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OUR CHARACTER IS OUR DESTINY

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Sagte Oskar Werner einst in einem Interview, wohl auch mit einem Blick auf seinen Charakter und sein Schicksal. Diesen November wäre der Ausnahmeschauspieler 100 Jahre alt geworden. Wir wollen seine Karriere beleuchten. Und an ein auch tragisches Talent erinnern. Said Oskar Werner in an interview once, most likely with a view to his own character and his own fate. This November, the exceptional actor would have turned 100. We’d like to shed a little light on his career. And to remember a unique talent that was also tragic.

T e x T

MANFRED KLIMEK

ZEIT ZU GEHEN

Oskar Josef Bschließmayer sitzt in einem kleinen Saal in Baden bei Wien, vor ihm ein älteres bürgerliches Publikum, das „ihren“ Oskar Werner, so Bschließmayers nun eigentlicher Name – der Name, den er für seine nationale und internationale Karriere wählte – feiern will. Wir sind zurück im Jahr 1982 – von dem wir zurückwandern durch Oskar Werners Leben und zu dem wir am Ende wieder zurückfinden. Das Publikum will Oskar Werner feiern, Werner ist aber nicht nach feiern zumute. Er hasst das Getingel durch die Kleinstädte der Wiener Peripherie. Oskar Werner füllt immer noch Säle, er liest aus Klassikern wie Goethe, Schiller oder Rilke. Und liest diese Texte auf seine einzigartige und unwiederbringliche Art, mit seiner einzigartigen und unwiederbringlichen Stimme, die man auch in Hollywood gehört, gebraucht und geholt hat: viele Pausen, langes Atemholen, die klassische Art Klassik zu lesen, wie man es eben kann, wenn man dem Ensemble der klassischsten Bühne des deutschsprachigen Raums, dem Burgtheater, angehört. An moderne Texte geht Werner nicht ran. Oskar Werner ist jetzt sechzig Jahre alt. Fünfundsechzig wird er nicht mehr werden – er stirbt etwas mehr als zwei Jahre später in einem Hotel in der hessischen Universitätsstadt Marburg an der Lahn an einem Herzversagen. Der Notarzt kann ihn nicht mehr wiederbeleben. Aufgegeben hat ihn sein geknechteter Körper schon länger, auch sein wacher Geist ist müde. Hier, in Baden, im Jahr 1982, betritt also ein Abglanz seines Selbst die Bühne, ein ehemals international gefeierter Filmschauspieler, der seine eigentliche Heimat, das Theater, immer mit in jede Rolle, in jede Art Besetzung nahm. Einst, so heißt es, nach dem Krieg soll es gewesen sein, da rettete Oskar Werner ganz alleine mit seinen Hauptrollen, die zigtausende Kulturhungrige anzogen, das Burgtheater, das sich mit Hochkultur gegen Fernsehen und Farbfilmkino stemmte und dabei, so war die neue Zeit, viele Zuschauer verlor. Nur wenn Werner spielte, war das Haus garantiert voll.

Werner kommt alkoholisiert zu seinem Tisch und trinkt auf der Bühne Weißwein. Er rezitiert schwerfällig, es ist zu erkennen, dass dieser Abend ein Abend des Scheiterns wird. Das bürgerliche Badener und Wiener Publikum bedient sich seiner üblichen Methoden, dem Künstler sein Missfallen kundzutun: Es buht ihn aus. Werner wischt die Leute mit Handgesten beiseite, so wie man heute auf einem Smartphone Fotos wegwischt. Alleine, es nützt nichts. Dort unten sitzen seine größten Fans und verachten ihn; ihn, jenen Schauspieler, der wie kein zweiter Österreicher nach der Blutorgie des Weltkriegs als Vertreter einer Täternation international Karriere machte. Zuerst im französischen Autorenfilm (1962 in „Jules et Jim“, Regie François Truffaut und 1966 in „Fahrenheit 451“, Regie ebenfalls Truffaut), dann fast gleichzeitig in Hollywood. Der Abend steht knapp vor dem Abbruch. Doch Werner zieht die Demütigung durch und geht nach einer Stunde nahezu grußlos ab. Ein Wiener Nachrichtenmagazin vernichtet ihn wenige Tage später in einem brutalen Text. Dass da ein Mensch an sich und der Welt leidet, dem man helfen sollte, auch wenn er vorgibt, sich nicht helfen lassen zu wollen, das erkennt zu diesem Zeitpunkt keiner. Doch ist es eigentlich zu spät: Oskar Werner kann man nicht mehr helfen. Hier in Baden ist er der Schauspieler seiner glorreichen Vergangenheit, ein Schauspielen auch, das ganz plötzlich so alt daherkommt. Erst Jahre später, erst heute, erkennt man die Kraft, Vitalität und Melancholie wieder an, die dieses große Schauspielen der Nachkriegszeit, die Paula-Wessely-Jahre, prägte. Wessely übrigens, noch immer als die grandiose Schauspielerin der gleichen Epoche erkannt: Diese Wessely konnte Oskar Werner in Sachen Bühnenauftritt nicht das Wasser reichen.

Ende seines Lebens. Glücklich wurde er in Wien nicht mehr. At the end of his life. He didn’t find happiness in Vienna.

TIME TO GO

DIE TRAUMFABRIK UND DER KUBRICK-IRRTUM

Wir schreiben 1967. Oskar Werner ist jetzt ein internationaler Filmstar. Eigentlich, so sagte er in einem TVInterview, hätte ihm die Karriere am Burgtheater in Oskar Josef Bschließmayer is sitting in a small chamber in Baden near Vienna; in front of him an older middle-class audience who want to celebrate “their” Oskar Werner, which is Bschließmayer’s actual name now – the name he chose for his national and international career. It’s 1982 – the year from which we shall wander back through Oskar Werner’s life and to which we’ll return again at the end. The audience wants to celebrate Oskar Werner, but Werner doesn’t feel like celebrating. He hates hustling through the small towns on Vienna’s periphery. Oskar Werner still fills halls, he reads from classics like Goethe, Schiller or Rilke. And he reads these texts in his unique and irretrievable way, with his unique and irretrievable voice, which has also been heard, used and projected in Hollywood: many pauses, long breaths, the

François Truffaut wagte Unerhörtes. Er drehte mit „Jules et Jim“ eine der ersten Dreierbeziehungen im Film und holte, für Frankreich komplett überraschend, einen Österreicher vor die Kamera. Der Film machte Werner zum Weltstar.

François Truffaut dared to do something unheard of. He made “Jules et Jim”, the first threesome in film, and, in a complete surprise for French audiences, he cast an Austrian (!) in front of the camera. The film made Werner a world star.

Wien gereicht. Höhere Weihen wird man in der deutschsprachigen Theaterwelt nirgendwo finden. Doch Werner hatte schon früh nach Hollywood rübergemacht, als junges Talent ging er 1950, nach den Dreharbeiten zu „Der Engel mit der Posaune“ in London zum Vorsprechen, heute Casting genannt, in die Studios der 20th Century Fox und holte sich gleich einen Sieben-Jahres-Vertrag ab, den er schon im kommenden Jahr aus Gründen der Unterforderung wieder brach. Er hatte eine viel beachtete Rolle im Antikriegsfilm „Entscheidung im Morgengrauen“, doch die Theaterbühne holte ihn zurück auf die Bretter, die die Welt bedeuten. Erst der Welterfolg von „Jules et Jim“ ließ die Castingagenturen und vor allem renommierte Regisseure wieder auf Oskar Werner aufmerksam werden, der alle Drehbücher genau studierte und mit Belesenheit und Intellekt die richtigen Rollen wählte – fast nur Rollen von Männern, die in ihrem Leben schon einige Brüche und Schläge verkraften mussten; liebenswerte, nachdenkliche, intellektuelle Personen, die sich meist mit leisen Tönen aufzurichten versuchen. Etwa die des jüdischstämmigen DDR-Geheimdienstagenten Fiedler in „Der Spion, der aus der Kälte kam“ (1965 an der Seite von Richard Burton), die ihm einen Golden Globe eintrug. Oder ein Jahr davor als Schiffsarzt Dr. Wilhelm Schumann in „Das Narrenschiff“, wofür er für den Oscar nominiert wurde. Bei den Dreharbeiten zu „Fahrenheit 451“ aber zerstritt er sich mit Regisseur Truffaut derart, dass die Freundschaft der beiden Männer für immer zerbrach. Werner wollte das Literarische der Rolle mehr betonen, mehr große und auch politische Bühne zeigen und einen europäischen Film mitgestalten, Truffaut aber zielte in jener Zeit auf Hollywood ab und wollte einen Blockbuster drehen. Oskar Werner der Schwierige war geboren. Und die große Zeit seiner Filmkarriere vorbei. Just jetzt, 1967, kam das Angebot von Stanley Kubrick, der nach „2001: Odyssee im Weltraum“ zum absoluten Kultregisseur mutierte, die Hauptrolle in dessen geplantem Mammutwerk „Napoleon“ zu übernehmen – die Rolle des französischen Kaisers und Feldherrn Napoleon Bonaparte. Der Film konnte aber wegen des irren Budgets, das Kubrick aufrief, nicht verwirklicht werden. Der Kontakt zu Kubrick aber hielt an und bekam erst Risse, als Werner Kubricks Meisterwerk „A Clockwork Orange“ (1971) als brutalen Kitsch abtat. Kubrick hatte Werner eigentlich für die Hauptrolle in seinem nun kommenden Film „Barry Lyndon“ (1975) vorgesehen, doch der Regisseur nahm Abstand von dem nun arrogant auftretenden Österreicher.

„Fahrenheit 451“ setzte dort fort, wo Orwell und Huxley Jahre davor ihre Werke beendet hatten. Die Warnung vor einem Bücher verbrennenden, totalitären Regime wollte am Ende des Wirtschaftswunders aber niemand sehen. Heute ist das Werk freilich Kult. “Fahrenheit 451” continued where Orwell and Huxley had ended their works years before. But no one wanted to see the warning of a book-burning, totalitarian regime in the middle of an economic miracle. Today, of course, the work has cult status.

classical way of reading classics, as one can do when one belongs to the ensemble of the most classical stage in the German-speaking world, the Burgtheater. Werner avoids modern texts. Oskar Werner is now sixty years old. He will not live to be sixty-five – he dies of heart failure a little more than two years later in a hotel in the Hessian university town of Marburg an der Lahn – the good doctor on duty in the emergency ward can no longer revive him. His body has long since given up on him, and his alert mind is tired as well. So here, in Baden, in 1982, a shadow of his more vibrant, former self takes the stage, an internationally celebrated film actor who always took his real home, the theater, with him into every role, into every kind of casting. It is said that once upon a time, after the war, Oskar Werner single-handedly saved the Burgtheater with his leading roles, which attracted thousands of culture-hungry people, and which, in the new era, lost many spectators in the process. Only when Werner was on the bill did the house reach full capacity. Werner approaches his table on stage in an already inebriated state, then proceeds to drink more wine. He recites ponderously, it is obvious that this evening will be an evening of failure. The bourgeois Baden and Viennese audience use their usual methods to show their disapproval of the artist: they boo him. Werner wipes the people aside with hand gestures, just as one wipes away photos on a smartphone today. But to no avail. His biggest fans show their displeasure openly; he, the actor who, like no other Austrian, made an international career as a representative of a nation of perpetrators after the blood orgy of the World War. First in French auteur films (1962 in “Jules et Jim”, directed by François Truffaut and 1966 in “Fahrenheit 451”, also directed by Truffaut), then almost simultaneously an appearance in Hollywood. The evening is on the verge of being cancelled. But Werner goes through with the humiliation and leaves after an hour with barely a nod. A Viennese news magazine destroys him a few days later in a brutal text. That there is a person suffering inside and out barely registers at this point. But it’s too late: Oskar Werner can no longer be helped. Here in Baden he is the washed-up actor wallowing in his own glorious past – a role that is suddenly dusty and outdated. It is only years later, only today, that one positively reflects on the power, vitality and melancholy that characterized this great actor of the post-war period,

Wieder eine Rolle als feinfühliger, sensibler Mensch: als Schiffsarzt in „Das Narrenschiff“. Yet another role as a fragile, sensitive person: ship’s doctor in “Ship of Fools”.

Werner hatte nicht erkannt, welche Chance ihm Kubrick bot, als seine Filmkarriere in seinen beginnenden Fünfzigern zu stranden drohte – und dann, sieben Jahre später, auch strandete. Das war Werners großer Irrtum. „Unser Charakter ist unser Schicksal.“

DER ANTIFASCHIST

Der junge Oskar Werner war schon mit fünfzehn Jahren ein Schauspieltalent, an dem man in Wien nicht vorbeikam. 1941, im 19. Lebensjahr, zu Beginn des Kriegs, holte ihn das Burgtheater an die Wiener Bühne und schrieb ihn als unabkömmlich aus, was ihn bis 1944 vor dem Kriegsdienst verschonte. Im Kriegseinsatz wurde er radikaler Pazifist und, nachdem der Holocaust bekannt wurde, auch zum radikalen Antifaschisten und Nazigegner. Werner wollte ein neues, geläutertes Österreich darstellen – auf der Bühne des Lebens. Jüdische Rollen zogen ihn an, zum Gedenken an die Ermordung von Millionen Juden hielt er oft privat finanzierte Gedenkveranstaltungen ab. Das alles bekam in Wien aber nicht nur Zustimmung, denn in Wien wollte man verdrängen und sich der politischen Weltbühne als Opfer und nicht als Täter präsentieren. Werner kämpfte also gegen diese Lebenslüge Österreichs zeit seines Lebens unerbittlich an. Doch weil sein Publikum jene waren, die verdrängen wollten, das Bürgertum, und nicht die Studenten von 1968 und danach, fiel er mit seiner Inszenierung des gnadenlosen Moralisten in Wien durch.

Oskar Werner probt 1962 im Atelier seines Freunds Kurt Moldovan mit Gertrud Kückelmann für eine Tournee von „Torquato Tasso“.

Oskar Werner rehearses with Gertrud Kückelmann in 1962 in the studio of his friend Kurt Moldovan for a tour of “Torquato Tasso”. the Paula Wessely years. Wessely, by the way, still recognized as the premier actress of the same era, this unreachable Wessely couldn’t hold a candle to Oskar Werner’s far more compelling stage presence.

THE DREAM FACTORY AND THE KUBRICK MISTAKE

It’s 1967. Oskar Werner is now an international film star. Actually, as he claimed in a TV interview, his career at the Burgtheater in Vienna would have been enough for him – it doesn’t get any better than the Burgtheater anywhere in the German-speaking theater world. But Werner had made the move to Hollywood early on. As a young talent, he was invited to 20th Century Fox studios in 1950, after filming “The Angel with the Trumpet” in London, for an audition, today called a casting, and was immediately offered a seven-year contract, which he broke again the very next year for reasons of underperformance. He had a much acclaimed role in the anti-war film “Decision Before Dawn”, but the live theater stage just wouldn’t let go. It was not until the global success of “Jules et Jim” that casting agencies and especially renowned directors again took notice of Oskar Werner, who studied all the scripts carefully and chose the right roles with erudition and intellect – almost exclusively roles of men who had already had to cope with a few disruptions in their lives; lovable, thoughtful, intellectual characters who usually try to elevate themselves quietly. For example, as the Jewish-born GDR secret-service agent Fiedler in “The Spy Who Came in from the Cold” (1965, alongside Richard Burton), which earned him a Golden Globe. Or a year earlier as ship’s doctor Dr. Wilhelm Schumann in “Ship of Fools”, for which he was nominated for an Oscar. But during the filming of “Fahrenheit 451”, in 1966, he fell out

Werner gelang die eierlegende Wollmilchsau: im Theater und Film gleichzeitig zwei Weltkarrieren!

Eine Naziuniform anzuziehen war für den Nazigegner Werner schwer. Die Rolle verlangt aber Schauspieler, die sich überwinden.

Werner managed the impossible: simultaneous world careers on stage and screen!

Putting on a Nazi uniform was difficult for anti-fascist Werner. But the role demanded actors who could jump over their own shadow.

DIE MELANCHOLIE

Was machte Oskar Werner zu jenem Ausnahmeschauspieler, der die Welt begeisterte? Da war früh, war von Kindheit an, diese enorme Spiellust, wie sie im deutschsprachigen Raum später nur Bruno Ganz (ein Schweizer), Gert Voss und Ignaz Kirchner (zwei Deutsche) und Klaus Maria Brandauer (wieder ein Wiener) beweisen konnten. Werner war „born to act“, wie es Truffaut einmal in einem Interview im Jahr 1962 formulierte. Und diese Spiellust war derart authentisch, dass auch alle von Werner with director Truffaut to such an extent that their friendship was shattered forever. Werner wanted to emphasize the literary aspect of the role, show more of the big and political stage and help create a European film, but Truffaut was aiming at Hollywood at the time and wanted to make a blockbuster. Oskar Werner, the difficult one, was born. And his great film career was over. Just then, in 1967, came the offer from Stanley Kubrick, who mutated into an absolute cult director after “2001: A Space Odyssey”, to take the leading role in Kubrick’s planned mammoth work “Napoleon” – the role of the French emperor and general Napoleon Bonaparte. The film, however, could not be realized because of the insane budget Kubrick proposed. Contact with Kubrick, however, continued and only cracked when Oskar Werner dismissed Kubrick’s masterpiece “A Clockwork Orange” (1971) as brutal kitsch. Kubrick had actually intended Werner for the leading role in his next film “Barry Lyndon” (1975), but the director distanced himself from the now arrogant Austrian. Werner had not realized the opportunity Kubrick offered him when his film career threatened to run aground in his early fifties – and then, seven years later, did run aground. That was Werner’s big mistake. “Our character is our destiny.”

THE ANTIFASCIST

At the age of fifteen, the young Oskar Werner was already a talented actor who could no longer be ignored in Vienna. In 1941, at the age of nineteen, the Burgtheater brought him to the Vienna stage and declared him “indispensable”, which spared him from military service until 1944. During his war service he became a radical pacifist and, after the Holocaust became known, a radical anti-fascist and Nazi opponent. Werner wanted to portray a new, purified Austria – on the stage of life. Jewish roles attracted him, to commemorate the murder of millions of Jews he often staged privately financed commemorative events. All this did not meet with Vienna’s approval, because in Vienna they wanted to repress the facts and present themselves to the political world stage as victims, not as perpetrators. Werner fought this lie relentlessly throughout his life. Yet because his audience was comprised of those very bourgeoisie who were in denial about Austria’s prominent role in the Holocaust – rather than the students of 1968 and beyond – he failed in Vienna as he tried to portray the merciless moralist.

MELANCHOLY

What made Oskar Werner such an exceptional actor who inspired the world? There was his early desire to play, as only Bruno Ganz (a Swiss), Gert Voss and Ignaz Kirchner (two Germans) and Klaus Maria Brandauer (Viennese) could later demonstrate to the German-speaking world. Werner was “born to act”, as Truffaut once put it in a 1962 interview. And this desire to act was so authentic that all the characters played by Werner also seemed authentic. This was especially true because Werner almost exclusively chose roles that suited him: men who openly display their melancholy; men, it must be said, with feminine traits. Werner’s art was to give these male roles real seriousness, to make these men feel real. We’re talking about the 1960s, when a man in film had to be masculine and strong above all and wanted to be seen as someone who acts and not just observes and comments – the way Oskar Werner never was in film. And there was his voice, which had the same beautiful Viennese singsong in French and English, which perhaps sounded normal to Viennese ears, but came across as almost miraculously poetic to ears of other nations and mentalities. Werner was, like Brandauer and most recently Christoph Waltz, a true Austrian linguistic talent; a multilingual expert who never made a mistake in pronouncing even difficult words. These skills helped make him fit for the world stage.

Oskar Werner synchronisierte fast alle seine fremdsprachigen Rollen selbst, weil er sich nicht vorstellen konnte, dass ein anderer Schauspieler auf seine Art sprechen kann.

Oskar Werner dubbed almost all of his foreign-language roles because he could not imagine another actor being able to speak as he did.

vorgetragenen Charaktere authentisch wirkten. Das vor allem auch, weil Werner sich fast ausschließlich Rollen suchte, die ihm entsprachen: Männer, die ihre Melancholie offen zur Schau tragen; Männer auch mit weiblichen Zügen. Die Kunst Werners war, diesen Männerrollen echte Ernsthaftigkeit zu geben, diese Männer echt fühlen zu lassen. Wir reden von den 1960er Jahren, in welchen ein Mann im Film vor allem maskulin und stark sein musste und als jemand gesehen werden wollte, der handelt und nicht nur beobachtend kommentiert – so also, wie Oskar Werner im Film nie war. Und da war noch seine Stimme, die im Französischen und Englischen den gleichen schönen Wiener Singsang hatte, der vielleicht für Wiener Ohren erwartbar klingt, für Ohren anderer Nationen und Mentalitäten aber fast wundersam poetisch rüberkommt. Werner war, so wie es Brandauer und zuletzt Christoph Waltz sind, ein echtes, österreichisches Sprachentalent, ein multilingualer Könner, dem kein Fehler bei der Aussprache auch schwieriger Wörter je unterkam. Das macht eben welttauglich – Rüstzeug für die Weltkarriere.

DAHEIM IST KEIN ZUHAUSE

Nachdem Oskar Werner am Ende der 1970er Jahre als zu schwierig galt, neue Filmrollen zu übernehmen, und auch keine Kontakte zu den neuen Studios hatte, die Regisseure wie Coppola, Lucas und Scorsese förderten und jenen teils sogar gehörten, geriet er in Hollywood rasch in Vergessenheit. Also kündigte er seine Pariser Wohnung und ging nach Wien zurück, wo er Aufträge vom staatlichen TV und Festspielleitungen bekam. Werner stürzte sich mit kreativer Inbrunst darauf, Goethes „Faust“ für das Fernsehen zu inszenieren, wofür der ORF die damals unglaubliche Summe von drei Millionen Schilling ausgeben wollte. Allerdings beharrte der Sender darauf, kreativ das letzte Wort zu haben, was Werner in seiner Gewissheit, selber am besten zu wissen, was das Beste ist, nicht hinnehmen konnte. Zudem scheiterte ein Engagement Werners als Shakespeares „Julius Caesar“ am Burgtheater (Hauptrolle mit gleichzeitiger Regie), obwohl er sich wochenlang intensiv auf Rolle wie Inszenierung vorbereitet hatte. Danach kam es nur Nummern kleiner. Theaterfestspiele in der Wachau: Der kleingeistige Bürgermeister von Dürnstein legte sich quer. Theaterfestspiele in Tirol: Die Tiroler wollten nichts davon wissen. Tingeltouren durch angejahrte Stadtsäle, so wie in Baden bei Wien, konnte er nur mehr mit Alkohol ertragen. Zeit seines Lebens hatte er das verdiente Geld ausgegeben, das ihm jetzt fehlte. Die Kraft, sich neu zu erfinden und dabei auch die schauspielerische Moderne zu kommentieren, diese Kraft, und jetzt sind wir wieder am Beginn unserer Geschichte, die hat dieser Oskar Josef Bschließmayer heute hier in Baden bei Wien nicht mehr. Er hat sein Leben gelebt, „both ends burning“; er hat Großes geleistet, war der mit Abstand größte deutschsprachige Theaterschauspieler seiner Zeit. Was will man noch von ihm? Was will er noch von sich? Es ist jetzt an uns, ihm seinen Olymp zurückzugeben, den er sich zeit seines Lebens und durch sein Tun und Schaffen verdient hat. Er war der Schwierige, das revoltierende Bürgerkind. Auch so wollen wir ihn erinnern, denn das andere Erinnern, das ihm vor vierzig Jahren zuteil wurde, dieses Erinnern war nie gerecht.

Die Wiener Jahre waren nach seiner Heimkehr nicht von Glück begleitet. Denn Wien straft alle ab, die der Stadt den Rücken kehren.

The Viennese years were not joyful after his return home. For Vienna tends to punish those who have turned their backs on the city.

HOME IS NO LONGER HOME

After Oskar Werner, who was considered too difficult to take on new film roles at the end of the 1970s and who also had no contacts with the new studios that promoted directors like Coppola, Lucas and Scorsese – even owned to them in some cases – he quickly fell into oblivion in Hollywood. So he gave up his Paris flat and went back to Vienna, where he received commissions from state TV and festival directors. Werner threw himself with creative fervor into directing Goethe’s “Faust” for TV, for which the broadcaster ORF wanted to spend the incredible sum of three million shillings. However, the broadcaster insisted on having the last word creatively, which Werner, in his self-assurance that he knew best, could not accept. In addition, Werner’s engagement as Shakespeare’s “Julius Caesar” at the Burgtheater (leading role with simultaneous direction) failed, although Werner had prepared intensively for weeks for both the role and the production. After that his star was setting. A theater festival in the Wachau? The small-minded mayor of Dürnstein objected. Theater festivals in Tyrol? The Tyroleans wanted nothing to do with him. He could only endure small tours through small halls, as in Baden near Vienna, with alcohol. He had already spent the money he had earned, which he now lacked. The power to reinvent oneself and at the same time to comment on modern acting, this power, this will, takes us back to the beginning of our story. A power, which Oskar Josef Bschließmayer, here today in Baden near Vienna, no longer has. He lived his life, “both ends burning”; he achieved great things, was by far the greatest German-speaking theater actor of his time. What can anyone possibly still want from him? What does he still want from himself? It is now up to us to bring his star back to Olympus, earned throughout his life, through his actions and his work. Yes, he was a difficult one, this revolting citizen child. We want to remember him in this way, because some of the other memories he left behind forty years ago were never just.

D

DINING

Das kulinarische Erbe der Kaiserstadt ist weit über die Landesgrenzen hinaus bekannt. Doch nur, weil etwas berühmt ist, bleibt nicht alles beim Alten. Moderne, internationale Einflüsse sorgen für überraschende Kombinationen und gehobenen Gaumenschmaus.

The culinary heritage of the imperial city is known far beyond the country’s borders. But just because it’s famous doesn’t mean everything stays the same. Modern, international influences provide surprising combinations and upscale culinary delights.

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