogikfrei, Moment, doch, geldlogikfrei lebe ich schon sehr, weil in meinen Beziehungen, das setze ich nach wie vor um, aber ich habe einen Job, ich bin voll im System jetzt, ich bin das erstmal richtig versichert und alles drum und dran und Ich studiere und ich kaufe mir Gesichtsmasken und so Zeugs, dass man halt nicht unbedingt brauchen würde, ich würde behaupten, dass ich wahrscheinlich nachhaltiger lebe wie der Durchschnitt, aber das ist einfach etwas was ich von früher mitgenommen habe, weil ich es einfach lange so gemacht habe; Ich habe auch eine Komposttoilette, was die meisten wahrscheinlich so nicht haben und so stuff like that, aber ich leg es nicht mehr darauf an, also es ist nicht mehr mein Hauptfokus, weil ich könnte die ganze Zeit und Energie, die ich da reininvestiere, die kann ich da reinstecken, was im System zu verändern und das ist für mich momentan die Position, die ich einnehmen will.
L: Wann ist dieser Wandel passiert? Und was hat ihn ausgelöst?
M: In den letzten sechs Monaten; Definitiv ein Leidensdruck hat ihn ausgelöst, weil ich gemerkt habe, ich grenze mich selbst ab: Ich bin bei einer wirklich guten Freundin von mir übernachtet und habe mich davor noch geduscht und dann sind wir bei ihr im Bett gesessen und haben ein Glässel Wein getrunken und gequatscht und dann hat sie so zu mir gemeint `Ich hoffe du hast beim Duschen alles gehabt, du kannst alles bei mir verwenden` und sie hat halt ein rießiges Sammelsurium an Tuben und Fläschchen blablabla und dann habe ich gemeint `ja, es ist unglaublich, was du alles hast`und dann lacht sie und sagt mir, dass es quasi ihre heimliche Leidenschaft, so ein bisschen ihr Hobby ist Kosmetikprodukte zusammeln und dann hat sie gemeint `glaubst du das ist schlimm?` und dann habe ich gemeint `Nein, das ist überhaupt nicht schlimm, ich finde es wirklich beeindruckend, dass du dich nicht schuldig fühlst`, das habe ich aber so schnell gesagt gehabt das ich gar nicht, also das war für mich so logisch, dass erst als das auf ihr Gesicht getroffen ist gemerkt habe, was ich gesagt habe und dann meinte sie `warum sollte ich mich schuldig fühlen?` also die war so perplex und erst habe ich gemerkt, dass ich mich wirklich authentisch schuldig fühlen würde, ich habe mindestens 1,5 Jahre lang überhaupt keine Kosmetik verwendet, die ich nicht selbst gemacht habe, also ich habe jegliche Seife, Zahnpasta selber gemacht, ich habe mich schon schuldig gefühlt, wenn ich Zutaten für das nicht lokal kaufen konnte, wenn ich z.B. manchmal Kokosöl kaufen musste im Glas oder so und dann war natürlich für mich die Tatsache, dass Menschen ohne Schuld leben können und Shampooflaschen haben auch dann auch noch viele, war für mich unvorstellbar und das war einer wieder Schlüsselmoment auf jeden Fall aber es war auch in Berlin zum Beispiel, am Kottbusser Tor zu stehen und zu sehen wie viele Menschen hier stehen und wie unfassbar uninteressant es für die Welt ist, das ich kein Shampoo verwende, war schon auch so ein Moment wo ich dachte, mhm, vielleicht geht es gar nicht darum, ob ich Shampoo verwende oder nicht, vielleicht
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ist das nicht die Frage, die sich die Welt stellen sollte, vielleicht sollte sich die Welt tatsächlich wichtigere Fragen stellen und das heisst nicht, dass ich heute jeden Schmarrn kauf, aber das ich beschlossen habe, das ich; ja, weil natürlich dieser ständige Schuldgedanke ist nicht cool
L: Aber woher kommt der?
M: Also erstens sind wir in einer Gesellschaft, wo wir eh alles immer perfekt machen müssen, das spielt sicher mit rein, aber es ist schon glaube ich auch; ich bin keine Verschwörungstheoretikerin, also ich nicht auf solche Theorien, aber für mich macht es schon Sinn, dass wenn ich eine Organisation bin, die viel verdient damit sie irgendein Klimbim verkauft, dann möchte ich natürlich nicht, dass ich von der Politik verboten bekomme, diesen Klimbim zu verkaufen, sondern ich möchte lieber sagen, naja der Welt geht es nicht wegen mir so scheiße sondern weil ihr alle diesen Klimbim kauft, und deswegen seit ihr die Schuldigen. Und ich habe die Gefühle, dass passiert in unserer Gesellschaft gerade. Ob das jetzt tatsächlich von jemandem geplant ist oder nicht, ist völlig irrelevant, also ich will auch niemanden beschuldigen, aber ich glaub schon dass es insgesamt Sinn macht, um auch unsere eigenen Jobs zu sichern, wir uns als Gesellschaft insgesamt die Schuld geben müssen die ständige, dass es an uns liegt und dann kommen noch ganz viele Bewegungen dazu, die sagen, dass Kinder es besser machen als wir und man muss sagen es gibt auch tatsächlich einen Grund für unser Schuldgefühl, weil als Gesellschaft nehmen wir Menschen den Lebensplatz weg, die noch nicht auf die Welt gekommen sind, das ist schon ein tatsächlich ungleiles Gefühl und ich glaube die Kombination aus dem machts und dann natürlich auch diese Kultur, die sich in der alternativen Szene entwickelt, von wegen Ìch bin alternativer als Du` und ich habe mit dem Sascha irrsinnige Konflikte gehabt deswegen, also der Sascha einerseits sah es nie richtig angestiegen) Täter und Zink sagt du Sascha ist mich richtig angestiegen mit meinen Amazon Paketen, und dann habe ich zu ihm gesagt: Du Sascha, Ich hab keinen Lautsprecher in meinem Haus, ich kann keine Musik hören und wenn du in der Früh aufwachst, dann hörst du Musik auf deinem Lautsprecher, warum soll Ich nur weil ich zu jung war als ich zum geldfrei Projekt gekommen bin, als das ich schon meinen eigenen Lautsprecher gehabt hätte, keine Musik hören in der Frühe? Da habe ich schon das Gefühl gehabt, ich bin die einzige, die diese Position hat, alle anderen sind zu dem Projekt irgendwann in ihrem Leben gekommen, ich bin in den Projekten aufgewachsen und ich hab diesen Grundstock an Dingen auch nicht gehabt, die man halt hat. Ausmisten? Was soll ich denn ausmisten? Und dann hast du gewisse Sachen halt einfach nicht, du hast kein gutes Paar Schuhe und du hast kein Lautsprecher zum Musik hören und du hast einfach noch kein Herd, du musst mal einen Herd kaufen was sollst denn machen? und die Probleme hat jemand nicht, der vorher ein Herd gehabt hat und dann halt dazu gekommen ist zum Projekt.
L: Und vielleicht bewusst entscheidet: „Hey, jetzt will ich es anders“
M: Und das hat schon in mir viel gemach und ich glaub auch, dass wir als Frauen auch zusätzlich dazu erzogen werden, uns immer die Schuld zu geben für Dinge, das ist bestimmt auch noch ein Mitfaktor, ja und ich bin viele Nächte wach gelegen und hab
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geweint, weil ich mir gedacht hab, ich bin schuld daran, dass die Welt so ist, wie sie ist. Und das sind wir nicht, Saruj, das bist weder du noch bin das Ich. Und ich habe wirklich gute Freundesgruppen gehabt, eine davon war die, die diese Shampooflaschen sammelt, die mir dann auch wirklich erklärt haben, dass das was ich mache also das sind alles Psychologinnen muss man dazu sagen, also die studieren Psychologie, die haben mir erklärt, dass das was ich da jetzt mache gedanklich, genau das passiert, wenn man in eine Sekte geht und oder wenn man einer Ideologie folgt, nämlich Dinge auf die Spitze zu treiben bis zu einem Punkt, wo sie emotionalen Leidensdruck auslösen oder physisch und psychisch nicht mehr gesund sind und das möchte ich nicht
L: Und wie kann man dem entgegen wirken?
M: Indem, dass wir miteinander Klartext reden, wirklich, dass wir uns gegenseitig mal glasklar, weil wir müssen gewissen Dingen manchmal aussprechen wirklich und wir müssen aussprechen, dass es nicht unsere Verantwortung ist, wie es auf dieser Welt ausschaut, dass wir trotzdem Eigenverantwortung übernehmen werden, aber dass die Schuld glasklaren im System liegt und an keinen einzelnen Menschen; es sind nicht die Reichen schuld, es sind nicht die Armen schuld, es sind nicht die Schwarzen schuld, überhaupt niemand ist schuld, das ist ein System, das uns in Positionen bringt, wo wir nicht anders handeln können, wie wir es tun und das gilt es zu überwinden! Und deswegen bin ich auch kein Fan von „eat the rich", da können die Reichen so viel dafür, wie die Armen, weil wenn ich jetzt bei einer Milliardärsfamilie geboren wäre, dann wäre ich wahrscheinlich gleich wie die, also.. es macht keinen Unterschied, die zeichnen sich nicht durch besondere Bösartigkeit als Menschen aus
L: was denkst du, wo kommt die Erde in den nächsten Jahre so hin? Oder was wäre vielleicht dein Wunsch oder deine Vision?
M: Also ich glaube, egal ob es die Erde ist oder ob das dann einen anderen Namen hat oder überhaupt nicht mehr heisst, es wurde in Villach jetzt etwas angestossen, was nicht aufhaltbar ist und ich glaub die Menschen werden sich zwangsweise einfach weil wenn man etwas weiß, dann weiß mans, man kann man nicht mehr hinter dieses Wissen zurück steigen ich glaube die Menschen werden neue Wege gehen, wie die wie die ausschauen weiß ich nicht, aber ich glaube, dass das ein Dominoeffekt wird, dass mehr Menschen anfangen neue Wege zu gehen, genau.
L: Und hast du das Gefühl, das System wird sich irgendwann verändern hin zu weg vom Geld oder denkst du, du erlebst das eher nicht?
M: Ich kann mir beides tatsächlich ehrlich authentisch vorstellen, ich kann mir wirklich vorstellen, dass sich das verändert schlagartig sogar also das kann passieren, wir haben ja mit Corona gesehen, was alles möglich ist an Veränderungen in einer Gesellschaft; ich kann mir vorstellen, dass es sich nie ändert und wir alle daran zu Grunde gehen; Ich kann mir vorstellen, dass es sich adaptiert und wir überleben aber es mitnehmen, ich kann mir das in jeglichem Zeitrahmen vorstellen, weil ich glaub, dass manchmal wirklich Veränderungen von heute auf morgen kommen können, wichtig ist,
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dass egal was davon stattfindet man mich irgendwo an einem Dancefloor findet, mit einem Bier in der Hand.
L: Was für ein schönes Schlusswort. Danke Dir.
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Interview mit Stefan, 7.7.2020
Lisa (L): Wie bist du denn zur ERDE gekommen? Stefan (S): Wie bin ich zur ERDE gekommen? Die ERDE ist zu mir gekommen [lacht]. Ich bin derjenige der 2014 auf die Straße gegangen ist, weil ich nicht gewusst habe, wohin. Ich habe gespürt, alles was da gerade passiert, ist es nicht richtig, auch meine Arbeitsverhältnisse. Alles Drum und Dran, das war von mir aus ein kleiner Hilfeschrei. Ich habe eine Friedensmahnwache am Villacher Hauptplatz gestartet und dort den Sascha kennengelernt. Dadurch ist die ERDE entstanden. Die Verantwortung ERDE, wie aufgebaut wurde, da habe ich mich am Anfang bewusst zurückgezogen. Weil es am Anfang die Idee war, eine politische Bewegung daraus zu machen. Und das finde ich genau verkehrt. Da habe ich dann eine Zeit lang bewusst nicht mitgemacht. Aber durch Sascha, sein Tun und so weiter, habe ich eigentlich gesagt „Nai“, es ist zwar eine politische Bewegung, aber was wir da machen ist für mich Ok vom politisch her und es geht vor allem ums Tun und nicht nur ums Reden. Wir machen was und sitzen nicht nur drin im Gemeinderat und reden gescheit was man tun könnte. Wir zeigen wirklich was vor und deswegen bin ich mit Herz und absolut bewusst bei der Geschichte dabei. Mit der Zeit, die ich zur Verfügung habe, da geht es uns ja allen gleich. Der eine mehr, der andere weniger.
L: Was war der Grund, dass du nichts Politisches wolltest?
S: Ich habe diese Friedensmahnwache gemacht, weil so wie ich gesagt habe, es war ein Hilferuf ich habe nicht gewusst was Sache ist, ich hab nur gewusst, es ist nicht richtig, es fühlt sich alles zusammen was da passiert und was ich tue vor allem nicht richtig an. Obwohl ich tue wie es alle anderen tun und nur mein Bestes gebe und es fühlt sich trotzdem nicht richtig an. Verantwortung ERDE hat den Slogan: „Global denken, lokal handeln.“. Das ist genau das, was es ausspricht. Mit Politik kannst du nicht handeln, es ist nur Theorie und in dem Moment wo du probierst zu Handeln, stoppen dich die anderen. Da bleibt man meist in Diskussionen verhaftet. Drum ist es so schön, du kannst zu uns kommen und mitarbeiten, du musst aber nicht, du kannst reden kommen, du musst aber nicht. Aber trotzdem geht wirklich was weiter. Deswegen bin ich dabei bei der ERDE, weil nicht nur geredet wird. Beim Politischen habe ich die Angst, dass gerade, wenn nichts weitergeht, du aber willst, dass was weitergeht, du resignierst und dann aufhörst und du dann sagst: „lassen wir das Ganze“ und dann mach ich meinen Blödsinn weiter und die anderen auch und fertig und das wollen wir ja alle nicht. In meinen 38 Jahren Leben ist die Erde das einzige, wo ich mir dachte, dass ich dafür meinen Namen hergeben kann und ich habe mein ganzes Leben gesucht.
L: Wann hattest du das Gefühl mit dem Hilferuf eigentlich das erste Mal?
S: [lacht] Ich glaube, dass fängt bei vielen Jugendlichen an, wenn sie das erste Mal Hans Söllner hören. Also nicht nur: „Alle seima Wixer“, sondern auch „Hey Staat“. Wenn das ein bisschen anfängt zu arbeiten und man sich für Politik interessiert. Es geht ja nicht vielen so wie mir, bei meinen Freunden. Viele sehen das erst wenn ich es anspreche. Die können das gar nicht nachvollziehen was ich meine, die gehen einfach Arbeiten und alles andere ist so wie es ist, ja das muss alles so sein. Die würden das nie zu sich lassen. In
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der Kindheit habe ich mich schon immer gerne für Schwächere eingesetzt oder auch gegen Ungerechtigkeit. Ich habe gewusst, wenn etwas nicht passt und sich für mich nicht richtig anfühlt. Als Kind kannst du das eine gewissen Zeit lang noch richten, aber irgendwann kommt der Zeitpunkt je bewusster du wirst da geht nichts mehr, da stehst du an. Ich war dann hier in Villach damit ganz alleine und habe aber Freunde etwas außerhalb gefunden, die mich auf den Weg gebracht haben. „Gib, nicht nimm und hilf, wo du kannst“, ja einfach ein guter Mensch sein, so einer, wie du auch gerne hättest, dass die anderen wären. Aber auch nicht alles gefallen lassen können und „Stopp“ sagen können, das ist auch ganz wichtig.
Mit 32, nach dem ich eigentlich bis dahin immer gearbeitet habe, ich habe Maurer gelernt und Bürokaufmann gelernt, ich habe in Hotels gearbeitet an der Rezeption, im Verkauf gearbeitet, im Handel auf der Tankstelle mit Gastronomie und allem gearbeitet. Es hat mir immer alles gefallen. Es war immer etwas anderes und immer ein bisschen mehr. Ein bisschen mehr Geld, ein bisschen mehr Machtgefühl. Aber als ich das Reisen angefangen habe, da hat es bei mir „Klick“ gemacht. … Als es bei der Arbeit auf einmal hieß, dass sich mein Reisen nicht mehr ausginge, obwohl ich das ja eh alles am Wochenende machen wollte. Da dachte ich mir, dass mir auf einmal einer sagt, dass ich das nicht machen kann, was ich aber eigentlich machen möchte. Dann ist die Flüchtlingswelle 2015 noch dazu gekommen. Das hat dann alles zusammengespielt. Wir waren die Willkommensbürger, aber es gab auch viele Rassisten. Da bin ich dann wirklich auf die Straße gegangen, weil ich gehofft habe, was ja auch passiert ist, dass einer kommt und sagen würde: „Hey, Stefan. Das ist alles nicht so schlimm, das machen wir schon.“. Weil alleine habe ich es nicht mehr geschafft. …
Jetzt bin ich auf Menschen gekommen, die auf meinem Level sind. Wir bleiben auf diesem Level, Minimum, das haben wir durch die ERDE, durch die Menschen in der ERDE.
Heute würde ich nicht mehr auf die Straße gehen. Damals hat das alles total gut zusammengepasst, aber heute nicht mehr. Denn für mich, das hat es mir gezeigt, hat sich meine komplette Welt verändert, aber ansonsten hat sich nichts verändert, es ist alles haargenau immer noch gleich. Meines hat sich zum Glück wunderschön verändert, aber was ich eigentlich wollte, mehr Aufmerksamkeit darauf zu richten, das habe ich persönlich nicht erreicht, das hat der Sascha dann erreicht. Was ja auch wieder super ist, denn der Sascha hat ja mich getroffen und das war alles so zusammengewürfelt, dass es gepasst hat. Ich habe gewonnen, mit der Friedensmahnwache habe ich absolut gewonnen.
L: Was hast du Anfangs in der ERDE gemacht?
S: Sascha hat mich, nach dem die ERDE schon gut ein zwei Jahre funktioniert hat persönlich angerufen und mir von einem Projekt erzählt, wo es um Menschen geht, die tun. Da habe ich mich sofort angesprochen gefühlt und geehrt gefühlt, dass Sascha an mich gedacht hat. … Da hat er mich dann zum Robert ins Haus eingeladen, zum Mittagessen und BUM da sind wir. So hat das mit geldlos angefangen. Das ist stufenweise mehr geworden. Darüber reden, zwei drei Monate haben wir nur geredet und dann haben wir gesagt, nein, wir fangen jetzt an. Durch das Einladen vom Sascha, ganz persönlich von Anfang an, bin ich eben hier dabei. …. Da war noch nichts mit öffentlich für alle kochen, das war noch davor, aber Sascha, Robert, Jutta und Ich und
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noch ein paar andere Leute haben sich fest einmal in der Woche getroffen zum Mittagsessen. Als es dann größer wurde, sind wir irgendwann mit dem Mittagessen in die Erde umgezogen. Eine Zeitlang gab es dann jeden Tag Mittagessen und dann wieder nur einen Tag und dann hat es aufgehört, weil was wir tun, glaube ich, dass müssen wir uns bewusst sein, das funktioniert nur wenn wir in dem Kleinem bleiben. Wenn wir lokales Handeln global machen wollen, dann glaube ich, dass funktioniert nicht, aber ich weiß es natürlich nicht. Wenn ich mich jetzt umschaue, unsere Welt funktioniert, aber wenn wir mit unserer Welt in ein anderes Haus gehen, da sind Galaxien dazwischen, dass das oft gar nicht nebeneinander funktionieren kann. Das eine Partei gehen muss, damit die andere sich wohl fühlen kann und so glaube ich ist es leider im Großen Ganzen auch noch immer…
L: Habt ihr momentan gerade eine große Größe? Wollt ihr größer werden?
S: Doch, wir sollten größer werden, das funktioniert gut, weil Menschen dabei sind, wie Sascha und Vanessa die das so bewusst machen, ich suche gerade ein anderes Wort für die das „hauptberuflich“ machen [lacht]. Die machen das wirklich so bewusst, dass da nichts anderes mehr Platz hat. So weit bin ich noch nicht, so weit sind die wenigsten bis niemand. Das sind genau Sascha, Vanessa, Robert und Jutta. Die wirklich so in diese Richtung komplett hinarbeiten, da bin ich auch dabei, aber den Absprung schaffe ich noch nicht. Ich glaube es geht anderen Menschen noch viel viel schlimmer als mir, da bin ich eh schon sehr weit. Die können sich das Leben ohne Geld noch viel weniger vorstellen. Jeden Tag arbeiten, damit man was zum Essen hat. Auch für mich ist es gemütlich mit Geld zu bezahlen, weil ich nicht auf den Acker gehen muss, damit ich was zu Essen habe. Es ist alles positiv und negativ, wie alles im Leben. Aber es funktioniert bei uns.
L: Kannst du mir beschreiben wie denn dein Leben mit bzw. ohne Geld aussieht?
S: Wenn man ganz ehrlich schaut, dann sieht mein Leben super leichtfüßig aus. Aber das tut es eben durch das Geld. Ich bekomme Arbeitslosengeld bzw. Notstand, bekomme dadurch 900 Euro im Monat und dadurch sind meine kompletten Fixkosten gedeckt und ich habe immer noch mindestens 200 Euro zum Leben, ohne dass ich dafür irgendetwas getan habe. Dadurch, dass ich ein Mensch bin, der gerne tut, denn sonst werde ich einfach krank, nicht jeden Tag, aber mindestens 2 3 Tage in der Woche, da muss ich etwas getan haben. Damit ich mich fühle, wie ich mich fühlen möchte. Es funktioniert nicht geldlos den Menschen den Rasen zu mähen, das habe ich probiert. Die müssen dir etwas geben können, sonst geht das irgendwie nicht für viele Menschen. Auch bei mir funktioniert es nicht leicht, dass ich annehmen und nur danke sagen kann. Das kann ich in unserer Welt hier, weil ich auch weiß, dass das angenommen wird von meiner Seite aus, aber wenn ein anderer Freund kommt und etwas braucht oder ich was brauche, möchte ich es nicht umsonst, also gratis, haben. Und so ist das auch in meinem Leben: Gedanklich bin ich voll beim Leben ohne Geld, ich gehe gerne ganz bewusst ohne Geld aus dem Haus, aber ich lebe voll und ganz noch mit Geld, alles andere wäre gelogen. Ich gehe einkaufen, ich schau auf Regionalität und Bio, aber dass ich auch nur irgendwie in die Nähe von Sascha und Vanessa komme, das wäre gelogen. Ich getraue es mich zu sagen, dass ich nicht mehr konsumiere, ich kaufe nur noch ein was ich wirklich brauche,
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nicht mal mehr Getränke, sondern einfach nur Lebensmittel und Rauchware [lacht]; das Konsumieren, das haben wir komplett aufgehört. So wie ich lebe, also wenn ich was unternehmen möchte, dann kostet das Geld, so wie ich das mache zumindest, so wie der Sascha das macht anscheinend nicht. Und ich hab ein gutes Gewissen
L: Du bist wie in zwei Welten, ich sehe das gar nicht negativ. Du hast dein Leben, das du niedrigschwellig mit Geld organisierst und genießt aber auch das in der ERDE ohne Geld geht. Klingt für mich nach einer guten Lösung, oder sehe ich das falsch? Gibt es da ein Spannungsfeld?
S: Ich mache mir oft selbst ein Spannungsfeld daraus, ich selbst, das ist es. Wir saßen mit Menschen zusammen, die ebenfalls sehr bewusst denken, und sprachen über Lebensmittelverschwendung. Über das zu viel Kochen und das Wegschmeißen. Da habe ich dann sehr wohl ein Spannungsverhältnis, bei Kleinigkeiten. Meine Freundin zum Beispiel kocht gut und viel und sie weiß genau, dass ich nicht so viel esse und dann müssen wir das entsorgen. Oder Stromverbrauch, wenn jemand das Licht brennen lässt. Das sagen dann andere, das sind so Kleinigkeiten und darüber regst du dich auf? Da sag ich dann: Genau das sind so Kleinigkeiten, dass ich mich darüber aufregen muss, weil das so Kleinigkeiten sind und du siehst das nicht.
L: Wärst du in Zukunft gerne noch Geld Logik freier?
S: Es ist eigentlich die Gemütlichkeit und die Faulheit, ganz ehrlich. So leicht und locker habe ich mein ganzes Leben noch nicht gelebt, wie ich die letzten 3 oder 4 Jahre lebe. Ich tu was, aber ich brauch eigentlich nichts tun, damit ich genug habe, um immer ein gutes Auskommen mit meinem Einkommen zu haben. Wenn das nicht so wäre, dann würde der Schritt oder der Funke vielleicht leichter fallen. Durch das, das ich es so leicht habe, ist es für mich im Moment nicht vorstellbar den kompletten Schritt zu wagen mein Arbeitslosen Geld aufzugeben. Und mich komplett so hineinzuversetzen, dass ich nirgendswo her mehr was bekomme, sondern nur noch das, was ich habe. Das würde auch gar nicht so einfach gehen. Man muss Miete bezahlen, ich habe eine Tochter, der ich Alimente bezahlen muss. Es ist nicht nur Faulheit, ich darf in meinem Leben nicht nur egoistisch sein. Meine Verlobte, die würde den Schritt auch nicht mitmachen, was ich gut verstehe. Wir beide stehen mit unseren finanziellen Mitteln gut da und das möchte sie nicht aufgeben. Das verstehe ich, aber wenn möchte ich sie dabeihaben. Wenn es so weit ist, dass wir nicht mehr so gut da stehen wie jetzt, sondern zu kämpfen haben, wie die meisten Menschen da draußen, dann wäre das eine ganz andere Sachlage. Das glaube ich, aber weiß ich nicht.
L: Interessant wie du sagst, dass es einem vielleicht einfacher fällt, wenn man schon zu kämpfen hat so einen Schritt zu machen.
S: Ja, der Zusammenhang mit der Angst ist hier spannend. Ich habe mir mit meinen 38ig Jahren ein Leben aufgebaut, wo ich vor nichts mehr Angst habe und alles so funktioniert, wie ich das möchte ich lebe voll in diesem Vertrauen.
Den Schritt Geld weg zu tun ist etwas ganz anderes wie mit Geld noch zu arbeiten. Weil in dieser Sache bin ich mir so sicher, mit meinen Händen, meinen Füßen und meinen
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Kopf, dass ich schon genug Geld haben werde, wenn ich es brauche, aber es weg zu tun und dann nur noch zu arbeiten ohne Geld dafür zu bekommen, dass ist etwas gang anderes. Wo ich jetzt Sascha und Vanessa beobachte und dabei selbst ein bisschen mitarbeite, da sehe ich die Ernsthaftigkeit und die Arbeit dahinter. Es ist das x fache an Arbeit, wenn ich kein Geld hätte und schauen würde das ich mein Essen und mein Wohnen organisieren muss, dann hätte ich jetzt keine Zeit hier mit euch zu sitzen und über Geld zu reden...oder warum ich kein Geld mehr haben will. …
L: Wie kam das, dass du so im Vertrauen lebst? Was hat das ggf. mit der Erde, mit eurem Umgang dort, zu tun?
S: … Ich habe wie gesagt mit 22 Jahren Menschen kennengelernt, die auf einem ähnlichen Weg sind wie Jutta und Robert. Aber die waren für mich so weit entfernt. Als ich wieder nach Villach gezogen bin, da habe ich niemanden hier gehabt. Erst durch die Personen in der ERDE habe ich gesehen, dass der Weg den ich gehe, nicht falsch ist. Das andere diesen Weg gehen und es denen auch gut geht. Ich habe gesehen, dass ihr Leben läuft. Ich brauche nicht das Geld, sondern das Vertrauen in mich, in die Menschen rund herum und darin, dass es läuft. Denn wenn es läuft, dann ist das Geld zweitrangig. Wenn es nicht läuft, dann ist das Geld erstrangig dann kann ich alles bezahlen. Aber das muss man für sich selber abwiegen. Zum Glück habe ich diese Menschen kennengelernt, wo ich mich aufgenommen gefühlt habe, sonst wäre ich entweder von Villach weggezogen oder ich hätte resigniert und würde heute wahrscheinlich Tabletten schlucken. Man lernt so auch viele andere Menschen in Villach kennen, die diesen Weg gehen, die ich vorher nicht gekannt habe. Und egal ob Corona oder nicht unser Leben funktioniert, uns geht es allen gut und das bringt mir das Vertrauen, dass dieser Weg nicht so schlecht sein kann. Ich lebe im Vertrauen und ich bin mir sicher, ich bekomme alles was ich möchte. …
Was mir die Menschen oft sagen ist, dass es bei mir nur funktioniert, weil meine Wünsche so bescheiden sind, aber so kann ich das nicht sehen, bei mir funktionierts und ich habe vollstes Vertrauen darauf.
L: Ich merke auch, dass es sich fundamental anders anfühlt im Vertrauen zu leben. Es ist schwer, dass aus der Angst heraus zu leben, wirklich zu verlernen und nicht in einen Aktionismus hinein zu geraten und aus der Sehnsucht in Räume einzutreten, die sich eigentlich nicht stimmig anfühlen. Das ist echt eine hohe Kunst für mich gerade.
…
S: Ich bin mir dessen bewusst, dass mich die Menschen hier mögen, weil ich so bin wie ich bin. … Es liegt viel an meinem Tun, dass das läuft, dessen muss man sich bewusst sein. … Ich glaube ganz stark, wenn ich meinen Weg verlassen würde und jetzt einen Spinner bekomme und bspw. aufhören würde mit zu machen, nicht mehr grüßen würde oder was weiß ich, dann läuft das nicht mehr so leicht. Das wäre zu direkt mal zu probieren, nur ich probiere es nicht, denn es läuft gerade so gut [alle lachen]. Dem muss man sich immer bewusst sein.
L: Du sagst, dass du authentisch und damit wahrhaftig bist und dafür gemocht wirst. S: Darauf wollte ich immer hinaus. Mit 32 Jahren, habe ich aufgehört zu arbeiten. Ganz bewusst, weil ich diesen Scheißdreck nicht unterstützen wollte. Mich hat jeder
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ausgelacht, aber ab einer gewissen Zeit, als mein Bewusstsein gestiegen ist durch Gespräche mit Robert und mein Tun, lacht mich jetzt niemand mehr aus. Ich rede zwei Minuten und die Menschen sitzen da und hören zu. Ich höre kein „der Arbeitslose“ oder „der Runterzieher“ mehr. Ich bin mir dessen bewusst, dass das ist, weil ich tue, darum ist es authentisch. Wenn ich nicht tun würde, dann würde man merken, dass ich nur gescheit rede. Auf das habe ich hingearbeitet, das macht mich stolz.
L: Was machst du jetzt genau bei der ERDE, wie suchst du dir deine Aufgaben aus?
S: Da habe ich ein großes Problem mit mir selbst momentan, seit ein paar Jahren, wo ich mit der ERDE zusammenarbeite und bewusst keine Lohnarbeit mache. Mir kommt es vor, als gehe nichts mehr weiter, das kommt mir aber nur so vor. Ich denke das kommt, weil man in der Lohnarbeit immer seine Stufen hat. Entweder man verdient mehr oder bekommt eine bessere Stelle oder so etwas. Ich aber habe jetzt seit gut 4 oder 5 Jahren ein Level erreicht, wo ich König bin. Ich habe alles erreicht, da gibt es sonst nirgendwo noch irgendwas. Trotzdem ist irgendwas in meinem Hinterkopf, wo ich das Gefühl habe, da muss noch irgendwas kommen. Auf der anderen Seite ist etwas im Hinterkopf, dass ich genau das habe, für was ich auf der Welt bin, ich bin hier, um Menschen weiterzuhelfen. Mental oder im Garten oder sonst was. Dafür bin ich da Ich würde gerne noch eine Trainerausbildung machen, um das zu vertiefen aber das haben wir das Problem, dass diese und sich dann selbstständig damit zu machen wieder Geld kostet. Momentan habe ich mein Arbeitslosengeld, was wie ein Grundeinkommen ist und das läuft. Habe ich das nicht, geht das nicht und vor allem: ich bin dann nicht frei im Kopf, ich habe wieder dieses Rad im Kopf, ich muss damit das überhaupt funktioniert...Weil dem gerade nicht so ist, kann ich gerade auch so locker leicht denken. Ich habe vor zwei Jahren, da habe ich ein halbes Jahr mal wieder probiert zu arbeiten, ich wollte mir das selbst beweisen, dass ich das noch kann. Da habe ich 8 Stunden fünf Tage als Bodenleger wieder gearbeitet, sechs Monate lang. Körperlich habe ich es ohne Problem geschafft, aber geistig, da ist das einfach nicht gegangen. Es funktioniert einfach nicht. Ich habe gut verdient, die Kollegen waren mehr oder weniger ok, aber nach zwei Monaten spätestens denkt man sich: „Was tust du hier?“. Es ist drei Uhr am Nachmittag, ich möchte einen Kaffee trinken und einen Joint rauchen, aber du stehst da und morgen schon wieder, was mach ich da? Ich habe es auch probiert den Chef zu fragen, ob ich auch nur 25 Stunden arbeiten kann, weil die Arbeit an sich hat mir gefallen, die war sehr vielfältig. Natürlich dementsprechend auch weniger verdienen. Aber der meinte das ist unmöglich. Denn wenn ich das möchte, dann möchte das jeder haben. Ich meinte zu ihm, dass das doch cool sei, er würde sich Geld sparen und allen ginge es besser. Aber nein, dass geht nicht. Unvorstellbar. Dann probierte ich es noch ein Monat, aber ich drehte durch. Wenn ich nach Hause kam, dann war ich grantig jeden Tag und meinen Joint rauchte ich auch nicht mehr, weil ich eine Freude habe, sondern damit ich wieder eine Freude bekomme. Das ist nicht richtig, dass ist falsch. Ja, ich habe gekündigt und fertig, jetzt weiß ich, dass mach ich nicht mehr. Wenn es sein muss, dann werde ich es müssen können, aber jetzt nicht. …. Auf meine Hände, meine Füße und meinen Kopf muss ich aufpassen, die sind mein Kapital auf dieser Erde. Wenn da einmal was passiert, dann kann ich nicht mehr, dann muss ich tun, wie andere Leute wollen das ich tue und dann ist es ein Alptraum.
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L: Das mit dem nicht weiterkommen Gefühl finde ich spannend. Es ist gar nicht so leicht, sich auszuhalten und nicht `einfach`40`/`50` Stunden durch die Arbeit wir unhinterfragbar beschäftigt zu sein
S: Wenn man es mal raushat, dann ist es super alleine zu sein, aber bis man es raushat, ist das Keine Aufgabe Haben sehr anstrengend. Sich selbst zu beschäftigen und sich den Tag zu richten, so dass man am Abend zufrieden ist, das ist super anstrengend. Heute kann ich es inzwischen. Ich bin König heute [lacht]. Hingekommen bin ich durch das nur durch mein Tun, ich kann nichts anderes sagen. …
In der ERDE sprechen wir jetzt so locker und leicht über diese Themen, aber Menschen in der Arbeitswelt fühlen sich gerne angegriffen. Die meinen, dass ich nur so tue, als ob alles eben locker läuft. Für sie ist es eben gar nicht so. Deswegen rede ich nur von mir, für mich läuft es locker. Aber da muss man aufpassen, dass man keine Aggression abbekommt, weil die Menschen denken, dass sei Egoismus. Denn ein arbeitender Mensch kann das nicht hören. Auch meine Freundin fühlt sich manchmal angegriffen, weil sie eben in dieser Arbeitswelt ist. Als ich noch gearbeitet habe, dachte ich auch, dass Menschen wie wir, deppat sind. Alles Schmarotzer. Das ist halt nicht einfach. Sich nicht mehr zu fühlen, wie die Menschen, die einen wie ein Schmarotzer ansehen wollen, dass man sich im Recht fühlt, das passiert nur durchs Tun. Bei den Menschen, wo ich denke, die sind auf diesen Level, das sind nur Menschen, die getan haben. Alle die nur reden, den geht es häufig schlecht. Ich hätte es so gerne, dass alle sich fühlen wie ein König, es ist schade eigentlich.
L: Die gleichgesinnten Menschen spielen sicher neben dem Tun auch eine große Rolle, oder?
S: Natürlich, absolut. Das ist das wichtigste von Allem. Man merkt es immer wieder, beim Essen sind wir 100 Leute, beim Arbeiten nur 5. Wir sprechen das auch an. Alle sind wir der gleichen Meinung. Trotzdem ist es so, aber heute ist es mir egal. Es greift mich nicht mehr an, wenn Menschen nicht mehr kommen zum Arbeiten. Es ist einfach eine Bestätigung, das ich tue ohne das ich dich verurteile, dass du nicht dazu kommst. Es bestätigt mir, dass ich der bin von dem ich rede der ich bin. … Am Anfang habe ich Angst gehabt, dass wenn wir das Projekt öffentlich mache, dass dann der ganze Rus (schlechte Menschen) dazu kommen wird. Dann hat Robert mir in die Augen geschaut und zu mir gesagt: „Hey, der Ruas samma wir.“ Also wir selber in der Gesellschaft genau die Menschen, über die ich da gerade geurteilt habe. In der Gruppe hat jemand gemeint, dass die Menschen, die kommen und nicht auf unserem Level sind, es neben uns gar nicht aushalten werden. Ich habe viele Menschen in Villach vor der ERDE gekannt. In der ERDE traf ich manche wieder und habe mich gefragt, was der den hier überhaupt tut. Dann habe ich natürlich nichts gesagt, denn das steht mir nicht zu, und habe ihn dort akzeptiert. Aber genau diese Menschen sind nie wiedergekommen, weil sie es eben neben uns gar nicht aushielten, weil es hier wahrhaftig und authentisch ist. Wenn du nur kommst und gescheit bist, dann wirst du es nicht schaffen, denn du wirst dich schlecht fühlen.
L: Wie würdest du sagen, dass ihr euch organisiert? Wenn „organisieren“ überhaupt das richtige Wort ist. Wie hält ihr das aus, dass jeder sich einbringen darf wie er/sie/es möchte. Sehe ich richtig, dass das sehr freilassend ist und sich trotzdem sehr comittet anfühlt, also so dass die Menschen sich als Teil fühlen und auch damit identifizieren? …
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S: Unser Miteinander macht aus, dass es komplett zwanglos ist. In dieser Gruppe habe ich noch nie das Gefühl bekommen, dass ich etwas machen muss, um das Recht zu haben hier zu sein. Ich bin halt jemand der gerne tut und war immer schon hilfsbereit, aber ich habe eben noch nie dieses Gefühl gehabt...das kann man nicht beschreiben. Meine Freunde in der anderen Welt, ich möchte nicht normale Welt sagen, weil die Welt in der ich jetzt lebe für mich normal ist. Das sind oft keine Freunde, sondern das sind Nutz Nieser Beziehungen. Sobald etwas zu nutzen ist von dir, sind alle da, sobald nichts da ist, ist auch niemand mehr da. … Bei uns sind aber ganz viele mit sich im Reinen, authentisch. … Wir stehen vor dem Spiegel und finden es cool was wir machen und wer wir sind und sitzen nicht vor dem Fernseher und zeigen hin und denken uns, dass es das wäre was wir gerne sein würden. Durch das braucht niemand den anderen, es ist aber schön, dass wir alle beinander sind. Wir haben uns nötig, aber nicht wegen dem was wir haben. Ich habe alles was ich brauche, du hast was du brauchst, aber wir wollen uns. Es ist schwer zu erklären. So sehe ich das auch mit meiner Freundin, was sie am Anfang nicht verstanden hat: Ich brauche dich nicht, ich will Dich. Ich glaube so geht es hier vielen und deswegen läuft es auch so … Ich glaube ja das ganz viel in der Welt schief läuft, weil die meisten Menschen da draußen, haben keine Ahnung wer sie sind und was sie eigentlich schaffen können, kein Vertrauen darein. Deswegen ist es alles so wie es ist. Würde sich jeder als König fühlen, würden wir uns gegenseitig ganz anders behandeln. Du musst Dir deiner bewusst sein.
L: Die Geld Welt spielt da sicher mit rein. Weil sie uns beschäftigt hält und uns zwingt zu funktionieren und Rollen einzunehmen. Und oft kann ich in der Arbeitswelt gar nicht authentisch sein, weil ich dann meinen Job und somit meine Lebensfinanzierung gefährde, da sehe ich schon einen Zusammenhang, aber auch, dass es nicht nur leicht ist damit aufzuhören und man selbst zu sein….
S: Ja, das ganze kostet viel Mut, so cool wie ich mich jetzt fühle, so hätte ich mich gerne in meiner Jugend gefühlt. Es kommt durch mein Tun. Durch meinen Onkel und Vater, die mich auf die Baustelle mitgenommen haben, habe ich ein Handwerk gelernt. Ich kann tun, ich kann mit meinen Händen alles machen. … Ich glaube auch an Karma, so wie ich tue, wird mir getan. Inzwischen kann ich über Seitenhiebe lachen, ein anderer Mensch oder ich früher, hätte das so nicht nehmen können. Jetzt zeigt es mir: Sei wieder ein bisschen aufmerksamer. Ich bin sehr gläubig muss man auch sagen, an mich, nicht an irgendwas außerhalb.
L: Was ist es was Geld ersetzt, so dass wie du erzählt hast Menschen nicht einfach Danke sagen können für deine getane Handarbeit … Was nimmt Geld da außen vor bzw. ersetzt es?
S: Eine Zeit lang, habe ich getauscht in Naturalien, ich habe gearbeitet und dafür genommen, was die Menschen selber gemacht haben. Es hat sich aber nie aufgerechnet. Zum Beispiel haben manche Menschen wirklich gutes Kompott gemacht. Aber ein Glas Kompott sind keine 10 Euro wert. Wenn ich jetzt aber fünf Stunde arbeite, dann fühlt sich keiner wohl, wenn er mir drei Gläser Kompott dafür gibt. Keiner hat es als fair erachtet, auch meine Freundin, die mir das Kompott gegeben hat, fand das nicht fair, damit kann sie nicht leben, sie wollte mir noch einen extra Preis mehr dazu geben … Ich habe es probiert kein Geld zu verlangen, aber viele Menschen haben sich bei mir niemals wieder gemeldet, nicht wegen meiner Arbeit, sondern weil sie sich damit nicht
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wohlgefühlt haben, weil sie damit nicht zurechtgekommen sind. Dann habe ich angefangen darüber nachzudenken, wie es mir damit gehen würde und auch ich, wenn ich Freunde habe, die mit meinem Hund gehen so wie jetzt zum Beispiel, die machen mir das nicht umsonst, aber nicht weil die sagen die wollen was dafür, sondern ich sage automatisch nimm der nen Butzle Zigaretten dafür, automatisch, ich möchte nicht dass er es einfach so macht, nur das Geld muss da raus, also ich gebe kein Geld mehr bei solchen Geschichten, sondern ich habe Sachen, die andere haben wollen ich rede jetzt von Hanf, dann tauschen wir das. Aber ich habe keine Lösung, weil ich auch selbst nicht die Lösung finde, wie ich es bei meinen Freunden machen kann.
L: Ich glaube es hat viel mit Wertschätzung zu tun und natürlich mit dem Zwang, weil wir Geld zum Leben brauchen.
S: Oder die Maria kann zum Beispiel nähen, da können wir problemlos geldlos tauschen. Aber in den meisten Fällen ist es leider so, dass die Menschen nichts mehr können, nichts mehr haben sodass nur noch das anonyme Geld zum Tauschen bleibt, weil ich sonst nichts mehr von dir haben will. Die meisten sind einfach geistig nicht so weit.
L: Was machst du heute in der ERDE vor allem?
S: Im Garten mitarbeiten, wo es mir zeitlich möglich ist. Vielleicht in Zukunft auch politisch ein bisschen einbringen. Mittlerweile habe ich auch etwas zu sagen. Da könnte ich mich dann auch mehr einbringen. Ich glaube mit der Verantwortung Erde kommen wir mit den Wahlen nächstes Jahr auch einen Schritt weiter, wie wir dachten, dass wir weiterkommen. Ich möchte mich ein bisschen mehr einbringen. Durch Corona haben wir auch gesehen, es ist nicht unwichtig was wir machen. Das gehört viel mehr hinausgetragen in die Welt, als wir es jetzt schon tun. Gerade weil ich uns als sehr authentisch erlebe, auch im Vergleich zu anderen Gruppierungen, die ich so auf Festivals etc. antreffen konnte…
L: Was wünscht du dir für die ERDE für die Zukunft?
S: Ich wünschte mir, dass es in Erfüllung geht was wir möchten. Das wir von dem und damit leben können. Parallel zu den anderen Menschen, nicht im Gegensatz zu den anderen Menschen. In unserer Welt ohne Geld und es läuft weiter so wie wir es jetzt haben. Wir sind dabei es zu tun, es wird ja immer mehr, Schritt für Schritt. Also das, dieses Gefühl, mit sich im reinen und im Vertrauen zu sein, sodass einem nichts etwas anhaben kann, mindestens weiter leben zu können, wenn nicht noch ein paar Stufen weiter sogar. Du bist herzlich eingeladen, in Villach ist genug Platz.
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Ehrenwörtliche Erklärung
Ich versichere, dass ich diese Master Arbeit selbstständig verfasst und keine anderen als die angegebenen Quellen und Hilfsmittel benutzt habe. Ich versichere, alle Stellen der Arbeit, die wortwörtlich oder sinngemäß aus anderen Quellen übernommen wurden, als solche kenntlich gemacht und die Arbeit in gleicher oder ähnlicher Form noch keiner Prüfungsbehörde vorgelegt zu haben Stuttgart, den 8.7.2021