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Die Verteilung des Erbmaterials // Der freieWille // Quantenwelt // Evolution // Das Wesen der Zeit // Ursprünglich war Chaos // Der flatterhafte Falter //

VOM ZUFALL ZUM CHAOS

Ausgabe 01

tät & Zufall Nichtlineari , sie Phänomene e n e lt se d n si f, aschend au treten überr en aos und lass kreieren Ch n. Was ät aufblühe it v ti re K re unse ung rer Entsteh hat es mit ih auf sich?

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Einleitung IST DER ZUFALL BLOß EIN LECK IN EINER KAUSALEN INFORMATIONSKETTE, ODER IST ER IM SYSTEM GENAU DAFÜR DA? KÖNNEN WIR ERFAHREN WAS DIE WELT IM INNERSTEN ZUSAMMENHÄLT ODER BEHINDERN UNS ZUFÄLLE, NICHTLINEARE SYSTEME UND DAS CHAOS?

Dies ist der erste Prospekt der Reihe

-nonlinear-, sie setzt sich mit den Phänomenen Nonlinearität, Zufall und Chaos auseinander. Ich habe versucht die Momente, die unsere Welt auf den Kopf stellen, in einem breiten Spektrum zu untersuchen. Dieser Prospekt liefert einen weitgehend theoretischen Einblick - wo und warum verhalten sich Systeme auch mal nonlinear? Haben wir den Begriff des Chaos mittlerweile ad absurdum geführt? Wenn alles aus dem Chaos entsteht, dann braucht der Mensch vielleicht die Unordnung und Nichtlinearität um Neues zu kreieren. Und wie ist das eigentlich mit dem Zufall? Woran erkennen wir den Zufall? Ist der Zufall subjektiv, also hat jeder seinen eigenen, personifizierten „Zufallsmodus“, oder gibt es auch einen allgemein gültigen, einen omnipräsenten Zufall? Wenn kein Zufall mehr geschieht und alles nur noch Absicht ist; dann würde das voraussetzen, dass es irgendwo im Kosmos den ultimativen Masterplan gibt und würde es sich dabei vielleicht um die Weltformel handeln? Möglicherweise gibt es den Zufall gar nicht sondern er ist nur ein kleiner Aspekt eines Systems, das nur funktionieren kann wenn wir uns nicht alles erklären können. Wenn wir die Quantenphysik tatsächlich eines Tages lückenlos nachvollziehen können (und wer sagt uns dann, dass es so ist?), dann würde sich unsere Weltansicht, wie nach dem Urknall, in rasanten kurzen Zeitspannen völlig verändern. Da wir das nicht können, hat der Mensch immer noch die Möglichkeit das Beste aus der Situation zu machen. Er kann den Zufall gezielt einsetzen, vielleicht nonlinear denken um dann vielleicht die Geschehnisse um ihn herum aus einem neuen Blickwinkel zu betrachten und neue Dinge zu erschaffen. Hat die Menschheit sich

nicht so entwickelt, durch Ideenpioniere, Menschen die ihre Sinne an der Nase herum geführt haben um bestehende Denkstrukturen zu durchbrechen und neu zu definieren? Gäbe es uns vielleicht gar nicht ohne den Zufall? In diesem Prospekt finden wir heraus wo das Chaos und der Zufall überall auftreten und was wirklich hinter ihnen steckt, außer einem ungeordneten System. Vielleicht sind manchen Systeme nicht voraussehbar und treten ohne erkennbare Ursache auf, aber sind sie deshalb sinnlos?


Sonnengott Ra


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Ursprünglich war Chaos NICHTS KANN EXISTIEREN OHNE CHAOS - NICHTS KANN ENTSTEHEN OHNE CHAOS.

Der Chaosbegriff erfährt über die Zeit

eine Art Revolution. Das Wort Chaos kommt aus dem griechischen, wo es die Bedeutungen „Schlund“, „Leere“ und „Abgrund“ hat. Mit der Entstehung verschiedener Schöpfungsmythen haben Philosophen den Begriff umgedeutet und machten ihn zu einem Ausdruck von „das Ungeformte“ oder „der Urstoff“. In jeder Religion entspringt die Kultur einem Schöpfungsmythos. Es kursieren diverse Konzepte zur Entstehung der Welt aus einem präexistenten Chaos. Solche Mythen stellen immer eine eigenständig konstruierte Macht oder Figur (zum Beispiel Gott) in den Kern ihrer Erklärung. Man nennt sie, kosmologische Mythen nach Isaac Newton, Urgründe die zwar keine Erklärung, aber Geschichten liefern. Im Juden- bzw. Christentum schuf Gott die Welt in sieben Tagen, in der ägyptischen Mythologie existierte zu Anfang nur ein unendliches dunkles Meer, Nun, das dann Ra, die Sonne gebar. Das Yang, das reine Licht, war der Beginn für die chinesische Kultur, mit ihm entwickelte sich das Yin, das reine Erdreich. Für das alte Babylon war ein Streit der Urgötter, aus dem Süßund Salzwasser, Feuer, Himmel und Erde erschaffen wurden, ausschlaggebend für die Entstehung der Welt. Aus dem Streit ging Marduk als Sieger hervor, der nach dem Trumpf über Tiamat, der Göttin des Salzwassers, die Steine des Schicksals stahl und aus einer Hälfte den Mond, die Sonne und die Sterne schuf und aus der anderen Hälfte die Welt. Aus dem Blut des Kingu, dem Sohn der Tiamat, schuf Marduk, nachdem er Kingu besiegt hat, die Menschen, welche den Göttern helfen sollten, sich um die für sie geschaffene Welt zu kümmern. Es gibt also viele verschiedene Geschichte, die sich nicht belegen lassen und sie haben alle eine Sache gemein, die Welt

ALBERT EINSTEIN

entsteht immer aus einer Unordnung, es ist die Rede vom Kampf der Gottheit(en) gegen die Mächte des Chaos. So waren im Christentum die Sintflut, Satan und die Peiniger Jesu Christi böse Gesandte des Chaos. Heutzutage wird der Begriff Chaos als „Wirrwarr“ und „Durcheinander“ aufgefasst. In der Mitte des 18. Jahrhunderts hatten Forscher mit dem Bau eines Perpetuum mobiles, einer endlos bewegten Maschine, begonnen. Die Verzweiflung muss ihnen ins Gesicht gestanden haben, als sie feststellten, dass ein Teil der Energie durch den Betrieb der Maschine unausweichlich entwich und somit nicht wiederverwendbar war. Die Energie war desorganisiert und chaotisch geworden. In Folge dessen, entstand das Entropiegesetz, demnach alle Entwicklungsvorgänge zu einer Zunahme an Unordnung führen. Wenn eine Maschine nun immer wieder neue Energie benötigt und somit ständig eine Entropievermehrung stattfindet, gibt es dann ebenso viel Chaos wie Ordnung? Charles Darwin und Alfred Russel Wallace, bewiesen mit ihrer Evolutionstheorie, dass der Zufall als Teil des Chaos nicht unbedingt zu einer unangenehmen Unordnung führt. Diverse Formen entstehen aus Zufallsvariationen wie sie nur im Leben vorkommen können, sie machen uns zu Individuen.


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Fl端chtlingschaos in Siryen


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Vom Zufallen „ACCIDENT IS THE NAME OF THE GREATEST OF ALL INVENTORS“

Von Zufall spricht man dann, wenn für ein einzelnes Ereignis oder das Zusammentreffen von mehreren Ereignissen keine kausale Erklärung gegeben werden kann, es gibt also ein Leck in einer (kausalen) Informationskette. Als Kausalitäten (lat. causa „Ursache“) bezeichnet man die Beziehung zwischen Ursache und Wirkung oder Aktion und Reaktion, sie betrifft also die Abfolge aufeinander bezogener Ereignisse und Zustände. Die Kausalität hat eine feste zeitliche Richtung, die immer von der Ursache ausgeht, auf die die Wirkung folgt. In verschiedenen Szenarien kann von einem Zufall gesprochen werden:

- ein Ereignis geschieht objektiv also ohne Ursache. - ein Ereignis geschieht ohne erkennbare Ursache. - ein Ereignis geschieht und wird von gewissen Einflussfaktoren bestimmt, diese sind jedoch nicht mess- oder steu- erbar, das Ereignis bleibt also unvorher- sehbar. - verschiedene Ereignisse stehen in keinem erkennbaren (kausalen) Zusammenhang. Ein Ereignis, das ohne Ursache geschieht, ist in de makroskopischen Welt bisher nicht bekannt und kann auch nicht nachweisbar sein. In der Quantenmechanik ist diese Diskussion jedoch noch einmal aus einem anderen Blickwinkel zu betrachten. Das zweite Szenario beschreibt Situationen, in denen ein Informationsleck in einer Kausalkette besteht. Dieses kann jedoch erahnt werden, um somit eine logische Erklärung herbei zu führen (bei der Vergabe des Erbguts zum Beispiel, ist das Ergebnis

MARK TWAIN

vom Zufall bestimmt). Der dritte Fall setzt eine gewisse Komplexität voraus. Zwei Menschen lernen sich zum Beispiel dadurch kennen, dass sie an genau dem gleichen Tag zu genau der gleichen Zeit Einkaufen gehen, wobei sie ihre Einkaufswagen vertauschen und ins Gespräch kommen. Alles entwickelt sich so, dass sie heiraten und Kinder bekommen, die wiederum Kinder bekommen etc. . Das Ereignis war nicht vorhersehbar, aber von bestimmten Faktoren beeinflusst, zum Beispiel dadurch, dass die zwei Menschen zum gleichen Zeitpunkt Hunger bekamen. Der letzte Umstand beschreibt den Versuch zwei Ereignisse in einen logischen Zusammenhang zu bringen. Hier werden die allgemein gültigen Regeln von Ursache und Wirkung außer Acht gelassen. So geht eine Person zum Beispiel davon aus, dass ihre Gedanken Einfluss auf anscheinend nicht verbundene Ereignisse nehmen.

GOETHES FAUST

Der Determinismus ist die Lehre bzw. Auffassung von der kausalen [Vor-] Bestimmtheit allen Geschehens bzw. Handelns. In der Ethik beschreibt der Determinismus die Bestimmung des Willens durch innere oder äußere Ursachen. Schwierig an der Frage ist die Tatsache, dass der Mensch mit Sicherheit nicht alles weiß. Somit erscheinen uns Situationen und Umstände als zufällig, dabei fehlt uns wahrscheinlich einfach nur eine Information. Des Weiteren ist es denkbar, dass das System das die Welt steuert in sich zufällig ist. In der Psychologie wird oft der Begriff des Freien Willens mit dem Zufall in Verbindung gebracht. Der freie Wille setzt voraus, dass freie Entscheidungen (zumindest teilweise) nicht von inneren oder äußeren Gegebenheiten abhängig sind, sie sind also nicht determiniert. Folglich kann es in einem Universum ohne Zufall auch keinen freien Willen geben, denn somit wäre jedes Ereignis, bei Kenntnis aller Zustände, vorhersehbar. Sollten unsere Entscheidungen also auf dem Zufall beruhen, dann können wir auch nicht von einem freien Willen sprechen. So hat ein Mensch mit einem freien Willen vielleicht nur einen großen Erfahrungsschatz oder einen ausgeprägten Verstand, oder eine blühende Fantasie, dennoch bleiben seine Entscheidungen determiniert. Trotzdem, ein solcher Wille ist frei von gesellschaftlichen Zwängen und Kritikern denn er ist begründet.

In der Philosophie wird in bestimmten Teilbereichen die Frage behandelt, ob die Welt deterministisch oder auf dem Zufall aufgebaut ist.

Die Kognitionspsychologie beschäftigt sich unter anderem mit der Fähigkeit des Menschen den Zufall als solchen zu beurteilen. Wichtige wissenschaftliche Errungenschaften brachten in diesem Feld Amos Tversky und Daniel Kahneman hervor. Der Mensch besitzt von Natur aus.

Wissen was die Welt im Innersten zusammenhält „DAS ICH NICHT MEHR MIT SAUREM SCHWEIß ZU SAGEN BRAUCHE, WAS ICH NICHT WEIß, DAß ICH ERKENNE WAS DIE WELT IM INNERSTEN ZUSAMMENHÄLT“


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Die Fähigkeit mit Wahrscheinlichkeiten umzugehen, jedoch kommt es immer wieder zu Fehleinschätzungen.

Das Ziegenproblem und der Spielerfehlschluss HÄUFIG SPIELT DER VERSTAND DEM MENSCHEN EINEN STREICH, WENN DIESER DAVON AUSGEHT DIE SITUATION REALISTISCH EINGESCHÄTZT ZU HABEN.

Ein bekanntes Beispiel für solche Fehleinschätzungen ist das Ziegenproblem (Drei-Türen-Problem, Monty-Hall-Dilemma). Die Aufgabenstellung dieses Problems geht auf die US-amerikanische Spielshow Let´s make a Deal mit Monty Hall Zurück. Es wird oft als Beispiel dafür genutzt, dass der menschliche Verstand trotz einer berechenbaren Situation zu Fehleinschätzungen neigt. Die Aufgabe lautet wie folgt: Der Kandidat der es in der Spielshow bis in die Endrunde schafft, kann jetzt einen Ferrari mit Johnny Depp (wahlweise auch Julia Roberts) als Chauffeur gewinnen, dazu muss er lediglich folgendes Problem lösen: In dem Studio sind drei Tore aufgebaut, der Kandidat kann nicht erkennen,was sich hinter ihnen verbirgt. Der Moderator teilt ihm mit, dass sich hinter einem Tor der bereits erwähnte attraktive Hauptpreis befindet, während die anderen beiden Tore jeweils eine Ziege verdecken. Der Kandidat muss sich nun für ein Tor entscheiden, er wählt zunächst auf Grund irgendeiner Eingebung willkürlich ein Tor

aus. Nachdem er dem Moderator seine Wahl mitgeteilt hat, öffnet dieser eines der beiden ungewählten Tore, nämlich das hinter dem sich eine Ziege befindet. Nun hat der Kandidat die Wahl sich erneut zu entscheiden. Entweder er steht zu seiner ersten Eingebung oder wechselt noch. Was soll der Kandidat nun tun? Das Ziegenproblem gilt als „Königin den Denkillusionen“, erst im Jahre 2004 gelang es Stefan Krass vom Beliner Max-Plank-Institut die Menschen von der richtigen Antwort zu überzeugen. DER KANDIDAT SOLLTE NOCHMAL WECHSELN.

Die meisten Menschen gehen nach dem Öffnen eines Tores von einer 50:50 Wahrscheinlichkeit aus. Erstens: Das Auto steht hinter Tor eins. Für dieses Tor hat sich der Kandidat am Anfang entschieden, es ist also sinnvoll bei der Wahl zu bleiben. Unabhängig davon was der Showmaster tut. Zweitens: Das Auto steht hinter Tor drei. Dann muss der Showmaster Tor zwei öffnen. Er darf das Auto hinter Tor drei nicht öffnen und er darf nicht enthüllen ob der Kandidat mit Tor eins richtig liegt. Ein Wechsel ist also sinnvoll. Drittens: Das Auto steht hinter Tor zwei. Die Situation ist genau die gleiche wie im Beispiel zuvor, auch hier ist ein Wechsel also sinnvoll. Wer wechselt gewinnt also in zwei von drei Fällen, so einfach ist das. Zurück zur Wahrnehmung des Zufalls; ebenfalls wurde bewiesen, dass die Menschen dazu neigen, in rein zufälligen Strukturen bestimmte Muster zu entdecken und dadurch auf symmetrische Erzeugungsprozesse zu schließen. Ein weiteres Beispiel für eine illusionierte Wahrnehmung ist der


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Spielerfehlschluss. Hierbei handelt es sich um einen logischen Fehlschluss dem die (falsche) Vorstellung zu Grunde liegt, ein zufälliges Ereignis werde wahrscheinlicher, wenn es über einen längeren Zeitraum nicht eingetreten ist. Im Alltag kann ein solcher Denkfehler beim Glücksspiel zu einem erheblichen Geldverlust führen, denn es gilt: DER ZUFALL HAT KEIN GEDÄCHTNIS.

Mit Hilfe eines Münzwurfes kann der Spielerfehlschluss verdeutlicht werden. Bei einer fehlerfreien Münze, liegt die Wahrscheinlichkeit für Zahl genau so hoch wie für Kopf nämlich bei 50 Prozent. Die Chance zwei mal hintereinander Kopf zu werfen, liegt folglich bei 0,5*0,5 also 0,25, die Chance drei mal auf die Zahl fallen zu lassen liegt bei 025*0,25*0,25 = 0,125 also ein Achtel Wahrscheinlichkeit, und so weiter und so fort. Das ist der typische Spielerfehlschluss. Wenn die Münze fehlerfrei ist, bleibt die Chance immer bei 50 Prozent. Hätte ein Spieler viermal hintereinander Kopf geworfen, denkt er die Wahrscheinlichkeit ein fünftes Mal Kopf zu werfen liegen bei 0,55 = 0,03125, das ist eine falsche Annahme. Nach jedem Wurf gilt die gleiche Wahrscheinlichkeit. Natürlich liegt die Wahrscheinlichkeit fünf mal hintereinander Kopf zu werfen bei 0,03125 Prozent, die ist jedoch ausschließlich vor dem ersten Wurf der Fall. Die Wahrnehmung des Zufalls fällt dem Menschen also sehr schwer, da er oft schon mit einer falschen Wahrscheinlichkeit rechnet.

Das Wesen der Zeit WIE LINEAR IST DIE ZEIT IN WIRKLICHKEIT?

Die Zeit bewegt sich unaufhaltsam von der Vergangenheit in Richtung Zukunft, somit ist der Fluss der Zeit eindeutig und unumkehrbar. Zeit können wir weder riechen, fühlen, noch sehen aber wenn wir an sie denken, müssen wir uns doch eingestehen, dass sie existiert. Trotz ihrer linearen Bewegung vergeht die Zeit nicht für jeden Menschen gleich schnell. Laut Einstein vergeht die Zeit langsamer je schneller man sich bewegt, das bedeutet je näher wir der Lichtgeschwindigkeit kommen umso langsamer vergeht für uns die Zeit, das heißt umso langsamer altern wir. Dieses Wesen der Zeit wird mit dem Zwillingsparadoxon, oder Uhrenparadoxon beschrieben. Einer von zwei Zwillingen unternimmt mit annähernder Lichtgeschwindigkeit eine Flugreise. Als er zurückkehrt ist sein Zwillingsbruder bereits einige Jahre älter als er. Zunächst nimmt jeder von Beiden an, dass die Zeit für den Anderen langsamer vergeht, wenn sie aber am Ende der Reise wieder aufeinander treffen, hat keiner von beiden durch die höhere Geschwindigkeit einen „Zeitvorteil“. Der verreiste Zwilling ist ledigich durch die Beschleunigungsvorgänge (starten, wenden, anhalten) in seiner Zeitvernichtung aufgehalten worden. Der Einwand, dass sich beide Zwillinge doch relativ voneinander entfernt haben, lässt sich durch die Tatsache widerlegen, dass der zu Hause gebliebene Zwilling nichts von den Be- und Entschleunigungsmechanismen erfuhr. Jeder Raum besteht aus drei Dimensionen und wird durch die

vierte Dimension, die Zeit vervollständigt - ohne die Zeit wäre nämlich keine der drei anderen Dimensionen denkbar. Diese Aussage lässt sich mittels einer einfachen Fragestellung belegen: Könnten wir den Raum wahrnehmen, wenn eine Zeit nicht existieren würde? Wir könnten den Raum nicht betreten, ihn auch nicht für den Bruchteil einer Sekunde betrachten denn dafür benötigen wir die Zeit. Da wir den Raum nicht wahrnehmen können, wäre er folglich nicht real und somit gibt es KEINEN RAUM OHNE ZEIT. Andersrum verhält es sich übrigens genauso, ohne einen Raum den wir betreten können, haben wir auf Grund unserer Bewegungslosigkeit keinen Maßstab für die Zeit, sie wäre also ebenfalls nicht existent.


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Zeitempfinden


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Die Chaostheorie IF YOU JUST HAVE A SINGLE PROBLEM, THEN FINE, GO AHEAD AND USE A NEURAL NETWORK. BUT IF YOU WANT TO DO SCIENCE AND UNDERSTAND HOW TO CHOOSE ARCHITECTURES, OR HOW TO GO TO A NEW PROBLEM, YOU HAVE TO UNDERSTAND WHAT DIFFERENT ARCHITECTURES CAN AND CANNOT DO.

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ineare und nichtlineare Systeme unterscheiden sich im Wesentlichen darin, dass ihre Einzelteile greifbar bzw. nicht greifbar sind. Im linearen System ist die Summe der Einzelteile klar umzäunt, während das nichtlineare System einige Löcher im Zaun aufweist. Das bedeutet, wer sich an nichtlineare Systeme und Gleichungen heranwagt, der müsste theoretisch alle äußeren Faktoren, die durch die Löcher des Zaunes eindringen können, berücksichtigen. Das ist natürlich unmöglich und führt dazu, dass der kleinste „Störfaktor“, die kleinste Änderung im System, gigantische Ausmaße annehmen kann. Nichtlineare Gleichungen kreieren also beizeiten die sonderlichsten Auswirkungen. Anders als zum Beispiel die glatte Exponentialkurve, zeigen nichtlineare Gleichungen Schleifen, Lücken und Turbulenzen, sie können ein großes Chaos wie ein Erdbeben darstellen. Es ist jedoch nicht möglich anhand einer nichtlinearen Aufzeichnung eine Vorhersage für ein zukünftiges Erdbeben zu treffen. Marvin Minsky ist ein amerikanischer Forscher auf dem Gebiet der Künstlichen Intelligenz. Er ist der Meinung, dass es in einer Welt, in der sämtliche Ereignisse und Vorgänge in mehr oder weniger gleichen Umfang von allen anderen Geschehnissen abhängig sind, keine einfachen Ursachen mehr geben kann. Unter dem Begriff Deterministisches Chaos versteht man auch das Verhalten nichtlinearer Systeme, das in der Regel nicht vorhersagbar ist, außerdem tauchen in ihnen keine Zufallsvariablen auf. Auch solche Systeme unterliegen den Naturgesetzen und sind somit determiniert, jedoch ist der Aufbau so komplex, dass ihr Verlauf ähnlich wie beim Schmetterlingseffekt sehr stark von der Anfangssituation abhängt.

Außerdem können kleinste Schwankungen in kürzester Zeit immense Veränderungen evozieren, nichtlineare Systeme reagieren sehr empfindlich. Nichts desto Trotz lässt sich im chaotischen Verhalten ein Muster oder sogar ein Ordnungskonzept aufdecken, solche Muster nennt man Attraktoren.

Attraktoren GIBT ES MUSTER IM PRINZIP ZUFALL, DIE ALLES ERKLÄREN UND EIN LÜCKENLOSES SYSTEM ERSCHAFFEN?

Die Attraktorenforschung hat gezeigt, dass sich im vermeintlichen Chaos eine ganze Menge Muster beobachten lassen. Als einer der wichtigsten Entdeckungen auf diesem Gebiet gelten die Bifurkationen (lat. Bi: zwei, furca: Gabel). Es handelt sich hierbei um eine Art Gabelung auf dem Weg, den ein System über die Zeit zurücklegt. An solchen Bifurkationen muss das System zwischen zwei oder mehreren Wegen entscheiden. Dem deutschen Biochemiker und Chaosforscher Otto E. Rössler gelang es, eine Regelmäßigkeit im Tropfen eines Wasserhahns zu entdecken, danach fallen die Tropfen geordnet, zwei Tropfen, vier, acht etc. . So eine Regelmäßigkeit bezeichnen Chaosmathematiker als Periodenverdopplung. Der amerikanischen Mathematiker Mitchell Feigenbaum und der deutschen Physiker Siegfried Grossmann fanden einen Weg um nachzuweisen, dass solche Bifurkationen, die in chaotischen,

MARVIN MINSKY


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nichtlinearen Systemen auftreten von universeller Gültigkeit sind. Die Feigenbaumsche Zahl δ = 4,669201 ist eine universell gültige Konstante, nach der sich alle sprunghaften Übergänge in der Natur richten. Sie lässt sich in den unterschiedlichsten Bereichen der Wissenschaft wie in der Physik, Chemie und Medizin (z.B. bei Herzrythmusstörungen) wiederfinden. Der Mathematiker Heinz-Otto Peitgen hat die Kernaussage der Chaosforschungen folgendermaßen zusammengefasst: Nichtlineare, dynamische Systeme sind nicht vorhersagbar, exakt gleiche Ursachen haben wohl eine exakt gleiche Wirkung, aber es gibt sie nicht, diese exakt gleichen Ursachen, somit ist das Chaos omnipräsent und findet sich auch in dem einfachsten System wieder. Im Chaos gibt es sowohl eine Ordnung als auch eine Struktur. In komplexen, nichtlinearen Systemen existieren Chaos und Ordnung gleichzeitig und nebeneinander, wobei der Übergang von der Ordnung ins Chaos

in aller Regel ebenfalls streng geordnet (in Bifurkationen) verläuft.

Das magnetische Pendel „CHAOS IS THE SCORE UPON WHICH REALITY IS WRITTEN.“

HENRY MILLER

Ein magnetisches Chaospendel besteht aus einer am Faden hängenden Eisenkugel, die über einer Anzahl am Boden befestigter Magnete schwingt (sofern man sie anstößt). Der Faden des Pendels sollte nicht zu kurz sein, sondern der Kugel und den Magneten nur einen geringen Zwischenraum lassen. Bewegt man nun das

Pendel, so verfällt es zwei Kräften, nämlich der Schwerkraft und der magnetischen Anziehungskraft. Wenn die Auslenkung so groß ist, dass sich die Eisenkugel von den Magneten losreißen kann, so lässt sich eine irreguläre Bewegungskurve beobachten, sie hängt sehr penibel von der Ausgangsposition ab und verläuft völlig nonlinear. Wie in jedem chaotischen System, kann eine kleine Veränderung der Anfangsbedingung zu einem völlig anderen Bewegungsablauf und damit zu einem anderen Endzustand führen. Der Endzustand des Pendels ist somit zwar determiniert, da er aber so sensibel von den Anfangsbedingungen abhängt, spricht man in diesem Fall von einem deterministischen Chaos. Die kleinste Änderung an einer Stelle, kann zu einer großen Veränderung an einer anderen Stelle führen.


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Der flatterhafte Falter „KANN DER FLÜGELSCHLAG EINES SCHMETTERLINGS IN BRASILIEN EINEN TORNADO IN TEXAS AUSLÖSEN?“

Durch die Zahl 0,506127 sollte Edward Lorenz das Bild modernere Naturwissenschaftler revolutionieren. Die Zahl war ein kleiner, nicht allzu bedeutender Datenhappen, den der Meteorologe in den Großrechner des MIT eintippte um die Vorhersehbarkeit des Wetters zu optimieren. Bei einem weiteren Test, verzichtete Lorenz auf die letzten drei Zahlen und tippte nur 0,506 als Startwert in den Computer ein. Die Zahl führte zu einem völlig anderen Ergebnis, obwohl es eigentlich nur minimal hätte abweichen sollen. Nachdem Lorenz einen Fehler ausgeschlossen hatte, wurde ihm schnell klar, dass kleine Ursachen auch in der Wissenschaft eine große Wirkung haben können. Diese Anekdote ist der Beginn des allseits bekannten Schmetterlingsefftekts. Ein Schmetterling der zum Beispiel in Shanghai mit den Flügeln schlägt, könnte also - zumindest vereinfacht und etwas übertrieben ausgedrückt - einen Wirbelsturm in New York entfachen. Eben dieses Beispiel soll Lorenz Erkenntnisse bezüglich der Wettervorhersage verbildlichen, das Wetter wird sich langfristig nie genau vorhersage lassen. Die Umstände, sprich alle Faktoren die hier eine Rolle spielen, formen ein zu komplexes Gebilde. Der butterfly effect beschreibt das Phänomen, dass in komplexen, nichtlinearen dynamischen Systemen eine große Empfindlichkeit herrscht, das heißt, dass geringfügig veränderte Anfangsbedingun-

gen in einem langfristigen Verlauf zu einer völlig anderen Entwicklung führen und dramatische Veränderungen eintreten die unvorhersehbar waren. Eng verwandt mit dem Chaos sind die Fraktale, ästhetische und irgendwie psychedelische Muster die von Computern mit relativ simpler Mathematik errechnet werden und in Teilausschnitten immer wieder das gesamte Gebilde enthalten. Beim Betrachten dieser Muster, verfällt man gerne in eine Art Trance, ihr Sog wirkt unendlich und bezirzt somit den sonst so hektischen Blick des Betrachters. Das erste Fraktal wurde von Lorenz selbst erschaffen: der sogenannte Lorenz-Attraktor, es handelt sich um ein schleifenförmiges Gebilde im dreidimensionalen Raum, das die physikalischen Parameter eines Wetterphänomens beschreibt. Bildlich kann man sich ein solches Fraktal wie eine Kurve vorstellen, die zwischen zwei Polen hin und her schwingt, ob sie aber beim nächsten Schlenker nach rechts oder links driftet, bleibt immer ungewiss. Auch in den Alltag hat das Chaos Einzug erhalten, wie und wann sich ein Stau entwickelt ist nicht vorhersehbar, man spricht daher zu Recht von Verkehrschaos. Der Schmetterlingseffekt ist nicht mit dem Schneeballeffekt zu verwechseln, bei diesem Vergleich ist Vorsicht geboten. Bei einem Schneeballeffekt verstärken sich kleine Effekte über eine lineare oder exponentielle Kettenreaktion selbst, wir erkennen also eine grobe Verlaufsrichtung in diesem Effekt. Als Beispiel; ein schiefer Blick kann zu einem Streit führen und dieser Streit kann sich zu einer Massenschlägerei entwickeln. Hätte nun der Besitzer des schiefen Blicks heute morgen keinen Streit mit seiner Frau gehabt, die gereizt war weil ihr

Mann die falsche Milch gekauft hat, der sich vergriffen hatte weil er in Gedanken versunken mit einer alten Bekanntschaft telefoniert hatte, so wäre er an diesem Tag nicht so provokativ gestimmt gewesen und hätte dem Mann der ihn auf der Straße aus Versehen streifte keinen schiefen Blick zugeworfen. Sie hätten keinen Streit begonnen, es wäre nicht zu einer Massenschlägerei gekommen und viele Menschen wären nicht verletzt worden und so weiter und so fort. Die letzte Dynamik beschreibt einen Schmetterlingseffekt. Er kann eine völlige Veränderung des Systems evozieren, bzw. dem System eine völlig neue Verlaufrichtung zuschreiben. Der Grund liegt in einer kleinen Änderung der Anfangsbedingung. Ein Schneeballeffekt beschreibt lediglich die Sequenz der Schlägerei, in dieser Zeitspanne breitet sich der Tumult aus. Für den Beobachter ist zum Beispiel erkennbar, oder zumindest kann er es erahnen, wer sich wann in den Streit einmischen wird und welche Personen der Schlägerei beitreten. Ebenfalls kann man zu einem gewissen Zeitpunkt definieren, welche Auswirkungen die Schlägerei hat, denn die grobe Verlaufsrichtung ist mit Hilfe verschiedener Informationen determiniert. Im Gegensatz zum Schneeballeffekt, sind die Auswirkungen des Butterfly effects nicht vorhersehbar.


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Quantenwelt „WENN DIE QUANTENPHYSIK RECHT HAT, IST DIE WELT VERRÜCKT.“

ALBERT EINSTEIN

„Die Quantentheorie läßt keine völlig objektive Beschreibung der Natur mehr zu“, hat Werner Heisenberg gesagt. In der Quantenphysik treten Phänomene auf, die weder mit unseren alltäglichen Beobachtungen noch mit unseren physikalischen Vorstellungen vereinbar sind. Quanten sind die kleinsten, nicht teilbaren Teilchen. Solange sie unbeobachtet sind könne sie an mehreren Orten im Raum gleichzeitig sein und sie können meherere Zustände gleichzeitig annehmen. Außerdem reisen Quanten scheinbar rückwärts in der Zeit. Der Beginn der Quantenphysik liegt um 1900 bei Max Planck und seiner Untersuchung von Lichteigenschaften. Bis dato ging man, abgesehen von Newtons Teilchenmodell, davon aus, dass Licht wellenförmig auftritt. Durch das Doppelspaltexperiment wurde diese Annahme widerlegt. Bei diesem Experiment wirft man Licht (also Photonen) durch eine Blende, mit zwei schmalen parallelen Spalten, auf einen Schirm. Wider Erwarten erhält man auf dem Schirm ein sonderbares Muster, ein Interferenzmuster. Eine Interferenz beschreibt die Überlagerung von zwei oder mehr Wellen – also die Addition ihrer Amplituden (nicht der Intensitäten) während ihrer Durchdringung. Das gleiche Phänomen kann man beobachten, wenn nur ein Photon durch die Blende geworfen wird, das bedeutet, dass dieses Teilchen durch beide Spalten geichzeitig geflogen

ist und somit zugleich als Welle als auch als Festkörper erscheinen kann. Man spricht an dieser Stelle vom Welle-Teilchen-Dualismus, einem weiteren Aspekt der Quantenphysik. Eine Folge hiervon ist der Tunnel-Effekt, bei dem atomare Teilchen eine Barriere durchtunneln können. Wichtig ist jedoch, dass Quantenprozesse (zumindest nach bisherigen Kenntnisstand) lediglich vom Zufall bestimmt sind. Sie folgen also keiner Linearität, unterliegen nicht den allgemeinen physikalischen Gesetzen sondern lediglich der Wahrscheinlichkeitsrechnung. Mit diesen Entdeckungen wurde das Weltbild für die Physiker in ein völlig neues Licht gerückt. Bisher stellte man sich die Welt wie ein riesiges mechanisches Uhrwerk (nach Isaac Newton) vor, nach welchem jeder Wirkung eine Ursache voraus geht. Nun ähnelte die Welt auf einmal einem riesigen Würfelspiel, das jede Art von Determinismus auf Ebene der verrückten subatomaren Teilchen ausschließt. Für Albert Einstein war eine solche Vorstellung nicht vertretbar, „Gott würfelt nicht“. So begab er sich auf die Suche nach einer logischen Erklärung für das Verhalten von Quanten. Er fertigte Experimente an, um mittels einer neuen physikalischen Größe oder einer bisher unentdeckten Ordnung unter der Quantenebene, die Kausalitäten in der Physik wieder herzustellen. In dieser Hinsicht agierte er jedoch erfolglos. Wäre es ihm möglich gewesen die Quantenphysik mit seiner Relativitätstheorie zu vereinen, so hätte er wohl die Weltformel entdeckt. Bei der Quantenverschränkung gehen zwei oder mehrere Teilchen eine quantenmechanische Verbindung miteinander ein. Jedes Teilchen hat in so einer Konstellation seinen eigenen Spin (es dreht sich also in einer bestimmten Achse um sich selbst).

Diese Teilchen haben eine besondere Eigenschaft. Ändert das Teilchen A in der Verbindung seinen Zustand, entdeckt man diese Veränderung ohne Zeitverzögerung. Das bedeutet die Veränderung tritt mit Überlichtgeschwindigkeit auf, auch bei den anderen Teilchen, selbst wenn zum Beispiel Teilchen B Lichtjahre entfernt ist. Albert Einstein konnte dieser Theorie nichts abgewinnen, für ihn konnte sich nichts im Universum mit einer Überlichtgeschwindigkeit bewegen. Das Gedankenexperiment „Schrödingers Katze“ wurde von dem Physiker Erwin Schrödinger Anfang des letzten Jahrhunderts vorgeschlagen. Er wollte mit diesem Experiment demonstrieren, wie absurd die Welt ausschauen würde, wenn man die Erkenntnisse der Quantenphysik von der atomaren Ebene auf die alltäglich Ebene überträgt. Schließlich können wir uns bis heute nicht in zwei verschiedenen Räumen gleichzeitig aufhalten, wir sind entweder im dem Einen oder im Anderen.


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Schrödingers Katze SCHRÖDINGERS KATZE IST EIN GEDANKENEXPERIMENT AUS DER QUANTENPHYSIK. ES VERANSCHAULICHT DAS QUANTENMECHANISCHE TUNNELN MITTELS ÜBERLICHTGESCHWINDIGKEIT.

Warum er eine Katze für dieses Experiment wählte, ist bis heute ungeklärt. Im Jahre 1935 vollzog Schrödinger sein Experiment in Gedanken und wählte ein Szenario, das mit einer besonderen Absurdität anmutete. In einem geschlossenen Raum befindet sich eine Katze sowie ein instabiler Atomkern (radiokativer Zerfall), der mit einer bestimmten Wahrscheinlichkeit in einer gewissen Zeitspanne zerfällt. Eines der Atome kann also innerhalb einer Stunde zerfallen, muss es aber nicht. Der Zerfall des Atomkerns wird von einem Geigerzähler detektiert. Im Falle einer Detektierung wird Giftgas freigesetzt, das die Katze tötet. Gemäß der Quantenmechanik wird der Atomkern nach Ablauf der Zeitspanne also im Zustand der Überlagerung (noch nicht zerfallen und zerfallen)

beschrieben und ebenso verhält es sich mit der Katze. Diese befände sich also in einem Stadium in dem sie lebendig und gleichzeitig tot wäre. Voilà, das ist absurd.


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Die Welt der Fraktale

Ein Fraktal ist ein Objekt, das bei fortgesetzter Vergrößerung immer neue, selbstähnliche Details zeigt, man nennt diese Eigenschaft Skaleninvarianz. Dies ist auch schon das wichtigste Merkmal von Fraktalen, egal wie tief wir in sie hineindringen wir entdecken immer neue, feinere Muster. Diese Eigenschaft unterscheidet Fraktale von klassischen, geometrischen Objekte. Der Rand eines Kreises zum Beispiel, wird mit der Anzahl an Vergrößerungen, bzw. einer zunehmenden Tiefe zu einer Geraden. Man bezeichnet solche Objekte als „glatt“. Fraktale verdanken ihre Bezeichnung dem lateinischen Begriff fractus für „gebrochen“, ihr Detailreichtum ist also im Gegensatz zum glatten Objekt unermesslich.

Der bekannteste Vertreter der Fraktalforschung ist der französisch-US-amerikanische Mathematiker Benoît B. Mandelbrot. Vor Mandelbrot haben sich schon andere Wissenschaftler mit der Fraktalforschung beschäftigt, jedoch gelang es Mandelbrot als Ersten die fraktale Geometrie auf reale Objekte anzuwenden. Dies galt bis dato als unmöglich, vor allem entzog es sich gänzlich unserem Verstand, dass „unregelmäßige“ Objekte, besonders belebte Objekte, geometrisch beschrieben werden können. Natürliche Strukturen wie zum Beispiel Wolken, Gebirge, Küsten oder Blutgefäßsysteme etc. haben demnach tatsächlich eine geometrische Regelmäßigkeit, die Skaleninvarianz. Der Romanescokohl zum Beispiel, zerlegt sich in immer kleinere aber „selbstähnliche“ Rosen. Das Sierpinski-Dreieck ist ein Fraktal, das im Jahre 1915 vom polnischen Mathematiker Waclaw Sierpinsk eingeführt wurde. Es beschreibt die selbstähnliche Teilmenge eines (meist) gleichseitigen Dreiecks. Teilt man das Dreieck in vier zueinander kongruente Dreiecke auf und verteilt diese gleichmäßig im Raum, dann entsprechen

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FRAKTALE VERWANDELN DIE PHÄNOTYPISCH NÜCHTERNE WELT DER MATHEMATIK IN EINE ÄSTHETISCHE, PSYCHEDELISCHE TRAUMWELT.

die drei äußeren Dreiecke den Teilmengen des Fraktals, bzw. sind sie Kopien des gesamten Fraktals. Das mittlere Dreieck gehört nicht zu dem Fraktal. Eine solche Aufteilung des Fraktals in skalierten Kopien, kann ewig fortgeführt werden, es ergeben sich immer neue feinere Strukturen. Das Sierpinski-Dreick ist ein klassisches Fraktal und ein Musterbeispiel für die Selbstähnlichkeit, bzw. die Skaleninvarianz. Eine passende Skalierung eines beliebigen dreieckigen Teils des Fraktals erscheint wie das Gesamtobjekt selbst. Die Selbstähnlichkeit beträgt gerundet 1,59.

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Sierpinskis Dreick und Teppich DIE FRAKTALE DES POLNISCHEN MATHEMATIKER WACLAW SIERPINSKI (1882 - 1969) LASSEN SICH BELIEBIG VERGRÖßERN.

Man nehme ein Blatt Papier und einen beliebigen Stift und markiere z.B. die Ecken eines gleichseitigen Dreiecks als Punkte eins, zwei und drei (Bezugspunkte). Dann benötigt man einen Würfel, mit dem die Zahlen eins, zwei und drei mit gleicher Wahrscheinlichkeit gewürfelt werden können (hier gilt 1&2 = 1; 3&4 = 2; 5&6 = 3). Man beginnt das Spiel mit einem beliebigen Punkt auf dem Blatt, der markiert wird (Startpunkt), nun wird gewürfelt. Wenn z.B. die Zahl zwei erscheint, setzt man einen Punkt genau in die Mitte zwischen Spielpunkt und Bezugspunkt zwei. Mit diesem neuen Punkt als Spielpunkt wiederholt man das Würfeln und Punkte setzen. Es entsteht eine Reihe von zufallsbedingt erzeugten Punkten. Nach etwa 500 Spielpunkten wird ein Muster sichtbar und nach etwa 10000 Punkten wird bereits deutlich die Struktur des Sierpinski-Dreiecks sichtbar. Je größer die Anzahl der Schritte desto klarer wird das Dreieck. Der Sierpinski-Teppich ist ebenfalls ein Fraktal von Waclaw Sierpinski. Angelehnt an das Sierpinski-Dreieck, ermöglicht es durch seine Selbstähnlichkeit einen unendlichen Entfernungsprozess. In diesem Fall ist jedoch kein gleichseitiges Dreieck, sondern ein Quadrat der Initiator. Wie bei dem Dreieck, wird die Fläche unterteilt, in diesem Fall sollen neun Teilquadrate entstehen, das mittlere entfällt wieder und

die restlichen acht werden um ein Drittel skaliert und in den Rand eingepasst. Das Konstruktionsverfahren scheint dem des Sierpinski-Dreiecks sehr ähnlich, jedoch unterscheiden sich die fraktalen Dimensionen immens. So beträgt die Selbstähnlichkeit des Sierpinski-Teppichs etwa 1,83 und ist demnach einer Fläche deutlich näher.


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Benoit Mandelbrot und das Chaos „JEDER TEIL DES GANZEN SIEHT SELBST AUS WIE DAS GANZE, NUR KLEINER.“

Wenn man in der Mathematik auf schöne Gebilde trifft, die einen an die Kaleidoskope aus der Kinderheit erinnern, dann ist die Mandelbrot-Menge im Spiel. Früher konnten wir stundenlang solche Kaleidoskope beobachten, heute können wir uns stundenlang mit der dahinter stehenden Physik beschäftigen, Benoit Mandelbrot hat dies als Erster getan. Es handelt sich um eine fraktale Menge die eine wichtige Rolle in der Chaosforschung übernimmt. Der Rand der Menge weist eine Skaleninvarianz auf, wie wir sie bei dem Sierpinski-Dreieck kennen gelernt haben. Allerdings ist die Selbstähnlichkeit in diesem Fall nicht exakt, da es zu Verformungen kommt. Die Wiederholungen müssen nicht identisch sein, sondern lediglich eine deutliche Ähnlichkeit aufweisen. Bei einer Visualisierung der Mandelbrot-Menge spricht man umgangssprachlich auch von „Apfelmännchen“. Die unendliche Welt dieser Apfelmännchen entsteht durch Rekursion, das bedeutet, das Berechnen des Aussehens der Apfelmännchen findet nie ein Ende, es lässt sich unendlich lange weitertreiben. Auf Grund dieser unüberschaubaren Komplexität, bezeichnet man das Apfelmännchen als das formreichste Gebilde, das bis heute bekannt ist. Trotz der inneren Ordnung, wurde die Mandelbrot-Menge Symbol für das mathematische Chaos, sie weist durch eine entsprechende Darstellung eine Gleichförmigkeit auf, die durch lauter winzige

BENOIT MANDELBROT

förmliche Ungleichmäßigkeiten entsteht. Am 14. Oktober 2010, erliegt der Mathematiker der Schönheit einem Krebsleiden, einer völlig chaotischen Krankheit. Zellteilungen verlassen hier den symmetrischen Raum und breiten sich ohne Kontrolle und Richtung völlig chaotisch aus. Momentan forscht man daran, die fraktale Geometrie auf die frühe Krebserkrankung anzuwenden. Durch eine Sichtbarmachung der chaotischen Zellstrukturen vor der ersten Ausbreitung wären die Aussichten auf eine Heilung deutlich rosiger. Neben unserer geometrisch simplen Umwelt (Häuser, Bälle, Schränke, Betten etc.) kennt die Natur noch viel verrücktere Formen, zum Beispiel eine Baumrinde. Dem französisch-US-amerikanischen Mathematiker ist es gelungen für die Vielfalt der Formen eine einheitliche Regel zu finden. Benoit Mandelbrot schenkte der Mathematik eine neue Ästhetik und hatte somit ebenfalls einen großen Einfluss auf die Kunst.



Schmetterlingseffekt



! w o n n o i t u l o Ev


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Evolution - war alles nur ein Zufall? DER ZUFALL BIETET UNS EINE VIELFALT AN VARIANTEN AN, AUS DENEN SICH NOCH VARIATIONEN BILDEN KÖNNEN, ABER WER ODER WAS ENTSCHEIDET ÜBER DAS ERGEBNIS?

Das Thema Evolution spaltet die

Gemüter. Auf der einen Seite stehen die Kreationisten bzw. die neokreationistischen Anhänger der „Intelligenten Design Theorie“, sie versuchen Belege dafür zu finden, dass die Evolution einer Sinn- und Zwecksituation entspringt. Auf der anderen Seite stehen die Evolutionsbiologen, sie setzen auf das Prinzip Zufall wenn es um die Verwandlungsfähigkeit der Natur geht. Diese Theorie wird von einer großen Mehrheit der Forscher vertreten, die Entwicklung des Menschen wäre in diesem Szenario dem reinen Zufall zuzuschreiben. Nach dem allgemeinen Verständnis begann das Universum mit dem Urknall. Dieser ist nicht etwa eine Explosion, wie das Wort zuerst vermuten lässt, sondern beschreibt die gemeinsame Entstehung von Materie, Raum und Zeit aus der Singularität. Nach dieser Auffassung ist das Universum wie wir es kennen, vor etwa 14 Milliarden Jahren aus einem sehr heißen und dichten Zustand entstanden. Nun spielten sich in unglaublich kurzen Zeitspannen gigantische Prozesse ab. Das Universum expandierte mit einer extremen Geschwindigkeit und brachte gleichzeitig gewaltige Kräfte ans Tageslicht, zum Beispiel die Gravitation. Wie ist aber das Leben auf der Erde entstanden und warum hat es sich genau so entwickelt? Außerhalb der Logik, bzw. unseres Verständnisses ist alles Zufall. Dinge geschehen also ohne eine erkennbare Ursache oder ohne einen vernünftigen Grund. Kann es sein das die Evolution auf dem Zufall beruht und das ganze Universum auf statistischen Wahrscheinlichkeiten basiert? Nach Darwin entstand die Artenvielfalt durch Variation und Selektion, das heißt der Mensch formte sich durch zufällig genetische Entwicklungen und eine

natürliche Auslese. Nach dem heutigen Stand wissen wir, dass Variationen durch Mutationen in der Erbsubstanz, der DNA, evoziert werden. Zufall und Plan sind in der Evolution keinesfalls weit voneinander entfernt. Der Zufall liefert eine Menge Variationen an Merkmalen, aus denen sich durch die Selektion die beste Variante heraus kristallisiert und durchsetzt. Somit werden Nachkommen nicht gezielt „ besser“ gezeugt. Ihr Auftreten hängt nicht davon ab, ob eine Mutation irgendwelche evolutionären Fortschritte bringt und somit „besser“ ist als die Elterngeneration. Die Natur weiß ja gar nicht was besser oder schlechter ist. Die zufällig geprägten Kinder sind somit einfach etwas anders und überleben besser. Zufällig können sich schnelle Hasen vor den Füchsen retten, ohne gefressen zu werden, somit haben sie länger gelebt und konnten mehr Nachkommen zeugen als ihr langsamen Kollegen. Der Zufall ist zwar logisch, ist aber dennoch kein Plan.


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Die Geschlechtsbestimmung WIRD ES EIN JUNGE ODER EIN MÄDCHEN? EINE WICHTIGE FRAGE FÜR WERDENDE ELTERN, KÖNIGE UND KAISER HÄTTEN MUTTER NATUR GERNE DIE ENTSCHEIDUNG ABGENOMMEN. MIT UNSEREM HEUTIGEN WISSEN HÄTTEN SIE EIN WENIG EINFLUSS NEHMEN KÖNNEN; DENN FAKT IST, ES ENTSCHEIDET NICHT NUR DER ZUFALL

Ganz anders als beim Menschen, hängt die Geschlechtsbestimmung bei vielen Lebewesen von äußeren Umständen ab. Bei Krokodilen, ist das Geschlecht abhängig von der Temperatur der Eier. Bis etwa 30 °C werden Weibchen gezeugt, ab 34 °C entstehen nur noch Männchen. Bei Temperaturen dazwischen schlüpfen Krokodile beiderlei Geschlechts. Bei Schildkröten hingegen, bevorzugen die Weibchen das wärmere Umfeld, es ist also genau umgekehrt. Bei der menschlichen embryonalen Entwicklung, sowie bei allen anderen Säugetieren, spielen solche Faktoren keinerlei Rolle, das Geschlecht ist genetisch bestimmt. Die Informationen für eine Geschlechtsbestimmung liegen wie alle anderen genetischen Informationen auf den Chromosomen, sie bestehen aus DNA, die in vielen Proteinen verpackt ist. Der Kariotyp bezeichnet die Zusammenstellung aller Chromosomen in einem Körper. Jeder Mensch besitzt 46 Chromosomen, von denen 44 (Autosome) geschlechtsunabhängig sind und zwei (Gonosome) Geschlechtschromosomen sind, bei der Frau XX und beim Mann XY. Außerdem besitzen Frauen noch Eizellen und Männer Spermien, Zellen die auf die Fortpflanzung spezialisiert sind. Sowohl die Eizellen als auch die Spermien enthalten jeweils nur ein Geschlechtschromosom, das heißt die weibliche Zelle besitzt nur ein X-Chromosom. Der Mann produziert zwei

Arten von Spermien; eine Hälfte besitzt ein X-Chromosom und die andere Hälfte ein Y-Chromosom. Schon hier ist absehbar, dass die Geschlechtsverteilung beim Menschen auf dem Zufall basiert. Bahnt sich ein Spermium mit einem X-Chromosom seinen Weg zur Eizelle, trägt der Embryo zwei X-Chromosomen und entwickelt sich somit zu einem weiblichen Wessen. In dem anderen Szenario, würde ein Y beladenes Spermium eindringen und somit einen männlichen Organismus hervorbringen. Folglich liegt die Geschlechtsbestimmung also beim Vater, ohne eine mögliche Einflussnahme besteht immer eine 50:50 Chance für männliche oder weibliche Nachkommen. Soweit bisher die Theorie, doch neue Forschungsergebnisse belehren uns eines Besseren. Diverse Faktoren spielen bei der Zeugung eine wichtige Rolle, zum Beispiel das Gewicht der Mutter. Aktuellen Studien zur Folge gebähren Frauen unter 54 Kilogramm weniger männlichen Nachwuchs. Außerdem sind die Jahreszeiten von Bedeutung, die Chance auf ein Mädchen ist demnach bei einer Empfängnis in den Monaten März bis Mai am höchsten. Ebenso ist das Rauchen bei der Geschlechtsbestimmung relevant. Die Y-Chromosomen reagieren äußerst empfindlich auf Nikotion, demnach gebähren Raucherin öfter ein Mädchen.


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Evolution



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Phisthetik EINE BESTIMMTE PROPORTION WIRKT AUF DEN MENSCHEN EINE STARKE ANZIEHUNGSKRAFT AUS UND DAS OBWOHL SIE NICHT AUF DEN ERSTEN ANSCHEIN SYMMETRISCH IST. ES HANDELT SICH ALSO UM EIN TRUGSCHLOSS, WENN DAVON AUSGEGANGEN WIRD, DASS WIR LEDIGLICH EINEGLEICHMÄßIGE ORDNUNG LIEBEN, DAS IST ZU TRIVIAL.

Wenn wir den Begriff Chaos oder Nicht-

linearität entweder einer symmetrischen oder einer asymmetrischen Form zuordnen können, so fällt die Wahl auf die Asymmetrie. Dabei hat sich die Natur ein Ordnungsprinzip überlegt, dass asymmetrisch auftritt.

Betrachten wir die untere Strecke, es gibt eine Möglichkeit, diese symmetrisch aufzuteilen, die asymmetrischen Möglichkeiten sind dagegen unendlich. Unter Ihnen ist allerdings nur eine dabei, die uns ästhetisch direkt anspricht.

Eine Strecke wird so unterteilt, dass sich der kleinere Teil (Minor) zum größeren Teil (Major) so verhält, wie der größere Teil zum Ganzen. Wenn a=Major und b= Minor so gilt:

a:b = (a+b):a Es handelt sich also um eine Teilung, die immer einen Bezug zum nächst Größeren und anschließend zum Ganzen aufbaut. Das klingt möglicherweise paradox, stellt man sich doch unter Teilung einen Bruch des Ganzen vor, jedoch lebt der Goldene Schnitt (sectio aurea, proportio divina) dieses Paradoxon ganz beeindruckend aus. Das Wissen über den Goldenen Schnitt, besteht seit der griechischen Antike und ist in deren mathematischer Literatur nieder geschrieben. Der im 4. Jahrhundert vor Christus

1,618


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Somit ist der Major um 1,62 größer als der Minor, das Ganze ist um 1,62 größer als der Major.

„DIE SCHÖNHEIT ÜBERHAUPT IST EIN DURCH DEN SCHAUENDEN GEIST ZUR EINHEIT ZUSAMMENGEFASSTER INBEGRIFF VON QUALITÄTEN, DIE PROPORTIONALITÄT ABER NUR EINE EINZELNE UNTER DIESEN NEBEN ANDE-

MAJOR MAJOR

Vor rund 150 Jahren, wandte sich der Mediziner Adolf Zeising den Gesetzmäßigkeiten des menschlichen Körpers zu. Er versuchte eine Regel zu finden, die die Statur des Körpers logisch erklärt. Im Jahre 1854 veröffentlichte er sein Lebenswerk „Neue Lehre von den Proportionen des menschlichen Körpers“ und verwendete zur Darstellung der Proportionen die griechische Statue des Speerträgers Doryphoros von Polyklet. Mit Hilfe dieser Publikation wurde Adolf Zeising zum Protagonisten der berühmtesten Teilungsregel und wandte diese im Anschluss noch auf diverse Beispiele in der Natur an. Vor allem den menschlichen Körper untersuchte Zeising akribisch vom Scheitel bis zur Sohle und fand die Zahl 1,62 unter anderem im Gebiss wieder. Heutzutage, ist das Wissen um diese Unterteilung besonders im medizinischen Bereich, zum Beispiel bei der Wiederherstellung von Körperteilen sehr wertvoll. Im Gegenteil zu vertikalen Aufteilung des menschlichen Körpers, tritt die horizontale Ebene tendenziell seitengleich auf, somit ist der Mensch ein Ausdruck von...

MINOR

ADOLF ZEISING

MINOR

REN.“

MINOR

= 1,6180339887498948482045868343656 38117720309179805762862135...

Der a-|symmetrische Mensch

MAJOR

lebende Euklid von Alexandria gilt als „Vater“ der Mathematik. Er erkannte während seiner Untersuchungen über Platonische Körper, das bekannteste Streckenverhältnis. Dieses ist auch als Göttliche Proportion oder Proportio divina bekannt und übt schon seit Jahrtausenden eine besondere Anziehung auf den Menschen aus. Geometrisch findet sich das Verhältnis mehrfach in einem Pentagramm wieder. Seine Ästhetik bezauberte den Menschen so sehr, dass über 40 Länder der Erde, zum Beispiel die USA, harmonisch und von Natur aus formvollendet Flagge zeigen. Nun steht die Frage im Raum, was die Anziehungskraft der Göttlichen Teilung ausmacht, warum wird sie immer wieder mit dem Begriff der Schönheit in Verbindung gebracht? Die Antwort liegt in der Einheit und Gleichheit und das scheint verrückt denn wir sprechen über eine ungleiche Teilung. Aber hier geht es nicht um die Gleichheit der Teile, sondern um die Kongruenz der Proportionen. Es entsteht ein Bild der Vollkommenheit, das uns den Eindruck der Asymmetrie als harmonisch empfinden lässt. Jedoch ist der Goldene Schnitt keineswegs asymmetrisch, die Symmetrie findet sich nur nicht in einer förmlichen Umsetzung sondern in dem Verhältnis wieder. Lösen wir die ganze asymmetrische Symmetrie Geschichte mathematisch auf; wir berechnen also die Proportionen, so ergibt sich folgende Zahl, die als Konstante PHI bezeichnet wird:

R


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Zufällig Kunst WENN WIR DEN ZUFALL BEDACHT NUTZEN KANN UNSERE KREATIVITÄT AUFBLÜHEN. DAFÜR BENÖTIGEN WIR REGELN ODER WIR GLEITEN SEHR SCHNELL AB, IN EINE SINNFREIE ZONE.

Welche Rolle spielt der Zufall in der Kunst? Kann ein Kunstwerk aus dem Zufall entstehen? Dies würde nach der Definition des Begriffes bedeuten, dass ein Kunstwerk ungeplant und überraschend auftritt. Ist so etwas möglich oder setzen wir von vorn herein ein Statement wenn wir drei Fäden unkontrolliert zu Boden segeln lassen (Verweis auf Marcel Duchamp)? Zu Beginn des 20. Jahrhunderts begannen Künstler den Zufall als ideenreichen Gehilfen einzustellen. Marcel Duchamp, ein französisch-US-amerikanischer Maler und Objektkünstler war ein Zufallspionier, der die Kontrolle zu Gunsten des Unvorhersehbaren abgab. Einen wichtigen Schritt in eine zufällige Zukunft tat Duchamp im Jahre 1913 mit der Einführung der Readymades oder objet trouvé (franz. gefundener Gegenstand). Es handelt sich hierbei um Gegenstände, die vom Künstler frei von ästhetischen Vorurteilen ausgesucht und präsentiert werden. Es kann sich um Alltagsgegenstände oder Abfall handeln, wichtig ist, dass der Künstler keine oder nur minimale Veränderungen und Verfremdungen am Objekt vornimmt. Für die Jahresausstellung der Society of Independent Artists in New York, besorgte Duchamp ein Urinal, das er mit dem Titel Fountain versah und mit dem Pseudonym „R.[ichard] Mutt“ unterzeichnete. Er sendete das vollends unkonventionelle Werk ein, um es von einer Jury, welcher er selbst beisaß, begutachten zu lassen. Das Werk wurde zurückgewiesen und Duchamp ver-

ließ in Folge dessen den Ausschuss. Wie bei dem Objekt Flaschentrockner verleiht Duchamp dem Urinal, einem industriell erzeugten Gebrauchsgegenstand, eine neue Bedeutung, indem er es seiner ursprünglichen Funktion beraubt und ihm eine neue Charakteristik verleiht - ohne ästhetische Emotionen zu evozieren. Marcel Duchamp nutzte die Readymades und eine Gegenbewegung zur, bis dato bekannten und anerkannten Kunst, zu formen. Er vertrat die Meinung, dass der Künstler immer abhängig von der Gesellschaft sei, sein Erfolg sich an deren Rezension misst und er somit niemals frei arbeiten kann. Mit Werken wie Fountain, wollte Duchamp nicht nur den Künstler sondern auch die Gesellschaft zu einer neuen Denkweise und Kunstdefinition ermutigen. Dem Zufall Eintritt in die Kunst zu gewähren, ließ Marcel Duchamp zu einem Mitbegründer der Modernen Kunst werden. Ein weiterer Vertreter der zufälligen Kunst ist der US-amerikanische Komponist, Künstler und Freund von Duchamp, John Cage. In einer grafischen Arbeit „Where R=Ryoanji“ , verwendet John Cage das Zufallsprinzip um einem anscheinend leblosen Szenario eine Seele einzuhauchen. Er definiert die Bedingungen für das Experiment wie folgt; ein rechteckiges Blatt Papier ist mit einem Koordinatensystem bekleidet. Darauf werden Steine

platziert, die anschließend mit einem Bleistift in einer vordefinierten Härte umrandet werden. Die Faktoren; Anzahl der Steine, Position der Steine und Härte des Bleistiftes werden mittels eines Zufallsgenerators ermittelt. Obwohl der Künstler ohne jegliche ästhetische Vorstellung bezüglich der Komposition, Dichte oder der Wahl des Zeichenmediums an dieses Werk herangeht, ist das Resultat keineswegs nüchtern. Durch die Umrandung der Steine per Hand, wirken die Linien lebendig und erzeugen trotz ihrer grafischen Einfachheit das Gefühl von Dimension. Wir nehmen die Dramaturgie auf dem Papier wahr, obwohl sie mechanisch entstanden ist. Der Sinn der Komposition liegt in seiner Selbstverständlichkeit, somit ist der Zufall hier zwar chaotisch, unkontrolliert und unvorhersehbar, aber keinesfalls ist er sinnlos. Cages Arbeit bezieht sich außerdem auf die Entstehung und Ordnung des zenbuddhistischen Steingartens in Ryoanji in Kyoto. Es handelt sich um einen Meditationsgarten von 300 m2 Größe, in dem sich 15 scheinbar zufällig platzierte Steine auf den jeweiligen Moosgruppen ausruhen. Abgesehen von diesen 15 Steinen und nweißem Kies, befindet sich kein weiterer Gegensand auf dem Gartengelände. Kein Strauch, kein Baum, kein Nichts, aber die Felsbrocken gestaltet in ihrer Komposition ein geniales Spannungsfeld. John Cage untersucht mit seinem Werk die Frage, ob diese einmalige Gartenkomposition der


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Hand eines wirklich talentierten Gärtners zuzuschreiben ist, oder ob der Zufall in sich genial sein kann.

Wie klingt der Zufall? I CAN´T UNDERSTAND WHY PEOPLE ARE FRIGHTENED OF NEW IDEAS. I AM FRIGHTENED OF THE OLD ONES. JOHN CAGE

Der Zufall findet auch in der Musik seinen Platz. Mittels der Aleatorik (lat. aleatorius zum Spieler gehörig, alea Würfel, Risiko, Zufall) werden in der Musik, der Kunst und der Literatur unvorhersehbare Ergebnisse unter Verwendung nicht-symmetrischer Operationen erzeugt. John Cage und der Zufall finden auch in der Musik ihren Platz. Seit den 1950er Jahren, setze er musikalische Zufallsoperationen in seinen Kompositionen ein und führte somit die Nichtdeterminiertheit in der Musik zu einem Höhepunkt. In seinem Concerto for Prepared Piano and Chamber Orchestra (1951) beruhten die Orchesterstimmen auf Losentscheidungen durch das chinesische Orakelbuch I Ching und auf Entscheidungen durch einen Münzwurf. Es war somit möglich, das Stück bei jeder Aufführung neu erklingen

zu lassen. Das Kernstück des Werkes ist das Pianosolo. Um dieses zu spielen, wird ein Buch benötigt, das aus 63 Blättern besteht und laut Cage 84 unterschiedliche Kompositions- und Notationstechniken beinhaltet. Die Interpretation des Buches bleibt dem Pianospieler überlassen, er kann das Buch ganz oder nur teilweise und in einer beliebigen Reihenfolge aufführen. Sein Spiel wird begleitet von 13 unabhängigen Einzelstimmen. Es gibt keine gemeinsamen Partitur und somit wird jeder Part individuell und unabhängig von den anderen gespielt. Um das ganze Stück noch unvorhersehbarer zu gestalten gibt es zusätzlich einen losgelösten Part für den Dirigenten. Dieser gibt unabhängig von den spontan ausgearbeitet Einsätzen und Spielzeiten ein flexibles Zeitmaß an. Ein weiteres nonlineares, musikalisches Phänomen ist der Mashup, auch Bastard Pop genannt. Er blühte Mitte der 90er Jahre auf. Es handelt sich dabei um eine Musikcollage von mindestens zwei Liedern. Der Reiz des Mashups liegt in der Kreation von etwas Neuen durch das Zusammenlegen verschiedener Stile. Meist wird zu diesem Zweck die Gesangsspur eines Songs mit der Instrumentalspur eines anderen gemischtt. Bevorzugte Quellen der Künstler sind dabei der Glam Rock der 70er, New Wave der 80er und One-HitWonder der 90er Jahre, diese werden

häufig mit einem aktuellen Titel aus den Charts zusammen geworfen. Die Voraussetzungen für zufällige Kunst, sei es in der Malerei, Grafik, Musik etc. liegen in einer experimentellen Herangehensweise des Künstlers. Bei solchen Werken ist es wichtig die Regeln vorab zu definieren, die ästhetischen Vorurteile außer Acht zu lassen und die Kontrolle abzugeben, denn sonst wird das zufällige Chaos nur sinnlos. Nur durch das Ausschalten subjektiver Empfindungen können überraschende neue Welten entstehen und da die Entstehungsprozesse nicht wiederholbar sind, werden die Werke EINMALIG.


Objet trouvĂŠ



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Impressum Dieser Prospekt entstand als Teil einer Masterarbeit 2013 an der Hochschule Trier – University of Applied Sciences unter der Leitung von Prof. Babak Mossa Asbagholmodjahedin.

© 2013 Cora Lieselotte Bürschinger IDEE, KONZEPT & GESTALTUNG FORMAT PAPIER SCHRIFTEN DRUCK BINDUNG

Cora Bürschinger 200 mm*280 mm Inhalt 120 Gramm Neusiedler Einband 300 Gramm Neusiedler Avenir Light Adobe Caslon Pro Semibold Adobe Caslon Pro Semibild Italic Adobe Caslon Pro Bold Pretty-Print, Mainz Pretty-Print, Mainz

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